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"Lernen ist wie Rudern gegen den Strom. Hört man damit auf, treibt man zurück." Laozi, 6. Jh. v. Chr. Da vielen Arbeitnehmern nach Feierabend wenig Zeit bleibt, um außerhalb der Berufspraxis neues Wissen zu erwerben oder Erlerntes zu vertiefen, gibt es den Anspruch auf Bildungsurlaub, zu dem Deutschland sich schon im Jahr 1974 völkerrechtlich verpflichtete. Aber wer kann wie lange Bildungsurlaub nehmen, was sind die Voraussetzungen?

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Die Personalvermittler für Kommunikation und Marketing

"Lernen ist wie Rudern gegen den Strom. Hört man damit auf, treibt man zurück."Laozi, 6. Jh. v. Chr.

Da vielen Arbeitnehmern nach Feierabend wenig Zeit bleibt, um außerhalb der Berufspraxis neues Wissen zu erwerben oder Erlerntes zu vertiefen, gibt es den Anspruch auf Bildungsurlaub, zu dem Deutschland sich schon im Jahr 1974 völkerrechtlich verpflichtete. Aber wer kann wie lange Bildungsurlaub nehmen, was sind die Voraussetzungen?

1. Was ist eigentlich Bildungsurlaub? AllgemeinesBildungsurlaub bezeichnet den Rechtsanspruch von Arbeitnehmern gegenüber ihrem Arbeitgeber auf bezahlte Freistellung von der Arbeit für die Teilnahme an anerkannten Veranstaltungen, die der politischen Bildung und/oder der beruflichen Weiterbildung dienen. Es handelt sich also nicht um einen Erholungsurlaub – und der Arbeitgeber bezahlt in der Regel zwar die Freistellung (wie beim regulären bezahlen Urlaub auch), aber nicht das Seminarangebot oder mögliche Reisekosten.

2. Unterschiede von Land zu LandNach dem Beitritt der Bundesrepublik zum Übereinkommen Nr. 140 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über den bezahlten Bildungsurlaub vom 24. Juni 1974 blieb der Bund untätig, woraufhin die westdeutschen Länder (außer Baden-Württemberg und Bayern) eigene Landesgesetze verabschiedeten (da den Ländern im Bereich des Arbeitsrechts die

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Gesetzgebungskompetenz zusteht – Art. 74 Nr. 12, 72 Abs. 1 GG), die den Anspruch auf die Gewährung von Bildungsurlaub definieren. In Folge der deutschen Einigung zogen die ostdeutschen Länder, außer Sachsen und Thüringen, nach. Besondere gesetzliche Regelungen gibt es für Betriebsratmitglieder und für Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes (Bund).Mögliche Einschränkungen, Sonderfälle, zusätzliche Bedingungen wie Beschäftigungsdauer, Betriebsgröße u.a. finden sich in den einzelnen Länder-Gesetzen

Berlin: in Berlin gilt das Berliner Bildungsurlaubsgesetz (BiUrlG): danach haben alle Berliner Arbeitnehmer und Auszubildende unabhängig vom Lebensalter einen Anspruch auf Weiterbildung; für Beamte gelten die entsprechenden Sonderurlaubsregelungen des Bundes bzw. des Landes Berlin

3. Und welche Inhalte werden gefördert?In allen Bundesländern dient der Bildungsurlaub der politischen und beruflichen Arbeitnehmerweiterbildung; in einigen Landesgesetzen ist zusätzlich die allgemeine oder kulturelle Weiterbildung genannt (siehe Ländergesetze). Die folgenden Definitionen gelten, soweit die entsprechenden Ländergesetze keine gesonderten Voraussetzungen aufstellen:Berufliche Weiterbildung zielt darauf ab, die beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten des Arbeitnehmers zu erhalten, zu erweitern und sie den sich wandelnden Anforderungen anzupassen; einbezogen sind sowohl der berufliche Aufstieg als auch die berufliche Umorientierung – Maßnahmen der Fortbildung und der Umschulung. Es geht um die Förderung der beruflichen Handlungskompetenz, wobei sich die Bildungsinhalte allerdings nicht unmittelbar auf die

