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1 INHALT Programm 3 Texte Einführendes Zitat von William Morris 5 K. Frey, Die Gartenstadt. Zwischen reformistischem Lebensentwurf und dezentralem 7 Besiedlungsmodell. E. Howard, To-Morrow. A Peaceful Path to Real Reform. (1898) 37 R. Unwin, Of Co-Operation in Building. (1901) 47 H. Barnett, A Garden Suburb at Hampstead. (1905) 53 K. E. Osthaus, Gartenstadt und Städtebau. (1911) 61 H. Bernoulli, Die neue Stadt. (1911) 69 M. Wagner, Das Problem der reinen Gartenstadt (1926) 73 Beschreibungen und Bildmaterial der einzelnen Bauten, Gartensiedlungen und -städte 81 Literaturverzeichnis 181 INHALT

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Page 1: 1 INHALT · to work.“19 Auch der Begriff „Garden City“ war keine Neuerfindung Howards, wurde er doch schon beispielsweise für Chicago verwendet.20 Die deutsche Bezeichnung

1INHALT

Programm 3

Texte

Einführendes Zitat von William Morris 5

K. Frey, Die Gartenstadt. Zwischen reformistischem Lebensentwurf und dezentralem 7 Besiedlungsmodell.

E. Howard, To-Morrow. A Peaceful Path to Real Reform. (1898) 37

R. Unwin, Of Co-Operation in Building. (1901) 47

H. Barnett, A Garden Suburb at Hampstead. (1905) 53

K. E. Osthaus, Gartenstadt und Städtebau. (1911) 61

H. Bernoulli, Die neue Stadt. (1911) 69

M. Wagner, Das Problem der reinen Gartenstadt (1926) 73

Beschreibungen und Bildmaterial der einzelnen Bauten, Gartensiedlungen und -städte 81

Literaturverzeichnis 181

INHALT

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3PROGRAMM

MONTAG, 25. MAI

13:00 Treffpunkt bei Waterloo Station

Red House 81

DIENSTAG, 26. MAI

Letchworth 89 Welwyn 101

MITTWOCH, 27. MAI

Bournville 109 Harborne 123 Port Sunlight 133

DONNERSTAG, 28. MAI

Saltaire 139 New Earswick 145 Milton Keynes 155

FREITAG, 29. MAI

Hampstead Garden Suburbs 169

PROGRAMM

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„As I sit at my work at home, which is at Hammersmith,close to the river, I often hear some of that ruffianism go past the window of which a good deal has been said in the papers of late, and has been said before at recurring periods. As I hear the yells and shrieks and all the degradation cast on the glorious tongue of Shakespeare and Milton, as I see the brutal, reckless faces and figures go past me, it rouses the recklessness and brutality in me also, and fierce wrath takes possession of me, till I remember that it was my good luck only of being born respectable and rich, that has put me on this side of the window among delightful books and lovely works of art, and not on the other side, in the empty street, the drink-steeped liquor-shops, the foul and degraded lodg- ings. I know by my own feelings and desires what these men want, what would have saved them from this lowest depth of savagery ; employment which would foster their self-respect and win the praise and sympathy of their fellows, and dwellings which they could come to with pleasure, sur-roundings which would soothe and elevate them ; reasonable labour, reasonable rest.“

WILLIAM MORRIS, at Burslem, 1881.

A PROPHET‘S PLEA FOR GARDEN CITIES.

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Das Buch To-Morrow. A Peaceful Path to Real Reform des Engländers Ebenezer Howard, das 1898 das Konzept der Gartenstadt als städ-tebauliches Reformmodell entwarf und etab-lierte, gilt als die einflussreichste the-oretische Schrift in der Geschichte der modernen Stadtplanung.1 Die besondere Rolle, die die Gartenstadtidee im Städtebaudis-kurs und in der Geschichte der Stadtplanung des 20. Jahrhunderts einnahm, erklärt sich dadurch, dass sie von Beginn an, beinahe ohne Unterbrechung und fast weltweit als ideale Formel für die Anlage von Wohnhäu-sern betrachtet wurde; lange Zeit liefen ihre Entwicklung und diejenige der ent-stehenden Städtebaudisziplin parallel und übereinstimmend.2 Die Gartenstadtbewegung, das heißt die 1899 gegründete Garden City Association, änderte 1909 ihren Namen ent-sprechend ihren erweiterten Interessen- und Tätigkeitsfeldern zu Garden City and Town Planning Association und adaptierte ihre Gesellschaftssatzung gemäß dem Gegenstand und den Zielen ihrer Aktivitäten. Gleich-zeitig mit dem Inkrafttreten des Housing, Town Planning, etc. Act von 1909, der die Gemeinden verpflichtete, Stadtplanung zu be-

treiben und günstige Wohnungen zu errichten, ihnen gleichzeitig auch ermöglichte preis-wert Land zu erwerben, um besagte Projekte nach den gartenstädtebaulichen Prinzipien zu realisieren, stufte auch die Gartenstadtge-sellschaft die Förderung des Städtebaus als oberste Priorität der Bewegung ein.3

Die Gartenstadt als lockere, offene und durchgrünte Wohnsiedlung erfüllte einer-seits die Erwartungen der Fachkreise und der Öffentlichkeit in Bezug auf die Kriterien eines gesunden Lebens wie auch der kulturel-len und ästhetischen Ansprüche und versprach andererseits gleichzeitig das dringendste Problem der industrialisierten Großstadt, die Wohnungsfrage der Arbeiterklasse sowie diejenige des damit verknüpften, unkontrol-lierten Wachstums der Stadt lösen zu können. Tatsächlich stimmten in vielen Ländern die reformistischen Ziele der Gartenstadtbewe-gung mit denjenigen der Wohnreformbewegungen überein.4 Die nationalen Organisationen, die sich mit der Wohnungsfrage beschäftigten – der seit 1900 bestehende englische National Housing Council, der auf kooperativer Ba-sis im Bereich des Wohnungsbaus für Arbeiter tätig war, die Société française des habita-tions à bon marché, die unter Emile Cheys-son und Georges Risler eine Neuorientierung erlebte und, ohne sich von der Einfamilien-haus-Politik abzuwenden, gemeinschaftliche räumliche Infrastrukturen einführen wollte und das italienische Istituto per le case popolari unter der Leitung von Alessandro Schiavi –, waren impulsgebende Kräfte, wel-che eine reformistische Gesetzgebung und die

KATIA FREY

DIE GARTENSTADT.ZWISCHEN REFORMISTISCHEMLEBENSENTWURF UND DEZENTRALEM BESIEDLUNGSMODELL

FREY - DIE GARTENSTADT

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8Institutionalisierung des Städtebaus voran-trieben.5 Als allgemein akzeptierte Formel für gesundes Wohnen fand die Gartenstadtidee einen politischen wie ideologischen Konsens und wurde aus unterschiedlichen Positionen heraus, die zum Teil sehr gegensätzliche Ansichten über die gesellschaftliche Funk-tion des Städtebaus vertraten, als flexibel einsetzbares planerisches Instrument verein-nahmt. Ursprünglich als Reformprogramm und alternative Gesamtlösung zu den zeitgenös-sischen Problemen des urbanen Lebens konzi-piert und propagiert, wurde die Gartenstadt paradoxerweise mit wachsender Anerkennung und Verbreitung einzig auf den Aspekt des Wohnens reduziert.6

Die Genese des Howardschen Garten-stadtgedankens muss im Licht der intellektu-ellen, politischen und sozialreformerischen Bewegungen der Zeit in Großbritannien und Amerika gesehen werden, sein Erneuerungs-programm reiht sich in die lange Tradition der großstadtkritischen, alternativen und meist antiurban gefärbten Siedlungsvisio-nen ein, die sich oft als utopische, kom-munitaristische Projekte gestalteten.7 Die reformistischen Bestrebungen im Bereich des Urbanen erwuchsen um die Jahrhundertwen-de nicht aus neuen Grundsatzdiskussionen, sie leiteten sich vielmehr aus den Debatten ab, die bereits seit Mitte des 19. Jahrhun-derts zuerst in England, dann in Frankreich, im Zuge der starken Industrialisierung, der massiven Abwanderung vom Land und folglich des enormen Bevölkerungszuwachses in den Großstädten öffentlich entfacht wurden und

um die zentralen Fragen der Hygiene und der öffentliche Gesundheit kreisten.8 Die städtebaulichen Interventionen, die diesen Übeln Abhilfe schaffen sollten, gestalte-ten sich sowohl als punktuelle Maßnahmen, wie beispielsweise als slum clearance zur Behebung des akuten Problems der unhygi-enischen und überbelegten Wohnungen der Arbeiter, als auch in Form von Vorschlägen für die Dezentralisierung der Bevölkerung und der Industrie und von neuen Strategi-en zur Kontrolle der maßlosen Stadtexpan-sion, so wie beispielweise die Überlegun-gen bezüglich unverbaubarer Grüngürtel, die theoretisch und publizistisch intensiv diskutiert wurden.9 Howard selbst, der sein Projekt als „a unique combination of pro-posals“ anpries, nannte drei thematische Haupteinflüsse: „(1), the proposal for an organised migratory movement of population of Wakefield and of Professor Marshall; (2), the system of land tenure first proposed by Thos. Spence and afterwards (though with an important modification) by Herbert Spen-cer; and, (3), the model city (of somewhat different design, however) of Jas. S. Bu-ckingham.“10 Ansiedlungsprogramme für länd-liche Gebiete wurden, neben den genannten Kolonisationsprogrammen von Edward Gibbon Wakefield für Australien und Neuseeland und den damals diskutierten Vorschlägen von Alfred Marschall, den Howard persönlich kannte,11 auch vom russischem Anarchisten Pjotr A. Kropotkin in einer Artikelserie für die Zeitschrift The Nineteenth Century, die zwischen 1888 und 1890 veröffentlicht

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9wurde, vorgestellt. Die Industrie sollte dezentralisiert und neuen dörflichen Sied-lungseinheiten zugeordnet werden; diese Dorfeinheiten bildeten gleichsam Zellen eines weiten Netzwerks.12 Die Ideen Kropot-kins zur Neustrukturierung der Gesellschaft gewannen in England großen Einfluss in Bezug auf Dezentralisierungsprojekte, Regulierung der Stadtgröße und die Landreform. In Lon-don wurde 1881 die Land Nationalisation So-ciety von Alfred Russell Wallace gegründet, inspiriert von John Stuart Mill und seiner Land Tenure Reform Association; und in die-sem Zusammenhang wurde die bis dahin we-nig bekannte Rede „The Real Rights of Man“ (1775) von Thomas Spence wiederentdeckt und unter dem Titel The Nationalisation of Land neu veröffentlicht.13 Die Land Nationali-sation Society, die von den Theorien des amerikanischen politischen Ökonomen Henry Georges beeinflusst war,14 unterstützte How-ard und seine Idee des gemeinschaftlichen Landbesitzes, und es waren ihre Vertreter, die als erste Mitglieder der Garden City Association 1899 beitraten. Als Modelle für die städtebauliche Anlage der Gartenstadt müssen neben Victoria (1849) von James Silk Buckingham, das Howard erwähnt, auch Robert Pembertons Happy Colony (1854) und Benja-min Ward Richardsons Hygeia (1875) genannt werden:15 in diesen Musterstädten ging die ideale Anlage eines gesunden, gut funkti-onierenden und ästhetischen Stadtmodells mit tiefgreifenden Gesellschaftsreformen einher, sei es eine philanthropisch-pater-nalistische Gemeinschaft, eine auf Effizi-

enz der industriellen Produktion aufgebau-te Struktur oder eine auf Bildung setzende kommunitaristische Organisation.16 Wie Howard wiederholt erwähnte, war die Lektüre von Edward Bellamys Roman Looking Backward und die darin geschilderte utopische Zukunftsvi-sion von Boston, einer nach den Prinzipien der Kooperation organisierten, sich in die Landschaft auflösenden Stadt, ein Schlüssel-erlebnis, das ihn zur Ausarbeitung seines Programms anregte.17 Zusätzlich zu den ge-nannten theoretischen Impulsgebern hatten sicherlich auch gebaute Vorbilder Howard inspiriert, von den neugegründeten Arbei-terdörfern wie Port Sunlight bis hin zu den bürgerlichen Wohnbezirken und Vorstädten im Grünen wie Bedford Park.18 Howard nahm die unterschiedlichsten reformistischen Anregun-gen auf und übernahm davon jeweils einzelne Aspekte, die ihm für sein Vorhaben dienlich schienen: „like any inventive tinkerer, How-ard took whatever he needed, whatever seemed to work.“19 Auch der Begriff „Garden City“ war keine Neuerfindung Howards, wurde er doch schon beispielsweise für Chicago verwendet.20 Die deutsche Bezeichnung „Gartenstadt“ war ebenfalls schon in Gebrauch, ohne dass damit ein festes Konzept verbunden gewesen wäre.21

Die Gartenstadt als klar definiertes städtebauliches Konzept entstand aber erst mit der Publikation, im Oktober 1898, der Schrift To-Morrow. A Peaceful Path to Real Reform, die im auf soziologische und refor-merische Studien spezialisierten Verlag von Swan Sonnenschein erschien und bereits 1902 eine zweite Auflage unter dem wirksameren Ti-

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10tel Garden Cities of To-Morrow erlebte.22 Der Verfasser, der reforminteressierte Stenograf Ebenezer Howard, schlug damit eine Lösung für die gesamte zeitgenössische urbane Prob-lematik – Armut und Ungleichheit, Entvölke-rung des Landes und urbane Überbevölkerung – vor, deren Schlüssel, der master key, nach seiner Auffassung im Entwurf der Garden City lag, einer Neugründung auf dem Land, die ein sozial, hygienisch und ästhetisch harmoni-sches Lebens- und Arbeitsumfeld erschaffen würde. In einer Buchabbildung stellt Howard seine town-country Synthese als Alternative zu den zwei anderen traditionellen Magnetpo-len Stadt und Land dar. Die Integration von Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft würde der Gartenstadt ihre Autonomie als Wohn- und Arbeitsstätte sichern. Die grundlegenden städtebaulichen Merkmale dieses neuen Stadt-modells sind einerseits die festgeschriebene Größe von 30 000 Einwohnern, deren Umfang durch den landwirtschaftlich genutzten, un-verbaubaren grünen Gürtel bestimmt sein wür-de, andererseits der Bodenbesitz auf genos-senschaftlicher Basis. Howards Beschreibung der idealen Anlage einer Gartenstadt, die sich zum Teil an die Erzählstruktur der utopischen und uchronischen Reiseliteratur anlehnt, in der der Erzähler von einem Eingeweihten durch eine neuartige Stadt geführt wird, schildert eine kreisförmige Stadt, mit einem Radius von einer dreiviertel Meile, in regelmäßige Bezirke unterteilt, mit „avenues“, ringför-migen, konzentrischen, baumbepflanzten Stra-ßen, und sechs prächtigen „boulevards“, den

baumbestandenen Radialachsen.23 Das Zentrum der Stadt bildet zugleich den Mittelpunkt des gemeinschaftlichen Stadtlebens. Rund um die kreisförmige, zentrale Gartenanla-ge sind die öffentlichen Gebäude angeord-net: Stadthaus, Konzert- und Kongresshalle, Theater, Bibliothek, Museum, Gemäldegale-rie und Krankenhaus, die nach außen hin von einem großzügigen Park umgeben sind. Um diesen „Central Park“ herum ist der soge-nannte „Crystal Palace“ angelegt, ein zur Parkseite hin verglaster Arkadengang, der ähnlich wie die Pariser Passagen, als ge-deckte Promenade dient; als Wintergarten gestaltet und mit Pflanzen versehen, hält er auch ein kommerzielles Angebot bereit.24 Die hinter dem Arkadengang liegende „grand avenue“ bildet einen sogenannten „belt of green“, einen Gürtel von Parkanlagen, in denen einzig Schulen und Kirchen errichtet werden dürfen. Die Wohnhäuser in den inne-ren Quartieren sind als Einfamilienhäuser mit Gärten konzipiert, diejenigen entlang der „grand avenue“ hingegen als crescents, als kurvilinear geformte Reihenhauszeilen. In der äußeren Ringzone, die von der Ei-senbahnlinie umschlossen ist, befinden sich Fabriken, Molkereien, Markthallen und ver-schiedene Lagerhallen. Obwohl Ebenezer Howard die physi-sche Gestalt der Gartenstadt umriss, be-trachtete er diese Beschreibung als „merely suggestive“; anhand eines Diagramms werde lediglich eine mögliche Realisierungsform dargestellt, die keineswegs als festgeleg-te Vorgabe verstanden werden soll und in

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11der Umsetzung „probably be much departed from“, wie Howard richtigerweise vermute-te und zu akzeptieren bereit war. Der Titel eines ersten Textentwurfs aus dem Jahr 1891 „The City of Health and How to Build it“ – eine Anspielung auf Richardsons Hygeia. A City of Health25 – und der Name der darin skizzierten Stadt „Unionville“ verraten die hygienistischen sowie die genossenschaft-lichen Ansätze seiner Überlegungen. Auch in einem weiteren, fragmentarisch geblie-benen Text „Common Sense Socialism“ (1892) kreiste sein Projekt um die Grundzüge einer sozialen Reform, gekoppelt an ein neues städtebauliches Konzept.26 Seine grundle-genden Interessen galten in der Tat weniger der formalen Gestaltung als den Bedingun-gen, die die Gründung, Erbauung und Verwal-tung einer solchen Gartenstadt ermöglichen würden.27 Die Idee des co-operative house-keeping, ein Konzept der gemeinschaftlichen Haushaltführung, das in kommunitaristischen Kreisen im Siedlungsbau gefördert wurde, kam auch in der Gartenstadt zum Einsatz, wie Howard mehrfach in der Presse und in Fachzeitschriften äußerte.28

Der Besitz an Grund und Boden, der eng an die Fragen der Mieten und der Orga-nisation der Stadtverwaltung geknüpft ist, bildete den ausschlaggebenden Kern bei der Gartenstadtidee; um erschwingliche Mieten für die unteren Klasse zu sichern musste die Bodenspekulation verhindert werden, zu diesem Zweck musste das Land sich im Be-sitz einer genossenschaftlich organisierten Gesellschaft befinden. In seinem Buch wid-

met Howard den finanziellen Themen ganze vier Kapitel, davon handeln zwei von den Ein-künften, die der Gartenstadt einzig aus den Pachtzinsen zufließen würden. Weitere vier Kapitel handeln von der Organisation und Verwaltung der Gartenstadt, als einem wie eine „private Munizipalität“ funktionieren-den Unternehmen. Ein weiterer wichtiger Aspekt der ursprünglichen Gartenstadtidee betrifft ihre territoriale Ausdehnung, die von Anfang an festgelegt wird: Sobald besagte Größe er-reicht wird, muss eine neue Gartenstadt nach demselben Gestaltungs-, Finanzierungs- und Administrationsmodell gegründet werden. Im Diagramm der social cities – das in der zweiten Auflage zugunsten eines Plans von Adelaide ersetzt wurde –, wird ersichtlich, wie die kleinen, von einem landwirtschaftli-chen Gürtel umschlossenen Gartenstädte eine Gruppe um eine größere Stadt herum bilden.29 Der agricultural belt ist dabei ein kons-tituierender Teil des Gartenstadtkonzepts; als Hinterland, das die urbanisierten Zonen voneinander trennt, dient er der Erhaltung unbebauter Landschaft, auch im Hinblick auf deren landwirtschaftliche Nutzung. Die Gar-tenstadt ist als Grundstein eines neuartigen Siedlungsschemas konzipiert, das modular auf das ganze nationale Territorium übertragen werden kann. Gleichzeitig mit Ebenezer Howard beschäftigte sich auch der deutsche Ideo-loge und Publizist Theodor Fritsch mit der Reformierung der Großstadt; anders als bei Howard, waren seine Bestrebungen völkisch

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12und antisemitisch motiviert.30 Fritsch sah die Großstadtprobleme seiner Zeit als Fol-geerscheinung des jüdischen, spekulativen Leihkapitals und wertete das Landleben als eigentliche Quelle nationaler Kraft. Für die Erneuerung der „deutschen Rasse“ ent-warf er 1896 eine Gartenstadt, die Stadt der Zukunft.31 Auch Fritsch befürwortete eine innere Erneuerung der Gesellschaft und die Bildung einer Neuen Gemeinde, wie der Titel seiner 1897 veröffentlichten Schrift besagt, die als Ausgangspunkt für die neue Reform-gesellschaft seiner Gartenstadt gedacht war. Fritschs Gartenstadt ist von Ringzonen strukturiert, die um einen zentralen Platz mit monumentalen Gebäuden angelegt sind, die Stadtviertel werden nach Funktion und Bau-typologie unterschieden. Die Fabrikbauten sind auf einen besonderen Bezirk beschränkt und schließen, von einer begrünten Puffer-zone getrennt, an die Arbeiterviertel an, die Geschäftshäuser sind hingegen direkt an die besseren Wohnviertel angebaut. Die Anlage der Stadt in spiralförmigen Ringzo-nen soll das ungehinderte Wachstum der Stadt ermöglichen, bis hin zur festgelegten Größe von hunderttausend Einwohnern, die einzel-nen Zonen können nach Bedarf auf Kosten der benachbarten erweitert werden. Der zunächst halbkreisförmige Grundriss der Stadt kann nach und nach baulich vervollständigt wer-den, bis er einen vollen Kreis bildet. Auch bei Fritsch sind die Bodenbesitzverhältnis-se Bedingung für die Entfaltung einer sol-chen Stadt, das gesamte Land muss Eigentum der Gemeinde sein. Fritsch wie auch Howard

folgen für die Anlage ihres Gartenstadtvor-schlags den neuen planerischen Tendenzen in Bezug auf die Trennung der Funktionen. In beiden Projekten entwickelt sich die Stadt ausgehend von einem Zentrum mit gemein-schaftlichen Einrichtungen zu einzelnen Wohnbezirken bis hin zu den Industrieanla-gen in den Randzonen. Obwohl Fritsch sich als den eigent-lichen Vater der Gartenstadtidee betrach-tete – seine Schrift erschien zwei Jahre vor der Publikation von Howards To-Morrow –, wurde er in der Geschichte des Städte-baus nur wenig rezipiert.32 Einzelne Autoren wie Alfred Abendroth oder Karl von Man-goldt nannten ihn zwar als den Urheber der Gartenstadt,33 seine Schriften waren aber, wie Mangoldt erläuterte, „weit kleiner und weniger durchgearbeitet als das Howardsche Buch, dafür allerdings auch nicht so hoch-fliegend in ihren Plänen, und es hat sich an sie auch keine größere Bewegung geknüpft, weswegen wir sie im weiteren beiseite las-sen.“34 Eine weitere Erklärung lieferte der niederländische Gartenstadtpropagandist Johannes Bruinwold Riedel, der die geringe Resonanz Fritschs seiner politisch-ideolo-gischen Gesinnung zuschrieb.35 Zu bemerken ist aber, dass die 1902 gegründete deut-sche Gartenstadt-Gesellschaft (DGG), neben den Brüdern Paul und Bernard Kampffmeyer, zwei sozialistischen Aktivisten und Publi-zisten, die ihr Interesse für gesellschaft-liche Themen, für die Bodenfrage und der Genossenschaftsbewegung in den Mittelpunkt stellten,36 auch Anhänger der eugenischen

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13Theorien des Universalwissenschaftlers Francis Galton unter die Vorstandsmitglie-der zählte.37

Ebenezer Howards Ziel war es, sein Reformprogramm in die Praxis umzusetzen: Die Gründung der Garden City Association im Jahr 1899 markiert der Beginn einer ak-tiven Propagandatätigkeit, die mit Tagungen und Publikationen nicht nur auf nationaler Ebene beträchtliche Öffentlichkeitsarbeit leistete und entsprechend auch im Ausland großen Anklang fand.38 In Deutschland ver-halfen vor allem die Schrift von Howard und die Aktivitäten der Garden City Associati-on der Gartenstadtidee zur Verbreitung.39 Bereits 1899 schrieb der sozialdemokrati-sche Theoretiker Eduard Bernstein – der die „Revisionismus-Debatte“ innerhalb seiner Partei ausgelöst hatte – aus seinem Londo-ner Exil über die „Neue[n] Vorschläge der Reform der Volkswohnungen in England“ und bettete das Gartenstadtprojekt von Ebene-zer Howard in den Rahmen der Interventionen ein, die in England und speziell in Lon-don unternommen wurden um die Abwanderung vom Land und die Ausdehnung der Metropole zu vermeiden.40 Wie sein Cousin Hans Kampf-fmeyer – Volkswirtschaftler und ebenfalls aktives Mitglied der Deutschen Gartenstadt-Gesellschaft, der sich der praktischen Durchsetzbarkeit von Gartenvorstädten und gartenstadtähnlichen Siedlungen widmete –,41 unterstrich Bernhard Kampffmeyer das Hauptargument zur Förderung der Idee: „Für mich stellt sich die Gartenstadt als ein wertvoller Beitrag zur Lösung der Arbei-

terwohnungsfrage, als ein Mittel dar, ein besseres Wohnen bei niedrigerer und gleich-bleibender Grundrente zu ermöglichen.“42

Das Konzept der Gartenstadt hatte in Deutschland der Jahrhundertwende einen besonders aufnahmebereiten Nährboden vor-gefunden. Um diese Zeit hatte der Suburba-nisierungsprozess bereits begonnen und das Ideal des eigenen Hauses mit Garten hatte, wie die zahlreichen Überbauungen mit Vil-len- und Arbeiterkolonien im Grünen bewei-sen, von bürgerlicher, kleinbürgerlicher und fortschrittlicher, reformistischer Seite Unterstützung gefunden.43 Außerdem galt England im Allgemeinen im Bereich des Wohnens als Vorbild. Schon 1865 hatte der Journalist und Vertreter der Freihandels-bewegung Julius Faucher die Schaffung von Wohnquartieren für die Mittelklasse – er sprach von „Gartenvorstädten“ – nach eng-lischem Vorbild an der Peripherie der Stadt empfohlen.44 Gleichzeitig mit der Rezeption der Gartenstadtidee und der Nachricht der Erbauung der ersten Gartenstadt Letchworth durch Raymond Unwin und Barry Parker kamen in Berlin die drei Bände von Das englische Haus von Hermann Muthesius heraus.45 1910 wurde bei Otto Baumgärtel in Berlin unter dem Titel Grundlagen des Städtebaues. Eine Anleitung zum Entwerfen städtebaulicher Anlagen die deutsche Übersetzung des Hand-buchs Town Planning in Practice. An Intro-duction to the Art of Designing Cities and Suburbs von Raymond Unwin publiziert, das ein Jahr zuvor in London erschienen war. Unwin präsentierte in diesem Buch allge-

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14mein gültige städtebauliche Prinzipien, die er während eines Jahrzehnts der Tätigkeit als Städtebauer angewendet und immer wieder in theoretischer Form publiziert hatte; er erarbeitete sie insbesondere im Hinblick auf Stadterweiterungsprojekte. Unwins Vorliebe für das Straßenbild deutscher Kleinstädte wird von zahlreichen Fotographien von Karls-ruhe, Rothenburg, Augsburg und München, die das Buch illustrieren, bezeugt.46 Gartenstadt und Kleinstadt, die anfänglich als konkur-rierende Modelle galten, wurden rasch weit-gehend als Synonyme betrachtet.47 Das „engli-sche“ Vorbild im Bereich der Wohnarchitektur und der begrünten städtebaulichen Anlage blieb bis nach dem Ersten Weltkrieg für die Planungen der Deutschen Gartenstadt-Gesell-schaft gültig, während die Vertreter der modernen Bewegung sich hauptsächlich für die internationale Architektur des neuen Massen-wohnungsbaus interessierten.48 Die Rolle von Unwin war in England und im Ausland von großer Bedeutung: als Architekt und Planer der ersten Gartenstadt Letchworth, in Hertfordshire nördlich von London, lieferte er das gebaute Beispiel eines funktionierenden Städtebaumodells, das von vielen Praktikern, Planern, munizipalen Entscheidungsträgern und Investoren besich-tigt und nachgeahmt wurde.49 Im Zusammenhang mit seinen Überlegungen zur Entwicklung von London erarbeitete er Vorschläge für eine Dezentralisierungsstrategie unter Einsatz von Gartenstädten, Satellitenstädten und Gartenvorstädten. Um das Wachstum der Stadt zu kontrollieren, schlug er die Anlage eines

green belt um London vor; außerhalb des grünen Gürtels sollte die Region mit Satel-liten- und Gartenstädten bebaut werden, wo-bei sein Hauptanliegen die Organisation der Beziehung zwischen diesen und der Haupt-stadt sowie der Metropolregion als solcher war.50 Die Rezeption und die Verbreitung der Gartenstadtidee in den anderen Nationen des Kontinents erfolgte innerhalb weniger Jahre: in Frankreich war es Charles Gide, ein Sozialökonom und Gründer der Genossen-schaftsbewegung Ecole de Nîmes, der 1902 während einer Vorlesung über Sozialökono-mie an der juristischen Fakultät erstmals auf das Konzept der englischen Garden City verwies.51 Die genossenschaftliche Organi-sation des Gründungs- und Erbaungsvorgan-ges sowie die Rolle der Stadtverwaltung in Letchworth interessierte ihn in Zusammen-hang mit seinem eigenen Bestreben, eine genossenschaftliche Organisation der Ge-sellschaft als emanzipatorische Struktur im Hinblick auf ihre Demokratietauglichkeit und ihre ökonomische Effizienz zu untersu-chen. Georges Benoit-Lévy, der Gides Kurs besuchte, sah in der Gartenstadt die Mög-lichkeit, die reformistischen Bestrebungen des paternalistisch-konservativen Musée social um die Dimension der habitations à bon marché, des sozialen Wohnungsbaus, zu erweitern.52 Mit einem Stipendium des Musée social reiste er nach England, um die in-dustrial villages Bournville und Port Sun-light zu studieren und die im Bau stehen-de Gartenstadt Letchworth zu besichtigen.

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15Nach seiner Rückkehr verfasste Benoit-Lévy unter dem Titel „‚Garden-Cities of To-Morrow‘ ou l’habitation de l’avenir“ eine begeisterte Rezension von Howards Buch und berichtete über die Fortschritte der engli-schen Gartenstadtbewegung.53 1903 gründeten Benoit-Lévy und Charles Gide die franzö-sische Gartenstadtgesellschaft. Die Propa-gandatätigkeit von Benoit-Lévy zu Gunsten der Gartenstadt war von großer Tragweite und beeinflusste nachhaltig die Rezepti-on der Gartenstadtidee. In seinem Buch, La cité-jardin, ordnete er unter diesem Be-griff auch Siedlungen und Wohnstädte ein, die eine lockere Bauweise und einen großen Anteil an Grünanlagen und Freiräumen vor-wiesen und mit Einrichtungen ausgestattet waren, die das Gemeinschaftsleben fördern sollten. Die Architekten und Reformer im Umfeld des Musée social und der Socié-té française des habitations à bon marché setzten auf die Gartenstadt um den sozia-len Wohnungsbau voranzutreiben.54 Benoit-Lévy räumte den beiden industrial villages Port Sunlight und Bournville einen wichti-gen Stellenwert als Beispiele von Garten-städten „en miniature“ ein,55 obwohl sie im Unterschied zum Konzept von Howard keine autonomen und selbstversorgenden Städte und keiner genossenschaftlich organisier-ten Verwaltung untergeordnet waren, sondern von der philanthropisch-paternalistischen Reformbereitschaft der Arbeitgeber abhin-gen. Diesen Unterschied in der Organisation empfand der amerikanischen Landschaftsar-chitekt und Stadtplaner Frederic Law Olms-

ted Jr. hingegen als grundlegend. Trotz al-len Annehmlichkeiten, dem hohen hygienischen Standard und den malerischen Ansichten, die er in Port Sunlight vorfand, störte er sich an der Diskrepanz zwischen dem gestalteri-schen Aufwand auf einer Seite und dem Le-benswandel und der wirtschaftlichen Lage der Bewohner: „It appears not to be a village in which the dwellings fully harmonise with and express the real interests and desires and character of the people who live in them.“56 Der Architekt Hans Eduard von Berlepsch-Valendàs, der einen engen Kontakt mit sei-nen englischen Kollegen um die Gartenstadt-bewegung pflegte und diesen „neuzeitlichen englischen Arbeiterdörfern“ zwei historisch ausgreifende Studien widmete, vermied es, den Begriff Gartenstadt für diese Industrie-dörfer zu verwenden.57 Benoit-Lévy war hinge-gen der Überzeugung, dass die entscheidende Rolle bei der Durchsetzung der Gartenstadt-idee bei den reformistischen und sozial in-teressierten Industriellen und Unternehmern liegen sollte.58 Während seiner ebenfalls im Auftrag des Musée social unternommenen Stu-dienreise in den Vereinigten Staaten im Jahr 1905 wurde er in dieser Überzeugung bestärkt und in der aus der Reise resultierenden Pub-likation Cités-jardins d’Amérique beschreibt er hauptsächlich solche Industriedörfer, die sogenannten company towns.59 Erst nach einem mehrmonatigen Aufenthalt in Letchworth im Jahr 1910 verfeinerte Benoit-Lévy die Ter-minologie und unterschied zwischen garden city, garden suburb und garden village.60

Für die Niederlande war die Rezepti-

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16on und Interpretation der englischen Gar-tenstadt von Benoit-Lévys maßgebend.61 Die erste Buchpublikation zum Thema tuinstad war das Handbuch von Johannes Bruinwold Riedel, das sich in historischer und praktischer Hinsicht ausführlich mit der Umsetzung der Gartenstadtidee in den Niederlanden be-schäftigte. Im englischen Gartenkonzept sah Bruinwold Riedel, wie viele andere europäi-sche Kollegen, ein Instrument seinem eigenen Ziel näher zu kommen, nämlich der Durchset-zung von großzügig durchgrünten Siedlungs-formen, die ein gesundes Leben und Wohnen der Arbeiter ermöglichen würden. So war für ihn die Frage des gemeinsamen Grundbesitzes irrelevant, da dieser, nach seinem Verständ-nis, für die Realisierung der Idee nicht notwendig war. Bruinwold Riedel reflektier-te über die theoretischen und praktischen Umsetzungsmöglichkeiten der Gartenstadtidee am konkreten Beispiel der Erweiterung von Amsterdam, wofür sie die nötige Entlastungs-struktur bieten sollte. Auch spätere Ausein-andersetzungen mit dem Thema Gartenstadt in den Niederlanden fokussierten vor allem auf die Realisierbarkeit von Gartenvorstädten und von sogenannten tuindorpen, Gartendör-fern.62 Wenn Letchworth und Welwyn – beide wurden auf Initiative und mit dem persönli-chem Einsatz von Ebenezer Howard erbaut –, als „echte“ Gartenstädte galten, so bedeu-tete die Realisierung des Hampstead Garden Suburb die Erstellung eines Vorbilds für die Gartenvorstadt.63 Die Vorstellung der Sozi-alreformerin Henrietta Barnett in Bezug auf

Gemeinschaftsplanung. d.h. ihr Anliegen sozial durchmischte Siedlungen, ausgestat-tet mit gemeinschaftlichen und kulturellen Infrastrukturen, zu verwirklichen, wurde planerisch in kongenialer Weise von Ray-mond Unwin verwirklicht. Hampstead Garden Suburb wurde unmittelbar wahrgenommen, in den Fachzeitschriften positiv besprochen und von vielen Architekten und Planer be-sichtigt.64 Nicht die garden city sondern der garden suburb wurde zum pragmatischen Vorbild für die Bebauung der Peripherien.65 Diese pragmatische Entwicklung wurde von der Garden City Association unterstützt, die in ihren Satzungen ihre Zielsetzun-gen erweiterte.66 Daraufhin formierten sich Ebenezer Howard, Frederic James Osborn, Charles Benjamin Purdom, Patrick Abercrom-bie, der Verleger W. G. Taylor und der Au-tor und Theoretiker der Genossenschaftsbe-wegung George Douglas Howard Cole innerhalb der Garden City and Town Planning Associ-ation zu einer Gruppe, die sich der Reali-sierung von autonomen Gartenstädten nach den ursprünglichen Prinzipien widmete und ihr Anliegen mit zwei propagandistischen Publikationen unterstrich. 1917 verfasste Purdom The Garden City After the War, in dem er die Regierung aufforderte, nach dem Krieg den Bedürfnissen nach Wohnraum mit dem Bau von Gartenstädten nachzukommen, im darauffolgenden Jahr veröffentlichte Os-born unter dem Pseudonym „New Townsmen“ die manifestartige Schrift New Towns After the War. An Argument for Garden Cities, die eine wichtige Neuerung einführte: anders

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17als Howard, der die privaten philanthropi-schen Unternehmung als schnellste und effi-zienteste Form einschätzte, wollte Osborn langfristig eine staatliche Dezentralisie-rungspolitik und nationale Wohnungsbau-programme erwirken, um die Errichtung von hundert new towns in der Gestalt von Gar-tenstädten, in denen die notwendigen, auf eine Million geschätzten neuen Wohnungen entstehen würden, zu ermöglichen.67

In Frankreich wurden nach dem Krieg, im Rahmen des Wiederaufbauprogramms, kos-tengünstige Wohnbauten mit verbessertem hygienischen Standard unter dem Begriff Gartenstadt erbaut, wie die Studie des Ar-chitekten Maurice Dufourmantelle, die er für die Société française des habitations à bon marché verfasste, belegt.68 Auch Henri Sellier, der sich schon früh während seiner Beamtenlaufbahn mit Fragen zu den Lebensbe-dingungen der Arbeiter in den Städten und Vororten, zu Sicherheit, Mobilität, Wohnen und Hygiene befasst hatte, gründete in sei-ner Funktion als Bürgermeister von Sures-nes und dank einer 1919 dafür konzipierten Einrichtung, dem Office public d’habitation de la Seine, das er lange Zeit verwaltete, mehrere cités-jardins, eigentliche Wohn-städte;69 diese hatten zur Aufgabe, Paris und seine unmittelbaren Vorstädte zu ent-lasten, so, dass monumentale Verbindungs-sachsen zur Hauptstadt das Bild dieser ansonsten nach dem Vorbild der englischen Gartenstädte gestalteten Vororte charak-terisierten. Auch die erste italienische Gartenstadt, Milanino, die Luigi Buffoli

ab 1907 als Hauptprojekt der Unione coope-rativa, einer Konsum-Genossenschaft, konzi-pierte, war als Mailänder Vorstadt geplant.70 In seinem Buch Le case a buon mercato e le città giardino aus dem Jahr 1911 begründete der sozialistische Reformist und Publizist Alessandro Schiavi – der die englischen Gar-tenstädte auf von Benoit-Lévy organisierten Englandreisen besucht hatte –, die Vorliebe für die Gartenvorstadt und den Vorrang Hamp-steads gegenüber Letchworth mit ästhetischen Aspekten, die der italienischen urbanen Tra-dition näher standen.71

Im Deutschland der Weimarer Republik bestand kein politischer Wille zur Reali-sierung von autonomen neuen Gartenstädten, und beide Gattungen, Gartenstadt und Garten-vorstadt, wurden oft vermischt. Zum Leidwe-sen der Gartenstadtförderer war der Begriff Gartenstadt auch bei „Terraingesellschaf-ten“ beliebt, die mit Spekulationsabsichten Villenkolonien bauten.72 In der Tat bewirk-te das neue preußische Wohnungsbaugesetz von 1918, das die Trennung von Gewerbe- und Wohngebieten vorschrieb, in vielen neuen, gemeinnützig konzipierten Kleinsiedlungen die Orientierung an das erprobte Garten-vorstadt-Modell im Hinblick auf Gestaltung, Ausstattung und Anlagen.73 Auch wenn die Deutsche Gartenstadt-Gesellschaft die er-folgreiche Entwicklung der Gartenvorstadt begrüßte „denn sie kam einem dringenden Be-dürfnis entgegen und musste für eine weiter ausgreifende Dezentralisierungsbewegung erst wohnungstechnische Vorfragen (das Einfami-lienreihenhaus, Bebauungsplan und Strassen-

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18baufragen) für Deutschland lösen helfen“, verwiesen einzelne Mitglieder, wie Bernhard Kampffmeyer, immer wieder auf die ursprüng-lichen sozialreformerischen Ziele der Gar-tenstadt.74

In den Vereinigten Staaten wurde die Gartenstadt verhältnismäßig spät rezipiert, und die ersten Aufforderungen Gartenstädte zu realisieren kamen von Seiten des housing movement.75 Von Anfang an hoben die ameri-kanischen Planer und Reformer die legis-lativen, wirtschaftlichen und kulturellen Verschiedenheiten zwischen der alten Welt und Amerika hervor, die eine Umsetzung der Gartenstadtidee nur in ihren gestalterischen und wohnreformistischen Aspekten zu ermög-lichen schienen; die bodenrechtliche Frage, als eine eminent politische Fragestellung, wurde gänzlich ausgespart. Die Siedlung Forest Hills Gardens, das erste bauliche Unternehmen der philanthropisch motivier-ten Russell Sage Foundation als Vorzeige-projekt in Bezug auf Architektur, städte-bauliche Gestaltung und gemeinschaftliche Infrastrukturen konzipiert, unterschied sich beträchtlich von den wirtschaftlichen und organisatorischen Grundsätzen der englischen Gartenstadt.76 Von Anfang an war sie als New Yorker Vorort und nicht als eigenständige Stadt angelegt worden. Für den site planer Frederick Law Olmsted Jr. wie für den Ar-chitekten Grosvenor Atterbury bot das Pro-jekt Forest Hills Gardens die Gelegenheit, mit neuen Ideen bezüglich Stadtplanung, öffentlichen Grünanlagen, Wohntypologien und Konstruktionsmethoden zu experimentie-

ren. Beide Planer waren von der englischen Gartenstadt inspiriert – Olmsted hatte sie während seiner Europareise 1908 aus ers-ter Hand kennengelernt – und versahen die Innenhöfe der Wohnhäuser, ein innovativer Zug, mit gemeinschaftlichen Grünanlagen und Gartenparzellen. Forest Hills Gardens war als Geschäftsinvestition gedacht und die hohen Landpreise bewirkten, dass mit ihr keine Arbeiter, sondern eine bürgerliche Schicht angesprochen wurde. Ähnlich ver-hielt es sich 15 Jahre später mit Radburn, die als erste Gartenstadt Amerikas galt. Es handelte sich um das zweite städtebau-liche Projekt der jungen Gruppe Regional Planning Association of America (RPAA), in Kooperation mit Alexander Bing und seinem Immobilienunternehmen City Housing Corpo-ration. Ziel war die Planung einer voll-ständigen Gartenstadt, mit durchgrünter und offener Bebauung, die eine soziokulturelle, ökonomische sowie ethnische Durchmischung fördern und der Idee der community plan-ning entsprechen sollte. Den Impuls gab sicherlich die von der National Conference on City Planning organisierte International Town Planning Conference, die 1925 in New York stattfand und deren Fokus auf Ver-kehrsprobleme und regionaler Planung lag. Britische Gartenstadtpropagandisten wie Ebenezer Howard, Patrick Abercrombie und Raymond Unwin wie auch viele Mitglieder der RPAA nahmen daran teil und hatten bei der Gelegenheit die Möglichkeit eines direkten Austausches.77

Obwohl die Planer und Architekten

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19Clarence Stein und Henry Wright ihre ur-sprüngliche gartenstädtebauliche Konzeption nicht durchsetzen konnten – wegen der hohen Landpreise, der zu kleinen Grundstücke und der ansetzenden wirtschaftlichen Depression –, gingen die städtebaulichen Innovationen als „Radburn idea“ in die Planungsgeschich-te Amerikas ein. Das Hauptcharakteristikum bestand in der scharfen Trennung zwischen Fußgänger und motorisiertem Verkehr sowie der Spezialisierung und Hierarchisierung der Straßennutzung. Ein weiteres Merkmal war die Orientierung der Hauseingänge zum Garten hin und zu den gemeinschaftlichen Grünanla-gen – ein von Raymond Unwin für Hampstead Garden Suburb entwickelter Modus – sowie der Zugang zu den Häusern über Fußgängerwege, denn die befahrbare Straße endete hinter den Häusern in den sogenannten cul-de-sac, den Sackgassen. Diese städtebaulichen Innovatio-nen dienten als Grundlage zur Weiterentwick-lung des Modells für die regional city durch Stein und Wright: Clarence Stein erarbeitete die Idee von Satellitenstädten in lockerer Bebauungsart, die auf regionaler Ebene durch „townless highways“, wie von Benton MacKaye konzipiert, verbunden sein sollten,78 hin-gegen entwarf Henry Wright seine regional city, als eigenständige mittelgroße Stadt, deren Anlage einem geometrischen Raster folgte und die neben den traditionellen Häu-sertypen auch mehrstöckige Wohngebäude vor-sah.79

