044-051 f2 trigonometrische funktionen (ausgefüllt)

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Gymnasium Oberaargau Mathematik Jörg Isler F2 Trigonometrische Funktionen (Winkelfunktionen) Beim Studium ebener Figuren spielen Dreiecke eine entscheidende Rolle. Das Dreieck ist nicht bloss die einfachste ebene Figur, sondern steckt als Grundbaustein in allen ebenen Figuren. Man kann je- de ebene Figur in ein Netz von Dreiecken unterteilen. (vgl. Triangulation in der Vermessung). Deshalb war das Dreieck im Verlauf der Zeit immer von ganz besonderem Interesse für die Mathe- matiker. Auch die ersten grossen Sätze (Kongruenzsätze, Satz von Pythagoras, ...) standen meist in Zusammenhang mit Dreiecken. Die Trigonometrie hat ihren Ursprung ebenfalls im Studium von Dreiecken, genauer beim Zusam- menhang von Seiten und Winkeln in einem Dreieck. 044 Einleitung: Trigonometrie im rechtwinkligen Dreieck In ähnlichen Dreiecken (d.h. in Dreiecken mit gleichen Winkeln) sind nach den Proportionalsätzen die Verhältnisse entsprechender Seiten gleich. Beispielsweise gelten: ' ' AB ' ' AC ' AB ' AC AB AC = = ebenso ' ' AC ' ' C ' ' B ' AC ' C ' B AC BC = = usw. Solche Verhältnisse zweier Seiten hängen also nur von den gewählten Innenwinkeln ab, d.h. sie sind Funktionen der Winkel. Wir geben nun diesen Funktionen einen Namen: Sinus e Hypothenus te Gegenkathe c a ) sin( = = α Cosinus e Hypothenus Ankathete c b = ) cos( = α Tangens Ankathete te Gegenkathe b a ) tan( = = α Um Missverständnisse bei anderer Beschriftung zu vermeiden, sollte man sich unbedingt die Definiti- onen mit den Katheten und der Hypotenuse merken! So ergibt sich für den Winkel β: c b sin = β c a cos = β b a tan = β Früher musste man die Werte dieser Winkelfunktionen in Tabellen nachschlagen, heute ruft man sie (oder ihre Umkehrfunktionen) mit der entsprechenden Funktionstaste im Taschenrechner auf. Beispiele: a) α 0.5 ° = 30 = α sin = α cos 0.866 = α tan 0.577 b) Umkehrfunktion: 7 . 0 sin = α = α 44.43° Anwendungen/Uebungen: Siehe Blatt F2.19

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Page 1: 044-051 F2 Trigonometrische Funktionen (ausgefüllt)

Gymnasium Oberaargau Mathematik Jörg Isler

F2 Trigonometrische Funktionen (Winkelfunktionen) Beim Studium ebener Figuren spielen Dreiecke eine entscheidende Rolle. Das Dreieck ist nicht bloss die einfachste ebene Figur, sondern steckt als Grundbaustein in allen ebenen Figuren. Man kann je-de ebene Figur in ein Netz von Dreiecken unterteilen. (vgl. Triangulation in der Vermessung).

Deshalb war das Dreieck im Verlauf der Zeit immer von ganz besonderem Interesse für die Mathe-matiker. Auch die ersten grossen Sätze (Kongruenzsätze, Satz von Pythagoras, ...) standen meist in Zusammenhang mit Dreiecken.

Die Trigonometrie hat ihren Ursprung ebenfalls im Studium von Dreiecken, genauer beim Zusam-menhang von Seiten und Winkeln in einem Dreieck.

044 Einleitung: Trigonometrie im rechtwinkligen Dreieck

In ähnlichen Dreiecken (d.h. in Dreiecken mit gleichen Winkeln) sind nach den Proportionalsätzen die Verhältnisse entsprechender Seiten gleich. Beispielsweise gelten:

''AB''AC

'AB'AC

ABAC

== ebenso ''AC''C''B

'AC'C'B

ACBC

== usw.

Solche Verhältnisse zweier Seiten hängen also nur von den gewählten Innenwinkeln ab, d.h. sie sind Funktionen der Winkel. Wir geben nun diesen Funktionen einen Namen:

Sinus eHypothenusteGegenkathe

ca

)sin( ==α

Cosinus eHypothenus

Ankathetecb

=)cos( =α

Tangens Ankathete

teGegenkatheba

)tan( ==α

Um Missverständnisse bei anderer Beschriftung zu vermeiden, sollte man sich unbedingt die Definiti-onen mit den Katheten und der Hypotenuse merken! So ergibt sich für den Winkel β:

cb

sin =β ca

cos =β ba

tan =β

Früher musste man die Werte dieser Winkelfunktionen in Tabellen nachschlagen, heute ruft man sie (oder ihre Umkehrfunktionen) mit der entsprechenden Funktionstaste im Taschenrechner auf. Beispiele: a) α 0.5 °= 30 =αsin =αcos 0.866 =αtan 0.577

b) Umkehrfunktion: 7.0sin =α =α 44.43° Anwendungen/Uebungen: Siehe Blatt F2.19

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045 Allgemeine Definition für beliebige Winkel