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ausgeübte berufliche Tätigkeit beziehen müssen, eingeschlossen sind auch Bildungsinhalte, die zum Vorteil des Arbeitgebers verwendet werden können (allerdings braucht der Wechsel zu einem anderen Arbeitgeber nicht gefördert zu werden, vgl: BAG, Urteil v. 18. Mai 1999 – 9 AZR 381/98)

Politische Weiterbildung: dient der Orientierung des Einzelnen in Staat und Gesellschaft und Beruf und soll ihm ermöglichen, soziale, politische und gesellschaftliche Verhältnisse zu erkennen und zu beurteilen. Gefördert wird die Befähigung des Arbeitnehmers zur Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte und Pflichten, die Teilhabe an der Willensbildung und somit das hohe Ziel der Sicherung der Demokratie und der Entwicklung des sozialen Rechtsstaates (BVerfG, Beschluss v. 15. Dezember 1987 – 1 BvR 563/85).Allgemeine Weiterbildung: hat die Förderung der Selbstentfaltung des Einzelnen zum Ziel, indem sie zur Auseinandersetzung mit sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und ökologischen Fragen befähigt und zum Handeln und Mitgestalten in diesen Bereichen anregt. (vgl. § 3 Abs. 3 Schleswig-Holsteinisches Bildungsfreistellungsgesetz)

Berlin: Bildungsurlaub kann den Arbeitnehmern für eine von der zuständigen Senatsverwaltung anerkannte Bildungsveranstaltung der beruflichen Weiterbildung und / oder politischen Bildung gewährt werden. Auszubildende können sich nur für politische Bildungsveranstaltungen freistellen lassen. Bei der beruflichen Weiterbildung muss ein Bezug zur ausgeübten Tätigkeit vorliegen. Es ist ausdrücklich festgelegt, dass das Lernen zu Hause, wie zur Prüfungsvorbereitung oder die Erstellung von Abschlussarbeiten nicht anerkennungsfähig sind - also gibt es dafür auch keinen Bildungsurlaub.

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4. Anerkennung als BildungsurlaubBildungsurlaub kann nur für Angebote beansprucht werden, die entweder von einem anerkannten Träger durchgeführt werden, oder die selbst als Weiterbildungsmaßnahme von der zuständigen Behörde anerkannt worden sind.

Berlin: Anträge auf Anerkennung von Bildungsveranstaltungen zum Bildungsurlaub können nur vom Bildungsträger (Veranstalter) gestellt werden; die Anträge sollten 10 Wochen vor Beginn der Bildungsmaßnahme bei der zuständigen Senatsverwaltung unter Verwendung des amtlichen Vordrucks (auch online möglich) eingereicht werden, nachträgliche Anerkennungen sind nach dem BiUrlG nicht möglich.Suche einer anerkannten Weiterbildungsveranstaltung zum Bildungsurlaub: www.berlin.de

5. Gestaltung der BildungsmaßnahmeJede Bildungsmaßnahme muss eine systematische, auf ein Lernziel ausgerichtete Wissensvermittlung beinhalten. Die tägliche Stundenzahl darf nicht wesentlich hinter der eines normalen Arbeitstages zurückbleiben. Trotzdem darf keine Lohnkürzung vorgenommen werden, falls an einzelnen Tagen nur ein verkürztes Bildungsangebot stattfindet. Abweichende Regelungen existieren für An- und Abreisetag bei auswärtigen Veranstaltungen.

