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1 2004 Brandenburg Ministerium des Innern Nr. 1/2004 ermessung Zukunft der Staatsaufgaben – auch eine Zukunft für das öffentliche Vermessungswesen? 3 Bedeutung und Stellenwert des öffentlichen Vermessungswesens innerhalb der kommunalen Politik 11 Die preußischen Reformen – Stein-Hardenbergsche Reformen – 14 ANS-Vermessungsrisse in neuem Gewand 29 Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Neueinrichtung eines kartenlosen Gebiets 39 Sicherungskonzept im Liegenschaftskataster 45 Konzept für die Verwaltung der Datenträger des amtlichen Vermessungswesens 57 Mitteilungen 67 Neue Gutachterausschuss-Gebührenordnung++Erfahrungsaustausch im Kataster- und Vermessungsamt Potsdam-Mittelmark++ Gutachterausschüsse für Grundstückswerte neu bestellt++Stadtumbau Ost/Stadtumbau West im Vergleich++Strukturveränderung in der LGB++ Vorschriften und Informationen der Vermessungs- und Katasterverwaltung++ 2. Workshop „eGovernment“++Wegweiser durch das Kostenrecht++ DVW-Veranstaltungen++ALK in Frankfurt (Oder)++Gerätepool in der LGB Buchbesprechungen 77 Click ins Web 79

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Page 1: 1 04 gesamt - geobasis-bb.de · Beate Ehlers (Bodenordnung, Grundstücksbewertung) Manfred Oswald (Liegenschaftskataster) Bernd Sorge (Landesvermessung) Lektorat: Michaela Gora Layout:

12004

Brandenburg

Ministerium des Innern

Nr.

1/2

00

4

ermessung

Zukunft der Staatsaufgaben – auch eine Zukunftfür das öffentliche Vermessungswesen? 3

Bedeutung und Stellenwert des öffentlichenVermessungswesens innerhalb der kommunalen Politik 11

Die preußischen Reformen– Stein-Hardenbergsche Reformen – 14

ANS-Vermessungsrisse in neuem Gewand 29

Rechtsfragen im Zusammenhang mit derNeueinrichtung eines kartenlosen Gebiets 39

Sicherungskonzept im Liegenschaftskataster 45

Konzept für die Verwaltung der Datenträgerdes amtlichen Vermessungswesens 57

Mitteilungen 67Neue Gutachterausschuss-Gebührenordnung++Erfahrungsaustauschim Kataster- und Vermessungsamt Potsdam-Mittelmark++Gutachterausschüsse für Grundstückswerte neu bestellt++StadtumbauOst/Stadtumbau West im Vergleich++Strukturveränderung in der LGB++Vorschriften und Informationen der Vermessungs- und Katasterverwaltung++2. Workshop „eGovernment“++Wegweiser durch das Kostenrecht++DVW-Veranstaltungen++ALK in Frankfurt (Oder)++Gerätepool in der LGB

Buchbesprechungen 77

Click ins Web 79

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Ministerium des Innerndes Landes BrandenburgHenning-von-Tresckow-Str. 9 -1314467 Potsdam

Schriftleitung:Heinrich Tilly

Redaktion:Beate Ehlers (Bodenordnung,

Grundstücksbewertung)Manfred Oswald (Liegenschaftskataster)Bernd Sorge (Landesvermessung)

Lektorat:Michaela Gora

Layout:Landesvermessung undGeobasisinformation Brandenburg

Redaktionsschluss:5.03.2004

Herstellung und Vertrieb:Landesvermessung undGeobasisinformation BrandenburgPostfach 16 7415206 Frankfurt (Oder)Tel.: (03 35) 55 82 - 7 00Fax: (03 35) 55 82 - 7 02E-Mail: [email protected]

Impressum

ermessungBrandenburg

Nr. 1/2004

9. Jahrgang

ermessung Brandenburg erscheintzweimal jährlich und ist zum Abonne-mentspreis von € 2,50 (+ Porto undVerpackung) bei der Landesvermes-sung und Geobasisinformation Bran-denburg zu beziehen.

Namentlich gekennzeichnete Bei-träge geben nicht unbedingt die Mei-nung des Herausgebers wieder.

ISSN 1430-7650

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- 1 - ermessung Brandenburg

Schlechter Rat ist teuer

Nach den Beratungsunternehmen nun die Apotheken! Die Stiftung Waren-test hat unlängst geprüft, wie gut die Arzneimittelhändler beraten. Das Urteilbei fast der Hälfte der 50 getesteten Apotheken lautet: schlecht. Und das beieinem Berufsstand, der auf seine Kompetenz als Ratgeber pocht und damithohe Apothekerpreise rechtfertigt und gegen unerwünschte Konkurrenz imInternet vorgeht.

Was hat das öffentliche Vermessungswesen damit zu tun?Gerne zitierten wir im Vermessungsgeschäft bisher die Analogie: „Bei Ri-

siken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Geodäten“. Nicht Stiftung Wa-rentest, sondern die Initiative eines Investors erzielte vor Jahren ein ähnlichschlechtes Umfrageergebnis bei den Vermessungsstellen im Land Branden-burg. Nun, das ist längst Vergangenheit.

Qualitätsmerkmal ist heute die schnelle Auftragserledigung und die fachli-che Beratungskompetenz zu Gunsten des Grundstückseigentümers und desBauherren. Gerade bei den Kosten! Das Problem stellt sich im Geschäftsalltagweniger für jene, die als langjährige Kunden den Vermessungsstellen bekanntsind. Eher kann vielleicht der Gelegenheitsauftraggeber Gefahr laufen, nichtumfassend beraten zu werden, wenn der Auftragsumfang nur vage beschrie-ben wird.

Mit der neuen Gebühren- und Kostenordnung der Vermessungsverwaltungwird ein bauherrenfreundliches Leistungspaket angeboten: Amtlicher Lage-plan, Sockelabnahme und Gebäudeeinmessung. Dies ist eine sinnvolle undkostengünstige Synergie zwischen den Öffentlich bestellten Vermessungsin-genieuren und den Bau- und Vermessungsbehörden zu Gunsten der Investo-ren. Das kann aber nur funktionieren, wenn der gesetzlichen Beratungspflichtnachgekommen wird. Verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut,sondern auch für das, was man nicht tut.

Der Kunde ist auf den Rat angewiesen. Eine Abhängigkeit, welche durchdie zunehmende Übertragung staatlicher Aufgaben wachsen wird. Wir soll-ten diesen Standortvorteil verantwortungsbewusst im Interesse des Auftrag-gebers nutzen – solange wir ihn noch haben.

Heinrich Tilly

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Ulrich Battis

Zukunft der Staatsaufgaben – auch eine Zukunftfür das öffentliche Vermessungswesen?

Anlässlich der 10. gemeinsamen Dienstbesprechung der Öffentlich bestell-ten Vermessungsingenieure und der Vermessungs- und Katasterverwaltungdes Landes Brandenburg am 12. und 13. September 2003 im Schloss Neu-hardenberg hielt Herr Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Battis, Lehrstuhl für Staats-und Verwaltungsrecht sowie Verwaltungswissenschaften der JuristischenFakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, den nachfolgend abgedrucktenVortrag über die Zukunft der Staatsaufgaben.

(Die Schriftleitung)

„Der Staat ist nicht die Lösung, er ist dasProblem“ - so der ehemalige US-PräsidentRonald Reagan. Eine aus der Geschichteder USA durchaus erklärbare spezifischamerikanische Vorstellung, der zufolge dasEigentum, die freie Rede und die Religi-onsfreiheit am Besten gewahrt werden,wenn der Staat auf Einmischung verzich-tet. Auch die grundlegenden Verwaltungs-reformen von Margaret Thatcher begannenmit dieser Grundsatzkritik am britischenStaatsapparat. Die interne Logik der Büro-kratie beinhalte die Tendenz zur Haushalts-maximierung, zur Vervielfältigung ihrerAufgaben und zur Komplizenschaft mit ih-rer jeweiligen gesellschaftlichen Klientel.Das wird heute so ausgeprägt nicht mehrvertreten, selbst in den Staaten Mittel- undOsteuropas, in die ja zunächst eine Füllevon Beratern eingefallen ist, sind dieseKonzepte inzwischen nicht mehr so envogue, obwohl dort zum Teil immer nochdie Privatisierung von Polizei, Gerichtenund von Gefängnissen postuliert wird.

Gegen ein solches radikales Konzeptsteht die aus Religions- und Bürgerkriegenschmerzvoll gemachte kontinentaleuropäi-sche Überzeugung, dass dem Staat das Ge-waltmonopol zusteht. Ein Monopol, dass

durch das Sicherheitsversprechen gegen-über den Bürgern gerechtfertigt ist. Nurdurch das Sicherheitsversprechen - die Zu-sage, dem Bürger auch Sicherheit geben zukönnen - ist dieses Gewaltmonopol ge-rechtfertigt. Die Grunderfahrung der mo-dernen Welt ist, dass in einer freiheitlichenGesellschaft niemand ohne die Bedingun-gen seiner eigenen Autonomie autonomschaffen kann, sondern hier stets auf staat-liche und gesellschaftliche Hilfen angewie-sen ist. Das beste Beispiel ist das Eigentum.Das Eigentum ist ein Recht, dass ohne ge-setzliche Ausformung nicht vorstellbar istund sich durch sie permanent wandelt.

Alte und neue Staatsaufgaben

Was nun den Umfang der Staatsaufgabenangeht, darüber kann man lange reden. Dashängt zunächst einmal von den vorherr-schenden politischen Ansichten über dieStaatsfunktionen und vor allen Dingen vonden allgemeinen Lebensbedingungen einerGesellschaft ab. Erinnert sei an die Kriegs-folgenlastenbewältigung, etwa Wohn-raumbewirtschaftung und Lastenausgleichin der Nachkriegszeit der alten Bundesre-publik. Oder in der Gegenwart die Bundes-republik, welche eingebunden ist in eine

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supranationale Gemeinschaft, die im euro-päischen Binnenmarkt unter anderem auchIndustriepolitik betreibt, z.B. durch denAusbau transeuropäischer Netze. Ein ein-leuchtendes Beispiel für Politikabhängig-keit von Staatsaufgaben sind etwa auch dienach der Wiedervereinigung Deutschlandsneu geschaffenen Behörden, z.B. die Gau-ck-Behörde oder die Ämter zur Regelungoffener Vermögensfragen. Das warenStaatsaufgaben, die es beide vorher nichtgegeben hat. Die Unterschiede müssennicht so krass sein wie bis zur Wiederver-einigung Deutschlands. Auf der einen Seitedie von einer Staatspartei geführte zentra-le Planwirtschaft des Mangels, welche dierealsozialistische Verwaltung leitete. Aufder anderen Seite eine der horizontal undvertikal gewaltengeteilten verflochtenensozialen Marktwirtschaft komplementärerechtsstaatliche Verwaltung einer Über-flussgesellschaft. Im europäischen Binnen-markt agieren so unterschiedliche Verwal-tungstypen wie z.B. die britische Skelett-verwaltung, die sich wirklich als Skelett-verwaltung bezeichnet. Oder die immernoch sehr paternalistisch auftretende schwe-dische Verwaltung, die trotz allem nochsehr viel umfangreicher ist als bei uns.

Zur Bestimmung der Staatsaufgabenwird auf die Verfassung verwiesen, obwohldie Aussagen der Verfassung zu den Staats-aufgaben recht vage sind. Wenn Sie etwaan die großen Sozialdebatten dieser Tagedenken und versuchen, diese mit dem So-zialstaatsprinzip zu vergleichen. Aus derVerfassung werden Sie nicht viel heraus-lesen können, wie denn nun die anstehen-den Reformen aussehen sollen. Das Sozi-alstaatsprinzip ist eine Zielbestimmung, dienicht geeignet ist, hier verbindliche undabschließende Aussagen zu machen. DieVerfassung gibt dem Staat Ziele vor, er ist

darauf verpflichtet, Sozialpolitik zu betrei-ben, aber wie die konkret aussieht und wasdiese Ziele sind, das ist dem politischenDiskurs und den politischen Machtverhält-nissen übereignet. Relativ stabil sind ganzwenige Aufgaben, nämlich die des Schut-zes der territorialen Integrität, der Auf-rechterhaltung der inneren Ordnung sowieder Sicherung der finanziellen Basis desStaats. Das heißt im Klartext, es geht umMilitär, Diplomatie, Polizei und Abgaben-verwaltung. Das ist der Kernbereich derAufgaben, über alles andere kann manmehr oder weniger diskutieren.

Nun zeigt sich aber gerade nach dem 11.September 2001 besonders deutlich, wieauch und gerade in den USA die Staatsauf-gaben radikal ausgeweitet werden, und zwarbezogen auf innere und äußere Sicherheit.Nun ist nicht das Homelandsecurity-Minis-terium völlig neu geschaffen worden, indem Sinne, dass die dort tätigen 160000Beschäftigten alle erst nach dem 11. Sep-tember neu eingestellt worden sind. Viel-mehr sind bestehende Einheiten gebündeltworden, aber es ist ein komplett neuesMinisterium geschaffen worden. Heutemorgen war in den Zeitungen zu lesen, derPräsident fordert, dass das Ministeriumnoch weiter ausgeweitet wird. Man siehtalso, dass die Staatsaufgabe Sicherheitsge-währleistung einen völlig neuen Akzentbekommen hat und aus ihrem Dornrös-chenschlaf erwacht ist. Wir haben diesel-be Problematik und wenn der Herr Minis-ter hier wäre, würde er jetzt sicher nicken.Etwa die Frage des weiteren Einsatzes desBundesgrenzschutzes und der Länderpoli-zei bei den Stichworten Neukonzeption derBundesluftpolizei und Neukonzeption desKüstenschutzes. Das sind Aufgaben, dieplötzlich ganz aktuell sind, Beispiele zurNeubestimmung von staatlichen Aufgaben.

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Sie sehen, wie sich staatliche Aufgaben imSog einer internationalen politischen Ent-wicklung verändern.

Solche Neubestimmungen von Staats-aufgaben werden natürlich auch wissen-schaftlich begleitet und da gibt es unter-schiedliche Korrekturen. Wenn Sie sich diealte Bundesrepublik anschauen, dann wardies zunächst eine Phase des Beginns ei-ner rechtsstaatlichen, auf Sicherheit ausge-richteten Verwaltung. Dann kam in den 60-er Jahren der planende, betreuende Staat;das wurde vor allem von Soziologen undPolitologen begleitet. In den 80-er und 90-er Jahren folgt dann Reinventing Govern-ment mit Schlagworten wie schlankerStaat, downsizing, den Staat neu denken,Skelettverwaltung oder „Konzern Stadt“auf kommunaler Ebene. Das sind alles Be-griffe, die aus der Ökonomie kommen.Heute sind Good Government und Stadt-management, Zivilgesellschaft, also einstärker demokratisch orientierter Ansatz,zu beobachten. Das heißt aber nicht, dassnun die Wirtschaftlichkeit der öffentlichenVerwaltung oder die Rechtsstaatlichkeitder öffentlichen Verwaltung von gesternsind. Das sind vielmehr unterschiedlicheSchichten, die miteinander in ein auskömm-liches Verhältnis gebracht werden müs-sen.

Neubestimmung des Verhältnissesvon Staat und Privaten

Wenn neuerdings so viel von Verantwor-tungsteilung zwischen Privaten und Staatdie Rede ist, dann möchte ich mich zu die-sem Konzept dezidiert positiv äußern. Ichweise aber darauf hin, dass Verantwortungs-teilung zwischen Staat und Gesellschaft einetwas missverständlicher Begriff ist. InKorsika bezeichnet exakt dieser Ausdruckmafiose Strukturen. Wir sollten auf Kom-

petenzen sehr genau achten und nichtKompetenzen verwischen. Das halte ich fürganz wichtig. Der Umbau des Sozialstaatsin diesem Land ist ja angeblich hier an die-sem Ort – nicht vor 200 Jahren – sondernvor wenigen Wochen angestoßen worden.Das werden wir hoffentlich auch noch er-leben. Wie schwierig das Ganze ist, sehenSie bei der Wahrnehmung von Staatsauf-gaben auf kommunaler Ebene. Man nann-te das früher Munizipal-Sozialismus. Daswar ein positiv geprägter Begriff. Sparkas-sen für „kleine Leute“, Wasserversorgungfür alle, alles was wir heute als Daseinsvor-sorge bezeichnen. Im Moment haben wirinnerhalb der EU große Probleme.Deutschland und Frankreich verteidigendiese Positionen. Es wird aber schwierig,das zu halten.

Auch Sie als Geodäten bekommen nuneinen gewissen Druck aus Brüssel. Wiekomplex die Dinge sind, sieht man daran,dass überall zu lesen war, dass Daseinsvor-sorge und Munizipal-Sozialismus jetzt ab-geschafft werden und alles privatisiert wird.Nun gibt es das Urteil des EUGH zur Alt-mark Trans. Dieses Urteil ist ein klassi-scher Kompromiss. Das Bundesverwal-tungsgericht wird die Sache endgültig ent-scheiden. Aber die Vorstellungen und Blü-tenträume, etwa auch vom BDI oder vomDIHT - um auch mal Beteiligte zu nennen,- die natürlich auch ihre Interessen haben -sind ja alles andere als gereift. Der EUGHhat im Kern gesagt, ob die Zuschüsse, wel-che Busse und Bahnen des öffentlichenPersonennahverkehrs bekommen, eine ver-botene Beihilfe sind oder nicht, hängt da-von ab, ob hier Gewinne gemacht werdenund ob das zur Aufrechterhaltung diesesBetriebs unbedingt erforderlich ist. Eineganz wachsweiche Entscheidung, die ichaber in der Sache begrüße. Sie zeigt auch

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für Ihre Fragen im Vermessungswesen, obetwas Staatsaufgabe ist oder nicht, dassman eben wie über vieles andere auch strei-ten kann. Es muss dann aber auch offensivvertreten werden.

Im Übrigen ist es ein falscher Glaube zumeinen, jede Privatisierung führe zugleichzu Deregulierung. Das Gegenteil ist rich-tig. Wenn es zu Privatisierung kommt,kommt es zu mehr Regulierung. Das istauch gar nicht vermeidbar. Schauen Siesich doch die Privatisierung der Telekoman. Ein Schritt, der durchaus erfolgreichwar, der aber zugleich dazu geführt hat,dass eine neue Behörde aufgebaut wordenist, die kontrolliert und die immerhin 2 200Beschäftigte hat. Davon sind 150 Stellenfür die Regulierung geschaffen worden.Jetzt kommen wahrscheinlich noch 300dazu, um weitere Regulierungen des Ener-giemarkts aufzubauen. Das sage ich hierüberhaupt nicht kritisch. Nur man muss dasdeutlich sehen, wenn der Staat sich alsDienstleister zurückzieht, dann bleibt es beiseiner gewährleistenden Rolle. Der Staatmuss dafür sorgen, dass hinterher funktio-nierende Märkte da sind, dass diese Auf-gabenwahrnehmung auch vorgehaltenwird. Bei der Bahn ist das ebenfalls zubeobachten. Die Bahn ist formell privati-siert. Sie lebt natürlich vom Staat, von wemsonst, aber es gibt immer noch das Eisen-bahnbundesamt, das jetzt als Aufsichtsbe-hörde auftritt und hier die Sicherheitsvor-stellungen durchzusetzen hat. Wir erlebendiesen Wandel, die Telekom ist ein gutesBeispiel, die Bahn genau das gleiche. Dassind Beispiele, wo Europa, die Weltmärk-te und der ökonomische Druck zu politi-schen Entscheidungen auf supranationalerEbene geführt haben. Telekommunikationist eine ganz bewusste politische Vorgabeder EU gewesen, ebenso das Eisenbahnwe-

sen. Auch hier gibt es eine klare Entschei-dung der EU für die Privatisierung. Inso-fern ändern sich die Staatsaufgaben hierganz deutlich. Telekommunikation als sol-che ist keine Staatsaufgabe mehr. Nur nochdie Gewährleistung von Telekommunika-tionsmärkten ist Staatsaufgabe.

Wir haben diese Veränderungen aberauch bei der inneren Sicherheit. Ein Betei-ligter aus Brüssel sagte: Der 11. Septem-ber hat dazu geführt, dass wir Dinge insechs Wochen durchsetzen können, für diewir sonst zwei bis drei Jahre gebrauchthätten. Also Kooperationen auf europäi-scher Ebene. Wenn Sie in den Entwurf desVertrags über eine Verfassung für Europaschauen, dann ist ganz vorne in den Auf-gaben aufgeführt worden, einen Raum derSicherheit für Europa zu schaffen, und neuin Artikel 42 die Solidargemeinschaft ge-gen Terrorismus. Dieses ist ausdrücklichals neue Staatsaufgabe der EU formuliertworden. Daran sieht man auch, dass derBegriff Staatsaufgabe antiquiert ist, denndie EU ist kein Staat, sondern es ist einKooperationsverhältnis von Staaten, unddeshalb kann man auch nicht von einerStaatsaufgabe im klassischen Sinne spre-chen. Es entstehen neue Staatsaufgaben,die eben gemeinsam wahrgenommen wer-den müssen. Da haben wir natürlich dasProblem – ich will das hier nur andeuten –der demokratischen Kontrolle. Auch wennder Verfassungsvertragsentwurf mit einemZitat von Thukydides beginnt: „Die Ver-fassung, die wir haben, ... heißt Demokra-tie, weil der Staat nicht auf wenige Bürger,sondern auf die Mehrheit ausgerichtet ist...“, dann ist das als Sinnspruch wunderbar,bloß nicht für einen Entwurf einer europäi-schen Verfassung. Denn ich sagte schon,sie ist weder ein Staat und schon gar nichtdemokratisch. Die EU ist das beste Beispiel

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wie Klienten und Bürokratien wunderbarohne Parlament auskommen. Ich sprecheaus Erfahrung, ich bin auf diesem Gebietoft tätig gewesen. Aber mit Demokratie hatdas nichts zu tun. Deshalb spricht man jazum Teil auch davon, dass der Rechtsstaateine Schwundstufe der Demokratie sei.Also zunächst einmal rechtsstaatliche Pro-zeduren installieren – das Recht auf einegute, funktionierende Verwaltung (Art. 41Charta der Grundrechte der EU) –, unddann richten wir Demokratie ein. Das istetwa auch der Inhalt dessen, was im Mo-ment in China läuft, dieser sogenannteRechtsstaatdialog oder was Paddy Ash-down neulich erklärt hat, der Beauftragteim Balkan, wir haben zuviel wählen lassen,wir hätten lieber erst einmal eine funktions-fähige Verwaltung und funktionsfähigeGerichte aufbauen müssen.

Damit bin ich auch schon bei Europa undbeim Wandel der Verwaltung. Damit binich auch bei unserem Thema und das willich ganz direkt angehen. Die EuropäischeUnion ist ja nicht nur – wie man manch-mal den Eindruck hat – eine einzige Dere-gulierungsveranstaltung, die Märkte öffnetund privatisiert. So hat sie angefangen, aberwenn Sie jetzt in den neuen Verfassungs-entwurf schauen, dann ist ganz zu Beginnauch die Rede von territorialer Kohäsion(Art. 3) und das ist für Sie unmittelbar vonInteresse. Territorialer Zusammenhalt, da-für bekommt die EU nach dem Verfas-sungsentwurf sogar eine konkurrierendeKompetenz, das heißt zwar geteilte Kom-petenz, ist aber die klassische deutschekonkurrierende Gesetzgebungskompetenz.Das heißt, man muss sich darauf noch mehreinstellen. So gibt es auch in der europäi-schen Politik Querschnittsaufgaben wie In-dustriepolitik, Sozialpolitik, Verbraucher-schutz und Umweltschutz. Das sind alles

Aufgaben, die nicht unbedingt zu dem gro-ßen Deregulierungsimage passen, ganz imGegenteil. Dieses Image versuchen uns dieGralshüter im Bundeswirtschaftsministeri-um zu verkaufen. Am Rande: Das Bundes-wirtschaftsministerium hat eine Grundsatz-abteilung, da wird die reine Lehre derMarktwirtschaft vertreten und alle anderenAbteilungen machen genau das Gegenteil:Sie verteilen Subventionen. Das Gegenteilalso von dem, was in der Grundsatzabtei-lung ausgedacht wird.

Staatsaufgabe Vermessungswesenund Kooperation mit Privaten

Das Bundesverfassungsgericht hat ja voreiniger Zeit sehr deutlich festgehalten, Ver-messungswesen ist eine unverzichtbareStaatsaufgabe. Ich habe vorhin gesagt, dassStaatsaufgaben definiert werden. Nachmeinem Verständnis ist Vermessung un-verzichtbar eine Staatsaufgabe. Ich willmich jetzt gar nicht auf das Gutachten desKollegen Badura aus München zurückzie-hen. Die EU hat als eine der fundamenta-len Normen das Eigentum. Das muss manso deutlich sagen. Eigentum, und zwar Pri-vateigentum. Insofern ist es eine kapitalis-tische Veranstaltung. Und daran habenauch die anderen Aufgaben nichts geän-dert. Privateigentum ist eine ganz wichti-ge Basis und wenn ich Eigentum habe – dashabe ich eingangs bewusst gesagt – dannbrauche ich staatliche Regelungen. Ohnestaatliche Regelungen ist Eigentum nichtdenkbar. Um so mehr, wenn der Eigen-tumsbegriff sich ändert. Das geistige Ei-gentum – das hat es früher nicht gegeben,ist aber heute sehr wichtig. Denken Sie andie Existenzkrise der Musikindustrie. War-um sind die alle auf einmal untereinanderso verträglich, weil es um das Copyright imInternet geht. Weil sie es alleine nicht mehr

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schaffen. Das Eigentum ist innerhalb derEU eine der zentralsten Figuren. Zur Siche-rung des Eigentums, zur Ausgestaltung desEigentums bedarf es staatlicher Normenund dazu bedarf es dann auch des Vermes-sungswesens. Das ist eine ganz simple undgeschlossene Schlussfolgerung. Es gibtdafür ein sehr gutes Beispiel, das sind dieNotare. Die Notare sind privat und gleich-zeitig nehmen sie staatliche Aufgaben wahr.

Aber beim ÖbVI haben wir die Gefahreines Zweifrontenkriegs. Einmal gegen diestaatliche Verwaltung und zum anderengegen andere Private, insbesondere solcheaus anderen EU-Mitgliedstaaten. Es istvöllig klar, dass man diese Berufe für Aus-länder öffnen muss. Sehen Sie, das gibt esin Deutschland schon seit 1993 für Beam-te. Das hält sich aber in Grenzen, denn dieQualifikationen müssen da sein. Die Qua-lifikation kann man als Staat selbst festle-gen, sie dürfen nur nicht diskriminierendsein. Das ist die eine Seite, also der ÖbVIals Teil der öffentlichen Verwaltung inso-weit rechtlich als Behörde. Wie die Wahr-nehmung dieser Staatsaufgabe ausgestaltetwird, da gibt es einen ganz großen Hand-lungsspielraum. Das kann ganz variabelgestaltet werden. Gerade in einem aktivie-renden und gewährleistenden Staat, wirhaben ja im Grußwort des Ministers Bei-spiele gehört, ich erinnere nur an PPP (Pu-blic Privat Partnership). Das ist heute Rea-lität, wie z.B. der Geodatentransfer inNordrhein-Westfalen unter Beteiligungstaatlicher und privater Stellen realisiertwird. Der Begriff PPP ist inzwischen auchvon der Europäischen Kommission defi-niert worden. Zur Zeit wird im Bundesin-nenministerium ernsthaft darüber disku-tiert – es sind auch schon Gutachten ver-geben worden – ob nicht in das Verwal-tungsverfahrensgesetz, also ein Gesetz

über hoheitliches Handeln des Staats, eineNorm über den Kooperationsvertrag mitPrivaten, also PPP, aufgenommen werdensoll.

Dass Sie hier in Brandenburg die Dingerelativ entspannt sehen und dass ein gutesVerhältnis zwischen den unterschiedlichenBerufsgruppen besteht, erleichtert vieles.Aber wenn man genau hinschaut, gibt es inden deutschen Ländern deutliche Band-breiten unterschiedlicher Regelungen, soetwa wenn Sie Brandenburg mit Sachsen-Anhalt vergleichen, oder wenn Sie sich dasneue Gesetz von Sachsen anschauen. Inso-fern kann ich die Aussage des Herrn Minis-ters, dass in Brandenburg die Kooperationund das gemeinsame Verhalten besondersgut entwickelt ist, bestätigen. Das schließtaber nicht aus, dass man das Ganze nochweiter entwickeln kann und muss, auch dasist angesprochen worden. Es kann nicht derAbschluss sein, dass das Landesvermes-sungsamt als Betrieb geführt wird. DieEntwicklung geht dahin, dass es zu einemregelrechten Marktauftritt kommen muss.Dafür geben neue rechtliche Formen einengroßen Spielraum. Dieser Dialog in Bran-denburg ist genau ein Dialog, der in dasUmfeld passt, der europarechtlich vorge-geben wird. Um das ganz deutlich zu sa-gen, da wird europaweit politisch ge-kämpft, da geht es um Märkte, um Ein-flussbereiche. Die EU ist – wie gesagt -schon lange nicht mehr eine reine Privati-sierungs- und Deregulierungsveranstal-tung, sondern es kommt hier zu sehr kom-plexen Kooperationsformen, die dazu füh-ren, dass sich die öffentliche Verwaltungwandelt. Sie tritt immer mehr in Koopera-tion mit privatrechtlich organisierten Part-nern und ich denke, das ist genau das, washier in diesem Land schon vorbildlich ver-wirklicht ist.