Nach dem Krieg verschärfte sich auch in Deutschland die Wohnungsfrage im Zuge hef-tiger Debatten über das geeignete Modell

für den Massenwohnungsbau, wobei Themen wie Gartenstadt, Großsiedlung, Genossenschafts-stadt, Flach- und Hochbau, moderne oder traditionelle Gestaltung, englische oder internationale architektonische Vorbilder als Parameter dienten. Im Rahmen des drit-ten CIAM-Kongresses in Brüssel von 1930 zum Thema „Rationelle Bebauungsweise“, der sich mit dem Flach-, Mittel- und Hochbau in Be-zug auf die städtische Bodenfrage befasste, setzte Le Corbusier dem Gartenstadtkonzept, dem er Verschwendung an Zeit, Energie, Geld und Boden vorwarf, eine fundamental konträre städtebauliche Haltung gegenüber. Seine Lö-sungsformel lautete „urbane Konzentration“, ein Ansatz, den er bereits 1922 mit seinem Modell der „Ville contemporaine“ und später mit der Idealstadt, „Ville radieuse“ (1935) theoretisch gefasst hatte.80 Die von der Deutschen Gartenstadt-Gesellschaft gestartete Umfrage „Was ist eine Gross-Siedlung und welche Bedeutung hat sie für den Gartenstadt?“ brachte sehr unterschiedliche Positionen zutage, die sich mit der Definition des Begriffs, in Abgren-zung zu demjenigen der Gartenstadt, ausein-andersetzten; dabei zeichnete sich ab, dass die Gartenstadtprinzipien auch als städte-bauliche gestalterische Richtlinien für die Anlage von Großsiedlungen als Stadterwei-terungsprojekte zu gebrauchen waren.81 In dieser Diskussion plädierte der Architekt und Stadtplaner Martin Wagner für die Ein-haltung der ursprünglichen wirtschaftspo-litischen und sozialen Zielsetzungen der Gartenstadt, die der eigenen Zeit und den

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20wirtschaftlichen Bedingungen entsprechend adaptiert werden sollten. Die eigentliche Aufgabe der Gartenstadtbewegung sah er nicht in der Gründung neuer Städte, sondern pri-mär in Regenerationsprojekten für bestehende Städte. In seiner Schrift Die neue Stadt im neuen Land von 1934 befürwortete er den Bau von Gartenstädten, den „Stadt-Land-Städten“, nach den sozialreformerischen Prinzipien von Howard, aber in Form einer langgestreckten „Band-Stadt“, die besser den neuen wirt-schaftlichen Bedingungen entsprechen würde: „Diese Bandstadt ist nicht ein willkürlich gewähltes System, sondern eine logische und zwangsmässige Folge der Entwicklung der Stadt zu einer vollkommenen Form für den Menschen, für die Maschine und für das Kapi-tal.“82

Bandstädte wurden auch in den in lineare Zonen gegliederten, sozialistischen Stadtentwürfen von Ernst May und Nicolaj Aleksandrovič Miljutin vorgeschlagen.83 Das Konzept ging auf das Projekt der „Ciudad lineal“, der linearen Stadt, des spanischen Ingenieurs Arturo Soria y Mata zurück, das fast zehn Jahre vor Howards und Fritschs Gartenstadtideen für die konkreten urba-nen Probleme von Madrid konzipiert und in der Folge als theoretisches Modell weiter-entwickelt worden war.84 Das fundamentale Ziel der ciudad lineal war die gleichmäßi-ge territoriale Verteilung der städtischen Bevölkerung und der Industrie, im Sinne von „ruralizar la ciudad y urbanizar el campo“.85 Die lineare Stadt, die eine urbane Wohnform einsetzte, entwickelte sich entlang einer

Verkehrsachse, die aus parallel geführten Straßen, Straßenbahnlinien und Infrastruk-turanlagen gebildet wurde. Entlang beider Seiten dieser gradlinigen Verkehrsverbin-dung sollten in parallel verlaufenden Zonen regelmäßige Bauparzellen angelegt werden, in denen sich einerseits Industrieanla-gen, andererseits Wohnhäuser mit Gärten in durchgegrünter lockerer Bebauung befin-den. Das Projekt der ciudad lineal ent-stand ohne Bezug zum Begriff und zur Idee der Gartenstadt und bis zu dem Zeitpunkt, als Letchworth erbaut wurde und internati-onalen Ruhm erlangte, konkurrierte es mit dem Konzept von Howard.86 In seinem Artikel „Garden-City. La cité-jardin“ vergleicht Arturo Soria die beiden städtebaulichen Konzepte und bewertet mit sarkastischem Unterton die Gartenstadt in Bezug auf An-lage, Straßenbreite und Häusertypologie als eine weniger entwickelte Formel.87 Noch im Jahr 1913 pflegte Hilarión González del Castillo, ein Förderer der ciudad lineal-Idee, in seinem öffentlichen Vortrag „Ci-udades jardines y ciudades lineales“, den er am 20. Juni 1913 in Madrid im Rahmen des Congreso de las ciencias hielt, den fei-nen Unterschied zu Gunsten des spanischen Modells zu unterstreichen.88 Auch Charles Gide, der Mitbegründer der französischen Gartenstadtgesellschaft hob 1924 in sei-ner Vorlesung L’habitation hors ville die Vorteile der linearen Stadt hervor.89 Für eine Vermischung der beiden Konzepte sorg-te Georges Benoit-Lévy, der 1919 mit der Gründung seiner Association internationale

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21pour l’aménagement du monde auf die lineare Stadt von Soria y Mata als Planungsmodell zurückgriff.90 Für die Realisierung seines Vorhabens, die Bevölkerung auf internatio-nalem Maßstab zu verteilen, bot die ciudad lineal die Vorteile der Gartenstadt – lo-ckere Bebauungsweise, günstige Wohnhäuser mit Garten, erschwingliche Grundstücksprei-se für alle, soziale Durchmischung, gemein-schaftliche Ausstattung, Naturnähe – ge-paart mit einer Verkehrsinfrastruktur, die für die territoriale Streuung nötig war. Benoit-Lévy unterschlug dabei die wesent-lichen, unterschiedlichen städtebaulichen Implikationen beider Konzepte: Die Garten-stadt von Howard pflegte die Tradition des städtischen Zentrums, die Ciudad lineal hatte kein eigentliches Zentrum mehr und basierte auf der Idee der unendlich fort-setzbaren Verteilung. Benoit-Lévy präsen-tierte von nun an das Projekt der ciudad lineal als spanische Version der Garten-stadt.91

Im Sinne einer radikalen und end-losen (Sub-)Urbanisierung des Territori-ums, die auf der tragenden Funktion der Verkehrsverbindungen basiert, wurde Frank Lloyd Wrights Projekt „Broadacre City“ ebenfalls unter der Kategorie der linearen Stadtplanung eingeordnet, obwohl es sich formal ganz anders gestaltete.92 „Broadac-re City“ präsentierte sich als etwas mehr als nur eine städtebauliche Alternative zur modernen Metropole, wurden damit doch die Grundlagen eines demokratischen und indi-vidualistischen Gesellschaftsmodells skiz-

ziert.93 Dank dem Automobil, den modernen Kommunikationsmitteln wie Radio, Telefon und Telegraf und den maschinellen Produktions-verfahren sah Wright die Möglichkeit, eine konsequent durchdachte Dezentralisierung umzusetzen und eine neue Organisation des Lebens herbeizuführen. Die territoriale Dimension war schon Teil des ursprünglichen Gartenstadtkonzepts von Ebenezer Howard gewesen: er präfigurierte ein neues Siedlungsmodell für das Land, bei dem mehrere Gartenstädte um eine zentrale, größere Stadt gruppiert sein würden, in-nerhalb dessen urbanen Netzwerks ein eigen-ständiges, soziales, wirtschaftliches und kulturelles Leben entstehen könnte. Obwohl die Idee einer Städtekonstellation in dieser Form nicht umgesetzt wurde, war die Rezep-tion des entsprechenden Diagramms sehr gut. In Deutschland kam eine vereinfachte Vari-ante davon in Umlauf, beispielsweise in der Besprechung von Howards Schrift To-Morrow durch Hans Eduard von Berlepsch-Valendàs und inspirierte unterschiedliche Überlegungen zur regionalen und territorialen Planung.94 Insbesondere die während des Nationalsozi-alismus entwickelte Raumordnung wies viele formale und strukturelle Ähnlichkeiten mit der Howardschen Organisation der Städte-gruppe auf. Auch die amerikanische regional planning entwickelte sich auf der Grundlage der Gartenstadtprinzipien und des regional survey, wie es von Patrick Geddes erarbei-tet wurde. Die Dezentralisierungsgedanken, die der Gartenstadt, der ciudad lineal sowie anderen Varianten einer unendlichen, wenn

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22auch kontrollierten Urbanisierung zugrun-delagen, stützten sich auf die Fortschritte der Verkehrsverbindungen und Kommunikations-mittel, sei es die Eisenbahn für die Garten-stadt, die ferrocarril, die Straßenbahn für die lineare Stadt, oder die Schnellbahn für „Broadacre city“. Auch Herbert George Wells Prognose einer zukünftigen globalen Aus-breitung der Städte und vollständigen De-zentralisierung der Wirtschaft basierte auf den technologischen Errungenschaften seiner Zeit; mit einem der Physik entlehnten Wort-schatz schildert Wells die unausweichlichen Folgen der zentripetalen Kräfte der Über-lastung, congestion, und der zentrifugalen Kräfte, die die Stadtbewohner aus den Städ-ten hinaustreiben; diese dispersion werde durch die Entwicklung der Verkehrs- und der Kommunikationsmittel unterstützt. Herbert George Wells betrachtete das Phänomen der Ausbreitung der Städte, der diffusion, ebenso wie die Technisierung der Infrastruktur und des Verkehrs als unver-meidbar und sah für die Zukunft die globa-le Suburbanisierung des Landes vor.95 An der Gartenstadtidee, die die britischen Reformer und Planer als Mittel zur Dezentralisierung einzusetzen gedachten, kritisierte er je-doch die Tatsache, dass sie Industrie- und Wohnanlagen kombinierten, denn für ihn waren diese zwei städtebaulichen Funktionen grund-sätzlich inkompatibel und sollten in ge-trennten Bezirken angesiedelt werden.96 Schon früh wurde an der Gartenstadt Kritik for-muliert, speziell an ihrem hybriden Charak-ter als town-country, als Stadt-Land. Wenn

Karl Ernst Osthaus die Stadt-Landschaft-Beziehung lediglich in ihrem Erscheinungs-bild definierte und dazu eine konventionelle gestalterische Lösung entwarf, in dem die Gartenstadt als „ein geschlossenes Gan-zes, das scharf umrissen in der Landschaft liegt“, vorschlug,97 so warnte Hans Ludwig Sierks 1929 vor der Gefahr eines Kulturver-lustes, der mit dieser ambivalenten Formel einhergehen würde: „Die Gartenstadtidee ist lobenswert, weil sie eine Verbesserung des Wohnens und der sonstigen menschlichen Da-seinsbedingungen anstrebt; falsch, und zwar so falsch wie nur möglich, ist aber der von den Gartenstädtern unter verlegener Nicht-achtung eines natürlichen Entwicklungspro-zesses eingeschlagene Weg zur Erreichung dieses Zieles, der von der Großstadt fort, zur Kleinstadt führt.“98 Zur gleichen Zeit etwa, im Jahr 1932, kritisierte der Stadt-planer Thomas Sharp wiederholt die Idee der Gartenstadt und beanstandete die städte-baulichen Prinzipien und die hygienische Maßnahmen als „anachronisms“.99 Vor allem aber vertrat er vehement seine Überzeugun-gen bezüglich der Notwendigkeit der Land-schaftserhaltung, wobei nicht nur Fragen der Versorgung von Bedeutung waren, sondern auch die Vorstellung, dass Natur eine we-sentliche Rolle für die Zivilisation spie-le. Wenn Horace William Shaler Cleveland im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts die Hoffnung formulierte, dass die koordinier-te Aktion der Landschaftsarchitektur und des Städtebaus die Urbanisierung des Lan-des in geordnete und kontrollierte Bahnen

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23lenken und dadurch die Natur als Umwelt und Ressource erhalten könne, so drückte Tho-mas Sharp 1940 eine viel pessimistischere Meinung aus, indem er die von Howard vor-geschlagene town-country als ein „Neither-Town-Nor-Country“ bezeichnete, die zur Ent-stehung der Suburbia führe. Diese schätzte er als sozial steril, verschwenderisch und unökonomisch ein: „Suburbia is essentially selfish and anti-social in this respect, as in some others. [...] Suburbia is not a utility that can promote any proper measure of human happiness and fulfilment.“100

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1 Vgl. Peter Hall, Dennis Hardy und Collin Ward, „Commentators’ Introduction“, in: Ebe-nezer Howard, To-Morrow. A Peaceful Path to Real Reform, Faksimile-Ausgabe, kommentiert von dies., London: Routledge, 2003, S. 1-8, S. 1.2 Vgl. Patrick Abercrombie, „A Comparative Review of Examples of Modern Town-Planning and Garden City Schemes in England“, in: Town Planning Review, Bd. 1, Nr. 1, Apr. 1910, S. 18-38 und Nr. 2, Juli 1910, S. 111-128; William Ashworth, The Genesis of Modern British Town Planning. A Study in Economic and Social History of the Nineteenth and Twentieth Centuries, London: Routledge & Ke-gan Paul, 1954 und Anthony Sutcliffe, „From Town-Country to Town Planning. Changing Pri-orities in the British Garden City Movement, 1899-1914“, in: Planning Perspectives, Bd. 5, Nr. 3, 1990, S. 257-269.3 1941 vollzog die Gesellschaft eine wei-tere Namensänderung und nannte sich fort-an Town and Country Planning Association. Zur Chronik der Gartenstadtbewegung und den Tätigkeiten der Garden City Associati-on vgl. Dennis Hardy, From Garden Cities to New Towns. Campaigning for Town and Country Planning, 1899-1946, London: E & FN Spon, 1991. Das ursprünglich 1899 formulierte Ziel – „To promote the discussion of the project suggested by Mr. Ebenezer Howard in To-Mor-row, and ultimately to formulate a practical scheme on the lines of that project, with such modifications as may appear desirable“ – wurde bereits 1902 durch die Bestrebungen zur Dezentralisierung ergänzt: „The exodus

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24of the people from the country and the con-sequent overcrowding in the towns, with its attendant physical and moral evils, occup-ies the attention of all who are interested in social welfare. This Association has been formed to give practical effect to a sche-me which attempts to deal with the question of ‚How to get the people back to the land?‘ The idea is to bring the town to the country by the establishment of Industrial Centres in rural districts.“ 1909 wurden die Priori-täten anders gewichtet: „(a) To promote Town Planning. (b) To advise on, draw up schemes for, and establish Garden Cities, Garden Su-burbs, and Garden Villages. (c) Housing and the improvement of its sanitation. (d) The collection and publication of information as to the above. (e) The education of public opinion by lantern lectures, cheap litera-ture, conferences, etc. (f) The influencing and promotion of legislation. (g) The impro-vement of local by-laws.“ (Ewart Gladstone Culpin, The Garden City Movement Up-to-Date, London: The Garden Cities and Town Planning Association, 1912, S. 13-17).4 Dazu vgl. Mervyn Miller, „Garden City In-fluence on the Evolution of Housing Policy“, in: Local Government Studies Housing, Bd. 5, Nr. 6, Nov.-Dez. 1979, S. 5-22 und John Nelson Tarn, „Housing Reform and the Emer-gence of Town Planning in Britain before 1914“, in: The Rise of Modern Urban Planning 1800-1914. Planning and the Environment in the Modern World. Bd. 1 (Studies in Histo-ry, Planning and the Environment), hrsg. von Anthony Sutcliffe, London: Mansell, 1980, S.

71-97.5 So beschrieb 1910 der englische Stadtpla-ner und Herausgeber der im gleichen Jahr gegründeten Town Planning Review, Patrick Abercrombie, die Rolle der Organisatio-nen, die bei der Durchsetzung der engli-schen Gesetzgebung aus der Reformbewegung hervorgegangen waren: „At the present day there are three principal organisations which are carrying on the propaganda of town planning, and which have been largely responsible for the new Housing and Town-Planning Act. These are the Garden City and Town Planning Association, the National Housing and Town planning Council, and the Co-partnership Tenants Housing Council.“ (Abercrombie 1910 (wie Anm. 2), S. 20). Zur Société des habitations à bon marché vgl. Susanna Magri, „Du logement monofamilial à la cité-jardin. Les agents de la transfor-mation du projet réformateur sur l’habitat populaire en France, 1900-1909“, in: Le Mu-sée social en son temps, hrsg. von Colette Chambelland, Paris: Presses de l’Ecole nor-male supérieure, 1998, S. 175-220; dies., „Le Musée social, Georges Benoit-Lévy et les cités-jardins, 1900-1909“, in: Cités-jardins. Genèse et actualité d’une utopie, hrsg. von Ginette Baty-Tornikian und Ami-na Sellali, Beitr. von Stephen Chambers et al., Paris: Ipraus, Editions Recherches, 2001, S. 83-92 und Janet R. Horne, A Soci-al Laboratory for Modern France. The Mu-sée Social & the Rise of the Welfare Sta-te, Durham, London: Duke University Press, 2002. Zu den case popolari und Alessand-

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25ro Schiavi vgl. Ezio Bonfanti und Massimo Scolari, La vicenda urbanistica e edili-zia dell’Istituto case popolari di Milano. Dagli esordi alla seconda guerra mondiale, hrsg. von Luca Scachetti, 2. Aufl., Mailand: Clup, Istituto autonomo case popolari di Milano e provincia, 1982 und Guido Zucconi, La città contesa. Dagli ingegneri sanitari agli urbanisti (1885-1942), Mailand: Jaca Book, 1989, bes. S. 69-92.6 Vgl. Ute Peltz-Dreckmann, Nationalsozi-alistischer Siedlungsbau. Versuch einer Analyse der die Siedlungspolitik bestim-menden Faktoren am Beispiel des National-sozialismus, München: Minerva, 1978, S. 43-51 und Marcus Termeer, „Gartenstadt als Disziplinar-Raum. Zur politischen Wirk-macht von ‚Heimatschutz‘-Siedlungen“, in: Ernst Seidl (Hrsg.), Politische Raumtypen. Zur Wirkungsmacht öffentlicher Bau- und Raumstrukturen im 20. Jahrhundert (Kunst und Politik. Jahrbuch der Guernica-Gesell-schaft, 11), Göttingen: V&R Unipress, 2009, S. 71-86.7 Über den Autor und die Entstehung des Buches existiert eine umfangreiche Litera-tur, an dieser Stelle sollen nur die wich-tigsten und aktuellsten genannt werden. Vgl. Dugald Macfyden, Sir Ebenezer Howard and the Town Planning Movement, Manchester: Manchester University Press, 1930; Robert Fischman, Urban Utopias in the Twentieth Century. E. Howard, F. L. Wright, Le Cor-busier, New York: Basic Books, 1977; Ro-bert Beevers, The Garden City Utopia. A Critical Biography of Ebenezer Howard, New

York: St. Martin’s Press, 1988; Stanley Bu-der, Visionaries and Planners. The Garden City Movement and the Modern Community, New York, Oxford: Oxford University Press, 1990; Stephen V. Ward, „Ebenezer Howard. His Life and Times“, in: Kermit C. Parsons und David Schuler (Hrsg.), From Garden City to Green City. The Legacy of Ebenezer Howard, Bal-timore: The John Hopkins University Press, 2002, S. 14-37 und Dennis Hardy, „Mr. Howard and the Garden City. A Plain Man’s Guide to the Future“, in: Christian Hermansen Cordua (Hrsg.), Manifestoes and Transformations of the Early Modernist City, Farnham: Ashgate, 2010, S. 137-147.8 Zur Industrialisierung der Großstädte und der damit zusammenhängenden Wohnungsfrage vgl. Eliana Perotti, „Kritik der industria-lisierten Stadt. Themen, Analysen, Interven-tionen“, in: Bd. I.2, S. 687-702 und dies., „Politisierung des Städtebaudiskurses. Woh-nungsfrage und Arbeiterstadt“, in: Bd. I.2, S. 809-821.9 Vgl. dazu Katia Frey, „Der grüne Ring um die Stadt. Vorläuferkonzepte des ‚greenbelt‘ und Gedanken zu den Grünanlagen in den Städ-tebau- und Stadterweiterungstheorien des 19. Jahrhunderts“, in: Vittorio Magnago Lampug-nani, Katia Frey und Eliana Perotti (Hrsg.), Stadt & Text. Zur Ideengeschichte des Städ-tebaus im Spiegel theoretischer Schriften seit dem 18. Jahrhundert, Berlin: Gebr. Mann, 2010, S. 80-98.10 Howard 1898 (in diesem Band S. XX), S. 102-103.11 In seinem bekannten Buch Principles of

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26Economics zeigte Marshall für England einen Weg auf, mittels der Urbanisierung unbebau-ter Territorien die überfüllten Städte zu entlasten. Vgl. Alfred Marshall, Principles of Economics, London: Macmillan, 1890.12 Die Artikelserie von Pjotr A. Kropotkin erschien später in Buchform unter dem Titel Fields, Factories, and Workshops, London: Hutchinson; Boston: Houghton, Mifflin & Co., 1899.13 Vgl. Alfred Russell Wallace, Land Nationa-lisation. Its Necessity and Its Aims, Lon-don: Swan Sonnenschein & Co., 1892. Tho-mas Spence hielt seine Ansprache, „The Real Rights of Man“ schon 1775, aber erst 1792 wurde diese in London publiziert. Henry May-ers Hyndman veröffentlichte sie erneut unter dem Titel The Nationalisation of the Land in 1775 and 1882. Being a Lecture delivered at Newcastle/Tyne by Thomas Spence 1775, Lon-don: E.W. Allen, 1882. Vgl. dazu Frederick H. A. Aalen, „English Origins“, in: The Gar-den City. Past, Present and Future (Studies in History, Planning and the Environment, 15), hrsg. von Stephen V. Ward, London: E & FN Spon, 1992, S. 28-51.14 In seinem Hauptwerk setzte sich Henry George für die gemeinschaftliche staatliche Aneignung von Land und für die Einführung einer Einheitssteuer ein; dazu hatte er aus dem landlordism die Idee des städtischen Bo-denwerts abgeleitet und betrachtete die Bo-denfrage in Hinblick auf die städtebaulichen Aspekte des Wohnens, der Überbevölkerung und der Miete und verdeutlichte den Einfluss, den die Bodenrente auf die Kosten der urbanen

Lebens – Wohnen, Essen und Löhne – ausüb-te. Vgl. Henry George, Progress and Pover-ty. An Inquiry into the Cause of Industrial Depressions and of Increase of Want with Increase of Wealth. The Remedy, San Fran-cisco: [Autor], 1879.15 Siehe Buckingham 1849, Bd. I.1, S. 647-658; Pemberton 1854, Bd. I.1, S. 668-676 und Richardson 1875, Bd. I.2, S. 793-803.16 Vgl. dazu Eliana Perotti, „Gesellschafts-visionen und die Neudefinition der Stadt“, in: Bd. I.1, S. 551-564.17 Vgl. Ebenezer Howard, „The Originator of the Garden City Idea“, in: Garden Cities & Town-Planning, Bd. 16, Nr. 6, Juli 1926, S. 132-134 und Edward Bellamy, Looking Back-ward. 2000-1887, Boston: Ticknor, 1888. Zu Bellamys städtebaulicher Vision vgl. Peter Batchelor, „The Origin of the Garden City Concept of Urban Form“, in: The Journal of the Society of Architectural Histori-ans, Bd. 28, Nr. 3, Okt. 1969, S. 184-200; John R. Mullin, „Edward Bellamy’s Ambiva-lence. Can Utopia Be Urban?“, in: Journal of Utopian Studies, Bd. 11, Nr. 1, Jan. 2000, S. 51-65 und John R. Mullin und Ken-neth Payne, „Thoughts on Edward Bellamy as City Planner. The Ordered Art of Geomet-ry“, in: Landscape Architecture & Regional Planning Faculty Publication Series, Pa-per 34, Internetpublikation der Universi-ty of Massachusetts Amherst, 1997. http://scholarworks.umass.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=1033&context=larp_faculty_pubs18 Zu Port Sunlight und Bournville vgl. Charles Dellheim, „Utopia Ltd. Bournvil-

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le and Port Sunlight“, in: Cities, Class and Communication. Essays in Honour of Asa Briggs, hrsg. von Derek Fraser, Hemel Hamp-stead: Harvester Wheatsheaf, 1990, S. 44-57; Walter L. Creese, The Search for Envi-ronment. The Garden City. Before and After, erweiterte Ausg., Baltimore, London: The Johns Hopkins University Press, 1992, bes. S. 108-143 und Standish Meacham, Regaining Paradise. Englishness and the Early Garden City Movement, New Haven: Yale University Press, 1999, bes. S. 11-43. Zu Bedford Park vgl. Margaret Jones Bolsterli, The Early Community at Bedford Park. „Corporate Hap-piness“ in the First Garden Suburb, London, Henley: Routledge & Kegan Paul, 1977.19 Peter Hall und Colin Ward, Sociable Ci-ties. The Legacy of Ebenezer Howard, Chi-chester, New York: John Wiley & Sons, 1998, S. 14. 20 Vgl. Beevers 1988 (wie Anm. 7), S. 7.21 Siehe Osthaus 1912, S. 3, in diesem Band S. XX.22 Ebenezer Howard, Garden Cities of To-mor-row, London: Swan Sonnenschein & Co., Ltd., 1902. Das Buch erlebte viele neue Ausga-ben, davon ist die Edition von 1946, wel-che in London bei Faber and Faber erschien, von besonderem Interesse, wegen des rück-blickenden und persönlichen Vorworts sei-nes langjährigen Weggefährten Sir Frederic James Osborn und dem einführenden Aufsatz von Lewis Mumford. Die neuste, kommentier-te Ausgabe präsentiert den Originaltext von Howard mit einem dichten Zusatz an Informa-tionen. Vgl. Ebenezer Howard, To-Morrow. A

Peaceful Path to Real Reform. Original Edi-tion with Commentary by Peter Hall, Dennis Hardy und Collin Ward, London: Routledge, 2003.23 Zu den gestalterischen Aspekten der histo-rischen Idealstädte vgl. Katia Frey, „Ide-ale Stadtkonzepte. Permanenz und Wandel der Vorbilder, Motive und Ideen“, in: Anthologie zum Städtebau, Bd. I.1, S. 7-21.24 Als formales Vorbild für diesen Arkaden-gang könnte der Plan der Happy Colony von Pemberton gedient haben. Siehe Pemberton 1854 (wie Anm. 15).25 Siehe Bd. I.2, S. 793-804.26 Vgl. Buder 1990 (wie Anm. 7), S. 58.27 Die Idee einer auf den Prinzipen der Ge-nossenschaft basierenden, wirtschaftlichen und administrativen Organisation der Stadt, wie sie Howard vorschwebte, wurde in den Vereinigten Staaten verschiedentlich expe-rimentiert, der aktuellste Versuch, von dem Howard Kenntnis genommen haben musste, war das Projekt für Topolobampo, eine vom Eisen-bahnunternehmer Albert Kimsey Owen zusam-men mit dem Architekten John Deery und der Publizistin Marie Stevens Howland entwickel-te Kolonie in Mexiko auf der Grundlage eines kommunitaristischen Lebensmodells und mit entsprechenden Wohntypologien. Owen erläu-tert die finanziellen Überlegungen und Vor-gehen in seinem Buch Integral Co-operation. Its Practical Application, New York: John Lovell, 1885, das in Amerika und Großbritan-nien eine breite Rezeption erfuhr.28 Ebenezer Howard, „Co-operative House-keeping“, in: Daily Mail, Nr. 2042, Samstag

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18. Aug. 1906, S. 7 und ders., „Letchworth Co-operative Houses“, in: The Garden City, N.S., Bd. 2, Nr. 20, Okt. 1907, S. 436-438.29 Die Entscheidung, das Diagramm der soci-al cities durch einen Plan der australischen Stadt Adelaide zu ersetzen, lag wahrschein-lich an der Meinung Howards, dass Adelaide das Prinzip der Gartenstadt und der Städte-gruppe exemplarisch darstellte.30 Dazu vgl. Joachim Schlör, Das Ich der Stadt. Debatten über Judentum und Urbanität 1822-1938, Göttingen: Vandenhoeck & Rup-recht, 2005.31 Zu Fritsch vgl. Dirk Schubert, „Theodor Fritsch und die völkische Version der Gar-tenstadt“, in: Bauwelt (Stadtbauwelt 73, mit Beiträgen zur Neuordnung von Stadt und Land), Bd. 12, 26. März 1982, S. 463-468 und ders., Die Gartenstadtidee zwischen reakti-onärer Ideologie und pragmatischer Umset-zung. Theodor Fritschs völkische Version der Gartenstadt (Blaue Reihe. Dortmunder Beiträ-ge zur Raumplanung, 117), Dortmund: Institut für Raumplanung IRPUD, 2004.32 Vgl. dazu Schubert 2004 (wie Anm. 31), S. 9-13.33 „Die Geschichte der Gartenstadt-Bestrebun-gen, soweit sie einen fest umgrenzten Cha-rakter haben, beginnt mit Theodor Fischers ‚Die Stadt der Zukunft‘, Leipzig 1895, und dem Begleitschreiben ‚Die neue Gemeinde‘.“ (Abendroth 1905 (in diesem Band S. XX), S. 25.)34 Karl von Mangoldt, „Ziele und Aussichten der Gartenstadtbewegung“, in: Am Born der Gemeinnützigkeit. Festgabe zum 80. Geburts-

tage des Herrn Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. jur. Victor Böhmert, Dresden: Böhmert, 1909, S. 212-233, Zit. S. 216.35 Vgl. Bruinwold Riedel 1906 (in diesem Band S. XX), S. 66. Vgl. dazu Joachimus Pieter Fockema Andreae, „The Garden City Idea in the Netherlands before 1930“, in: Stedebouw en volkshuisvesting, Jg. 44, Nr. 5, Mai 1963, S. 95-107 und Franziska Bol-lerey, „Der holländische Weg. Die Adaption des Gartenstadtgedankens in den Niederlan-den“, in: dies., Gerhard Fehl und Kristia-na Hartmann (Hrsg.), Im Grünen wohnen, im Blauen planen. Ein Lesebuch zur Gartenstadt mit Beiträgen und Zeitdokumenten, Hamburg: Christians, 1990, S. 410-439.36 Paul Kampffmeyer, Die Baugenossenschaften im Rahmen eines nationalen Wohnungsreform-planes (Die Wohnungsfrage und das Reich, hrsg. vom Verein Reichs-Wohnungsgesetz, 3), Göttingen: Vandenhoed & Ruprecht, 1900 und Bernhard Kampffmeyer, „Englische und deut-sche Baugenossenschaften“, in: Aus engli-schen Gartenstädten. Beobachtungen u. Er-gebnisse einer sozialen Studienreise, hrsg. von der Deutschen Gartenstadt-Gesellschaft, Berlin-Grünewald: Renaissance-Verlag Robert Federn, 1910, S. 80-84.37 Vgl. dazu Wolfgang Voigt, „The Gar-den City as Eugenic Utopia“, in: Planning Perspectives, Nr. 4, 1989, S. 295-312 und Gerhard Fehl, „The Nazi Garden City“, in: The Garden City. Past, Present and Future (Studies in History, Planning and the En-vironment, 15), hrsg. von Stephen V. Ward, London: E & FN Spon, 1992, S. 88-106.

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38 Vgl. Mervyn Miller, „Garden Cities and Suburbs. At Home and abroad“, in: Journal of Planning History, Bd.1, Nr. 1, 2002, S. 6-28. .Zur Verbreitung der Gartenstadtidee in den britischen Kolonien vgl. Robert K. Home, „Town Planning and Garden Cities in the British Colonial Empire 1910-1940“, in: Planning Perspectives, Bd. 5, 1990, S. 23-37 und Errol John Haarhoff, „Modernisati-on in the Colonies. The Garden City Move-ment in New Zealand”, in: Robert Freestone (Hrsg.), The Twentieth Century Urban Pl-anning Experience. Proceedings of the 8th International Planning Society Conference and 4th Australian Planning/Urban History Conference University of New South Wales, Sydney, 15.-18. Juli 1998, Sydney: Facul-ty of the Built Environment, The University of New South Wales, 1998, S. 312-317. Zur Rezeption im Ausland vgl. Buder 1990 (wie Anm. 7), S. 139 und Franziska Bollerey, „Der Einfluss von Howards Gartenstadtkonzept auf Frankreich, Belgien und die Niederlan-de“, in: Ezelsoren, Bd. 3, Nr. 1, 2010, S. 59-86 und dies., „Die Adaption des Howard-schen Gartenstadtmodells in Frankreich, Belgien und den Niederlanden“, in: Garten-stadt. Geschichte und Zukunftsfähigkeit einer Idee, hrsg. von Thomas Will und Ralph Lindner, unter Mitarbeit von Susanne Jae-ger, Gunther Wölfle und Manuel Frey, Dres-den: Thelem, 2012, S. 160-179.39 Vgl. Bernhard Kampffmeyer, Die Ver-mählung von Stadt und Land. Ein soziales Experiment. Die englische Gartenstadtbewe-gung (Flugschrift, 2), Berlin: Verlag der

Gartenstadt-Gesellschaft, 1903; Hans Edu-ard von Berlepsch-Valendàs, „Städtegruppen. Rezension von Howards Buch“, in: Hohe Warte. Gartenstadt Beilage, Jg. 1906-1907, S. 116-120 und ders., Die Gartenstadtbewegung in England, ihre Entwickelung und ihr jetziger Stand, München, Berlin: R. Oldenbourg, 1911.40 Vgl. Eduard Bernstein, „Neue Vorschläge der Reform der Volkswohnungen in England“, in: Die neue Zeit. Revue des geistigen und öffentlichen Lebens, Jg. 18, Bd.1, Nr. 17, 1900, S. 524-532.41 Siehe Hans Kampffmeyer, „Gartenstädte“, in: Der Kunstwart. Rundschau über alle Ge-biete des Schönen. Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben, Nr. 16, 2. Mai 1904, S. 152-155; ders, „Die Gartenstadt in ih-rer kulturellen und wirtschaftlichen Bedeu-tung“, in: Hohe Warte. Gartenstadt-Nummer, Jg. 3, 1906, S. 105-120; ders., „Welche Aufgaben erwarten uns in Deutschland?“, in: Aus englischen Gartenstädten 1910 (wie Anm. 36), S. 105-108; ders., „Die Bedeutung der wirtschaftlichen und sozialen Grundlagen der Gartenstadt für den Städtebau“, in: Bauord-nung und Bebauungsplan. Ihre Bedeutung für die Gartenstadt Bewegung. Vorträge, gehal-ten auf der Jahresversammlung der Deutschen Gartenstadt-Gesellschaft 1911, hrsg. von der Deutschen Garten-Gesellschaft, Berlin, Leipzig: Deutsche Gartenbaugesellschaft, 1911, S. 41-44 und ders., „Kap. 1. Dezent-ralisierung des Wohnungs- und Siedlungswe-sens. 1. Die Gartenstadtbewegung“, in: Die Wohnungs- und Siedlungsfrage nach dem Krieg. Ein Programm des Kleinwohnungs- und Sied-

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lungswesens, unter Mitarbeit zahlreicher Fachmänner, hrsg. von Carl Johannes Fuchs, Stuttgart: Wilhelm Meyer-Jilchen, 1918, S. 331-349.42 Bernhard Kampffmeyer, „Zur Gartenstadtbe-wegung“, in: Sozialistische Monatshefte, Nr. 11, 1905, S. 958-966, Zit. S. 965.43 Vgl. Thomas Krückemeyer, Gartenstadt als Reformmodell. Siedlungskonzeption zwischen Utopie und Wirklichkeit, Siegen: Carl Bö-schen, 1997.44 Vgl. Julius Faucher, „Die Bewegung für Wohnungsreform“, in: Vierteljahresschrift für Volkswirthschaft und Kulturgeschichte, Jg. 3, Bd. 4, 1865, S. 127-199, Zit. S. 182. Zu Faucher und seinem Wohnungsreformkonzept vgl. Gerhard Fehl, „Berlin wird Weltstadt. Wohnungsnot und Villenkolonien. Eine Be-gegnung mit Julius Faucher, seinem Filter-Modell und seiner Wohnungsreform-Bewegung um 1866“, in: Städtebaureform 1865-1900. Teil 1. Von Licht, Luft und Ordnung in der Stadt der Gründerzeit. Allgemeine Beiträge und Bebauungsplanung (Stadt. Planung. Geschich-te, 5.1), hrsg. von Juan Rodriguez-Lores und Gerhard Fehl, Hamburg: Hans Christians, 1985, S. 101-152.45 Hermann Muthesius, Das englische Haus. Entwicklung, Bedingungen, Anlage, Aufbau, Einrichtung und Innenraum, 3 Bde, Berlin: Ernst Wasmuth, 1904-1905.46 Vgl. auch Mervyn Miller, „Der rationel-le Enthusiast. Raymond Unwin als ein Bewun-derer deutschen Städtebaus“, in: Bauwelt. Stadtbauwelt 75, Jg. 73. 24. Sept. 1982, S. 1513-1529 und Mervyn Miller, Raymond Unwin.

Garden Cities and Town Planning, Leices-ter, London, New York: Leicester University Press, 1992.47 Vgl. Franziska Bollerey, Gerhard Fehl und Kristiana Hartmann, „Der deutsche Weg der Gartenstadt“, in: dies. 1990 (wie Anm. 35), bes. 69-71.48 Vgl. ebd., S. 34.49 Zu Unwin vgl. Walter L. Creese, The Le-gacy of Raymond Unwin. A Human Pattern for Planning, Cambridge, London: The MIT Press, 1967 und Frank Jackson, Sir Raymond Unwin. Architect, Planner and Visionary, London: A. Zwemmer, 1985.50 Vgl. Raymond Unwin, „Some Thoughts on the Development of London“, in: London of the Future, hrsg. von der London Society, Lon-don: T. Fischer Unwin, [1921], S. 175-192.51 Zu Charles Gide vgl. Marc Penin, Charles Gide 1847-1932. L’esprit critique, Paris: L’harmattan, 1997.52 Zu Benoit-Lévy vgl. Mayalène Guelton, „De la cité-jardin à la cité linéaire. Geor-ges Benoit-Lévy. Parcours d’un propagan-diste idéaliste (1903-1939)“, in: Fabrica, Nr. 3, 2009, S. 11-40 und dies., „La cité-jardin et la cité linéaire chez Georges Benoit-Lévy (1880-1971). De la décongestion à la disparition de la grande ville“, in: Urbaphobie ou la détestation de la ville aux XIXe et XXe siècles, hrsg. von Arnaud Baubérot und Florence Bourillon, Pompignac: Editions Bière, 2009, S. 319-332.53 Vgl. Georges Benoit-Lévy, „‚Garden-Cities of To-Morrow‘ ou l’habitation de l’avenir“, in: Bulletin de la Société française des

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habitations à bon marché, Nr. 3, 1903, S. 353-159.54 Vgl. Maurice Dufourmantelle, „La réforme de l’habitation populaire par les cités-jardins“, in: Revue économique internatio-nale, Jg. 7, Bd. 3, Sept. 1910, S. 434-462.55 Georges Benoit-Lévy, „Rapport présenté au nom de l’Association des cités-jardins de France“, in: Actes du 7e congrès inter-national des habitations à bon marché tenu à Liège, du 7 au 19 août 1905, Lüttich: M. Thone, 1906, S. 3-14, Zit. S. 5.56 Frederic Law Olmsted, „Through American Spectacles. An Expert’s View of English ‚Garden City‘ Schemes“, in: Garden Cities and Town Planning, N.S., Bd. 4, Nr. 33, Mai 1909, S. 198-200, Zit. S. 200.57 Vgl. Hans Eduard von Berlepsch-Valen-dàs, „Englische Arbeiterdörfer. 2. Port Sunlight“, in: Kunst und Kunsthandwerk, Jg. 10, 1907, S. 352-378, Zit. S. 353 und ders., „Englische Arbeiterdörfer. 1. Bourn-ville“, in: Kunst und Kunsthandwerk, Jg. 10, 1907, S. 185-228.58 Vgl. Benoit-Lévy 1904, S. 6-7 (in diesem Band S. XX).59 Vgl. Georges Benoit-Lévy, Cités-jardins d’Amérique (Bibliothèque du Musée social), mit einem Vorwort von Emile Cheysson Paris: Henri Jouve, 1905.60 Vgl. Georges Benoit-Lévy, La cité-jardin. 1. Garden-City, Paris: Editions des cités-jardins de France, 1911; ders., La cité-jardin. 2. Villages-jardins et banlieues-jardins, Paris: Editions des cités-jardins de France, 1911 und ders., La cité-jardin.