Mit der bisherigen Definition machen Ausdrücke wie sin(210°) oder cos(-60°) keinen Sinn, da sie nicht in rechtwinkligen Dreiecken auftreten können. Wir erweitern nun die Definitionen derart, dass sie für beliebige Winkel gültig sind. Abmachung: Im Folgenden tragen wir Winkel stets:

- von der positiven x-Achse aus ab - im Gegenuhrzeigersinn: positiver Winkel - im Uhrzeigersinn: negativer Winkel In Übereinstimmung mit der Definition aus dem Abschnitt 044 für rechtwinklige Dreiecke definieren wir allgemein: (wobei P ein beliebiger Punkt auf dem Strahl ist, der zu α gehört) Der Cotangens ist also der Kehrwert des Tangens. (Nicht verwechseln mit der Umkehrfunktion des Tangens!!!) Die meisten Funktionswerte der trigonometrischen Funktionen sind (wie bei Wurzelfunktionen auch) irrational. Meist sind wir zur Berechnung auf den Taschenrechner angewiesen. Vilee spezielle Werte lassen sich aber ohne Hilfsmittel berechnen. Einige Beispiele:

α 0° 30° 45° 60° 90° -30° 210° 405°

αsin 0 1/2 2/1 2/3 1 -1/2 -1/2 2/1

αcos 1 2/3 2/1 1/2 0 2/3 - 2/3 2/1

αtan 0 3/1 1 3 - - 3/1 3/1 1

αcot - 3 1 3/1 0 - 3 3 1

0°: 30°: 45°: 60°: 90°:

+

ry

sin =α xy

tan =α

rx

cos =α yx

cot =α

x=

y=

r=

x=

y=

r=

x=

y=

r=

x=

y=

r=

x=

y=

r=

x

P=(x,y)

α

r y

x

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046 Polarkoordinaten

Die Lage eines Punktes P im Koordinatensystem kann be- schrieben werden durch Angabe durch:

x und y → Karthesische Koordinaten r und ϕ → Polarkoordinaten Beispiele:

)1,0()y,x( = entspricht )90,1(),r( °=ϕ

)1,1()y,x( −= entspricht )45,2(),r( °−=ϕ

Die Umrechnung zwischen Karthesischen und Polarkoordinaten erfolgt mittels Pythagoras und der allgemeinen Definition der Winkelfunktionen aus Kapitel 045: )y,x(),r( →ϕ ),r()y,x( ϕ→

ϕ⋅=ϕ⋅=

sinrycosrx

xy

tan

yxr 22

+=

Beispiel: Im skizzierten, gleichseitigen Dreieck hat der Punkt A die Koordinaten (x,y)=(3,4). Wie lauten die Karthesischen Koordinaten der Punkte B und C?

P=(x,y)

ϕ

r y

x

Hinweis: Da der Tangens eine Periode von nur 180° aufweist (siehe Abschnitt 049), muss man beim Berechnen des Winkels ϕ noch 180° addieren, wenn der Punkt im 2. oder 3. Quadranten liegt.

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047 Darstellung im Einheitskreis, Beziehungen zwischen den

Winkelfunktionen

Die Definition der Winkelfunktionen lässt uns die Freiheit, wo auf dem zu α gehörenden Strahl wir den Punkt P wählen. Wir entscheiden uns nun für r=1, d.h. wir wählen P auf dem Einheitskreis. Damit ergibt sich:

==αsin

==αcos

==αtan

Aus dem Einheitskreis können wir zahlreiche, in der Praxis wertvolle Beziehungen zwischen den Winkelfunktionen ablesen. Hier eine Auswahl:

=α− )sin(

=α− )cos(

=α−° )180sin(

=α+° )180tan(

Viele weitere Beziehungen findet man in der Formelsammlung auf der Seite 54. Achtung: β+α≠β+α sinsin)sin( (Siehe dazu die Additionssätze im Abschnitt 052)

=α+α cossin 22

=αtan

α

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049 Die Graphen der trigonometrischen Funktionen Mithilfe der Darstellung im Einheitskreis können wir die Graphen der Winkelfunktionen durch Übertra-gen von Streckenlängen (und Berücksichtigung des Vorzeichens) skizzieren: Sinusfunktion

1

0° 90° 180° 270° 360° α -1

Cosinusfunktion

1

0° 90° 180° 270° 360° α -1

Für Sinus- und Cosinusfunktion gilt:

Tangensfunktion

1 0° 90° 180° 270° 360° α-1

Für die Tangensfunktion gilt:

Definitionsmenge =

Wertemenge =

Periodenlänge =

Definitionslücken bei:

Wertemenge =

Periodenlänge =

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Ueberlagerung von Sinus-Schwingungen Sinuskurven sind in der Natur allgegenwärtig, denn jede periodische Bewegung ist entweder eine reine Sinusschwingung („harmonische Schwingung), oder eine Überlagerung von Sinusschwingungen. (Schall, Licht, Radio+TV, Mikrowellen, Handy, Pendel,...).