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Neubeginn in Neuhardenberg

Lassen Sie mich zum Schluss auf den Geistdes Ortes Neuhardenberg kommen. Hiersind Reformen in Preußen glücklich begon-nen worden. Aber so harmonisch war dasja nicht. „Ein Hardenberg“ ist in manchenkonservativen Kreisen bis heute einSchimpfwort. Er ist ein Hardenberg! Dasheißt, er ist ein Reformer, er ist flexibel, erist liberal. Hier in Neuhardenberg sind alteNormen aufgebrochen worden. Hier istinitiiert worden, worüber ich im zweitenTeil und die meiste Zeit gesprochen habe:nämlich eine enge Kooperation von Staatund Privaten. Wenn Sie wollen, das kannman sehr wohl als PPP bezeichnen. Den-ken Sie an das Ruhrgebiet, an Schlesienoder das Saarland, alles übrigens damalsTeile von Preußen nach den Napoleoni-schen Kriegen. In all diesen drei Gebietenhat es eine intensive Kooperation von auf-geklärter Bürokratie und privatem Kapital

gegeben, denken Sie an die Haniels, dieKrupps, die Thyssens, die Röchlings. Daswaren Private (ursprünglich meistensHandwerker oder Händler), die Geld in dieHand genommen haben, wie man so schönsagt, aber die das nur konnten dank einerstaatlich initiierten technischen Infrastruk-tur wie Schifffahrtsstraßen, Straßenbau,Eisenbahnbau. Und das ist ganz bewusstund geplant geschehen. Denken Sie an dietechnischen Universitäten, die damals be-wusst gegründet worden sind. Natürlichauch, weil man alte Universitäten verlorenhatte und weil sie auch nichts mehr taug-ten – gibt immer wieder Parallelen – den-ken Sie an Beuth, an die gegründeten Ma-schinenbauschulen und Ingenieurschulen.Das ist alles vom Staat ausgegangen, umdas arme Land wieder auf die Beine zubringen. Das ist also ein ganz typischerInbegriff von staatlicher Infrastrukturver-antwortung. Das war genau das, was die

Neuhardenberg, Foto H. J. Hallfarth

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Stein-Hardenbergschen Reformen ge-macht haben. Deshalb war in vielen Krei-sen, insbesondere bei vielen Adligen, Har-denberg ein Schimpfwort. Denken Sie anvon der Marwitz, der ja auch ganz in derNähe gelebt hat, der hat den Hardenberggehasst. Aber zukunftsweisend war von derMarwitz nicht, das war der Hardenberg.Schön ist allerdings die Grabinschrift vonvon der Marwitz: „Sah Friedrichs Helden-zeit und kämpfte in allen seinen Kriegen.“Das war der Friedrich, der dort hinten imPark sein erstes Denkmal bekommen hat,das erste Friedrich-Denkmal in Preußen.Die Inschrift fährt fort: „Wählte Ungnade,wo Gehorsam nicht Ehre brachte.“ Sehrnobel. Das gefällt sicherlich auch demHerrn Innenminister gut. Von der Marwitzwar kein Freund von Hardenberg und wennes nach von der Marwitz gegangen wäre,säßen die Adligen immer noch auf ihrenGütern und würden sich im Wesentlichenüber die Roggenpreise unterhalten undgelegentlich auf die Jagd gehen. Das kön-nen Sie bei Fontane nachlesen, aber „dasist ein weites Feld“ und deshalb höre ichjetzt auf.

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- 11 - ermessung Brandenburg

Olaf Lalk

Bedeutung und Stellenwert des öffentlichenVermessungswesensinnerhalb der kommunalen Politik

Der 2. Beigeordnete des Landkreises Spree-Neiße, Dipl.-Ing. Olaf Lalk, warzuvor Leiter des Kataster- und Vermessungsamts im gleichen Landkreis.Auch in seiner neuen Verantwortung als politischer Entscheidungsträger fühlter sich dem Vermessungswesen nach wie vor stark verbunden. In seinemVortrag auf der 10. gemeinsamen Dienstbesprechung der Öffentlich bestell-ten Vermessungsingenieure (ÖbVI) und der Vermessungs- und Kataster-verwaltung des Landes Brandenburg in Neuhardenberg betrachtet er aberdas Rollenverständnis des öffentlichen Vermessungswesens aus kommu-naler Sicht in einem anderen Zusammenhang. Seine Folgerungen setzen sichkritisch mit einer zu eng gefassten Aufgabenfokussierung auseinander.

(Die Schriftleitung)

Wenn vor zwei Jahren ein Vortrag mit die-sem Thema stattgefunden hätte, wäre ichals Leiter des Kataster- und Vermessungs-amts meines Landkreises sicher etwas un-ruhig geworden. Eine Veränderung imBerufsleben hat aber den Vorteil, dass manDinge aus einem Blickwinkel betrachtenmuss und kann, den man als Amtsleitereiner hoheitlichen Vermessungseinrich-tung nicht hat.

Man versteht den Kampf des Innenminis-teriums um die jährliche finanzielle Aus-stattung der Ämter in der Auseinanderset-zung mit dem Finanzministerium mit Si-cherheit besser. Die in Preußen historischgewachsenen Missverständnisse zwischenTechnikern und Finanzbeamten konnteauch ich in meiner Tätigkeit nur auf ein er-trägliches Maß begrenzen. Um so mehr istfür mich der Kontakt und das Gespräch mitmeinen Fachkollegen von großer Bedeu-tung. Ich werde mit wachen Augen alleEntwicklungen des öffentlichen Vermes-sungswesens beobachten und wenn mög-

lich begleiten. Ich wünsche mir, dass meinVortrag das eingeschlagene Tempo derbegonnenen Reformen beschleunigen, abereventuell auch neue Ansätze nach sich zie-hen kann.

Die Leistungen des öffentlichen Vermes-sungswesens genießen aus Sicht der Bür-ger, der Politik, der Unternehmen und derMitarbeiter der Verwaltung ein hohes An-sehen. Einer soliden Ausbildung geschul-det, wird durch die Öffentlich bestelltenVermessungsingenieure und die Kataster-und Vermessungsämter ein qualitäts- undtermingerechtes, allerdings nach dem Ver-ständnis des Nutzers ein meistens zu teu-res Produkt geliefert. Diese zuletzt geäu-ßerte Auffassung wird aber in der Regeldem Vorteil einer hohen Rechtssicherheitund Zuverlässigkeit untergeordnet. Es wirdin die Qualität der Arbeitsergebnisse rela-tiv uneingeschränktes Vertrauen gelegt,was für mich heutzutage Ausdruck höchs-ter Wertschätzung unseres Berufsstands ist.Bedeutend für die strukturschwache Regi-

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on Brandenburg ist, dass sich die hochqua-lifizierten Öffentlich bestellten Vermes-sungsingenieure als mittelständische Frei-berufler und stabile Arbeitgeber bewiesenhaben.

Den größten Anerkennungsschub in denöffentlichen Verwaltungen erhielt abernach meiner Auffassung das amtliche Ver-messungswesen durch die Einführung vongeographischen Informationssystemen.Bisher galt:

Die relativ komplizierte Materie Geoda-ten wird von einer kleinen Gruppe Spezia-listen beherrscht und bewältigt. VieleSachbearbeiter sind froh, wenn Sie fachlichbetreut werden und Endprodukte vorge-setzt bekommen.

Es bedarf zukünftiger Arbeit und Ausbil-dung, um aus den passiven Nutzern inter-aktiv arbeitende „Geodatenfreaks“ zu for-men. Eine Aufgabe, der wir uns als Fach-leute doch gerne stellen sollten. Für diesenVorgang ist die Zusammenarbeit der ge-samten Vermessungsverwaltung notwen-dig. Auf Grund knapper Kassen des Haupt-nutzers Verwaltung, müssen die Kataster-und Vermessungsämter Pionierarbeit leis-ten. Ist das geschafft, wird sich der Wunschnach einer umfassenderen Nutzung undBetreuung ergeben. Dann werden sichBereiche für die ÖbVI eröffnen, die mit denMaßgaben ihres Berufsbilds ausgefülltwerden müssen. Natürlich weiß ich, dassTheorie und Praxis noch weit auseinanderliegen. Aber nur wenn die Geodatenpro-dukte angenommen und vermarktet wer-den, besteht eine Daseinsberechtigung fürdie Produzenten.

Mein geodätisch geprägtes Verwaltungs-bild in Bezug auf die anderen Bau- undUmweltverwaltungen musste ich bei allerWertschätzung dennoch neu ordnen. Die-ses betrifft vor allem die Faktoren Öffent-

lichkeitswirksamkeit, politische Bedeu-tung und Konfliktbetroffenheit. Vielleichttrifft eine kleine Umschreibung den Kern:

Die Vermessungsverwaltung ist nicht,wie von mir bisher gedacht, der Quarz ei-ner Uhr, aber mit Sicherheit, wenn es sichum eine gute, analoge Uhr handelt, derRubin in einem Zahnrad, ohne den dieseUhr nicht funktioniert. Wer mich als Men-schen kennt, wird wissen, dass ich mitmeinen heutigen Worten nicht nur eineLaudatio auf die Qualitäten des amtlichenVermessungswesens halte, sondern aucheinen unverblümten Blick in die Zukunftwerfe.

Die Zeiten von gleichbleibenden finanzi-ellen Standards sind im öffentlichen Vermes-sungswesen vorbei. Das heißt, ein sinnvol-les Sparen wird Tagesordnung sein. Das heißtAbbau von Standards, Aufgabe von Unan-tastbarem und Nutzung aller Potentiale.

Nur drei kleine von vielen Fragen, denenwir uns beispielhaft stellen müssen:$ Ist die Zusammenarbeit zwischen

Grundbuch und Liegenschaftskataster,gerade auf dem Gebiet der Kommuni-kation noch zeitgemäß?

$ Warum soll ein ÖbVI nicht Auskunfts-stelle für Bürger sein?

$ Ist eine Flurstücksbildung im Zusam-menhang mit Eigentumsbildung im ge-genwärtig praktizierten Umfang im Jah-re 14 nach der Wende eine Verwal-tungsvereinfachung?

Plakativ möchte ich aus meiner Sicht ei-nige Forderungen und Aufgaben, die zurSchaffung eines modernen öffentlichenVermessungswesens notwendig sind, be-nennen :$ Lasst uns klar und unmissverständlich

mit allen verantwortlichen Entschei-dungs- und Vertretungsgremien über diezukünftigen Strukturen der hoheitlichen

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Vermessungsverwaltung nach Fertig-stellung der ALK unter Einbeziehungdes freien Berufsstands mit offenenKarten beraten. Dabei müssen Konexi-tätsprinzipien streng beachtet werden.

$ Die veralteten Strukturen innerhalb derKatasterämter müssen allerspätestensmit Einzug von ALKIS reformiertsein.

$ In zukünftigen Strukturen ist auf einestarke Service- und Beratungspflicht desKataster- und Vermessungsamts abzu-stellen, um das Gut „digitale Geodaten“beratend vor Ort vermarkten und betreu-en zu können.

$ Das zu vermarktende Produkt Geobasis-daten muss auf die allernotwendigstenInformationen reduziert werden, für dieaber die Qualität in der Lagegenauigkeitin den nächsten 10 Jahren verbessertwerden muss. Ein Zurückziehen auf ju-ristische Rechtfertigungen der Übernah-me von Gebäuden aus Luftbildern in dieLiegenschaftskarte kann nur eine zeit-lich begrenzte Lösung sein, bis neueTechnologien bessere Ergebnisse erzie-len. Nur mit hoher Qualität kann höhe-re Akzeptanz für das Produkt bei denNutzern erzeugt werden.

$ Die Kataster- und Vermessungsämtermüssen noch stärker interdisziplinär fürdie Nutzer denken und vor allen Dingenhandeln lernen, was im Übrigen dieÖbVI seit langer Zeit schon in viel stär-kerem Maße mit hoher Qualität tunmüssen.

$ Die Integration und Vorhaltung derkompletten Geodateninfrastruktur überGeoinformationssysteme unter Feder-führung und mit Hilfe des fachlichenWissens der ÖbVI und der KVA ist fürdie Gemeinden und Kreisverwaltungenüberlebensnotwendig.

$ Wir müssen uns mit geodätischen Fel-dern des Katastrophenschutzes, land-wirtschaftlicher Kontrollverfahren, desUmweltschutzes usw. beschäftigen. Dieflächendeckende Vermarktung allerDaten ist eine beratende Aufgabe vorOrt und nicht die alleinige Aufgabe vonInternetseiten der Landesvermessungund Geobasisinformation Brandenburg.

In den oberen Landesverwaltungen sindperspektivisch auch Aufgaben neu zu de-finieren. In der Geodatenstruktur der mi-nisteriellen Landesbehörden gibt es einbuntes Gemisch von Software auf den un-terschiedlichsten Portalen, mit denen dieunteren Landesbehörden „erfreut“ werden.Programmsysteme wie PLIS, K3, Feld-blockkataster usw. sind z.Zt. in keiner ein-heitlichen Struktur zu verwalten. Aufgabemuss es sein, dass die obere Vermessungs-verwaltung diese Strukturen ordnet und dieKoordinierungsfunktion auf Landesebeneübernimmt. Ich weiß, dass Brandenburgdurch entsprechende Projektgruppen undzukunftsorientierte Lösungen auf einemguten Weg ist.

Für die Durchsetzung dieser von mir auf-geführten Punkte will ich gerne in den vonmir besetzten Gremien mit meinen Mög-lichkeiten streiten und werben. Bei all die-sen Bemühungen und Diskussionen solltenwir nicht vergessen, das am Kettenende derNutzer, der Bürger sitzt, für den wir arbei-ten und der uns dafür bezahlt.

Ich wünsche dieser Veranstaltung, dasssie einen Beitrag für eine moderne und leis-tungsfähige öffentliche Vermessungsver-waltung leistet.

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Nach der Niederlage der preußischen Trup-pen in der Schlacht von Jena und Auerstedt(1806) meinte Louise von Preußen, Ge-mahlin Friedrich Wilhelms III., „wir wa-ren eingeschlafen auf den Lorbeeren Fried-richs des Großen“. Sie sprach damit einenSachverhalt an, der eine historische Grund-tatsache darstellt und ein Erklärungsmodellfür die Ursache geschichtlicher Prozessezugleich abgibt: Es gibt Phasen in der Ent-wicklung eines politisch-sozialen Gebil-des, nennen wir es „Nation“, „Staat“ oder„Land“, die von einer Blütezeit geprägtsind und auf die dann der Abschwung un-weigerlich zu folgen scheint, der seinerseitsin eine Katastrophe führt, aus der Neuesentstehen kann.

Peter Andreas Popp

Die preußischen Reformen– Stein-Hardenbergsche Reformen –

Das Resultat von Reformbestrebungen wird häufig nur als „Wandel durchWachstum“ oder „Stagnation“ beurteilt. In den Stein-Hardenbergschen Re-formen sind Maßstäbe gesetzt worden, die heute noch bedenkenswert sind.Major Dr. Peter Andreas Popp beendete mit einer brillanten Analyse derpreußischen Reformen die 10. gemeinsame Dienstbesprechung mit denÖffentlich bestellten Vermessungsingenieuren und der Vermessungs- undKatasterverwaltung des Landes Brandenburg in Neuhardenberg. Der Histo-riker Dr. Peter Andreas Popp ist Angehöriger des MilitärgeschichtlichenForschungsamts (MGFA) in Potsdam. Diese Einrichtung der Bundeswehruntersucht die ständige Wechselbeziehung zwischen Armee, Staat und Ge-sellschaft. Die 1957 eingerichtete Forschungsstelle verlegte 1994 ihren Sitzvon Freiburg i. Bl. nach Potsdam. 1990 wurde das ehemalige Militärge-schichtliche Institut und das ehemalige Armeemuseum der DDR (Dresden)in den Verantwortungsbereich des MGFA einbezogen. Im MGFA sind rund100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, davon sind 35 Historikerin Uniform und Zivil.

(Die Schriftleitung)

Die politische Theorie hat hierfür denBegriff des Kreislaufs der Systeme geprägt:Aufstieg – Höhepunkt – Krise – Verfall. ImFalle Preußens ist freilich der Kreis durch-brochen; spätestens 1947. Seitdem existiertPreußen nicht mehr als staatliches Gebil-de (mit dem “Gesetz Nr. 46” hatten die Al-liierten per Kontrollratsbeschluss am 25.Februar 1947 die “Auflösung des StaatsPreußen” erklärt1).

Um Sie an die Materie „preußische Re-formen“ heranzuführen, möchte ich ein Bei-spiel aus dem täglichen Leben wählen. Fra-ge: Wer von uns träumt nicht, Millionär zusein? Nun, vielleicht sind unter den Zuhö-rern schon ein paar? Doch aufgemerkt. Erstnach drei Generationen ist das Vermögen

1 Frank-Lothar KROLL: Sehnsüchte nach Preußen? Preußenbild und Preußendiskurs nach 1945, in: ders. (Hg.), Das geistige Preußen: zurIdeengeschichte eines Staats, Paderborn u.a. 2001, S. 241 ff.; Manfred GÖRTEMAKER, Das Ende Preußens 1933 - 1947, in: Julius H. SCHO-EPS (Hg.), Preußen. Geschichte eines Mythos. Berlin 2000.

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gesichert. Die erste Generation baut auf,die zweite konsolidiert und die dritte ver-prasst.

Natürlich, das muss nicht so sein. Dochich habe dieses Beispiel mit Bedacht ge-wählt. Denn Preußen als Großmacht imJahre 1806 – das scheint, wenn wir uns ander Hohenzollerntrias Friedrich Wilhelm I.,Friedrich der Große und seinen Nachfol-gern Friedrich Wilhelm II. sowie FriedrichWilhelm III. orientieren - der dritten Stel-le in der eben genannten Generationenfol-ge zu entsprechen. Erinnern wir uns: Pots-dam war alles andere als unglücklich, alsder kauzige Alte Fritz 1786 verstarb. Nunkonnte man leben – zumindest bis zu jenem14. Juli 1789, als in Frankreich die Revo-lution ausbrach.

Es gibt freilich einen überzeugendenEinwand gegen diese Generationentheorie.Preußen – dieses artifizielle politische Ge-bilde auf dem Wege zur europäischen Groß-macht hatte im Grunde eine ganze Gene-ration übersprungen. Erst nach dem Sie-benjährigen Krieg, also mit Friedrich II.(dem Großen), war es wirklich eine Groß-macht geworden – freilich auf eine Art undWeise, die der Bahn eines Kometen glichund die keineswegs einem „Masterplan“folgte, sondern sehr viel auch mit Vabanque,mit extremem Risikobewusstsein in Kom-bination mit Glück also, zu tun hatte. Undzu diesem Glück gesellte sich nach 1772hinzu, was in der Geschichte des mittelost-europäischen Raums und hier gerade imdeutsch-polnischen Verhältnis von gravie-render Bedeutung sein sollte: Preußenwurde dank der drei polnischen Teilungenimmer größer – und dies ohne Kriege.

Reichtum ohne Anstrengung also – zuschön, um wahr zu sein. Und dann kommtdie Französische Revolution mit ihrem er-

folgreichsten Exporteur, dem Korsen Na-poleon Bonaparte. In den Worten des His-torikers Thomas NIPPERDEY: „Am An-fang war Napoleon. Die Geschichte derDeutschen, ihr Leben und ihre Erfahrun-gen in den ersten eineinhalb Jahrzehntendes 19. Jahrhunderts, in denen die erstenGrundlagen eines modernen Deutschlandgelegt worden sind, steht unter seinemüberwältigenden Einfluss.“2

Historische AusgangssituationDas stimmt. Das Ende des Alten Reichs,des Heiligen Römischen Reichs DeutscherNation, war dank Napoleon im Jahre 1806gekommen. Das Zeitalter der napoleoni-schen Herrschaft in Deutschland ist zu-gleich das Zeitalter der großen Reformen.Damals sind die Grundlagen des modernenStaats und der modernen Gesellschaft inDeutschland geschaffen worden. Erfolgund Misserfolg der Reformen haben dieGeschichte der Deutschen bis 1848, ja bisin die 1860er Jahre hin bestimmt. Aus derUnterschiedlichkeit der Reformen habensich unterschiedliche Linien und Wege derdeutschen Geschichte, so der preußische,der österreichische und der süddeutscheWeg entwickelt.

Und damit will ich Sie sogleich sensibi-lisieren:

· Preußen war nicht das einzige Land, indem Reformen durchgeführt wordensind, wofür die Namen (Heinrich Fried-rich Karl Reichsfreiherr vom und zum)Stein, (Karl August Freiherr (1814) von)Hardenberg auf der zivilen und (Ger-hard Johann David von) Scharnhorstund (August Wilhelm Anton Graf Neit-hardt von) Gneisenau auf der militäri-schen Seite gleichsam als Symbolfigu-ren, ja als Chiffre stehen.

2 NIPPERDEY, Deutsche Geschichte 1800 - 1866. Bürgerwelt und starker Staat, S. 12

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· Das preußische Reformwerk hat so gro-ße Nachwirkung entfalten können, weildie deutsche Geschichte des deutschenNationalstaats im 19. und auch in derersten Hälfte des 20. Jahrhundert maß-geblich durch Preußen geprägt wurde.Preußen wurde aus nicht-süddeutscherPerspektive gleichsam mit Deutschlandidentifiziert (und es wurde vergessen,dass die Revolution von 1848/49 nichtzuletzt an der preußischen Monarchiescheiterte und 1866 mit der Schlacht vonKöniggrätz das Jahr der ersten deut-schen Teilung verkörpert: Österreichtritt nun aus der deutschen Geschichteheraus...).

· Auch das nachfriderizianische Preußenversuchte sich in Reformen – denkenwir nur an die Einführung des „Allge-meinen Landrechts“ im Jahre 1794,welches seinerseits eine wesentlicheGrundlage für das Bürgerliche Gesetz-buch von 1900 bildete. Es ist unter denHistorikern, die sich der Erforschungder Geschichte Brandenburg-Preußenswidmen, umstritten, inwieweit die Re-formen nach 1806 dieses versuchte Re-formwerk fortführten oder einen Neuan-fang verkörpern.

War es Utopie, wenn der preußische Mi-nister Struensee 1799 dem französischenGesandten in Berlin erklärte: “Die heilsa-me Revolution, die Ihr von unten nach obengemacht habt, wird sich in Preußen lang-sam von oben nach unten vollziehen. DerKönig ist Demokrat auf seine Weise. Er

arbeitet unablässig an der Beschränkungder Adelsprivilegien und wird darin den PlanJosephs II. verfolgen, nur mit langsamenMitteln. In wenigen Jahren wird es in Preu-ßen keine privilegierte Klasse mehr geben.”3

Die Tatsache, dass es Reformbestrebun-gen bereits vor 1806 gab, darf nicht unter denTisch fallen. Denn davon hängt wesentlichdie Bewertung des Jahrs 1806 als Epochen-jahr der preußischen Geschichte ab.

Sie sollten nämlich wissen, meine Da-men und Herren: Historiker (auch solchein Uniform) machen sich Gedanken überKontinuitäten und Zäsuren in der Geschich-te. Und dazu gehört, dass Ereignisse undProzesse im Gesamtzusammenhang, inter-dependent also, bewertet werden, um letzt-lich Geschichtslegenden auszuräumen.

Seit den Tagen der NapoleonischenHerrschaft wird in Deutschland, immerdann, wenn es nicht so läuft, auf Preußenim Jahre 1806ff. rekurriert. Das war sonach dem Ersten Weltkrieg, es war so amEnde des Zweiten (Motto: „Nun Volk steh‘auf, der Sturm bricht los“) und – ich binmir bewusst, diese Trias provoziert - es istjetzt so (siehe kürzlich die Kabinettsrundein Neuhardenberg 4).

Der Historiker will und muss Legendenausräumen, und zu einer dieser Legendengehört das Bild des nachfriderizianischenPreußens als Phase absoluten Niedergangs,ergänzt durch das Image Friedrich Wil-helms III. als absolut willensschwachenHerrscher, dem eben – zum Glücke Preu-ßens – eine resolute Frau namens Louise

3 Zit. bei Sebastian HAFFNER: Preußens Krise und Wandlung, in: Preußen. Porträt einer politischen Kultur, München 1968, 92

4 Christian Bommarius: Reformkanzler in Neuhardenberg, in: Berliner Zeitung, Nr. 142 v. 21./22.06.2003, S. 1: „Hätte der preußische Au-ßenminister und nachmalige Staatskanzler seine Reformideen nicht – während des preußisch-französischen Kriegs – in Riga geschriebenund hätte er dass damalige Gut Quilitz nicht erst 1814 von König Friedrich Wilhelm III. geschenkt bekommen, und hätte er nicht bis zuseinem Tod in Genua am 26. November 1822 nicht nur 150 Tage dort gewohnt, dann wäre Schloss Neuhardenberg tatsächlich ein wahrhaftsymbolischer Ort für eine zur ‚Revolution von oben‘ unbeirrbar entschlossene Regierung. So aber wird sie dort vom liberalen Geist des‚Reformkanzlers‘ nur wenig spüren. Selbst Kopf und Körper Hardenbergs sind beigesetzt in Genua. Nur sein Herz, das 72 Jahre lang in derReformerbrust geschlagen hatte, ruht konserviert in der Patronatskirche Neuhardenbergs. Taugt auch der Ort nicht zum Symbol, so dochdurchaus sein alter Herr als Stichwortgeber: ‚Zeit ist nicht zu verlieren. Mann übertrage die Ausführung nicht großen zusammengesetztenCommissionen, frage nicht viele Behörden.‘“

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zur Seite stand. Dem war nicht ganz so.Hierfür ein weiterer Beleg im Sinne derRelativierung dieser Zäsur:

Der eingreifendste Reformakt, die Bau-ernbefreiung, wurde auf den staatlichen Do-mänen schon vor 1806 vollzogen - und mitviel entschiedenerem Erfolg als nach 1806auf den privaten Gütern, wo die SteinscheBauernbefreiung vielfach noch bis 1848und länger auf dem Papier blieb. Über50 000 Domänenbauern wurden damalsfreie Eigentümer; das sind mehr als in derganzen Epoche von 1807 bis 1848!

Es soll an dieser Stelle nur angerissensein: Man kann letztlich die Entscheidungs-zwänge, überhaupt die Geschichte Preu-ßens gerade im Zeitalter der FranzösischenRevolution und Napoleons nur anhand sei-ner geographischen Lage erklären. Es gingdarum, eine junge Großmacht gerade obihrer Mittellage als Großmacht zu erhalten;erst recht nach dem Frieden von Tilsit(1807), als Preußens Großmachtrolle sus-pendiert war. Die preußischen Reformerwussten, dass es nicht mehr möglich war,ohne grundlegende Reformen von Staatund Gesellschaft im napoleonischen Euro-pa zu überleben. Auch Friedrich WilhelmIII. teilte nach Tilsit die Überzeugung, dassPreußen an geistigen Kräften ersetzen müs-se, was es an physischen verloren habe.

Das expandierende Frankreich, sodanndas Machtvakuum, welches das Ende desAlten Reichs letztlich in der Mitte Europashinterließ sowie Österreich und Russland,ja auch England definierten politisch-geo-graphisch und damit auch ideologisch denRahmen preußischer Außen- und Innenpo-litik.

Meine Damen und Herren, Louises Dik-tum von den Lorbeeren immer im Hinter-kopf: die historische Forschung geht inzwi-schen mit Friedrich Wilhelm II. und Fried-

rich Wilhelm III. wirklich wesentlich mil-der um.

Nun, Aufgabe meines Vortrags ist es, Ih-nen einen knappen Überblick über das preu-ßische Reformwerk zu geben.

Für dieses Werk war der Boden bereitsdurch die Herrschaftsform des aufgeklär-ten Absolutismus bereitet. AufgeklärterAbsolutismus bedeutet, dass der Monarchnicht mehr der von allen gesetzlichen Be-stimmungen enthobene, weit über seinenUntertanen stehende Herrscher ist (princepslegibus absolutus), sondern selbstgewähltnur noch – wie Friedrich II. es ausdrückte- der erste Diener des Staats ist. Der Mon-arch behält weiterhin das Sagen, jedochunterwirft er sich und damit sein Handelneiner Idee: der des Staats, welcher seiner-seits den Wirren der Religion enthoben ist.Die grundlegende Frage, die sich damitstellt, lautet freilich „Wann geht die Auf-klärung soweit, dass sie den Absolutismusaufhebt.“ Diese Frage ist höchst aktuell undstellt sich in weltweitem Maßstab eben auchunter dem Schlagwort von der ‚Globalisie-rung‘. Sie lautet formelhaft: Ist Moderni-sierung ohne Demokratisierung möglich?

Die Geburtsstunde der modernen Demo-kratie in Europa ist - ungeachtet der Bedeu-tung der amerikanischen Unabhängigkeits-erklärung vom 4. Juli 1776 – der 14. Juli1789: Der Sturm auf die Bastille. Und dar-um geht es. Lassen wir an dieser Stelle ei-nen der Protagonisten, den preußischen Re-former Hardenberg selbst sprechen. In sei-ner „Rigaer Denkschrift vom September1807 „Über die Reorganisation des preußi-schen Staats“ an den König formuliert er:„Die Französische Revolution, wovon diegegenwärtigen Kriege die Fortsetzungsind, gab den Franzosen unter Blutvergie-ßen und Stürmen einen ganz neuenSchwung. Alle schlafenden Kräfte wurden

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geweckt, das Elende und Schwache, veral-tete Vorurteile und Gebrechen wurden –freilich zugleich mit manchem Guten zer-stört. Die Benachbarten und Überwunde-nen wurden mit dem Strome fortgerissen...Der Wahn, dass man der Revolution amsichersten durch Festhalten am Alten unddurch strenge Verfolgung der durch solchegeltend gemachten Grundsätze entgegen-streben könne, hat besonders dazu beige-tragen, die Revolution zu befördern undderselben eine stets wachsende Ausdeh-nung zu geben. Die Gewalt dieser Grund-sätze ist so groß, sie sind so allgemein an-erkannt und verbreitet, dass der Staat, dersie nicht annimmt, entweder seinem Unter-gange oder der erzwungenen Annahmederselben entgegensehen muss... Also eineRevolution im Guten Sinn, gerade hinfüh-rend zu dem großen Zwecke der Verede-lung der Menschheit, durch Weisheit derRegierung und nicht durch gewaltsameImpulsion in innen oder außen – das istunser Ziel, unser leitendes Prinzip.“

Das heißt:

· Diese Reformen waren zuerst Antwor-ten auf einen Anstoß von außen, auf dieFranzösische Revolution und die napo-leonische Herausforderung und Neuord-nung der deutschen Welt. Die Welt desAncien Régime war zusammengebro-chen, sie war den neuen und revolutio-nären politischen Machtbedingungennicht gewachsen. Die Anforderungen aneinen Staat hatten sich geändert. Werüberleben wollte, leistungs- und konkur-renzfähig bleiben wollte, musste sichauf diese neuen Anforderungen einstel-len, musste sich erneuern.

· Doch es waren nicht nur die Erfolge derRevolution, die neuen Anforderungen,und also die Gebote der Machträson, die

die Reform zwingend nötig werden lie-ßen. Es waren, fast untrennbar, die neu-en Normen, die neuen Ideen einer bür-gerlichen Gesellschaft, die sich auf bür-gerlicher Freiheit und rechtlicherGleichheit aufbaute. Sie hatten dem feu-dal-ständischen System seine Legitimi-tät genommen. Diese neuen Normenhatten, wie immer man sonst zur Revo-lution stehen mochte, auch in Deutsch-land Geltung und Resonanz gewonnen,auch in weiten Kreisen des Herrschafts-etablissements.