3. Art et coopération dans les cités-jar-dins, Paris: Editions des cités-jardins de France, 1911.61 Vgl. Franziska Bollerey, „Der holländische Weg. Die Adaption des Gartenstadtgedankens in den Niederlanden“, in: Bollerey, Fehl, Hartmann 1990 (wie Anm. 38), S. 410-439.62 Vgl. Gerrit Feenstra, Tuinsteden. En Volkshuisvesting in Nederland en Buitenland, Amsterdam: Van Mantgem & De Does, 1920 und Marinus Jan Granpré Molière, „Een Rongang in het eerste Rotterdamsche Tuindorp“, in: Tijdschrift voor volkshuisvesting, Jg. 2, Nr. 5, 15. Mai 1921, S. 89-96; Jg. 2, Nr. 6, 15. Juni 1921, S. 158-166. Vgl. zudem Focke-ma 1963 (wie Anm. 35); Laurent Hubert Joseph Angenot und W. J. Bruyn, „The Garden City Idea in the Netherlands Since 1930“, in: Stedebouw en Volkshuisvesting, Jg. 44, Nr. 5, Mai 1963, S. 108-116 und Bollerey 1990 (wie Anm. 38).63 Zu Letchworth vgl. Charles Benjamin Pur-dom, The Letchworth Achievement, London: Dent, 1963 und Mervyn Miller, Letchworth, the First Garden City, Chichester: Philli-more, 1989. Zu Welwyn vgl. Roger Filler, The History of Welwyn Garden City, Chichester: Phillimore, 1986 und Maurice de Soissons, Welwyn Garden City. A Town Designed for Health Living, Vorwort von David Hall, Cam-bridge: Publications for Companies, 1988.64 Vgl. Hans Eduard von Berlepsch-Valendàs, „Hampstead. Eine Studie über Städtebau in England“, in: Kunst und Kunsthandwerk, Jg. 12, 1909, S. 241-284; Kathleen M. Slack, Henrietta’s Dream. A Chronicle of Hampstead

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Garden Suburb 1905-1982, London: Hampstead Garden Suburb Trust, 1982.65 Dazu vgl. Ewart Gladstone Culpin, „The Growth of the Garden Suburb Idea“, in: Gar-den Suburbs. Town Planning and Modern Ar-chitecture, mit Beitr. von M. H. Baillie Scott, S. D. Adshead, P. W. Wilson et al., London, Leipzig: T. Fischer Unwin, 1910, S. 127-130.66 „In 1906 the increasing activities of the Association and the growth of that part re-lating to the establishment of Garden Su-burbs resulted in a further definition of its work, and the Objects then appeared as follows : (I) The building of new towns in country districts on well-thought-out prin-ciples, such as the Garden City at Letch-worth, designed from the outset to secure the healthful and adequate housing of its whole population, so that the land shall never become overcrowded with houses, and the town, when built, shall be permanently surrounded by a wide belt of agricultural and park lands. (II) The creation of Garden Suburbs, such as the Hampstead Garden Sub-urb, on similar principles for the immediate relief of existing towns.(III) The building of Garden Villages, as exemplified by Port Sunlight and Bournvil-le, for properly housing the working clas-ses near their work. (IV) The acquisition of open spaces, and the improvement of existing towns and villages on Garden City princip-les. (V) The removal of factories from con-gested areas to country districts. (VI) The provision of small holdings in proximity to

towns, together with measures for the dis-posal of agricultural produce to the advan-tage of the home producer and consumer.“ (Culpin 1912 (wie Anm. 3), S. 16-17)67 Vgl. Charles Benjamin Purdom, The Gar-den City After the War. A Discussion of the Position of the Garden City at Letchworth, and a Proposal for a National Housing Poli-cy, London: beim Autor, 1917 und New Towns-men [Frederic James Osborn], New Towns Af-ter the War, London: J. M. Dent and Sons, 1918.68 Vgl. Maurice Dufourmantelle, „Les cités-jardins, leur portée sociale, leur carac-tère, leur organisation“, in: La question de la reconstruction des villes et villages détruits par la guerre. Rapports présentés par MM. G. Risler, J. Dépinay et M. Du-fourmantelle et discussion, Paris: Socié-té française des habitations à bon marché, 1916, S. 77-119.69 Zu Henri Sellier vgl. Katherine Burlen (Hrsg.), La Banlieue oasis. Henri Sellier et les cités-jardins, 1900-1940, mit Bei-tr. von Bernard Barraqué et al., Saint-Denis: Presses Universitaires de Vincennes, 1987 und Roger-Henri Guerrand und Christi-ne Moissinac, Henri Sellier, urbaniste et réformateur social, Paris: La Découverte, 2005.70 Zu Buffoli und Milanino vgl. Schiavi 1911 (in diesem Band S. XX), S. 267-272; Maurizio Boriani und Susanna Bortolotto, Origini e sviluppo di una città giardi-no. L’esperienza del ‚Milanino‘, Mailand: Guerini e Associati, 1991; Constanza Rogge-

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ro, „Cités-jardins en Italie“, in: Cités, cités-jardins. Une histoire européenne, hrsg. von Paulette Girard und Bruno Fayol-le Lussac, Talence: Maison des sciences de l’homme d’Aquitaine, 1996, S. 207-220 und Cristina Rovetti, „Lo sviluppo dell’idea di città giardino nella cultura urbanistica italiana, 1890-1922“, in: Le culture della tecnica. Nuova serie, Nr. 11, 1999. http://www.amma.it/italiano/servizi/archivio/cul-ture-tecnica-11/nt-frameset.htm71 Vgl. Schiavi 1911 (in diesem Band S. XX), S. 208-267. Dazu vgl. Ornella Selvafol-ta, „Temi e luoghi della città-giardino in Italia“, in: Ciudades, Nr. 6, 2000-2001, S. 75-97.72 Vgl. Bernhard Kampffmeyer, „Gartenstadt, Gartenvorstadt, Gartendorf“, in: Aus engli-schen Gartenstädten 1910 (wie Anm. 36), S. 96-101 sowie Osthaus 1912, S. 33, in diesem Band S. XX.73 Vgl. Bollerey, Fehl, Hartmann 1990 (wie Anm. 38), S. 69-71.74 Vgl. B.[ernhard] Kampffmeyer, Von der Gartenvorstadt zur Gartenstadt. Vortrag gehalten auf der 15. Generalversammlung der D.G.-G. zu Berlin, am 19. Januar 1918, Berlin-Grünau: Deutsche Gartenstadt-Gesell-schaft, 1919, S. 5.75 Erste Berichte wurden in der Fachpres-se in Zusammenhang mit der Bebauung von Letchworth publiziert, siehe u.a. William H. Tolman, „A Garden City in England“, in: The American Monthly Review of Reviews, Bd. 29, Nr. 171, Apr. 1904, S. 436-489; Gustav Stickley, „Rapid Growth of the Garden City

Movement, Which Promises to Reorganize Soci-al Conditions All Over the World“, in: The Craftsman, an Illustrated Monthly Magazine in the Interest of Better Art, Better Work, and a Better and More Reasonable Way of Li-ving, Bd. 17, Nr. 3, Dez. 1909, S. 296-310; William Bailie, „Town Planning and Garden Cities“, in: 1915. New Boston, Bd. 2, Nr. 3, Juli 1911, S. 87-88 und William Temple-ton Johnson, „Garden Cities in England“, in: 1915. New Boston, Bd. 2, Nr. 5, Sept. 1911, S. 175-175. Zur Gartenstadtidee in Ameri-ka vgl. Carol A. Christensen, The American Garden City and the New Towns Movement (Ar-chitecture and Urban Design, 13), Ann Arbor: UMI Research Press, 1986 und Daniel Schaf-fer, „The American Garden City. Lost Ide-als“, in: The Garden City. Past, Presentand Future (Studies in History, Planning and the Environment, 15), hrsg. von Stephen V. Ward, London: E & FN Spon, 1992, S. 127-145.76 Zu Forest Hills Gardens vgl. Edward Hale Brush, „A Garden City for the Man of Mode-rate Means“, in: The Craftsman, Bd. 19, Feb. 1911, S. 445-451; Susan L. Klaus, A Modern Arcadia. Frederick Law Olmsted Jr. & the Plan for Forest Hills Gardens, Amherst: Uni-versity of Massachusetts Press, 2002 sowie Peter Pennoyer und Anne Walker, The Ar-chitecture of Grosvenor Atterbury, New York, London: W.W. Norton, 2009, bes. S. 148-209.77 Vgl. Schaffer 1992 (wie Anm. 77), bes. S. 131. Zu Radburn vgl . Eugenie Ladner Birch, „Radburn and the American Planning Movement. The Persistence of an Idea“, in: Journal of the American Planning Association, Bd.

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46, Nr. 4, 1980, S. 424-439; Daniel Schaf-fer, Garden Cities for America. The Radburn Experience, Philadelphia: Temple Universi-ty Press, 1982 sowie Peter Walker und Mela-nie Simo, Invisible Gardens. The Search for Modernism in the American Landscape, Cam-bridge, London: The MIT Press, bes. S. 2-29.78 Siehe Benton MacKaye, „The Townless High-way“, in: The New Republic, 12. März 1930, S. 93-94.79 Zu Henry Wright und seine regional city vgl. Kristin Larsen, „Research in Progress. The Radburn Idea as an Emergent Concept. Henry Wright’s Regional City“, in: Planning Perspectives, Bd. 23, Juli 2008, S. 381-395.80 Le Corbusier, „Le parcellement du sol des villes“, in: Rationelle Bebauungsweisen. Ergebnisse der 3. Internationalen Kongresses für Neues Bauen, Brüssel, Nov. 1930, hrsg. von Internationalen Kongressen für Neu-es Bauen CIAM, Frankfurt am Main: Englert & Schlosser, 1931, S. 48-57, bes. S. 52.81 Auf die Frage der DGG „Was ist eine Groß-siedlung, und welche Bedeutung hat sie für die Gartenstadtbewegung?“ wurden in der Zeitschrift Gartenstadt. Mitteilungen der Deutschen Gartenstadt-Gesellschaft, Jg. 15, Nr. 3, die ausgewählten Antworten des Sied-lungsarchitekten und Stadtplaners Philipp Rappaport (S. 62-63), des Unternehmers und Direktors der Westfälischen Heimstätten Heinrich Vormbrock (S. 63), der Wohnungs-reformer Bruno Schwan (S. 63-65) und Hen-ry Groß (S. 65) veröffentlicht. Vgl. auch Ursula Weis, „Zentralisation und Dezentra-lisation. Von der englischen Gartenstadt zur

Frankfurter ‚Gross-Siedlung‘“, in: Bolle-rey, Fehl, Hartmann 1990 (wie Anm. 38), S. 228-246.82 Martin Wagner, Neue Stadt im neuen Land, Berlin: Karl Buchholz, 1934, S. 22.83 Miljutin 1930, in diesem Band S. XX. Vgl. auch George R[oseborough] Collins, „Linear Planning throughout the World“, in: Journal of the Society of Architectural Histori-ans, Bd. 18, Nr. 3, Okt. 1959, S. 74-93 und ders., „Linear Planning. Its Form & Func-tions“, in: Forum, Nr. 5, 1967, S. 1-26.84 Zur ciudad lineal und zu Soria y Mata vgl. George R.[oseborough] Collins, „The Ciudad lineal of Madrid“, in: Journal of the Society of Architectural Histori-ans, Bd. 18, Nr. 2, Mai 1959, S. 38-53 und ders., „Soria y Mata, Arturo“, in: Macmil-lan Encyclopedia of Architects, hrsg. von Adolf K. Placzek, Bd. 4, New York: The Free Press; London: Collier Macmillan, 1982, S. 107-108.85 Vgl. Arturo Soria y Mata, „La ciudad li-neal“, in: El progreso, Jg. 2, Nr. 342, 10. April 1882, S. 2.86 Vgl. Juan Rodriguez-Lores, „Bandstadt als Konkurrenzkonzept zur Gartenstadt“, in: Bollerey, Fehr, Hartmann 1990 (wie Anm. 38), S. 449-463; Carlos Sambricio, „De la ciudad lineal a la ciudad jardín: sobre la difusión en España de los supuestos urbaní-sticos a comienzos del siglo“, in: Ciudad y territorio, Bd. 94, Okt. 1992, S. 147-159 und Alfonso Alvarez Mora, „La cité-jardin en Espagne“, in: Cités, cités-jardins. Une histoire européenne, hrsg. von Paulette

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Girard und Bruno Fayolle Lussac, Talence: Maison des sciences de l’homme d’Aquitaine, 1996, S. 101-111.87 „Hay proporción entre estos cuatro ter-minos: Mono es á hombre, como Ciudad-Jar-din es á ,Ciudad-Lineal.‘“ (Arturo Soria y Mata, „Garden-City. La cité-jardin“, in: La ciudad lineal. Revista de higiene, agricul-tura, ingenería y urbanización, Jg. 8, Nr. 211, 20. Sept. 1904, S. 1.)88 Hilarión González del Castillo, Ciu-dades jardines y ciudades lineales, Mad-rid: Imprenta de la Ciudad lineal, 1913. González del Castillo sorgte auch für die internationale Verbreitung des Projekts und publizierte beispielsweise während seiner Konsulatszeit in Shanghai (1903-1906) einen Artikel über ciudad lineal als „idea uni-versal“, als mögliche städtebauliche Ent-wicklung für China. Hilarión González del Castillo, „,La Ciudad Lineal‘ idea uni-versal“, in: La ciudad lineal. Revista de higiene, agricultura, ingeniería y urba-nización, Jg. 7, Nr. 161, 30. April 1903, S. 1-2. Zu Hilarión González del Castil-lo vgl. José M. Coronado, F. Javier Rod-riguez und José M. Ureña, „Linear Planning and the Automobile. Hilarión Gonzáles del Castillo’s Colonizing Motorway, 1927-1936“, in: Journal of Urban History, Bd. 35, Nr. 4, Mai 2009, S. 505-530. In Chile durch Carlos Carvajal Miranda, einen Mitarbeiter Sorias, der sich als inspector general de arquitectura von Santiago für die Realisie-rung einer linearen Stadt einsetzte. Car-vajal Miranda präsentierte seine Vorschlä-

ge für eine chilenische lineare Stadt beim ersten Congreso Cientifico Panamericano, der im Dezember 1908 in Santiago de Chile statt-fand. Dazu vgl. Jonás Figueroa Salas, „La ciudad lineal del centenario. Los cien años de la utopía lineal“, in: Revista de Urba-nismo, Nr. 20, Juni 2009. Online Zeitschrift hrsg. Departamento de Urbanismo, Facultad de Arquitectura y Urbanismo de la Universidad de Chile. http://revistaurbanismo.uchile.cl/CDA/urb_completa/0,1313,ISID=742%26IDG=1% 26ACT=0%26PRT=21815,00.htm89 Charles Gide, L’habitation hors ville. Deux leçons du cours sur la coopération au Collège de France, Paris: Association pour l’enseignement de la coopération, 1924, bes. S. 18-21.90 Benoit-Lévy hatte bereits 1913 das Pro-jekt der ciudad lineal kennengelernt, als er für den ersten internationalen Städtebau-Kongress in Gent den Beitrag von Hilarión González del Castillo übersetzte.91 Beispielsweise an dersechsten Sitzung der Conférence internationale du travail in Genf im Jahr 1924, dazu vgl. Guelton 2009b (wie Anm. 52), S. 327; auch die Compañía madrile-ña de urbanización veröffentlichte im Rah-men des 13. Internationalen Kongresses für Städtebau und Wohnungswesen von 1931, der in Berlin stattfand, eine Denkschrift, La ciu-dad lineal. Formula espagnola de ciudad jar-din como sistema de arquitectura de ciudades y de colonización de campos, Madrid: Impren-ta de la Ciudad lineal, 1931. Die ebenfalls im Band wiedergegebene deutsche Übersetzung lautete: Die Ciudad Lineal. Die spanische

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Formel der Gartenstadt als System der Archi-tektur von Städten und der Kolonisierung des Landes.92 Vgl. Collins 1959 (wie Anm. 84), S. 87.93 Vgl. Robert Fischman, Urban Utopias in the 20th Century. E. Howard, F. L. Wright, Le Corbusier, New York: Basic Books, 1977, S. 89-160 und Donald Leslie Johnson, Frank Lloyd Wright versus America. The 1930s, Cam-bridge (MA), London: The MIT Press, 1990, bes. S. 108-141.94 Siehe Berlepsch-Valendàs 1906-1907 (wie Anm. 39), S. 120. Dazu vgl. Vgl. Ger-hard Fehl, „Gartenstadt und Raumordnung in Deutschland. Konzepte für eine wohlgeordnete Suburbanisierung (1900-1945)“, in: Die alte Stadt, Jg. 17, Nr. 1, 1990, S. 161-180.95 Vgl. Herbert George Wells, „Anticipations. An Experiment in Prophecy. IV. Certain So-cial Reactions“, in: The Fortnightly Review, Bd. 70, N. S., 1. Juli 1901, S. 170-188.96 Vgl. Herbert George Wells, „Utopianism. I. Of Garden Cities“, in: Daily Mail, Nr. 1599, 18. März 1905, S. 4.97 Osthaus 1911, S. 38, in diesem Band S. 276.98 Sierks 1929, S. 223, in diesem Band S. 1174.99 Thomas Sharp, Town and Countryside. Some Aspects of Urban and Rural Development, Lon-don, New York, Toronto: Oxford University Press, [1932], Zit. S. 161.100 Sharp 1940 (in diesem Band S. 87), S. 45, S. 53-57.

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HOWARD - TO-MORROW

Yes, the key to the problem how to resto-re the people to the land – that beautiful land of ours, with its canopy of sky, the air that blows upon it, the sun that warms it, the rain and dew that moisten it – the very embodiment of Divine love for man – is indeed a Master-Key, for it is the key to a portal through which, even when scarce ajar, will be seen to pour a flood of light on the problems of intemperance, of exces-sive toil, of restless anxiety, of grinding poverty – the true limits of Governmental interference, ay, and even the relations of man to the Supreme Power. It may perhaps be thought that the first step to be taken towards the solution of this question – how to restore the peo-ple to the land – would involve a careful consideration of the very numerous causes which have hitherto led to their aggrega-tion in large cities. Were this the case, a very prolonged enquiry would be neces-sary at the outset. Fortunately, alike for writer and for reader, such an analysis is not, however, here requisite, and for

EBENEZER HOWARD

TO-MORROW. A PEACEFUL PATH TO REAL REFORM (1898)

AUSZÜGE: S. 5-19, 128-131.

a very simple reason, which may be stated thus: – Whatever may have been the causes which have operated in the past, and are operating now, to draw the people into the cities, those causes may all be summed up as “attractions”; and it is obvious, therefo-re, that no remedy can possibly be effecti-ve which will not present to the people, or at least to considerable portions of them, greater “attractions” than our cities now possess, so that the force of the old “at-tractions” shall be overcome by the force of new “attractions” which are to be create. Each city may be regarded as a magnet, each person as a needle; and, so viewed, it is at once seen that nothing short of the discove-ry of a method for constructing magnets of yet greater power than our cities possess can be effective for re-distributing the po-pulation in a spontaneous and healthy man-ner. So presented, the problem may appear at first sight to be difficult, if not impos-sible, of solution. “What,” some may be dis-posed to ask, “can possibly be done to make the country more attractive to a work-a-day people than the town – to make wages, or at least the standard of physical comfort, higher in the country than in the town; to secure in the country equal possibilities of social intercourse, and to make the pros-pects of advancement for the average man or woman equal, not to say superior, to those enjoyed in our large cities?” The issue one constantly finds presented in a form very si-milar to that. The subject is treated conti-

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nually in the public press, and in all forms of discussion, as though men, or at least working-men, had not now, and never could have, any choice or alternative, but either, on the one hand, to stifle their love for human society – at least in wider relations than can be found in a straggling villa-ge – or, on the other hand, to forego al-most entirely all the keen and pure delights of the country. The question in universally considered as though it were now, and fore-ver must remain, quite impossible for wor-king people to live in the country, and yet be engaged in pursuits other than agricul-tural, as though crowded unhealthy cities were the last word of economic science, and as if our present form of industry, in which sharp lines divide agricultural from indust-rial pursuits, were necessarily an enduring one. This fallacy is the very common one of ignoring altogether the possibility of alternatives other than those presented to the mind. There are in reality not only, as is so constantly assumed, two alternatives – town life and country life – but a third alternative, in which all the advantages of the most energetic and active town life, with all the beauty and delight of the coun-try, may be secured in perfect combination; and the certainty of being able to live this life will be the magnet which will produ-ce the effect for which we are all striving – the spontaneous movement of the people from our crowded cities to the bosom of our kindly mother earth, at once the source of life, of happiness, of wealth, and of power.

The town and the country may, therefore, be regarded as two magnets, each striving to draw the people to itself – a rivalry which a new form of life, partaking of the nature of both, comes to take part in. This may be illustrated by a diagram of “The Three Mag-nets,” in which the chief advantages of the Town and of the Country are set forth with their corresponding drawbacks, while the advantages of the Town-Country are seen to be free from the disadvantages of either. The Town magnet, it will be seen, offers, as compared with the Country mag-net, the advantages of high wages, oppor-tunities for employment, tempting pros-pects of advancement, but these are largely counterbalanced by high rents and prices. Its social opportunities and its places of amusement are very alluring, but excessi-ve hours of toil, distance from work, and the “isolation of crowds” tend greatly to reduce the value of these good things. The well-lit streets are a great attraction, especially in the winter, but the sunlight is being more and more shut out, while the air is so vitiated that the fine public buildings, like the sparrows, rapidly be-come covered with soot, and the very sta-tues are in despair.1 Palatial edifices and fearful slums are the strange, complementa-ry features of modern cities. The Country magnet declares herself to be the source of all beauty and wealth; but the Town magnet mockingly reminds her that she is very dull for lack of society, and very sparing of her gifts for lack of

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capital. There are in the country beautiful vistas, lordly parks, violet-scented woods, fresh air, sounds of rippling water; but too often one sees these threatening words, “Trespassers will be prosecuted.” Rents, if estimated by the acre, are certainly low, but such low rents are the natural fruit of low wages rather than a cause of substan-tial comfort; while long hours and lack of amusements forbid the bright sunshine and the pure air to gladden the hearts of the people. The one industry, agriculture, suf-fers frequently from excessive rainfalls; but this wondrous harvest of the clouds is seldom properly ingathered, so that in times of drought, there is frequently, even for drinking purposes, a most insufficient supply.2 Even the natural healthfulness of the country is largely lost for lack of proper drainage and other sanitary condi-tions, while, in parts almost deserted by the people the few who remain are yet fre-quently huddled together as if in rivalry with the slums of our cities. But neither the Town magnet nor the Country magnet represent the full plan and purpose of nature. Human society and the beauty of nature are meant to be enjoyed together. The two magnets must be made one. As man and woman by their varied gifts and faculties supplement each other, so should town and country. The town is the symbol of society – of mutual help and friendly co-operation, of fatherhood, motherhood, brotherhood, sisterhood, of wide relations between man and man – of broad, expanding

sympathies – of science, art, culture, re-ligion. And the country! The country is the symbol of God’s love and care for man. All that we are, and all that we have comes from it. Our bodies are formed of it; to it they return. We are fed by it, clothed by it, and by it are we warmed and sheltered. On its bosom we rest. Its beauty is the inspirati-on of art, of music, of poetry. Its forces propel all the wheels of industry. It is the source of all health, all wealth, all know-ledge. But its fulness of joy and wisdom has not revealed itself to man. Nor can it ever, so long as this unholy, unnatural separati-on of society and nature endures. Town and country must be married, and out of this joyous union will spring a new hope, a new life, a new civilisation. It is the purpose of this work to show how a first step can be taken in this direction by the construction of a Town-country magnet; and I hope to con-vince the reader that this is practicable, here and now, and that on principles that are the very soundest, whether viewed from the ethical or the economic standpoint. I will undertake, then, to show how in “Town-country” equal, nay better, oppor-tunities of social intercourse may be enjo-yed than are enjoyed in any crowded city, while yet the beauties of nature may en-compass and enfold each dweller therein; how higher wages are compatible with redu-ce rents and rates; how abundant opportu-nities for employment and bright prospects of advancement may be secured for all; how capital may be attracted and wealth created;

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how the most admirable sanitary conditions may be ensured; how excessive rainfall, the despair of the farmer, may be used to gene-rate electric light and to propel machinery; how the air may be kept clear of smoke; how beautiful homes and gardens may be seen, on every hand; how the bounds of freedom may be widened, and yet all the best results of concert and co-operation gathered in by a happy people. The construction of such a magnet, could it be effected, followed, as it would be, by the construction of many more, would certainly afford a solution of the burning question set before us by Sir John Gorst, “how to back the tide of migration of the people into the towns, and to get them back upon the land.” A fuller description of such a magnet and its mode of construction will form the theme of subsequent chapters.

CHAPTER I. THE TOWN-COUNTRY MAGNET.

[…]The reader is asked to imagine an estate of some such shape as that shown in Diagram 2, embracing an estate of 6,000 acres, which is at present purely agricultural, and has been obtained by purchase in the open mar-ket at a cost of £40 an acre, or £240,000. The purchase money is supposed to have been raised on mortgage debentures, bearing inte-rest at an average rate not exceeding £4 per cent. The estate is legally vested in the names of four gentlemen of responsible posi-

tion and of undoubted probity and honour, who hold it in trust, first, as a security for the debenture-holders, and, secondly, in trust for the people of Garden City, the Town-country magnet, which it is intended to build thereon. One essential feature of the plan is that all ground rents, which are to be determined by competition among the tenants, shall be paid to the trus-tees, who, after providing for interest and sinking fund, will hand the balance to the Central Council of the new municipality,3 to be employed by such Council in the creati-on and maintenance of all necessary public works – roads, schools, parks, etc. The objects of this land purchase may be stated in various ways, but it is sufficient here to say that some of the chief objects are these: On the part of working-class people the object is to find work at wages of higher purchasing pow-er, and to secure healthier surroundings and more regular employment. To enterpri-sing manufacturers, architects, engineers, builders, and mechanicians of all kinds, as well as to many engaged in various pro-fessions, it is intended to offer a means of securing new and better employment for their capital and talents, while to the ag-riculturalist at present on the estate, as well as to those who may migrate thither, it is designed to open a new market for their produce close to their doors. Its ob-ject is, in short, to raise the standard of health and comfort of all true workers of whatever grade – the means by which these

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objects are to be achieved being a healthy, natural, and economic combination of town and country life, and this on land owned by the municipality. The town of Garden City, which is to be built near the centre of the 6,000 acres, covers an area of 1,000 acres, or a sixth part of the 6,000 acres, and is of circular form, 1,240 yards (or nearly three-quarters of a mile) from centre to circumference. Six magnificent boulevards – each 120 feet wide – traverse the city from cen-tre to circumference, dividing it into six equal parts or wards. In the centre is a circular space of 185 yards in diameter, and containing about five and a half acres, laid out as a beautiful and well-watered garden; and, surrounding this garden, each standing in its own ample grounds, are the larger public buildings – town hall, prin-cipal concert and lecture hall, theatre, library, museum, picture-gallery, and hos-pital. The rest of the large space enci-rcled by the “Crystal Palace” is a public park, containing 145 acres, which includes ample recreation grounds within very easy access of all the people. Running all round the Central Park (except where it is intersected by the bou-levards) is a wide glass corridor called “Crystal Palace.” This building is in wet weather one of the favourite resorts of the people, whilst the knowledge that its bright shelter is ever close at hand tempts

people into Central Park, even in the most doubtful of weathers. Here manufactured goods are exposed for sale, and here most of that class of shopping which requires the joy of deliberation and selection is done. The space enclosed by the Crystal Palace is, however, a good deal larger than is required for these purposes, and a considerable part of it is used as a Winter Garden – the who-le forming a permanent exhibition of a most attractive character, whilst its circular form brings it near to every dweller in the town – the furthest removed inhabitant being within 600 yards. Passing out of the Crystal Palace on our way to the outer ring of the town we cross Fifth Avenue – lined, as are all the roads of the town, with trees – fronting which, and looking on to the Crystal Palace, we find a ring of very excellently-built hou-ses, each standing in its own ample grounds; and as we continue our walk, we observe that the houses are for the most part built eit-her in concentric rings, facing the various Avenues (as the circular roads are termed), or fronting the boulevards and roads, which all converge to the centre of the town. As-king the friend who accompanies us on our journey what the population of this little city may be, we are told about 30,000, and that there are in the town 5,500 building lots of an average size of 20 feet by 130 feet – the minimum space allotted for the purpose being 16 by 125. Noticing the very varied architecture and design which the houses and group of houses display – some

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having common gardens and co-operative kit-chens – we learn that general observance of street line or harmonious departure from it are the chief points as to house-building over which the municipal authorities exer-cise control, for, though proper sanitary arrangements are strictly enforced, the ful-lest measure of individual taste and prefe-rence is encouraged. Walking still toward the outskirts of the town, we come upon “Grand avenue.” This avenue is fully entitled to the name it bears, for it is 420 feet wide,4 and for-ming a belt of green upwards of three miles long, divides that part of the town which lies outside Central park into two belts. It really constitutes an additional park of 115 acres – a park which is within 240 yards of the furthest removed inhabitant. In this splendid avenue six sites, each of four acres, are reserved for public schools and their surrounding play-grounds and gardens, while other sites are reserved for churches of any denominations which the religious feelings of the people may select, and which they are prepared out of their own funds to erect and maintain. We observe that the houses fronting on Grand Avenue have depar-ted (at least in one of the wards – that of which Diagram 3 is a representation) – from the general plan of concentric rings, and, in order to ensure a longer line of frontage on Grand Avenue, are arranged in crescents – thus also to the eye yet further enlarging the already splendid width of Grand Avenue. In the outer ring of the town are

factories, warehouses, dairies, markets, coal yards, timber yards, etc., all fron-ting on the circle railway, which encompas-ses the whole town, and which has sidings connecting it with a main line of railway which passes through the estate. This ar-rangement enables goods to be loaded direct into trucks from warehouses and workshops, and so sent by railway to distant mar-kets, or taken direct from the trucks into the warehouses or factories, thus not only effecting a very great saving in regard to packing and cartage, and reducing to a mi-nimum loss from breakage, but also, by re-ducing the traffic on the roads of the town, lessening to a very marked extent the cost of their maintenance. Each warehouse and factory has practically a goods station at its door, while no inhabitant of the city is more than 600 yards from the railway, which is, of course, used for passengers as well as for goods. The depth of these lots fronting on the railway in 150 feet, and it will be seen that, besides their railway frontage, they front on a road (First Ave-nue), which is 90 feet in width. All the sewage and other refuse of the town is utilised on the agricultural portions of the estate which is held by various individuals in large farms, small holdings, allotments, cow pastures, etc.; the natural competition of these various methods of agriculture, tested by the wil-lingness of occupiers to offer the high-est rent to the municipality, tending to bring about the best system of husbandry,

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or, what is more probable, the best sys-tems adapted for various purposes. Thus it is easily conceivable that it may prove advantageous to grow wheat in very large fields, involving united action under a ca-pitalist farmer, or by a body of co-opera-tors; while the cultivation of vegetables, fruits, and flowers, which requires closer and more personal care, and more of the artistic and inventive faculty, may possib-le be best dealt with by individuals, or by small groups of individuals having a common belief in the efficacy and value of certain dressings, methods of culture, or artificial and natural surroundings. This plan, or, if the reader be pleased to term it, this absence of plan, avoids the dangers of stagnation or dead level, and, though encouraging indivi-dual initiative, permits of the fullest co-operation, while the increased rents which follow from this form of competiti-on are common or municipal property, and by far the larger part of them are expended in permanent improvements, and in drainage and other works, which involve considerable outlay. While the town proper, with its po-pulation engaged in various trades, cal-lings, and professions, and with a store or depot in each ward, offers the most natural market to the people engaged on the agricultural estate, inasmuch as to the extent to which the townspeople demand their produce they escape altogether any railway rates and charges; yet the farmers

and others are not by any means limited to the town as their only market, but have the fullest right to dispose of their produce to whomsoever they please. Here, as in every feature of the experiment, it will be seen that it is not the area of rights which is contracted, but the area of choice which is enlarged. This principle of freedom holds good with regard to manufacturers and others who are invited to establish themselves in the town. These manage their affairs in their own way, subject, of course, to the gene-ral law of the land, and subject to the provision of sufficient space for workmen, and reasonable sanitary conditions. Even in regard to such matters as water, lighting, and telephonic communication, – which the municipality would, if efficient and honest, be certainly the best and most natural body to supply, – no rigid or absolute monopoly is sought; and if any private corporation or any body of individuals proved itself capab-le of supplying on more advantageous terms, either the whole town or a section of it, with these or any commodities the supply of which was taken up by the corporation, this would be allowed. No really sound system of action is in more need of artificial sup-port than is any sound system of thought. The area of municipal and corporate action is probably destined to become greatly en-larged; but, if it is to be so, it will be because the people possess faith in such ac-tion, and that faith can be best shown by a wide extension of the area of freedom.

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Dotted about the estate are seen various charitable and philanthropic ins-titutions. These are not under the control of the municipality, but are supported and managed by various public-spirited people who have been invited by the municipality to establish these institutions in an open, healthy district, and on land let to them at a pepper-corn rent, it occurring to the authorities that they can the better afford to be thus generous, as the spending power of these institutions greatly benefits the whole community. Besides, as those persons who migrate to the estate are among the most energetic and resourceful members of the community, it is but just and right that their more helpless brethren should be able to enjoy the benefits of an experiment which is designed for humanity at large.[…]

CHAPTER XIII. SOCIAL CITIES.

[…]The problem with which we have now to deal, shortly stated, is this: How to make our Garden City experiment the stepping-stone to a higher and better form of industrial life generally throughout the country. Granted the success of the initial experiment, and there must inevitably arise a widespread de-mand for an extension of methods so healthy and so advantageous; and it will be well, therefore, to consider some of the chief problems which will have to be faced in the progress of such extension.

[…]

Let me here present a diagram, No. 7, re-presenting a series or cluster of towns;5 though the reader is asked not to suppose that the design is put forward as one like-ly to be strictly carried out in the form thus presented; for any well-planned town, and, still more, any well-planned cluster of towns, must be carefully designed in re-lation to the site it is to occupy; though, as the science and art of engineering ad-vances, less and less account is taken of natural obstacles, and more and more com-pletely does mind become master of matter, and bend it and its forces to the service of man. With this understanding, however, such a diagram as I have here sketched may be useful, as showing some of the broad principles which should be followed. It will be seen from the dra-wing that the idea of a carefully-planned town lends itself readily to the idea of a carefully-planned cluster of towns, so designed that each dweller in a town of comparatively small population is affor-ded, by a well-devised system of railways, waterways, and roads, the enjoyment of easy, rapid, and cheap communication with a large aggregate of the population, so that the advantages which a large city presents in the higher forms of corporate life may be within the reach of all, and yet each citizen of what is destined to be the most beautiful city in the world may dwell in a region of pure air and be within a very few

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minutes’ walk of the country. The total area covered by the so-cial cities represented in this diagram is supposed to be 66,000 acres (being a little less than the area administered by the London County Council), and the total population a quarter of a million – each of the smaller municipalities having an area of 9,000 acres and a population of 32,000, while Central City has an area of 12,000 acres and a population of 58,000.

1 “Last year the layer of platina upon the equestrian statue of Lord Napier of Magda-la was taking on a velvet coat, but a black, greenish tint had formed, and there was none of that delicate, velvety brown tint which ought to be there. Indeed the warrior seemed by his very attitude to recognise the fact, for he was turning, field-glass in hand, away from the Athenæum Club as if perfectly conscious that in the present state of the London atmosphere he was beyond the aid of science, and would soon become sooty black like the occupants of adjoining pedestals.” – Professor Roberts Austen, C.B., F.R.S., Journal Society of Arts, 11th March, 1892.2 Dr. Barwise, Medical Officer of Health for the County Council of Derbyshire, giving evidence before a Select Committee of the House of Commons, on 25th April, 1894, on the Chesterfield Gas and Water Bill, said, in answer to Question 1873: “At Brimington Com-mon School I saw some basins full of soap-suds, and it was all the water that the who-le of the children had to wash in. They had to wash one after another in the same water. Of course a child with ringworm or something of that kind might spread it through the whole of the children. … The schoolmistress told me that the children came in from the playground hot, and she had seen them actu-ally drink this dirty water. In fact when they were thirsty there was no other water for them to have.”3 This word, “municipality,” is not used in a technical sense.4 Boulevard du Midi, Brussels, is only 225

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46feet wide.5 This drawing is, in many respects, very like one to which (after making it) my at-tention was directed, in a work entitled, “Palingenesia; or, The Earth’s New Birth” (Hay, Nisbet & Co., Glasgow, 1894).

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UNWIN - OF CO-OPERATION IN BUILDING

“As beautiful as an old English villa-ge.” The phrase arrests our attention and calls up many a pleasant picture stored in our minds; but with the remembered beauty there comes too the associated sadness of something loved that is fast passing away. The picture we recall may be the view down some long wide village street bordered with clusters of cottages, some opening direct on to the roadside, some with their bright bits of flower border in front; here and there a break in the buildings is marked with the dark foliage of trees in a larger garden; a dignified forecourt with its iron railings reveals an old manor house, or a gate-way in a high wall overhung by elms leads to the vicarage; while at the street end where the road turns away is the lich-gate, leading to the church whose para-petted roof and slender spire rising far above all the surrounding buildings comple-te the whole group. Or maybe we picture to ourselves rather some village green, with the rows of sunny whitewashed houses, the barns and haystacks of an occasional farmy-ard, the end of an orchard, and the village

RAYMUND UNWIN

OF CO-OPERATION IN BUILDING(1901)

AUSZÜGE: S. 91-94, 97-103, 106-108.

school, that are gathered round it. In such views as these there are houses and buildings of all size: the hut in which the old road-mender lives by himself, the inn with its ancient sign, the pros-perous yeoman’s homestead, the blacksmith’s house and forge, the squire’s hall, the vicarage, and the doctor’s house, are all seemingly jumbled together; and mingled with them are barns and village shops, wood-yards and wheel-wrights’ sheds. Yet there is no sense of confusion; on the contrary the scene gives us that peaceful feeling which comes from the perception of orderly arran-gement. This is the more surprising because the order is rather intuitively felt than seen or consciously realised by the behol-der. It is due very largely to the beautiful grouping of buildings and roofs, a grouping which has come so inevitably that it seems as if it would be somewhat difficult to avoid it, or to utterly spoil it. Certainly where many buildings of various characters and si-zes are gathered together, as in a village, a picturesqueness of grouping is rarely ab-sent even when the individual buildings have in themselves no special beauty; and very often the introduction of one or two really ugly modern buildings detracts little from the particular charm. The village was the expression of a small corporate life in which all the dif-ferent units were personally in touch with each other, conscious of and frankly accept-ing their relations, and on the whole con-tent with them. This relationship reveals

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itself in the feeling of order which the view induces. Every building honestly con-fesses just what it is, and so falls into its place. The smallest cottage has its share of the village street on to which the manor house also fronts. It is content with that share and with its condition, and does not try to look like a villa. It is this crystallisation of the elements of the vil-lage in accordance with a definitely orga-nized life of mutual relations, respect or service, which gives the appearance of being an organic whole, the home of a community, to what would otherwise be a mere conglome-ration of buildings. This effect is greatly enhanced where the central feature around which the village has clustered, the chur-ch, castle, or manor house, is of sufficient size and architectural interest to challen-ge comparison with the whole village rather than with the individual houses. The impres-sive pile of the old Priory as seen across the valley towering above all the other grey roofed buildings of the little town of Cartmel, is a fine example of this. The sense of unity is further increased in most old villages by a general harmony in colour and style of the buildings themselves, due to the prevalent use of certain materials, which are usually those found in the dis-trict. In the modern building-estate all these elements of beauty are entirely wan-ting. The land is cut up into little plots all about the same size; these are sold to a chance collection of people who erect on

them houses of any conceivable style, or lack of style; each deals with his own plot quite regardless of the others; and eve-ry house seems to be wishing to dissociate itself as much as possible from its neigh-bours, to look as distinct and imposing as it can. Ground enough not being allowed for each house to stand comfortably within its plot, such separation as exists only ma-kes it possible for every house to block the view from some other, and easy for the occupants to over-look their neighbours and realise their near presence all round to a maximum extent. No grouping of buildings is thought of nor any organized arrangement, beyond occasionally some feeble attempt at laying out streets; and it is rarely indeed that we seem able to erect a public buil-ding of any sort at all in scale with the extent of the surrounding houses.

[…]

The arrangement that should be adopted to obtain the best result, would depend enti-rely on the nature of the site. If it were on the ridge of some rising ground, pro-bably the best plan would be to group the houses at each side of a good broad road-way, taking the wide village street as the suggestion; while on a good southern slo-pe, the most successful plan might be to gather the houses and other buildings on three sides of an open space, adopting the village green as the model. Where the site was large enough, and the slope suffici-

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ent, a second green with its houses could be arranged, low enough not to obstruct the view from the upper one; or where two sides of a valley were included, villages might be placed on each of the slopes, leaving the valley below for ever free to afford a pleasant prospect for each village. The particular arrangement to be adopted would be a matter for most careful thought, and no building should be commenced until some definite conception of what the completed village was to be like had been worked out. The sites for prospective schools, church, or other public buildings, should be re-served from the first, in accordance with the size to which the available land would allow the community to grow. The houses should be clustered together as much as possible, not set villa-wise each in the centre of a little plot. Some few houses of wealthier members could stand back in lar-ger grounds, taking advantage of outlying positions or sharing in the common outlook as seemed best: their gardens and entran-ces would make pleasant openings in the buildings. But the majority of the houses should be gathered into groups, which would inevitably acquire picturesqueness from the variety both in size and form of the buil-dings. A good number of the houses too might be open to the road or green. The unfenced common coming right up to one’s doorstep, always gives a charming sense of openness whether viewed from within or from without; a sense in no way diminished by

the contrast that occasional fenced gardens or forecourts offer where the houses are set back somewhat. All sorts of individual tas-tes and needs would afford opportunity for obtaining variety: the one thing to be avo-ided at all costs would be the producing of anything like a street of detached villas. The common insatiable desire for de-tachment is very remarkable; it appears to arise mainly from a resigned acceptance of the jerry builder’s party wall as the inevi-table one. Everyone suspects a party wall, looks to hear through it his neighbour’s child in the dead of night, or his piano on a Sunday afternoon. Guarantee a sound-proof Party wall, and few will be able to give any valid reason why there should be from ten to fifty feet of useless ground between every two houses. In a properly built house, one is really much less conscious of one’s neighbour, and much less over-looked by him, if his house is attached, than if it is a few yards away. Where it is desired, howe-ver, many minor devices, such as a highly walled garden or a covered-in yard, may be used with effect to increase the number of separate houses without destroying the grou-ping. Artistically, the success of the plan would depend largely on the clustering of the buildings, the avoidance of mere rows on the one hand and of detached villas on the other. But, in addition, some controlling influence must maintain a certain degree of harmony. The use of local materials as far as possible should be encouraged, and the

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50introduction of discordant colours or sty-les of building be prevented. The extremest degree of simplicity should be allowed, but anything pretentious, showy, or false, be rigidly excluded. Probably this general con-trol could be best secured by giving to some architect in full sympathy with the scheme powers similar to those usually possessed by the agent of a large ground landlord, though exercised in the latter case more often to maintain the value of the property than its beauty. The question of design in the indivi-dual building is one that cannot be touched on here, though obviously a matter of vital importance to the degree of beauty attaina-ble; rather I seek to emphasize the great advance which is possible to us by a right use of such taste and designing ability as may be readily commanded to-day. So soon as the desire for some collective beauty in our buildings has been stimulated, the chief difficulty will have been overcome. If by some little co-operation we can arouse interest and pride in the matter, time will develop that collective appreciation of what is fitting, to which we must look for final success. Association for mutual help in va-rious ways is undoubtedly the growing influ-ence which is destined to bring to communi-ties that crystalline structure which was so marked a feature of feudal society, and the lack of which is so characteristic of our own. When our new settlements begin to feel this influence they will again take on

some of the unity which comes from organic growth. And as this influence increases in force, and interest and thought become more and more centred in the communal institu-tions and buildings, so will these begin to grow in beauty; for the people will wish to adorn them. The beauty of the village and its public buildings will then become a first consideration, and the pride of the inhabitants will be displayed in these, not in the aggressive elaboration of their own houses. There is the more hope of this be-cause the practical advantages to be de-rived from such co-operation as sugges-ted, are so great and obvious as to form just such a reliable basis of utility as is required for the healthy growth of art. Without going fully into this side of the question, a few of the more obvious di-rections in which co-operation could help people of limited means, after they had associated for the purpose of purchasing and developing their settlement, may be referred to. The improvement and use of the land not required for building purpo-ses, by draining, planting of fruit trees, or the erection of a suitable dairy, would be one of the first and most important of these; this would secure a good supply of pure milk and fresh farm produce, and at the same time allow the open ground to be enjoyed to the full for recreative purpo-ses. A laundry would be another enterprise specially easy to organize on co-operative lines, and even in a village too small to

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51support a fully staffed laundry, it would make all the difference if everyone could have the advantage of a well appointed wash-house instead of having to use the ordinary inconvenient cramped scullery with no proper appliances. In a community where several business men daily journeyed to the town, a co-operative conveyance to and from the station could be arranged in connection with the farm, as could also the general carriage and cartage requirements. In pro-viding education for the young and recrea-tion for all, association would be invalu-able; while it could easily be used as a means of buying, on advantageous terms, in large quantities, commodities which cannot economically by obtained in the country in small quantities, and of securing many va-luable services for all which would be out of the reach of individuals. It is of course not necessary that the first steps towards the development of such a building scheme should be taken by the prospective tenants. A landowner might well work on this line; he would find in it a means of adding greatly to the value of estates which might not be available for an ordinary building scheme. If he would lay out a plot of land and offer to all comers a site of such size as they wan-ted with sufficient open land between them and any future buildings that might block their view secured by perpetual guarantee, he would get plenty of applications even in positions that are not the most favourab-le. He could also, by building some houses

of various size and carefully grouping them, give an example of the sort of building he would encourage, which would soon be follo-wed. By retaining some control of plans for buildings to be carried out by others on his land, he would be able to secure a general harmony and a consistent development. He could too enlist the interest of his tenants or purchasers in the growth of the colony, and foster among them co-operative effort in that direction. On the same lines, also, the state or municipal landlord might relieve the over-crowding in towns by developing hamlets and villages in the out-lying districts wherever they had, or could get, suitable land. And even in the towns and immediately surroun-ding suburbs, much might be done to remove the dreary ugliness of the streets by the use of co-operation in building, and by the fostering of it in the occupants of the hou-ses. The arrangement would need to be diffe-rent for a town or suburb, where land would be costly, from that suggested for a vil-lage. For just as the price of land in the centre of cities regulates to a large ex-tent the height to which it is profitable to carry up the buildings, so on the outskirts it must determine the area of land that can be allowed to each house. By co-operation it may be secured, however, that all the land which can be afforded shall be available to give air and outlook to all alike, while its actual occupation can be reserved for those who really want a garden.