Im folgenden einige Beispiele, wie sich durch Überlagerung von Sinusschwingungen von verschiede-ner Periodenlänge (d.h. verschiedener Frequenz) und verschiedener Schwingungsweite (= Amplitude, Höhe, Lautstärke usw.) andere periodische Bewegungen erzeugen lassen.

Eine „Rechteckschwingung“ beispielsweise besteht aus unendlich vielen Sinusschwingungen gemäss folgender Formel:

...7

)x7sin(5

)x5sin(3

)x3sin(xsin)x(f ++++=

Die Computersimulationen auf dieser Seite zeigen, wie gut diese Rechteckschwingung angenähert wird, wenn man lediglich die erste bzw. die ersten fünf Oberschwingungen berücksichtigt. Man beachte zum Vergleich die nebenstehende Aufnahme aus dem Testbericht eines CD-Spielers. CD-Spieler übertragen nur Frequenzen bis etwa 20 kHz und können daher eine Rechteckschwingung nicht perfekt wiedergeben. Es gibt Leute, die behaupten, diesen Mangel hören zu können (obwohl unser Ohr je nach Alter Frequenzen in diesem Bereich aufgrund der Trägheit der Uebertragungsorgane auch nicht wahrnehmen kann).

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050 Die Umkehrfunktionen ("Arcusfunktionen") sin, cos, tan

Funktion Bsp: α=30° → sinα=½

Winkel α Funktionswert (Verhältnis) Umkehrfunktion Bsp: cosα=½ → α=arccos(½)=60° arcsin, arccos, arctan Arcus bedeutet wörtlich Bogen, steht jedoch hier für Winkel (vgl. Bogenmass).

Den Ausdruck α=arccos(½) kann man also lesen als "α ist der Arcus (Winkel), dessen Cosinus ½ ist" Zunächst sind jedoch die trigonometrischen Funktionen wegen ihrer Periodizität nicht umkehrbar, denn zu jedem Funktionswert gibt es unendlich viele Winkel.

Die Gleichung hat beispielsweise die Lösungen 5.0xsin = π⋅+π

2k6

und π⋅+π

2k6

) Zk( ∈

Umkehrbar werden die trigonometrischen Funktionen erst durch eine geeignete Einschränkung der Definitionsmenge (Sie auch Kapitel 012):

sin (x): 2

x2

π≤≤

π− , cos(x): π≤≤ x0 , tan(x):

2x

<<π

Die Graphen der Umkehrfunktionen erhalten wir wie üblich durch Spiegelung an der Geraden y=x: y = arcsin(x) y = arccos(x) y = arctan(x)

Wie stets sind bei den Umkehrfunktionen die Definitions- und Wertemengen im Vergleich zu den Aus-gangsfunktionen vertauscht.

Insbesondere ist also der Definitionsbereich bei arcsin(x) und arccos(x) das Intervall . 1x1 ≤≤−

π/6 5π/6 13π/6 17π/6 25π/6 29π/6

-π/2

π π/2

-π/2

-1

-1

1

1

π/2

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051 Sinus- und Cosinussatz

Diese beiden Sätze erweitern den Anwendungsbereich der Winkelfunktionen. Bisher konnten wir nur in rechtwinkligen Dreiecken Berechnungen durchführen. Der Sinus- und der Cosinussatz ermöglichen nun Berechnungen in beliebigen Dreiecken. Sinussatz

R2sin

csin

bsin

a=

γ=

β=

α

Bemerkungen:

• Der Sinussatz kann angewendet werden, wenn von zwei Seiten und den zwei gegenü-berliegenden Winkeln drei Werte bekannt sind.

• Für den Fall SSW (Seite Seite Winkel) sind unter gewissen Bedingungen zwei Dreiecke mit den gebenen Werten möglich. Die zweite Lösung erhält man in diesem Fall unter Berück-sichtigung der Eigenschaft sin(180°-α) = sin(α). (Siehe Beispiele aus der Lektion)

• Beim Zusatz =2R bedeutet R der Umkreisradius der Dreiecks. Dieser Zusatz gehört genau genommen nicht zum Sinussatz, ist aber nützliche Ergänzung.

• Einen gut verständlichen Beweis zum Sinussatz findet man bei wikipedia im Internet.

Cosinussatz

γ−+= cosab2bac 222 (sowie zyklische Vertauschungen)

Bemerkungen:

• Der Cosinussatz kann angewendet werden, wenn alle drei Seiten gegeben sind oder zwei Seiten und der eingeschlossene Winkel.

• Der Cosinussatz ist die Verallgemeinerung des Satzes von Pythagoras auf recht-winklige Dreiecke.

• Einen gut verständlichen Beweis zum Cosinussatz findet man bei wikipedia im Internet.

Da beide Sätze für beliebige Dreiecke gelten, können Sie also auch im rechtwinkligen Dreieck verwen-det werden. Dies ist jedoch nicht empfehlenswert, da man dort mit den Definitionen der Winkelfunkti-onen und dem Satz von Pythagoras bereits alles berechnen kann.