Träger der Reform waren nicht die Mas-sen, nicht eine bürgerliche Gesellschaft,sondern die Beamten; sie waren die Prota-gonisten der Modernität – gerichtet gegendie feudal-ständische Welt wie die absolu-tistisch-dynastische. Die Beamten fühltensich gegen alle Partikularinteressen als der„allgemeine Stand“, dem Recht, der Ver-nunft, dem Gemeinwohl, der wahrenStaatsräson verpflichtet. Sie wollten dieneue Gesellschaft der Bürger und den neu-en Staat schaffen. An die Stelle absolutis-tischer und feudaler Herrschaft sollte bü-rokratische Herrschaft treten. Nur in die-sem Rahmen – ein äußerst spannungsrei-cher! – konnte es Teilhabe der Nation ge-ben. Die preußischen Reformer entschie-den sich für eine „Revolution im gutenSinn“, d.h. für eine Politik der defensivenModernisierung, nicht mit, sondern gegenNapoleon. Ihr Reformwerk bedeutete nichtsminder als eine Revolution „von oben“.

Charakteristika des preußischenReformwerks

In Preußen ging es um dasÜberleben

Am Anfang der Reformen steht – trotz al-ler Kontinuitäten – das factum brutum: die

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Katastrophe von 1806, der Zusammen-bruch des alten Preußen; und alle Reformenstanden sodann im Schatten der existenz-bedrohenden Finanznot des Staats, derAufbringung der Kontributionen. Es gehtin Preußen nicht, wie im Süden und Wes-ten, um die Konsolidierung eines neuenund vergrößerten Staats und die Integrati-on vieler und neuer Gebiete, sondern umÜberleben und Wiederaufbau eines besieg-ten, halbierten, ausblutenden Staats.

Die überlieferte Ordnung war stark,die Durchsetzungskraft des Staatsbegrenzt

Die Reformen waren gleichwohl geprägtvom Erbe Preußens, von Absolutismus undAufklärung und zumal deren Spätphasen.Preußen war ein Land des Absolutismusund der Zentralisierung, in dem die Viel-falt der partikularen Gewalten und Ordnun-gen, wie es sie im Süden und Westen nochgab, lange eingeebnet war. Es gab darumweniger Nachholbedarf an Absolutismus.Statt dessen war die Problematik des erstar-renden absolutistischen Systems – dessen,was die kritischen Zeitgenossen den Ma-schinenstaat nannten – sehr viel deutlicherals anderswo. Zur Zeit Friedrichs des Gro-ßen war dieses Preußen eines der klassi-schen Länder der Reformen, ein fortschritt-liches Land gewesen. Der Impuls der auf-geklärten Reformen hatte zwar weiter ge-wirkt, aber war doch zugleich stecken ge-blieben. Zu einer sozialen Modernisierungwar es nicht gekommen; die feudale Au-tonomie blieb bestehen. Das AllgemeineLandrecht war für diese Ambivalenz ty-pisch. Es hatte das Programm des an Rechtund Gesetz gebundenen Staats und derstaatsbürgerlichen Gesellschaft auf dieTagesordnung gesetzt, aber zugleich dieständisch-regionale Ordnung fixiert und

legalisiert. Reformen wurden auf vielenGebieten vorbereitet, wie die Aufhebungder Leibeigenschaft, oder gar durchgesetzt,wie die Befreiung der Domänenbauern –wir sprechen in dieser Hinsicht von denVorreformen -, aber es fehlte ihnen anEnergie wie innerem Zusammenhang undan Gewicht für die Gesamtordnung. Dieüberlieferte Ordnung war stark, die Durch-setzungskraft des Staats begrenzt. Die Re-former sind in dieser Periode der Vorrefor-men aufgestiegen, aber sie hatten nochnicht das Sagen. Die Frage nach der Machtim Staat war zwischen Monarchie, Feuda-lität und Bürokratie noch nicht entschie-den.

Die preußische Reform stehtunter dem prägenden Einflussder Philosophie

Sie ist eine idealistisch-moralische Bewe-gung. Das ist mehr als Rhetorik, Ton oderÜberbau („das philosophische Element isteben nicht draufgesetzt“). Philosophie prägtdie konkreten Ziele des Reformwerks, gibtihm seinen Rang. So sehr wir gegenübervielfältigen idealisierenden Verklärungenpreußisch-deutscher Geschichtslegendekritisch und nüchtern geworden sind, die-ses idealistisch-metapolitische Ethos bleibtein Kernstück der Wirklichkeit. Die Re-form ist nicht mehr wie anderswo vomGeist der Aufklärung bestimmt. Sie hat dieAufklärung sozusagen schon hinter sich.Sie steht auf dem Boden der kantischenPhilosophie. Was heißt dies konkret?

· Der Mensch ist mehr als Mittel, Räd-chen einer Maschine, er ist auch Selbst-zweck, er ist auch autonom, sich selbstbestimmend, selbsttätig; jenseits vonBefehl und Gehorsam und jenseits vonbloßer Tradition kommt es darauf an,dass er innengeleitet die Dinge von sel-

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ber, aus eigener Vernunft und eigenemWillen tut und dass er über das geläu-terte Selbstinteresse und die Nützlich-keits- und Wohlfahrtsmoral der Aufklä-rung hinaus auf das Gute, auf die Pflichtaus ist.

· Dieses kantische Ethos ist durch denFortgang der Philosophie, durch Fichtezumal, durch die Erziehungslehre Pesta-lozzis, ja insgesamt durch die deutscheBildungsidee die Basis der Reform ge-wesen. Ideen- und moralpolitisch gehtes der Reform um Autonomie und Ver-antwortung, um einen neuen Menschen,um die ‚Wiedergeburt‘, um die ‚Vered-lung‘ des Menschen.

· Dieser neue Mensch ist die Vorausset-zung wie das Ziel der Reform. Insofernist sie weit mehr als eine institutionelleReform, sie ist – im allgemeinsten Sin-ne – eine erziehende Reform.

· Eine der wesentlichen konkreten Kon-sequenzen dieses Ansatzes ist die poli-tische Fassung der bürgerlichen Frei-heit. Freiheit ist nicht nur die individu-elle Freiheit vom Staat und den feudal-korporativen Mächten. Freiheit zur Ent-faltung der eigenen Kräfte – das ist deretatistisch-liberale Freiheitsbegriff derspezifisch napoleonischen Reform.Nein: Freiheit ist „Teilhabe“, Teilnah-me der Bürger am Staat, ist Mitwirkungam Staat. Das ist gewiss nicht Volkssou-veränität, nicht demokratische Selbst-oder Mitbestimmung. Das ist vielmehrder Versuch, aus den Untertanen Bürgerzu machen, die Sache des Staats zu ih-rer Sache zu machen. Den Staat auf dieselbständigen und freien Bürger, aufVolk und Nation zu gründen. Das Volk

soll nicht mehr einfach Objekt bürokra-tischer Fürsorge, bürokratischen Besser-wissens sein. Das Ganze ist stärker vomStaat her gedacht als vom Individuum,mehr von den Pflichten als von denRechten. Es ist die eigentümlich idealis-tische Fassung der Freiheit als Freiheitzum Staat. Von daher stammt SteinsIdee der politischen Erziehung, diedurch Mitwirkung Gemeingeist bildenwill. Dieser philosophisch-politischeFreiheitsgedanke ist charakteristisch fürdie preußische Reform. – Die idealisti-sche Wendung gegen die Aufklärungführt bei den preußischen Reformen zueiner gewissen Distanz gegenüber denfranzösischen und rheinbündischenVorbildern und zusammen mit anderenGründen bei manchen zu einer stärke-ren Vorliebe für englische Modelle.Dazu kommt der Versuch, an Traditio-nen anzuknüpfen oder, wie bei dem anti-absolutistisch orientierten Reichsfrei-herrn vom und zum Stein, auf alteuro-päische Theorien und Institutionen, aufStände, intermediäre Gewalten und Ge-waltenteilung zurückzugreifen5.

Orientierung auf England

Neben der Philosophie steht für viele Re-former die liberale Wirtschaftstheorie desAdam Smith, in Preußen verbreitet durchden Königsberger Professor Kraus: dieÜberzeugung, dass die entfesselte Wirt-schaftsaktivität des Individuums und derWettbewerb die eigentlichen Triebkräftewachsender Produktivität seien, dass dasGesamtwohl gerade durch die Energie dereinzelnen Egoismen gefördert werde. Nir-gends hat die Idee von der Freisetzung der

5 Der Reformansatz, insbesondere der des Freiherrn vom Stein, blieb jedoch – anders als in den Rheinbundstaaten – viel stärker an einem anti-aufklärerischen und traditionalistischen Staatsideal orientiert, das unter Berücksichtigung der englischen Entwicklung an die ständischeAbsolutismuskritik anknüpfte.

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ökonomischen Kräfte eine so starke Rollegespielt wie in Preußen.

Anders als in den Rheinbundstaatenwar die preußische Reform immerauch auf Befreiung ausgerichtet

Dieses außen- und militärpolitische Zielstand bei allen Reformen wie bei den na-tionalpädagogischen Grundideen Pate. Ausdieser Perspektive stammt der patriotischeder nationale Ton der Reformen, der sichsehr rasch von der spezifisch preußisch-partikularen Tendenz zur national-deut-schen Tendenz entfaltet.

Bei den preußischen Reformenhandelt es sich um eine Reihe vongleichzeitigen und aufeinanderfolgenden Teilreformen

Sie sind nicht nach einem Generalplan ent-wickelt worden oder gar abgelaufen. Dochsie sind im Ansatz und wie im Ziel einGanzes gewesen. Die Erneuerung der ein-zelnen Sektoren stand in einem Gesamtzu-sammenhang: sie sollten einen neuen Staatund eine neue Gesellschaft zusammenhän-gend konstituieren. Gneisenaus Wort vomdreifachen Primat der Waffen, der Wissen-schaft und der Verfassung (zu dem dieBauernbefreiung gehört) gibt diesen Zu-sammenhang durchaus richtig an.

Man kann von folgenden Prioritätender Reform sprechen

· Höchste Priorität hatte die Reform vonRegierung und Verwaltung. Die Ohn-macht des Staats und die teils chaoti-sche, teils autokratische Regierungsor-ganisation hatten die früheren Reformenauflaufen und scheitern lassen. Die Or-ganisation einer rationalen Verwaltungund die Konzentration der öffentlichenGewalt bei dieser Verwaltung sollte die

Herrschaft des Beamtentums etablieren.Das Beamtentum, die Bürokratie, wardie eigentliche Seele des Staats, Prot-agonist der vernünftigen Einsicht, desRechts, des Gemeinwohls, des Fort-schritts, der Modernität.

· Die nächste Priorität war die soziale undökonomische Emanzipation und Mobi-lisierung, die Begründung einer moder-nen neuen Gesellschaft freier und mög-lichst rechtsgleicher Eigentümer, auf dersich dann eine politische Nation bildenkonnte.

· Schließlich das Dritte: die Verfassung.Sie sollte die Herrschaft der Verwaltungsichern und konsolidieren und sie zu-gleich an das Recht binden. Sie sollte dieGrundrechte der Bürger sichern und siesollte Teilhabe an den öffentlichen An-gelegenheiten gewähren, um gerade da-mit Staat und Verwaltung zu stärken undzu legitimieren. Organisation der Ver-waltung und Freisetzung der Gesell-schaft standen am Anfang, Verfassungam Ende dieses Bemühens. Teilhabesollte mehr Ergebnis als Instrument derModernisierung sein. Darin lag die im-manente Spannung der Reformen.

Reform der Bürokratie – die Akteure

In Preußen verkörperte die Reform eineReform der Bürokratie. Der Reformflügelinnerhalb der Beamtenschaft und des Of-fizierskorps gewann eine Weile die Füh-rung gegenüber der Aristokratie wie der‘Partei’ der restaurativen Bürokraten undprägte die Monarchie. Innerhalb der Re-formpartei gab es unterschiedliche Tenden-zen; zwei Hauptpositionen werden durchdie Namen der leitenden Minister markiert:

· durch Stein, der 1807/08 als leitenderMinister die preußischen Reformen be-ginnt,

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· und durch Hardenberg, der nach einerZwischenregierung 1810 Staatskanzlerwird und es bis zu seinem Tode 1822bleibt, die Reformen weiterführt, bis sie1819/20 endgültig abbrechen.

Bei Stein spielt die ständische Orientie-rung, die Tradition des Reichsritters, derRückgriff auf alte Institutionen des Reichseine große Rolle; er ist Antiabsolutist undAnti-Etatist, misstrauisch gegen die allesregulierenden zentralistischen Staaten undBürokratien, für Dezentralisierung undKollegialität; er ist konservativer Refor-mer, insofern er gern an Traditionen, anStände und korporative Freiheiten anzu-knüpfen versucht, insofern er dem exzes-siven Wirtschaftsliberalismus distanziertgegenübersteht, aber er ist zugleich modernals Protagonist der Teilnahme der Bürgeran den öffentlichen Angelegenheiten; er istmehr auf den Staatsbürger als auf den Wirt-

schaftsbürger gerichtet; er ist der Moralist,der die Ideen der Selbsttätigkeit, der Bil-dung, der Nation auch in seinen prakti-schen Maßnahmen zu verwirklichen sucht.

Hardenberg, vom Lebensstil ein Grands-eigneur des 18. Jahrhunderts, ist zuerstEtatist, dem es um die Stärkung des Staatsund um eine straffe und zentralistische Ver-waltung geht; er ist liberaler Individualist,dem es um die Freisetzung der Wirtschafts-gesellschaft geht, um Chancengleichheitund freie Entfaltung für alle, um die Ach-tung des Eigentums und die Gleichheit derGesetze und der Besteuerung, mehr umbürgerliche ökonomische und individuel-le Freiheit als um politische, weniger umdie Philosophie, die moralischen Kräfte,um Volk und Nation und deren Teilhabe

Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vomund zum Stein (geb. 26.10.1757 in Nassau,gest. am 29.06.1831 in Cappenberg(Beisetzung in Frücht/bei Bad Ems) Karl August Freiherr (1814) von Harden-

berg (geb. 31.05.1750 in Essenrode/KreisGifhorn, gest. [auf einer Reise] in Genua26.11.1822).

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am Staat. Er ist mehr Realist und Rationa-list, stärker an französischen Modellen ori-entiert, insoweit moderner, autoritärer, ra-dikaler und dynamischer, wohl auch prag-matischer, weniger prinzipiell.

Doch letztlich täuscht eine derartige Ge-genüberstellung. In Wahrheit handelt essich nur um Akzentunterschiede innerhalbeiner Reform’partei’. Man spricht zu Rechtvon den Stein-Hardenbergschen Reformenund meint damit nicht nur den zeitlichenZusammenhang, sondern auch die Ge-meinsamkeit der Motive und Ziele.

Die Stütze der Reform war die reformier-te Regierung. Zuerst wurde 1807 die Re-gierung des Königs durch Minister und mitMinistern eingeführt, getrennt nach Res-sorts (den fünf klassischen Ministerien:Äußeres, Inneres, Krieg, Finanzen und Jus-tiz). Seit 1810 stand der Regierung einKanzler vor, der im Namen der Ministermit dem König verhandelte.

So sollte von einer Kreisverwaltung, diedas ‘flache’ Land erfasste, über städtischeSelbstverwaltung bis hinauf zu den Regie-rungsbezirken ein System sich ergänzenderSelbstständigkeiten geschaffen werden,das im König mit seinen Ministern seinenAnschluss findet. Über eine ‘Nationalver-sammlung’, ein Parlament, war nichts ent-schieden. Eine Vorform war ein Staatsratverdienter Staatsmänner und Beamter, eineandere die interimistische Versammlungvon Ständevertretern. Beides erwies sichals unpraktisch.

Die Regierung, die aus Untertanen Bür-ger machen wollte, begann bei den Bauern,denen sie das Menschenrecht auf freieSelbstbestimmung überhaupt erst verleihenmusste, damit sie sich zu Bürgern entwi-ckeln konnten. Mit dem ‘Oktoberedikt’1807 wurde die Erbuntertänigkeit der Bau-ern aufgehoben. Ihr Land erhielten sie als

Eigentum, das sie also auch veräußern konn-ten. Der Bauer war nicht mehr an die Schollegebunden. Er konnte sich von ihr lösen, sieverkaufen, frei seinen Beruf und Wohnortwählen und wechseln. (1811 und 1816 dieAufhebung der bodengebunden Grundherr-schaft über die Vollbauern). Mit der Frei-heit des Güterverkehrs begann seine ‘Indi-vidualisierung’, in die auch der Adel ent-lassen wurde. Denn ihm war es jetzt aus-drücklich erlaubt, statt Landwirtschaft auchGewerbe zu betreiben. Ob sie anständig undehrenvoll waren, das oblag seinem Urteil.

Am 19. November 1808 wurde die Städ-teverordnung erlassen. Mit ihr gewährteder Staat den Stadtbürgern die Selbstver-waltung und Selbstverantwortung ihrer in-neren Angelegenheiten. Sie stärkte in Preu-ßen das bürgerliche Selbstbewusstsein imSinne des Liberalismus mit Gewaltenteilungzwischen Magistrat (Exekutive) und Stadt-verordnetenversammlung (Legislative).

Die Gewerbefreiheit 1810 erlaubte es je-dem, seines Glücks Schmied zu werden,sich ohne beengende Zunftzwänge selbst-ständig zu machen. Zwischen 1810 und1812 setzte Hardenberg eine Finanz- undSteuerreform durch. Dies erbrachte mit der‚Landeskonsumtionssteuer‘ eine einheitli-che indirekte Verbrauchssteuer, die auchden Adel erfasste. Es wurde auch eine Lu-xussteuer eingeführt, zudem Zwangsanlei-hen bei den Kaufmannschaften der Städteund beim Adel.

Erstaunlicherweise dauerte es am längs-ten, die allgemeine Wehrpflicht durchzu-setzen. Das hätte schon damals den gebil-deten Verächtern Preußens zu denken ge-ben können, die fühlenden Herzen in Bay-ern oder Oberschwaben als öden Exerzier-platz und saubere Kaserne schilderten. Dieallgemeine Wehrpflicht, der Dienst freierStaatsbürger in einer Armee, in der es im

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Prinzip keine Standesvorrechte mehr gebensollte, wurde erst 1814 Gesetz. 1815 folg-te die ebenfalls alle Bevölkerungsschich-ten erfassende Landwehrordnung. DerBürger sah freilich in der allgemeinenWehrpflicht lange ein Zeichen der Unkul-tur: Sie erfasst den Gebildetsten wie denRohesten und bewertet ihn nur nach seinemphysischen Leben, bloß als Körper, ohneauf den Geist zu zählen. Sie ist ein Grab derKultur, der Wissenschaft, des Handels,sämtlicher Freiheit und allen Glücks. Diedemokratische Idee des freien Volks inWaffen entsetzte preußische Bürger eher,als dass sie werbend wirkte. Selbst dieVerheißung, dass jetzt auch Bürger zumOffizier aufsteigen konnten, dämpfte nichtden Unmut. Sie wollten gar nicht Offizierwerden. Erst der Befreiungskrieg gegenNapoleon versöhnte den Bürger allmählichmit der Zumutung der Wehrpflicht!

Wilhelm von Humboldt nahm sich ins-besondere der Bildungsreform an: Ausbauder Volksschulen, der Lehrerausbildung,der Gymnasien und Reform der Universi-täten (Eröffnung der Universität Berlin1810) waren Teil der Nationalerziehung,welche die bisherige Standes- und Berufs-erziehung überwinden sollte.

Klassifikation des Reformwerks:Drei Gruppen von Gesetzen

Auf die Gesetze des Reformwerks kann andieser Stelle nicht im Einzelnen eingegan-gen werden. Die Gesetze, die sektorenwei-se den Staat erneuern sollten, bilden dreiGruppen. Diese lassen sich nicht nur nachInhalten und Adressaten, sondern vor allemnach dem Grad ihrer Durchsetzbarkeit undden möglichen Sanktionen unterscheiden.Schließlich bedingte die Reformzeit jaauch einen Wandel in der Autorität desStaats als Gesetzgeber.

Die erste Gruppe umfasst Gesetzeund Verordnungen zur Organisationvon Regierung und Verwaltung

Sie betrafen den Staatsapparat selbst undmit ihnen wurde über Personen verfügt, diein unmittelbarer Abhängigkeit zum Staatstanden. Die Durchsetzungschancen dieserGesetze waren groß; allerdings stießen siedort an eine Grenze, wo die Verwaltung inden Hoheitsbereich anderer gesellschaftli-cher Gruppen vorzudringen versuchte, z.B.bei der Kreisverfassung des Gendarmerie-edikts von 1812. Zu dieser Gruppe gehö-ren die Verordnungen und Instruktionenüber die obersten Staatsbehörden und dieProvinzialregierungen, die in drei Wellenerlassen wurden: (1) Ende 1808 durch dieRegierung Stein, (2) im Jahre 1810 mit derErnennung Hardenbergs zum Staatskanz-ler, (3) und nach dem siegreichen Befrei-ungskrieg seit 1814 mit der schrittweisenEinschränkung der diktatorischen Voll-machten des Staatskanzlers durch die Er-richtung des Staatsministeriums, der Ober-präsidenten und des Staatsrats.

In der ersten Welle wurde die ‚Kabinetts-regierung‘ abgeschafft und das Ressort-prinzip sowie kollegiale Geschäftsführungeingeführt. Die Ernennung eines Staats-kanzlers, der die oberste Leitung und Kon-trolle aller Regierungsgeschäfte in seinerHand vereinte, hat faktisch in der zweitenWelle den monarchischen Absolutismus inPreußen beendet, der jedoch in der drittenWelle mit dem Erlöschen des Staatskanz-leramts als bürokratischer Absolutismuswiederbelebt wurde.

In diese erste Gruppe gehört auch die ge-setzliche Regelung der Verfassungsfrage,soweit es sich dabei um eine Modifikationder bürokratischen Alleinherrschaft han-delte. Kennzeichnend für diese Phase derVerfassungsdiskussion ist es, dass es sich

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um Versuche zur Selbstbeschränkung derBürokratie handelte. Die Verfassungsbe-wegung war weithin eine bürokratischeAngelegenheit.

Zur zweiten Gruppe gehören dieGesetze, die Bereiche regelten, dieschon nach damaligem allgemeinenVerständnis zu den Staatsaufgabengehörten, die aber zugleich direkteForderungen an den Staatsbürgerstellten.

Sie betrafen das Verhältnis des Staats zuseinen Bürgern. Es handelt sich um dieMilitärverfassung, die Finanzen (Zölle undSteuern) und das Erziehungswesen (Schu-len, Universitäten). Ebenso gehört dieDomänenverwaltung hierher.

Die Grenze der Durchsetzungschancenstellte sich jeweils dort ein, wo sich dieStaatsbürger den gesetzlichen Anforderun-gen zu entziehen vermochten – manchmalgedeckt durch die lokalen Verwaltungsbe-hörden. Spektakuläre Beispiele dafür fin-den sich in der Steuergesetzgebung: DieLandkonsumtionssteuer nach dem Ediktvom 28. Oktober 1810 scheiterte am Wi-derstand und an der Leistungsunfähigkeitder Steuerpflichtigen. Zugleich probte andieser Steuer die Provinzialverwaltung, vorallem in Ostpreußen, ihre Macht gegenüberder Zentrale in Berlin. Ein ähnlichesSchicksal erfuhr die ‚Vermögens- und Ein-kommensteuer‘ des Jahres 1812. Aber auchdie Durchsetzung der allgemeinen Wehr-pflicht stieß nach den Befreiungskriegenauf erheblichen Widerstand. Zur zweitenGruppe von Gesetzen ist auch das Ediktbetreffend die Emanzipation der Juden zuzählen, insoweit es die Stellung der jüdi-schen Bevölkerung zum Staat neu regelte.Indem es außerdem die Gleichberechti-gung der Juden in der bürgerlichen Gesell-

schaft verfügte, reicht es in die dritte Grup-pe hinein. Die allgemeine Anerkennungder Gleichheit der Juden wurde nicht er-reicht, zumal das Gesetz selbst Vorbehal-te bestehen ließ, die im Vormärz restriktivausgelegt wurden.

Die dritte Gruppe schließlich umfasstGesetze zur Regelung der wirtschaft-lichen und sozialen Beziehungen derStaatsbürger untereinander.

Hierher gehören das ‚Oktoberedikt‘, dieAgrargesetze und die Gesetze zur Aufhe-bung der Beschränkungen des Gewerbebe-triebs. Diese Gesetzgebung konnte mit derWohlfahrtsfürsorge des Staats legitimiertwerden – und derartige Formulierungenfinden sich auch oft in der Präambel eini-ger Gesetze -, aber da es sich um Gesetzehandelte, die traditionelle Rechtsverhält-nisse umstürzten, war diese Legitimati-onsbasis nur dünn. Denn die Fürsorge desStaats hatte sich traditionell auf die Wah-rung und Sicherung hergebrachter Rechtezu konzentrieren. Unproblematisch war dieDurchsetzbarkeit nur dort, wo das neueGesetz entweder längst praktizierte Ver-hältnisse legalisierte oder auf einen breitenKonsens der Betroffenen rechnen konnte,so z.B. beim Oktoberedikt, das eine ver-gleichsweise milde Opposition hervorrief.

Wenn die Gesetze jedoch ökonomischeInteressen, Rechtsansprüche und Gewohn-heiten verletzten, wurden sie in jahrelan-gen Auseinandersetzungen unter Einfluss-nahme der Betroffenen revidiert, so das‚Regulierungsedikt‘, oder sie blieben, fallsdie Betroffenen über nur unzureichendeEinflussmöglichkeiten verfügten, faktischviele Jahre konsequenzlos, so die Aufhe-bung des Zunftzwangs.

Die akuten Durchsetzungsschwierigkei-ten und die erzwungenen Änderungen der

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ursprünglichen Gesetzesabsicht reichenaber nicht aus, um über diese dritte Gesetz-gebungsgruppe ein Urteil zu fällen. Gera-de ihr innovatorischer Charakter macht eserforderlich, nach längerfristigen Auswir-kungen und nach etwaigen Bewusstseins-und Verhaltensänderungen zu fragen. DieGesetze zur Wirtschafts- und Gesell-schaftsreform haben offensichtlich in Preu-ßen den Wechsel zwischen der traditiona-len Agrargesellschaft und der modernenIndustriegesellschaft eingeleitet (‚Paradig-menwechsel‘). Sie markieren eine Zäsur.

FazitSämtliche Reformen - vom Freiherrn vomStein eingeleitet, von Hardenberg, Scharn-horst und Gneisenau fortgeführt - stießenauf erbitterten Widerstand. Keiner war aufdie Freiheit vorbereitet, und jeder fürchte-te sie. Zur Freiheit mussten alle erst erzo-gen werden.

Am erfolgreichsten konnte der Adel sei-ne Stellung behaupten. Er verfügte gegen-über dem König über ein schlagendes Ar-gument: Wie kann er sein ererbtes Privileg,König zu sein, noch rechtfertigen, wenn eralle übrigen Erbrechte als unberechtigtbeseitigen möchte? An ihrem Einspruchscheiterte die Kreisverfassung. Ein adligerLandrat, bestimmt von den Gutsbesitzernund anerkannt vom König, ‘herrscht’ wei-terhin auf dem Land. Den Adligen bliebenihre herkömmliche Gerichtsbarkeit imDorf, die Aufsicht über Kirche und Schul-wesen, vor allem ihr Jagdprivileg.

Die Bauernbefreiung zog sich länger alsbeabsichtigt hin, weil dem Gutsherrn eineEntschädigung für die Grundstücke zu-stand, die er den Bauern überließ. Denenfehlte es in den schlechten Zeiten an Geld,um die Ablösung zu zahlen. Viele verzich-

teten zu Gunsten ihrer ehemaligen Herrnauf die ohnehin oft zu kleinen Höfe undbegaben sich in eine höchst ungewisseFreiheit. Die größten Schwierigkeiten be-reiteten die Vereinfachung und Vereinheit-lichung des Steuersystems. Das gelang erst1820 und auch dann nur äußerst unvoll-kommen. Nichts empörte den Bürger sosehr wie eine Einkommenssteuer. Sie galtihm als Enteignung, als Eingriff in seinegeschützte Privatheit.

Die Verfassungsfrage blieb überhauptungelöst. Zumindest die Beamten bemerk-ten allmählich, dass Reformen auch ohneParlament möglich sind. Sie beruhigtensich alsbald mit der Überzeugung, dass dieFreiheit ungleich mehr auf der Verwaltungals auf der Verfassung beruhe. Eine Ver-fassung schützt die Sicherheit des Eigen-tums oder der Person. Beides war in Preu-ßen gewährleistet. Der Genius der bürger-lichen Gesellschaft bedürfe deshalb nichtfeierlicher Verfassungstempel, weil er inder Verwaltung mit seinem Geist längstwohltätig wirke.

Trotz mancher Unzulänglichkeiten wardie ‘alte Gesellschaft’ grundsätzlich in eineneue individualisierende Berufs- und Leis-tungsgesellschaft umgewandelt worden.Clausewitz konnte mit einer gewissen Be-rechtigung schreiben, dass es ohne krampf-hafte Zuckungen zu Veränderungen ge-kommen war, die allesamt als “Gegenstän-de der Französischen Revolution” bekanntwaren.6

In der Tat, es handelt sich um eine ‘Re-volution von oben’, die die Preußen gernmit der englischen von 1688 und der ame-rikanischen von 1776 verglichen. Geord-nete Umbrüche wurden vernünftig geplantund umgesetzt, und sie richteten sich nachdem, was die Notwendigkeit verlangte. Soverstanden die Reformer dennoch ganz fri-6 Zit. bei Eberhard STRAUB: Eine kleine Geschichte Preußens, 113.

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derizianisch ihr Werk. Da der unabhängi-ge Geist bei den meisten Untertanen nochfehlte, blieb ihrer Ansicht nach gar nichtsanderes übrig, als auf dem Verwaltungs-weg die Grundlagen für eine freie Entwick-lung zu schaffen. Eine freie Gesellschaft imfreien Staat ist dann das Ergebnis diesesErziehungsprozesses.

Gerade deshalb wurde Schulen undHochschulen, den staatlichen Anstalten zufreier Selbstbildung, eine solche Beachtunggeschenkt. Bildung befreit. Sie versetzt denMenschen in die Lage, sich zum Menschenzu formen. Seine Humanisierung ist nichtsein Recht, sondern seine Pflicht, um zuseiner Freiheit zu gelangen und sie ver-nünftig zu gebrauchen. Der Geist der Frei-heit äußert sich aber als ein das Leben ver-schönernder Geist. Wilhelm von Hum-boldt, der Freund Goethes und Schillers,verpflanzte den Geist Weimars nach Ber-lin und ermöglichte die Symbiose vonpreußischer Staatsgesinnung und Antike.