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How different our streets would look if instead of the rows upon rows of dreary un-interesting cottages and hardly less drea-ry terraces of larger houses, we could have blocks such as suggested. Some might be adorned with a colonnade facing the street, and leading to the common rooms at the cor-ner; some might have a comely arched gateway into the court as a special feature, through which, as one passed, a peep at the quad-rangle, tennis ground, or garden, would be obtained. There need be nothing elaborate about such buildings. Quite simple cottages or houses, with some variety of size to suit large and small families, a little taste in proportioning doors, windows, and other de-tails, a little imagination in welding them into a complete whole – these would suffice to change our dreary streets into something, the beauty and interest of which would be a constant source of pleasure. Architecture has always reflected the condition of the society in which it flouris-hed, being great in times of organisation, and deteriorating in times of disintegra-tion. Recently it has very clearly repre-sented the inordinate desire for individual independence. One sees terraces of houses, each painted a different colour to try and emphasize their independence. Or one may find the gable end of a porch which is common to two villas, painted half a bright green to match one house, half a chocolate red to accord with the other. These may be extre-

me instances, but they are very typical of the length to which independence has been carried. Society is, however, now reali-sing very fast that this independence is no ender in itself, and is only good in that it sets free the individuals to form new relationships based on mutual association. This is already having its effect on ar-chitecture, in that it is now not uncommon for the individual to make some effort to have his buildings made beautiful for the public to look at, as well as convenient for himself: the interest of the communi-ty in the matter is so far acknowledged. Very soon it will seem equally obvious that the relations of the separate buildings to each other should be considered, and con-certed effort be directed to the creati-on of streets with at least some unity and dignity of effect, and settlements that, if they may not have all the charm of the old English village, shall at any rate look at home in their country surroundings.

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BARNETT - A GARDEN SUBURB AT HAMPSTEAD

Every year London grows, stretching out into the country long and generally un-lovely arms. The classes are divided in the suburbs as definitely as in the towns. Everyone is familiar with the localities monopolised by the rich, with their beau-tiful homes surrounded by their beauti-ful gardens; and most people have seen the suburbs inhabited by the lower middle class with their small villas side by side, their few yards of garden carefully cherished, the monotony of mediocrity unbroken by fine public buildings or large open spaces. Less familiar are the districts oc-cupied by the industrial classes, with the rows and rows of small houses, every one alike, with limited back-yards, each only divided from the other by a wall. No gar-dens, no trees, no open spaces, no public buildings, no children’s playgrounds, no spacious thoroughfares, no broad, shady roads, the whole stamped by the landlord’s greed, the builder’s competition, and the people’s helplessness. A combination which has produced miles of “mean streets,” wher-ein are reared generations of children rob-bed of their birthright of joyful communion with nature. Is this state of things a necessi-

HENRIETTA BARNETT

A GARDEN SUBURB AT HAMPSTEAD(1905)

ty of our civilisation? As our towns ye-arly grow in population and show a conti-nuous tendency to spread out, can we hope for nothing more than a repetition of those dreary roads full of trivial villas, tho-se ranks of closely-built gardenless boxes? Must we be content, now that education is bringing all sorts of people nearer together in sympathy, to have classes topographically divided by an arbitrary division depending upon their rent-paying powers? Is it a na-tural sequence that hundreds of people with multiform possibilities and varied tastes should be obliged to live in houses exact-ly alike, so close that there is not room to develop their tastes, or opportunity of tur-ning buried potentialities into facts. No one can think that the seclusi-on of the poor in less desirable districts and the monopoly by the rich of the more favoured portions of London’s environment is righteous, and the raison d’être of this short paper is to tell of an opportunity of laying out a suburb on different lines. The Eton College trustees own 240 acres of land lying to the north-west of and adjoining Hampstead Heath. The option to purchase these acres they have given to a body of persons henceforth to be known as “the Garden Suburb Trust,” who have joi-ned together in the hope of establishing a suburb where the aim will be to house people of many different incomes, and which will be free, it is hoped, from the evils of monoto-ny and inertia which invariably exist where one class only congregate.

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The members of the Garden Suburb Trust are Earl Grey, the Earl of Crewe, the Bishop of London, Sir John Gorst, Sir Robert Hunter, Mr. Herbert Marnham, Mr. Walter Ha-zell and the writer. The land offered is undulating, ri-sing from 170 to 360 feet above sea level; the soil is suitable both for building and gardening, and water and gas are ready to be supplied respectively by the New River and the Gas-light and Coke Companies. Recently 80 acres of open space have been purchased by the joint action of private generosi-ty and the municipal authorities, and this tongue of common land thrusts itself through the area included in the 240 acres, thus gi-ving to the Garden Suburb Trust the monopoly of the advantage which frontage on to this new and beautiful open space confers. Under strict building covenants some of the most attractive portions of this land, many of which have extensive pros-pects, and some of great beauty, will be leased (not sold) to the rich in 1, 2, 3 acre plots, and as land on the other side of the heath, facing north and much further from the railway, has been recently sold for £ 5,000 an acre, it is hoped that the-se specially favoured positions will produce a large ground rent. Beyond it is proposed that smaller plots should be set apart for people of humbler means, whose gardens must be less extensive, whose houses less ambi-tious, but to whom opportunities will be given of building their own homes to meet their own needs – always providing that the

fundamental principle is complied with, that the part should not spoil the whole, nor that individual rights be assumed to carry the power of working communal or in-dividual wrongs. It not being the object nor the in-tention of the Garden Suburb Trust to make money, every acre which fetches a large price will release, as it were, other acres to be devoted to the erection of cottages for the industrial classes. Experience has taught that if cotta-ges are each to have a garden large enough to be productive as well as pleasurable (say the 10th of an acre) the land must not cost more than £ 150 an acre. The ground for roads must be deducted, and the cost of their making must be proportionately added to the various classes of properties; and when that is calculated, the acreage that can be reckoned at £ 150 an acre will be devoted to cottage dwellings for the indus-trial classes. How many acres that will be its is impossible to tell, but it is belie-ved that the specially attractive portions will fetch such large sums that a least a third of the whole will be available for the houses for the industrial classes, and from these gardened cottages deeper things than flowers and fruits will grow. Arthur Young is said to have spoken of the “Magic of prosperity which turns sand into gold,” further explaining the phrase by saying, “put a man into precarious possession, and he will turn a garden into a desert, but put him into a state where he can secu-

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rely anticipate the fruits of his labour, and he will turn a desert into a garden.” That this is still true, we have the testi-mony of Mr. Cadbury, who reports that his Bourneville tenants, each with a garden just under an eighth of an acre in extent, have made an average profit of 1 s. 11 ½ d. a week, a material reduction of house rents varying from 5 s. 6 d. to 8 s. 6 d. a week. Of the ethical value of working in the gardens Mr. Cadbury writes: “The benefit, physically, morally, and even spiritually is so great that is would have been worth while cultivating the gardens even if there had been no profit from the labour expended. I would also point out that the adoption of garden cities would materially increase the food supply of the country, as one acre of garden ground produces as much food as 13 acres of pasture land.” But in order to realise the need of some such plan as is in the minds of the members of the Garden Suburb Trust, my readers must be told or reminded of some grievous facts. The Census showed that over 3,000,000 people were living in overcrowded conditions in England and Wales, the stan-dard for “overcrowding” being that of the Registrar General of more than two persons in one room. In London some 800,000 peop-le exist under the same conditions and over “330,000 have to live, eat, sleep, be ill and die – yes, and be born – in one room.” The death-rate consequent on these condi-tions is very high. Dr. Newman, the medical

officer of health for Finsbury, shows in his interesting report that the death-rate per 1,000 in one-room tenements is 38.9, in two-room tenements 22.6, in three-room tenements 11.7, and only 5.6 in tenements of four rooms and upwards. For all London the death-rate is 15.7, in Finsbury 19.6, in Hornsey 7.9. Bethnal Green has 365 people living on the acre and its death-rate is 18.2. But, as Mrs. Edwin Gray points out in an admirable paper, “the death-rate is not the only re-sult of over-crowding in the houses, and on the acre, it is but the sign of a gigantic evil. Where the death-rate is high, there we find a lowered vitality, a large amount of sickness, and a general disinclination to work; there we see the jaded, spiritless man and woman,” whose only pleasures often become those of alcohol and gambling, sup-plying the excitement and interest which the natural pleasures of family life, household welfare and spade labour with its results still provide, if circumstances can be so arranged as to permit of them. Many reasons have been alleged for the increased number of lunatics which the State has to support in its monster asy-lums; but the facts brought out by our old friend, Mr. Will Crooks, M. P., show that bad housing has a potent influence on it. The increase for all London was 1.9 per cent, the increase for over-crowded districts was 10.1 per cent, while Mr. George Haw is res-ponsible for the statement that in six large towns over 20,000 unnecessary deaths annu-

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ally occur owing to over-crowded dwellings and insanitary conditions. Many people think that the remedy of the housing problem is only to be found in the assumption of the responsibility by the State, as has been done in Germany. Part III. of the Housing Act of 1890 gives pow-er to English local authorities to buy land outside their town boundaries for the pur-pose of “increasing the number of workmen’s dwellings,” and already it has been used by about 40 municipalities. However excellent in intention, it has in practice the great disadvantage of limiting a neighbourhood entirely to persons of one social class. The new estate of 225 acres at Tottenham, purchased by the London County Council at £ 400 an acre, is planned to house 42,500 persons in 5,779 cottages at a cost of £ 1,530,000, the houses, besides about 250 shops, differing only so far as they contain two or three bedrooms. At Latchmere, where the Battersea Borough Council is carrying out a building scheme, similar residences will be provided at the cost of £ 105,000, but there again all the tenants will be of the same social position. That this sepa-ration of different classes into different districts results in social and economic disadvantages is shown by the example of a London suburb where, with a population of 63,000, there are only 123 houses with a rental that exceeds £ 50 a year. In this suburb the rates are the highest in England, 11 s. 3 d. in the £, with an education rate of 2 s. 10 d., a contrast to its neighbour,

a middle class district, where the school rate is 8 d. The English system of govern-ment is based on the belief that there is in every district a leisured and cultiva-ted class able to give time and thought to municipal and other public duties, and when such a class is absent the whole suffers both financially and ethically. Toynbee Hall is but an artificial protest against the massing in one locality of the poor, who-se engrossment in daily labour often makes them both deaf to higher calls and dumb as to their own deepest needs. When the poorer people are crowded together in the mean, garden-less streets, the neighbourhood becomes less desirable for those who, being blessed with more of this world’s goods, or who, having reached the “afternoon of life,” wish to live with more repose, surrounded by the varied, but indefinite influences known as amenities. Those, therefore, who are able to choo-se seek other neighbourhoods, and thus the poorer localities are deprived of the con-tagion of refinement which contact brings, and the richer people lose the inspirati-on which knowledge of strenuous lives and patient endurance ever provokes. Society is impoverished by class divisions, and each class loses more than it realises. If our Garden Suburb Scheme ever gets beyond a hope, the classes will not be estranged, and the estate will have the great advantage of being planned, not in piecemeal as plots are taken by different builders, but as a whole. In shows the far-

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BARNETT - A GARDEN SUBURB AT HAMPSTEAD

seeing wisdom of Mr. Andrew Carnegie that in his gift to his native town in Scotland, he gives not only the beautiful park and glen of Pittencrief, but an annual income of £ 25,000. Thus the trustees will be ena-bled to improve and develop each part of the town in relation to the other parts, so as to “bring into the toiling masses of Dunfermline more of sweetness and light; to give to them (especially the young) some charm, some happiness, some elevating con-ditions of life which residence elsewhere would have denied,” a beautiful ideal not, I fear, to be achieved in any neighbourhood if relegated to dwellings of one sort only, or left to the mercy of an owner of this plot or that site, on which hideous buil-dings can be erected, distorting the pros-pect, or blotting out the view. In the Garden Suburb Estate it will be an essential condition of building that the dwellings of all classes be made at-tractive with their own distinctive at-tractions, as are the cottage and the manor house of the English village; the larger gardens of the rich helping to keep the air pure, and the sky view more liberal; the cottage gardens adding that cosy, generous element which ever follows the spade when affectionately and cunningly wielded as a man’s recreation. The houses will not be put in uniform lines, nor in close rela-tionship, built regardless of each other, or without consideration for picturesque appearance. Each one will be surrounded with its own garden, and every road will

be planted with trees, and be not less than forty feet wide. Great care will be taken that houses shall not spoil each other’s outlook, and that the noise of children shall be locally limited, while the avoi-dance of uniformity or of an institutional aspect will be obtained by the variety of the dwellings provided. A community, however, consists not only of houses. For its higher life it will need houses of prayer, a library, schools, a lecture hall and club houses. For its phy-sical well-being our community will need shops, baths and wash-houses, bakehouses, refreshment rooms and arbours, co-operative stores and agencies for the purpose of fos-tering interest in gardens and allotments, and the lending of tools which are beyond the means to purchase and unnecessary for everyone individually to posses. Among the advantages of a community are the joint con-veniences which proximity permits, and which enable economy to be practised without undue effort. It will need also playgrounds for the smaller children and resting places for the aged who could not walk so far as from the end of the estate to the Heath. There will be cottages with individual gardens, and cottages grouped round a quadrangle or com-mon sward, used, perhaps, as a tennis court for teachers before the twopenny tube car-ries them to their work in London’s centre, and later for their young guests whose joy will be to “visit teacher” on Saturday af-ternoons and Summer evenings. There will be

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the semi-detached two-storied houses, on the ground floor of which will dwell the family, with the man at its head who is ready and capable of working neatly and productively his 10th of an acre, and on the first floor the poor lady or working woman who takes no less a delight in flowers and grass plots because she cannot dig, and whose refining influence will help the children, while their mother will be glad to earn something by do-ing her domestic work. There will be associated residen-ces for young men whose common garden and creeper-draped balconies will doubtless be a common joy. There will be, I hope, the convalescent home, the co-operative rest house, the training school and the working lads’s hostel – for a community should bear the needy and the handicapped in daily mind. There will be the deep-porched and broad-balconied tenements for the old, the single, and the weakly, whose capacities and infirmi-ties, while hindering action, do not hinder suffering from noise, crowd and dirt, nor the power to enjoy the kinder environment befitting their later days. There will be – but why go on? one may perhaps have to live in Whitechapel for thirty-two years, to picture in all its de-tail what a Garden Suburb which will inclu-de the industrial classes might mean – will mean, if the Trust can carry the scheme through, with its foundation thought that the good and the gain be shared by all clas-ses of society, living within one another’s knowledge, under the same local government,

and in common enjoyment of common open space, obtained largely by common contribu-tions. “And how is the money to be raised?” my business friends will ask – and to that question I cannot yet reply. The money will not be charity money (though some may be needed later for the public buildings); the money will be invested money, and it will be safe, for land beginning at under five miles, and ending at six miles from Charing Cross, and brought into a “two-penny tube” touch with all parts of London by the Elec-tric Railway, cannot be a bad security – and in the hands of the speculative builder would yield a large profit on the price that is being asked for it. But his standard of success is not our standard of success, though we are at one in the determination that the experiment, if begun, shall pay. The intention of the Garden Suburb Trust is to issue at once a statement set-ting forth their plans. “If the response of the public is sympathetic and if adequate capital is offered, it will then be their pleasure to forward, on usual business lines, the formation of a Company which, while limiting the interest on capital to five per cent., will proceed to develop the estate on the conditions and princip-les which are here laid down, devoting all subsequent profits to the improvement of the estate or to the encouragement of similar enterprises.” If the public are indifferent the Trust will recognise their failure, and

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BARNETT - A GARDEN SUBURB AT HAMPSTEAD

reluctantly refuse the option offered in so public-spirited a manner by the Eton College Trustees, and bear in sadness to see the beautiful and historic view in-jured by rows of small houses and miles of mean streets; for it is they which pay best, and the Eton College Vendors are also the Eton College Trustees. But, to quote a surveyor’s report: – “The additional inte-rest and beauty which can be imparted to this suburb will prove to be its greatest commercial asset; it is this which will give to the estate its unique character, and enable it to attract the best class of tenant from all classes of society. We feel sure that reasonable expenditure to secure this character will be found to produce a very handsome return.” The Trust itself aims at receiving nothing but by its work and thought to show what can be done to form a suburb which shall alike be good for those who see and those who dwell therein.

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OSTHAUS - GARTENSTADT UND STÄDTEBAU Unter „Gartenstädten“ verstand man früher

Städte mit vielen und großen Gärten. Mit besonderem Stolze legten sich Städte wie Düsseldorf und Bonn diesen Titel bei: In der Tat verlieh ihnen die große Zahl herr-lich gepflegter Privatgärten ein besonders anziehendes Aussehen. Sie verdankten es wesentlich diesem Vorzuge, daß sie auf mehr oder minder bemittelte Rentner eine starke Anziehung ausübten. Im Zeitalter der Steu-er nach dem gemeinen Wert verlieren diese Städte ihren Schmuck aber mehr und mehr, und nur jene Grünflächen, die, als alte Schloß- oder Hofgärten, zeitig in öffent-lichen Besitz übergingen, sind den Städten erhalten geblieben. Die neue „Gartenstadt“, wie sie die Deutsche Gartenstadt-Gesellschaft anstrebt, beruht auf anderen Voraussetzungen. Sie ist ein Kind der modernen Großstadt, erwachsen aus dem Hunger nach Licht, Luft, Bewegung und Gesundheit. Soziale Antriebe haben sie hervorgerufen, modernste Ideen der Boden-reform sind mit ihr verwachsen. Untrennbar ist von ihr das Streben, das Leben weiter Bevölkerungsschichten in ein engeres Ver-hältnis zur Natur zu setzen. Ob dies auf genossenschaftlicher oder kapitalwirt-schaftlicher Grundlage geschieht, ist für

KARL ERNST OSTHAUS

GARTENSTADT UND STÄDTEBAU(1911)

die Behandlung des städtebaulichen Problems „Gartenstadt“ zwar gleichgültig, doch ist nicht zu verkennen, daß die Ausschließung der Bauspekulation ihm etwas Festes und Be-stimmtes gibt, das es einer reinen künst-lerischen Lösung gefügiger macht. Immer-hin dürfen wir nicht übersehen, daß jetzt überall die Verhältnisse zur Bildung von Gartenstädten, oder besser gesagt: Garten-vorstädten auch auf spekulativer Grundlage drängen. Denken Sie an den Kranz von Vil-lenvierteln, die viele unserer Großstädte umgeben, an Arbeiterkolonien, die vieleror-ten schon den Charakter von Gartenstädten annehmen, an Waldsiedelungen, Kurörter und Seebäder. Sie alle teilen mit den Garten-städten auf genossenschaftlicher Grundla-ge zwei für die städtebauliche Behandlung maßgebende Bedingungen: 1. das mehr oder minder streng durchgeführte Einfamilienhaus, und 2. die einheitliche Planung. Das The-ma erweitert sich für den Entwerfer, wenn, wie bei Letchworth, die Gartenstadt zum geschlossenen kommunalen Organismus wird, wenn gleichzeitig die Anordnung von Indust-rie- und Geschäftsvierteln in Frage kommen. Ich möchte Ihrer Neigung oder Abneigung zur Förderung eines solchen Gartenstadt-Typs nicht vorgreifen, kann aber die Bemerkung nicht unterrücken, daß die völlige Ablösung des Menschen von großen Kulturzentren all-zuleicht zu jener gesättigten Kleinbürger-lichkeit führt, die geistig führende Men-schen immer als den ärgsten Hemmschuh des Fortschritts empfunden haben. Es scheint mir aber auch für die Gartenstadt nichts wich-

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62tiger zu sein als eine ungehemmte Durchblu-tung ihres ganzen Organismus mit geistigem Leben. Wie die Entwicklung aber auch laufen mag, die Charakter der Gartenstadt als einer hygienisch und sozial entwickelten Wohnstadt wird maßgebend bleiben, solange sie ihren Namen verdienen soll. Dies umsomehr, als das einfachste Reinlichkeitsempfinden dazu führen sollte, Fabriken und Verkehrsanlagen, die Schmutz oder Lärm verursachen, grundsätzlich von den Vierteln, wo man wohnt, sich erholt und wo Kinder aufwachsen, zu trennen. Denn gerade die planlose Vermengung von Wohn-, Industrie- und Verkehrsbauten in unsern modernen Großstädten, das Ersticken aller Lebensschönheit im Wuste des Wirtschaftli-chen, die geradezu ruchlose Vergewaltigung aller Kulturwerte durch die Interessen des Verkehrs und der Industrie sind es ja, gegen die der Gartenstadtgedanke ins Feld getreten ist. Bevor wir nun die Gartenstadt als Problem des Städtebaus näher ins Auge fas-sen, möchte ich über das Wesen dieser noch nicht lange wieder geborenen Kunst Einiges sagen. Denn es will mir scheinen, als seien die Anschauungen darüber noch wenig geklärt. Nur in der Dichtung wird der Durchschnitts-deutsche Maß- und Klangschönheit mit Gramma-tik und Inhalt vielleicht nicht verwechseln. Schon vor Gemälden vergißt er allzuleicht, daß abbilden können noch nichts weiter heißt als sprechen können, und daß die Malerei als Kunst über der Malerei als Abbildung so hoch erhaben steht wie Poesie über der Prosa des Werktags. Noch schwerer fällt ihm

diese Unterscheidung bei der Architektur. Daß Schlafzimmer nach Süden liegen, Stüh-le materialgerecht konstruiert und Räume in axialem Zusammenhang stehen sollen, wird oft in einem Atem gefordert und womöglich mit den gleichen Phrasen begründet: Und doch handelt es sich um so verschiedene Dinge wie es Inhalt, Grammatik und Met-rik sind. Im Städtebau ist eine Sonderung dieser Begriffe von besonderer Wichtigkeit. Und nicht nur deshalb, weil der Städtebau augenblicklich das aktuelle Problem unserer führenden Künstler ist, sondern vor allem auch deshalb, weil jeder Verstoß gegen sei-ne Gesetze in Jahrhunderten, vielleicht in Jahrtausenden nicht verwunden werden wird. Was schlechte Dichter schreiben, braucht niemand zu lesen, was schlechte Maler ma-len, kann man verbrennen oder übertünchen, Statuen lassen sich stürzen und Gebäude zur Not abreißen oder verändern, aber die Linien des Städtebaus sind nicht wieder zu tilgen; sie werden, je nach ihrer Beschaf-fenheit, unzähligen Generationen eine Freu-de und ein Stolz oder ein unentrinnbares Ärgernis sein. Versuchen wir also, das Gebiet des Städtebaus etwas zu durchleuchten. Der Städtebau hat zunächst seinen materiellen Inhalt, sein Thema. Es ist festzustellen, welchen Zwecken, welchen praktischen Erfor-dernissen ein Stadtplan genügen soll. Die Zahl und Art der Wohnungen, Werkstätten und Geschäftshäuser ist festzustellen. Die Sta-tistik des Verkehrs zu veranschlagen, die natürliche Gunst oder Abgunst der Bodenver-

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63hältnisse ist zu untersuchen, Sonne, Wind und Wetter sind zu berücksichtigen, Anzahl, Lage und Ausdehnung der öffentlichen Gebäu-de, Plätze und Parkanlagen ist zu bestim-men, die Viertel sind nach ihren eigentüm-lichen Erfordernissen zu sondern und nach Gesichtspunkten der Hygiene, des Verkehrs und der allgemeinen Zweckmäßigkeit im Ge-lände zu verteilen, für Bahnhöfe, Rathäu-ser und Gerichtsgebäude ist zentrale Lage vorzusehen, breite Verkehrsadern sollen diese Knotenpunkte des Verkehrs in direkte Beziehung setzen, Warenhäuser und Läden an Verkehrsstraßen angeordnet, Industriegebäu-de dagegen mit Eisenbahnen und Wasserläufen kombiniert werden, aber so, daß der Rauch die Wohnviertel nicht belästigt, Schulen und Krankenhäuser sind abseits vom Lärm in gesunder Luft und Sonnenlage anzuordnen, Sportplätze, Luft- und Wasserbäder womög-lich in freier Lage, doch leicht erreichbar anzulegen, Theater, Museen und Festhallen womöglich mit Parkanlagen in Verbindung zu bringen, für Wohnviertel die gesundeste Lage und alle Vorzüge der Landschaft auszu-nutzen – kurz, dem komplizierten Organismus des Gemeinwesens ist der größte Reichtum innerer Beziehungen und Zweckmäßigkeiten zu sichern. Es ist dies eine wichtige und unerläßliche Arbeit, von der das materiel-le Wohl des Städters durchaus abhängt; sie erfordert ungemein viele Fachkenntnisse und einen – ich möchte sagen: universellen Instinkt für die Verhältnisse des mensch-lichen Lebens; sie wird, nebenbei bemerkt, unendlich erschwert durch das Schwerge-

wicht der Eigentumsverhältnisse und den rücksichtslosen Widerstand kapitalistischer Bodenspekulation und jedes positiven Ergeb-nis auf diesem Gebiet ist darum mit umso größerer Freude zu begrüßen – aber, mit der Kunst des Städtebaus haben alle diese mate-riellen Fragen noch nichts zu tun. Für die Wissenschaft, die sich ihnen widmen sollte, könnte man das Wort „Kommunal-Ökonomie“ in Vorschlag bringen. Getrennt hiervon besteht ein zwei-tes Gebiet des Städtebaus, das ich mit der Grammatik in der Sprache oder der Konst-ruktionslehre in der Architektur parallel setzen möchte; ich meine die Technik des Städtebaus. Für den Laien tritt sie wenig in Erscheinung, weil ihre wichtigsten Anla-gen, Straßen- und Wasserbau, Kanalisation und Entwässerung, Zuleitung von Wasser, Gas und Elektrizität vielfach hinter den Kulis-sen ausgeführt werden oder nur als Oberfläche sichtbar bleiben. Für den „Stadtbaumeis-ter“ aber, wie er heute als Kommunalbeamter existiert, bilden sie den Hauptgegenstand seiner täglichen Berufsarbeit. Er hat, wie der Kommunalökonom die Interessen der Bevöl-kerung formulieren sollte, also die Interes-sen des Subjekts der Kommune, den Kampf mit dem Objekt auszufechten, für alles, was die Bedürfnisse der Bewohner nötig machen, die technische Lösung zu finden. Was das heißt, wird leicht begreifen, wer sich einmal mit den Schwierigkeiten der Wasserversorgung oder Entwässerung einer modernen Weltstadt beschäftigt hat. Die Technik des Städtebaus ist, wie jede Technik, beständig der Ent-

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wicklung unterworfen, Erfindung löst Erfin-dung ab, was gestern gültig war, ist heute vielleicht schon veraltet, und schon dar-aus ergibt sich, daß auch diese Seite der städtebaulichen Tätigkeit mit der Kunst des Städtebaus nichts zu tun hat. Es ist ein Zeichen für die geradezu prähistorischen Be-griffe, die in den meisten Stadtverordneten-Kollegien noch herrschen, daß man die Durch-führung dieser schwierigen Arbeiten und den Entwurf von Erweiterungsplänen in eine und dieselbe Hand legt. Unsere städtischen Bau-ordnungen bilden mit ihren unsäglich sche-matischen Bestimmungen eine recht betrübli-che Illustration dieses wenig kulturgemäßen Zustandes. Was ist nun aber die Kunst des Städ-tebaus? Erinnern wir uns zunächst, daß der Städtebau eine bildende Kunst ist, also eine Kunst, deren Eindrücke durch das Auge in die Seele eingehen. Man könnte so von ei-ner Optik des Städtebaus sprechen und da-mit zum Ausdruck bringen, daß diese Art des Schaffens mit Zweckmäßigkeit, Materialge-rechtheit u. dergl. nichts zu tun hat. Der Städtebaukünstler nimmt alle Forderungen der Zweckmäßigkeit und alle im Stande der Tech-nik liegenden Beschränkungen als gegeben hin, er leitet aber seine Gesetze nicht aus ihnen, sondern aus der Natur des Auges und des menschlichen Geistes ab. Wo Kollisionen eintreten, darf er für seine Notwendigkei-ten dasselbe Vorrecht in Anspruch nehmen, das im Konflikte von geistigen und von Ver-dauungsinteressen dem Geiste gebührt. Von der Anerkennung dieses Verhältnisses wird es

abhängen, ob wir einmal als Kulturvolk wer-den gelten können. Man kann dies in unserer Zeit der materiellen Ungeniertheiten nicht deutlich genug betonen. Das Schaffen des Städtebaukünstlers möchte ich aber so um-schreiben: er hat die Formelemente, die der Kommunalökonom ihm bietet, unter Berück-sichtigung der technischen Möglichkeiten zu optischer Einheit zusammenzufassen und im Erscheinungsbilde der Stadt den höchs-ten Ausdruck von Leben hervorzubringen. Wer Venedig kennt, Florenz oder französische Städte des 18. Jahrhunderts, wir wissen, daß weniger verlangen auf Alles verzichten heißt. Einheit aber verlangt Übersicht-lichkeit. Festlegung bedeutender Punkte, Durchführung fester Axen- und Richtlini-en, Herausarbeiten klarer Körper und Räu-me, Zusammenfassung größerer Gruppen durch Flucht-, Gesims- oder Firstlinien, lebendig gemachte Kontraste von Horizontal- und Ver-tikalflächen, Rhythmisierung der Straßenzüge und Platzbilder durch harmonische Maße und große Proportionen, Steigerung der Baukör-per und Räume von der Peripherie zur Mitte – das sind einige der Mittel, mit denen der Städtebauer zu rechnen hat. Er wird in sei-ne Proportionen, seine die Tiefe oder Höhe suchenden Linien, seine Steigerungen das Temperament hineinzulegen suchen, das ihn beseelt, und dadurch der steinernen Welt, in der wir leben, einen Ausdruck von Geis-tigkeit ein Gepräge seines Weltempfindens geben. Wie stellt sich nun im Lichte die-ser Auffassung die Gartenstadt dar? Es kann

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OSTHAUS - GARTENSTADT UND STÄDTEBAU

keine Frage sein, daß sie heute eines der wichtigsten Probleme des Städtebauers ist. Denn selten lag in früheren Zeiten die Mög-lichkeit vor, so umfangreiche Plangedanken in die Wirklichkeit umzusetzen. Die Neu-heit solcher Aufgaben hat denn auch unsere Architektenschaft wenig vorbereitet gefun-den. In allzuvielen Fällen ist die Aufgabe so gelöst worden, als handle es sich um ein langsam gewordenes Haus für Haus entstan-denes Dorf. Die reizvollen Winkelchen und Krümmungen oberbayrischer oder holländi-scher Dörfer, Giebel, Erkerchen und Türm-chen sind mit liebevoller Versenkung in die Zeit der bunten Schlafröcke und gestickten Pantoffeln nachgebildet worden. Aber die-se Entwürfe, so geistvoll und gedankenreich sie sein mögen, haben doch eine fatale Ver-wandtschaft mit jenen modernen Kirchen und Rathäusern, die man im altdeutschen Stile baute, es fehlt ihnen die innere Freiheit, ihren Schöpfern der Mut, eine moderne Sa-che auch modern anzufassen. Dazu kommt ein anderer, oft begangener Irrtum. Man hielt die Gartenstädte für eine Vermischung von Stadt und Land. Der ländliche Charakter prägte sich in einer unökonomischen Raum-ausnutzung, einer unnötigen Auseinanderzer-rung der Gebäude aus. Man legte die Straßen breit mit Wiesenstreifen an oder legte vor Häusern, die an innerer Engigkeit bis zur äußersten Grenze des Zulässigen gingen, breite Vorgärten mit Rhododendronpflanzun-gen an. Die Folge war dann oft genug eine Ungepflegtheit der Anlagen und Straßen, die an die wenig anmutenden Zustände einer

gernegroßen Kleinstadt erinnert. Zudem ist Gartenstädten dieser Art der Nachteil eigen, daß sie sich selbst von der Natur, die sie doch suchen, durch ihre eigene Ausdehnung abschließen. Es muß gegenüber romantischen und sentimentalen Anwandlungen dieser Art betont werden, daß wir überall so auch hier genaue Erfassung des Problems und äußerste Klärung des Stadtprogramms die unerläßliche Vor-bedingung einer künstlerisch einwandfreien Lösung ist. Verfallen wir nicht mit Rous-seau in jene unfruchtbare Schwärmerei für die unverfälschte Natur! Natur gibt es nicht oder wir sind auch Natur. Die Kraft, die im Menschen Kultur wirkt, hat den Duft der Blu-men und den Glanz der Schmetterlinge her-vorgebracht. Und was wir Natur nennen, ist längst von Menschenhand gestaltet und Kul-tur geworden. Wälder, Wiesen und Kornfelder sind vom Geometer vermessen und vom Landmann bestellt. Man muß sich schon ins höchste Schneegebirge oder an den Strand des Mee-res flüchten, um Natur zu finden, in die der Mensch sein Denken nicht verwoben hat. Für uns gibt es nur Kultur, das heißt: gezähmte und gestaltete Natur. Es gibt Landkultur und Stadtkultur, jede hat ihre Gesetze, ihren inneren Sinn, und man tut gut, sie nicht zu vermischen! Stadt und Land sind Gegensätze, und je gegensätzlicher man sie gestaltet, um so größer wird der Ausdruck sein, den sie für unser Empfinden annehmen. So sollte auch die Gartenstadt kein Rückfall in die Halb-kultur der Kleinstadt, sondern eine Hin-ausentwickelung über die Großstadt sein.

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66 Ich denke mir die Gartenstadt also als ein geschlossenes Ganzes, das scharf umrissen in der Landschaft liegt. Ihre nä-here Umgebung sollte unter allen Umständen der Bebauung entzogen bleiben. Es ist aber nicht nötig, dieses Land in Parkanlagen mit Rasenflächen und Blumenbeeten zu verwandeln. Sein Wert wird nicht gemindert, wenn es landwirtschaftlich genutzt wird. Im Gegen-teil: die nahe Berührung mit der Landwirt-schaft kann für jeden Städter nur segens-reich sein. So tritt uns der Gedanke einer kommunalen Domänenbildung nahe. Das Land, das der Bebauung entzogen werden soll und daher der Gartenstadt gehören sollte, könnte von dieser selbst bewirtschaftet oder doch in einer Weise verpachtet werden, die den Stadtbewohnern die Vorteile eigener Wirt-schaft sichert. Es scheint mir selbst nichts im Wege zu stehen, daß erweiterungsbedürf-tige Großstädte diesen Weg beschreiten, den ganzen Umkreis ihres Weichbildes ankaufen, in landwirtschaftliche Benutzung nehmen und ihre Vorstädte in Gestalt von geschlosse-nen Siedelungen, gewissermaßen planetenhaft, durch vortreffliche Verkehrswege verbunden, anlegen. Daß diese Entwicklung auch auf der Grundlage von Zweckverbänden nach amerika-nischem Muster vor sich gehen kann, sei hier nur angedeutet. In Siedelungen dieser Art wird Raumverschwendung kein Vorzug sein. Man kann die Abmessungen der einzelnen Baupar-zellen klein greifen und wird damit den Vorzug geringerer Straßenkosten wahren. Die Häuser brauchen nicht frei zu liegen, man kann sie in Reihen bauen und dadurch eben-

falls ökonomischer gestalten. Vorgärten und Bauwich sind überflüssig. Wohl wird sich der Bedarf an freiliegenden Häusern einstellen; man sollte ihnen dann aber besondere Stra-ßen einräumen, sodaß der Grundcharakter der Baugruppen nicht gestört wird. Die äußerste Pflege aller Anlagen bei angemessener Grö-ße sollte immer als Ziel erstrebt werden. Von jeder Protzerei ist abzusehen. Eiser-ne Gitter, die den Einblick in die Gärten freigeben, sind ein baupolizeilicher Un-fug, gegen den man sich energisch zur Wehr setzen sollte. Der Garten ist erweiterte Wohnung, wo der Mensch bei sich zu Hause ist; er sollte durch Mauern gegen den Ein-blick Vorübergehender geschützt werden. Es braucht die Straße nicht zu entwerten, wenn sie als das ausgebildet wird, was sie ist: eine Gasse des Verkehrs. Ihre Breite rich-te sich nach dem Bedürfnis. Es genügt, wenn die Haupt-Zu- und Durchfahrt einer Siede-lung geräumig und breit ist, aus den Wohn-straßen sollte man den Verkehr so viel wie möglich bannen, Ruhe ist hier eine Haupt-bedingung der Behaglichkeit. Wieviel könn-te Europa hier noch vom islamischen Orient lernen, wo die Wohnstraßen, die von den großen, durchlaufenden Verkehrszügen seitab biegen, sich allmählich zu kleinen Sack-gässchen verästeln, die nur Zugänge, aber keine Durchgänge bilden. Ich erinnere mich nicht, jemals einen stärkeren Eindruck von Wohnfrieden gehabt zu haben als in diesen, der Welt entrückten, von hohen weißen Häu-sern und Mauern umschlossenen Gäßchen, wo hinter jeder malachitfarbenen Tür das Glück

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67zu wohnen schien. Für die Durchführung eines guten Planes ist es von der größten Bedeutung, daß öffentliche Gebäude und Anlagen, also Verwaltungsgebäude, Schulen, Luft- und Wasserbäder genau vorausbestimmt und an zweckmäßiger Stelle vorgesehen werden. Die Arbeit des Städtebaukünstlers führt um so sichrer zu einem guten Ergebnis, je durchdachter das Programm ist, das man ihm stellt. Wie wird er nun entwerfen? Sein Element ist das Haus, ein Haus ist recht-eckig, ebenso wird die Vielheit der Häuser zum Rechteck drängen. Das normale Stadtbild wird demnach ein Netz von rechtwinklig sich schneidenden Straßen zeigen. Die Rücksicht auf den Verkehr fügt Diagonaldurchschnei-dungen hinzu. Das ist die Grundform. Von dieser Grundform des Stadtplanes sollte keine Willkür sich entfernen. Jede krum-me Linien, die aus Gründen der „Schönheit“ eingeführt wird, folgt aus einer falschen Ästhetik. Wohl aber gibt es gesetzmäßige Abweichungen von dem Schema, und zwar so zahlreiche, daß das Schema selten in sei-ner primitiven Starrheit zur Durchführung gelangen wird. Die Rücksicht auf Winde und Sonne mag manche Abweichung von der geraden Flucht rechtfertigen. Flüsse und Bahnlini-en werden oft die Straßenführung beeinflus-sen, in der Weise, daß in den Parallelstra-ßen ihre Krümmung nachklingt. Auf unebenem Gelände tritt an Stelle der geraden Straße jene gebogene, die ein gleiches Steigungs-verhältnis gewährleistet. Abweichungen von der Rechtwinkligkeit sind in solchen Fällen

nicht zu vermeiden. Es darf aber als Richt-schnur dienen, daß bei allen Umgrenzungen der Blöcke, bei allen Durchschneidungen der Straßen die rechtwinkelige Normalform des Hauses wieder gesucht werden sollte. Eine besondere Beachtung verlangen die öffentlichen Gebäude. Sie treten zu den einfach gereihten Häusern in das Verhält-nis der Überordnung, das in axialer Anord-nung oder in gesteigerter Silhouette seinen Ausdruck finden kann. Bei unebenem Gelände werden sie am besten die Höhen krönen. Auf ihnen beruht auch wesentlich die Gliederung des Planes. Ein Stadtplan sollte eine Ein-heit sein, ein Gebilde, das von den Grenzen nach der Mitte eine stete Steigerung er-fährt. Nur dann, wenn die großen Leitlini-en eines Stadtbildes, die Sockel, Gesimse und Firstlinien, an denen das Auge entlang läuft, ein Ziel, eine Verknotung finden, ist ein architektonisch bedeutender Eindruck ge-sichert. Daß der Höhepunkt eines Stadtbildes nicht mit der geographischen Mitte zusammen-zufallen braucht, daß eine Stadt ihr Gesicht einem Flusse, dem Meere oder einer schönen Aussicht zukehren kann, lehren uns unzäh-lige Beispiele der Vergangenheit. Es ist leider eine nur zu bekannte Tatsache, daß wir noch immer die Blicke rückwärts richten müssen, wenn wir nach Städtebildern suchen, die uns mit Stolz und Heimatglück erfüllen. Für unser modernes Bürgertum ist es gerade keine Ehre, daß fast alle bedeutenden Stadt-bilder der Vergangenheit auf fürstliche, man kann fast sagen, absolutistische Gründungen zurückgehen. Hier gilt es, die alten lieb-

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68gewordenen Traditionen des laissez faire über Bord zu werfen und einheitlichen Willen zu bekunden. Die Gartenstadtbewegung hat in dankenswerter Weise die Aufgaben ins Rollen gebracht; möchte unsere Zeit ihnen gewachsen sein.

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Die ursprüngliche Idee einer Gartenstadt war die einer Neugründung – einer neuen Stadt auf jungfräulichem Boden. Diese Stadt durfte und mußte schlechtweg das Stadtideal unserer Tage verkörpern. Solche umfassende Aufgabe, eine Stadt von Grund aus neu zu erbauen, war der Architektenschaft seit den Tagen des Abso-lutismus nicht mehr gestellt worden: wenn auch da und dort neue Städte begründet wur-den – in neuerer Zeit etwa Prince Rupert in Kanada – wenn auch für sie ein zusammenhän-gendes organisches Straßennetz geschaffen wurde, so konnte doch bei der Zersplitte-rung des Grundbesitzes an eine einheitliche Bebauung niemals gedacht werden. Der genossenschaftliche Besitz des Landes aber sichert der stadtgründenden Gartenstadtgesellschaft die Macht, über die Bebauung selbst zu verfügen, eine Macht, die unter absolutem Regime zu so wundervol-len Schöpfungen geführt hat. Es sei erin-nert an Alt-Karlsruhe, Ludwigslust i. M., Carlshafen a. W. Die Übung freilich ist verloren gegangen. Die erste Gartenstadtgründung, Letchworth, muß als Versuch gelten, noch dazu als Versuch mit unzureichenden Mit-teln. Denn wenn auch das Terrain im Besitz

HANS BERNOULLI

DIE NEUE STADT(1911)

BERNOULLI - DIE NEUE STADT

der Genossenschaft ist, so fühlt sich diese doch nicht kräftig genug, die Art der Be-bauung zu diktieren, muß vielmehr in den meisten Fällen der Bauspekulation freie Hand lassen. Aber der Wille zu einer einheitli-chen Schöpfung, einem nach architektonischen Grundsätzen entwickelten Organismus, be-stand und ist niedergelegt in dem von Unwin & Parker geschaffenen Grundplan des Ortes: der Süd-West-Teil der Stadt übernimmt die führende Rolle. Vom Bahnhof aus führt ein 30,5 m br. Broadway zum Zentralplatz auf der Höhe einer vorspringenden Kuppe. Um den Kern Broadway-Zentralplatz führen 2 konzentrische Straßensysteme, vom Platz aus gehen 11 Radi-alstraßen, von denen einige die Beziehungen zu den übrigen Quartieren herstellen. Um die Bedeutung solcher streng architektonischen Anlage zu würdigen, muß man sich vergegen-wärtigen, daß zur selben Zeit in Port Sun-light ein Arbeiterhaus in der Gestalt eines Rothenburger Torturms erbaut wurde: eine Romantik, die schwerlich überboten wer-den kann, ein schroffer Gegensatz zu jenem architektonischen Gefüge, das in Letchworth entstehen sollte. Die Entwicklung hat von der Neu-gründung ganzer Städte abgedrängt. Nach Letchworth sind bekanntlich nur noch Gar-tenvorstädte, an bestehende Zentren sich anlehnende Vororte, gegründet worden. Doch bedeutet eine Gartenvorstadt immer noch bis zu einem gewissen Grad ein in sich abge-schlossenes Ganzes, das sich streng von der Umgebung absondert und ein eigenes kleines Zentrum in seiner Mitte entwickeln kann.