Es ist bemerkenswert, dass der Sieg überNapoleon, der dann schließlich im Bundemit Russland errungen wurde, den Refor-men auf halbem Wege ein Ende setzte undeine Epoche der Reaktion einleitete.

Gleichwohl, in der Bezeichnung ‘Preu-ßische Reformen’ schwingt etwas von derbis heute lebendigen, die Geister scheiden-den Vorstellung mit, dass Preußen in dereuropäischen und deutschen Geschichteetwas Besonderes darstelle, sei es im Ne-gativen oder im Positiven. Zwar habennicht überall um Preußen herum Revolu-tionen stattgefunden, dennoch sind traditio-nell die preußischen Reformen als Alterna-tive zur Revolution herausgestellt worden.Die zentralen politischen Aufgaben derZeit waren ja:

· Herstellung eines Steuersystems, dasden Anforderungen des modernenStaats und der Leistungsfähigkeit einersich modernisierenden Gesellschaft ge-recht wurde.

· Abbau von Privilegien und Exemtionenim Steuerrecht, in der Gerichtsbarkeitund der politischen Partizipation.

· Herstellung von auf dem Gleichheits-grundsatz beruhenden Rechtsbeziehun-gen zwischen den Wirtschaftssubjekten.

· Modernisierung der Wirtschaftsstruk-tur, d.h. unter damaligen Bedingungenzunächst Modernisierung des landwirt-schaftlichen Sektors.

Vergegenwärtigt man sich die Preußen-rezeption in Deutschland nach 1945 sosticht Folgendes ins Auge: “Wenn Spar-samkeit und Leistung wieder stärker ge-fragt sind, besinnt man sich auf Preußen.Wo sich eine ‘new austerity’ abzeichnet,steigen die als preußisch empfundenenTugenden des Dienens, der Askese und derEinsatzbereitschaft im Kurs. Bei Anstren-gungen denkt man gern an Preußen.”7

In den Stein-Hardenbergschen Reformensind Maßstäbe gesetzt worden, die für jedezwischen Traditionsbindungen und Moder-nisierungszwängen stehende Gesellschaftbedenkenswert sind; Maßstäbe der Reforminsbesondere, die einer gerade an dieserStelle unsicher gewordenen Generationetwas bedeuten können. Während in derheutigen Zeit Reformen meistens nur aufdem Hintergrund finanzieller Überschüs-se gedacht und entsprechend in Phasen ein-geschränkter Möglichkeiten zurückgestelltwerden, ist im Preußen Steins und Harden-bergs einem Reformbegriff Geltung ver-schafft worden, der die Alternativen ‘Wan-del durch Wachstum’ oder ‘Stagnation’

7 Rudolf von THADDEN: Fragen an Preußen. Zur Geschichte eines aufgehobenen Staates, München (dtv) 1987 [1981], 118.

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sprengt. Im damaligen Preußen bestand dieBereitschaft, auch unter Bedingungen ma-terieller Mängel notwendig werdende Re-formen anzugehen und Chancen der gesell-schaftlichen Erneuerung zu eröffnen - nichtdurch eine Beliebigkeit der Mittel, sonderndurch bewusste Setzung von Prioritäten.

Gewiss: auch die preußischen Reformenhatten ihre zeitbedingten Voraussetzungen,von denen sie so wenig unverkürzt ablös-bar sind wie die ‘preußischen Tugenden’der Sparsamkeit und des Pflichtbewusst-seins von den ihren. Aber sie weisen dochwenigstens darauf hin, dass auch diejeni-gen Anlass haben, Preußen im historischenBewusstsein ‘aufzuheben’, die sich nichtnur an Kategorien sogenannter preußischerOrdnung orientieren.

Literatur (in Auswahl):

Elisabeth FEHRENBACH: Vom AncienRegime zum Wiener Kongress, 4. Auf-lage, München u.a. (Oldenbourg) 2001.

Thomas NIPPERDEY: Deutsche Ge-schichte 1800 - 1866. Bürgerwelt undstarker Staat, München (C. H. Beck)1983, 33 - 69

Preußische Reformen 1807 - 1820, hg. Bar-bara VOGEL, Königstein/Ts. 1980.

Gemeingeist und Bürgersinn. Die preußi-schen Reformen, hg. Bernd SÖSE-MANN (= Forschungen zur branden-burgischen und preußischen Geschich-te. N.F., hg. im Auftrag der PreußischenHistorischen Kommission, Berlin, vonJohannes KUNISCH, Beiheft 2), Ber-lin (Duncker & Humblot) 1993. ISBN3-428-07772-5

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Stellen Sie sich bitte vor, Sie sind Eigen-tümer/in eines Grundstücks und richten aneinen Öffentlich bestellten Vermessungs-ingenieur die Frage, wie viel Zeit er für dieDurchführung einer Zerlegungsvermessungbenötigen würde. Sie betonen, die Ange-legenheit sei eilig, da ein Erwerber vor derTür stehe, der auf einer Teilfläche des Grund-stücks alsbald ein Haus errichten möchte.Der ÖbVI antwortet Ihnen, dass seine Ar-beiten ca. 4 bis 6 Monate beanspruchen wür-den, er dabei allerdings auf die Vermes-sungsunterlagen des Kataster- und Vermes-sungsamts angewiesen sei. Wie lange derenBereitstellung voraussichtlich dauern wer-de? Schwer zu sagen, aber mit mehreren Mo-naten sei wohl zu rechnen – so der Erfah-rungswert des ÖbVI. Wie würden Sie reagie-ren? Und wie erst der bauwillige Erwerber?

Das Beispiel ist fiktiv, wirft aber einenBlick auf reales Geschehen im Land Bran-denburg – Anfang der 90er Jahre. Die son-derkonjunkturelle Situation im Bau- und

Grundstückswesen stellte hohe Anforde-rungen an eine Katasterbehörden, derenNachweise im Wesentlichen analog ge-führt und entsprechend aufwendig undlangwierig zu recherchieren waren. Auchin qualitativer Sicht genügte die Bereitstel-lung analoger Informationen zunehmendnicht mehr den Kundenansprüchen. Dieseund weitere Gründe waren ausschlaggebenddafür, dass neue Wege in der Nachweisfüh-rung des Liegenschaftskatasters beschrit-ten wurden, um den zentralen Aufgabender Eigentumssicherung wie auch der Be-reitstellung raumbezogener Basisinforma-tionen zukunftsfähig und kundenorientiertnachkommen zu können. Das Hauptaugen-merk richtete sich dabei nicht allein auf diedigitale Führung der Kartennachweise(ALK) und Buchnachweise (ALB) mit ih-rer vielfältigen Bedeutung für die Belangeder Verbraucher. Frühzeitig wurden auchdie Vermessungsrisse (Zahlennachweise)als dritte Säule des Liegenschaftskatasters

Stephan Bergweiler

ANS-Vermessungsrisse in neuem GewandALK und ALB sind Synonyme für das digitale Kataster – der automa-tisierte Rissnachweis schließt sich an

Nach intensiver Entwicklungsarbeit wurde das neu konzipierte Programm-system „Automatisiertes Nachweissystem für Vermessungsrisse“ (ANS)– ein Projekt des Landesbetriebs LGB – in die Katasterbehörden integriert.Als Bestandteil des Medienwechsels in der Führung des Liegenschaftska-tasters lösen digitale Bild- und Bezugsdaten der Vermessungsrisse die Ori-ginale bzw. Mikrofilme ab, soweit die Bereitstellung von Auskünften undAuszügen im Vordergrund steht. Als kundenorientiertes System steht ANSfür den schnellen und sicheren Datenfluss zum Nutzer und bildet mit sei-ner digitalen Plattform die Grundlage für leistungsfähige Internet-Dien-ste in Ausrichtung auf die eGovernment-Strategie des Landes.

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in den Medienwechsel einbezogen – unddas Projekt ANS ins Leben gerufen.

Entwicklung der Risserfassung

Die erste ANS-Lösung wurde durch dasLandesvermessungsamt in dBase umge-setzt und den Kataster- und Vermessungs-ämtern zur Verfügung gestellt. Als indivi-duell auf die Belange der Rissführung zu-geschnittene Lösung war sie von 1995 bis2002 im regen Einsatz.

Das Herzstück dieser Entwicklung be-steht in der neu konzipierten Risserfassung,die in ihren Grundzügen auch in der Nach-folgesoftware Verwendung findet. Mit ih-rer Hilfe werden die Vermessungsrisse derKatasterarchive systematisch, flurstücks-bezogen und dauerhaft in Bezug zueinan-der gesetzt (Risserfassung). Im Ergebniserhält man einen Bestand an Riss- undBezugsinformationen, der über Gemar-kungs-, Flur- und Flurstücksparameter ziel-gerichtet selektierbar ist. Die alt herge-brachten aufwendigen und antragsbezogenimmer neu beginnenden Such- und Ent-scheidungsprozesse in den Originalarchi-ven werden damit – eine sorgfältige Ris-serfassung vorausgesetzt – überflüssig. Dererzielte Zeitvorteil beschleunigt die Bereit-stellung der Vermessungsunterlagen unddient damit dem Kundenwohl.

Die so entstandene ANS-Version ist zwarauf die umfassende digitale Erfassung undRecherche von Rissinformationen ausge-richtet, benötigt aber zur Bereitstellung derVermessungsrisse den Rückgriff auf ana-loge Träger. Die Beseitigung dieses Medi-enbruchs mit modernen DV-Mitteln standalso an - eine neue Lösung musste her.

Das neue ANS

Würde man die geschichtliche Entwick-lung der Führung von Vermessungsrissen

in Epochen untergliedern, wäre mit der di-gitalen Risserfassung und -recherche un-strittig die Neuzeit angebrochen. Ein wei-terer Fortschritt war jedoch notwendig: DieVerwirklichung eines durchgehend digita-len Datenflusses von der Risserfassung biszur -ausgabe und mithin die Öffnung derRissarchive für künftige online-Dienste.

Nach Jahren der Entwicklungs- undTestarbeiten war es 2002 soweit. Die Ka-taster- und Vermessungsämter erhielteneine neue ANS-Version, die im Auftrag desLandesbetriebs LGB von Grund auf neuentwickelt wurde und seither erfolgreicheingesetzt wird. Als sehr hilfreich erwiessich dabei die enge und bis heute erfolg-reiche Zusammenarbeit mit den Kataster-behörden, die bereits 2003 in ein erstes, dieHinweise der Ämter betreffendes Updatemündete.

Parallel zur Software-Entwicklung wur-den die Bilddaten der erfassten Vermes-sungsrisse erzeugt. Die Rasterdatenpro-duktion erfolgte im Auftrag der LGB nachstrengen Qualitätskriterien.

Das neue Nachweissystem basiert aufdem Ansatz der Verknüpfung von Raster-daten der Vermessungsrisse mit digital ab-gelegten Bezugs- und Strukturinformatio-nen, die eine leistungsfähige Nutzung derArchive gewährleistet und über moderneSuchfunktionen die unmittelbare Ausgabeder Risse in digitaler und analoger Form er-möglicht. Die Anwendung des neuen ANS

· beschleunigt die Bereitstellung von Ver-messungsunterlagen mit positiven Aus-wirkungen für die Realisierung von In-vestitionsvorhaben

· unterstützt das Projekt FALKE (Forcier-te ALK-Einrichtung). Die Erfahrungender LGB bestätigen, dass Unklarheitenim analogen Kartenwerk mit ANS ef-fektiv beseitigt werden können.

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· reduziert Arbeitsabläufe und Kosten.Die neue Software wurde aus Gründen

der Wirtschaftlichkeit und zeitnahen Pro-jektrealisierung unter der Prämisse entwi-ckelt, dass die seit 1995 durch die Kataster-und Vermessungsämter betriebene syste-matische Risserfassung vollinhaltlich indas neue System übergeht. Folglich wur-de die Risserfassungskonzeption des altenSystems insgesamt berücksichtigt und neuangepasst.

Die Neuentwicklung ist als Client-Ser-ver-System konzipiert, bei dem sowohl diehinterlegte Datenbank der Erfassungsele-mente, als auch die zugehörigen Bilddatenauf einem Informix-Datenbankserver ge-halten werden. Der Bezug zwischen Bild-und Erfassungsdaten wird über die Verga-be von Identifizierungsnummern herge-stellt. Die Software nutzt den Grafikview-er PROView, der auch für großformatigeDokumente geeignet ist. Sie ist offen fürkünftige Internet-Anwendungen.

Als Windows-32Bit-Anwendung istANS auf den Plattformen Windows NT,2000 und XP lauffähig. Das mehrplatzfä-hige System kann von einer beliebigen An-wenderzahl gleichzeitig genutzt werden.Mit dem zugrundeliegenden Informix- Ser-ver sind die Dokumentendaten in einer Da-tenbank abgelegt, die über die notwendi-gen Mechanismen und Technologien füreinen sicheren und zügigen Datenzugriffverfügt.

Wesentlich verbessert wurde der Funk-tionsumfang und die Bedienbarkeit sowieDatensicherheit des ANS. In funktionalerSicht überzeugt das neue Programm durcherweiterte Suchkriterien und die Einrich-tung von Ausgabe-, Konfigurations- undNutzerverwaltungsfunktionen. Die Soft-ware ist intuitiv bedienbar und bietet op-tional die Anwendung eines Zwei-Moni-

torsystems. Der Schutz gegen Datenverlus-te und unbefugten Zugriff wird nunmehrdurch Passwortabfragen, angepasste Zu-griffsrechte und integrierte Plausibilitäts-kontrollen gewährleistet. VerschiedeneOrdnungs- und Suchfunktionen erlaubendem Programmanwender darüber hinaus,fehlerhafte Daten herauszufinden und zueliminieren.

Bearbeiten von Daten

Die Erfassung der Rissdaten erfolgt direktaus den Vermessungsrissen unter Be-rücksichtigung der allgemeinen Regeln derKatasterführung, auch im Hinblick auf denhistorischen Nachweis von Flurstücksver-änderungen. Sie setzt voraus, dass sachver-ständig entschieden wird, für welche je-weils aktuellen Flurstücke ein Riss im Falleeines zur Zeit vorliegenden Antrags aufErstellung von Vermessungsunterlagen Be-deutung hat.

Die Systematik der Risserfassung be-rücksichtigt den Fortführungstatbestandeines Risses wie auch den der Fortführungzugrundeliegenden Zustand. Im Falle einerZerlegungsvermessung beispielsweise ba-sieren die im Zuge der Grenzbildung neuentstehenden Flurstücke als Erfassungs-flurstücke auf Entstehungsflurstücken, dieden Zustand vor der Zerlegung wiederge-ben. Die Erfassungs- und Entstehungsin-formationen werden den Programmvorga-ben entsprechend eingetragen (Abb. 1). BeiBedarf kann die Rückverfolgung gekapptwerden. Umfasst ein Vermessungsriss Tei-le mehrerer Gemarkungen oder Flure, er-möglichen Ablageinformationen den not-wendigen Bezug. Jeder Riss und jede An-lage erhält eine Blattnummer.

Die Angaben für die Parameter Kreis,Riss-Art sowie Erfassungs-, Ablage- undEntstehungsgemarkung sind übersichtlich

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aus Listen auswählbar. Zur Festlegung derBlattnummer werden die höchste bereitsvergebene und die nächste Blattnummer

angezeigt. Die Flurstücksnummerierungkann bereichsweise eingegeben werden.Hilfreich für den Bearbeiter ist auch die

Abb. 1: Erfassung von Rissdaten

Abb. 2: Suchen in den Daten und Bearbeiten

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fortlaufende Anzeige der zuletzt erfasstenFlurstücke.

Die Eineindeutigkeit der eingegebenenDaten wird programmtechnisch überprüft,verbunden mit einer Warnung und den ent-sprechenden Korrekturmöglichkeiten, fallsein Datensatz bereits existiert.

Die Änderung bereits erfasster Rissinfor-mationen ist im Menüpunkt „Suchen in denDaten und Bearbeiten“ (Abb. 2) möglich.Nach Auswahl der Parameter Gemarkungund Flur werden im Ergebnisfenster alleentsprechend erfassten Flurstücke aufgelis-tet und können durch Scrollen oder Einga-be der Nummerierung selektiert werden.Die Datenänderung erfolgt in einer derRisserfassung ähnlichen Maske oder mitHilfe spezieller Funktionen für das Lö-schen von Flurstücken und die Neuverga-be von Identifizierungsnummern.

In einem weiteren Menüpunkt „Bearbei-ten von Stammdaten“ sind sämtliche fürdas Funktionieren des Programms notwen-digen Daten für Kreis, Gemarkung und

Rissart enthalten (Abb. 3), die unter Zuhil-fenahme von Such- und Editierfunktionenverändert, neu zugeordnet oder gelöschtwerden können.

Recherchieren der Daten

Für die Datenselektion bietet das ANSvier Verfahren, die in der Hauptsache aufdie flurstücksbezogene Zusammenstellungvon Vermessungsrissen abzielen, aber auchergänzende Funktionen ermöglichen:

· Standardsuche nach Rissen über Flur-stücke

· Suche nach Rissen über Flurstücksgren-zen

· Freie Suche

· Historien-SucheDas Standardverfahren der Rissrecher-

che besteht in der Zusammenstellung vonVermessungsrissen über die Eingabe derParameter Gemarkung, Flur und Flurstück(Abb. 4). Das Suchsystem ist durch dieexplorerartige Baumstrukturanzeige ein-fach bedienbar. Die Auswahl der Flurstü-

Abb. 3: Bearbeiten der Stammdaten

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cke erfolgt durch Scrollen in der Tabelleoder Eingabe der Flurstücksnummerierung

und wird durch Setzen von Häkchen bestä-tigt. Zugleich werden die zugehörigen Ris-

Abb. 4: Standardsuche nach Vermessungsrissen

Abb. 5: Suche nach Flurstücksgrenzen

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se aufgelistet und können angezeigt, aus-gedruckt oder digital exportiert werden.Die rechte Ergebnisliste ist immer eine re-sultierende Auflistung aller Ablagerisse.Sie kann bei Änderung der Gemarkungs-bzw. Flurwahl übernommen werden undermöglicht damit auf einfache Weise diekomprimierte Suche in mehreren Flurenund Gemarkungen.

Ergänzend zum Verfahren der Standard-suche bietet die Suche nach Rissen überFlurstücksgrenzen die Möglichkeit, sämt-liche Risse zu bestimmen, auf denen diezuvor selektierten Flurstücke gemeinsamenthalten sind (Abb. 5).Die Suchfunktion erstreckt sich auch überFlur-, Gemarkungs- und ggf. Kreisbereichehinweg.

Mit der freien Suche (Abb. 6) werden dievorgenannten Rechercheoptionen um freiwählbare Suchkriterien ergänzt, die denVermessungsriss charakterisieren. DemAnwender ist es beispielsweise möglich,

sämtliche Handrisse einer bestimmtenGemarkung und Flur zu selektieren.

Das Verfahren der Historien-Suche zeigtdie Entwicklung eines Flurstücks tabella-risch auf. Ausgehend vom aufgerufenenFlurstück wird die Entstehungshistorie undder Fortführungsverlauf eingetragen, je-weils mit den Bezeichnungen für Gemar-kung, Flur und Flurstück.

Ergänzend zu den vorgefertigten Such-funktionen können über die SQL-Sprachenoch weitere Abfragen definiert werden.

Ausgabe der Daten

Zur Weitergabe der Suchergebnisse wer-den die selektierten Rissdaten mit Hilfevon Exportfunktionen aufbereitet. Das Er-gebnis der Standardsuche nach Rissen wirdin Trefferlisten zusammengefasst, die fürjedes Flurstück die in Frage kommendenRisse sortieren, aufsteigend nach Gemar-kung, Flur, Flurstück und Rissnummer.Des Weiteren erscheinen Fortführungsart

Abb. 6: Freie Suche

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und Jahrgang der Risse und, als Deckblatt,die eingegebene Geschäftsnummer (optio-nal) zusammen mit der Bezeichnung desAmtes und dem Ausgabedatum.

Die Exportlisten und Bilddaten der Ris-se bilden das vollständige Ergebnis derStandardrecherche und können ausge-druckt oder auf einen Datenträger kopiertwerden, sei es im Zusammenhang mit derantragsbezogenen Bereitstellung von Ver-messungsunterlagen an einen ÖbVI, aberauch als Datenpool für die Bearbeitungeines FALKE-Verfahrens.Die Anzeige und Druckausgabe der Bild-daten erfolgt mit dem Grafikviewer PRO-View (Abb. 7). Die im Ergebnisfenster derStandardrecherche aufgelisteten Vermes-sungsrisse (Abb. 4) können einzeln, nach-einander oder insgesamt angesprochen wer-den. Zoom-Funktionen gewährleisten diekomfortable Ansicht auch klein gehaltenerInformationen.

SystemsteuerungMit der Nutzerverwaltung des ANS legt

der Administrator neue Nutzer an, die da-mit vollen Zugriff auf die Recherche- undAusgabefunktionen des Programms erhal-ten. Darüber hinaus vergibt er individuel-le Rechte, die insbesondere die Risserfas-sung, das Löschen von Rissen und dieStammdatenpflege betreffen. Bei jedemProgrammstart wird nach Benutzernameund Passwort gefragt.

Stand und AusblickSeit 1995 ist in den Katasterbehörden einkontinuierlicher Prozess der Risserfassung– mit der neuen Software und der Vorgän-gerversion – im Gange (Abb. 8), der in 11von 18 Kataster- und Vermessungsämternbereits zum Abschluss der Ersterfassunggeführt hat.

Der Aufbau eines entsprechenden Be-stands an Rasterdaten wurde in den letztenJahren verstärkt vorangetrieben und istweitestgehend abgeschlossen. Im Vorgriffauf künftig zu erwartende Internet-Nutzun-gen erfolgt die Rasterdatengewinnung derRisse in schwarz/weiß (400 dpi) und nur

Abb. 7: Grafische Anzeige der Risse

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bei qualitativ unzureichenden Vorlagen inGraustufen bzw. Farbe. Ein spezielles Qua-litätsmanagement sichert die einwandfreieLesbarkeit der Rissinformationen. Derzeitsind rd. dreiviertel aller Vermessungsrisseim Land Brandenburg erfasst und gescannt.

Für die Zukunft werden die Schwerpunk-te im zügigen Abschluss der Ersterfassungund Bilderzeugung der Risse, in der wei-teren Optimierung der ANS-Software undin der Einrichtung eines leistungsfähigenInternet-Dienstes gesehen. Die Rasterda-tenproduktion der Risse kann unter Wah-rung des hohen Qualitätsstandards von derLGB auf die Kataster- und Vermessungs-ämter übergehen. Für Anwender und Nut-zer bietet die LGB auch künftig die not-wendige Unterstützung. Hinweise undVorschläge zum ANS werden aufgegriffenund nach Möglichkeit umgesetzt.

Die Einrichtung des Online-Dienstes fürVermessungsrisse steht im Zusammenhangmit einem Ideenwettbewerb eGovernment,

der 2003 im Rahmen der eGovernment-Kooperation des Ministeriums des Innerenmit den privatwirtschaftlichen PartnernDeutsche Telekom AG, IVU Traffic Tech-nologies AG und Microsoft DeutschlandGmbH durchgeführt und abgeschlossenwurde. Die Projektidee einer integrierten,einheitlichen Online-Bereitstellung derbisher getrennt vorliegenden Katasternach-weise – „Liegenschaftskataster Online“ –überzeugte und wurde in die Liste der 21Projekte aufgenommen, die einen wesent-lichen Beitrag zur Modernisierung der Lan-desverwaltung leisten sollen [1], [2]. Daserklärte Ziel der eGovernment-Strategie istes, Verwaltungsleistungen für Bürger undWirtschaft „rund um die Uhr“ nutzerge-recht zugänglich zu machen und die At-traktivität des Standorts Brandenburg zuerhöhen.

Träger des Projekts „Liegenschaftskatas-ter Online“ ist die LGB. Seine Realisierungsetzt den umfassenden Zugriff auf Nach-

Abb. 8: Entwicklung der Risserfassung im Land Brandenburg (Stand 31.12.)

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weise des Liegenschaftskatasters voraus,die in digitaler Form landesweit einheitlichgeführt werden, also auf ALK, ALB undANS. Das neue Programmsystem ANS lie-fert eine wichtige Voraussetzung hierfür.

Mit der Online-Verfügbarkeit der Katas-ternachweise könnte auch die eingangs be-schriebene Situation fortgeschrieben wer-den: Nicht „mehrere Monate“ (Anfang90er Jahre), sondern „Minuten“ – so diekünftige Auskunft auf die Frage nach derBereitstellungsdauer für Vermessungsun-terlagen. Die Realisierung von Vermes-sungs- bzw. Investitionsvorhaben profitiertdavon – zum Nutzen der Bürger.

Quellenangabe

[1] Ministeriums des Inneren: Erfolgver-sprechende Projektideen zur Moderni-sierung der Verwaltung; Pressemittei-lung v. 30.06.2003

[2] Ministerium des Inneren: Ergebnissedes Ideenwettbewerbs eGovernment2003 – die ausgewählten Projekte;

1.07.2003, www.mi.brandenburg.de

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Einführung

Wie bereits in [2] ausführlich geschildert,wurden für den ehemals mecklenburgi-schen Teil der Stadt Fürstenberg (Land-kreis Oberhavel) im 2. Weltkrieg sämtlicheUnterlagen des Liegenschaftskatastersdurch einen Brand vernichtet. Es gab da-mit also kein amtliches Verzeichnis derGrundstücke mehr. Die Neueinrichtungdes Liegenschaftskatasters für die StadtFürstenberg erfolgte in mehreren Etappenund wurde endgültig im Jahre 2001 abge-schlossen.

Eine erste Etappe der Neueinrichtunghatte zum Ziel, die Ergebnisse der in denJahren 1946 bis 1948 durchgeführten Bo-denreform festzuschreiben. Es entstandenneue Liegenschaftskarten für überwiegendland- und forstwirtschaftlich genutzte Flä-chen, die sich im Eigentum zu enteignen-der Personen befanden. Daneben wurdenaber auch in der Nachbarschaft liegendeFlächen, die im alten Privateigentum blie-ben, erfasst. Im Ergebnis entstanden neueFlurstücke (neues amtliches Verzeichnis

Siegfried Kobel

Rechtsfragen im Zusammenhang mit derNeueinrichtung eines kartenlosen Gebiets

Über den Verwandtschaftsgrad von Grundbuch und Kataster ist schonhäufig diskutiert worden, zuletzt in [1]. Der Autor vergleicht das Verhält-nis mit „Vetter und Kusine in geordneten Familienverhältnissen einer Groß-familie, miteinander verzahnt und sich der Bedeutung und des Werts fa-miliären Zusammenhalts bewusst“. Dass es in den besten Familien ab undan auch Konflikte gibt, welche die Ordnung stören, dürfte normal sein. Sobestehen ab und an auch Unstimmigkeiten zwischen Grundbuch und Ka-taster. Über praktische Erfahrungen im Umgang damit und über Wege zurBeseitigung soll anhand einiger Beispiele berichtet werden.

der Grundstücke) und neue Grundbuchbe-stände, allerdings ohne Wegfall der altenBestände, da eine Zuordnung wegen desFehlens der Altunterlagen nicht möglichwar. Warum für die neu vermessenenGrundstücke der verbliebenen Alteigentü-mer keine Zuordnung des dem Eigentümerja bekannten Grundbuchs erfolgte, ist nichtnachzuvollziehen und führte ebenso zuDoppelbuchungen wie die fehlende Lö-schung der enteigneten Grundstücke. Dieentstandenen Doppelbuchungen bestehenteilweise noch heute. Weitere neue Liegen-schaftskarten insbesondere für Forstflä-chen fertigte der Liegenschaftsdienst Gran-see in den 80-er Jahren auf der Grundlageder Forstgrundkarten 1:5 000. In Anpas-sung an die Örtlichkeit wurden neue Flur-stücke und neue Grundbuchbestände fest-gelegt und die Eigentumsverhältnisse ent-sprechend der Bewirtschaftung festge-schrieben. Recherchen über vorhandenenPrivatwald erfolgten nicht. Das Ergebniswaren wiederum Doppelbuchungen.

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Ein bestehendes Grundbuch undtrotzdem enteignet?

Im Frühjahr 1995 gab es beim Kataster-und Vermessungsamt eine fernmündlicheAnfrage des damaligen Berliner Privat-Fernsehsenders IA-Fernsehen zum Standder Vermessung des Grundstücks vonHerrn S. aus Berlin. Der Journalist wurdean die Pressestelle des Landkreises Ober-havel verwiesen, für diese ein Sachstands-bericht erarbeitet. Am nächsten Morgenberichtete ein Auszubildender des Katas-ter- und Vermessungsamts über eine Sen-dung des IA-Fernsehens: „Herr S. läuftsuchend durch die Röblinsee-Siedlung vonFürstenberg, schaut auf die aus den 30erJahren stammenden Villen, die nach fast 50Jahren Nutzung durch die sowjetischen/GUS-Streitkräfte nicht mehr taufrisch sind.Er sucht ,sein’ Grundstück, ein ca. 3,8 hagroßes Ackergrundstück, denn das Katas-ter- und Vermessungsamt in Oranienburghat ihm bisher keine Auskunft gegeben.“Eine Nachfrage des Fernsehsenders bei derPressestelle hat es nicht gegeben.

Zum Sachverhalt:Herr S. war im Besitz eines Grundbuch-

auszugs. Das Grundbuch führte ihn als Ei-gentümer eines Ackergrundstücks der o. g.Größe in Fürstenberg. Er wusste nicht, wodas Grundstück liegt, vermutete es aberaufgrund der Lagebezeichnung im Bereichder Röblinsee-Siedlung und wandte sichdeshalb an das Bundesvermögensamt, wel-ches nach Abzug der GUS-Truppen dieVerwaltung übernahm und als Ansprech-partner für die Eigentümer fungierte. Vondort wurde er an das Kataster- und Vermes-sungsamt verwiesen, das inzwischen mitder Neuvermessung begonnen hatte, aller-dings im dicht parzellierten Teil. Dieswurde Herrn S. im Frühjahr 1994 auchmitgeteilt.

Für die ca. 70 ha des ursprünglich unbe-bauten Gebiet gestalteten sich die Grund-stücks- und Eigentumsrecherchen schwie-rig. Insbesondere für eine ca. 3,5 ha großeFläche am Rande des parzellierten Gebietsfehlten jegliche Hinweise. Eine öffentlicheAnfrage (im Amtsblatt, per Aushang, perAnfrage an den Eigentümer-Verein Röb-linsee-Siedlung, dessen Mitglied Herr S.ist) an alteingesessene Fürstenberger Bür-ger ergab, dass die Fläche Eigentum derStadt ist. Herr S. nutzte die Gelegenheitnicht, um sich als möglicher Eigentümerins Gespräch zu bringen. Nun war für dasKataster- und Vermessungsamt klar: ImBereich des ehemaligen Kasernengeländeslag besagtes Grundstück nicht. Wo lag esaber dann?

Inzwischen häuften sich Anfragen zuGrundstückskäufen im Zeitraum 1944/45.Diese lagen offensichtlich in einer nach derBodenreform neu eingerichteten Flur. Vie-le Anfragen bezogen sich dabei auf einenoffenbar ehemals existierenden „Auftei-lungs- und Aufbauplan“ dieses Geländes.Dieser lag dem Kataster- und Vermessungs-amt zunächst nicht vor. Erst ein BerlinerRechtsanwalts-Büro konnte im Zusam-menhang mit einer Nachfrage zu einemGrundstückskauf eine Kopie dieses Auftei-lungsplans aus dem Jahre 1943, entworfenvon einem Öffentlich bestellten Vermes-sungsingenieur, zur Verfügung stellen.Als Verkäufer trat in diesem Fall der Guts-hofbesitzer auf, auf den im Zuge der Bo-denreform die Enteignungskriterien (Groß-grundbesitzer mit Grundbesitz über 100 ha)zutrafen. Die Enteignung im Zuge der Bo-denreform erfolgte hier schneller als dieüber das Kriegsende hinausgeschobenenGrundbucheintragungen. Die Kaufverträ-ge waren so hinfällig geworden, obwohlteilweise bereits der Kaufpreis gezahlt war.

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Zumindest hier entstanden keine Doppel-buchungen.

Doch zurück zum Grundstück von HerrnS. Auf dem Aufteilungsplan fielen zweinicht zur Parzellierung vorgesehene, be-nachbarte Flächen auf. Beide waren lt.Grundbuch 1928 aus eben dem Grundstückabgeschrieben worden, das Grundlage desAufteilungsplans von 1943 war. Nicht nurdie Grundstücke, auch die Grundstücks-Nummern waren benachbart. Die Lagebe-zeichnung entsprach der des Grundbuchs.Eines der Grundstücke hatte die Größe von3,8 ha. Auch die Größe des zweiten Grund-stücks war passend. Mit relativ hoher Si-cherheit konnte nunmehr die Aussage ge-troffen werden: Dies war einmal dasGrundstück von Herrn S.

War? Herr S. stand doch als Eigentümerin einem nicht geschlossenen Grundbuch.Für ihn galt doch die Richtigkeitsvermu-tung des § 891 des BGB. Allerdings war mitder im Zuge der Bodenreform durchgeführ-ten Neuvermessung das Grundstück zu-sammen mit seinem Nachbargrundstückunter einer neuen Flurstücksbezeichnungin das amtliche Verzeichnis der Grundstü-cke gelangt, mit einer neuen Bestandsblatt-Nummer versehen worden und mit dieserBestandsblatt-Nummer dem BodenfondsMecklenburg-Vorpommern, später Bran-denburg zugeordnet worden. Da es nicht anNeubauern vergeben wurde, ist es später inVolkseigentum überführt worden. Warumdas Grundstück in die Bodenreform einbe-zogen, also enteignet wurde, konnte an-hand der vorliegenden Unterlagen nichtnachvollzogen werden. Entweder geschahdies versehentlich oder aus Unkenntnis derEigentumsverhältnisse. Falls es bewussteinbezogen wurde, war die Schließung desalten Grundbuchs versäumt worden, dies

aber wohl aus Unkenntnis der altenGrundstücksbezeichnung.

Von Seiten der Katasterbehörde konnteHerrn S. leider nicht geholfen werden. Erwurde unter Hinweis auf die im 2+4-Ab-kommen anlässlich der deutschen Vereini-gung festgestellte Bestandskraft der Bo-denreform auf den Rechtsweg verwiesen.

Teilungsvermessung 42 Jahrenach GrundstückserwerbIn der gleichen Fürstenberger Flur sollte imJahr 2002 ein Grundstück veräußert wer-den. Nach Unterzeichnung des Kaufver-trags vor dem Notar stellte dieser beim AmtFürstenberg die Anfrage gemäß § 24 ff. desBaugesetzbuchs bezüglich der Wahrneh-mung des gemeindlichen Vorkaufsrechts.Das Amt Fürstenberg kannte die angege-bene Grundstücksbezeichnung nicht undverwies an das Kataster- und Vermes-sungsamt. Hier wurde zunächst bestätigt:Ein Grundstück dieser Bezeichnung war imamtlichen Verzeichnis der Grundstückenicht enthalten. Die verwendete Grund-stücksbezeichnung war historisch gewor-den. Das half Käufer und Verkäufer (HerrW.) aber nicht weiter. Also wurde in denbruchstückhaft vorliegenden Unterlagenaus dem Nachlass eines Ende der 50-er Jah-re verstorbenen Öffentlich bestellten Ver-messungsingenieurs nach Handzeichnun-gen gesucht, die den Bereich des betroffe-nen Grundstücks darstellten. Es fandensich drei Handzeichnungen aus den Jahren1929, 1930 und 1931. Der Vergleich mitder aktuellen Liegenschaftskarte ergab:Das zum Verkauf vorgesehene Grundstückwar Teil eines größeren Grundstücks ge-worden, das in der nach der Bodenreformentstandenen neuen Liegenschaftskarteerstmalig nachgewiesen ist. Es war 1948unter einer neuen Grundbuch-Nummer

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gebucht worden. Aus dem alten Grundbuchwar zu ersehen: Das Grundstück entstand1928 und war zunächst im Eigentum vonHerrn B., später seiner Ehefrau. Im neuenGrundbuch war für das größere Grundstückebenfalls Frau B. als Eigentümerin einge-tragen. Die zusätzlichen Flächen warenoffensichtlich im Ergebnis der Bodenre-form in ihr Eigentum übergegangen. DieFlächen entstammten dem Altgrundstückdes bereits erwähnten Großgrundbesitzersund einem Nachbargrundstück, dessenAlteigentümer vor ähnlichen Problemensteht wie der bereits bekannte Herr S..

Frau B. war also in zwei Grundbüchernals Eigentümerin geführt, einmal in demGrundbuch für das 1928 erworbene Grund-stück und zum zweiten in dem Grundbuchfür das ihr in der Bodenreform zugeschrie-bene Grundstück, das allerdings das erstemit enthielt. Frau B. verkaufte 1960 ihrAltgrundstück. Notar und Grundbuchamt(damals die Abteilung Eigentumsdoku-mentation des Liegenschaftsdiensts) hiel-ten den Eigentumswechsel in dem zugehö-rigen alten Grundbuch fest. Die entspre-chende Grundstücksbezeichnung wurdeschon damals im amtlichen Verzeichnisnicht mehr geführt. Ungeachtet dessen gabes für dieses Grundstück drei weitere Ei-gentumswechsel, die anstandslos im altenGrundbuch dokumentiert wurden. Danachist Herr W. Eigentümer des Grundstücks.Für das Liegenschaftskataster war es zu-nächst erforderlich, die Voraussetzungenfür den Grundstücksverkauf von 1960nachträglich zu schaffen. Das war nur übereine Flurstückszerlegung möglich, die das1928 erworbene Grundstück wiederher-stellte. Herr W. stellte den notwendigenAntrag und übernahm notgedrungen dieVermessungskosten. Erst damit war es demGrundbuchamt möglich, die Eigentümer

richtig nachzuweisen und die Doppelbu-chung zu beseitigen.

Aufgebotsverfahren für 1948 neuvermessene Grundstücke

1996 begann das Grundbuchamt des Amts-gerichts Zehdenick mit dem Anlegen vonGrundbuchblättern für Grundstücke, fürdie es bisher nur ein Bestandsblatt gegebenhatte. Dies waren vor allem die Grundstü-cke, die im Ergebnis der Neuvermessungennach der Bodenreform erfasst wurden. DasBestandsblatt, inhaltlich identisch mit demLiegenschaftsbuch, enthielt dabei nebenden Sachangaben zum Grundstück (Teil 0des Grundbuchblatts) auch Angaben zumEigentümer (Teil I des Grundbuchblatts).Da das Bestandsblatt bezüglich des Eigen-tümernachweises nicht der Grundbuchord-nung entsprach, wurde ein Aufgebotsver-fahren durchgeführt. Dies war zwar ausGrundbuchsicht ein notwendiger Schritt, erführte aber nicht zur Verringerung vonDoppelbuchungen, sondern eher zur Ver-komplizierung der Situation, da in die neu-en Grundbücher der Eigentümer aus demJahre 1948 eingetragen werden sollte, wäh-rend in Doppelbuchungsfällen in den altenGrundbüchern längst Eigentümer-Um-schreibungen stattgefunden hatten. Nuraufmerksame, alle öffentlichen Mitteilun-gen lesende Bürger merkten, dass ihrGrundstück nunmehr neu unter dem Eigen-tum des z.B. längst verstorbenen Großva-ters eingetragen werden sollte. Diese be-wirkten dann durch ihren Einspruch dieAufhebung des doppelten Nachweises. Indiesen Fällen wurde dann auch regelmäßigdas Kataster- und Vermessungsamt einge-schaltet, um Identitätserklärungen abzuge-ben und ggf. die Sachangaben zu berichti-gen.

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Liegenschaftskarten aus Forstkar-ten, woher sind die Angaben zumEigentümer?Schon zu Zeiten der DDR war es für dieMitarbeiter des Liegenschaftsdiensts Gran-see, der seinerzeit kataster- und grundbuch-führenden Stelle, lästig, sich ständig mitfehlenden Liegenschaftskarten und damitauch einem unvollständigen Verzeichnisder Grundstücke konfrontiert zu sehen. Dervorhandenen geringen personellen Kapa-zität angemessen war der Mitte der 80-erJahre für Forstgebiete beschrittene Weg derNutzung der Forstgrundkarte 1:5000, ausder das Wege- und Schneisennetz, Gewäs-ser u.a. abgezeichnet wurden. Auch nachgraphischer Festlegung von Flurstücks-grenzen und deren Nummerierung warzwar ein neues amtliches Verzeichnis derGrundstücke entstanden, aber selbst dasBestandsblatt war ohne Eigentümeranga-be wenig von Nutzen.

Wer konnte nun Eigentümer von Wald-grundstücken sein? Wald war öffentlichzugänglich (außer bei militärischer Nut-zung oder sonstigen Beschränkungen),Wald wurde vom Staatlichen Forstwirt-schaftbetrieb bewirtschaftet, also wurde indas Bestandsblatt eingetragen: Eigentumdes Volkes, Rechtsträger: Staatlicher Forst-wirtschaftsbetrieb. Dies war auch zu 90 %richtig. Diese Eintragung muss eigenmäch-tig durch den Liegenschaftsdienst erfolgtsein, da selbst im Staatlichen Forstwirt-schaftsbetrieb konkretere Angaben vorla-gen. So war ein Teil des Walds Stadtwald,also Eigentum der Stadt Fürstenberg (nach-gewiesen über die Wirtschaftskarte derStadtforst von 1937), ein anderer Teil Pri-vatwald (nachgewiesen in Grundbüchernbei allerdings größtenteils unzureichendbeschriebener Lage, z.T. in Bewirtschaf-tungsverträgen mit dem Forstwirtschafts-

betrieb). Grundbücher bestanden für denStaatswald und den Stadtwald nicht.

Für den Stadtwald ist durch Bescheideder Oberfinanzdirektion inzwischen dieVermögenszuordnung erfolgt. Für den Pri-vatwald bestanden und bestehen ggf. nochDoppelbuchungen, denen auf Anfragebzw. Mitteilung des Eigentümers nachge-gangen wird. Für bisher fünf Flurstückekonnte die Grundstücksidentität festge-stellt werden und vom Forstamt die Bestä-tigung erhalten werden, dass es sich nichtum Staatswald handelt. Mit diesen Anga-ben (Grundbuch, Identitätserklärung desKataster- und Vermessungsamts, Bestäti-gung des Forstamts) sind im Allgemeinendie Voraussetzungen für das Grundbuch-amt gegeben, das entsprechende Grund-stück aus dem Bestand des StaatlichenForstwirtschaftsbetriebs zu streichen.

Gemeinsames Vorgehen mit demGrundbuchamtDie immer häufiger auftretenden Nachfra-gen nach doppelt gebuchten Grundstückenführten dazu, dass das Kataster- und Ver-messungsamt alle ihm bekannten Grund-stücke Ende 1997 dem Grundbuchamt desAmtsgerichts Zehdenick mitteilte und umEinleitung von Maßnahmen bat, die Dop-pelbuchungen zu beseitigen. Diese Mittei-lung wurde Anfang 1998 ergänzt durch dieAngabe von Grundstücksidentitäten soweitdiese feststellbar waren. Das Grundbuch-amt war zunächst nicht bereit, aktiv tätigzu werden, sondern forderte die Beibrin-gung von beglaubigten Eigentümererklä-rungen (notariell oder durch das Kataster-und Vermessungsamt) in der Form des § 29der Grundbuchordnung. Demgegenüberverwies das Kataster- und Vermessungs-amt auf § 38 der Grundbuchverfügung. Esgab zunächst einen schriftlich ausgetrage-

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nen Streit. Um hier den Familienfriedenwieder herzustellen, wurde eine intensiveAussprache zu dieser Problematik vorge-schlagen und durchgeführt. In dieser einig-ten sich beide Behörden auf folgendeStandpunkte:$ Doppelt gebuchte Grundstücke stellen

Fehler im Grundbuchnachweis dar, diebei Nichtbeachtung zu erheblichen ma-teriellen Konsequenzen führen können(z.B. Doppelverkauf, doppelte Belas-tung mit Grundschulden).

$ Für die Grundstücksidentitäten bürgtdas Kataster- und Vermessungsamt alsfür die Führung des amtlichen Verzeich-nisses der Grundstücke und den Nach-weis der Grenzverläufe verantwortlicheBehörde.

$ Die Mitteilungen des Kataster- undVermessungsamts zu festgestelltenDoppelbuchungen werden bei den je-weiligen Grundbuchakten abgelegt.

$ Bei Anträgen zu den jeweiligen Grund-büchern wird das aktuell geführteGrundbuch festgestellt.

$ Entsprechende Feststellungen werdendem Kataster- und Vermessungsamtmitgeteilt.

$ Mit der Mitteilung an das Grundbuch-amt stellt das Kataster- und Vermes-sungsamt seine Aktivitäten in Sachen„Doppelbuchung“ grundsätzlich ein undwird nur noch bei notwendigem Konsul-tationsbedarf seitens des Grundbuch-amts tätig.

Diese Art der Vorgehensweise hat sichinzwischen bewährt.

SchlussbemerkungDie Beschäftigung mit dem Thema führtleicht auch zu der Diskussion darüber, obdas Objekt „Grundstück / Flurstück“ pri-mär ein Objekt des Liegenschaftskatasters

(Teil der Erdoberfläche, festgestellteGrenzverläufe) und erst sekundär einGrundbuchobjekt ist (Dokumentation desGrundstückseigentümers) oder ob umge-kehrt die Eigentumsdokumentation (Rechtauf Eigentum an Grund und Boden) imVordergrund steht und das Liegenschafts-kataster nur Zusatzangaben dazu liefert. InAnbetracht der engen Verzahnung derVerantwortlichkeit ist diese Diskussionwenig sinnvoll. Beide Behörden haben je-weils „ihre“ Verantwortung, die zum Nut-zen des Eigentümers nur sinnvoll wahrge-nommen werden kann, wenn interdiszipli-när und kollegial zusammen gearbeitetwird.

Literatur und Quellenverzeichnis

[1] Farke, Dr. Wolfgang: Grundbuch undKataster, Vermessung Brandenburg,1/2002

[2] Kobel, Siegfried: Ende des „kartenlo-sen Gebietes“ in der Stadt Fürstenberg,Vermessung Brandenburg, 1/2003

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Ausgangssituation

Die Vermessungs- und Katasterverwaltungverwaltet die Geobasisdaten, die gegen-wärtig auf unterschiedlichen Medien wiePapier, Folie, Film, Photo und elektroni-sche Datenträger vorliegen. Die Inhalte derunterschiedlichen Medien sind gegen denDatenverlust zu sichern.

Wenn eine Stelle eine Firma mit der Neu-installation von Software beauftragt, musssie ihre Daten vorher selbst sichern. Es be-steht kein Anspruch auf Schadenersatz, wennDaten bei der Installation verloren gehen.Dies hat das Oberlandesgericht (OLG)Karlsruhe entschieden (Aktenzeichen 10U 123/95 vom 20. Dezember 1995). DasOLG betrachtet die Datensicherung als dasoberste Gebot der Datenverarbeitung (DV)und somit als selbstverständlich.

Sicherungsmedien

Als Medien bereits länger bekannt sind dasPapier und der Film. Mit der Erfindung desComputers und seiner Verbreitung geht einrasantes Anwachsen der Informationsmen-

Uwe Dreßler

Sicherungskonzept im Liegenschaftskataster

Die Entwicklung zu einer Informations- und Kommunikationsgesellschafthat auch Auswirkungen auf die Erfassung, Führung, Benutzung und Ver-waltung der Daten im Vermessungswesen. Die Vermessungs- und Katas-terverwaltung befindet sich augenblicklich in einem Medienwechsel, derweg von der analogen Führung und hin zu einer wirtschaftlichen und denheutigen Anforderungen entsprechenden digitalen Führung der Daten imVermessungswesen führt. Vorrangiges Ziel es ist, die Geobasisdaten desRaumbezugs, des Liegenschaftskatasters und der Topographie in dennächsten Jahren vollständig digital zu führen. Erforderlich ist deshalb einwirtschaftliches Sicherungskonzept für die vorliegenden Geobasisdaten.

ge einher. Diese Daten müssen gespeichertwerden. Aufgrund der Masse der zu spei-chernden Daten sind die Anforderungen anmoderne Informationsträger im Wesentli-chen durch die Menge der gespeichertenInformation pro Raumeinheit bestimmt.Datenträger, die diesen Anforderungen ent-

Abb. 1: elektronenmikroskopische Aufnah-me der Oberfläche einer CD

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sprechen, kann man in drei Gruppen unter-teilen: magnetische, optische und nur derVollständigkeit halber genannt die magne-tooptischen Datenträger. Auf Letztere wirdnicht weiter eingegangen, da sie im Siche-rungskonzept der Vermessungs- undKatasterverwaltung keine Rolle spielen.

Magnetische Datenträger

Zu dieser Gruppe von Datenträgern gehö-ren Festplatten, Disketten und Magnetbän-der (z.B. DAT 8mm). Gemeinsames Merk-mal dieser Datenträger ist, dass die Datenin einer magnetisierbaren Schicht, die aufein Trägermaterial aufgebracht ist, gespei-chert werden. Über einen Lesekopf werdendie magnetischen Impulse in digitale Infor-mationen umgewandelt.

Optische Datenträger

Zu dieser Gruppe von Datenträgern gehö-ren CD (CD-ROM, CD-R, CD-RW) undDVD. Die gespeicherte Information liegtauf allen optischen Datenträgern in dergleichen Form vor. Die Daten werden durch„Pits“ und „Lands“, das heißt durch Erhe-bungen der Oberfläche des Datenträgersdargestellt (Abb. 1). Dabei sind Pits dieErhebungen, wogegen Lands die unverän-derte Oberfläche ist. Um die Informatio-nen, die auf dem Datenträger gespeichertsind, wiederzugeben, wird die Pitstrukturberührungslos von einem Laserstrahl abge-tastet und in ein Datenbit umgewandelt.

Haltbarkeit der Sicherungsmedien alsArchivmedium

Über die physikalische Halt-barkeit können nur simulier-te Alterungsverfahren der je-weils getesteten DatenträgerAufschluss geben. Diese be-sitzen aber aufgrund des sehrspeziellen Testverfahrens kei-ne Allgemeingültigkeit. An-gaben über die Haltbarkeitder Datenträger sind für denEndanwender nur sehr schwererhältlich. Einen Überblicküber die Haltbarkeit der ver-schiedenen Medien zur Da-tenspeicherung zeigen Tabel-le 1 und 2.

Datenverlust durchKurzfristigkeit der techni-schen WerkzeugeDie Speicherung von Datenauf digitalen Medien hat aufder einen Seite den Vorteil,dass jeder von jedem Ort, zujeder Zeit auf die Daten zu-Tab. 1: Lebensdauer von Speichermedien

Lebensdauerangaben für verschiedene SpeichermedienLagerung bei 10 °C und 25 % Luftfeuchtigkeit

Magnetband Optical Disk Papier Mikrofilm

1 Woche2 Wochen1 Monat3 Monate6 Monate1 Jahr2 Jahre5 Jahre

10 Jahre15 Jahre20 Jahre30 Jahre50 Jahre

100 Jahre200 Jahre500 Jahre

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Film

Alle Hersteller erfüllen diese Angaben

Einige Hersteller erfüllen diese Angaben

Kein Hersteller erfüllt diese Angaben

Quelle: NML Jan 1996

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greifen kann. Andererseits entsteht eineAbhängigkeit zwischen den gespeichertenInformationen und der Verfügbarkeit derWerkzeuge, die zum Lesen dieser Informa-tionen notwendig sind. Durch die Kurzle-bigkeit der Werkzeuge in der Informations-technik besteht sogar die Gefahr, dass mitder Zeit Daten nicht mehr gelesen werdenkönnen, und damit Wissen verloren geht.Ein Beispiel sind die 5¼“ Disketten aus denneunziger Jahren. Allen Beispielen ist ge-mein, dass, sofern die alten Datenträgernicht auf aktuelle Träger umkopiert wur-den, die auf ihnen enthaltenen Informatio-nen verloren sind.

Ein weiterer Punkt ist die Veraltung vonSoftware und der mit ihr verknüpften Da-teiformate. Auf Datenspeichern abgelegte

Dateien sind zunächst nichtsanderes als eine Folge vonBits. Diese Bits können so-wohl ein gespeichertes Bildals auch einen Briefrepräsentieren. Um diese Bit-reihen interpretieren zu kön-nen, benötigt man Informa-tionen über die Struktur. Vie-le Informationen sind unab-hängig vom eigentlichen In-halt der Datei, und können oftnur von einem Programm,mit dem die Datei erstelltwurde, entschlüsselt werden.Weitere Faktoren erschwerendiese Interpretation:

· Die große Menge von ver-schiedenen Dateiforma-ten, die in den meistenFällen nicht miteinanderkompatibel sind.

· Um wertvollen Speicherplatz zu sparen,werden Dateien komprimiert. Die Zahlder Algorithmen zur Komprimierungvon Daten ist genauso unüberschaubarwie die Zahl der Dateiformate und istdemselben Alterungsprozess unterwor-fen.

Konzepte zurSicherung von Daten

Will man Daten langfristig sichern, müs-sen bestimmte Voraussetzungen erfülltwerden. Der Bestand der Daten muss si-chergestellt sein, und die Nutzung dieserDaten muss weiterhin ermöglicht werden.Bei Daten, die ohne Werkzeuge lesbarsind, ist die Sicherung weniger problema-

Tab. 2: Lebensdauer von Speichermedien

Lebensdauerangaben für verschiedene SpeichermedienLagerung bei 25 °C und 50 % Luftfeuchtigkeit

Magnetband Optical Disk Papier Mikrofilm

1 Woche2 Wochen1 Monat3 Monate6 Monate1 Jahr2 Jahre5 Jahre

10 Jahre15 Jahre20 Jahre30 Jahre50 Jahre

100 Jahre200 Jahre500 Jahre

Zei

tung

spap

ier

Dat

a D

-3

Dat

a 8m

m

DD

S 4

mm

CD

-RO

M

WO

RM

CD

-R

Hig

h Q

ualit

y

Per

man

ent

Med

ium

Film

Arc

hiv

Film

Alle Hersteller erfüllen diese Angaben

Einige Hersteller erfüllen diese Angaben

Kein Hersteller erfüllt diese Angaben

Quelle: NML Jan 1996· Bei Weiterentwicklung

von Programmen ist oftnur eine begrenzte Ab-

wärtskompatibilität gegeben.

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tisch als bei digital gespeicherten Daten,deren Information wir nicht unmittelbarmit den Sinnesorganen erfassen können.Das heißt, nicht nur die Daten müssen ge-sichert werden, sondern auch die Werkzeu-ge, mit denen diese Daten gelesen werdenkönnen. Unter diesen Vorraussetzungenunterscheidet man zwischen den Möglich-keiten der statistischen und dynamischenDatensicherung.

Statische Datensicherung

Statische Datensicherung eignet sich nurfür Daten, die vom Menschen direkt lesbarsind. Grundlegend für die langfristige Si-cherung ist, dass die Informationen auf ei-nem dauerhaften Träger aufgezeichnet wer-den. Eine Möglichkeit der Erhaltung derInhalte der bedrohten Unterlagen ist dieFotografie. Andere moderne Formen derstatischen Datensicherung verwenden dau-erhafte Materialien wie Gläser, Keramikenoder Metalle, auf denen die Daten in ver-kleinerter, aber direkt lesbarer Form ge-speichert werden. Eine Form dieser moder-nen Speichertechnologie und der Vollstän-digkeit wegen erwähnt ist die HD-Rosetta(Abb. 2). Die Scheibe hat einen Durchmes-ser von etwa 5 cm und kann ca. 9 000 Text-oder Bildseiten speichern. Die Höhe einergespeicherten Textzeile beträgt ca. 5 µm.Die zu schreibenden Daten wie Urkunden,

Bilder und andere Dokumente werden mit-tels eines Scanners digitalisiert und durchein Ätzverfahren auf die Scheibe übertra-gen. Die gespeicherten Daten sind mit ei-nem Mikroskop direkt lesbar (Abb. 3).

Die Haltbarkeit der HD-Rosetta wird aufmehrere tausend Jahre geschätzt. Der Fer-tigungsaufwand für Datenträger wie dieHD-Rosetta ist sehr hoch. Sie bietet sich ins-besondere zur Sicherung von Kulturgut an.

Dynamische Datensicherung

Bei dieser Form der Datensicherung wer-den die Informationen auf konventionellenDatenträgern gespeichert und in regelmä-ßigen Abständen auf neue Träger umko-piert. Die Zeitabstände des Umkopierenshängen vom jeweiligen Datenträger ab. Siebetragen bei magnetischen Speichern ca.ein Jahr und bis zu zehn Jahren bei CD.Die Hauptfrage, die sich bei dieser Formder Datensicherung stellt, ist, ob die ent-sprechenden Daten nur kopiert oder auchin andere Formate übertragen werden sol-len. Für das reine Kopieren der Datenspricht, dass die Informationen in der Formerhalten bleiben, in der sie erstellt und ge-speichert wurden. Beim Übertragen in an-dere Formate könnte es zu Fehlern kom-men, die Struktur der Information würdeverändert, im schlimmsten Fall würde dieszu Informationsverlust führen. Werden die

Abb. 2: HD-RosettaAbb. 3: Auf HD-Rosetta gespeicherter Text

in 4 500-facher Vergrößerung

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Daten nur kopiert, muss deren Lesbarkeitauch in Zukunft gesichert sein. Dies erfor-dert allerdings Informationen über die Pro-gramme, mit denen die Informationen er-stellt wurden, die zusammen mit den Da-ten gespeichert werden müssten. Zusätzlichmüssten auch die Hardware, auf der dieProgramme zur Zeit der Erstellung liefen,und deren Betriebssysteme erhalten wer-den. Die EU zieht in ihren „Leitlinien fürden Umgang mit elektronischen Informa-tionen“ diese Möglichkeit ausdrücklich inBetracht: „Wenn die genutzte AnwendungDaten in einem proprietären Format er-zeugt, kann es für den Zugriff auf die In-formation erforderlich sein, das gesamteSystem aufzubewahren. Dazu gehören dieAnwendung selbst, die IT-Plattform, dieDokumentation und möglicherweise sogardas Personal mit dem entsprechendenKnow-how für die Nutzung des Pro-gramms und der Plattform. Die Kosten ei-ner derartigen Lösung sind sorgfältig ge-genüber dem spezifischen Wert der Infor-mation abzuwägen.“[EU 1997]

In der Praxis erscheint es jedoch fast un-möglich, die alten Computersysteme fürlange Zeit vorzuhalten. Bei der Erstellungvon neuen Daten sollte eine standardisier-te Speicherung von Dokumenten erfolgen:

· Verwendung einheitlicher genormterFormate.

· Maschinenunabhängige Formate sindlanglebiger.

· Keine Verschlüsselung verwenden.

Arten der Datensicherung

Datenspiegelung

Bei der Datenspiegelung werden die Datenredundant und zeitgleich auf verschiedenenDatenträgern gespeichert. Da es sich meistum schnelle Datenträger handelt, entstehen

durch die doppelte Auslegung der Daten-träger und durch die notwendige Steue-rungssoftware entsprechend hohe Kosten.Der wesentliche Vorteil der Datenspiege-lung ist, dass der Ausfall eines dieser Spei-cher ohne Zeitverlust überbrückt werdenkann.

Volldatensicherung

Bei der Volldatensicherung werden sämt-liche zu sichernden Dateien zu einem be-stimmten Zeitpunkt auf einen zusätzlichenDatenträger gespeichert. Es wird dabeinicht berücksichtigt, ob die Dateien sichseit der letzten Datensicherung geänderthaben oder nicht. Daher benötigt eine Voll-datensicherung einen hohen Speicherbe-darf. Der Vorteil ist, dass die Daten voll-ständig für den Sicherungszeitpunkt vorlie-gen und die Restaurierung von Dateien ein-fach und schnell möglich ist, da nur von derletzten Volldatensicherung extrahiert wer-den muss. Werden Volldatensicherungenselten durchgeführt, so kann sich durchumfangreiche nachträgliche Änderungeninnerhalb einer Datei ein hoher Nacherfas-sungsaufwand ergeben.