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Die genossenschaftliche Organisation ist ein gemeindebildendes Prinzip, das die fast zufällige Zugehörigkeit zu irgend einer Vorortgemeinde – etwa Berlin-Wilmersdorf, Berlin-Schöneberg – weit hinter sich läßt. Eine Gartenvorstadt, gerade weil sie mit-ten zwischen Vororte ohne inneren Zusammen-hang gestellt ist, braucht noch dringender als eine unabhängige Gründung einen bewußt einheitlich-klaren Ausdruck in Anlage und Aufbau. Der gestaltende Architekt und nicht zuletzt die auftraggebende Genossenschaft selbst hat noch eindringlicher darauf hinzu-arbeiten, daß die Organisation, das Gemein-dewesen, einen unzweideutigen, sinnfälligen Ausdruck finde. Nicht »nette Häuschen«, son-dern »neue Stadt«. In der Gartenvorstadt Hampstead hat Unwin im Verein mit Parker diesen Weg be-schritten. Der Grundplan (s. Abb. I), na-mentlich in seinen neueren Teilen,ist übersichtlich nach wenigen klaren Gesichts-punkten geordnet: die beiden Höhen mit öf-fentlichen Gebäuden besetzt, die kleine Tal-mulde freigehalten als Sammelbecken für fünf einlaufende Straßen, die grosse Freifläche deutlich durch Mauern und Treppen gegen den Ort abgegrenzt; die verschiedenen Bauarten – Backsteinrohbau, Putzbau – in Gruppen ver-einigt; den einzelnen Architekten – Michael Burney, Geoffry Lucas, Lutyens, Unwin –ganze Straßenzüge und Häuserviertel zugewiesen. Lutyens z. B. ist die ganze Bebauung des Zentralplatzes übertragen: zwei Kirchen mit ihren Pfarrhäusern, das »Institut« und alle Privatbauten, die den Platz umsäumen oder

seine Zugänge bilden. Es muss einleuchten, daß in einer Hand vereinigt, die verschie-denartigen Bauten in das glücklichste Ver-hältnis zu einander gebracht werden können; keine störende Note trübt die ruhig entwi-ckelte Harmonie; keine ängstliche Sicherung gegen unangenehme Überraschungen ist nötig. Hier kann der letzte Bau, ohne laute Töne angeschlagen zu müssen oder gar in das üble und doch so beliebte Fortissimo zu ver-fallen, zur Geltung kommen, als Teil des Ganzen zum Gelingen des Ganzen beitragend, aber hinwiederum auch getragen von der all-gemeinen Harmonie. In den übrigen von Unwin beeinflußten Schöpfungen Brentham und Liverpool Garden Suburb, selbst bei dem dörflichen Earswick zeigen sich ähnliche Tendenzen. In Deutschland kostet es viel mehr Mühe, der neuen Stadt ein neues Kleid zu verschaffen. Auf den Lehrstühlen für Städ-tebau an unsern 7 technischen Hochschulen werden ästhetische Grundsätze entwickelt, die fast samt und sonders von den all-mählich gewordenen Städten des Mittelal-ters abgeleitet sind. Die Neugründungen des Mittelalters, vollends der neuen Zeit werden selten in den Kreis der Betrachtun-gen gezogen und so erleben wir das eigen-tümliche Schauspiel, daß eine ganze Anzahl unserer neugegründeten, auf einen Hieb entworfenen Gartenstädte – worunter Heller-au – sich das Ansehen geben, als ob sie im Lauf der Jahrzehnte ruckweise entstanden wären; Brüche, Bäuche, ein- und aussprin-gende Ecken zeigen sich den Straßen wie in

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mittelalterlichen Dörfern und Städten, die doch die Erinnerung an gar vielerlei Not: Befestigungszwang,Brände, verworrene Be-sitzgrenzen, Verschiebung des Verkehrs – in Gestalt von allerlei verzwickten Straßen-führungen gleich Narben im Gesicht tragen. Selbst das unschätzbare Recht, auf eigenem Boden frei schalten und walten zu können, die Möglichkeit, die gesamte Bebau-ung den besten Kräften anzuvertrauen, ist nicht überall genügend genützt worden. Dies Verfügungsrecht gibt ja der schwächsten Genossenschaft mehr Macht in die Hand, als die reichste Stadtgemeinde sich je ver-schaffen kann. Der Wille zu bewußter Machtentfal-tung und planvollem Aufbau einer Stadt als einem organischen Ganzen spricht aus den Plänen von Stockfeld, Hüttenau, selbst von der Gartenvorstadt Karlsruhe. Am stärks-ten indes aus dem von Esch & Anke aufge-stellten Plan der Mannheimer Gartenvor-stadt (s.Ab.2). DieserEntwurf gibt trotz des wenig günstigen Umrisses den Plan einer fertigen in sich selbst ruhenden kleinen Wohnstadt, die wohl gegen Südost und Südt-west sich öffnet, um die Beziehungen zur Arbeitsstadt, zu Mannheim, herzustellen, nach Norden aber sich abschließt. Er gibt damit den bestehenden Verhältnissen einen adäquaten Ausdruck.

Die Stadtmitte ist locker bebaut; sie wird von einem aus geschlossenen Häuserzeilen dargestellten Ring umfaß, der am vornehms-ten Punkt,dem Hauptzugang gegenüber, durch

einen Platz mit öffentlichem Gebäude als mit einem Edelstein geschmückt ist. Zu diesem Hauptpunkt ist der nordöstliche Teil direkt, sind die übrigen Partien durch eine Queraxe in Beziehung gebracht. Der Plan ist al-les eher als ein Schema: in außerordentlich feinsinniger Weise sind zum Beispiel die weiten Gartenflächen in größeren Abständen durch Baumreihen gegliedert; sehr geschickt sind die wechselnden Grundstückstiefen (z. B. westlich vom Haupzugang) genützt. Der westliche Zipfel birgt ein Doppelhufeisen von besonderem Reiz und wo an einem Punkt nur eine einzeilige Bebauung des Blocks er-reicht werden konnte, ist die freie Seite außerordentlich ansprechend ausgebildet. Die in dem zusammenfassenden Buch »Die deutsche Gartenstadtbewegung« veröffentlichten Skiz-zen zu Häusern lassen auch eine volle Aus-münzung der im Bebauungsplan niedergelegten Werte erhoffen.

Wie in der Organisation selbst viel Takt erforderlich ist, die Ansprüche des Einzel-nen gegen die Macht der Gesamtheit richtig abzugrenzen – der einzelne soll zu seinem Recht kommen, die Gesamtheit soll in ihrer Stoßkraft nicht gelähmt werden durch Son-derwünsche – so wird auch die neue Stadt sorgfältig abzuwägen haben: die berechtigte Sonderstellung einzelner Bauten oder Grup-pen und die Notwendigkeit, das Einzelhaus in größere Komplexe einzuordnen. Wo ein Wille zu höherer Ordnung besteht, wird kein Zwang gefühlt, wenn es sich um das Einhalten be-stimmter vereinheitlichender Bestimmungen

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72handelt, gleiches Dach und Fassadenmaterial, gleiche Zäune, gleiche Fensterteilungen. Dem Genossenschaftsmitglied gehört ja nicht nur sein Haus, ihm gehört auch der Strassen- und Platzraum, der durch die Häuserzeilen gebil-det wird. Die Straße ist nicht mehr das fast feindliche Element, sie ist zum einheitlich erdachten,in seinen Wirkungen abgewogenen Raum geworden, sie gehört wieder den Anwoh-nern, jeder einzelne trägt durch seine Haus-front zu ihrem Werden bei, bildet einen Teil des Raumganzen. Und Straße um Straße glie-dert sich in eine höhere Einheit, die Stadt, vermöge der Kunst, die aus den Straßen und Plätzen Raumfolgen schafft, große Komplexe vereinigt durch Verwendung gleichen Materi-als, durch Zuteilung zum Arbeitsfeld eines Architekten, durch Bindungen in Form von Einfriedigungen und Gesimsen. Nur eine Organisation wird Organi-sches schaffen. Darum wird die neue Stadt von der genossenschaftlichen Gartenstadtbe-wegung gebaut werden.

BERNOULLI - DIE NEUE STADT

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WAGNER - DAS PROBLEM DER REINEN GARTENSTADT

Die Gartenstadt ist weder von ihrem geisti-gen Urheber Ebenezer Howard, noch von ihren sonstigen Förderern jemals als ein ledig-lich ästhetisches Gefüge von Einfamilien-häusern mit Gärten hingestellt worden. Die-se trautbürgerliche Auslegung des Begriffes Gartenstadt ist erst durch ihre Populari-sierung entstanden. Sie klebt genau so an der Oberfläche des wirklich Erstrebten wie all das, was dem Bürgertum oder Laientum gefällt oder mißfällt. Ist es doch gerade dieses sentimentale Gefallen der „Garten-städte“ mit ihren Kleinhäusern und Gärten, was der weiteren Entwicklung der eigent-lichen Gartenstadtidee so hemmend entge-gengetreten ist. Lange genug wurden die Ideen Howards durch die bürgerliche Auffas-sung über die Gartenstadt in ihren Wur-zeln abgetötet. Man wollte nicht tiefer in das Problem hineinsteigen, weil man sonst an den gegebenen, fast möchte man sagen gottgewollten Grundlagen des Städtewesens gerüttelt hätte. Doch werden wir uns beson-ders in Deutschland darauf besinnen müssen, daß Howard die Gartenstadt den heutigen, aus dem freien Spiel der Kräfte erwachsenen Städten entgegenstellen wollte. Wir werden uns auch bewußt sein müs-sen, daß der Begriff der Gartenstadt nichts

MARTIN WAGNER

DAS PROBLEM DER REINEN GARTENSTADT(1926)

zu tun hat mit dem Begriff der Satelliten-stadt, eines Gebildes, das man erfunden hat, um in den Irrsinn der Großstadtentwicklung korrigierend einzugreifen. Wollen die Satel-litenstädte letzten Endes doch nichts ande-res, als eine andere Verteilung des städti-schen Volkszuwachses herbeizuführen. An den Grundübeln der großstädtischen Organisation werden auch die Satellitenstädte nicht viel ändern können. Worin bestehen diese Grundübel der heutigen Städte? Ist es ihre räumliche Ge-drängtheit, ist es ihr kulturwidriges Geha-ben, ist es die Masse ihres sozialen Elen-des, ist es die Terrainspekulation und das Baulöwentum allein? O nein, so einfach liegt die Frage nicht! Wäre sie es, dann hätten die Städtebauer, Künstler und Sozialpoli-tiker das Rätsel der Großstadt längst ge-löst. Unser Städtewesen krankt daran, daß der Begriff der Stadt noch keine volkswirt-schaftliche Durchleuchtung erfahren hat. Die vertikale Durchleuchtung unserer Wirtschaft ist denkbar weit vorgeschritten. Wir kennen die wirtschaftlichen Einzelzweige der In-dustrie, des Handels und der Landwirtschaft bis in ihre Eigenarten hinein. Die horizon-talen Lagerungen unserer Wirtschaft sind uns jedoch weniger bekannt. Wohl wissen wir viel darüber, ob und inwieweit eine ideale Volks-wirtschaft innerhalb bestimmter politischer Grenzen eine passive oder aktive Bilanz auf-weist. Die entsprechende bilanzmäßige Klä-rung für die städtischen Gebilde ist aber noch nicht in Angriff genommen. Und hat diese Klärung so gar keine

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74Bedeutung? Ein großindustrielles Unternehmen wird, durch die freie Konkurrenz getrieben, stets darauf bedacht sein, die Wirtschaft-lichkeit seines Standortes zu überprüfen. Es wird, zumal unter dem Druck amerikanischer Betriebsorganisation, eingehende Forschungen darüber anstellen, ob die physischen und me-chanischen Arbeitskräfte am richtigen Platze stehen, ob die Arbeitsprodukte die kürzes-ten Transportwege durchlaufen, ob Leerläufe das Produktionsergebnis beeinträchtigen usw. Aber, wer hat heute derartige Studien für unsere Großstädte angefaßt, wer kennt die Wirtschaftsbilanz unserer Großstädte? Unsere Bürgermeister und Oberbürgermeister kennen zwar ihren Etat sehr gut, sie dürften aber zu 99 Proz. völlig versagen, wenn man ihnen Fragen, wie die folgenden, vorlegt: Wie hoch ist der Produktionsertrag der Städte auf den Kopf der Bevölkerung? Ist er ebenso groß oder größer oder kleiner als in den Nachbar-städten? Wie hoch stellen sich die Kosten der Personen- und Gütertransporte innerhalb des städtischen Weichbildes? In welchem Ver-hältnis stehen diese Kosten zu den Kosten in kleineren Städten? Welche Beträge hat die städtische Bevölkerung an Grundrente je Kopf und Jahr aufzubringen? Welche Beträge ent-fallen von dem Produktionsertrag je Kopf auf Kleidung, Nahrung, Wohnung, Kulturzwecke, Bildung, Verkehr, Vergnügen, Erholung usw.? Ob unsere Herren Oberbürgermeister auf die-se Fragen eine Antwort geben können? Es ist sogar zu befürchten, daß die Beantwortung dieser Fragen als eine leere statistische Spielerei betrachtet werden wird, von der

sich jeder ernsthafte Kommunalpolitiker ab-zuwenden habe. Aber was ist denn Kommunal-politik anders als eine Stadtwirtschaftspo-litik, deren höchstes Ziel die kulturelle Steigerung des städtischen Lebens ist? Eine Steigerung der städtischen Kultur ist aber auf einem anderen Wege als dem, das wirtschaftliche Fundament des städtischen Getriebes zu verbessern und die verlorenen oder falschen Kosten, sowie die Leerläufe in der Stadtwirtschaft zu be-seitigen, nicht zu erreichen. Bisher aber hat sich die Auffassung, daß die Kommunal-politik mit den einer Gemeinde gesetzlich zufallenden Aufgaben nicht erschöpft ist, erst in einzelnen führenden Köpfen durch-gesetzt. Kommunalpolitik ist mehr als die Erfüllung einer gesetzlich festgelegten Aufgabe. Kommunalpolitik ist eine Stadt-wirtschaftspolitik, die sich für die ge-samte Stadtwirtschaft verantwortlich fühlt. Aber diese Politik ist auf der Grundlage des freien Spiels der Kräfte nicht zu ver-folgen. Sie setzt übergeordnete Gebunden-heit aller Wirtschaftsglieder an die ele-mentarsten Grundlagen der Wirtschaft und Kultur voraus. Wie aber sind wir zu unserer heuti-gen, eng begrenzten Kommunalpolitik gekom-men? Die enge Begrenzung der Selbstverwal-tung auf Aufgaben, die ein sehr bissiger Kritiker gelegentlich als „Nachtwächter-aufgaben“ im Dienste der Allgemeinheit bezeichnet hat, hat in dem Bürgertum das Gefühl dafür abgetötet, daß die Städte auch noch andere Aufgaben haben, als die Schä-

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75den des freien Spiels der Kräfte zu heilen, für Obdachlose Asyle zu bauen, für die in Mietkasernen erkrankten Körper Krankenhäu-ser zu errichten, für die in Not und Elend Geratenen Wohlfahrtseinrichtungen zu tref-fen, die freie Natur und den eigenen Garten durch Kinderspielplätze und Parkanlagen zu ersetzen, dem zur Karikatur angewachse-nen Verkehr über und unter der Erde eine Bahn zu schaffen usw. Hätte jedes städti-sche Gebilde eine Selbstverantwortung für den Gesamtertrag städtischen Wirtschaftens, also auch für die Produktionserträge, die heute nur privatwirtschaftlich kontrolliert werden, dann sähe es in unserem Städteleben und in unserer Stadtwirtschaft ganz anders aus. Dann würden wir Schluß machen mit der Vergeudungswirtschaft an Menschenkraft und Material und den unendlichen Hemmungen und Reibungen, die 30 oder 50 Proz. unserer Ar-beitserträge betragen und uns den Aufstieg zu höherer Kultur und Wohlstand erschweren. Wollen wir doch ja nicht behaupten, daß wir es im Zeitalter der Demokratie und Selbstverwaltung so herrlich weit gebracht haben. Als das Mittelalter noch für jedes Gemeinwesen seine Zollschranken hatte, da hatte das Oberhaupt, der Rat, einer Stadt einen ganz anderen Überblick über die Wirt-schaftsbilanz der Städte. Ich will mit die-sem Hinweis keineswegs der Einführung einer städtischen Zollgrenze das Wort reden. Was aber durch diesen Hinweis deutlich werden soll, das ist die gesteigerte Erkenntnis, daß sich jede Stadt eine Wirtschaftsbilanz aufzumachen hat, die über die kameralisti-

sche Etatsbilanz der Städte weit hinausgeht. Wir ziehen heute in den Städten ganz falsche Bilanzstriche. Das Kleinhaus mit dem Eigengarten kann mit der Mietkasernenwoh-nung nicht konkurrieren, weil die Rentabili-tät der Mietkaserne künstlich gestützt wird durch die Ausgaben der Städte für Parks und Spielplätze, für Krankenhäuser, für Asy-le usw. auf der einen Seite. Auf der ande-ren Seite drängt der erzwungene Verzicht auf Wohnkultur den individuellen Haushalt zu Ausgaben für übertriebenen Putz, für Vergnü-gungen, für Kneipen, für Verkehrskosten usw. Die mangelnde Verantwortung der Städte für den gesamten Ertrag der Stadtwirtschaft hat auch dazu geführt, daß wir uns nicht darum kümmern, ob die industriellen und gewerbli-chen Unternehmungen ihren richtigen Stand-ort haben, ob die Verteilung der Güter des täglichen Bedarfes nach dem Grundsatz des geringsten Kraftaufwandes geschieht, ob die Verwaltung und Bureaukratie nicht übersetzt ist und wesentlich gemindert werden kann, wenn die durch Leerlauf und falsche Kosten aufgefressenen Produktionserträge dem Indi-viduum als zusätzliche Einkommen zugeführt werden. Das alles sind unberücksichtigte Möglichkeiten der Steigerung der Stadtwirt-schaft und der Stadtkultur, von denen wir heute noch sehr weit entfernt sind. Aus dieser tieferen Erkenntnis her-aus entstand die Idee der Gartenstadt. Diese Idee wurde leider durch das Vorwort „Garten“ auf eine Ebene geschoben, die den eigentli-chen Feinden und Gegnern der Gartenstädte ein leichtes Spiel gab. Führen wir aber die

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76Gartenstadtidee auf ihre tieferen Vorausset-zungen zurück, dann muß, zumal in heutiger Zeit, die Diskussion hierüber erneut entfa-chen. Wir sprechen heute sehr viel da-von, den Produktionsertrag des Volkes durch zweckmäßige Organisationen des vertikalen Wirtschaftsgebildes zu heben. Wir übersehen aber ganz, daß die horizontale Organisation der Wirtschaft voll von Leerläufen und fal-schen Kosten ist und daß durch eine Neuorga-nisation des städtischen Rahmens städtischer Wirtschaft mehr Erträge herausgeholt werden können. Warum sollte da nicht die breites-te Volksmasse auf unserer Seite stehen, wenn wir ihr nachweisen, daß die willkür-liche Anlage und Ausstattung unserer Städ-te ein strafbarer Luxus ist, den wir uns im Zeitalter der Rationalisierung nicht leis-ten können. Daß diese Erkenntnis heute noch keine allgemeine Gültigkeit aufweist, liegt lediglich daran, daß wir die Oeffentlichkeit mangels tiefgehender Studien nicht mit Tat-sachen belehren können. Wer sollte diese Studien anstellen? Hierzu ist die Deutsche Gartenstadtgesell-schaft in erster Linie berufen. Es dürfte sich jedoch empfehlen, den Namen dieser Ge-sellschaft umzutaufen auf „Gesellschaft zur Förderung der Stadtwirtschaft und Stadtkul-tur“. Die Deutsche Gartenstadtgesellschaft braucht nicht bange zu sein, daß mit dieser Umstellung des Namens ein altes Kulturziel verlorengeht. Die wirtschaftlichen Konse-quenzen weisen weit zwingender auf das Ideal

der Gartenstadt hin, als dies durch einen Locknamen erreicht werden könnte. Selbstverständlich braucht die Gesellschaft zur Förderung der Stadtwirt-schaft und Stadtkultur eine materielle Unterstützung leistungsfähiger Organisa-tionen und Verbände. Aber haben nicht die Organisationen der Städte und Gemeinden selbst ein dringendes Interesse daran, die Ziele dieser auf eine Steigerung der Stadt-wirtschaft und Stadtkultur eingestellten Gesellschaft zu fördern, zumal wenn sie, im engsten Einvernehmen mit den Städten, die-sen eine Arbeit abnimmt, die jede Stadt für sich doch zu leisten hätte? Sind es nicht auch die Staaten und das Reich, die an der gesunden Bilanzierung der Stadtwirtschaft interessiert sind? Gerade diese Stellen, die sich heute bemühen, ein groß angeleg-tes Siedlungswerk ins Leben zu rufen und Hunderte von Millionen Mark dem Bau neuer Siedlungen und Wohnungen zuführen, sollten sich darauf besinnen, daß diese auf Genera-tionen festgelegten Werte eines verarmten Volkes nicht nach überlebten städtebau-lichen Methoden verbaut werden. Man füh-re auch den industriellen Unternehmungen einmal den eigentlichen Wert einer Ratio-nalisierung des Städtebaues vor Augen und ich bin mir sicher, daß auch diese Stellen dafür dankbar sein werden, wen man sie auf die zweckmäßigste Art der Neuinvestierung ihres Kapitals aufmerksam macht. So sehr mir die englischen Beispiele praktischer Gartenstadtarbeit auch Zustim-mung und Bewunderung entlocken, so sehr

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77scheinen sie mir auch zu beweisen, daß der Wert der Gartenstadtidee, vorerst wenigs-tens, nicht in der Gründung neuer Städte liegt, für deren wirtschaftliche Fundierung der erforderlichen Vorarbeiten bei weitem noch nicht geleistet sind. Mir scheint im Gegenteil, daß die Freunde der Gartenstadt ihre ganzen Kräfte auf Regeneration der vorhandenen Städte im Sinne der tieferen Wirtschafts- und kulturpolitischen Ideen der Gartenstadt einzustellen haben, daß sie Hand in Hand mit den Städten arbeiten und für eine Popularisierung derjenigen Ideen sorgen, von denen der Aufstieg der Städte zu neuer Blüte und wahrhafter Kultur ab-hängt.

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RED HOUSE

Das für William Morris (1834 – 1896) von seinem Freund Philipp Webb im Jahre 1858 entworfene Red House ist international als wegweisendes Arts and Crafts Movement-Ge-bäude bekannt. Während es zur Zeit seiner Entstehung unbeachtet blieb, hatte es den-noch eine derart große symbolische Kraft, dass das Red House später als der Vorbote einer neuen Ära architektonischer Ehrlich-keit, Wahrhaftigkeit und Demokratie ange-priesen wurde. Hermann Muthesius beschreibt es im Jahre 1904 als „the first private house oft he new artistic culture, the first house tob e concieved as a whole inside and out, the very first example in the history oft he modern house.“1 Dem Red House kommt in der Folge in den meisten Geschichten der Modernen Architektur eine wichtige Rolle zu, die in Nikolaus Pevsners „Pioneers of the Modern Movement: From William Morris to Walter Gropius“ aus dem Jahre 1936 ihren Zenit findet, da Pevsner – Muthesius im Ge-danken folgend – den Ursprung der Modernen

RED HOUSE 1858-1860

ARCHITEKT: PHILIP WEBB

AUFTRAGGEBER: WILLIAM MORRIS

Architektur bei Morris und seinem Red House festlegt.

Während seines Studiums am Exeter College in Oxford war Morris ein Mitglied der „Brot-herhood“, einer Gruppe junger Schriftstel-ler und Dichter, die unter dem Einfluss von Thomas Carlyle, John Ruskin und Lord Alf-red Tennyson standen. Dort lernte er Edward Burne-Jones kennen, mit dem ihn fortan eine lebenslange Freundschaft verband und be-gann selbst Gedichte zu schreiben sowie sich dem Studium mittelalterlicher Architektur zu widmen. Nach der Rückkehr nach Oxford im Jahre 1856 von einer Reise nach Nordfrank-reich, in der Morris und Burne-Jones die dortigen Kathedralen besuchten, lernten sie den Künstler Dante Gabriel Rossetti kennen. Unter dessen Einfluss entschied Burne-Jones sich der Malerei zu widmen, während sich Morris für die Architektur entschied und bei den neogotischen Architekten George Edmund Street in London die Lehre ging. In Streets

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82RED HOUSE

Abbildung 1: Lageplan und Grundriss des Erdgeschosses

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RED HOUSE

Abbildung 2: Grundriss des Obergeschosses und Dachaufsicht

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84RED HOUSE

Abbildung 3: Westliche Ansicht und östlicher Schnitt

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RED HOUSE

Abbildung 4: Brunnendetail

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86RED HOUSE

Daher wird angenommen, dass das Grundstück aufgrund der Nähe zu einem historischen Weg des mittelalterlichen Englands gewählt wurde. In der Tat nannte Morris seinen Ein-gangsvorbau „The Pilgrimʼs Rest“. Webbs Entwurf war kurz nach der Grundstückswahl beendet und die Bauarbei-ten am Red House begannen bereits im Jahr 1858. Während der Bauzeit wohnten Morris und seine Frau in der Aberleigh Lodge ne-benan, was eine tägliche Mitverfolgung der Arbeiten ermöglichte. Es lässt sich nicht sagen, inwiefern und eventuell worin Morris in Webbs Entwurf Einfluss genommen hat, denn das Haus war eine einmalige Zusammenarbeit zwischen ihm als Künstler, Gestalter und Bauherren und Webb als Architekten. William Lethaby schrieb dazu: „the early work of Webb and Morris was so intervowen that we cannot tell in some instance where the work of one man began and the work of another finished.“2 Das Red House wurde dadurch eine Mischung aus der Romantik von Morris und dem Pragmatismus von Webb, die in einer ge-meinsamen Überzeugung über Architektur und Kunst gründete, die großteils von Ruskin herrührte, der erstmals in „Seven Lamps of Architecture“ argumentierte, dass ein Ge-bäude vor allem wahrhaftig sein müsse.

William und Jane Morris zogen am Ende des Sommers 1860 in das fertiggestellte Red House ein, das unverzüglich zu einem „of-fenen Haus“ für Freunde wurde, von denen einer schrieb: „O the joy of those Satur-

Büro lernte Morris den dort arbeitenden Ar-chitekten Webb kennen. Nach einem Jahr brach Morris jedoch die Lehre ab und widmete sich fortan der Malerei, in der er von Rossetti unterrichtet wurde. Mit Burne-Jones teilte sich Morris ein Atelier am Red Lion Square in London, gab aber nach einem weiteren Jahr die Malerei ebenfalls auf, da er an seinen malerischen Fähigkeiten zweifelte.

Im Jahre 1858 schmiedete Morris Pläne, eine neue „Brotherhood“ zu gründen, die aus Künstlern, Gestaltern und Handwerkern beste-hen und in der die Arbeit des Verstandes, der Augen und der Hände komplementär fruch-ten sollte. Sie lehnten industrielle Entwür-fe und Architektur ab und suchten eine Rück-kehr zur individuellen Handarbeit; sie sahen den Handwerker als Künstler. Nachdem Morris Jane Burden, die schöne präraffaelitische Muse von Rossetti heiratete, sah er in der Errichtung, Dekorierung und Einrichtung sei-nes Familienhauses die Möglichkeit, die neue Bruderschaft zu gründen. Morris und Webb, den er als Architekten be-auftragte, machten sich auf die Suche nach einem geeigneten Grundstück, welches sie im Weiler Bexleyheath in der Grafschaft Kent fanden. Das Eisenbahnnetz wurde kurz zuvor bis in diese Gegend erweitert und daher bot der Standort eine komfortable Reise nach und von London. Jedoch noch entscheidender scheint für die Grundstückswahl die Tatsa-che, dass der Chaucerians Pilgerweg nach Canterbury exakt durch Bexleyheath führte.

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RED HOUSE

days to Mondays at Red House, getting out at Abbey Wood Station… and then the scram-bling, swinging drive of three miles or so to the house; and the beautiful rommy place where we seemed to be coming home, just as much as when we return to our own rooms…”3 Die Wagonette, die die besuchenden Freunde am Bahnhof abholte, wurde von Webb entwor-fen und wurde von Morris als “old fashioned market cart … covered with tilt of Ameri-can cloth, lined with gay chintz hangings”4 beschrieben.

Das Red House und sein Garten wurde als Einheit entworfen, die sich in der räumli-chen Harmonie zwischen dem soliden, roman-tischen Haus und seiner Umgebung äußert. Ebenfalls wurden das Haus und der Garten derart in das Grundstück platziert, dass so viele Obstbäume wie nur möglich erhal-ten werden konnten. John William Mackail beschrieb den Garten „with its long grass walks, ist midsummer lilies and autumn sunflowers“ als „as unique as the house it surrounded“5

In Bezug auf die Einrichtung berichtet die Tochter von Morris, dass “when he came to the furnishing of Red House, nothing could be found that would satisfy him”6 und Mackail schrieb, dass “not a chair or table, or a bed; not a cloth or pa-per hanging for the walls; nor a curtain nor a candlestick; nor a jug to hold wine or glass to drink it out of, but had to be re-invented.”6 Demzufolge scheinen die

etlichen Besuche der Künstlerfreunde auch zur allmählichen Ausstattung des Red House genutzt worden zu sein, denn Burne-Jones und Rosetti bemalten Fliesen, Gläser sowie Möbel und Webb einen Glastisch sowie einen metal-lenen Kerzenhalter. Während Morris selbst Blumenmuster für die Decken, Wandmalereien und Wandbehängungen sowie Tische und andere Möbel entwarf.Aus den Erfahrungen des Baus und der Aus-stattung des Red House ging im Jahre 1861 das Unternehmen „Morris, Marshall, Faulkner & CO.“ hervor, in dem Rossetti, Burne-Jones und Webb ebenfalls Partner waren, in dem Mö-bel, Wanddekorationen und Glasgemälde herge-stellt wurden.

Quellen:1 Hollamby 1991, S. 1.2 Ebd., S. 7.3 Ebd., S. 8.4 Ebd.5 Ebd.6 Ebd., S. 9.

Verwendete Literatur:

Edward Hollamby, Red House (Architecture in Detail), Architecture Design and Technology Press: London 1991.

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LETCHWORTH GARDEN CITY

GESCHICHTELetchworth Garden City ist die erste Gar-tenstadt, in welcher die Ideen von Ebene-zer Howard umgesetzt wurden. Um die im Buch „Tomorrow: A Peaceful Path to Real Reform“ von Ebenezer Howard entwickelte Theorie durch die Gartenstadt-Bewegung umzuset-zen, wurde eine Pioniergesellschaft — The Garden City Pioneer Company – gegründet. Die Pioneergesellschaft hatte den Auftrag, geeignetes und gutsituiertes Bauland zu finden. Ihr standen zu diesem Zweck £20 000 zur Verfügung. Die Wahl fiel auf Letchworth, weil die Gegend wenig bebaut, verkehrstech-nisch gut erschlossen, nicht zu weit von London entfernt war und in der Nähe des alten Marktstädtchens Hitchin lag. Diese Optionen wurden dann von der anschliessend gegründeten privaten Gesellschaft First Garden City Ltd. übernommen und am 24. Juni 1903 wurde der Kauf von 3818 Acres (= ca. 15.5 km2) abgeschlossen (Kaufsumme £155 587). Vom auf £300 000 festgesetzten Ge-

LETCHWORTH GARDEN CITY1903-2015

ARCHITEKTEN: RAYMOND UNWIN / BERRY PARKER

AUFTRAGGEBER: FIRST GARDEN CITY LTD.

Abbildung 1: Aktuelle Luftaufnahme

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90LETCHWORTH GARDEN CITY

Abbildung 2: Masterplan Unwin / Parker

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91sellschaftskapital wurde zuerst weniger als ein Viertel gezeichnet und liberiert. Howard’s ursprüngliche Idee, sämtliche Gewinne zum Wohl der Stadt einzusetzen, konnte nicht realisiert werden. Die Grün-der willigten jedoch ein, die Dividende auf 5% zu beschränken und die darüber hinaus erzielten Überschüsse allen lokalen Gemein-schaften zukommen zu lassen. Die Entwick-lung zu Beginn verlief wegen der fehlenden Geldmittel langsam. Das Vertrauen in das Unternehmen wuchs jedoch mit jedem Entwick-lungsschritt, da qualitätvolles Wohnen und Vollbeschäftigung angeboten wurden. Da das Land unerschlossen war, musste die Gesell-schaft auch die ganze Infrastruktur erstel-len wie Produktion und Zuleitung von Gas, Wasser, Elektrisch, Kanalisation, Bau der Strassen, Einrichten eines Busservice, Bau eines Freibad und vieles andere mehr. Alle diese Einrichtungen gehörten deshalb der Gesellschaft. Der Erfolg erregte das Inte-resse von Spekulanten und die Limitierung der Dividendenausschüttung wurde 1949 auf-gehoben.1961 spitzte sich die Situation zu, denn Spekulaten begannen Aktien von Bürgern zusammenzukaufen, um so die Kontrolle über die Gesellschaft zu erlangen. 1963 kaufte eine neu gegründete öffentlichrechtliche Korporation das Gesellschaftsvermögen. Das Gartenstadtmodell wurde erneut zu Beginn der 1990er Jahre gefährdet, als die kon-servative Regierung die öffentlichrecht-lichen Körperschaften aufzulösen begann. 1995 wurde deshalb die Körperschaft in eine Stiftung, die Letchworth Garden City He-

ritage Foundation überführt. Diese besitzt rund 5300 Acres (= ca. 22.5 km2) und hält ein Stiftungsvermögen von 56 Millionen Pfund (Stand 2013).

Der wichtigste Aspekt des Letchworth Expe-riments und die Nagelprobe war die Entwick-lung des Fabriksektors. Ohne Produktions-stätten hätte sich der Ort nie entwickeln können. Einige Unternehmen, darunter The Spirella Company, wurden durch die Grundsät-ze der Gartenstadtbewegung und die Möglich-keit, daran zu partizipieren, angezogen. Die Tatsache, dass eine blühende Produktion von Gütern entstand und mithin Arbeitsplätze ge-schaffen wurden, ist der Beleg für die Qua-lität und Fundiertheit von Ebenezer Howard’s Konzept. Laut Culpin waren im Jahr 1912 30 Unternehmen in diversen Bereichen in Letch-worth aktiv.

Die Stadt wurde zum begehrten Wohnort; sie bot alle für Handel, Gewerbe, Wohnen und Sozialleben notwendigen Anlagen und Einrich-tungen. Letchworth war die gesündeste Stadt im vereinigten Königreich, Todesrate und Kindersterblichkeit waren weit tiefer als im Rest des Landes.

Die Entwicklung ist nicht abgeschlossen. Die Bevölkerung wächst und der Ruf nach Verdich-tung ertönt auch hier. 2013 wurde ein Pla-nungsprozess in North Herfordshire in Gang gesetzt und die Richtplanung sieht vor, mehr als 10‘000 neue Wohneinheiten bis ins Jahr 2031 zu erstellen. Die Stiftung hat sich dem

LETCHWORTH GARDEN CITY

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92lokalen Planungsprozess angeschlossen und will nördlich von Grange Estate 1000 neue Häuser erstellen. Ob dabei Ebenezer Howard’s Gartenstadtideen auf der Strecke bleiben, wird die Zukunft zeigen.

DIE BEBAUUNG — UNWIN’S UND PARKER’S MASTER-PLANDie First Garden City Ltd. genehmigte 1904 den von Unwin und Parker entworfenen Bebau-ungsplan, Masterplan. Der Plan orientierte sich an den topografischen Gegebenheiten und übernahme das bestehende Strassennetz. Auch der Baumbestand und die Hecken wurden inte-griert. Der Plan wurde in der Folge sowohl von Unwin selbst wie auch anderen teilweise massiv geändert. Zusammen mit seinem Partner setzte Unwin auch die Gestaltungsprinzipien für die Gebäude fest. Sie orientierten sich dabei am lokalen Baustil. Die Gesellschaft erliess eine eigene Bauordnung und setzte Unwin und Parker als beratende Architekten für sämtliche Bauvorhaben ein; sie waren für eine ästhetische Umsetzung der Bauvorhaben und als offizielle Bauaufsicht für die Ein-haltung der Bauvorschriften verantwortlich.

Für den Bau von Häusern waren 1200 Acres vorgesehen, 3000 Acres für einen Landwirt-schaftsgürtel und 135 Acres für Industrie und Gewerbe. Geplant waren 12 Häuser pro Acre (= 4046,85 m2). Die Stadt sollte am Ende ihrer Entwicklung 30 000 bis 35 000 Bewohner und Bewohnerinnen haben. Die Sied-lungsdichte war im Vergleich mit anderen

LETCHWORTH GARDEN CITY

Abbildung 3: Alpha Cottages

Abbildung 4: Birdshill Bebauungsplan

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93Städten um ein Vielfaches kleiner.

Die Häuser sollten auch für den einfachen Mann erschwinglich sein. Die Zielvorstellung war, ein Häuschen für 150 Pfund zu erstel-len. Die an der ersten Ausstellung, der „The Cheap Cottages Exhibition“ 1905 gezeig-ten Häuser kosteten aber alle mehr als 150 Pfund, was kritisch vermerkt wurde. Durch die Anwendung neuer Bauverfahren und durch-dachter Gestaltung sollten die Baukosten tief gehalten werden. Mit dem Bau der ersten Häuser wurde 1904 begonnen. 6 Gesellschaften erstellten Häuschen, die in gemeinschaftli-chem Eigentum gehalten wurden: Garden City Tenants (Eastholm, Westholm, Birds Hill, Pixmore), Letchworth Cottages and Buildings Ltd., Howard Cottages Society Ltd., national Cottage Society Ltd., Norton Cottage Society Ltd., Letchworth Housing Society Ltd.

KONSTRUKTIONSWEISE DER GEBÄUDEEs wurden Gebäude sowohl in den traditio-nellen Baumethoden, im Fachwerkbau wie auch in Massivbauweise erstellt. Daneben wurden aber auch neue Bauverfahren angewendet wie Bau mit vorfabrizierten Elementen. Für das Fachwerk wurde Holz, aber auch Metall ver-wendet. Das Material für die Mauern war der traditionelle Backstein, aber auch andere Materialien, vorzugsweise Beton und sogar Asbestziegel wurden verwendet. Rote Sicht-backsteinbauten sind jedoch fast nur im Zen-trum zu finden, da rote Backsteine teuer und kein in der Gegend traditionell verwendeter Baustoff waren. Auch reine Holzkonstruktio-

LETCHWORTH GARDEN CITY

Abbildung 5: Birdshill

Abbildung 6: Homesgarth

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94nen waren zu finden. Die Dächer wurden meist mit Tonziegeln gedeckt. An der 130 Wilbury Road wurden für die Dachdeckung gezapfte und genutete Bretter verwendet, welche mit einer dicken Metallblecheindeckung vor der Witte-rung geschützt wurden. An der 160 Wilbury Road wurde Asbest für die Dachdeckung ein-gesetzt. Die Fassaden wurden in Sichtbeton, Sichtbackstein, Backstein mit Rauputz, eine Kombination von beidem, oder mit Gipsplat-ten, die mit dünnen Sichtbacksteinen oder anderen Materialien verkleidet wurden. Auch Backsteinmauern wurden zum Schutz vor den Witterungseinflüssen mit Holz verkleidet.

EINZELNE GEBÄUDE• Mrs. Howard Memorial Hall, Norton Way Sou-th,Das imposante Gebäude an der Ecke Hillshott/Norton Way in einem Park ist das erste öf-fentliche Gebäude von Letchworth. Den Namen erhielt es in Erinnerung an die erste Ehe-frau von Ebenezer Howard, die 1904 verstarb. • „Laneside“ und „Crabby Corner“ (heute „Arunside“), Letchwort LaneDas nicht symmetrische Doppelhaus wurde von Unwin erbaut, wo er von 1904 bis 1906 im Hausteil „Laneside“ lebte. Parker zog nach seiner Heirat in „Crabby Corner“ ein und erweiterte diesen Hausteil mit einem Schlaf-turm. • • The Cloisters, Barrington Roadwurde vom Architekten William Harrison Cow-lishaw im Auftrag der Quäkerin Miss Annie Jane Lawrence (1863-1953), Tochter eines Industriellen. Der Bau auf dem 12‘000 m2 umfassenden Gelände begann 1905 und wurde im

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Abbildung 7: Howgills

Abbildung 8: Laneside/Crabby Corner

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95Januar 1907 vollendet. Heute ist das Gebäu-de auf der Liste der gefährdeten Denkmäler Englands.• First Garden City Heritage Museum, 296 Norton Way SouthDieses Haus wurde von Parker 1907 für sich und Unwin als Büro gebaut. Es wurde mehrmals erweitert.• Howgills, 42 South ViewHowgills wurde von den Architekten Bennett und Bidwell entworfen und 1907 als „The Mee-ting House for The Society of Friends (Qua-kers) “ erbaut. Howgills ist eine der be-deutendsten und einigartigen frühen Bauten von Letchworth Garden City. Howgills wurde von Juliet Reckitt, der Tochter des Indus-triellen Sir James Reckitt aus Hull, einem einflussreichen Quaker, finanziert. • The Skittles Inn, 229 Nevells Roadwurde von Parker und Unwin entworfen und 1907 gebaut. Da der Alkoholausschank in Letchworth Garden City verboten war, hiess es das „Pub with no beer.“ Es war eine Mi-schung aus kontinentalem Kaffeehaus und altem Englischem Pub. 1994 wurde das Haupt-gebäude neu eingedeckt mit handgemachten Ziegeln als genaue Kopie der alten. Das Ge-bäude ist unter Denkmalschutz.• Palace Cinema, 40-42 EastcheapEs war das erste Kino, das ausserhalb Lon-dons gebaut und mit Elektrisch versehen wurde. Die Eröffnung war im Dezember 1909. Es wurde von Parker und Unwin entworfen, hatte 750 Plätze auf einem Geschoss und Lo-gen im hinteren Teil. Es wurde 1924 während zweieinhalb Monaten wegen eines Umbaus nach

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Abbildung 9: Lytton Avenue

Abbildung 10: Pixmore Bebauungsplan

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96Plänen des Architekten Edgar J. Simmons ge-schlossen. Die Fassade wurde verändert und das Dach erhöht, um den Einbau eines Balkons im Projektionssaal zu ermöglichen.1977 wurde der Betrieb geschlossen und 1985 wurde das Gebäude abgerissen.• The Spirella Company, Bridge RoadDie Korsettfabrik The Spirella Co. of Great Britain Ltd. wurde vom Architekten Cecil Hi-gnett als herrschaftlicher Landsitz entwor-fen und von 1912-1922 erbaut. Unter anderem wurde ein wunderschöner Tanzsaal eingebaut. Sorgfältig renoviert beherbergt die Fabrik heute Büroräume und anderes mehr. • Bahnhof,Station RoadDas 1913 anstelle des 1905 in Holz erbau-ten Provisoriums eröffnete ausserordentlich schöne Bahnhofgebäude ist unter Denkmal-schutz. Die Billethalle ist in „Fine Arts and Crafts design“ und steht in Kontrast zu den ganz an der Nützlichkeit orientierten Bahnsteiganlagen.• Town Hall,Broadwaywurde 1935 von Bennett & Bidwell entworfen in Georgianischem Stil. • Broadway Cinema, EastcheapDas Kino wurde 1936 eröffnet und existiert heute noch. Es hat 1400 Plätze. Trotz meh-rerer Renovationen ist der anfängliche Art Deco Stil noch sichtbar.