Inkrementelle Datensicherung

Mit der inkrementellen Datensicherungwerden im Gegensatz zur Volldatensiche-rung nur die Dateien gesichert, die sichgegenüber der letzten Datensicherung(Volldatensicherung oder inkrementelleDatensicherung) geändert haben. Diesspart Speicherplatz und verkürzt die erfor-derliche Zeit für die Datensicherung. Fürdie Restaurierung der Daten ergibt sich imAllgemeinen ein höherer Zeitaufwand, dadie Dateien auch Datensicherungen ver-schiedener Zeitpunkte extrahiert werdenmüssen. Die inkrementelle Datensicherungbasiert immer auf einer Volldatensiche-

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rung. In periodischen Zeitabständen wer-den Volldatensicherungen erzeugt, in derZeit dazwischen werden eine oder mehre-re inkrementelle Datensicherungen vollzo-gen. Bei einer Restaurierung einer Dateiwird die letzte Volldatensicherung alsGrundlage genommen, die um die in derZeit geänderten Daten aus der inkremen-tellen Sicherung ergänzt wird.

Differentielle Datensicherung

Bei der differentiellen Datensicherungwerden nur die Dateien gesichert, die sichgegenüber der letzten Volldatensicherunggeändert haben. Eine differentielle Daten-sicherung benötigt mehr Speicherplatz alseine inkrementelle Datensicherung. DieDateien lassen sich aber einfacher undschneller restaurieren. Für die Restaurie-rung der Daten reicht die letzte Volldaten-sicherung sowie die aktuellste differentiel-le Sicherung, nicht wie bei der inkremen-tellen Datensicherung, wo unter Umstän-den mehrere Datensicherungen nacheinan-der eingelesen werden müssen.

Eine spezielle Form der Datensicherungist die Image-Datensicherung. Bei derImage-Datensicherung werden nicht dieeinzelnen Dateien einer Festplatte gesi-chert, sondern die physikalischen Sektorender Festplatte. Es handelt sich hierbei umeine Vollsicherung, die sehr schnell aufeine gleichartige Festplatte gebracht wer-den kann.

Sicherungsmethode

Theoretisch ließe sich ein tägliches Backupmit einem einzigen Band realisieren. Aller-dings wäre die gewonnene Datensicherheittrügerisch. Versagt das Band, steht manohne Datensicherung da. Auch die Ver-wendung von zwei Bändern, eines für einVollbackup und eines, auf dem die tägli-

chen inkrementellen Backups in mehrerenSessions hintereinander gespeichert wer-den, genügt bei Weitem nicht der gebote-nen Sorgfaltspflicht. Grundsätzlich ist esratsam, jedes Tagesbackup auf einem ge-sonderten Band zu speichern, auch wenndies zunächst als Platzverschwendung er-scheint. Als ausreichend sicher hat sich dasGVS-Prinzip (Großvater-Vater-Sohn) er-wiesen. Zunächst werden ein (Freitags-)Bandfür das Vollbackup und vier Bänder für dieübrigen Wochentage benötigt. In der dar-auffolgenden Woche wird jedoch nicht dasFreitags-Band mit dem Vollbackup über-schrieben, sondern ein weiteres Band demZyklus hinzugefügt. Dadurch erhält manein Archiv der letzten Wochen. Für die fol-genden Wochentage verwendet man dieentsprechenden alten Inkremental-Bänder,die einfach überschrieben werden. Die wö-chentlichen Vollbackups eines Monats(maximal fünf) bekommen jeweils ein ei-genes Band. Am Ende des Monats legt manjeweils ein Monatsarchiv an. Somit benö-tigt man zwölf Bänder für die Monate (dieGroßväter Januar bis Dezember), fünf Bän-der für die freitäglichen Vollbackups (Vä-ter) und vier Bänder für die WochentageMontag bis Freitag (Söhne). Insgesamt sindalso 21 Bänder erforderlich. Zu beachtensind dabei die Herstellerangaben des Stre-amers. Gerade bei DAT-Streamern kann esvorkommen, dass die Bänder bereits nach 25Zyklen ausgetauscht werden müssen.

Wie sichernWirtschaftsunternehmen?

Auch in der Industrie sind in den letztenJahrzehnten die Arbeitsmethoden weitest-gehend automatisiert worden. In allen Be-reichen hat der Computer noch sehr vielstärkeren Einzug gefunden, als es in derVerwaltung bis heute der Fall ist. Damit

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stellten sich die gleichen Fragen der Um-arbeitung und der Sicherung schon sehrviel früher.

Entwicklungsbereiche

Gerade in der Entwicklung sind sämtlicheArbeitsschritte automatisiert worden, sodass ein neues Produkt komplett am digi-talen Arbeitsplatz entworfen wird. Dasheißt, dass im Ergebnis jedes Teil des Fahr-zeugs von der Karosse bis hin zu Kleintei-len als digitales Modell vorliegt und alsVorlage für die Produktion der Teileher-steller dient.

Kurzzeitsicherung

Die Unternehmen betreiben in der Regelgroße Rechnernetze mit mehreren Servern.Die Daten werden auf gesonderten Daten-trägern oder auf anderen räumlich getrenn-ten Servern gespiegelt. So kann der Aus-fall eines Systems schnell kompensiertwerden.

Langzeitsicherung

Der Entwurf eines neuen Modells kostetviel Geld. So ist die Sicherung der Datenvon enormer Bedeutung. Gerade der par-tielle Rückgriff auf Entwürfe früherer Zeitist sicherzustellen, um die nochmalige voll-ständige Konstruktion eines Teils zu ver-meiden.

Wie bei jedem digital erzeugten Daten-bestand besteht auch hier nach Jahren dieProblematik der Lesbarkeit der Daten.Auch hier werden zwei Gründe genannt.Zum einen der Verfall der Datenträger undzum anderen die Fortentwicklung bzw. derEinsatz einer neuen Software, die das Da-teiformat nicht mehr unterstützt. FürLangzeitsicherungen werden diese Datendaher immer mit der dazugehörigen Soft-ware gesichert.

Unternehmen mit hoher Ausfallsiche-rung (Kreditinstitut)

Alle Geschäftsprozesse in einer Bank wer-den heute digital bearbeitet. Wichtige Ge-schäftsunterlagen werden gescannt unddigital in das Netzwerk eingestellt. DerAusfallsicherheit wird dadurch Rechnunggetragen, dass die Datenverarbeitung aufzwei Hauptrechnern vollzogen wird, die inzwei verschiedenen Niederlassungen unddamit örtlich getrennt installiert sind. Überein Hochgeschwindigkeitsnetz sind dieseRechner miteinander verbunden.

KurzzeitsicherungDie Kurzzeitsicherung erfolgt im Netz derBank. Die Daten liegen auf beiden Servernvor, die jeweils mit ca. 50 % ihrer maxima-len Last betrieben werden. Ein Ausfall ei-nes Servers wird dadurch kompensiert, dassder zweite Server die Last mit übernimmt.Voraussetzung für dieses Konzept ist dieDatenhaltung entsprechend auf beidenSystemen vorzuhalten (RAID-System).

Dieses Verfahren ist typisch in Berei-chen, die sich einen Ausfall aus wirtschaft-licher und unternehmenspolitischer Sichtnicht leisten können. Vorteil ist die nahe-zu vollständige Vermeidung von System-ausfällen. Der Nachteil besteht in den ho-hen Kosten für ein solches System.

LangzeitsicherungBis zum Jahr 2000 wurden alle Geschäfts-papiere auf Mikrofilm gesichert. Heutewird es als wesentlichen Nachteil gesehen,die Daten auf unterschiedlichen Medien zuverwalten. Der Zugang in einem vollauto-matisierten Prozessablauf muss auch auto-matisiert möglich sein. Ab dem Jahr 2001werden alle Geschäftsunterlagen gescanntund im Netz zur Verfügung gestellt. DieOriginale kommen ins Archiv. Die Bank

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hält es für nicht erforderlich, neben demOriginal und dem Scan ein weiteres Medi-um für eine Langzeitsicherung zu fertigen.

Datensicherung im Liegenschafts-katasterDatensicherung ist die Vervielfältigung derGeodaten des amtlichen Vermessungswe-sens auf einem anderen Medium, um dieamtlichen Nachweise bei Verlust wieder-herstellen zu können.

Im amtlichen Vermessungswesen hat dieDatensicherung das Ziel, die aktuellen di-gitalen Nachweise und Nachweissystemebei einem Systemabsturz kurzfristig wie-derherstellen zu können (Kurzzeitsiche-rung). Darüber hinaus führt das amtlicheVermessungswesen infolge seiner Ent-wicklung eine Historie. Diese Historie sollim Land Brandenburg langfristig erhaltenbleiben (Langzeitsicherung).

Die Entscheidung für ein bestimmtes Si-cherungsmedium hängt von dem Zeitraum,in dem auf das Sicherungsmedium zurück-gegriffen werden muss, ab. Für diesen Zeit-raum müssen der Datenträger erhalten blei-ben und die auf ihm enthaltenen Daten inunveränderter und lesbarer Form wieder-gegeben werden können.

Liegenschaftsbuch

Das Liegenschaftsbuch wurde im Jahr1995 in Brandenburg auf das bundesein-heitliche „Automatisierte Liegenschafts-buch“ (ALB) umgestellt. Im ALB werdendie aktuellen beschreibenden Daten dereinzelnen Flurstücke verwaltet. Darüberhinaus beinhaltet das ALB eine Historien-führung; die Historie wird beginnend mitder Einrichtung des ALB nachgewiesen.

Mit der Umstellung auf die digitale Füh-rung wurden die analogen Liegenschafts-bücher (ca. 14 500 gebundene Bücher und

ca. 1500 000 Karteiblätter) außer Gebrauchgesetzt. Sie lagern in den Registraturen derKataster- und Vermessungsämter und wei-sen die Flurstückshistorie für den Zeitraumvon der Aufstellung des Grundsteuerkatas-ters im Jahr 1865 bis zur Einrichtung desALB im Jahr 1995 nach.

Einzelne Kataster- und Vermessungsäm-ter haben die außer Gebrauch gesetzten ana-logen Liegenschaftsbücher teilweise zwei-fach verfilmen lassen. Ein Exemplar desFilms lagert im jeweils zuständigen Katas-ter- und Vermessungsamt, das Zweitstückim Landesbetrieb Landesvermessung undGeobasisinformation Brandenburg (LGB).

Das ALB besteht neben der Datenbankaus einer Vielzahl von weiteren Dateien,die für die Steuerung des Programmsys-tems und der Übersetzung von Verschlüs-selungen erforderlich sind. Um das Liegen-schaftsbuch zu sichern, ist es daher not-wendig, alle für das System ALB erforder-lichen Daten zu sichern.

Um bei Systemabstürzen die beschrei-benden Daten kurzfristig wiederherstellenzu können, ist das ALB in dem GVS-Prin-zip auf digitalen Bändern (Datenbanksi-cherung) zu sichern. Mindestens eine Voll-datensicherung ist außerhalb des Kataster-und Vermessungsamts bei der LGB zu la-gern. Die historische Flurstücksabfolge,die im ALB nachgewiesen ist, wird durchdie regelmäßige Datenbanksicherung glei-chermaßen langfristig gesichert.

Die analogen Buchnachweise sind größ-tenteils in einem schlechten Zustand. Des-halb werden in absehbarer Zeit umfangrei-che Maßnahmen erforderlich, diesen Be-stand an Büchern und Karteikarten zu erhal-ten. Die Langzeitsicherung der historischenFlurstücksabfolge kann die Vermessungs-und Katasterverwaltung aus wirtschaftli-chen Gründen momentan nicht leisten.

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Da der Zugriff auf die Flurstückshisto-rie durch andere Behörden mittelfristigdeutlich abnehmen wird und diese Nach-weise als Arbeitsgrundlage in den Kataster-und Vermessungsämtern grundsätzlichnicht mehr in Betracht kommen, solltendiese Bestände aus den Registraturen derKataster- und Vermessungsämter ausgela-gert werden. Die Folge ist eine deutlicheEntlastung der Registraturen.

Liegenschaftskarte

Gegenwärtig sind ca. 57 % der Landesflä-che des Landes Brandenburg noch auf ana-logen Liegenschaftskarten (ca. 30 000 Ein-zelblätter) nachgewiesen.

Zur schnellen Bereitstellung dieser gra-phischen Information wurde das „Ge-brauchsarchiv“ aufgebaut. Zu seiner Lau-fendhaltung werden in regelmäßigem Tur-nus für jedes aktualisierte Kartenblatt zweiFilmdatenkarten erstellt. Eine Filmdaten-karte wird in dem jeweiligen Kataster- undVermessungsamt und die zweite, als Siche-rungsstück, in der LGB gelagert. Eine wei-tere Sicherung erfolgt durch Verfilmungauf Mikrofilmvollfiche (DIN-Format). Umdas „Gebrauchsarchiv“ zu einem digitalenNachweissystem weiterzuentwickeln, wer-den von jeder aktuellen Filmdatenkarte je-weils zwei TIFF-Dateien angefertigt, diegleichfalls im zuständigen Kataster- undVermessungsamt und in der LGB vorge-halten werden. Die TIFF-Dateien werdenmit dem Programmsystem „ProView“ vi-sualisiert. Ziel ist es, den aktuellen Liegen-schaftskartennachweis im „Gebrauchsar-chiv“ und im digitalen Nachweissystemvorzuhalten.

Die verbleibenden 43 % der Landesflä-che sind auf die Automatisierte Liegen-schaftskarte (ALK) umgestellt. Sie wird indem für einen Katasteramtsbezirk zustän-

digen Kataster- und Vermessungsamt aufeinem eigener Server verwaltet. Mit derUmstellung auf die digitale Führung wur-den die analogen Liegenschaftskarten au-ßer Gebrauch gesetzt. Die schnelle Bereit-stellung der ALK-Daten erfolgt über dasAuskunftsinformationssystem (AIS). DieUmstellung von analoger auf digitale Füh-rung wird durch die zuletzt erstellte Film-datenkarte dauerhaft dokumentiert.

Alle seit Aufstellung des Liegenschafts-katasters außer Kraft gesetzten analogenLiegenschaftskarten (ca. 100000) werdenin den Registraturen der jeweiligen Katas-ter- und Vermessungsämter gelagert. AlsArbeitsgrundlage kommen diese grundsätz-lich nicht mehr in Betracht, weisen aber dieFlurstückshistorie für den Zeitraum von derAufstellung des Grundsteuerkatasters imJahr 1865 bis zur Einrichtung der ALK nach.

Die ALK besteht neben der Datenbankaus einer Vielzahl von weiteren Dateien,die das Programmsystem lauffähig machen.Um die Liegenschaftskarte zu sichern, istes daher notwendig, alle für das SystemALK erforderlichen Daten zu sichern.

Um bei Systemabstürzen die graphi-schen Daten kurzfristig wiederherstellen zukönnen, ist die ALK auch nach dem GVS-Prinzip auf digitalen Bändern (Datenbank-sicherung) zu sichern. Mindestens eineVolldatensicherung ist außerhalb des Ka-taster- und Vermessungsamts bei der LGBzu lagern.

Das Format TIFF gilt heute im Bereichder Rasterdaten als Standardformat. DieWirtschaft geht davon aus, dass dieserStandard über einige Jahre hinweg beste-hen wird. Die Vorteile beim Format TIFFliegen bei der Verfügbarkeit durch EDV-Systeme.

Die zurzeit durchgeführte doppelte Um-arbeitung der in Gebrauch befindlichen

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analogen Liegenschaftskarten ist unwirt-schaftlich. Die Kosten und der Aufwandstehen in keinem Verhältnis zum erzieltenNutzen.

Auf Grund der Vorteile des TIFF-For-mats wird auf die Filmdatenkarte verzich-tet. Bis zur flächendeckenden Einführungder ALK kann damit die schnelle Bereit-stellung der graphischen Informationenbereits mit einem digitalen Nachweissys-tem erfolgen.

Die historische Flurstücksabfolge wirdnach Einrichtung der ALK durch einenanalogen Auszug aus der Liegenschafts-karte, in der die Veränderung dargestelltist, dokumentiert.

Die historische Flurstücksabfolge bis zurEinrichtung der ALK ist in den analogenLiegenschaftskarten auf Grund der techni-schen Verfahren des Streichens und Neu-eintragens nachvollziehbar und aus der Ab-folge der außer Gebrauch gesetzten analo-gen Liegenschaftskarten ersichtlich.

Liegenschaftszahlenwerk

Der Liegenschaftszahlennachweis bestehtin Brandenburg aus ca. 1,1 Mio. analogenVermessungsrissen. Darüber hinaus sindLiegenschaftszahlen auch in einer hohenAnzahl von analogen Ergänzungskarten(ca. 200000) nachgewiesen. Die Vermes-sungsrisse und die Ergänzungskarten wer-den in den zuständigen Kataster- und Ver-messungsämtern gelagert.

Zur effektiven Bereitstellung der Liegen-schaftszahlen wurde das „Mikrofilmge-brauchsarchiv“ aufgebaut. Dazu wurdenfür jeden Vermessungsriss bisher zweiFilmdatenkarten erstellt. Ein Exemplar derFilmdatenkarte lagert im zuständigen Ka-taster- und Vermessungsamt und die zweitein der LGB. Diese Filmdatenkarte dient derLangzeitsicherung. Inzwischen wird auf

die Fertigung der Filmdatenkarte für dasKataster- und Vermessungsamt verzichtet.

Mit den eingesparten Kosten durch denWegfall der Filmdatenkarte ist es möglich,die Kataster- und Vermessungsämter mitder notwendigen Hard- und Software aus-zustatten, um die Herstellung der TIFF-Dateien in eigener Verantwortung und mithoher Flexibilität durchzuführen. Darüberhinaus sollte die Aufnahme des Vermes-sungsrisses in das ANS (AutomatisiertesNachweissystem) zukünftig Bestandteilder Übernahme sein, insofern wäre dieHard- und Softwareausstattung zukünftigzur Aufgabenerfüllung erforderlich.

ANS basiert auf einer Sachdatenbank,die mit Hilfe von Indizes auf die dazuge-hörige TIFF-Datei verweist. Für die Siche-rung der ANS-Daten gilt auch hier, dassalle für das System erforderliche Dateienund Datenbanken zu sichern sind. Um dieDaten der Liegenschaftszahlen kurzfristigwiederherstellen zu können, ist das ANSim GVS-Prinzip auf digitalen Bändern(Datenbanksicherung) zu sichern. Mindes-tens eine Volldatensicherung ist auch hieraußerhalb des Kataster- und Vermessungs-amts bei der LGB zu lagern.

Die alten noch im Gebrauch befindlichenVermessungsrisse/Ergänzungskarten sindzu einem großen Teil in einem schlechtenZustand. Deshalb werden auch für dieseNachweise umfangreiche Erhaltungsmaß-nahmen erforderlich sein.

Da die Vermessungsrisse/Ergänzungs-karten vollständig auf TIFF-Format umge-arbeitet werden, ist ein Zugriff auf derenOriginale seitens der Angehörigen der Ver-messungs- und Katasterverwaltung grund-sätzlich nicht mehr erforderlich. Zur Ent-lastung der Registraturen der Kataster- undVermessungsämter könnten diese Bestän-de ausgelagert werden.

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- 55 - ermessung Brandenburg

Sonstige Unterlagen

Zu den sonstigen Unterlagen gehören imWesentlichen die Grenzniederschriften, derAuszug aus der Liegenschaftskarte in derdie Veränderung eingetragen wurde undder Fortführungsbeleg. Sonstige Unterla-gen werden in den jeweils zuständigen Ka-taster- und Vermessungsämtern größten-teils in analoger Form gelagert.

Die Grenzniederschriften sind Bestand-teil der Vermessungsschriften und werdenvon den Vermessungsstellen in analogerForm eingereicht. Sie liegen mittlerweileüber einen Zeitraum von rund hundert Jah-ren vor. Ihre Anzahl liegt bei ca. 700000 –900 000 Niederschriften mit mindestensjeweils vier Seiten Inhalt. Um die Grenz-niederschriften in ähnlicher Form wie dieVermessungsrisse zu sichern, müssten siekomplett in TIFF-Dateien umgearbeitet wer-den. Diese Lösung verursacht Kosten inHöhe von 800000 € (eine DINA4-Seite zuscannen verursacht Kosten von ca. 0,25 € /Seite). Der Inhalt der Grenzniederschrift istregelmäßig im Liegenschaftsbuch, der Lie-genschaftskarte und den Vermessungs-rissen nachgewiesen. Insofern ist ein regel-mäßiger Rückgriff auf die Grenznieder-schriften nicht erforderlich und die Um-stellung auf andere Medien aus wirtschaft-lichen Gründen nicht zu vertreten.

FazitDa der Computer in allen gesellschaftli-chen Bereichen an Bedeutung gewinnt,gewinnt auch das Thema der langfristigenSpeicherung von Daten an Bedeutung.Dies reicht von der Frage des persönlichenUmgangs mit Daten, d.h. fertige ich Siche-rungskopien von Texten wie Referaten an,in welchen Formaten sichere ich diese Tex-te, bis zu globalen Themen wie: welcheDaten müssen langfristig erhalten werden

und wer entscheidet über diese [UNESCO2001].

Für das Vermessungswesen stellt sichmit der Umstellung auf die digitale Füh-rung die Frage der Sicherung der digitalenund bisherigen analogen Daten. Die histo-rischen analogen Daten sind für den tägli-chen Gebrauch nicht mehr erforderlich. AlsKulturgut im Sinne der UNESCO sind die-se nicht anzusehen, wenn gleich ihr fach-licher Wert für das Vermessungswesenhoch einzuschätzen ist. Die Aufwendungenfür eine Sicherung sind mit dem Nutzen ab-zuwägen und daraus die notwendigen Si-cherungsmaßnahmen zu ergreifen. Momen-tan besteht Handlungsbedarf nur in denFällen, wo sich das Original in einem sehrschlechten Zustand befindet. Dies sind imVerhältnis zur Gesamtsumme der histori-schen analogen Unterlagen aber nur weni-ge Fälle. Durch die automatisierte Führungder Daten wird zukünftig die Sicherung derDaten täglich betrieben. Aufgrund der Da-tenhaltungskonzepte im Liegenschaftska-taster (z.B. die Historienführung in AL-KIS) ist auch die Langzeitsicherung derDaten sichergestellt. Nur bei Umstellungenvon Systemen und Formaten und der Halt-barkeit der Speichermedien ist auf ein Re-fresh der Daten zu achten. Die Umarbei-tung analoger Unterlagen auf ein Siche-rungsmedium kommt aus wirtschaftlichenGründen nicht in Betracht.

LITERATUR

EU 1997: AMT FÜR VERÖFFENTLI-CHUNGEN DER EUROPÄISCHENGEMEINSCHAFTEN: Leitlinien fürden Umgang mit elektronischer Infor-mation-Maschinenlesbare Daten undelektronische Dokumente.

Luxemburg: 1997, ISBN 92-828-2284-2

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- 56 - Nr. 1/2004

Grote 2000: GROTE ANDREAS: Ver-flüchtigt - Der Zahn der Zeit nagt an di-gitalen Daten. In: c’t 24 2000, S. 114

Unesco 2001: UNESCO-Web World-Me-mory of the World. URL: http://firewall.unesco.org/webworld/mdm/en/index_mdm.html

Zimmer 1999: ZIMMER, DIETER: Dasgroße Datensterben-Von wegen Info-zeitalter: Je neuer die Medien, destokürzer ist ihre Lebenserwartung. In:Die Zeit 47 1999

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- 57 - ermessung Brandenburg

Bis Ende des 19. Jahrhunderts war die be-hördliche Schriftgutverwaltung zum einendurch die organisatorische Trennung zwi-schen Schriftgutverwaltern und Vorgangs-bearbeitern, zum andern durch das inten-sive Registrieren von Schriftstücken cha-rakterisiert. Nicht nur der Postein- und -aus-gang sowie die sichere und geordnete Auf-bewahrung der bearbeiteten Vorgänge, son-dern auch der Standort jedes Schriftstückswährend der Vorgangsbearbeitung wurdenerfasst, denn die einzelnen Schriftstückewurden beim Wechsel des Bearbeiters überdie Registratur geleitet. Da verhältnismä-ßig wenig Schriftgut anfiel, kannte die Re-gistratur kein regelmäßiges Aussondern.

Ende des 19. Jahrhunderts führte die Bü-roreform auch zu Veränderungen in der be-hördlichen Schriftgutverwaltung, in derenFolgen sich die Registratur in eine „laufen-de“ Registratur und eine Altregistratur auf-teilte, aus der sich dann die Archivverwal-

Kirsten Harneid

Konzept für die Verwaltung der Datenträgerdes amtlichen Vermessungswesens

tung entwickelte. Im Unterschied zur Re-gistratur, die das Schriftgut einer Behördeverwaltet, führt das Archiv das Schriftgutmehrerer Behörden. Aus der Entwicklungist die Verwandtschaft beider Institutionenerkennbar. Die Registratur ist heutzutageeines der innerbehördlichen Informations-systeme.

Das „Zurücklegen“ von Schriftgut ausder laufenden Registratur in die Altregis-tratur stellt aus heutiger Sicht die erste Stu-fe der Aussonderung dar. Am Ende stehtdann die archivische Verwahrung und Si-cherung, d.h. die Übertragung der Verant-wortung für das dauernd aufzubewahren-de Schriftgut auf das zuständige Archiv.Dort steht das Schriftgut für die Benutzungdauerhaft zu Verfügung.

Für das Schriftgut der Landesbehördenist das Brandenburgische Landeshauptar-chiv das zuständige öffentliche Archiv. DieLandesbehörden sind nach dem Branden-

In der heutigen Informationsgesellschaft werden infolge des technischenFortschritts in immer kürzerer Zeit immer mehr Daten auf immer mehrDatenträgern angesammelt. Deshalb droht der rasant wachsende Bestandan Datenträgern unübersichtlich zu werden, so dass eine effektive Bereit-stellung von Informationen zukünftig erschwert wird.Waren es früher analoge Datenträger, so treten heute optische und digitaleDatenträger in den Vordergrund. Die Folge ist, dass die sachgerechte Auf-bewahrung und wirtschaftliche Verwaltung der Daten und Datenträgerdurch diesen Medienwechsel neu ausgerichtet werden muss. Vor dem Hin-tergrund der gemeinschaftlichen Sicht auf das amtliche Vermessungswe-sen soll deshalb für alle Aufgabenbereiche ein gemeinsames Verwaltungs-konzept entwickelt werden. Die Grundsätze der behördlichen Schriftgut-verwaltung werden hierbei besonders beachtet.

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burgischen Archivgesetz vom 7.04.1994verpflichtet, alle Unterlagen, die zur Erfül-lung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigtwerden, dem Brandenburgischen Landes-hauptarchiv unverändert anzubieten und,soweit sie archivwürdig sind, zu übergeben.Archivwürdig sind Unterlagen, die aufgrundihrer rechtlichen, politischen, wirtschaftli-chen, sozialen oder kulturellen Bedeutungfür die Erforschung und das Verständnisvon Geschichte und Gegenwart, für die Ge-setzgebung, Rechtsprechung und Verwal-tung oder für die Sicherung berechtigter Be-lange Betroffener oder Dritter von bleiben-dem Wert sind. Über die Archivwürdigkeitentscheidet das Brandenburgische Landes-hauptarchiv. Das regelmäßige Anbietenliegt sowohl im Interesse der anbietendenStellen, die dadurch ihre Registraturen ent-lasten und ihre Funktionsfähigkeit erhöhen,als auch im Interesse des Brandenburgi-schen Landeshauptarchivs, das dadurch sei-ne Bestände systematisch als Quellenfun-dus für zukünftige Forschungen ausbaut.

Ziele der behördlichenSchriftgutverwaltung

Die behördliche Schriftgutverwaltung isteine fachneutrale Aufgabe. Sie hat imWesentlichen folgende Ziele:

1. Die „Aktenmäßigkeit“ der VerwaltungsichernDie Untersuchungen und Entscheidun-gen einer Verwaltung müssen stetsnachprüfbar sein. Dies gilt nicht nur fürAnträge, sondern auch für die inner-dienstliche Arbeit.

2. Die Bearbeitung unterstützenDie behördliche Schriftgutverwaltungsoll die Bearbeitung erleichtern. DieUnterstützung beginnt beim rechtzeiti-gen Wiedervorlegen von Schriftstückenund endet mit dem Bereitstellen allereinschlägigen Vorgänge.

3. Den Schriftgutbestand sichern und redu-zierenDer Schriftgutbestand ist gegen Beschä-digung, Verlust und unzulässige Benut-zung zu sichern. Darüber hinaus müssendie vorhandenen Schriftstücke wegendes nur begrenzt zur Verfügung stehen-den Lagerraums und aus Gründen derÜbersichtlichkeit nachprüfbar und re-gelmäßig verringert werden.

Aufgaben der behördlichenSchriftgutverwaltung

Das „Schriftgutverwalten“ umfasst Aufga-ben, die sich zwar gegeneinander abgren-zen lassen, aber miteinander in Beziehungstehen.

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- 59 - ermessung Brandenburg

1. OrdnenSchriftstücke sind mit ihren Beziehun-gen untereinander in einen zweckmäßi-gen Zusammenhang und in eine be-stimmte Reihenfolge zu bringen. DieWahl des Ordnungsmerkmals hat Aus-wirkungen auf die Bereitstellung desSchriftguts. Es sollte nachvollziehbargewählt sein. Als Ordnungskriterienkönnen unterschiedliche Merkmale wieAktenzeichen oder die Flurstücksnum-mer, aber auch der Name des Antrag-stellers genutzt werden.

2. RegistrierenDie Ordnungsmerkmale sind in einemVerzeichnis zum Zwecke einer effekti-ven Bereitstellung festzuhalten, um denvollständigen Überblick über das vor-handene Schriftgut zu behalten. Ver-zeichnisarten sind z.B. der Aktenplanoder das Aktenverzeichnis.

3. Ablegen und AufbewahrenErst mit Abschluss der Bearbeitung(Ablagereife) kann ein Vorgang aus derVorgangsbearbeitung in den Zuständig-keitsbereich der Schriftgutverwaltungübergehen. Das Schriftgut ist in ein vor-handenes Ordnungssystem einzufügenund an seinen Platz zu stellen (Ablegen)und für einen bestimmten Zeitraum zulagern (Aufbewahren). Zu diesen Auf-gaben gehört auch die Auswahl geeig-neter Schriftgutbehälter (z.B. Stehord-ner, Kartenschränke) und günstiger La-gerungsformen (z.B. klimatisiert) sowieMaßnahmen zum Schutz vor Beschädi-gung, Diebstahl und missbräuchlicherBenutzung. Der Zeitraum der Lagerungmuss durch die Festlegung von Aufbe-wahrungsfristen begrenzt werden.

4. BereitstellenSchriftstücke sind in dem notwendigenUmfang und in einem vertretbaren Zeit-

raum für bestimmte Zwecke zur Verfü-gung zu stellen. Das Bereitstellen isteine Dienstleistung der Schriftgutver-waltung. Die Bearbeitung von Vorgän-gen wird durch das Bereitstellen erstmöglich.

5. AussondernAussondern ist die Behandlung von nichtmehr oder nur noch sporadisch benötig-tem Schriftgut. Zum Aussondern zähltdie Überführung des Schriftguts in dieAltregistratur bis hin zu seiner Überga-be an das zuständige öffentliche Archivbzw. zu seiner Vernichtung. Wird nurunzulänglich ausgesondert, leidet dar-unter die Funktionsfähigkeit der Regi-stratur, weil die Übersicht über dasSchriftgut allmählich verloren geht.

Konzept für die Datenverwaltung

Die vorangestellten Grundsätze der behörd-lichen Schriftgutverwaltung sind auf dieVerwaltung der Geodaten des amtlichenVermessungswesens (Geobasisdaten) ein-schließlich ihrer Entstehungsgeschichteund ihrer Datenträger zu übertragen.

Geobasisdaten und ihre Entstehungsge-schichte werden analog, optisch bzw. digi-tal auf Datenträgern gelagert oder sys-temtechnisch in Programmen verwaltet.Letztendlich beschränkt sich der Rege-lungsbedarf und damit dieses Konzept an-ders als bei der Datensicherung nur auf dieDatenträger. Das Medium der Datenträgerist unbeachtlich. Die Datenträger selbstsind wie Schriftgut zu behandeln. In Pro-grammsystemen werden die in Rede ste-henden Daten wie in der behördlichenSchriftgutverwaltung sortiert (geordnet),indiziert (registriert), gespeichert (abge-legt/aufbewahrt), visualisiert (bereitge-stellt) und gelöscht (ausgesondert). DieseAufgaben stehen fest und sind in den Hand-

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büchern zu den einzelnen Programmsyste-men erläutert.

Das Konzept der Datenverwaltungschließt nicht die Verwaltung „allgemeinerVerwaltungsvorgänge“ ein. Für diese sinddie Grundsätze der behördlichen Schrift-gutverwaltung bereits verwirklicht. Auchfachfremde Aufgaben der behördlichenSchriftgutverwaltung wie das Verwaltenund Ausgeben von Verbrauchsmaterial,das Verwalten von Amtsblättern, Zeit-schriften, Vordrucken usw. umfasst diesesKonzept nicht.

Für den Aufgabenbereich der Öffentlichbestellten Vermessungsingenieure gilt dasKonzept für die Datenträger, auf denen Geo-daten und ihre Entstehungsgeschichte ge-speichert sind und die dem amtlichen Ver-messungswesen dienen sollen.

Vorhandene Datenträger

Die Datenträger der Vermessungs- und Ka-tasterverwaltung sind weitgehend nicht re-gistriert, so dass nicht bekannt ist, was inden einzelnen Registraturen der Kataster-und Vermessungsämter, des Landesbetrie-bs Landesvermessung und Geobasisinfor-mation Brandenburg (LGB) und der Ge-schäftsstellen der Gutachterausschüsse fürGrundstückswerte gelagert ist. Eine geziel-te Aussonderung fand nicht statt.

Darüber hinaus ist nicht bekannt, welcheAnforderungen diese Behörden an die Ord-nung und Ablage der Datenträger stellen.Die Archivordnung für die Kataster- undVermessungsämter des Landes Branden-burg vom 9.01.1992 (ABl. S. 142) regeltlediglich die Ordnung und Ablage des Lie-

GeodatenDaten mit direktem oder indirektem Raum-

bezug zur Erde. Sie lassen sich in Geo-basis- und Geofachdaten unterteilen.

Geobasisdaten GeofachdatenAnaloge und digitale Geodaten Analoge und digitaledes amtlichen Vermessungs- thematische Daten.wesens, welche die Landschaftund die Liegenschaften im ein-heitlichen geodätischen Raum-bezug anwendungsneutral dar-stellen und beschreiben. Siebilden die Grundlage für alleFachanwendungen.

Geobasis-informationenGeobasisdaten, die füreine bestimmte Nutzungausgewählt und in Bezuggebracht sowie als Auskünfteund Ausgaben bereitgestelltwerden.

Geobasisinformationen

Geobasisdaten ...... des Raumbezugs ... der Topographie

... des Liegenschaftskatasters

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genschaftskartenwerks und von Teilen desLiegenschaftszahlenwerks.

Notwendig ist daher die Erfassung dervorhandenen Datenträger sowie deren Ord-nung und Ablage bei diesen Behörden.

Kategorisierung

Um bei der hohen Anzahl der verschiede-nen Datenträger die Übersicht zu behalten,sollen die Datenträger entsprechend demDateninhalt und der Form kategorisiertwerden. Die Kategorisierung ist Vorarbeitder Registrierung. Ein Kategorisierungs-vorschlag kann den am Ende des Artikelsstehenden Abbildungen entnommen wer-den. Erst nach der Erfassung der Datenträ-ger ist die Kategorisierung endgültig undsinnvoll möglich.

Aufgaben

Ordnen

Beim Ordnen tritt die Abhängigkeit zwi-schen Bereitstellen und Aussondern in denVordergrund. Zur effektiven Bereitstellungist ein schnelles Wiederfinden der Daten-träger notwendig und für ein wirtschaftli-ches Aussondern sollten die auszusondern-den Datenträger nicht erst einzeln ermitteltund zusammengesucht werden, sondern siemüssen in bereits gebildeten Ordnungsein-heiten sachgerecht zusammengefasst sein.

Die Ordnung der Registraturen der Ver-messungs- und Katasterverwaltung sollden einzelnen Behörden überlassen blei-ben, da sich deren Ordnungskriterien be-währt haben. Die Ordnung für die verschie-denen Datenträger einheitlich vorzuschrei-ben ist nur dann sinnvoll, wenn keine Ord-nung vorhanden oder der Zeitraum derBereitstellung bzw. Aussonderung vonDatenträgern zu beanstanden wäre. DasUmsortieren der vorhandenen Datenträger

ist sachlich und wirtschaftlich nicht zu ver-treten.

Registrieren

Die hergestellte Ordnung der Datenträgermuss erkennbar und nachprüfbar sein, umdas sichere Einordnen von Datenträgern zugewährleisten. Das Registrieren der Ord-nung ist eine wichtige Voraussetzung, da-mit die Registratur für jeden Vorgangsbe-arbeiter nutzbar ist. Welche Datenträger inder Registratur vorgehalten werden, wel-che bereits ausgesondert oder vorüberge-hend nicht an ihrem Platz sind, sollte fürjeden Bearbeiter im besten Fall von seinemSchreibtisch aus abrufbar sein.

Ein bereits in der Vermessungs- und Ka-tasterverwaltung vorhandenes Mittel derRegistrierung, allerdings für allgemeineVerwaltungsvorgänge, ist der Aktenplander Vermessungs- und Katasterverwaltungdes Landes Brandenburg.

Ablegen und Aufbewahren

Die Auswahl geeigneter Schriftgutbehälterund die passende Lagerungsform sind be-sonders im Hinblick auf1. den Schutz vor Beschädigung und Ver-

nichtung der Datenträger und2. die Gewährleistung einer unveränderten

Wiedergabe digitaler Daten in lesbarerForm sowie

3. die Erhaltung der Datenträger von Be-deutung.

Aufbewahrungsfristen

Die Aufbewahrungsfrist ist der Zeitraum,in dem auf Datenträger in der Registraturzurückgegriffen werden kann. Mit Ablaufder Aufbewahrungsfrist, erhält die Regis-tratur gleichzeitig die Vollmacht für dasAussondern.

Die Festlegung von Aufbewahrungsfris-

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ten wird im Bereich des Verwaltungsvoll-zugs durch rechtliche Vorgaben erleichtert.Für die Datenträger des amtlichen Vermes-sungswesens müssen die Aufbewahrungs-fristen individuell und erstmalig getroffenwerden, rechtliche Vorgaben sind nichtvorhanden. Für die Abwägung dieser Fris-ten können die Gründe der Aufbewahrungeine Entscheidungshilfe darstellen. Moti-ve können sein:1. die unmittelbare eigene Bearbeitung

(z.B. zur Erleichterung oder als Orien-tierung für die weitere Bearbeitung)

2. die eigene Behörde (z.B. Sichern vonRechten Dritter, Nachweis von Verant-wortlichkeiten – z.B. zwischen Katas-ter- und Vermessungsamt und Öffent-lich bestelltem Vermessungsingenieur)

3. andere Behörden (z.B. Wahrung derRechte anderer Behörden; Prüfungs-recht des Rechnungshofs)

4. das Gemeinwesen (z.B. Wahrung derRechte der Bürger, Sicherstellung derRechts- und Verwaltungskontinuität)

Die Entscheidungsfindung über die Be-messung der Aufbewahrungsfrist kanndurch praktische Erfahrungen erleichtertwerden. Ein wichtiges Kriterium bietethierbei der tatsächliche Rückgriff. Insofernkönnen Aufbewahrungsfristen nur mit denpraktischen Erfahrungen der Mitarbeiterder Kataster- und Vermessungsämter, desLandesbetriebs Landesvermessung undGeobasisinformation Brandenburg und derGeschäftsstellen der Gutachterausschüssefür Grundstückswerte festgelegt werden.Die Beteiligung der Bediensteten an diesenFestlegungen würde zudem die Akzeptanzder Aussonderung von Datenträgern för-dern. Trotz der Erfahrungen der Mitarbei-ter ist bei dem notwendigen Kompromisszwischen den Kosten der sachgerechtenAufbewahrung und dem Nutzen des Rück-

griffs ein Entscheidungsspielraum vorhan-den, der nicht frei von subjektiven Wertun-gen ist.

Die Aufbewahrungsfristen für die Daten-träger des amtlichen Vermessungswesenssollen sich an den Verjährungsfristen derVerwaltungsgerichtsordnung, des Staats-haftungsgesetzes und den Höchstfristendes Bürgerlichen Gesetzbuchs orientieren.Damit kommen die Zeiträume 0 Jahre, 1Jahr, 10 Jahre und 30 Jahre in Betracht. DieAufbewahrungsfrist hat mit Ablauf desKalenderjahrs, in dem die Bearbeitung ei-nes Vorgangs abgeschlossen wurde undseine Datenträger abgelegt wurden, begon-nen. Wird wider Erwarten die Bearbeitungwieder aufgenommen, wird die Frist unter-brochen und beginnt neu mit Ablauf desKalenderjahrs.

Für die Entscheidung, dass bestimmteDatenträger dauerhaft aufbewahrt werdensollen, ist zu bedenken, dass nach archiv-gesetzlichen Regelungen Unterlagen spä-testens 30 Jahre (Höchstfrist) nach ihrerEntstehung dem Brandenburgischen Lan-deshauptarchiv zur Bewertung anzubietensind. Es ist nicht vorgesehen, dass die be-hördliche Schriftgutverwaltung Datenträ-ger dauerhaft aufbewahrt. Die Bedeutungfür die Geschichte des Gemeinwesens soll-te für die Vermessungs- und Katasterver-waltung bei der Datenverwaltung deshalbzunächst einmal eine untergeordnete Rol-le spielen.

Bereitstellung

Die Bereitstellung der Datenträger erfolgtfür den Bearbeiter im innerdienstlichenVerhältnis; der Adressat der Bereitstellungunterscheidet sich also von dem der Benut-zung. Die Qualität des Bereitstellens hängtdavon ab, inwieweit die übrigen Aufgabender Datenverwaltung erfüllt worden sind.

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Die Erfüllung dieser Aufgabe ist der sicht-bare Ausdruck der Leistungsfähigkeit derRegistratur.

Auch das im Liegenschaftskataster auf-gebaute Automatisierte Nachweissystem(ANS) sowie die Vorhaltung der analogenLiegenschaftskarten im Rasterformat (pro-view) sind Teil der Aufgabe „Bereitstel-lung“. Nur mit der Umstellung der analo-gen Datenträger auf digitale Führung kanndiese Aufgabe bewältigt werden. Ziel musses deshalb sein, die Umarbeitung analogerDatenträger des amtlichen Vermessungs-wesens auf digitale Führung voranzutrei-ben. Dabei ist aus der Sicht der Bereitstel-lung der Kostenaufwand für die Umarbei-tungen und die Menge der Rückgriffe aufdie in Rede stehenden Datenträger abzuwä-gen.

Aussonderung

Die Ziele des Aussonderns sind die1. Wahrung der Übersichtlichkeit und des

schnellen Rückgriffs und die2. Reduzierung von Raum- und Material-

kosten.Die Aussonderung aus der Registraturkann erfolgen, wenn die Aufbewahrungs-fristen abgelaufen sind oder wenn die Da-tenträger ersatzweise umgearbeitet wur-den. Das Letztere ist der Fall, wenn dieanalogen Datenträger auf digitale Führungumgestellt sind. Wie bereits vorgestellt,stellt das „Zurücklegen“ in die Altregistra-tur die erste Stufe der Aussonderung dar.Als letzte Stufe der Aussonderung verlas-sen die Datenträger den Zuständigkeitsbe-reich der Vermessungs- und Katasterver-waltung. Hierbei kommt grundsätzlich dieÜbergabe an das Brandenburgische Lan-deshauptarchiv oder, sofern die Datenträ-ger als nicht archivwürdig bewertet wur-den, deren Vernichtung in Betracht.

Die Vermessungs- und Katasterverwal-tung ist nach den Vorschriften des Bran-denburgischen Archivgesetzes zwar ver-pflichtet, alle Datenträger, die sie zur Er-füllung ihrer Aufgaben nicht mehr benö-tigt, anzubieten, hier ist es allerdings, umVerwaltungsaufwand zu reduzieren, sinn-voll und zweckmäßig eine Vereinbarungmit dem Brandenburgischen Landeshaupt-archiv zu treffen. In der Vereinbarung wer-den Art und Umfang der anzubietendenDatenträger vorab festgelegt, so dass aufein Anbieten anderer Datenträger wegenoffensichtlich geringer Bedeutung verzich-tet werden kann. Nach Ablauf der Aufbe-wahrungsfrist können letztere Datenträgersofort vernichtet werden.

Im amtlichen Vermessungswesen wirdes Datenträger geben, die das Brandenbur-gische Landeshauptarchiv als nicht archiv-würdig bewertet, die aber nach Meinungder Vermessungs- und Katasterverwaltungfür die Geschichte des Gemeinwesens unddie historische Entwicklung des amtlichenVermessungswesens von Bedeutung sindund deshalb dauerhaft aufbewahrt werdensollen. Bei diesen Datenträgern wird essich im Wesentlichen um die Nachweiseder historischen Flurstücksentwicklung inden Liegenschaftskarten, die umgearbeite-ten Vermessungsrisse/Ergänzungskarten,um öffentlich-rechtliche Urkunden und umdie Abfolge der topographischen Kartenhandeln. Für diese Datenträger kann einezweite Aussonderungsstufe zum Tragenkommen, die Auslagerung in eine zentraleRegistratur, die vorzugsweise beim Lan-desbetrieb Landesvermessung und Geob-asisinformation Brandenburg eingerichtetwerden sollte.

Für die Entscheidung ist der Vorteil ei-ner zentralen und dauerhaften Aufbewah-rung der genannten Datenträger im Zustän-

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digkeitsbereich der Vermessungs- und Ka-tasterverwaltung gegen notwendige Inves-titionen und laufende Kosten abzuwägen.Denn die Anforderungen einer sachgerech-ten Lagerung müssen sich bei dieser Auf-bewahrungsfrist an den Anforderungen ei-ner archivischen Lagerung orientieren. Esist bei einer zentralen Registratur selbstver-ständlich auch sicherzustellen, dass dieBereitstellung bestimmter Datenträger andie anfordernde Behörde unverzüglich er-folgt.

Das Brandenburgische Landeshauptar-chiv kann zwar auch Zwischenarchivgutübernehmen und im Auftrag der Vermes-sungs- und Katasterverwaltung verwahren.Die in Rede stehenden Datenträger dorthinauszulagern, um sie dort zentral und dau-erhaft unterzubringen, wird jedoch nichtmöglich sein.

Umsetzung

Um die Verwaltung der Datenträger desamtlichen Vermessungswesens einheitlichnach den Grundsätzen der behördlichenSchriftgutverwaltung durchzuführen, isteine Verwaltungsvorschrift erforderlich.Darin sind die vorgestellten Grundsätzeund Aufgaben festzuschreiben.

Weil in der Vermessungs- und Kataster-verwaltung bisher keine regelmäßige Aus-sonderung durchgeführt wurde, müssenvor In-Kraft-Treten dieser Verwaltungs-vorschrift die Registraturen der Kataster-und Vermessungsämter, des Landesbe-triebs Landesvermessung und Geobasisin-formation Brandenburg und der Geschäfts-stellen der Gutachterausschüsse für Grund-stückswerte gesichtet und „aufgeräumt“werden. Alle Datenträger, die für die Auf-gabenerledigung nicht mehr benötigt wer-den, sind auf der Grundlage eines Ausson-derungserlasses auszusondern. Nachdem

die Registraturen auf diesen Stand gebrachtsind, kann die geplante Verwaltungsvor-schrift in Kraft treten.

In Erarbeitung beider Vorschriften sinddie Aussonderungsformen im Einverneh-men mit dem Brandenburgischen Landes-hauptarchiv festzulegen. Um mit demBrandenburgischen Landeshauptarchivbezüglich der anzubietenden Datenträgereine Vereinbarung zu treffen, ist eine un-gefähre Aufstellung des Inhalts der Regis-traturen erforderlich. Das bedeutet, dass zuBeginn der Erarbeitung dazu eine Abfragebei den genannten Behörden durchzufüh-ren ist.

Die Festlegung der individuellen Aufbe-wahrungsfristen ist von der Vereinbarungmit dem Brandenburgischen Landeshaupt-archiv unabhängig. Diese sollen im Einver-nehmen mit den Mitarbeitern der Vermes-sungs- und Katasterverwaltung festgelegtwerden, um die Akzeptanz der Aussonde-rung zu fördern.

Sollte eine zentrale Registratur im Lan-desbetrieb Landesvermessung und Geo-basisinformation Brandenburg eingerichtetwerden, sind die räumlichen und personel-len Möglichkeiten dafür vorzuhalten.

Literatur

Mitteilungen aus dem Archivwesen desLandes Brandenburg 3/1994

Heinz HoffmannBehördliches SchriftgutverwaltenEin Handbuch für das Ordnen, Regis-trieren, Aussondern und Archivierenvon Akten von Behörden2. AuflageHarald Boldt Verlag im R. OldenbourgVerlag

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Geodaten und Verwaltungsdatender Vermessungs- und Katasterverwaltung

Geobasis- und Geofach- und Verwalt.-sonstige Daten des/r ... sonstige Daten der ...* daten der ...

AFIS®- ALKIS® ATKIS® AKSbestand -bestand -bestand -bestand

Raum- Kataster- Topo- Wert- Grenz- Nut-bezugs- akten graphie- ermittl.- akten zungs-

akten akten akten akten

besond. besond. besond. besond. besond. besond. allgem.Verwalt.- Verwalt.- Verwalt.- Verwalt.- Verwalt.- Verwalt.- Verwalt.-

akten akten akten akten akten akten akten

* Auszug: hinzu kommen weitere Geofachdaten wie der Geologie oder der Fachtopographie (Radwanderkarten u.a.)

Geobasis- und sonstige Daten des/r ..... Raumsbezugs ... Liegenschaftskatasters ... Topographie

Geobasisdaten sonst. Geobasisdaten sonst. Geobasisdaten sonst.des Raumbezugs Daten des Lieg.sch.kat. Daten der Topographie Daten

Bestands- Raumbe- Verw.- Bestands- Kataster- Verw.- Bestands- Topogra- Verw.-daten zugsakten akten daten akten akten daten phieakten akten

AFIS®Lage-/Höhen-/

ALKIS®Karten-/Buch-

ATKIS®Historischer

Schwerenachw. nachweis Bestands-(außer Gebrauch) (außer Gebrauch) nachweis

SAPOS®Daten aus Daten aus Landes- Daten ausTatsachen- Tatsachen- luftbild- Tatsachen-

feststellungen feststellungen sammlung feststellungen

Daten zur Daten zur Daten zurFortführung Fortführ./Bericht Fortführung

Daten rechts-erheblicher Ent-

scheidungen

Schriftwechselstatistische

SchriftwechselDaten

Zeugnisse undBescheinigungen

Schriftwechsel

Raum-bezugs

Liegen-schafts-katasters

Topo-graphie

Wert-ermittlung

politischenGrenzen

Boden-nutzung

allgemeinenVerwaltung

statistischeDaten

statistischeDaten

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ALBALK

analogerKarten-nachweis

Liegenschafts-karte

Liegenschafts-buch

Grundsteuer-akten

Messdaten-protokoll

Vermessungs-riss

Punktidenti-tätsnachweis

Gebäude-beschreibungen

Koordinaten-berechnung

Flächen-berechnung

Veränderungs-mitteilung

Grenz-niederschrift

Fortführungs-beleg

Haupt-übersicht

Jahres-bericht

Geschäfts-buch

Unschädlich-keitszeugnis

Entfernungs-bescheinig.

Grenz-bescheinig.

Identitäts-bescheinig.

Antrag

Mitteilun-gen an dieBeteiligten

Aufforde-rungen

Fortfüh-rungsmit-teilung

Kosten-bescheid

Wider-spruch

Geobasis- und sonstige Daten des Liegenschaftskatasters

Geobasisdaten sonstige Daten

Bestandsdaten Katasterakten Verw.-akten

verfahrens- bezogen

(ALKIS®)Karten- und Daten aus Daten zur Daten rechts-Buchnachw. Tatsachen- Fortführung/ erheblicher Ent-

(außer Gebrauch) feststellungen Berichtigung scheidungen

AKS

Kaufpreiskarte

Fotokartei

Miet- und Pacht-preissammlung

Geofach- und sonstige Daten der Wertermittlung

Geofachdaten sonstige Daten

Bestandsdaten Wertermittlungsakten Verw.-akten

verfahrens- bezogen

Daten- Wert-Daten aus

statistischeDaten des

Schrift-sammlungen ermittlung

Tatsachen-Daten

Gutachter-wechselfeststellungen ausschusses

Bodenrichtwertkarte

Grundstücksmarkt-berichte

Gutachten

ÜberschlägigeWertangaben

Sonstige erforder-liche Daten

Sonstige Auswer-tungen der Kauf-preissammlung

Kaufverträge

Fragebögen

Unterlagen zurQualifizierung derKauffälle

Jahres-berichte

Geschäfts-bücher

Bestellungs-verfahren

Geschäfts-ordnungen

Sitzungs-protokolle

Anträge

Kosten-bescheide

Widersprüche

Entschädigung

Bekannt-machungen

Datenüber-mittlungen

statistischeDaten

Zeugnisse u.Bescheinig.

Schrift-wechsel

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- 67 - ermessung Brandenburg

Mitteilungen

MitteilungenNeue Gutachterausschuss-Gebührenordnungzum 1. Januar 2004Zum 1. Januar 2004 trat die neue Gutach-terausschuss-Gebührenordnung vom 19.November 2003 in Kraft. Sie ersetzt dieGebührenordnung aus dem Jahr 1999, diein der Zwischenzeit lediglich im Zusam-menhang mit der Euro-Einführung geän-dert wurde.

Eine Novellierung der Gebührenordnungvon 1999 war insbesondere aus folgendenGründen erforderlich:

· Ausgleich der Gebührenkürzung auf-grund der Euro-Umstellung (Gebührenwurden damals im Verhältnis 2:1 umge-rechnet)

· Berücksichtigung der Personalkosten-steigerungen

· allgemeine Erhöhung der Einnahmenzur Verbesserung des Kostendeckungs-grads

Hierzu wurden die Gebührensätze imDurchschnitt um rund 10 bis 15 % erhöht.Während in Einzelfällen auf eine Gebüh-renerhöhung verzichtet wurde (z.B. Aus-künfte aus der Kaufpreissammlung), er-folgte in anderen Fällen aufgrund der deut-lichen Qualitätssteigerung in den letztenJahren eine Gebührenerhöhung (Grund-stücksmarktberichte, Bodenrichtwertkar-ten). Mündliche Bodenrichtwertauskünftedagegen sind jetzt generell gebührenfrei.

Die nach der Gebührenordnung von1999 für die meisten Gutachten anzuwen-denden Gebührenstaffeln A und B ein-schließlich ihrer ergänzenden Regelungenwurden mit geringfügigen Änderungen und

Ergänzungen nun direkt in den Gebühren-tarif integriert. Die Gebühren für die Erstat-tung von Gutachten wurden um rund 5 %erhöht.

Außerdem wurden neue Tarifstellen fürdie Anhörung des Gutachterausschussesbei Verhandlungen vor der Enteignungsbe-hörde, für die Erstellung von Auszügen ausdem Grundstücksmarktbericht und fürGrundstücksmarktberichte und Boden-richtwertkarten zurückliegender Jahre ein-geführt.

Die neue Gutachterausschuss-Gebühren-ordnung ist im Gesetz- und Verordnungs-blatt Teil II S. 678 und im Internet unterwww.vermessung.brandenburg.de veröf-fentlicht.

(Wolfram Wagner, MI, Potsdam)

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----- 68 - Nr. 1/2004

Mitteilungen

Erfahrungsaustausch im Kataster- und Vermessungs-amt Potsdam-Mittelmark mit den Berliner KollegenAm 8.01.2004 fand beim Kataster- undVermessungsamt des Landratsamtes Pots-dam-Mittelmark ein Erfahrungsaustauschmit den Leitern der 12 Berliner Vermes-sungsämter statt. Außerdem war ein Ver-treter der Abteilung Strategische Planungund Innovation des Ministeriums des In-nern Brandenburg anwesend.

Gegenstand der Beratung war der Standder Verwaltungsmodernisierung, die Struk-turreform des amtlichen Vermessungswe-sens in Brandenburg und die Zusammen-arbeit der beiden Bundesländer in den Be-reichen der Geoinformation und der Ver-messung.

Den Berliner Kollegen wurden die aktu-ellen Projekte und die Arbeitsabläufe inBrandenburg vorgestellt. In der Diskussi-on wurde herausgearbeitet, dass das ge-meinsame Ziel, der Aufbau einer zukunfts-orientierten einheitlichen Geodatenbasis,nur durch engste Abstimmung der Arbeitin den beiden Bundesländern erreicht wer-den kann.

(Pressemitteilung des LandkreisesPotsdam-Mittelmark)

Abb.: Erfahrungsaustausch

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- 69 - ermessung Brandenburg

Mitteilungen

Gutachterausschüsse für Grundstückswerteneu bestelltZum 1. Januar 2004 wurden die 18 Gutach-terausschüsse für Grundstückswerte füreine Amtszeit von fünf Jahren insgesamtneu bestellt. Die überwiegende Zahl derKolleginnen und Kollegen setzt damit ihreTätigkeit fort; in vielen Gutachterausschüs-sen hat es jedoch auch Veränderungen beiden Mitgliedern gegeben. Insgesamt wur-den 264 Personen bestellt; 40 davon sindMitglieder aus der Finanzverwaltung, dieausschließlich für die jährliche Bodenricht-wertermittlung herangezogen werden. Dieverbleibenden 224 Gutachter gehören un-terschiedlichen Berufsgruppen an und brin-gen ihre Sachkunde und Erfahrung in derGrundstückswertermittlung aus vielfälti-gen Tätigkeiten mit. Neben den Angehö-rigen der Vermessungs- und Katasterver-waltung sind elf Öffentlich bestellte Ver-messungsingenieure in den Gutachteraus-schüssen tätig. Insgesamt wurden 63 Öf-fentlich bestellte und vereidigte Sachver-ständige als Mitglieder der einzelnen Gut-achterausschüsse bestellt, fünf dieser Gut-achter sind zusätzlich nach der Europäi-schen Norm (EN) 45013 zertifiziert. Zu-sätzlich sind drei ausschließlich nach derEN 45013 zertifizierte Sachverständige Mit-glieder der Gutachterausschüsse geworden.Als weitere in den Gutachterausschüssenvertretene Berufsgruppen sind Makler,Architekten, Banker, Wohnungswirtschaft-ler, Stadtplaner und Angehörige von Fach-verwaltungen wie der Forstverwaltungoder Flurneuordnung zu nennen. Bei denGutachterausschüssen in den an Berlin an-grenzenden Landkreisen wird eine engeZusammenarbeit mit den Kollegen aus

Berlin gepflegt. So sind in vielen dieserGutachterausschüsse auch Mitglieder desBerliner Gutachterausschusses tätig.

Mit der turnusmäßigen Neubestellungsind insgesamt 62 Personen – überwiegendaus Altersgründen – aus den Gutachteraus-schüssen ausgeschieden. In fünf Landkrei-sen wurde der Vorsitz des Gutachteraus-schusses neu besetzt. Während HerrSchlosser (PM) und Herr Ulbricht (BAR)ihre Tätigkeit im Gutachterausschuss nichtfortsetzen, gehören Herr Hutengs (FF),Herr Kobel (OHV) und Herr Schlak (HVL)dem Gutachterausschuss weiter als stell-vertretende Vorsitzende oder ehrenamtli-che Mitglieder an. In einem Dankesschrei-ben an diese ausscheidenden Vorsitzendenwürdigte Innenstaatssekretär Eike Lancellederen Aufbauarbeit in den Gutachteraus-schüssen und hob beispielhaft die Ermitt-lung der ortsüblichen Nutzungsentgeltehervor. Als neue Vorsitzende werden HerrMroß (PM), Herr Ewald (BAR), Herr Prü-fer (FF), Herr Gromm (OHV) und HerrGrzesik (HVL) die Gutachterausschüsseführen.