COTTAGES UND SIEDLUNGEN• Alpha Cottages, 22-32 Baldock RoadBevor der Masterplan vorlag, wurde einer der Direktoren der Gesellschaft, H.B. Har-ris, aktiv, um Details für Häuser zu erhal-

LETCHWORTH GARDEN CITY

Abbildung 11: Rundhasu

Abbildung 12: Palace Cinema, 1930s

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97ten, die vier Räume umfassen und £135 kosten sollten. Die lokalen Baumeister Picton und Hope unterbreiteten Pläne für zwei Hausty-pen, ein Doppelhaus und vier zusammengebau-te Häuser. Mit dem Bau wurde 1904 begonnen. Howard, Parker und Unwin lebten kurze Zeit dort. • The Cheap Cottages Exhibition 1905 und 1907Verschiedene für die erste Ausstellung er-baute Cottages sind noch zu finden in folgen-den Strassen: Nevells Road, Icknield Way, The Quadrant, Wilbury Road, Birds Hill and Paddock Close (Norton Way South). Am Pixmo-re Way sind Cottages aus der zweiten Aus-stellung. Ein Preisgeld wurde ausgerichtet für das beste £150 Haus mit Wohnstube, Küche und drei Schlafzimmern. Prämiert wurden auch Doppelhäuser mit fünf Zimmern und zu dritt oder viert zusammengebaute Häuser. Spezial-preise wurden ausgerichtet für das billigs-te Haus, das beste Holzhaus und das beste Betonhaus. Zwei Exponate waren revolutio-när. 140 Wilbury Road, ein polygonaler Bau „The Round House“, entworfen von Hesketh und Stokes, war aus vorgefertigten Beton-teilen und sollte in drei Tagen aufgestellt werden können. Als es 1987 für die Instand-stellung auseinandergenommen wurde, zerfie-len die Platten. 158 Wilbury Road, entworfen vom Ingenieur John Brodie, war ebenfalls aus vorgefertigten Betonplatten, die in Li-verpool gefertigt wurden und Schlacke der Verbrennungsanlage enthielten. Auch dieses avantgardistische Haus, das ein Vorläufer der Architekturmoderne war, existiert nicht

LETCHWORTH GARDEN CITY

Abbildung 13: Schlackenhasu Wilbury

Abbildung 14: Skittels Inn

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98mehr. 1907 wurden die Entwürfe von Courtenay Crickmer, ein Londoner Architekt,prämiert. Seine Häuserzeile 7-17 Lytton Avenue wurde zum Prototyp für Häuser der lokalen Autori-täten. • Westholm Green, nördlich der Wilbury RoadDiese Siedlung wurde 1906 durch die Garden City Tenants Ltd. errichtet, von Unwin und Parker entworfen. Sie ist gut in die to-pografischen Gegebenheiten eingebettet und folgt sehr eng dem bereits 1899 von Un-win entworfenen Diagramm für eine ländliche Siedlung, die 1901 in „The Art of Building a Home“ publiziert wurde.• Birdshill, Ridge RoadDiese Siedlung der Garden City Tenants Ltd. belegt eine wichtige Weiterentwicklung von Unwin und Parker’s Siedlungs- und Wohnvor-stellungen, angestossen durch Unwin’s Sitte-Lektüre. Sie weist eine Erschliessungsstras-se auf, die in einer Sackgasse endet, damit die Siedlung in der Tiefe erschlossen werden kann. Sie wurde ebenfalls 1906 gebaut. • Pixmore Estate, Pixmore WayVon Garden City Tenants Ltd. 1907-1909 erbaut nach einem perfektionierten Sied-lungsplan von Unwin, hat die Siedlung Pi-oniercharakter, da hier erstmals nicht nur Wohngelegenheiten gebaut wurden, sondern auch Freizeitanlagen und ein Gemeinschafts-gebäude (heute die Hillshott School).164 Häuser, meist vier zusammengebaut, vertei-len sich auf 16.35 Acres (6.6. Hektaren) und werden durch ein Minimum an Strassen er-schlossen.• Rushby Mead

Diese Siedlung wurde von der 1911 gegrün-deten The Howard Cottage Society Ltd. 1911-1912 erbaut und ist ein Markstein im Siedlungs- und Wohnungsbau. Der Sied-lungsentwurf stammt von Unwin und wird als Meisterstück betrachtet, da die Gebäude so versetzt angeordnet sind, dass keine Mo-notonie ensteht. Die Häuser wurden von verschiedenen Architekten geplant, trotz-dem fügen sich die Bauten zu einem Ganzen zusammen. Die Gesellschaft erstellte wei-tere Häuser in der Ridge Road und auf dem Broughton Hill. Bis zum Ausbruch des ers-ten Weltkriegs erstellte sie insgesamt 300 Häuser, deren Kosten sich zwischen £150 und £220 bewegten. Alle hatten ein Bad und Gas-

LETCHWORTH GARDEN CITY

Abbildung 15: Spirella

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LETCHWORTH GARDEN CITY

Abbildung 16: Strassenprofile

Abbildung 17: The cloisters

beleuchtung sowie einen grosszügigen Garten. Der Zustrom von Flüchtlingen aus Belgien wurde zum Anlass für die Gesellschaft, eine weitere Siedlung mit 100 Häusern zu erstel-len an der Campers Road, die den Übernamen „Little Belgium“ erhielt.• Holmsgarth, auch Homesgarth (jetzt Sol-lershott Hall), Sollershott EastDiese Siedlung geht auf die Einzelinitiative von Howard zurück, für Berufsleute gemein-schaftliches Wohnen zu ermöglichen. 1911 von

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100LETCHWORTH GARDEN CITY

H. Clapham Lander für die Letchworth Housing Society Ltd.entworfen, wurden nur die ers-ten 2 Phasen dieser Siedlung vollendet. Für die Bewohner der 32 Wohnungen wurde in einer zentralen Küche das Essen zubereitet, wel-ches entweder in der eigenen Wohnung oder im gemeinschaftlichen Essraum eingenommen werden konnten. Andere Gemeinschaftsanla-gen wie auch ein Club sollten alleinstehen-den Berufsleuten der Mittelklasse mit klei-nem Einkommen, die sich keine Haushalthilfe leisten konnten, das Leben erleichtern. Ebenezer Howard lebte von 1911 bis 1920 in Holmsgarth.

Verwendete Literatur:

- Capstick, Janet, Garden City Cottages Group AGM, Exhibition Cottages Project, 7. Juli 2012, http://www.exhibitioncottages.info/DesignMasters/Janets%20AGM%20presenta-tion.pdf 13. Mai 2015 - Culpin, Ewart G. (Secretary to the Gar-den Cities and Town Planning Association), The Garden City Movement Up-To-Date, Gar-den Cities and Town Planning Association 3. Gray’s Inn Place, London, W.C. 1913, S. 19-23, https://archive.org/stream/gardencitymoveme00culpuoft#page/n51/mode/2up/search/harborne, 13. Mai 2015 - Lewis, John (Chief Executive Letchworth Garden City Heritage Foundation), Preser-ving and Maintaining the Concept of Letch-worth Garden City, Paper presented at the Society of American City and regional Pl-anning History Toronto Conference, October 3-6 2013,http://www.letchworth.com/garden-cities unter Downloads 13.Mai 2015 - Miller, Mervin, Letchworth, The First Garden City, Phillimore & Co. Ltd., shopwy-ke Hall, Chichester, Sussex, 1989; es gibt noch neuere Ausgaben, die letzte datiert von 2010

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BESCHREIBUNG

Welwyn entstand nach dem Ersten Weltkrieg 1919 aus der Forderung nach Verlagerung der Industrie aus der Grossstadt. Sie kann in mancher Beziehung als Vorbild des neueren Städtebaus gesehen werden, so durch die Um-führung des Durchgangsverkehrs nach Nor-den duch die Konzentration der Industrie im Nordteil mit Bahnanschluss, vor allem aber durch die geschickte Erschliessung der Wohn-baugebiete unter weitgehender Berücksichti-gung der landschaftlichen Gegebenheiten und durch die Freihaltung grosser Grünflächen.1

Welwyn war die zweite Gartenstadt Englands. Sie geht zurück auf die Ideen von Sir Ebene-zer Howard (1850-1928) und ist neben ihrem Stellenwert als städteplanerisches Modell bedeutsam im Hinblick auf die Herstellung und den Vertrieb von Lebensmitteln. Welwyn liegt 20 Kilometer südlich der ersten engli

WELWYN GARDEN CITYAB 1919

ARCHITEKTEN: LOUIS DE SOISSONS

AUFTRAGGEBER: JOINT STOCK COMPANY WELWYN GARDEN CITY LIMITED

Abb.1 Welwyn Garden City, heute

WELWYN GARDEN CITY

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102schen Gartenstadt in Letchworth. Als Archi-tekt zeichnet Louis de Soissons (1890-1962) verantwortlich, die ersten Bewohner zogen 1920 ein. Nach den Vorstellungen Howards sollte Welwyn eine bestimmte Größe nicht überschreiten. Die Planungen sahen vor, die Stadt durch einen sorgfältig angelegten Grüngürtel zu begrenzen. Tatsächlich erwies sich das industrielle Wachstum in den 1920er Jahren als nicht sehr ausgeprägt. Nach an-fänglichen Schwierigkeiten musste der Staat hier finanzielle Unterstützung leisten, was eigentlich nicht im Sinne Howards war. Erst nach 20 Jahren konnte sich die Stadt selber tragen.Die weitere Entwicklung unterstand seit 1948 der Kommission für neue Städte (Commission for New Towns). Welwyn Garden City liegt etwa 35 Kilometer nördlich der Londoner Innenstadt und bildet seit 1974 mit den ehemaligen Landbezirken („rural disc-tricts“) Hatfield und Welwyn den District (seit 2006 Borough) Welwyn Hatfield. Wie Hat-field fungiert Welwyn Garden City immer mehr als Schlafstadt für Pendler, die in London arbeiten. Der gesamte District hatte 2003 rund 97.000 Einwohner.

Welwyn wurdee als völlig neue Stadt ge-gründet. Das ausgesuchte Gelände war völ-lig ländlich ohne Anlagen. Die Gartenstadt Welwyn wurde in der grösse von Colchester oder Bedford (40-50 000 Einwohner) geplant. Es waren Bauten für alle möglichen Zwecke vorzusehen: grosse und kleine Wohnhäuser, Läden, Geschäftshäuser, öffentliche Bauten und Industrieanlagen.Das Gelände war so zu

Abb.2 Generalbebauungsplan der Gartenstadt Welwyn, Plan von Louis de Soissons, um 1918

WELWYN GARDEN CITY

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103erschliessen, dass bei möglichst geringen Kosten möglichst viel Boden baureif wur-de. Die Strassen folgen daher, so weit es mit Rücksicht auf die Hauptverkehrsbänder möglich ist, den Geländekurven. Der Bebau-ungsplan zeigt gekrümmte und gerade Strassen (Abb.1,2). Eine Eigentümlichkeit des Bebau-ungsplan von Welwyn sind die zahlreichen Wohnhöfe oder Sackgassen (culs-de-sacs). Bei der sonst üblichen Geländeerschliessung werden die Verkehrsstrassen durch ein Netz von Wohnstrassen miteinander verbunden: In Welwyn sind solche durchgehende Nebenstras-sen so weit wie möglich vermieden.

Die Aufschliessung erfolgt durch kurze Gas-sen, die an einem kleinen Platz oder Wen-depunkt laufen. Die Wohnhöfe sind gekrümmt oder gerade geführt. Die Häuser sind von den Verkehrsstrassen zurückgerückt und die Gär-ten meist von bedeutender Grösse. Die Kosten der errichteten Häuser schwanken zwischen ±600 und ±3000. Die Häuser fügen sich zu einem Strassenbild zusammen. Es sind daher keine Einzelhäuser oder Reihenhäuser. Das Einhalten ein und derselben Hauptgesimshö-he an jeder Strasse ist vorgesehen. Welwyn hat den Nachweis erbracht, dass die besten Ergebnisse dann zu erzielen sind, wenn alle Bauten als Teile eines einheitlichen Gesamt-planes entworfen und ausgeführt werden.2

Bekannt wurde Welwyn vor allem durch die Herstellung von Shredded Wheat (Weizenflo-cken). Die Produktion begann 1925 in einer innovativen Fabrik. Abb.3 Werbeplakat, 1920

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104Im Herzen von Welwyn liegt der vielfach umgebaute Welgar Store, eine Sehenswürdig-keit aus den ersten Jahren der Gartenstadt. De Soissons, der das Gebäude im Auftrag der Welwyn Garden City Ltd. errichtete, wollte mit diesem Einkaufszentrum zugleich ei-nen Platz der nachbarschaftlichen Begeg-nung schaffen. Spätere Erweiterungen fügten Speiselokale und einen Veranstaltungsort für Konferenzen und Tanzereignisse hinzu. Ein 1937 entstandenes Gebäude, das ebenfalls auf de Soissons zurückgeht, beherbergte ei-nen Sportverein und 62 Wohnungen. 1950, 1963 und 1968 folgten weitere Anbauten.

Howards erste Gartenstadt Letchworth wur-de «grüner» als vorgesehen, da die durch-schnittliche Wohndichte unter dem von Howard angegebenen Mass blieb. Auch die «grüne Mitte» von Letchworth markierte das Zent-rum nicht hinreichend, um eine lebendige Öffentlichkeit zu erzeugen. Die Siedlung entwickelte sich langsam und stetig, aber erst 1950 hatte sie mehr als 20`000 Einwoh-ner. Howard war nach dem Start in Letchworth nicht zufrieden und enttäuscht, dass sein Vorbild keine Nachfolger fand. Eine kleine Gruppe seiner Anhänger machte jedoch weiter und traf Vorbereitungen für eine zweite Gar-tenstadt. 1919 kaufte Howard für die Garten-stadt Welwyn ein 35 km von London entferntes Baugelände.

Welwyn war ein sichtbarerer Erfolg, als Letchworth gewesen war. Die Projektbearbei-tung erfolgte in der Bauabteilung der

Abb.4 Übersichtsplan des Süd-West-Geländes,Plan von Louis de Soissons,um 1918

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105Gartenstadtgesellschaft unter De Soissons` Leitung. Die vorhandenen Bahntrasseen führ-ten zu einer Vierteilung des Stadtgrundris-ses. Durch Über- und Unterführungen sind die funktional unterschiedlichen Stadtgebiete miteinander verbunden.

Im Südwesten liegt das kompakte Stadtzent-rum, dem sich im Norden locker gruppierte Wohnviertel anschliessen. Als dominierendes Element der ganzen Anlage hebt sich der 66 Meter breite und 1,2 Kilometer lange Parkway ab. Er endet im Norden mit einem halbrund angelegten Civic Center, im Süden geht er in eine bestehende Strasse über. Eine 60 Meter breite Querachse zum Bahnhof sollte sich zu einem Geschäftszentrum entwickeln.

Auf der anderen Bahnseite, im Nordosten, waren Gewerbeflächen vorgesehen, an die sich nach Süden Wohnflächen anschlossen Die Wohnbauten sind, wie in Letchwort, häu-fig um Wohnhöfe angeordnet, die über kurze Sichtstrassen oder quadratische Plätze von der Zubringerstrasse zu erreichen sind. Der Wohnhof wird vom öffentlichen zum privaten Raum.

Nachdem Welwyn 1946, gegen den Protest der Gartenstadtgesellschaft, zur New Town dekla-riert worden war, wurde es zügig ausgebaut und hat 1990 rund 50`000 Einwohner. Daneben gibt es verschiedene moderne Industriebe-triebe, weshalb Welwyn als eines der bestge-lungenen Beispiele moderner Stadtgründungen gilt.

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Abb.5 Einzelplan des Abschnitts 1, um 1920

Page 106: 1 INHALT · to work.“19 Auch der Begriff „Garden City“ war keine Neuerfindung Howards, wurde er doch schon beispielsweise für Chicago verwendet.20 Die deutsche Bezeichnung

106Sie kann in mancher Beziehung als Vorbild des neueren Städtebaus betrachtet werden, so durch die Umführung des Durchgangsverkehrs nach Norden, duch die Konzentration der In-dustrie im Nordostteil mit Bahnanschluss, vor allem aber durch die geschickte Er-schliessung der Wohbaugebiete unter weitge-hender Berücksichtigung der landschaftlichen Gegebenheiten und durch die Freihaltung der grossen Grünflächen.

Die weitere Umsetzung des Garden-City-Kon-zepts von Howard scheiterte schliesslich an der Finanzierung, denn die Kapitalgeber waren nicht länger bereit, eine geringe Ver-zinsung ihres Kapitals von nur 4 oder 5% zu akzeptieren.

Die Ziele Howards waren umfangreich und hochgegriffen, so dass zu fragen ist, ob die Gartenstadt wirklich mehr schaffen konnte als der paternalistische Siedlungsbau:3

«Die Gartenstadt hat es nicht geschaffen. Howards Hoffnung, dass einige Beispiele eine Kettenreaktion auslösen würden, welche die Struktur Englands und, wer weiss, der Welt verändern würde - a peaceful path to real reform, wie der Untertitel seines Buches sagt, hat sich nicht erfüllt. Die Frage warum, ist vielleicht müssig; ihre Antwort könnte nur nach einer tiefen und eingehenden Analyse der Geschichte dieses Jahrhundertsgegeben werden. Es mag etwas damit zu tunhaben, dass Howard den Landmagneten zu grossgezeichnet hat. Vertreter des Gartenstadt-

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Abb.6 Einzelplan, Valley Green Wohnhof C, um 1920

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107bewegung werden sagen, dass die Menschen nicht einsehen wollen, wo für sie das gute Leben liegt. Gegner der Gartenstadtbewegung werden genau das gleiche sagen. Sie unter-scheiden sich voneinander erst, wenn der Mann der Gartenstadtbewegung sagt, dass sie es einsehen müssen, da es keine echte Alter-native gebe und dass sie es mithin einsehen werden, während der andere meint, sie würden es nie einsehen, der Gedanke selbst sei falsch.»4

Die Gartenstadt ist aber keineswegs ohne Folgen geblieben, wenn auch der Name meis-tens zu wörtlich genommen wird und darunter so etwas wie «Schrebergartenstadt» verstan-den wird.

Nach dem «Praxistest» hat sich Howard nicht entmutigen lassen, seine Vorstellung von Stadtstruktur und Stadtorganisadtion weiter und allgemeiner zu propagieren.

1913 wurde Howard zum ersten Präsidenten der «International Garden Cities and Town Plan-ning Federation» gewählt. Er war es 15 Jahre lang und wurde 1927 als Sir Ebenezer Howard in den Ritterstand erhoben.

Howard starb 1928 in seiner zweiten Garten-stadt Welwyn. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Gartenstadtidee 1946 durch den New Town Act in anderer Form weitergeführt. Nach dessen Richtlinien entstanden mehr als zwanzig New Towns.5

Abb.7 Valley Road, Wohnhof C, Haus als Blickpunkt des kur-zen Hofes

Abb.8 Valley Road, Blick aus Valley Green Wohnhof C gegen Valley Road

WELWYN GARDEN CITY

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108Verwendete Literatur:

1 Hofrichter, Hartmut, Stadtbaugeschichte von der Antike bis zur Neuzeit, Braunschweig 1995, S. 114.

2 De Soissons, Louis und Arthur WM. Kenyon, Neue Englische Gartenstädte, Vorwort C.B. Purdom, Berlin 1927, S. 5-7.

3,5 Reinborn, Dietmar, Städtebau im 19. und 20. Jahrhundert, Stuttgart; Berlin; Köln 1996, S. 49-54.

4Posner, Julius (Hrsg.) Ebenezer Howard: Gartenstädte von morgen.Ullstein Bauwelt Fundamente 21, Frankfurt/Wien 1968.

Abb 2 und 3: Lampugnani, Vittorio Magnago, Leitfaden der Vorlesungsreihe Geschichte des Städtebaus - Die Architektur der Stadt von der Antike bis zur Moderne,ETH Zürich HS2014, S. 203.

Abb 4-8: De Soissons, Louis und Arthur WM. Kenyon, Neue Englische Gartenstädte, Berlin 1927, S. 9-11.

Abb.9 Welwyn Garden City, heute

Abb.10 Welwyn Garden City, heute

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BOURNVILLE

„the Founder is desirous of alleviating the evils which arise from the insanitary and insufficient housing accomoda-tion supplied to large numbers of the working classes, and of securing to workers in factories some of the advantages of outdoor village life with opportunities for the natural and healthful occupation of cultivating the soil.“1

George Cadbury war ein aussergewöhnlicher Mann. Nicht nur seine heute weltberühmte Schokoladenfabrik, sondern auch seine Pio-nierrolle bei der Entwicklung einer Modell-siedlung waren eine Bereicherung für die Gesellschaft. George Cadbury war ein streng-gläubiger Quäker, der es als Pflicht und Ge-nugtuung empfand, seinen erzielten Reichtum noch während seiner Lebenszeit sinnvoll für andere Menschen einzusetzen. Er war da-bei bescheiden und einfach, mit einem guten Gespür für Architektur und Stadtplanung und ging weit über seine eigenen Interessen hin-aus. So war es ihm immer ein Anliegen, nicht nur für seine Arbeiter bessere Lebensbedin-gungen zu schaffen, sondern auch schwäche-re Gesellschaftsgruppen, wie Arme und alte Menschen, zu berücksichtigen, und

BOURNVILLE 1893

ARCHITEKTEN: A. P . WALKER,WILLIAM ALEXANDER HARVEY, BEDFORD TYLOR,S.A.WILMOT

AUFTRAGGEBER: GEORGE CADBURY (1839-1922)

Abbildung 1: Weoley Hill estate from dirty, crowded city to salubrious suburb

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110BOURNVILLE

in die Planung miteinzubeziehen. Er war ein wahrer Philanthrop und glaubte an Taten im Jetzt und nicht an Utopien und Versprechen für die Zukunft. Richard und George Cadbury hatten die 1861 von ihrem Vater John Cadbu-ry in Birmingham gegründete Fabrik übernom-men und wollten aufs Land, nach Bournbrook, expandieren. Die Lage schien ihnen wegen der guten Anbindung an Kanäle und Eisen-bahnlinien geeignet und sie versprachen sich eine enorme Verbesserung der bisher slum-ähnlichen Lebensbedingungen ihrer Arbeiter in den „back to back“ und Courtyard Häusern von Birmingham.

MISSION„Those who work in close factories by day and spend their evenings, even in Temperance Clubs or worse still public houses can but become a poor feeble emaciated race, physi-cally, mentally and morally“2.Während manche Zeitgenossen das obligato-rische Militärtraining zur Verbesserung der allgemeinen physischen Fitness vertraten, glaubte George Cadbury an eine „peaceful path to real reform“3 mit seiner Mustersied-lung, der „factory in a garden“.„The present physical condition of the peo-ple in our great towns is a serious danger, not only to our national life, but to our capacity to compete with other nations“4.Die spätere Statistiken gaben ihnen recht, die Arbeiter in Bournville lebten länger, waren gesünder, wurden grösser, waren gut genährt und besser ausgebildet als ihre Standesgenossen an anderen Orten. Abbildung 3: Bournville 1898

Abbildung 2: Plan von Bourneville 1897 von A.P.Walker

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BOURNVILLE

1879 Bournville Fabrik EröffnungZuerst bauten die Cadbury-Brüder 16 Doppel-häuser für die Fabrikarbeiter. Erst ein paar Jahre später wandte sich George Cadbury der Planung weiterer Häuser und öffentlicher Ge-bäude in der Umgebung zu. In den 1880er und den frühen 1890er Jahren baute er ein paar Cottages und Institute, unter anderem auch für Quaker Treffen, in Stirchley und North-field.

1883-1900 Model Village Bournville1893 kaufte G. Cadbury in Bourneville 120 Acres (48.6 Hektar) Land gegenüber der Fab-rik zur Gründung der Model-Siedlung Bourn-ville. 1894 und 1895 sowie zwischen 1898 und 1911 erwarb er weiteres Land. Darunter befanden sich: Woodland Park Estates 1899, Middle Park Farm 1903, Middleton Hall Estate 1905,und Park Cottage Farm 1907. Der letzte bedeutende Landkauf vor dem ersten Weltkrieg war Rowheath Farm Estate, welchen der Bourn-ville Village Trust und die Cadbury Brüder gemeinsam tätigten. Anfänglich hatte Cadbury eine Imobilienfirma mit dem Namen Bournville Building Estate ge-gründet und verkaufte über diese die Grund-stücke mit einer 999-jährigen Erbpacht, wel-che durch restriktive Vorschriften absichern sollte, dass „the rural appearance of the district and the comfort of the inhabitants may be inforced“. Diese Regulierung und de-ren positive Auswirkung auf das Ortsbild, die Lebensqualtät und die architektonische Erscheinung war G. Cadbury von Edgbas

Abbildung 4: Luftaufnahme von Bournville Lane, Cadbury Brot-hers works, Freizeitanlagen und Reihenhäuser von Stirchley

Abbildung 5: Karte von Süd-West Birmingham,1902. Die „bye-law“ Reihenhäuser und Fabrik von Stirchley liegen auf der an-deren Seite des Canals und der Eisenbahnlinie von Bournville

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ton bekannt, der etwas exklusiveren grünen Siedlung von Lord Calthorpe, wo G. Cadbury einige Jahre seines Lebens verbracht hatte.

1900 Bournville Village TrustDoch schon bald missfiel ihm die daraus ent-stehende Möglichkeit der Spekulation und durch den Einfluss der Gartenstadt-Bewegung überführte Cadbury sein begonnenes Siedlungsprojekt in eine wohltätige Stif-tung, den Bournville Village Trust. Die ursprünglichen Trustees waren: George Cad-bury, Elizabeth Cadbury, Edward Cadbury und George Cadbury Jnr. Der Trust umfasste bei seiner Gründung 313 Cottages und Häuser auf 330 Acres (1.3 km2) Land, welche fortan nur noch zur Miete zur Verfügung standen. Das Siedlungsareal wuchs kontinuierlich. Alle zu erbauenden Häuser sollten eine gewisse Grös-se haben, mindesten 150£ für den Bau kosten und mussten dem Siedlungsarchitekten vorge-legt werden. Die überbaute Grundstücksfläche einer jeder Parzelle dürfte 1/4 nicht über-steigen, um der Verschattung und Verdich-tung vorzubeugen und Raum für grosse Gärten zu schaffen. Cadbury sorgte dafür, dass ein Gleichgewicht von Freizeit und Arbeit in der Siedlung herrschte, Fitness und Gesundheit seiner Arbeiter waren ihm wichtig. Ausserdem waren ihm Grünanlagen und Zugang zur Natur, welche er selber sehr schätzte,ein grosses Anliegen. Er stellte Bauland für Schulen, Sportplätze, Freizeitanlagen, Gemeindezent-ren, Parks, Läden und Kirchen zur Verfügung. Auch ein Schwimmbad wurde 1904 errichtet. Ein idyllisches Ortsbild entstand in Anleh

Abbildung 6: Entwicklungsphasen Bournville, 1949

Abbildung 7: Cottages für die Arbeiter der Cadbury Fabrik erbaut 1879

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nung an die Arts and Crafts Bewegung. Die Architektur war einfach und traditionell, jedoch mit moderner Inneneinrichtung und Ausstattung.Ziel war es das Wohnungsproblem für eine weite Bevölkerungsschicht zu entschärfen und eine Art Muster-Dorf zu erstellen,um Möglichkeiten für einen gesünderen Lebens-standard zu schaffen, der dennoch zahlbar war. „the objective is declared to be the amelioration of the condition of the wor-king classes and labouring population in and around Birmingham, and elsewhere in Great Britain, by the provision of impro-ved dwellings with gardens and open spaces to be enjoyed therewith, and by giving them facilities.... for purchasing and acquiring the necessities of life“8.Ein Zehntel der gesamten Siedlung wurde öffentlichem Freiraum zugesagt. Maximal ein Fünfzehntel durfte für Läden genutzt wer-den.

ARCHITEKTEN:Die ersten Häuser in der Siedlung wurden von Alfred Pickard Walker, dem Siedlungs-vermesser entworfen. Er arbeitete weiterhin für die Siedlung bis ins frühe 20. Jahrhun-dert hinein. 1895 wurde jedoch ein jun-ger Architekt, William Alexander Harvey, als Siedlungsarchitekt ernannt. In dieser Funktion agierte er bis 1904. Danach mach-te er sich selbständig, war aber weiterhin als Architekt und in beratender Funktion für den Trust tätig. 1912 wurde sein Neffe H.Grahm Wicks sein Partner. Die Sied

Abbildung 8: Die ersten erbauten Häuser auf dem Bournville Estate, entworfen von A.P.Walker

Abbildung 9: Frühe „tunnel-back“ und vereinfachte Plänevon Häusern in Bournville, entworfen von W.A.Harvey

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lung verdankt W.A.Harvey einen grossen Teil ihres ästhetischen Werts der frühen Jahre.Zwei weitere Architekten prägten ebenfalls die Siedlung: Henry Bedford Tylor war von 1904 bis 1911 offizieller Siedlungsarchitek. Sein Stil könnte als einfacher und wirt-schaftlicher als derjenige seines Vorgängers beschrieben werden. Der zweite Architekt und Planer, der vor dem ersten Weltkrieg mit-wirkte war S.A. Wilmot. Er war für die Pla-nung von Weoley Hill, jenseits von Bristol Road verantwortlich. Die Bauarbeiten dort begannen erst während des ersten Weltkriegs.

W.A.HarveyW.A. Harvey kam aus einer künstlerischen Fa-milie. Er studierte an der Birmingham School of Art. Er war erst 20 Jahre alt, als ihm der Auftrag für das Siedlungsprojekt Bourn-ville erteilt wurde. „The Appointment, it was later noted, while giving him his first big opportunity for the exercise of his gifts, proved to be of incalculable value to this pioneer housing experiment“5.Harvey wurde zu einer bedeutenden Figur im späten 19. Jahrhundert und zu Beginn des 20. Jahrhundert für das „revival in domestic ar-chitecture“6. Seine zunehmend sichere und abwechslungs-reiche Wahl von Material und Handwerk und sein Interesse für traditionelle Architektur ordnen ihn der Arts und Crafts Bewegung zu. Harvey bemühte sich „to give a new individu-ality of spirit to old forms“7. Er war aus-serdem einer der Architekten, wie auch Ray-mond Unwin, der den Entwurf eines Cottages

Abbildung 10: Sycamore Road, entworfen von W.A,Harvey Anfang 1900. Eines der etwas aussergewöhnlicheren, grösseren Dop-pelhäuser mit Holländischem Giebel, Venezianischen Fenstern, Renaissance Gauben und Holzrahmen Vorbau.

Abbildung 11: Häuser an der Kreuzungvon Woodland Park Road und Kingsley Road. Aus einem Tenants Ltd. prospectus,c.1907

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über den üblichen Standard eines Reihenhau-ses hob. Harveys grösster Verdienst liegt im Entwurf von kompakten und komfortablen Cottage-Grundrissen, die gleichzeitig durch subtile Unterschiede in der Fassadengestal-tung und einer geschickten Positionierung auf dem Grundstück ein monotones Ortser-scheinungsbild vermieden. Beim Ausbruch des ersten Weltkriegs war Harvey als einer der grössten Experten für günstige Kleinwohn-häuser anerkannt.

Die frühen Jahre der SiedlungsentwicklungA.P. Walker entwarf 1895 die ersten Häu-ser der Bournville Siedlung, welche sich auf der West Seite des Areals befinden. Dann übernahm W.A.Harvey. Seine ersten Häuser entstanden am südlichen Ende der Linden Road, Bournville Lane und Row Heath Lane (jetzt Selly Oak Road) zu finden. 1897 ent-warf Harvey eine grosse Ladenzeile in Holz-fachwerk an der Kreuzung von Linden Road und Mary Vale Road, welche als Eingangstor zur Siedlung funktioniert und eines der beeindruckendsten Früh-Werke Harveys ist. Zur selben Zeit wurde das Altersheim und die grossen Doppelhäuser auf der Ost Sei-te von Linden und Mary Vale Road erbaut. Diese wurden vom Bournville Almshouse Trust geleitet, welcher von Richard Cadbury kurz vor seinem Tod durch Diphtherie, gegrün-det worden war. Der attraktive quadratische Backsteinbau im Tudor Stil und seine dazu-gehörigen Bauten wurden vom bekannte Bir-minghamer Architekten Ewan Harper geplant. Die Mieten der gegenüberliegenden Häuser

Abbildung 12: Die ersten Läden der Siedlung, entworfen von W.A.Harvey 1897 und im darauf folgenden Jahr erbaut, an der Kreuzung Mary Vale Road und Linden Road.

Abbildung 13: Die Altersiedlung von Bournville, entworfen von E. und A.J. Harper 1897

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sollten die Kosten des Altersheimes decken.Anfänglich wurde nur zögerlich weiter ge-baut, aber dann entwickelte sich die Sied-lung rapide. Die meisten Häuser (fast 200) entstanden 1899. Die Siedlung wuchs untypi-scher Weise von Aussen nach Innen.Nach dem Übergang des Landbesitzes in den Bournville Village Trust verlangsamte sich die Expansion wieder.

HäusertypenUm die unterschiedlichen Ansprüche unter-schiedlicher Schichten und Haushalte zu be-friedigen, wurden verschiedene Haustypen in Bournville erbaut. Die kleinsten Häuser wa-ren die eingeschossigen Cottages. Sie hatten ein Wohnzimmer, Waschküche, ein Schlafzimmer und ein WC. Diese wurden an alleinstehende Frauen oder Pensionäre vermietet und waren sehr begehrt. Es wurden auch ein paar we-nige Two-Bedroom-Cottages vor 1914 gebaut. Die Ersten entstanden 1902 an der Bournvil-le Lane. Diese kleinen Vier-Zimmer-Häuschen waren sofort vermietet und schienen die Be-wohner sehr zufrieden zu machen. Der Andrang auf diese billigeren Häuser war enorm. Wei-tere dieser einfachen Häuser wurden an der Rowheath Lane und Maple Road 1903 gebaut. Obwohl auch grösserer Doppel- und Einfamili-en-Häuser entstanden, war das Three-Bedroom -Cottage der meist vertretene Haustyp in der Siedlung.

SanitäranlageDie Stiftung fand, dass jedes Haus neben ei-nem grossen Garten auch ein Bad haben soll

Abbildung 14: Der Original Plan für die Bournville tenants Ltd. estate, August 1906. Entworfen von W.A.Harvey, es wurden Änderungen vorgenommen

Abbildung 15: Eingeschossige Blocks entworfen von Bedford Tylor für Alte Menschen. Erbaut in Woodbrooke Road 1909-10

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te. Die grösseren Häuser hatten separate Bäder. Aber in den kleineren Häusern musste man sich was einfallen lassen. Somit wur-de das Bad in die Küche platziert, da dort heisses Wasser zur Hand war. Man wollte vermeiden, dass die Badewanne, wenn nicht in Verwendung, unnötig Platz einnähme. So kam es zu drei Varianten: eine im Boden versenkbare Badewanne, eine Tisch-Bade-wanne, die eine Tischplatte auf der Wan-ne hatte und ein patentierter Badewannen-schrank, aus dem die Badewanne rausgeklappt werden konnte. Diese war die favorisierte Lösung und wurde patentiert. Desweiteren gab es in den etwas grösseren Cottages eine kombinierte Waschküchen-Bad Lösung. Dieser Badtyp wurde in den prächtigen zwei Häu-sern mit gestuftem Giebel an Sycamore Road ausgeführt.

GartenDer Garten war ein essentieller Teil des Konzeptes der Siedlung. Ihm kam fast soviel Gewicht in der Planung zu wie den Gebäuden. Das Bearbeiten des Bodens hatte vielfache positive Auswirkungen auf die körperliche, aber auch mentale Gesundheit. Der Ertrag und die Gestaltung des Gartens solten Stolz und Zufriedenheit geben sowie Ausgaben für Essen sparen. Der Unterhalt des Gartens erforderte Disziplin und Zeit und war Teil der Vorsorge gegen das in der Siedlung un-tersagte Laster des Alkoholkonsums oder der Hingabe zur Unterhaltung in öffentlichen Häusern. Im Durchschnitt war ein Garten 500m2 gross. Der Garten war bereits

Abbildung 16: Versenktes Bad

Abbildung 17: Patentiertes Schrank-Bad

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angelegt, wenn die Mieter einzogen. Obst-bäume wurden am Ende des Gartens gepflanzt, auch als Sichtschutz. Hecken trennten die Grundstücke oder wurden an Strassenrändern verwendet. Die Vorgärten dienten als Blumen-garten während die Gärten hinter den Häusern für die Obst- und Gemüseversorgung dienten. Der Trust unterstützte die Gärtnerei auf alle nur erdenkliche Weisen. Es gab ange-stellte Gärtner, die vor Ort Hilfestellung leisteten und die ersten drei Jahre weiter-hin nach den Bäumen und Pflanzen sahen. Kurse und Vorlesungen wurden angeboten und Saatgut günstig zur Verfügung gestellt. Für wahre Enthusiasten gab es auch noch Schrebergärten zu bewirtschaften. Die Ersparnisse aus eige-nem Anbau konnten beträchtlich sein, je nach Einsatz und Talent. Bei Schäden durch Unwet-ter oder sonstige nicht eigen verschuldete Schäden wurden die Bäume oder Pflanzen kos-tenfrei ersetzt. 1913 gab es 1100 Gärten und 1104 Schrebergärten in der Siedlung. Nicht zuletzt hatten diese grosszügigen Gartenan-lagen auch zur Verbreiterung der Frontfas-sade und somit zu mehr Licht in den Häusern und schönen Ausblicken aus diesen geführt. Das Gartenkonzept in Bournville wurde von Seiten der Experten lobend erwähnt und von den Bewohnern als erfüllende Tätigkeit ge-schätzt. Öffentliches LebenEs gab vier öffentliche Grünanlagen: The Green (worauf anfänglich Schafe weideten), The Triangel (eine spitz zulaufende Grünflä-che mit Büschen und einem durchlaufenden

Abbildung 20: Der Bournville Garten-plan von W.A.Harvey

Abbildung 21: Obst und Gemüseanbau im Garten, Elm Road und Raddlebarn Road, c. 1906

Abbildung 19: Malerische Gruppe von Häusern entworfen von Bedford Tyler 1911

Abbildung 18: Blühende Vorgärten

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Pfad), Camp Wood (ein am Hang liegendes Grundstück mit alten Waldbäumen) und ei-nem Park zugeordnetes Land neben dem Bourn Brook.Als Gessellschaftlicher Treffpunk dien-ten die Läden an der Mary Vale Road. Je-doch entwickelte sich The Green ab 1905 zum Dreh- und Angelpunkt des sozialen Lebens von Bournville. Das war nicht überraschend, denn George Cadbury baute hier das ers-te öffentliche Gebäude, ein simpler aber beeindruckender Bau von W.A.Harvey, für ein Quäker Versammlungshaus (1905). Ein wei-teres religiöse Gebäude, von W.A.Harvey im romanischem Stil geplant und vor dem ersten Weltkrieg gebaut, war die Anglican Church Hall(1913). George and Elizabeth Cadbury finanzierten ausserdem die beiden Schulen von Bournville, The Junior School(1905) und The Infant School (1910). Beide Schulen so-wie die Ruskin Hall (später als Kunstschule genutzt) wurden auch von W.A.Harvey entwor-fen.

A change of directionZwischen 1906 und 1911 entwickelte sich ein neuer Siedlungsteil am Süd-West Rand von Bournville. Der Bournville Trust hatte ein 20 Acre grosses Grundstück an die neu etablierte co-partnership company Bournvil-le Tenants limited verpachtet. Der Lageplan wurde von W.A.Harvey erstellt. Es gab ei-nige Variationen in Grösse und Ausstattung der Häuser. Harvey entwickelte eine neue überzeugende Typologie indem er eine Anzahl von schlichten Hausblöcken in einer

Abbildung 22: Das Quäker Versammlungshaus, Bournville Green1905 fertig gestellt, geplant von W.A.Harvey

Abbildung 23: Junior school 1905 (rechts) und Infant school 1910 (links), beide geplant von W.A.Harvey

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gut angeordneten Gruppe arrangierte. Er va-riierte schlichte und reicher detaillierte Erscheinungsbilder der Häuser und schaffte so ein ausgewogenes und abwechslungsreiches Ortsbild.1911 verkündete der Bournville Village Trust seine Entscheidung das Bauen nach Füllen der letzten Baulücken zu stoppen. „The intenti-on is to endeavour to lease building land to co-partnerships, or kindred societies, and to private individuals, and thus continue the developmnet of the estate.“9 Die meisten Gebäude der Zwischenkriegszeit entstanden durch Taylors Nachfolger S. Alex Wilmot und seinen Assistenten John Ramsay Armstrong. Die Architektur des BVT blieb dabei jedoch weiterhin einfach, traditionell und kaum beeinflusst durch die Moderne. Alte Bäume, Hecken und Strässchen, beispielsweise die Oak Tree Lane, blieben erhalten. Weiter-hin wurde die Kontinuität im Erscheinungs-bild durch behutsame Materialwahl und Detai-lausführung z. B. bei den Fenstern erreicht. Bis heute sind über 8000 Häuser auf dem Areal entstanden.

„Bournville comes, perhaps as near to the industrial utopia which the idealist longs to see, as it is possible anywhere to find“10

Bournville was valued more precious than all the talk of a

hundred conferences“11

Abbildung 24 : Bournville, Stand der Bebauung 1911, Archi-tekt: Alex Harvey

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1 BVT, Deed of Foundation (1900)2 G. Cadbury to T.C. Horsfall, 24 June 1901, Horsfall Pa-pers, MPL Archives3 Garden City Association, Garden City Conference at Bourn-ville, report of Proceedings (1901), p.54. See G.E. Searle. the Quest for National Efficiency (1971)4 E. Howard, A peaceful Path to Real Reform (1898)5 The Builder Vol.180, 16February 1951; BWM (March 1951), pp.83-4;JRIBA (April 1951), pp.247-86 Muthesius, op. cit.; Harvey, op. cit., p.67 JRIBA (April 1951), p.247.8 Deed of Foundation pp.1-29 BVT Mins/AR`Secretary‘s report`30.September 191110 Birmingham Weekly Post, 28 September 190111 Birmingham Daily Gazette, 21 September 1901

Verwendete Literatur:

W.Alexander Harvey The Model Village and its Cottaged: Bournville, B.T.Batsford, 94 High Holborn 1906 London.

Michael Harrison, Bournville Model Village to Garden Sub-urb, Phillimore & Co. Ltd. West Sussex 1999.

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HARBORNE - MOOR POOL ESTATE

Die Moor Pool Siedlung, auch bekannt als ‘Harborne Tenants Estate’ oder ‘City Gardens Harborne’, entstand während einer Phase star-ker Expansion der Vorstädte rund um Birming-ham zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Harborne, dessen Geschichte bis ins frühe Mittelalter zurückgeht, liegt knappe 5 Kilometer südwest-lich vom Stadtzentrum Birminghams. Durch die Schienenverkehrsanbindung zur Stadt im Jah-re 1874 und die aussichtsreichen Perspekti-ven hinsichtlich des Ausbaus eines Tramnetzes entwickelte sich das Gebiet zu einem neuen Zentrum für Stadtentwicklung. Bereits zu die-sem Zeitpunkt waren viele Ortsansässige auf-grund des rapiden Siedlungsausbaus besorgt, dessen Expansion durch dicht konzentrierte und qualitativ sparsame Arbeiterklassenbe-hausungen den Ortscharakter der umliegenden Gebiete ruinierte (Abb.1). Eine Lösung für dieses Problem bestand darin Wohngebiete auf Basis der Prinzipien der „Garden Suburbs“ zu gestalten. Diese sollten qualitativen, jedoch zugleich auch erschwinglichen Wohnraum inner-

HARBORNE-MOOR POOL ESTATE1907 - 1912

ARCHITEKT: FREDERICK MARTINAUFTRAGGEBER: HARBORNE ESTATE LTD. J.S. NETTLEFOLD

Abb.1: „Slums“ in Birmingham, viktorianische Arbeitsreihen-häuser am Anfang des 20. Jahrhunderts

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halb-ländlichen Umgebung schaffen. Jene Sied-lungen waren nicht konkerete Gartenstädte, indem sie nicht unabhängige urbane Einheiten waren, sondern als Gebiete zur Regulierung des Zuwachses betrachtet wurdena(Abb.2). Eine Möglichkeit den Plan umzusetzen ergab sich im Jahr 1906, als der Vorschlag für die neue Tramlinie abgelehnt wurde, wodurch die örtli-chen Preise weit genug sanken um den Erwerb von ausreichend großen Grundstücksflächen zu ermöglichen(Abb.3).