(Beate Ehlers, MI, Potsdam)

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----- 70 - Nr. 1/2004

Mitteilungen

Stadtumbau Ost/Stadtumbau West im VergleichDas Volksheimstättenwerk (vhw) hat imAugust 2002 eine Expertenarbeitsgruppezur Befassung mit den Problemen desStadtumbaus Ost im Vergleich mit demStadtumbau West einberufen. Der Arbeits-gruppe gehörten Praktiker aus der Kommu-nal- und Staatsverwaltung, Wohnungswirt-schaftler, Banker, Wissenschaftler undVerbandsvertreter an. Die Expertengruppehat ihre Arbeit im Juli 2003 abgeschlossen.Kernstück ihrer Aktivität war die persön-liche Bestandsaufnahme in sieben Städten,drei im Osten (Luckenwalde, Halle, Gör-litz) und vier im Westen (Neunkirchen,Duisburg, Oer-Erkenschwick, Herten).Prof. Dr. Schmidt-Eichstaedt, Geschäfts-führender Direktor des Instituts für Stadt-und Regionalplanung der TechnischenUniversität Berlin, war Mitglied dieserArbeitsgruppe und hat deren Ergebnisse imRahmen eines DVW-Vortrags im Oktober2003 in Potsdam eindrucksvoll vorgestellt.Angesichts einer Geburtenziffer, nach dersich die jeweils nachfolgende Generationum ein Drittel reduziert, bezeichnete er denStadtumbau im Osten als „Menetekel desNiedergangs“. Durch Abwanderung undSuburbanisierung würde im Osten vorweg-genommen, was künftig infolge des Gene-rationsschwunds in ganz Deutschland statt-finden wird. Die Arbeitsgruppe des vhwhat es sich daher nicht leicht gemacht,Handlungsempfehlungen für den Stadtum-bau zu geben. Handeln sieht sie als notwen-dig an, um die bestehende Situation durchNichtstun nicht zu verschlechtern - dasGrundproblem des massiven Bevölke-rungsrückgangs lässt sich durch den Stadt-umbau jedoch nicht lösen. Aufgrund der

Bestandaufnahme in den sieben Städten inOst und West und deren Analyse hat dieArbeitsgruppe Handlungsempfehlungengegeben, die wie folgt betitelt sind:

· Stadtumbau muss in gemeinsamer, öf-fentlicher und privater Verantwortungorganisiert werden!

· Wohnwünsche müssen respektiert wer-den!

· Finanzierbarkeit der Infrastruktur undRentabilität von Gewerbeflächen müs-sen stärker beachtet werden!

· Die europäische Stadt muss erhaltenbleiben – mit und ohne Denkmalschutz!

· Die Wirkungsweisen der öffentlichenFörderung sollten überdacht werden!

· Stadtentwicklungsplanung ist kommu-nale Aufgabe!

· Stadtumbau bedeutet Abschied vonGebäuden und (vermeintlichen) Vermö-genswerten!

Geodätisches Handeln ist speziell in demletzten Handlungsfeld gefordert. Die Gut-achterausschüsse für Grundstückswerte ha-ben sich bereits der Problematik der Wert-entwicklung und Wertermittlung in denvom Stadtumbau betroffenen Kommunengestellt. Lösungen müssen jedoch noch ent-wickelt werden. Die ersten Erfahrungenhaben gezeigt, dass diese Lösungen nur imSinne der ersten Handlungsempfehlung dervhw-Arbeitsgruppe gefunden werden kön-nen, d.h. in enger Zusammenarbeit mit öf-fentlichen und privaten Verantwortungs-trägern.

Der Abschlussbericht mit ausführlichenDarstellungen der Bestandsaufnahme,Analyse und den Handlungsempfehlungender vhw-Arbeitsgruppe kann zum Preis von

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- 71 - ermessung Brandenburg

Mitteilungen

12 € (zzgl. MwSt.) schriftlich bei der vhw– Bundesgeschäftsstelle (Straße des 17.Juni 114, 10623 Berlin, Fax: 030/390 47319, E-Mail: [email protected]) bestelltwerden. Mit dem Stadtumbau und den Er-gebnissen der Arbeitsgruppe beschäftigtsich auch die Ausgabe 6/2003 der Ver-bandszeitschrift „Forum Wohneigentum“,

die zum Preis von 14 € bestellt werdenkann. Herr Prof. Dr. Schmidt-Eichstaedtwird seinen Vortrag noch einmal am 10.Mai 2004 im Rahmen des GeodätischenKolloquiums in Cottbus halten.

(Beate Ehlers, MI Potsdam)

Strukturveränderung in der LGBMit dem Ausscheiden des Dezernatsleiters“Höhen- und Schwerefestpunktfeld”, HerrnDr. Major, wurde zum 3. Oktober 2003eine Strukturveränderung in der LGB vor-genommen. Die Dezernate “Satellitengeo-dätisches und Trigonometrisches Lagefest-punktfeld” sowie “Höhen- und Schwere-festpunktfeld” wurden zusammengeführt,um die erforderlichen und zukünftigen Auf-gaben noch wirtschaftlicher und effektiverwahrzunehmen. Das neue Dezernat trägtdie Bezeichnung “Geodätischer Raumbe-zug” und wird von Herrn Sorge geleitet.Auf der Basis der bisherigen erfolgreichen

Arbeit beider Dezernate wird eine Neuaus-richtung erfolgen. Die Abkehr von einemreinen 2D-Lagenetz, einem 1D-Höhennetzund einem Schwerenetz steht in der deut-schen Landesvermessung unmittelbar be-vor. Die Zukunft liegt in einem gemeinsa-men Raumbezugssystem, dass die Kompo-nenten Lage, Höhe und Schwere miteinan-der verzahnt. In Brandenburg wird dieserEntwicklung durch Zusammenführung derBereiche Lage, Höhe und Schwere zu-kunftsorientiert Rechnung getragen.

(Bernd Sorge, LGB Potsdam)

Das Update 2004 der CD-Rom Vermes-sungsrecht ist erschienen. Aktualisiert wur-den die ÖbVI-Berufsordnung, die Vermes-sungsgebühren- und Kostenordnung, Lie-genschaftskataster-Datenübermittlungs-verordnung, die Ausbildungs- und Prüfungs-verordnung höherer technischer Verwal-tungsdienst und die Gutachterausschuss-Gebührenordnung sowie einige weitereRechtsvorschriften für das Vermessungs-wesen.

Vorschriften und Information der Vermessungs- undKatasterverwaltung - Update 2004 -

Die CD-Rom „Vorschriften und Infor-mationen 2004“ ist bei der Landesvermes-sung und Geobasisinformation (LGB),Kartenvertrieb, Robert-Havemann-Str. 7,15236 Frankfurt (Oder), Tel.: 0355 / 5582-700 gegen ein Entgelt von 77,00 € (CD-RomUpdate 2004: 40 €) plus Porto erhältlich.

(Martin Paar, MI Potsdam)

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----- 72 - Nr. 1/2004

Mitteilungen

2. Workshop „eGovernment“der GEOkomm-Workshopreihe zur „Aktivierungdes Geodatenmarkts“ am 10. Dezember 2003im GeoForschungsZentrum PotsdamDie am 27. November 2003 unter Leitungdes Verbands der Geoinformationswirt-schaft Berlin/Brandenburg e.V. (GEO-komm) gestartete vierteilige Workshoprei-he zur „Aktivierung des Geodatenmarkts“wurde am 10. Dezember 2003 mit demThema „eGovernment – Geodaten undstaatliche Infrastrukturverantwortung“fortgesetzt. Begleitend zu dieser Workshop-reihe erfolgte bis Ende Januar 2004 eineonline-Befragung im Internet unter Nut-zern, Herstellern/Anbietern oder Veredlernvon Geodaten, Anbietern von Systemenund Lösungen, Providern von Diensten,Daten oder Infrastrukturen und Teilhabernan Innovationsnetzwerken zu deren Anfor-derungen an den Geodaten-Markt.

Der Workshop „eGovernment“ wurdeinhaltlich und organisatorisch gemeinsamvon GEOkomm e.V., der ressortübergrei-fenden GIB-Initiative (Initiative zum Auf-bau der Geodaten-Infrastruktur im LandBrandenburg) und dem Ministerium desInnern vorbereitet. Für die Durchführungkonnte die hervorragende Infrastruktur desGeoForschungsZentrums Potsdam (GFZ)in Anspruch genommen werden. DerWorkshop konnte weit über einhundertBesucher aus der Berliner und Brandenbur-ger Verwaltung und Forschungslandschaftsowie aus Wirtschaftsunternehmen derRegion verzeichnen.

Im Rahmen des Vortragsprogrammshielten zunächst Herr Karl-Heinz Löper(SenInn Berlin) und Herr Heinrich Tilly

(MI Brandenburg) zwei Grundsatzvorträ-ge zum Thema eGovernment und Geoda-ten. Anschließend bestand für die Work-shop-Teilnehmer die Wahl, sich an einervon drei Arbeitsgruppen zu beteiligen oderdas weitere Vortragsprogramm zu besu-chen. Das Vortragsprogramm bestand ausje zwei Vorträgen/online-Vorführungenaus Berlin (Volker Cordes und Takis Sgou-ros, beide SenStadt) und Brandenburg (Mi-chael Dreesmann, LGB und Peter Ziegler,LK Barnim, KVA).

Aufgabe der drei Arbeitsgruppen war,die Anforderungen an

· Geodaten für Anwendungen in Zustän-digkeit der Landesverwaltung

· Geodaten für Anwendungen in Zustän-digkeit der Kommunalverwaltung

· Geodaten-Funktionalitäten der IT-Infra-struktur

zu untersuchen und diese hinsichtlich ih-res Realisierungsgrads innerhalb der Ver-waltung einzuschätzen. Die teilweiseschwierige Meinungsfindung innerhalb derArbeitsgruppen wurde durch Moderatorender Dienststellenberatung der Fachhoch-schule der Polizei Brandenburg begleitetund dokumentiert.

Den Abschluss des Tages bildete eineDiskussion unter allen Teilnehmern desWorkshops, zu deren Auftakt die Ergebnis-se aus den drei Arbeitsgruppen vorgestelltwurden.

Die Workshopreihe wurde am 11. Febru-ar 2004 im Roten Rathaus in Berlin mit

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- 73 - ermessung Brandenburg

Mitteilungen

dem Thema „Infrastruktur“ fortgesetzt undwird am 28. und 29. April 2004 mit dem„Innovationsforum“ in der IHK Potsdam

abgeschlossen. Weitere Informationen er-halten Sie unter www.geokomm.de.

(Ralf Strehmel, MI Potsdam)

Der Wegweiser durch das KostenrechtDas amtliche Vermessungswesen ist weit-gehend aus Steuergeldern durch die Allge-meinheit finanziert, ohne dass jeder Einzel-ne eine besondere Leistung empfängt. Fürbesondere Leistungen, die es durch dieAmtshandlungen seiner Funktionsträgerdem Einzelnen gewährt, werden als Gegen-leistung Kosten in Form von Gebühren undAuslagenerstattungen erhoben.

Die Verzahnung der Kostenbestimmun-gen, die Handlungsspielräume des Verord-nungsgebers und die Anwendung der Kos-tenbestimmungen sollen durch Auszügeaus Kommentierungen und unter Berück-sichtigung der Rechtsprechung transparentgemacht werden.

Diese erste Ausgabe bildet den Grund-stock eines berufsspezifischen Wegweisersdurch das Kostenrecht Brandenburgs, des-sen Anwendung erleichtert und der konti-nuierlich, insbesondere unter den Aspek-ten der Rechtsprechung in Brandenburg,ergänzt werden soll.

Die „Kostenbestimmungen für hoheitli-che Tätigkeiten im amtlichen Vermes-sungswesen des Landes Brandenburg - derschnelle Wegweiser für die Praxis -“ wer-den auf einer CD-Rom herausgegeben. DieBesonderheit dieser Hinweise liegt in derdigitalen Anwendung und in der Verlin-kung der einzelnen Begriffe mit denRechtsnormen.

Der Wegweiser umfasst die Bereiche:1. Gebührengesetz Brandenburg2. Gebührenrechtliche Sonderregelungen3. Vermessungsgebühren- und Kostenord-

nung4. Kostenordnung für die Datenerhebung

zur Forcierten Einrichtung der Automa-tisierten Liegenschaftskarte im LandBrandenburg

5. Verwaltungsrechtliche Hinweise6. Folienzusammenfassung

Die CD-Rom „Kostenbestimmungen fürhoheitliche Tätigkeiten im amtlichen Ver-messungswesen des Landes Brandenburg- der schnelle Wegweiser für die Praxis -”ist gegen ein Entgelt von 30,00 € incl.Mehrwertsteuer und Porto bei der Landes-vermessung und Geobasisinformation(LGB), Kartenvertrieb, Robert-Havemann-Str. 7, 15236 Frankfurt (Oder), Tel.: (03 55)55 82 - 700 erhältlich.

(Martin Paar, MI Potsdam)

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Mitteilungen

DVW-Veranstaltungen 2004Vortrag (Ort, Termin, Referent)

Spezialbereiche thematischer Kartographie –Auswertung militär-historischer Lagekarten des zweiten Weltkriegs(Potsdam, 15.01.2004, Dipl.-Ing. Bernd Nogli, MilitärgeschichtlichesForschungsamt Potsdam)

Verkauf und Bewertung von erbbaurechtbelasteten Grundstücken(Berlin, 22.01.2004, Dipl.-Ing. Irene Lindner, Liegenschaftsfonds Berlin)

Royal Institution of Chartered Surveyors – in Berlin/Brandenburg(Cottbus, 26.01.2004, Richard Wartenberg, MRICS, Berlin)

Wasserspiegelvermessung der Elbe während des Augusthochwassers 2002(Potsdam, 12.02.2004, Dipl.-Ing. Robby Scholz, GEOTEC Prenzlau)

Liegenschaftsrechtliche Probleme bei der Erfassung des ALK-Datenbestands(Cottbus, 8.03.2004, Prof. Dipl.-Ing. Rolf Rebenstorf, FH Neubrandenburg)

Amtliche Geodaten im Internet – Eine Geodaten-Shop-Lösung (Berlin, 18.03.2004, Dipl.-Ing. Holger Bronsch, On-geo GmbH, Berlin)

Erzeugung und Vermarktung von Geodaten, dargestellt am Beispiel derLänder Berlin und Brandenburg(Potsdam, 25.03.2004, Dipl.-Ing. Frank Iden, SRP Berlin i.A. vonGEOKOMM e.V.)

Analyse und Verbesserung der Qualität von Überwachungsnetzen(Berlin, 1.04.2004, Prof. Dr.-Ing. Günter Schmitt, Universität Karlsruhe)

Die Deformation der Erdoberfläche(Cottbus, 19.04.2004, Prof. habil. Dr.-Ing. Jürgen Klotz, GFZ Potsdam)

Mitgliederversammlung, Bedeutung von Geoinformation für die Aufgabenvon Forschung, Verwaltung und Wirtschaft(Potsdam, 29.04.2004, Referat: Ministerin Prof. Dr. Johanna Wanka)

Stadtumbau Ost – Ein Aufgabenfeld für Geodäten(Cottbus, 10.05.2004, 18.00 Uhr, Prof. Dr. jur. Gerd Schmidt-Eichstaedt,Institut für Stadt- und Regionalplanung, TU-Berlin)

Richtungen der Katasterentwicklung in Polen und die Möglichkeiten seinerAnwendung(Berlin, 13.05.2004, Prof. Dr.-Ing. Wilkowski, TU-Warschau, Dipl.-Ing. JacekUchanski, WPG Warschau)

Mitgliederversammlung(Cottbus, 14.06.2004, 15.30 Uhr, Bezirksgruppe Niederlausitz: Wahl desVorsitzenden)

Gibt es einen besonderen Grundstücksmarkt in den neuen Bundesländern?(Cottbus, 14.06.2004, Dipl.-Ing. Bernhard Bischoff, Berlin)

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- 75 - ermessung Brandenburg

Mitteilungen

Geodäsie im Ausbruch aus der Isolation?(Berlin, 17.06.2004, Prof. Dr.-Ing. Dieter Lelgemann, TU-Berlin)

Bericht aus der Praxis der Wertermittlungen(Berlin, 16.09.2004, Dipl.-Ing. Ulrich Graf, Oberfinanzdirektion Berlin)

INTERGEO®

(Stuttgart, 13. – 15.10.2004)

ALK in Frankfurt (Oder) fertiggestelltUnter der Überschrift „FALKE in Frank-furt (Oder) gelandet“ erfolgte auf den In-ternetseiten der Vermessungs- und Katas-terverwaltung im Land Brandenburg am11.07.2003 die öffentliche Information, dassdas Kataster- und Vermessungsamt Frank-furt (Oder) die Automatisierte Liegen-schaftskarte für die Stadt Frankfurt (Oder)flächendeckend als amtlichen Nachweisder Liegenschaften fertiggestellt hat.

Aus diesem Anlass veranstaltete das Ka-taster- und Vermessungsamt am 5. Septem-ber 2003 eine Feierstunde in seinen Räum-lichkeiten.

Unter der Anwesenheit des Oberbürger-meisters der Stadt Frankfurt (Oder), HerrnPatzelt, Vertretern des Referats SP/7 desMinisterium des Innern unter Leitung desReferatsleiters, Herrn Blaser, der Landes-vermessung und GeobasisinformationBrandenburg (LGB) unter Leitung ihresDirektors, Herrn Schnadt, Amtsleitern desDezernates für Wirtschaft, Stadtentwick-lung und Bauen der Stadt Frankfurt (Oder),Nutzern der ALK aus dem freien Berufs-stand und der Wirtschaft, einer großenAnzahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbei-tern des Kataster- und Vermessungsamtsund Vertretern der Medien wurde die vor-fristige Fertigstellung der ALK gewürdigt.

In seinem Eröffnungsbeitrag würdigteHerr Prüfer vom Kataster- und Vermes-

sungsamt Frankfurt (Oder) die sehr guteZusammenarbeit mit dem Ministerium desInnern als Aufsichtsbehörde, dem Landes-betrieb LGB und dem freien Berufsstand.In seinem Bericht schilderte er kurz dennicht immer leichten Weg der Erstellungder ALK, stellte Beispiele der Nutzung vonALK-Daten vor, erläuterte zukünftige Auf-gaben in der Stadt Frankfurt (Oder) auf derGrundlage der fertiggestellten ALK undstellte einige interessante Zahlen zur Au-tomatisierten Liegenschaftskarte vor.

Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt(Oder) Martin Patzelt

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Mitteilungen

Zum Zeitpunkt der Fertigstellung derALK waren 83500 Grenzpunkte erfasst,von denen 2/3 mit hoher Genauigkeit auf-gemessen oder berechnet wurden. Durchdie Grenzpunkte werden 21250 Flurstückeabgebildet. Über 21000 Gebäude sind er-fasst. Diese entsprechen ca. 90% des ge-samten Gebäudebestands der Stadt Frank-furt (Oder). 39 000 Gebäudepunkte wurdenvor Ort aufgemessen.

Der Oberbürgermeister, Herr Patzelt,fand in seinem Grußwort anerkennendeWorte für die Mitarbeiter und Mitarbeite-rinnen des Amtes, stellte die Fertigstellungder ALK als einen weiteren Schritt zu ei-ner bürgerfreundlichen Stadtverwaltungdar und würdigte die Unterstützung desLandes bei der Erstellung der ALK durchdas Projekt FALKE. Er verband damit auchdie Hoffnung, dass eine ähnliche Förde-rung auch auf anderen Gebieten in dieWege geleitet werden kann.

In seinem Präsentationsbeitrag zur ALKin Brandenburg schilderte der Referent,Herr Franz Blaser, den Weg zur ALK, aus-gehend von den Anfang der 90-er Jahre

vorliegenden analogen Liegenschaftskar-ten ohne geodätischen Raumbezug und fastohne Gebäudenachweis, bis hin zur geplan-ten flächendeckenden Einrichtung im LandBrandenburg im Jahre 2006. Ausführlichging Herr Blaser auf das Projekt FALKEein, ohne dem eine solche Zielstellungnicht erreichbar wäre.

Zu guter Letzt gab Herr Blaser einen kur-zen Ausblick auf das Amtliche Liegen-schaftskataster-Informationssystem AL-KIS® und stellte das KVA Frankfurt (Oder)als geeignetes Pilotamt für die Einführungvon ALKIS® dar.

In seiner sehr informativen und anschau-lichen Präsentation stellte Herr Pohl vomKataster- und Vermessungsamt Frankfurt(Oder) den Werdegang und mitunter müh-seligen Weg von der Urkarte bis zur Auto-matisierten Liegenschaftskarte in Frankfurt(Oder) dar.

Bei wunderbarem Wetter klang die ge-lungene Veranstaltung mit einen geselligenBeisammensein aus.

(Steffen Prüfer, KVA Frankfurt (Oder))

Gerätepool in der LGB

Seit Dezember 2003 hält die Landesver-messung und Geobasisinformation Bran-denburg einen Gerätepool vor, um Schulen,Ausbildungseinrichtungen oder interessier-ten Bürgern die Möglichkeit zu geben, sich“gedätisches Handwerkzeug” auszuleihen.Zur Verfügung stehen Messbänder, Nivel-liere mit Nivellierlatten, Tachymeter, Ba-sislatten sowie etliches Zubehör.

Ausleihbar sind die Gerätschaften nachvorheriger Anmeldung bei der

Kalibrierungstrecke der LGBMichendorfer Chaussee 2314473 PotsdamTel: 0331 2709745Fax 0331 2709746E-Mail: [email protected]

(Bernd Sorge, LGB Potsdam)

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- 77 - ermessung Brandenburg

Buchbesprechnungen

Buchbesprechungen

Matthias Möller

Urbanes Umweltmonitoring mitdigitalen FlugzeugscannerdatenHerbert Wichmann, Hüthig Fachverlag, Hei-delberg, 2003. 126 Seiten, kartoniert, € 40,00.ISBN 3-87907-402-X

In den letzten Jahrenhaben sich in der Pho-togrammetrie nebenden bekannten klassi-schen analogen Auf-nahmeverfahren eineReihe neuer digitalerAufnahmesensoren ent-wickelt, die mittlerwei-

le im praktischen Gebrauch der Landesver-messungsämter Eingang gefunden haben(z.B. Laserscanner für den Aufbau digita-ler Geländemodelle) oder unmittelbar vorder Einführung in die alltägliche Praxisstehen. Das Buch widmet sich dieser Pro-blematik. Am Beispiel der Befliegung ei-nes ganzen Stadtgebiets mit einer der ers-ten digitalen Kameras werden die Möglich-keiten und bisherigen Grenzen der digita-len Bildaufzeichnung analysiert.

Das Buch gliedert sich in 8 Kapitel undein umfangreiches Literatur- und Quellen-verzeichnis.

Nach einer kurzen Einführung, die mitden Zielen der Untersuchungen und demAufbau des Buchs bekannt machen, stelltder Autor im zweiten Kapitel die Entwick-lungsgeschichte und Einteilung optischerFernerkundungssysteme auf 17 Seiten zu-sammen. Dabei werden die analogen und

digitalen Fernerkundungssysteme auf flug-zeug- und satellitengetragenen Plattformenbehandelt. Für viele Aufnahmesystemewurden Angaben zur Bodenauflösung, denSpektralbereichen der Aufzeichnung undden Befliegungsparametern tabellarischzusammengestellt.

In den folgenden Kapiteln wird speziellauf das digitale hochauflösende Scanner-system der HRSC-A eingegangen, mit demdie Befliegung des gesamten Stadtgebietsvon Osnabrück erfolgte.

Nachdem im Kapitel drei das technischeKonzept, die Funktionsweise und dieSchritte der Datenprozessierung (13 Sei-ten) behandelt wurden, schildert der Autorauf sieben Seiten die Arbeiten der Bildflug-vorbereitung und -planung für das Testge-biet.

Eingehend werden die qualitative Ana-lyse der operationell aufgenommenenHRSC-A-Bilddaten beschrieben. Dabeiwerden die angewendeten Verfahren zurBestimmung der Lage- und Höhengenau-igkeit beschrieben, die erreichten Lage-und Höhenfehler zusammengestellt undeiner kritischen Wertung unterzogen. Ne-ben der Beurteilung der geometrischenGenauigkeit werden auch die multispektra-le und die radiometrische Qualität der Bild-daten bewertet.

Die notwendigen Bearbeitungsschrittefür die Verbesserung des Informationsge-halts der Bilddaten werden auf 14 Seitenim Kapitel sechs beschrieben und anschau-lich illustriert.

Dass der Übergang von den klassischenanalogen Aufnahmesystemen zu digitalen

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Buchbesprechnungen

Scannersystemen nicht nur ein Zeichen dertechnisch weiterentwickelten Möglichkei-ten ist, sondern auch eine Bereicherung derAnwendungsbreite photogrammetrischerVerfahren im kommunalen und Umweltbe-reich darstellen kann, wird im Kapitel sie-ben behandelt. Dabei werden auch die Vor-züge einer Datenbereitstellung über das In-tranet für alle interessierten Nutzer derKommunalverwaltung behandelt.

Abschließend gibt der Autor eine Zu-sammenfassung der Untersuchungsergeb-nisse und einen Ausblick zur weiteren An-wendung hochauflösender digitaler Flug-zeugscanner.

Das Buch ist gut strukturiert und logischaufgebaut. Viele Anwender, die sich bis-her mit analogen Luftbilderzeugnissen be-fasst haben, bekommen einen Einblicküber die Möglichkeiten digitaler Aufnah-meverfahren. Durch die reichhaltige Bebil-derung (Farbabbildungen sind auf einer CDim Buch zusammengestellt) werden die zuerreichenden Ergebnisse anschaulich dar-gestellt.

Das Buch kann allen empfohlen werden,die sich mit der Einführung digitaler Bild-daten von Flugzeugscannern in topographi-sche und/oder fachbezogene Informations-systeme unter Produktionsbedingungen be-fassen.

(Dr. Eckhard Seyfert, LGB Potsdam)

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- 79 - ermessung Brandenburg

click ins web

www.kogis.ch

KOGIS steht für die Koordination der geographischen Information und geogra-phischen Informationssysteme in der Schweiz. Zielsetzung der KOGIS ist es, diebestehenden Synergiepotentiale bei der Erfassung, Bearbeitung, Verwaltung, demGebrauch und Vertrieb der Geodaten innerhalb der Schweizer Bundesverwaltungbesser zu nutzen. Neben Fragen wirtschaftlicher und technischer Art bei GIS-Projekten geht es für KOGIS auch darum, die Basis zum Aufbau einer nationa-len Infrastruktur für geographische Informationen unter der Beachtung der Kun-denorientiertheit zu erarbeiten.

FAZIT: Ein Blick über den Kartenrand (oder besser Bildschirmrand) kann nichtschaden.

www.rechtliches.de

Sie brauchen schnell eine Gesetz. Ihre Sammlung ist aber schon längst nicht mehraktuell und die Bibliothek ist auch nicht mehr besetzt! Das o.a. Portal unterstütztSie bei der Suche nach dem Deutschen Bundesrecht. Dabei kann man zwischender Suche nach Rechtsbereichen sowie nach dem Alphabet wählen. Neben Ent-würfen im Gesetzgebungsverfahren erhält man auch Informationen zum Euro-pa- und Landesrecht. Zu guter Letzt gibt es auch noch etwas zum schmunzeln.

FAZIT: Alles was Recht ist.

(Andre Schönitz, MI Potsdam)

Mit dieser Ausgabe soll das Informationsangebot von Vermessung Branden-burg erweitert werden. In dieser Rubrik wollen wir in regelmäßigen Abstän-den interessante sowie für die tägliche Arbeit nützliche Links vorstellen.Sollten Sie bereits während Ihrer Arbeit Informationsangebote im Internetentdeckt haben und wollen diese den Lesern der Vermessung Brandenburgpräsentieren, dann teilen Sie uns dies bitte mit:

Tel.: 0331/866-2162 oder [email protected]@mi.brandenburg.de

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----- 80 - Nr. 1/2004

aufgespießtIch habe fertigIch habe fertigIch habe fertigIch habe fertigIch habe fertigmit Goethemit Goethemit Goethemit Goethemit Goethe

„interdependenzialenBeziehungsgeflecht”

Eine Festsetzung alsGrenzmarke kann erstmit der Feststellungder Grenze erfolgen,da Grenzzeichen nur inGrenzpunkten festge-stellter Grenzen alsGrenzmarke festge-setzt werden dürfen.

Die einmalige Zah-lung wird jedem Be-rechtigten nur einmalgewährt.

„voll krassenOberhammer”

„zentralenEckpfeilern”

Viele Jugendliche haben mit Top-Managern eines ge-meinsam: Sie können kein richtiges Deutsch. Zu die-sem Schluss kam die dpa in einer Pressemitteilung.Während sich der Nachwuchs mit Konstrukten wie dem„ ... ” artikuliere, verunglimpften die Führungskräfte diedeutsche Sprache mit Worten wie den „ ... ” oder dem„ ... ”.

Auch der Schreiballtag in den Vermessungsverwaltun-gen bringt Satzungetüme heraus, die für den Bürgerwenig verständlich sind. „ ... ”

Experten stellen den Deutschen und seinen Sprechernin der heutigen Zeit ein schlechtes Zeugnis aus. Siebeklagen die Bläh-, Beamten-, oder Jugendsprache,Anglizismen oder fehlenden Wortschatz. „In den heu-tigen Familien wird nicht mehr gesprochen, sondern le-diglich noch kommuniziert”, sagte der Sprecher der Ge-sellschaft für deutsche Sprache („Unwort des Jahres”),Prof. Horst Dieter Schlosser.

Die Ursachen für die schwindende Sprachkompetenzsind vielfältig. „Die Deutschen haben einfach ein gestör-tes Verhältnis zu ihrer Sprache”, diagnostizierte der Ro-manist Roland Kaehlbrandt. In keiner anderen Sprachewürden so viele Worte komplett durch Englisch ersetztund sammle sich so viel „Sprachmüll” an. Kaum einerkönne sich heute noch präzise und deutlich ausdrü-cken. Die Ausnahme im Gesetz über Versorgungsbe-züge bestätigt die Regel. „ ... ”.

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Autorenverzeichnis

Prof. DrProf. DrProf. DrProf. DrProf. Dr. Dr. Dr. Dr. Dr. Dr. h. c. Ulrich Battis. h. c. Ulrich Battis. h. c. Ulrich Battis. h. c. Ulrich Battis. h. c. Ulrich BattisJuristische FakultätHumboldt-Universität zu Berlin

SSSSStephan Bertephan Bertephan Bertephan Bertephan BergweilergweilergweilergweilergweilerDezernent, Landesvermessung und Geobasisdaten Brandenburg

Uwe DreßlerUwe DreßlerUwe DreßlerUwe DreßlerUwe DreßlerMinisterium des Innern

Kirsten HarneidKirsten HarneidKirsten HarneidKirsten HarneidKirsten HarneidMinisterium des Innern

Siegfried KobelSiegfried KobelSiegfried KobelSiegfried KobelSiegfried KobelAmtsleiter, Kataster- und Vermessungsamt Oberhavel

Olaf LalkOlaf LalkOlaf LalkOlaf LalkOlaf Lalk2. Beigeordneter des Landkreises Spree-Neiße

DrDrDrDrDr. Peter . Peter . Peter . Peter . Peter Andreas PoppAndreas PoppAndreas PoppAndreas PoppAndreas PoppMajor und Leiter AIF IIIMilitärgeschichtliches Forschungsamt Potsdam

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Aus dem Angebot derLandesvermessung und

Geobasisinformation Brandenburg

gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier

ermessung Brandenburg Nr. 1/2004ISSN 1430-7650

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