Verfechter des Projektes war der Philanthrop und Unitarier J.S. Nettlefold (1866-1930). Nettlefold, der aus einer berühmten Familie von industriellen Schraubenherstellern stamm-te, war bereits Vorsitzender von Birminghams neuem Behausungsausschuss und in dieser Funk-tion bereits an der Verbesserung der öffent-lichen Behausungen für Birminghams Arbeiter-klasse beteiligt. Eindeutig durch die Ideen der „Garden City“ und anderer Reformströmun-gen beeinflusstf, verdeutlichte er in seinen Publikationen „Practical Housing“ (1908) und „Practical Town Planning“ (1914) den Bedarf nach mehr Planungskontrolle hinsichtlich neu-er Behausungen und kritisierte die Tendenz neue Slums, anstatt konzipierte Vororte, in ländlichen Gegenden zu schaffen. Als Vertre-ter des Stadtrats für Edgbaston und Harborne brachte er das Projekt der Gartenvorstadt in Harborne voran, was die qualitative Behausung unter angenehmen und geräumigen Bedingungen für alle Klassen der Gesellschaft erschwing-lich machen sollte. Infolgedessen diente der Bau von Moor Pool nicht ausschließlich neuen

Abb.3: Das Dorf Harborne bevor Moor Pool an seinem nordwest-lichen Ende entworfen wurde

Abb.2: Moor Pool Estate in einem Plan, der seine Lage im heutigen Vorstadtgefüge veranschaulicht

PLAN,

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besseren Wohnraum für Teile der Bevölkerung der Stadt zu schaffen, sondern die finanzielle und soziale Wirksamkeit solcher Verbesserun-gen unter Beweis zu stellene. Dieser Umstand erklärt gewissermaßen die doch überschauba-ren Ausmaße der Siedlung, aber auch das ver-wendete Prinzip von Teilhaberschaft: Ortsan-sässige Investoren stellten das Kapital für den Bau zur Verfügung, die einzelnen Mieter kauften anfänglich 2 Anteile an der Kapi-talgesellschaft (Harborne Tenants Ltd.) und wurden schrittweise zum weiteren Erwerb von mehreren Anteilen durch die Investition ihrer Ersparnisse ermutigt. Letztendlich sollte die Eigentümerschaft allein auf die Mieter über-gehen. Die Mieten variierten auf diese Weise zwischen 4s 8d und 11s pro Woche im Jahr 1908. Moor Pool war einer der ersten Siedlungen in England, die durch eine Mietsgenossenschaft organisiert war, was die deutsche Garten-stadtgesellschaft in ihrem Besuch beeindruckt hatte, indem Moor Pool „fast identisch unse-rer Baugenossenschaft mit genossenschaftli-chem Grundbesitz“c war.

Das ausgewählt Gelände im Nordwesten von Har-borne umkreiste das tatsächliche kleine Ge-wässer „Moor Pool“, das von den Einwohnern als Wasch-, Bade- und Fischerteich verwendet worden war (Abb.4). Die 22 Hektar Land wur-den von Bauern für einen Preis von £15,860 erworben. Die Absicht war es nahezu 500 neue Häuser und 9 öffentliche Gebäude zu schaffen. Die Arbeiten begannen 1907 offiziell mit einem vollständigen Baubeginn aller Abschnitte im Jahr 1908 (Abb.5). Die Siedlung wurde 1912

Abb.4: Der „Moor Pool“ Teich bevor die Entstehung von Moor Pool Estate

Abb.5: Der Spatenstich von Moor Pool Estate am 29. Oktober 1907

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eröffnet und bot nach einigen Jahren ein Heim für 2,000 Einwohner. Sie wurde an den Hängen eines kleinen Tals, das von Westen nach Osten verlief, erbaut, wobei der Teich auf halbem Weg im Talkessel lag. Konzipiert wurde die Siedlung von Fredrick Martin (1859-1917) von ‚Martin & Martin’, einem bekannten ortsansäs-sigen Architekturbüro. Das benachbarte Gar-tenstadt Bourneville diente als Inspiration für Moor Pool, das die Prinzipien von ge-mischten Gesellschaftsklassen, geringer Be-bauungsdichte und dem Fokus auf Grünflächen und öffentlichen Räumen ebenfalls berücksich-tigen würdea.

Die Hauptmerkmale von Martins Plan folgten dem Vorbild anderer Gartensiedlungen mit orga-nisch geplanten Straßen, die durch geometri-schen Einheiten -hier zwei Plätze- komponiert sind (Abb.6). Entsprechend des Einflusses von C. Sitte an der Gartenstadtbewegung sollte der Plan eine künstlerische Essenz, regulier-te Perspektiven und das Gefühl der Geschlos-senheit vermitteln. Mit Ausnahme der bereits vorher existierenden Nord-Süd-Verbindung wurden alle Straßen mit einer Breite von 4,9 Meter angelegt, wodurch einerseits die be-nötigte Fläche und die Baumaterialien redu-ziert wurden und was andererseits auch ein Mittel zur Begrenzung des Verkehrsaufkommens war (Abb.7). Die Straßen wurden auf Vorschlag von T. Humphries, dem damaligen Kurator des Botanischen Gartens von Birmingham, mit Bäu-men ausgeschmückt. Anderthalb Meter breite Grünstreifen wurden angelegt und zusätzlich bekamen die meisten Häuser eine Buchenhecke

Abb.6: Das Ost-West laufende ‚Rückgrat’ der Siedlung kreuzt die bereits bestehende Nord-Süd Achse im Osten. Im Zentrum liegt der zentrale runde Platz und im Westen eine kreis-förmige Grünfläche. Die großen unbebauten Flächen zwischen den Privatgrundstücken galten auch als öffentlicher Raum.

Abb.7: Die Straßen waren erheblich schmaler als üblich und nur mit einer Sondergenehmigung des Stadtrats möglich. Es wurden 3,5 km. an Straßen realisiert.

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oder Kettenlinkzaun zur Abgrenzung der Grund-stücke. Im Fall von Höhenunterschieden zur Straße wurden zusätzlich niedrige Steinmauern gebaut. Die Gärten vor jedem Haus waren von beachtlicher Größe, wobei allerdings großes Augenmerk darauf gelegt wurde die Grundstü-cke nicht allzu groß anzulegen. Da Moor Pool primär dafür gestaltet worden ist Arbeiter zu beherbergen sollten die einzelnen Mieter nicht mit mehr Fläche ausgestattet werden, als es ihre Zeit für die Pflege erlauben wür-de, da andernfalls das Gesamtbild der Sied-lung in Mitleidenschaft gezogen werden würde. Die Flächen, die den Rückseiten der Häuser zugewandt waren, boten Platz für weitere Kul-tivierung sofern die Anwohner das Bedürfnis dazu hegten (Abb.8). Einige von diesen Flä-chen verblieben öffentlich. Die engen mit Bäumen gefüllten Straßen, die weiter von den grünen Grundstücken umgeben waren, trugen zu einem Gefühl von Geschlossenheitb und ländli-cher Umgebung bei, was eine zusätzliche Be-tonung durch den geringen Abstand der Häuser zur Straße und deren kontinuierliches Gefüge erfahren hatb (Abb.9).

Nettlefolds Vorstellung sah eine Siedlung vor, die einen Querschnitt der Gesellschaft bedienen sollte. Der Plan bot ein breites Spektrum an verschiedenen Häuschen, beginnend mit kleinen Unterkünften mit zwei Schlafzim-mern bis hin zu großen Doppelhäusern mit bis zu fünf Schlafzimmern. Grundsätzlich befan-den sich Wohnzimmer, Küchen und Badezimmer im Erdgeschoss der Gebäude und die Schlafzimmer im Obergeschossf. Ähnlich einer Vielzahl an

Abb.8: Die privaten Grünflächen hinter den Häusern in einem zeitgenössischen Foto. Insgesamt erstrecken sie sich über ca. 4 Hektar

Abb.9: Die geschlossene und malerische Umgebung von Moor Pool

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derer britischer Gartenstädte war Moor Pool von dem einheimisch-artigen und romantisie-renden Arts and Crafts Stil beeinflusst, des-sen Merkmale Häuser mit steilen Giebeln, Ver-putzung und Segmentbogenfenstern, sowie einer Vielzahl von Details aus Eisen und Holz, wa-renb. Moor Pool verwendete diese Merkmale auf eine schlichtere, jedoch nicht ärmere Wei-se, im Vergleich zu anderen Gartensiedlungen. Jene Charakteristika der Siedlung fallen so-fort ins Auge und unterscheiden sich deutlich von denen der umliegenden Nachbarschaften, nämlich der im viktorianischen Stil gehal-tenen Siedlung im Süden und der im Stil der 1930er Jahre gestalteten im Nordenb. Da die Siedlung innerhalb eines kurzen Zeitraumes komplett erbaut worden ist, entsteht nicht der Eindruck sie sei Phasen einer Entwicklung durchlaufenb.

Moor Pool beinhaltet nur zweistöckige Gebäu-de. Die Häuserdichte liegt bei nicht mehr als 25 pro Hektar, wobei das Gesetz sogar eine Dichte von bis zu 125 Häusern pro Hektar er-möglicht hätte. Die Häuser sind entweder als zweier, vierer-, sechser- oder achter-Gruppen Seite an Seite arrangiert. Die Anwendung von breiteren Hausfronten diente der Vermeidung des häufig kritisierten, engen viktorianischen Reihenstils. Es gibt einigermaßen neun ver-schiedenen Grunddesignsb, die sich durch die Positionierung, Größe und Anzahl der Giebel und/oder die Dachform unterscheiden (Abb.10-12). Teil der Siedlung sind ebenfalls drei Häuserblocks mit, ausnahmeweise, autonomen Wohnungen in jedem Stock (Abb.13).

Abb.10: Einer der häufigsten Typen, der meistens als wieder-holendes Reihenhaus verwendet wird

Abb.11: Dieser größere Typus gehört zu einigen der ersten gebauten Siedlungshäusern.

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Jeder einzelne Haustypus unterscheidet sich weiter voneinander hinsichtlich Lage der Tü-ren, Fenster und kleiner Details, wie Brief-kästen/Türklopfer, um gezielt die Monotonie der festen viktorianischen Vorgaben zu be-kämpfen. Die Auswahl an Fenstern beinhaltet häufiger mittelgroße dreiteile Erker oder fla-chen leichten Bogenform. Backsteinbögen tau-chen zudem an Türschwellen und innenseitigen Durchgängen auf. Trotz der gezielten Vari-ationen der Häuser macht die Siedlung als Ganzes einen homogenen Eindruck und es ist merklich, dass die gesamte Anlage das Produkt eines einzigen Plans warb. Die Symmetrie der Häuserpaare bzw. Häusergruppen ist hierbei ein Schlüsselmerkmal. Die meisten Gebäude be-folgen dem Prototyp des zur Front hin lie-genden Giebels. Die Dächer waren einheitlich entweder aus Ton- oder Schieferziegeln. Als Baumaterial für die Häuser diente einheimisch hergestellter roter Backstein, der jeweils im Obergeschoss mit einer rauen, creme oder weißen Oberfläche verputzt worden ist. Alle Türen erhielten einen dunkelgrünen und die typischen sechsteil Fensterscheibe einem wei-ßen Anstrich. Von den hochwertigen Baumateri-alien abgesehen, wurde versucht die Baukos-ten so gering wie möglich zu halten, um die Häuser preiswerter zu machen. Die existie-renden Steigungen wurden im Plan ausgenutzt, um die benötigten Grabungsarbeiten auf ein Minimum zu reduzieren. Das Layout der Ge-samtanlage nutzt die örtliche Topographie aus und schafft dabei eine Harmonie zwischen der Baumasse und Landschaftb (Abb.14). Abb. 13: Die „Flats“, dessen obere Wohnungen wegen der Höhen-

unterschied innovativ über Brücken erreicht sind.

Abb.12: Typus mit drei unterschiedlichen Häusern und Durch-gang zu den Grünflächen

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Wie auch viele andere Gartenstädte basierte Moor Pool auf dem Konzept ein Gemeinschafts-gefühl zu schaffen, indem Wert auf Annehmlich-keiten und Freizeiteinrichtungen gelegt wur-de. Dies spiegelt buchstäblich im Plan wieder anhand von zwei öffentlichen Gebäuden und ei-nem Geschäftsgebäude, die allesamt am runden Platz im Herzen der Siedlung angeordnet sind. Nettlefold glaubte, dass wenn die Mieter in einer starken Gemeinschaft leben würden, sie nicht nur einen besseren Lebensstandard haben würden, aber auch höheren Wert auf ihre Umge-bung legen und so eine Verschlechterung des Zustands der Siedlung vermeiden würdenb. Das Moor Pool Gemeindehaus bot Platz für öffent-liche Veranstaltungen, Spielräume und eine Bibliothek. Das Siedlungsbüro war mit der Leitung der Anlage betraut. Passend zu ih-rer Umgebung sind die drei Gebäude mit den gleichen Materialien konstruiert und von Gie-beln und steilen Walmdächern charakterisiert (Abb.15-16). Doch ihre größere Maßstab und Funktion prägt komplexere Formen und Dach-strukturen, unterschiedliche Fassaden und ge-wisse Asymmetrien.

Laut Nettlefold erwies sich Moor Pool in der Tat als praktischer Lösungsansatz, nämlich Gartenvorstädte rundum Birmingham zu bauen und die Öffentlichkeit sollte hiervon Notiz nehmenb. Dies geschah 1909 teilweise, als ei-nige, ausschließlich städtebauliche Merkmale Moor Pools, als gestalterische Ansätze für die Stadtentwicklung Birminghams in Betracht gezogen wurden. Zur damaligen Zeit war der verwendete urbane Plan, einer der ersten im

Abb.14: Die harmonische Einbettung der Siedlung in der To-pographie

Abb.15: Das Siedlungsbüro und das Gemeindehaus innerhalb des zentralen Platzes. Spielräume (Bowlingfeld und Ten-nisplätze) wurden auch in offenen Räumen der Siedlung an-gelegt.

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HARBORNE - MOOR POOL ESTATE

Lande (Abb.17) -eine Neuigkeit, die von ver-gleichbaren Maßnahmen, die bereits in deut-schen Städten eingeleitet wurden, beeinflusst ward. Im „Practical Town Planning“ schrieb Nettlefold weiter, dass Moor Pool den Be-weis lieferte, was mit besseren Behausungen zu günstigen Mieten möglich sei und stellte fest, es würde sich um die einzige Siedlung Birminghams handeln, „die auf den Grundsät-zen einer ökonomischen Stadtplanung gestaltet worden ist“b. Nichtsdestotrotz gab es Kritik, dass Moor Pool, wie auch andere Gartensied-lungen, nicht wirklich vorteilhaft für den größeren Teil der Arbeiterklasse sei, da ein zumindest durchschnittliches Arbeitergehalt notwendig war, um sich ein Haus leisten zu können und das obwohl die Bodenpreise örtlich von £1,6 auf £0,74 pro qm. schrittweise gefallen waren. Unabhängig davon, dass die Preise für die einkommensschwächsten Klas-sen niemals finanzierbar waren, lieferte die Siedlung in der Tat ein Model für eine gut harmonierende, gemischte Gemeinde, was auf größeren Maßstab hätte übertragen werden kön-nen, falls der Wille zwischen dem öffentli-chen und privaten Sektor bestanden hätteb. Nicht zufällig ist es, dass die deutsche Gar-tenstadtgesellschaft von der sozialen, finan-ziellen und planerischen Effizient Moor Pools berichtetec.

Obwohl Moor Pool am Rande Harbornes erbaut worden war, hatte es die Siedlung bis zum zweiten Weltkrieg vollständig umrandet,wobei Moor Pool sich aber klar von seiner neuen Umgebung absetzteb.Das Prinzip der Teilhaber

Abb.16: Die vier Geschäfte von Moor Pools zentralen Platz

Abb.17: Das Quinton-Harborne-Edgbastone Town Planning Scheme

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132HARBORNE - MOOR POOL ESTATE

Verwendete Literatur:

a)Gladstone Culpin, Ewart - The garden city movement up-to-date, Routledge (hg.), London 2015, S. 1-18,36,49-60,76-77

b)Moor Pool Estate Conservation Area, Character Appraisaland Management Plan, Birmingham City Council, March 2012

c)Aus englischen Gartenstädten: Beobachtungen u. Ergeb-nisse einer sozialen Studienreise, Deutsche Gartenstadt-Gesellschaft(hg.), Berlin 1910, S. 5-11,74-101

d)http://www.suburbanbirmingham.org.uk/ Zugriff 11.05.2015

e)http://www.mpht.co.uk/history.html Zugriff 04.05.2015

f)http://ihbc.org.uk/context_archive/110/secret/secret.html Zugriff 24.04.2015

schaft erwies sich als nicht komplett reali-sierbar, da es für eine Vielzahl der Mieter schwierig war ihre notwendigen Anteile voll-ständig zu finanzieren. In dieser Phase waren knapp 150 der Häuser der Siedlung verkauft und diese Tendenz würde sich weiter ziehen bis in die 1970er Jahre hinein. Bald darauf geriet die Anlage unter Denkmalschutz, was die Veränderungen aus privater Hand begren-zen sollte, wenn man von Details wie Fenstern und Türen absieht. Eine Reihe von Garagen aus Holz oder Beton war zwischen 1930 und 1950 bereits an diversen Stellen erbaut wor-den, die ursprünglich als Grünflächen vorge-sehen waren(Abb.18). Obwohl die Gesetze für den Erhalt der original Bauten mit der Zeit strikter geworden sind, führte der Verkauf der Anteile von Harborne Tenants Ltd. im Jahr 1994 dazu, dass der aktuelle Anteilshaber zum ersten Mal seit einem Jahrhundert den Bau neuer Häuser auf dem Gelände ermöglicht hat (Abb.19).

Abb.18: Betongaragen aus den 50ern im heutigen Zustand

Abb.19: Zeitgenössisches Haus gebaut in Moor Pool Estate

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EINLEITUNGWilliam Hesketh Lever(1851-1925), ein englischer Unternemer, der später zum Lord Leverhulme geadelt werden wollte, gründete 1885 eine Seifenfabrik und leg-te mit dem Produkt Sunlight den Grund-stock für ein heute weltweit agierendes Unternehmen(Unilever). Durch die Vergrös-serung der Anlagen zog die Fabrik von der Stadt Warrington in den Süden von Liverpool ans Ufer des Flusses Mersey. 1887 wur-de 22 Hektar Land erworben und trockenge-legt. Nach den Plänen William Owens wurde 1888/1889 die neue Fabrik errichtet und nach der Fertigstellung sofort mit der Planung für eine Arbeitersiedlung nörd-lich der Fabrik begonnen. 1910 kommt es zu einer entscheidenden Wende in der Planung von Port Sunlight: Aus einem Wettbewerb, der die Umplanung von Port Sunlight zum Gegenstand hatte und unter den Studenten der School of Architecture der University of London ausgeschrieben wurde, ging der

AUFTRAGGEBER: WILLIAM HESKETH LEVERARCHITEKTEN: WILLIAM OWEN, ERNEST PRESTWICH, JAMES LOMAX-SIMPSON, THOMAS HAYTON MAWSON, ET AL.

Vogelschau mit dem Zustand um 1898: Die Fabrik, der erste Teil der Arbeitersiedlung und der Dell als Landschaftsele-ment dazwischen (Hubbard 2009, S.15).

PORT SUNLIGHT VILLAGE

PORT SUNLIGHT VILLAGE1889 - 1934

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Student Ernest Prestwich hat den Wettbewerb gewonnen. Aufgrund seiner Ideen wurde ein neuer Plan unter der Leitung von Thomas Maw-son erarbeitet und ausgeführt.1)

STÄDTEBAULICHE ENTWICKLUNGFür die Arbeitersiedlung war das Areal nörd-lich der Fabrik vorgesehen. Die trocken-gelegten Wasserarme hatten eine plastisch stark ausgeprägte Topografie hinterlassen, und Lever beschloss, ihr natürliches Mus-ter der Siedlungsanlage zugrunde zu legen.Die zwei grossen Mulden sollten frei blei-ben und in öffentliche Parks respektive

PORT SUNLIGHT VILLAGE

Sportplätze umgewandelt werden. Die da-zwischen liegenden flachen Hügel hingegen sollten an ihren Rändern bebaut werden, während die dadurch entstehenden grossen Höfe Gartenanlagen aufnehmen sollten. Um den ideellen Mittelpunkt der Anlage, der durch die Christ Church markiert wird, die William und Segar Owen zwischen 1902 und 1904 bauten,schlängeln sich die Straßen in eleganten Windungen durch das topographisch bewegte Areal, das sie gleichzeitig er-schließen und akzentuieren.Die Absicht der pittoresken Wirkung ist of-fensichtlich. Sie reicht zurück in die Tra-

Plan der Arbeitersiedlung, 1905 (Hubbard 2009, S.16). Plan des Wettbewerbsbeitrages von Ernest Prestwich, 1910 (Hubbard 2009, S.20).

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dition des englischen Landschaftsgartens der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Später wurde Lever von der ameri-kanischen klassizistischen City-Beautiful-Bewegung beeinflusst. Die Notwendigkeit der Erweiterung der Siedlung, die mit der Expan-sion des Unternehmens einherging, bot Lever eine willkommene Gelegenheit, die neuen Beaux-Arts-Prinzipien auf das Model Village anzuwenden. Der 1910 Plan füllte die ehema-lige Mulden mit Ausnahme des Parks The Dell auf.Der Christ Church wurde ein Momumentales Boulevard-Kreuz angelegt, dessen Hauptach-se parallel zum Bahndamm derläuft, während

PORT SUNLIGHT VILLAGE

der kürzere Arm Kirche und Eisenbahntrasse in der bereits zuvor bestehenden Sichtach-se miteinander verbindet. Daneben entstan-den auf dem neu gewonnenen Terrain weitere geometrische Strassen- und Platzmuster, die sich dem frei gekurvten Bestand überlagerten und ihn grösstenteils überspielten.An expo-nierten Stellen wurden öffentliche Gebäude geplant und teilweise gebaut; das ehrgei-zigste ist die Lady Lever Art Gallery, die William und Segar Owen in den Hauptboulevard einfügten und 1914 bis 1922 als prunkvolles Beaux-Arts-Gebäude realisierten. Das künst-liche englische Dorf hatte sich damit

Plan der Arbeitersiedlung, 1938 (Hubbard 2009, S.30).Plan des Wettbewerbsbeitrages von Ernest Prestwich, 1910 (Hubbard 2009, S.20).

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136endgültig in eine klassizistische Stadt en miniature verwandelt.1)

HÄUSER UND WOHNUNGENDie Hausgruppen sind mit Giebel- oder Wal-dächern gedeckt, die Baukörper weisen im-mer wieder Vor- und Rücksprünge, Erker und Anbauten auf, die Schornsteine ragen male-risch in den Himmel.1hre Architektur ist durch Sichtfachwerk aus Eichenholz, Rauh-putz in Gefachen, Sichtmauerwerk aus roten Backsteinen, bruchroh belassenen Sandstein, dunkle Dachziegel und graue Schieferplatten bestimmt. Aber bei Lever war es mitnichten um historische Authentizität zu tun, sondern einzig und allein um das Aussehen. Er wollte das gute alte englische Dorf mit seinemLokalkolorit, seinem Gemeinschaftssinn undseiner Gemütlichkeit wieder aufleben lassen. Er legte weniger Wert auf neuartige Grund-risse und fortschrittliche technische Aus-stattung der Häuser als auf das Bild, das die Siedlung abgab, und die Atmosphäre, die sie ausstrahlte. Die Bebauungsdichte ist ge-ring: An keiner Stelle überschreitet sie 20 Häuser pro Hektar(vor 1910).Genossenschaftliche Ambitionen waren Lever fremd. Nicht fremd war ihm hingegen der auf-richtige Wunsch, für seine Leute zu sorgen und dabei auch finanzielle Verluste in Kauf zu nehmen. Er finanzierte sein gesamtes Model Village allein. Für die Wohnungen verlangte Lever nur ausgesprochen günstige Mieten, mit denen er gerade die Abschreibungs- und Bau-erhaltungskosten deckte.1)

Cottage-Typ von William Owen an der Park Road, 1892 (Hubbard 2009, S.38).

PORT SUNLIGHT VILLAGE

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137MODERNISIERUNGEN UND VERÄNDERUNGENWährend dem Zweiten Weltkrieg wurde viel Boden für die Gemüse-Produktion verwendet. Nach dem Krieg veränderte sich durch die Anpflanzung von Sträuchern auf vielen Flächen das Aussehen wesentlich. In der Zeitspan-ne von 1967 bis 1977 wurde ein Programm zur Modernisierung des Hausbestandes und neue Bestimmungen zur Nutzung der rückwärtigen Gärten und zur Parkierung erlassen. Ab 1980 konnten die Häuser durch die bestehenden Mieter, aber auf der Basis restriktiver Be-schränkungen, erworben werden. Im Jahr 1999 wechselte die Verwaltung von Port Sunlight zu einer spezifischen Treuhandgesellschaft mit dem primären Ziel des Bewahrens und Un-terhaltens des Terrains und der Gebäude. Die Gesellschaft ist ebenso zuständig für den Unterhalt der Landschaftsräume und der Vor-gärten der Häuser. Diese sind mittlerweile mehrheitlich im privaten Eigentum.

INTERNATIONALE BEACHTUNGPort Sunlight provozierte viele Kommentare, beispielsweise bereits 1890 mit einem Arti-kel in The Illustrated London News, und war regelmässig in den Fachzeitschriften publi-ziert. Im Das Englische Haus (1904/1905), Hermann Muthesius schrieb, dass «Port Sun-light will always be honoured by the highest recognition». Im Handbuch zur 1910 durchge-führten International Town Planning Confe-rence in London, Patrick Abercrombie schrieb über Port Sunlight als «one of the earliest of the self-contained garden villages, which has exercised an enormous amount of influ

PORT SUNLIGHT VILLAGE

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Quellen:

1)Lampugnani,Vittorio Magnago, Die Stadt im 20. Jahrhun-dert. Visionen, Entwürfe, Gebautes,Band I, Berlin: Wagen-bach Verlag, 2010, S.21-24.

2)http://list.historicengland.org.uk/resultsingle_print.aspx?uid=1001637&showMap=1&showText=1 (5. Mai 2015)

3)gta Archiv, Nachlass Bernoulli

Weiterführende Literatur:

Berlepsch-Valendas, Hans Eduard von, Die Gartenstadtbewe-gung in England, ihre Entwicklung und ihr jetziger Stand, München u.a. 1911, S. 87-113.

Hubbard, Edward und Michael Shippobottom, A Guide to Port Sunlight village, Reprint Liverpool 2009.

ence on English and foreign planning». So erstaunt es nicht, dass die Siedlung um 1900 vom Adel, von Politikern, Industriellen, Of-fiziellen und Architekten aus vielen Nationen besucht wurde,2) so im August 1910 auch von Hans Bernoulli.3)

Die Lady Lever Art Gallery als dekorierte Betonkonstrukti-on (Hubbard 2009, S.56/57).

PORT SUNLIGHT VILLAGE

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Zwischen den Jahren 1851 und 1871 entstand am Fluss Aire, nahe der zentralenglischen Stadt Bradford, West Yorkshire, die erste Company Town Englands. Benannt nach ihrem Gründer, den Textilfabrikanten Sir Titus Salt (1803-1876), gilt die Mustersiedlung «Saltaire» als eindrückliches Beispiel ei-nes philanthropischen Paternalismus Eng-lands im viktorianischen Zeitalter.

Die Stadt Bradford, ursprünglicher Sitz der Fabrikation Salts, erfuhr durch die In-dustrialisierung des Textilgewerbes einen enormen Zuwachs an Bevölkerung. Die Einwoh-nerzahl des kleinen Städtchens stieg binnen weniger Jahre von 8’500 auf 104‘000 Men-schen an. Die Raumnot für Wohn- und Produk-tionsstätten verschlechterte sich stetig. Die durchschnittliche Lebenserwartung der arbeitenden Bevölkerungsschichten sank auf beinahe 20 Lebensjahre ab. Salts Fabrik-neubau mit der angegliederten Werksiedlung stellten den gelungenen Versuch dar, der

SALTAIRE1851 - 1871

ARCHITEKTEN: WILLIAM FAIRBAIRN, LOCKWOOD AND MAWSONAUFTRAGGEBER: SIR TITUS SALT

Lageplan des UNESCO-Weltkulturerbe

SALTAIRE

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140kapitalistischen Ausbeutung und dem unkon-trolliertem Städtebauwachstum eine Antwort entgegen zu setzen. Die sozialen Ansätze Salts setzten wichtige Impulse für kommen-de Stadtplanungen und dienten so auch als Wegbereiter für die aufstrebende Garten-stadtbewegung. Als erste Siedlung mit der soziokulturellen Einheit ihrer Bewohner galt «Saltaire» den jüngeren Neugründungen Bourneville und Port Sunlight als programma-tisches Vorbild.

Sir Titus Salt arbeitet seit seinem 17. Le-bensjahr in der Textilindustrie und brachte es durch die, von Charles Dickens in dessen Buch «Household Words» beschriebene Ent-wicklung der Alpakawolle-Verarbeitung zu ansehnlichen Wohlstand. Sein entschlosse-ner Reformwille führte ihn durch mehrere öffentliche Ämter bis zum Bürgermeister-amt der Stadt Bradford. Neben rein ökonomi-schen Überlegungen als Geschäftsmann führte ihn auch sein Wissen um die Missstände der städtischen Entwicklung und der Lebensbe-dingungen der Arbeiter dazu, die Produkti-onsstätten seines Unternehmens aufs Land zu verlagern. Seine gänzlich ohne staatli-che Subventionen errichte Siedlung liefer-te nicht nur innovative Neuerungen im Woh-nungsbau, sondern bot darüber hinaus durch die Gestaltung der Anlage, die Regeln des Zusammenlebens, wie das Verbot von Tierhal-tung und jeglichen Alkoholkonsums, aber auch durch die zahlreichen gemeinnützigen Ein-richtungen einen bisher unerreichten Stan-dard an medizinischer Versorgung und Bil-

Salts Mill

Werksiedlung

SALTAIRE

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141dungsmöglichkeit für die Fabrikarbeiter und deren Familien. Die Siedlung «Saltaire» wiederlegte überzeugend die von Friedrich Engels 1852 in seinem Buch «Zur Wohnungs-frage» formulierte These, dass kein Kapita-list das Interesse habe, eine menschenwür-dige Siedlung für diejenigen zu bauen, die sein Kapital vermehren.

Um das Jahr 1850 betrug die Belegschaft Salts über 3000 Arbeiter, der tägliche Pro-duktionsumfang betrug bei Spitzenauslastung 30‘000 Meter Stoff. Der imposante Neubau des Werks in «Saltaire», den Salt mit dem bekannten schottischen Ingenieur William Fairbairn 1851 errichtete, bot Platz für 1200 Webmaschinen. Die Stützen-Trägerkonst-ruktion aus Eisen mit Decken aus Backseit-kappen ermöglichten weitgespannte Räume mit grossen Fensteröffnungen für ausreichende Belichtung und Belüftung. Im Rauchschatten südlich des Werkes ange-legt, entstand in den Jahren ab 1853, durch die Architekten Henry Lockwood und William Mawson entworfen, die Arbeitersiedlung mit knapp 800 Wohnhäusern. Nach stadtplaneri-schen Elementen der Renaissance angelegt vermeidet das orthogonale Strassennetz der Siedlung jegliche Kurvierung oder Unregel-mässigkeit und staffelt die vier Gebäude-komplexe streng in die leichte Hanglage der Topografie.

United Reformed Church von Osten, The Mill von der Aire aus gesehen

Salts Mill in Saltaire (Südfassade)

SALTAIRE

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142Die «Victoria Road» als Hauptachse der Anla-ge verbindet die Fabrikanlagen im Norden mit der Wohnsiedlung südlich des Flusses. Ihr schliesst sich das orthogonale Raster der Haupt und Querstrassen an, die sämtlich mit Gaslaternen, Fusswegen und Kanalisationslei-tungen versehen waren. Doppelblöcke mit Reihenhäusern bildeten eine Alternative zu den Back-to-Back Wohnformen anderer Siedlungen und erzeugten durch ihre sorgfältige Setzung eine Dichte von 340 Ein-wohnern je Hektar ohne aber die Probleme der innerstädtischen Wohnverhältnisse aufkommen zu lassen. Die doppelreihige Anordnung der Häuser mit den zugewandten Höfen, getrennt durch einen fuhrwerksbreiten Versorgungs-weg erzeugten trotz ihrer verhältnismässig grosszügigen Dimensionierung keine überhohen Baukosten. Bei einem durchschnittlichen Wo-chenlohn von 24 Schilling stellte die wö-chentliche Miete zwischen 2-8 Schilling eine erträgliche Belastung für die Arbeiterfami-lien dar.

Die durch Salt selbst gezahlten öffentli-chen Gebäude ergänzten die Anlage und formen den Hauptplatz «Saltaires». Beiderseits der «Victoria Road» stehen sich die «Saltaire Factory School» für 750 Jungen und Mädchen und das «Saltaire Institute» mit Konzert-saal, Bibliothek, Kunstschule und Labora-torium als Zentrum der Erwachsenenbildung gegenüber. Die Lebensbedingungen der Arbei-ter wurden durch zahlreiche gemeinnützige Einrichtungen verbessert. So gab es neben Kirche und Krankenhaus auch eine Apotheke,

Werksiedlung, Grundrisse und Schnitte der Arbeiterhäuser

SALTAIRE

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Verwendete Literatur:

- DECISION OF THE WORLD HERITAGE COMMITTEE (16.12.2001)

- Berlepsch – Valendas, Die Gartenstadtbewegung in England, ihre Entwicklung und ihr jetziger Stand, München/Berlin 1911.

- Lampugnani, Vittorio Magnano (Hg.), Die Stadt im 20. Jahrhundert. Visionen, Entwürfe, Gebautes. Band I, Berlin 2010.

Lageplan der Arbeitersiedlung

ein Wasch- und Badehaus, ein Altenheim, Spielplätze und Sporteinrichtungen im nörd-lich des Flusses gelegenem «Saltaire Public Park». Südlich des Parks standen für die Bewohnern «Allotements» - private Gartenflä-chen - zur Selbstversorgung bereit.

Die Werksiedlung «Saltaire» ist nahezu in seiner Gänze erhalten geblieben. Die Wohn-häuser der Arbeiter wurden 1933 dem Brad-ford Poperty Trust übergeben und konnten von da an erstmals von den Bewohnern selbst erworben werden. 1986 schloss die Fabrik ihre Produktion. Im Jahr 2011 wurde das gesamte Ensemble zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt und in Form, Design, Material und der gemeinschaftlichen Funktion als äus-serst schützenswert eingestuft.

SALTAIRE

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„I do not want to establish communities be-aring the stamp of charity but rather of rightly ordered and self governing communi-ties.“ 1

Der Yorker Philantropist und Quäker Joseph Rowntree (1835-1925) gründete 1904 die „Joseph Rowntree Village Trust“. Als Un-ternehmer und Besitzer der Schokoladenfabrik Rowntree wollte er sein Einkommen in soziale Projekte investieren. Er wollte sein Vermö-gen nicht direkt investieren, sondern in Un-tersuchungen und Forschungen über die Ursa-chen der sozialen Probleme fliessen lassen, denn: „The Soup Kitchen in York never has any difficulty in obtaining adequate financial support, but an enquiry into the extent and causes of poverty would enlist very little support.“ 2:S.5 Sein inspirierender Charakter beeinflusste auch seine beiden Söhne, welche ihn in seinen Anliegen unterstützten. Sein Sohn Seebohm Rowntree legte in seinem Buch «Poverty and Progress» (1901) eine Analyse der sozialen Situation dar.

NEW EARSWICK1901 - 1953

ARCHITEKTEN:UNWIN / PARKER / DE SOISSONSAUFTRAGGEBER:JOSEPH ROWNTREE

Abb. 1: „Ein herzliches Willkommen unseren deutschen Vet-tern“. Besuch der deutschen Gartenstadtbewegung, 1909.3

NEW EARSWICK

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146Im Jahre 1901 erwarb J. Rowntree 150 Acres Land in der Gemeinde Huntington - drei Meilen ausserhalb der historischen Stadt York. York war keine Industriestadt, d.h. die Wohnbe-dingungen waren nicht so katastrophal wie in anderen Städten und die Nachfrage nach gesun-dem Wohnraum sprengte nicht die Möglichkeiten einer qualitativen Entwicklung. „It remains to be seen, therefore, whether we can build to let at a price which people will pay.“ 2-S.6 Das Vorhaben unterlag nicht dem Zwang eine Gar-tenstadt zu werden. Desweiteren war von vorn-herein klar, dass die Rowntree-Angestellten als Mieter nicht bevorzugt werden sollten. Man wollte Menschen aus allen Gesellschafts-schichten anziehen, um eine soziale Durchmi-schung zu gewährleisten. In den 1950er Jahren waren nur ein Drittel der Bewohner bei der Rowntree-Company angestellt. „It is doubtful whether there will be a great and continious demand for houses at Earswick and I think it is just possible that before very long the income of the Trust may be applied elsewhere, and possibly it may be the most useful thing to make a number of small model village com-munities – say a hundred houses – rather than anything approaching to be a garden city.“ 2-S.7

Die Entwicklung von New Earswick kann in vier Phasen unterteilt werden. In der ersten Phase zwischen 1902-1903 wurden, schon vor der Grün-dung der Stiftung, 28 Häuser fertiggestellt. Mit Planung und Entwurf wurden Raymond Unwin und Barry Parker beauftragt. Im Jahre 1904 be-richtete die Presse von dem neuen Projekt und charakterisierte dieses wie folgt: „an effort

Abb. 2: Erster Bebauungsplan von Unwin / Parker: die ersten 28 Häuser werden in den Jahren 1902-03, noch vor der Grün-dung des Rowntree Village Trust, erstellt.3

NEW EARSWICK

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147to provide houses which shall be artistic in appearance, sanitary, and thouroughly well-built and yet within the means of working men earning about 25sh. a week.“ 2:S.7

Während der zweiten Phase in den Jahren 1904-18 war die Stiftung bestrebt Haustypen zu entwickeln, die sich Geringverdiener leisten konnten.In der dritten Phase zwischen 1919-36 kam es zu öffentlichen Subventionen durch die Regierung, die Kostenfrage trat in den Vor-dergrund und schränkte die architektonischen Freiheiten ein.Zwischen 1936-46 stand die Bautätigkeit still. Erst ab 1946 kam es zu Ergänzungen mit neuen Wohnformen.

Die topografische Situation kann wie folgt beschrieben werden: Im Osten wird das Ge-biet durch den River Foss begrenzt, im Westen durch privates Ackerland. Dazwischen ver-läuft die Haxby Road als zentrale Achse von Süd nach Nord. Der Landstrich ist nicht durch besondere topografische Merkmale geprägt, sondern als ebene Fläche gekennzeichnet.Der erste Bebauungsplan von Unwin / Parker (Abb. 2) zeichnet sich durch die Einführung einer Strasse zwischen Fluss und Haxby Road aus, diese folgt der Biegung des Flusses und stösst nördlich wie südlich auf die zent-rale Achse. Querstrassen werden eingeführt, welche Flächen von 5-6 Acres umschliessen. Als öffentliche Bauten wurden drei Kirchen vorgesehen, ein Freibad mit Turnhalle, ein Gemeinschaftshaus, ein Wasserbecken und auch

Abb. 3: Erster Haustyp mit Minimalwohnungen über zwei Eta-gen.3

NEW EARSWICK

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148ein Schulhaus wurde eingeplant, wobei Raymond Unwin (1863-1940) der Chefarchitekt war. Das Prinzip der Ausrichtung der Häuser beruht auf der maximalen Sonneneinstrahlung in den Wohn-raum. Fussgängerpfade führen durch die Vor-gärten zu den Hauseingängen. Hinter den Häu-sern erstrecken sich die Gärten teilweise bis zum Fluss. Die Grundrisse sind so entworfen, dass eine möglichst effiziente Grundfläche über zwei Geschosse entsteht – die minimale Grundfläche ergibt sich durch die Anordnung dreier Schlafzimmer im Obergeschoss. Im Erd-geschoss wird das Kohlenlager in das Hausvolu-men integriert und mit dem WC kombiniert. Der Wohn- und Küchenraum hat Zutritt zum Garten. Der Waschraum wird von der Küche erschlossen (Abb. 3).

Die Weiterführung der Planung von 1919-1936 übernimmt Barry Parker (1867-1947) als Chef-architekt in der Stiftung. Diese Zeit war ge-prägt von Kostenzwängen. Da man die Qualität der Häuser beibehalten wollte, begann man Ein-sparungen bei den Erschliessungsstrassen zu machen. Parker fand eine Lösung indem er ein System von Häusergruppen à 8-12 Häusern ein-führte, welche jeweils über eine Sackgasse erschlossen wurden (Abb. 4). Diese „Culs-de-sac“ konnten konstruktiv einfacher erstellt werden und waren weniger breit - gleichzeitig konnten sie als Spielstrassen genutzt werden. Die Kostenersparnis beim Strassenbau betrug 15% im Vergleich zu 1904. Ein Vorteil lag auch in der Planung von Häusergruppen als archi-tektonisch gestaltete Einheit. Jede der 12 realisierten Gruppen ist unterschiedlich. Die

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Abb. 4: Die zweite Erweiterung durch nach dem 1. WK ist geprägt durch das «cul-de-sac-development».2

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149Gruppe aus dem Jahre 1931 besticht durch ihre „Link-Walls“ mit Bögen, zwischen den ein-zelnen Reihenhäusern, welche Durchblicke ins Ackerland bieten. Eine zweite Änderung ergab sich aus der Zusammenfassung zu Reihenhäu-sern mit 4-6 Wohnungen, welche durch die Idee der „turned-end“ geprägt sind und somit in der Gesamtheit eine Art Blockrand ausbilden.Da der neue Standard ein Bad im Obergeschoss vorsah vergrösserte sich die Grundfläche. Dies hatte eine geräumige Arbeitsküche im Erdgeschoss zur Folge, welche anfangs unbe-heizt, die Kritik der Bewohner hervorrief. Durch den Kostendruck infolge der Geldlei-hen mit Zinssätzen von 6% entschied Parker sich für eine Standardisierung der Haustypen anstelle der bisherigen Vielfalt. Durch die Gruppierung und durch die unterschiedlichen Längen der Häuser ergibt sich jedoch kein monotones Bild (Abb. 5). Die Nachkriegszeit brachte Anpassungen mit sich. Louis de Soissons (1890-1962) wurde mit der dritten Erweiterung beauftragt (Abb. 6). Die Wohnungsnot nach dem Krieg resultierte einerseits aus der sechs Jahre ausgeblie-benen Bautätigkeit, andererseits durch die Kriegszerstörungen. Der Wandel der Bevölke-rungsstruktur zeigte, dass die Familiengrös-se sich in den letzten 50 Jahren halbiert hatte.2:S. 49 In New Earswick wurde dieser Wan-del in den Häusern sichtbar, in denen teil-weise nur noch eine alte Person wohnte. Aus diesem Grund versuchte man neue Wohnformen auch für ältere Menschen anzubieten. Alters-wohnungen, in Form von Bungalows, werden als

NEW EARSWICK

Abb. 5: Um die «cul-de-sac» guppieren sich die Häuser.2

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150erster neuer Gebäudetyp durch die Stiftung gefördert (Abb. 7). Durch die Änderung der Familienstrukturen wurden offene Grundrisse erstellt, welche nun auch durch ein anderes Heizsystems möglich wurden. Durch die zuneh-mende Motorisierung wurden die Anforderungen der Mieter an die Erschliessungsstrassen wie-der grösser und diese dementsprechend teurer.

Die Integration von Freiräumen, Bäumen und Gärten war wichtigster Bestandteil der Pla-nungen und trug zu einer gemeinschaftlichen Gesinnung bei.2:S.22

Die Namen der Strassen verdeutlichen die Stellung, welche der Bepflanzung beigemes-sen wurde. Alle Strassen tragen den Namen ei-nes Baumes. In den Anfangsjahren wurden viele Waldbäume gepflanzt, diese stellen sich durch Strassennamen wie Chestnut Grove, Poplar Gro-ve, Sycamore Avenue dar. Dann kam es zu Pflan-zungen kleinerer Fruchtbäume: Cherry Tree Avenue, Crab Tree Avenue und Almond Grove.Jedes Haus hatte einen Garten zur Selbstver-sorgung. Abgesehen vom Strassenraum sollte ein Zehntel der Fläche aus Parkanlagen und öffentlichen Freiflächen bestehen.Nicht das Land sei kostspielig, sondern die Erstellung von Strassen, wie B. Parker in seinem Artikel „Site planning as exemplified at New Earswick“ 2:S.19 darlegte.

Für das Zusammenspiel der unterschiedlichen Haustypen der Anfangsjahre war die Materiali-tät und die Dachform ausschlaggebend.Die Ziegelfabrik der Umgebung lieferte das Material bis zur deren Schliessung in den

Abb. 6: Die dritte Erweiterung durch Louis de Soissons zeigt die Entwicklung bis 1954.2

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1511930er-Jahren.Unwins Architekturen aus der ersten Phase sind von bewegten Dachformen geprägt und die Stiftung war nach einem Versuch mit dem fla-chen Dach mehr denn je überzeugt von dessen Ausprägung.2:S.25

Auch die Experimente in Beton samt Flachdach in der Nachkriegzeit lösten rege Diskussi-onen aus und Louis de Soissons riet: „What I would like to suggest is that the layouts and houses should be in character with the countryside and its natural bulding forms and materials. I am convinced that cottages cannot be suitable built in what are called the `new materials` and that the traditional materials are inevitably right. Logically this must exclude all flat roofed cottages which, in this country, are completely un-right!“ 2:S.28

Die wirtschaftliche Finanzierung zur Gene-rierung günstiger Mieten spielte während al-len Phasen die bedeutendste Rolle.„We ought to earn a minimum of at least 3% on the village building scheme if it is to be considered anything but a philantropic enterprise.“ 2:S.31

In den Anfangsjahren ergaben sich Mieten von 4sh.9d. - 5sh.3d. Diese beinhalteten auch alle Serviceleistungen.In der ersten Periode, im Jahre 1907, ent-schied man die Mieten im Durchschnitt auf 6sh.1d. zu erhöhen. Da das Ziel der Stif-tung jedoch nach wie vor war, Häuser für Ge-ringverdienende anzubieten, begann man neue Haustypen zu entwickeln, um eine Miete von Abb. 7: Altersbungalows und Häuser der 1950er-Jahre.2

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152nicht mehr als 4sh. / Woche zu erzielen. Die-ser erste günstigste Haustyp hatte einen ge-ringen Ausstattungsstandard, ohne Bad und Warmwasser. Desweiteren wurden vier andere Typen erdacht: ein zweiter Typ mit Warmwas-ser für 4sh.6d. / Woche. Ein dritter Typ mit grösseren Räumen und 12 Einheiten pro Acre für 5sh.3d. / Woche. Ein vierter Typ mit Bad in der Küche und separatem Salon für 6sh.2d. / Woche. Der vierte und grösste Typ mit «guter Stube» und separatem Bad ergab eine Miete von 7sh. / Woche (Abb. 9). Jedoch stellte sich heraus, dass die ersten beiden Typen unmög-lich wirtschaftlich erstellt werden konnten. Die angestrebte Lösung lag indess im Entwurf von Etagenwohnungen. Vier Wohnungen in einem zweistöckigen Haus mit jeweils einem Wohnraum, zwei Schlafzimmern und einer Spülküche. Diese hatten den Vorteil, dass, falls die Nachfrage an billigem Wohnraum sinken würde, diese auch als Doppelhaus des Stuben-Typs umgenutzt wer-den konnten. Dieser Typ kam jedoch erst nach dem zweiten Weltkrieg zur Ausführung.In der zweiten Periode (1920-36) erhielt die Bautätigkeit öffentliche Subventionen durch die Regierung. Mehr und mehr wurde darauf ver-zichtet für die Geringverdiener zu bauen, da die Stiftung nicht auf einen gewissen Standard verzichten wollte. Ausserdem mussten die Mie-ten in Relation zu den umliegenden Grundstü-cken fixiert werden. Im Jahre 1924 beschloss die Stiftung, aufgrund einer Subventionserhö-hung, die Mieten der neuen Bauten auf 10sh.9d. zu erniedrigen. Durch die Subventionierung erhöhte sich der Nettoertrag von 2% im Jahre 1920 auf 4% im Jahre 1922. Mehrmals überlegte

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Abb. 8: Haustyp mit separatem Salon.3

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153man in der Zwischenkriegszeit aufgrund der hohen Zinssätze auch Häuser zu verkaufen.Nach dem 2. Weltkrieg kam es auch vermehrt zu Reparaturtätigkeiten und steigenden Kos-ten der Infrastrukturanlagen, welche von der Stiftung und nicht durch die öffentliche Hand erledigt wurden. Diese Kosten waren in den Mieten enthalten, hatten sich aber durch zunehmende Reparaturen erhöht.Die Finanzierung der Häuser nach 1946 hatte einige Vorteile. Da vermehrt Wohnraum für ältere Menschen und kleine Familien geschaf-fen wurde, hatte man finanzielle Vorteile: die Subvention bezog sich nämlich nicht auf die Grösse des Hauses, sondern auf die Ein-heit. So konnten wieder niedrigere Mieten erzielt werden.Durch die konstruktiv gute Ziegelbauweise konnte festgestellt werden, dass der Unter-halt der Häuser der beiden ersten Phasen weit weniger kostspielig war, als der der Nach-kriegshäuser.«The older part of the village which is, in many ways, the most attractive externally, will gradually need modernisation.» 2:S.55

Abb. 9: Der grösste Typ mit «guter Stube» und separatem Bad.3

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154Verwendete Literatur:

1 http://www.historyofyork.org.uk/themes/20th-century/new-earswick

2 One Man‘s Vision - The story of the Joseph Rowntree Villa-ge Trust, Rowntree Village Trust (hg.), London 1954

3 Aus Englischen Gartenstädten - Beobachtungen u. Ergebnisse einer sozialen Studienreise. Veröffentlicht u. herausgege-ben von der Deutschen Gartenstadt-Gesellschaft, Berlin 1910

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27.04.15 18 21:27Haxby - Google Maps

Seite 1 von 1https://www.google.ch/maps/place/Haxby,+York+YO32,+UK/@53.…ta=!3m1!1e3!4m2!3m1!1s0x4879324151ca756d:0x764f9dbd01889f0

Imagery ©2015 DigitalGlobe, Getmapping plc, Infoterra Ltd & Bluesky, Map data ©2015 Google 200 m

TrafJc, Bicycling

Haxby, York YO32, UK

Abb. 10: New Earswick heute.

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Mit dem New Towns Act 1946 wurde dem Ruf nach neuen Städte politischer Ausdruck verliehen. Durch die Zerstörung englischer Städte im 2. Weltkrieg - insbesondere dem Blitz war der Bedarf an Wohnraum gross. Etwa 20 Stadt-Neugründungen sind in den 1940er Jahren zu vermerken, die sogenannten Mark 1 towns. In den 1950er Jahren kam es dann lediglich zu einer bedeutenden Neugründung in Schottland: Cumbernauld. Zu Beginn der 1960er Jahre kam es zu den Stadt-Neugründungen Mark 2, deren Planung deutlich unter dem Einfluss des mo-torisierten Verkehrs, neuer Entwurfsstrate-gien wie Rastersysteme bei der Strassenfüh-rung und neuer Inszenierung der Landschaft standen. Milton Keynes ist den Neugründungen Mark 3 zuzuordnen, welche sich primär in ih-rer Grösse von Mark 2 unterschieden und aus einem weiteren New Towns Act von 1965 her-vor gingen. MK (Milton Keynes) war mit einer Einwohnerzahl von 250.000 Personen auf einem Areal mit 9000 ha die weitaus grösste Neu-planung.

MILTON KEYNES1970 – XXXXARCHITEKTEN: LLEWELYN-DAVIES, WEEKS, FORESTIER-WALKER & BORAUFTRAGGEBER: MILTON KEYNES DEVELOPMENT CORPORA-TION, MINISTER OF HOUSING AND LOCAL GOVERNMENT

Abb. 1, Lifestyle-Bild von und für Milton Keynes Bendixson, 1992 S. 113

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1561962 wurde der Bedarf nach einer neuen Stadt in North Buckinghamshire durch das Bucking-hamshire County Council formuliert. Einer Studie des County Councils von 1966 zur Fol-ge, war eine neue Stadtneugründung für 250.000 Einwohner in dem Gebiet zwischen Bletchley, Stony Stratford und Wolverton durchführbar. Weiter Studien und Pläne folgten bis der Mi-nister of Housing and Local Government die Entscheidung für die Stadtneugründung auf ei-nem Areal von 9.000 ha, auf welchem sich die bestehenden Städte Bletchley, Wolverton und Stony Stratford befanden, traf. Der Name der neuen Stadt kam von dem alten Dorf Milton Keynes in dem Gebiet.Unter dem Vorsitz von Lord John Campbell wurde 1967 durch die Regierung die MKDC – Milton Keynes Development Corporation – ge-gründet. Die Planer waren die Architekten Ri-chard Llewely-Davies (1912–1981), John Weeks (1921–2005), Forestier-Walker and Walter Bor (1916-1999). Bei dem Masterplan (1970 veröf-fentlicht) waren desweiteren Planer aus den Bereichen Verkehr, Landschaft, Ökonomie, So-zialwissenschaften, Landwirtschaft, Städtebau und Denkmalpflege beteiligt.Die Vorlage für den Masterplan lieferte der Interim Report aus dem Jahr 1969. Dieser wurde von der MKDC, dem Ministerium für Wohnugnsbau und der Gemeinde erarbeitet und befasst sich mit den Themen Verkehr, Bevölkerungswachstum, Bildung, Gesundheit, Soziale Entwicklung, Er-holung, Landwirtschaft, Wohnen, Arbeiten und Industrie, Wasser- und Energieversorgung usw. Dabei wurden erste Ziele und Ideen der Umset-zung formuliert. Besprochen wurde auch die

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Abb. 2, Lage Milton Keynes in GrossbritannienMeller 2014, S. 42

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157Kontrolle und Auswertung: „the importance of a detailed monitoring and evaluation system whose function would be to collect informa-tion, relate it to policies and objectives in all areas of the Corporation‘s activities allow an appraisal of effectivness to deter-mine changes of policy or the reallocation of resources.“ 1

Der Bericht sollte gleichzeitig auch die He-rangehensweise der Planung von Milton Keynes einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen. Im Februar und März des Jahres 1969 wurden öffentliche Treffen organisiert.Die grundlgenden Ideen der englischen Garten-städte sind auch bei der Planung von Milton Keynes wiederzufinden wie: Dezentralisierung, soziale Ausgewogenheit und Selbstversorgung (decentralisation, social-balance and self-containment). Diese waren in der Zwischen-zeit international bekannt und weiterentwi-ckelt worden. Besonders die transatlantische Verbindung zu Nordamerika im Bezug auf Städ-tebau wirkte in der Zeit der Planung von MK nun von Nordamerika zurück auf England: „The Plan noted that the idea‘s ‚were largely the-oretical and generated by recent American evidence regarding the remarkable absence of evaluation data relating to existing new towns‘„. 2

Die grundlegende Entwurfsstrategie beschrieb Walter Bor so: „The idea is to have a flexible framework to try and provide for the unre-stricted use of the car, with public trans-port service as well, small buses with easy acces. We will not as in the old new towns have interlocking neighbourhoods but

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Abb. 3, Lage Milton Keynes in Buckinghamshire CountyMeller 2014, S. 48

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158Activity Centres at the crossing points for the development of the community. Markets de-mands will be largely responsible for the sit-ing of shops, schools, etc.“. 3

Der Masterplan für Milton Keynes – Plan for Milton Keynes – wurde 1970 veröffentlicht. Band 1 (Volume one) beschreibt dabei Hinter-gründe, Herangehensweise und Entstehungspro-zess des Entwurfs, während Band 2 (Volume two) die Beweisführung des Entwurfs liefert. Beide Teile sollten stets berücksichtigt werden in der Auseinandersetzung mit dem Projekt.Es wurden sechs Haupthesen formuliert:„ i) Opportunity and freedom of choiceii) Easy movement and access, good commu-nicationsiii) Balance and varietyiv) An attractive cityv) Public awareness and participationvi) Efficient and imaginative use of re-sources „ 4

In Milton Keynes sollte eine Synthese aus So-zialem Wandel, Ökonomischen Wandel und Tech-nologischen Innovationen gebildet werden.Der öffentliche Verkehr sollte höchste Priori-tät erhalten und man entschied sich letztlich gegen das von Frederick Pooley vorgeschlagene Magnetschwebebahnnetz (Monorial-System) für ein differenziertes Bussystem. Gründe hier-für wurden unter anderem so formuliert: „And we came to the conclusion that there was no specific time that would favour such a big in-vestment for the following reasons: before the monorail is built there must be enough people living here to justify it.“ Auch der öffent- Abb. 5, Skizze Monorail von Frederick Pooley

Bendixson 1992, S. 49

Abb. 4, Plan for Milton Keynes 1970Bendixson 1992, S. 56

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159liche Verkehr sollte also motorisiert sein.Der Fussgänger erhielt in beiden Bänden nur kurz Erwähnung. Aber es wurde betont, dass dieser sich stets auch unabhängig vom moto-risierten Verkehr – ob privat oder öffent-lich – bewegen können soll. Hierfür sollte das Fusswegenetz sorgen, aufgrund seiner ro-ten Markierung redways genannt.Jedes Rasterfeld sollte ein activity centre mit Einkaufsmöglichkeiten, Schulen, Gesund-heitszentren oder ähnlichem erhalten.Aus den Erfahrungen früherer Stadtneugrün-dungen sollte gelernt werden und das The-ma der Durchmischung wurde insbesondere beim Wohnungsbau präsent. Eine Bewohnung durch beispielsweise ausschliesslich eine working class galt es zu vermeiden: „In addition to housing, balance and variety in employment was intended to create a socially mixed popu-lation, a long established principle of the garden city movement.“ 5

Die bestehende Landwirtschaft sollte soweit als möglich während des Planungs- und Re-alisierungsprozesses nicht gestört werden: „The Cooperation‘s aim is to cause as little disturbance to farming operations as possib-le until land is actually requiered for de-velopment, and we hope that we can continue to maintain with the farmers a relationship of mutual understanding and respect, despite the direct conflict of interest between far-ming and new town.“ 6

Abb. 6, Plan der Entwicklung Milton Keynes 1989Bendixson 1992, S. 256

Abb. 7, Lokale Zentren in MK - geplant und realisiertBendixson 1992, S. 99

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160Central Milton Keynes – 1971 ongoing

Das sogenannte Central Milton Keynes – CMK – ist wichtiger Bestandteil der neuen Stadt. Obwohl der Plan nicht aus einer zentralen Lo-gik entwickelt wurde – in diesem Sinn weg von Howard Zentralität –, spielt das Zentrum eine wesentliche Rolle und stellt in einem kleinen Maßstab die Grundprinzipien von MK dar.Die Frage der Zentralität kommt eigentlich im Laufe der Zeit als pragmatisches Bedürf-nis. Einige zentrale Nutzungen sollten von so vielen Leuten wie möglich erreichbar sein. Beispielsweise die Universität oder das Kran-kenhaus könnten peripherisch verlegen wer-den, um eine gute Erweiterungsmöglichkeit für die Zukunft zu haben, aber institutionelle Dienstleistung oder kommerzielle Strukturen hatten eine bessere Rezeption, wenn zentral situiert. Da ist die Frage der Zentralität präsent. Was unter Zentrum gezeichnet wird, ist ein großes Areal, das von der westlichen Haupt-bahnlinie bis den Grand Union Kanal (oder bis Cambell Park) sich entwickelt. Die zwei Rasterfelder zwischen City Road V6 und V9 und H5 und H6 geben eine Fläche von 1.8x0.9 km gleich 162 ha. Um einen Vergleich zu ziehen: das Areal ist so groß wie in London die Fläche zwischen Oxford Street, Marble Arch und St.Giles’Circus, Park Lane, Piccadilly und Charing Cross Road. Was gebaut wurde, ist das Ergebnis eines For-schungsprozesses und einer komparativen Stu-die, die ökonomische, soziale und räumliche Aspekte simulierten. Drei Modelle wurden ver-

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Abb. 8, Plan für Central Milton Keynes, von Helmut Jacoby in den 70er

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Abb. 8, Central Milton Keynes heute

Abb. 9, CMK: Verkehrsnetz

Abb. 10, CMK: Fussgängernetz

glichen: eine starke Entwicklung auf einer Rastereinheit, zwei Einheiten und die ganze Entwicklung nur auf einer; zwei Einheiten mit verschiedene Dichte. Die letzte Variante wurde aufgrund der Ökonomie und Flexibilität übernommen. Der ganze Verkehr ist auf drei hierarchi-schen Ebenen organisiert, die im Bezug mit die verschiedene Ferne sind. Von Hauptstraße bis auf dem kleinen Maßstab alles ist von öf-fentlich und privat Verkehr erreichbar. Die Fußgänger haben eigene Verkehrslinie und die ganzen Parkplätze sind öffentlich. Der Bahn-hof ist auf der westlichen Seite platziert.Das Central Milton Keynes verkörpert auf der theoretischen Ebene den utopischen Geist der New Towns. Der Akt des Entwerfens in seiner vorausschauenden Bedeutung – auch aufgrund der historischen Periode – hat eine starke Gewichtung. Die Macht des Planens hatte – beziehungsweise wurde es so angenommen – die Stärke eine ganze Gesellschaft zu prägen und «vorzuorganisieren». Im CMK gehören einige öffentliche (Kommerz und Gewerbe) und interessante Ge-bäude. Das Rasterprinzip kommt natürlich auch auf dem Architektursmaßtab an. Das Ras-ter bedeutet eine höhe Flexibilität und zu-künftige Entwicklungsmöglichkeiten.Die Ashton Hause und Nordfoldhouse C1.4 sind ein gutes Beispiel. Zwei parallele Gebäude mit einer spekulativen Haltung bauen hin-ten eine Spiegelglas Fassade eine Fläche von 12’500 qm. Das interessanteste Gebäude in diesem Bereich ist das Einkaufzentrum: Shop-ping Building CMK (1973-1979).

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Abb. 12, Shopping Building: Situationsplan, Assonometrie, Schnitt

Abb. 11, Shopping Building: Grundriss

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Es stellt mit seinem 100‘858 qm vermietbar Fläche mit einer länge von 1 Km ein städte-bauliche System dar, welches auf der Ostseite noch erweitern werden kann. Das Hauptthema ist immer der Verkehr mit Naturgeist und Kon-sumhaltung gut gemischt. Das Erdgeschoss hat eine wesentliche Rolle: Hier findet nicht nur die Erschliessung des Gebäudes statt, son-dern auch die meisten Einkaufseinheiten. Das Zentrum ist auf drei Bände organisiert, die durch zwei bedeckte Arkade 12 Meter breit und 14 Meter hoch gebunden (oder getrennt) sind. Auf beiden Enden des Gebäudes befinden sich die Parkplätze. Die Arkade wie die Fußgänger–Promenade sind mit viel Grün garniert. Das Projekt wurde von den Architekten Derek Wal-ker, Stuart Mosscrop, und Christopher Wood-ward (architekten von der MK Development Cor-poration) zusammen mit dem Ingenieur Felix Samuely geführt.In dem Projekt ist spürbar noch eine positive Ansicht des Konsumverhaltens. Die Assoziation zwischen Einkaufen und Gehen entwickelt sich in eine Promenade Architectural, die das ganze Projekt als sozialer Aggregationsraum lesbar sein lässt. Die ursprüngliche Idee ist weit von der heutigen, farbigen, chaotischen und klimatisierte Einkaufszentrum, wo jede cm-flä-che ausgenutzt sein muss.Im Jahr 2000 öffnet der «Midsummer Place» –jetzt unter der Name Intu MK erkennbar – von GMW Architects entworfen als Erweiterung des Shopping Building obwohl die zwei getrennt funktionieren. Die Unterhaltungsneigung der Stadt geht weiter mit dem Xscape. Ein Ge-bäude vereinigt das Einkaufszentrum Prinzip

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mit der Freizeit Aktivitäten und mit seine 44 m hoch Fassade sichtbar in der Skyline ist: Fast eine extreme Pop-kulturelle Versi-on des alten Shopping Centres. Das Interesse zu Freizeitaktivitäten kommt eigentlich aus dem ursprünglichen Projektideal: von Kin-derspielplätze, bis Festival wurde man eine große Energie gegeben um Milton Keynes spa-ßig zu machen.Die Orte für dies Ziel waren Loughton Bowl, Linford Manor, Manor Fields Bletchley. In-nenräume Stantonbury Theater, Middleton Hall in the shopping building, Wolverton Agora und Bletchley Leisure Zentrum.

Wenn wir über New Town einfach reden wol-len, geht es einfach um Arbeit und Wohnung. Die Corporation hatte eine wesentliche Rol-le in der Organisation und Entwicklung des ganze Faktoren. Industrie und Ingenieur im Feld Mechanik Elektronik und Chemie wurden gefragt. Die Arbeitsorte sowie auch die In-dustrie sollten Struktur haben, die echt flexibel reagieren können im Falle plötzli-chen Bevölkerungswachstums. Am Anfang der 90er hatte man 150 tausend Leute erwartet, die Job und Haus gesucht haben. Die Indust-rieräume hätten 50 tausen qm pro Jahr wach-sen sollen. Das System Building for Industry ist von diesem optimistischen Klima geprägt. Man probiert zu entwickeln durch verschieden Komponenten eine rationalisierte und vorfab-rizierte Struktur, der einfach für verschie-dene Zwecke funktional sein könnte. Diese mutige Lösung wird nie wirklich umgesetzt. Einerseits die Produktionsstyle sind ein mit

Abb. 13, Shopping Building in den 70er Jahren

Abb. 14, Shopping Building, Marktplatz

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Abb. 15, Olivetti Headquarters, James Stirling & Pat-ners,1971

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einander unterschiedlich; anderseits die Kri-se Periode haben nicht geholfen, ein System zu entwickeln, das Stabilität gebraucht hat.Nicht voll abhängig dieser Situation Milton Keynes hat ein interessante Kapitel des Un-gebauten. Sie hat einige Projekte verloren, die sie besser und interessanter machen hät-ten könnten. Dazwischen können wir rechnen: eine Skulpturpark, der Olivetti Hauptquartier von Stirling, das von Foster entworfene Ger-man cars centre; ein Kern für Aktivitäten for Willen Lake; ein Themapark und ein Cityclub.

Was um Wohnung geht ist von David Walker gut ausgedruckt: „It is not just that we cannot build enough – it is also about the quality of what we can build“1.Ein anderes großes Problem war die unter-schiedliche Visionen von den verschiedenen Akteureren: Politiker, Architekten, Bauher-ren und Administratoren. Die Wohnsiedlungen wurden von MK Development Corporation entwi-ckelt, davon ein Teil von Privatunternehmer. Viele Bemühungen wurden gegen die Monotonie gegeben.Im MK fusionieren sich unterschiedlich Stadt-ideal die von der Gardenstadtbewegung durch die ideologische postmoderne Zeit bis auf der Konsumgesellschaft geht.Ein Ort mit eine künstliche Gründung der nicht schafft Stadt zu sein, aber in seine eige-ne Element sagt viel über die Inspirationen, Hoffnungen und Wirkungen des Städtebaus und der Architektur der letzten 50 Jahren. Über verschiedene komische Unsinn in MK gehen wie die Beton Kühe oder die viele Kreisel, aber

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Abb. 16, Milton Keynes Heute

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hinten diese Geschichte bleibt eine schwie-rige Lesbarkeit und Verständnis des Projekt. MK hat seine einiger Stil und wie Ben Mas-ters schreibt: „MK was designed on utopian principles. The grid, for instance, is meant to give the place order and pattern, what with its fixed map of symmetries and reli-able right-angles, its carefully sequenced roundabouts and neat aisles of trees. Every road has its parallel, every spot its coor-dinate. You always know where you are with Milton Keynes. Above all, utopias are meant to give the sense of a frame within which to live. And Milton Keynes is a place of multi-ple frames. Because it’s a grid. But frames presuppose something beyond. They create the possibility of stepping outside of the frame. And the real MK, to my mind, is the stuff that does exactly this; the stuff that goes overlooked.“8

Quellen:

1 Meller 2014, S.9.2 Ebd.3 Ebd., S.10.4 Ebd., S.53.5 Ebd., S.11.6 Ebd., S.38.7 Walker 1982, S.39.8 Masters 2015.

Verwendete Literatur:

Bendixson, Terence und John Platt, Milton Keynes: Image and Reality, Cambridge 1992

Ellis, Hugh, Can garden cities and new towns work in the 21st century?, , in theguardian.com, 12.03.2014

Masters, Ben, Living the dream in Milton Keynes – why it’s my kind of town, in theguardian.com, 10.02.2015

Meller, Helen (Hg.), Studies in international planning his-tory, Bd. 6: The Plan for Milton Keynes, Oxon/New York 2014

Walker, Derek, The Architecture and Planning of Milton Keynes, London 1982

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EntstehungsgeschichteInitiantin und treibende Kraft hinter der ab 1905 geplanten Hampstead Garden Sub-urb war die Londoner Sozialreformerin und Schriftstellerin Henrietta Barnett. Gemein-sam mit ihrem Mann, Samuel Barnett, besass sie seit 1889 ein Wochenendhaus nahe der Hampstead Heath. Als in deren Westen eine neue U-Bahn Station gebaut und die Gegend damit direkt an das Stadtzentrum angebun-den wurde, befürchtete Barnett, die bis-her weitgehend unverbaute Heidelandschaft könnte Spekulanten zum Opfer fallen. Kurz-um gründete sie ein Komitee, um das sich im Besitz des Eton College befindende Land aufzukaufen und langfristig freizuhalten. Als sich kurze Zeit später die Möglichkeit ergab, weiteres Land zu erwerben, äusserte Barnett schliesslich die Idee, an dem Ort eine Gartenvorstadt für Menschen sämtlicher Einkommensklassen zu realisieren.Als direktes Vorbild diente die Gartenstadt Letchworth. Barnett engagierte denn auch

HAMPSTEAD GARDEN SUBURB1906

ARCHITEKTEN:BARRY PARKER & RAYMOND UNWIN

AUFTRAGGEBER:HAMPSTEAD GARDEN SUBURB TRUST

Abb. 1: Hampstead, Ansicht des Central Square.Quelle: https://gta.digitale-diathek.net/id/27041, 14.05.15

HAMPSTEAD GARDEN SUBURB

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Abb. 2: Hampstead, Erster Bebauungsplan, 1905.Quelle: https://gta.digitale-diathek.net/id/22094, 14.05.15

HAMPSTEAD GARDEN SUBURB

deren Architekten, Barry Parker und Raymond Unwin, um die Hampstead Garden Suburb zu entwerfen.In der Ausgangslage besteht zwischen Letch-worth und Hampstead jedoch ein entscheiden-der Unterschied. Im Gegensatz zu Letchworth wurde mit Hampstead keine unabhängige Stadt, sondern nur ein Vorort von London geplant. Dieser sollte grösstenteils aus Wohnquartie-ren bestehen und dessen Einwohner zur Arbeit in andere Stadtquartiere pendeln. Ein Gross-teil von Ebenezer Howards sozialen und öko-nomischen Überlegungen zur Gartenstadt wur-den damit in Hampstead nicht umgesetzt. Die Anlehnung an Letchworth fand demnach in ers-

ter Linie auf einer formalen Ebene statt, wobei diesbezüglich erwähnt werden muss, dass sich die Architekten an das Baugesetz der Stadt London zu halten hatten, was auf den Städtebau einigen Einfluss hatte.

Der BebauungsplanBereits 1905 präsentierten Parker und Unwin einen ersten Bebauungsplan für Hampstead (Abb.2). Dieser zeigt ein von einer Rings-trasse umgebenes, auf dem Hügel über der Heath Extension (Park) liegendes Ortszen-trum (Central Square), bestehend aus zwei Kirchen, einer Versammlungshalle, dem Mu-sikstand, dem Fortbildungsinstitut und dem

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Abb. 3: Hampstead, überarbeiteter Bebauungsplan, 1908.Quelle: https://gta.digitale-diathek.net/id/20164, 14.05.15

HAMPSTEAD GARDEN SUBURB

in die Landschaft eine entscheidende Rolle für die Anordnung der einzelnen Gebäude. Die Sichtachsen wurden entsprechend in den Plan eingetragen.Bis zur Ausführung erfuhr dieser ers-te Bebauungsplan noch einige Veränderungen (Abb.3). Der Central Square wurde vom renom-mierten Baumeister Edwin Lutyens, der 1906 ins Planerteam berufen wurde, komplett um-gestaltet. Anstelle der freien Anordung der Bauten trat ein streng geometrischer, monu-mentaler Platz. Doch auch über den Central Square hinaus verlor der Plan einiges von seinem anfänglich sehr freien organischen Charakter. Inspiriert durch Camillo Sittes

Club. Von den locker gruppierten Gebäuden aus weist eine dominante Strassenachse in Richtung Heath Extension. Ein zweiter Ort mit Zentrumscharakter befindet sich ganz am Stadtrand, im Südwesten. Von einem gros-sen, ebenfalls mit einer Ringstrasse umge-benen Teich führen Strassen strahlenför-mig in alle Richtungen. Etwa zwischen den beiden Zentrumspunkten befindet sich als weitere Dominante die Schulanlage. Einfami-lien- und Reihenhäuser sind in sehr locke-rer Bebauungsweise entlang geschwungener Quartierstrassen angeordnet. Besonders bei den die Heath Extension umgebenden Wohn-quartieren spielten die Sichtverbindungen

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172HAMPSTEAD GARDEN SUBURB

„Städtebau“ fokussierten sich Parker und Unwin vermehrt auf einen Städtebau nach dem Vorbild der mittelalterlichen Stadt. Die Wahrnehmung der Stadt aus der Bewegung he-raus, die Herausarbeitung von Sichtbezügen und die optische Kontinuität spielten beim Entwurf eine entscheidende Rolle. Die Pla-ner gingen gar so weit, den Eintritt aus der freien Landschaft in die Stadt mit einem Tor zu markieren, um entsprechend den dich-ten und ummauerten Städten des Mittelalters einen maximalen Kontrast zwischen Natur und Siedlung zu erzielen.Ein Element, das bereits im ersten Plan vor-handen war und schliesslich auch umgesetzt wurde, war die Erschliessung der Wohnhäuser über Stichstrassen und Höfe. Erwähnenswert ist dies, da Stichstrassen laut geltendem Baugesetz nicht erlaubt waren und zu deren Umsetzung ein neues Gesetz, der „Hampstead Garden Suburb Act“ erlassen werden musste. Sir Raymond Unwin publizierte im Jahre 1909 die wegweisende Studie «Town Planning Practice» (Grundlagen des Städtebaus), in der er seine Entwurfsprinzipien anhand der Erfahrungen aus Letchworth und der Hampstead Garden Suburb sehr ausführlich erläutert. Ähnlich wie Sitte schaute Unwin zurück auf die Vergangenheit und analysierte Plätze, Orte und Strukturen. Die städtebaulichen Entwurfsideen der Hampstead Garden Suburb wurden vom Architekten deshalb sehr ausführ-lich dokumentiert und kommentiert.

Abb 4: Grenzmauer der Gartenvorstadt HampsteadQuelle: Unwin, 1930, S. 95.

Abb 5: Behandlung eines modernen Eingangs in eine VorstadtQuelle: Unwin, 1930, S. 98.

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Abb 6: Anordung der Gebäude am Zentralplatz von Mr. Edwin Lutyens. Quelle: https://gta.digitale-diathek.net/id/19457, 14.05.15

Abb 7: Planung des Zentralplatzes mit den drei HöfenQuelle: https://gta.digitale-diathek.net/id/26335, 14.05.15

Stadtmauer / StadttorAuch die neuen Städte sollen als baulich gefasste Gemeinwesen in Erscheinung treten, deshalb suchte Unwin nach einem modernen Gegenstück zur mittelalterlichen Stadtbe-festigung. Anstelle der Türmchen und Basti-onen schlägt er vor die Einförmigkeit der Mauer durch Gartenhäuschen zu gliedern. Dort wo die neue Stadt an den Wald grenzt, sollen die Bäume als Schutz dienen. Ange-regt von der Stadtmauer macht Unwin darauf aufmerksam, dass auch das Stadttor ein-gebunden werden soll. Natürlich sucht er auch hier eine Neuinterpretation, da die alten Stadttore zum Zwecke entworfen wa-ren die kommenden Gäste auszuschliessen, was nicht im Sinne von Unwin gewesen wäre. Die Eingangspunkte sollten aber laut Un-win mit Würde und Nachdruck ausgezeichnet werden. Im Falle vom Stadttor von Hampstead zeichneten er und Parker den Eingang mit den beiden Gebäuden (Abb. 5) aus, welche im Erdgeschoss eine öffentliche Nutzung (Shops) enthalten, die durch die Ausgestaltung der Arkaden in Er-scheinung treten.

Central Square Unwin bezeichnet den Zentralplatz als Ge-genbeispiel zum Stadtplatz in Letchworth, der allseitig gefasst wurde. Die Anordnung in Hampstead baut auf einem viereckigen Grundriss auf, der sich der Grösse von Ed-win Lutyens Renaissanceentwurf anschlies-senden Gebäude anpasst und auf der Westsei-te offensteht. Wichtiges Merkmal sind die beiden Kirchen, die als Süd- und Nordflü-

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Abb 8: Häusergruppe um einen Rasenplatz Quelle: Unwin, 1930, S. 200.

Abb 9: Diagrammplan, Anordnung der Häuser um einen Hof mit Ausblick auf den selebenQuelle: Unwin, 1930, S. 199.

gel den Rasenplatz fassen. Die ganze Anlage liegt auf einer Anhöhe und sollte durch die dreiseitige Bebauung eine Geschlossenheit und Behaglichkeit im Rücken vermitteln, die mit dem Blick in die Weite und dem Gefühl der freien Lage nach Westen kontrastiert wird. Die freie Böschung wurde mit einem Obstgarten bepflanzt. In diesen offenen Hof, gelangt man über den im Süden und Norden an-schliesenden gefassten Hof. Vom „Stadttor“ kommend bewegt man sich ent-lang der Strasse auf kein Monument zu, der Endpunkt der Sichtachse wird durch ein un-scheinbares Eckhaus markiert. Erst nach ei-ner gewissen Distanz werden die beiden Kir-chen, welche den Zentralplatz auf dem Hügel markieren ersichtlich.

Wohnhöfe und StichstrassenDie von Unwin und Parker vorgesehene Anor-dung der Häuser an den Sackgassen wieder-sprachen dem örtlichen Baugesetz. Deshalb musste ein für Hampstead eigens erschaffe-nes Gesetz eingeführt werden. Der «Hampstead Garden Suburb Act» erlaubte schliesslich Wohnhöfe und Stichstrassen wenn diese die Länge von 150 Metern nicht überschritten. Der in der Mitte begrünte Wohnhof, welcher von Unwin als courts oder closes bezeichnet wird, je nach dem ob er als Durchgangshof oder Sackgasse angelegt war, soll ein Nach-barschaftskonzept vermitteln. Die Häuser gruppieren sich um einen Tennisplatz oder eine Rasenfläche, die zusätzlich zum Ziel hatte, jedem anschliessenden Haus eine Aus-sicht und wenn möglich eine Fernsicht zu ge-

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Bildunterschrift

Abb. 12: Situationsausschnitt mit kleinen HäusernQuelle: Unwin, 1930, S. 191.

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Abb. 11: Typischer Hampstead Way,

Zufahrt zu Asmuns Place (3)Quelle: Unwin, 1930, S. 179.

Abb. 10: Temple Fortune Hill (2)Quelle: Unwin, 1930, S. 171.

währen. Durch das Spezialgesetz und konnten Unwin und Parker eine Vielzahl der Häuser so gruppieren, das sie einen Ausblick auf die Hamstead-Heide erhielten.

Um die von Mrs. Barnett geforderte Durch-mischung zu erhalten wurden in Hampstead an einer Strasse oder einem Hof sehr unter-schiedliche Häuser geplant. Unwin sieht in der Vermengung verschiedener Haustypen kei-ne Schwierigkeit: „Vorurteile des Publikums berechtigen keineswegs dazu, ein grosses Areal mit Häusern der selben Grösse und des selben Typs zu bauen. Die Entwicklung von Vororten, welche ausschliesslich von ei-ner Klasse bewohnt werden, ist in sozialer, wirschaftlicher wie ästhetischer Beziehung schlecht.“1

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An der Temple Fortune Hill (2) können zwei wichtige Motive von Unwin und Parker festge-stellt werden, zum einen die differenzier-ten Ecklösungen, welche die Kreuzung an den beiden Enden auszeichnen, sowie die Abwechs-lung in der Bauflucht durch die Aufweitung zu einem Wohnhof mit Grünanlage. Wenn die Architekten mit einem Höhenunter-schied zwischen den beiden Strassenseiten konfrontiert wurden, versuchten sie die-se optisch aufzuheben indem sie die höheren Häuser auf der niedrigen Seite anlegten und umgekehrt. Unterbrechungen in der Bauflucht dienten zudem auch dazu die Dachfluchten zu unterteilen und so Höhendifferenzen abzufan-gen.

Weiterentwicklung des Garden SuburbsDie bereits im Jahre 1911 von Unwin selbst geplante Erweiterung des Suburs wurde durch den 1. Weltkrieg unterbrochen. Danach wur-de der Schwerpunkt vermehrt auf den privaten Hausbesitz ausgelegt, als 1930 die Entwick-lung der Erweiterung „New Suburb“ ihren Abschluss fand waren vorweg Häuser für die Mittelschicht entstanden.Eine Entscheidende Änderung der Verhältnis-se fand in den 1960er Jahren statt, als die Hampstead Garden Suburb Trust wegen finan-ziellen Schwierigkeiten den ganzen Grundbe-sitz auf dem freien Markt anbieten musste. Dies führte zu Unsicherheiten für die Haus-besitzer, welche mit einem Pachtvertag von 999 bzw. 99 Jahren ausgestattet waren. Die Bewohner formierten sich und leiteten eine Reform des Trust ein, die «New Trust» konnte

Abb. 13: Wohnhäuser an einer Dreiwegekreuzung, Addison Way

Parker und Unwin, 1911 (4) Quelle: https://gta.digitale-diathek.net/id/14225.

im Laufe der Zeit alle Grundstücke erwerben und verwaltet die Gartenvorstadt bis heute. Auch die Richtlinien zur Bewahrung der Bau-substanz sind heute gut geregelt, seit 1996 ist ein Grossteil der Häuser von Hampstead in die Denkmalliste aufgenommen. Gemäss Mervyn Miller, englischer Garten-stadtexperte, hat jedoch „die Sorgfalt mit der die Gartenvorstadt gemeinschaft-lich verwaltet und bewahrt worden ist, hat - paradoxerweise - die individuellen

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Verwendete Literatur:

Jackson, Frank, Sir Raymond Unwin. Architect, Planner, Visionary, London 1985, S.81-100.

Lampugnani, Vittorio Magnago, Die Stadt im 20. Jahrhun-dert: Visionen, Entwürfe, Gebautes, Bd.1, S.33-36.

1 Miller, Mervyn, in: Gartenstadt, Geschichte und Zu-kunftsfähigkeit einer einer Idee, Dresden, 2012, S. 155.

2 Unwin, Raymond, Grundlagen des Städtebaus, Eine Anlei-tung zum Entwerfen städtebaulicher Anlagen, Berlin, 1930.

1 Edwin Lutyens, Central Square,

2 Häusergruppe um einen Rasenplatz, Temple Fortune Hill

3 Asmuns Place, Wohnhäuser an einer Sackgasse

2 Wohnhäuser an einer Dreiwegekreuzung, Addison Way Parker und Unwin, 1911

5 Robert Adam, Kenwood House, 1765

Abb. 14: Ortophoto Hampstead heuteQuelle: https://www.bing.com/maps, 14.05.15

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Immobilienwerte der HGS über diejenigen der umgebenden Gebiete steigen lassen.“2 Dies hat zur Folge, dass die Häuser in der Gartenvorstadt gar 20 Prozent teurer sind als vergleichbare Anwesen. Die von Henri-etta Barnett geförderte Durchmischung der Klassen findet durch die hohen Marktwerte nicht mehr statt. Die Hampstead Garden Sub-urb gilt heute als Domizil für wohlhabende Künstler, Intellektuelle und Reiche.Im Jahre 2007 feierte die Gartenvorstadt ihr 100 jähriges bestehen. Durch die zen-trale Lage ist sie die meist besuchte und erforschte Gartenstadt von England.

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181LITERATURVERZEICHNIS

Ewart G. Culpin, The Garden City Movement-Up-To-Date, Lon-don 1913, S. iii.

Katia Frey, Die Gartenstadt. Zwischen reformatorischem Lebensentwurf und dezentralem Besiedlungsmodell, in: Anthologie zum Städtebau. Das Phänomen Großstadt und die Entstehung der Stadt der Moderne, Bd. II.1, hg. v. Vit-torio Magnago Lampugnani, Katia Frey und Eliana Perotti, Berlin 2014, S. 183-203.

Ebenezer Howard, To-Morrow. A Peaceful Path To Real Reform (1898), in: Anthologie zum Städtebau. Das Phänomen Groß-stadt und die Entstehung der Stadt der Moderne, Bd. II.1, hg. v. Vittorio Magnago Lampugnani, Katia Frey und Eliana Perotti, Berlin 2014, S. 222-229.

Raymund Unwin, Of Co-Operation in Building (1901), in: Anthologie zum Städtebau. Das Phänomen Großstadt und die Entstehung der Stadt der Moderne, Bd. II.1, hg. v. Vit-torio Magnago Lampugnani, Katia Frey und Eliana Perotti, Berlin 2014, S. 230-235.

Henrietta Barnett, A Garden Suburb at Hampstead (1905), in: Anthologie zum Städtebau. Das Phänomen Großstadt und die Entstehung der Stadt der Moderne, Bd. II.1, hg. v. Vittorio Magnago Lampugnani, Katia Frey und Eliana Perot-ti, Berlin 2014, S. 258-264.

Karl Ernst Osthaus, Gartenstadt und Städtebau (1911), in: Anthologie zum Städtebau. Das Phänomen Großstadt und die Entstehung der Stadt der Moderne, Bd. II.1, hg. v. Vit-torio Magnago Lampugnani, Katia Frey und Eliana Perotti, Berlin 2014, S. 276-282.

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Martin Wagner, Das Problem der reinen Gartenstadt (1926), in: Anthologie zum Städtebau. Das Phänomen Großstadt und die Entstehung der Stadt der Moderne, Bd. II.1, hg. v. Vittorio Magnago Lampugnani, Katia Frey und Eliana Perot-ti, Berlin 2014, S. 297-300.

LITERATURVERZEICHNIS