6. AnspruchsinhaltDer Anspruch ist nicht abtretbar und nicht abdingbar (d.h. nicht abänderbar oder vertraglich auszuschließen). Er ist an den nach Landesgesetz vorgesehenen Bezugszeitraum gebunden,

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überwiegend damit an das Kalenderjahr. Mit Fristablauf erlischt er. Es besteht kein Selbstbeurlaubungsrecht; auch genügt nicht das Schweigen des Arbeitgebers auf die Mitteilung hin, der Arbeitnehmer werde an einer bestimmten Bildungsveranstaltung teilnehmen. Es bedarf einer Freistellungserklärung des Arbeitgebers, mit welcher der Arbeitgeber wiederum den Anspruch des Arbeitnehmers erfüllt. Anspruchsberechtigt sind Arbeitnehmer, wobei teils ausdrücklich vorausgesetzt wird, dass der Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses im Bundesland liegt; der Anspruch entsteht nach einer Betriebszugehörigkeit von sechs Monaten.

7. Dauer und Fristen, BeantragungAlle Landesgesetze gehen von einer bezahlten Freistellung von fünf Arbeitstagen pro Jahr aus (außer Saarland: 6 Tage). In einigen Bundesländern kann der Anspruch auch auf zehn Arbeitstage innerhalb eines Zeitraumes von zwei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren zusammengefasst werden. Teilweise gibt es Sonderregelungen für jüngere Arbeitnehmer, so gewährt Berlin bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres zehn Arbeitstage für Bildungsurlaub pro Kalenderjahr.Der Anspruch auf Gewährung von Bildungsurlaub ist rechtzeitig, zwischen vier und sechs Wochen vor Beginn der Veranstaltung, dem Arbeitgeber anzumelden und die Teilnahme nachzuweisen (Vorlage der Anmeldung und des Programms). Die Anmeldefrist wird nach § 187 Abs. 2, § 188 Abs. 2 2. Halbsatz BGB berechnet, d.h. zwischen dem Zugang des Freistellungsantrags beim Arbeitgeber und dem Beginn der Maßnahme müssen volle vier (sechs) Wochen liegen.

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Bei Teilzeitbeschäftigung reduziert sich der Anspruch.Vorgesehen ist eine Übertragung des Bildungsurlaubs auf das folgende Kalenderjahr, wenn der Bildungsurlaub wegen betrieblicher Belange nicht gewährt werden konnte. Der Arbeitnehmer muss dann im laufenden Jahr dem Arbeitgeber mitteilen, dass er den Anspruch im folgenden Jahr für eine längere Freistellung verwenden will. Die beabsichtigte Bildungsmaßnahme braucht weder inhaltlich noch nach Zeitraum vorab mitgeteilt zu werden. Nutzt der Arbeitnehmer im Folgejahr nur den einwöchigen Bildungsurlaub des laufenden Kalenderjahres, verfällt der „verblockte“ anteilige Bildungsurlaub aus dem Vorjahr mit Ablauf des laufenden Jahres. Um Doppelansprüche bei Wechsel des Arbeitgebers zu vermeiden, stellt der Vorarbeitgeber eine Bildungsurlaubsbescheinigung aus.

Bildungsurlaub wird beim Arbeitgeber beantragt. Inanspruchnahme und Zeitpunkt des Bildungsurlaubs sind dem Arbeitgeber so früh wie möglich, mindestens jedoch sechs Wochen vor Beginn der Bildungsmaßnahme mitzuteilen. Dem Arbeitgeber wird die Anmeldung und der Anerkennungsbescheid der zuständigen Senatsverwaltung (nur vom Veranstalter erhältlich) vorgelegt.Der Arbeitgeber muss unverzüglich reagieren, wobei eine Ablehnung schriftlich begründet werden muss. Als Ablehnungsgründe kommen in der Regel nur betriebliche Belange in Frage; in einigen Landesgesetzen werden als Ablehnungsgrund ausdrücklich noch entgegenstehende Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer genannt, die aus sozialen Gründen Vorrang verdienen (siehe dazu: LAG Schleswig-Holstein, Urteil v. 20. November 2007 – 5 Sa 285/07).Ersatzansprüche des Arbeitnehmers kommen in Betracht, wenn der Arbeitgeber die bezahlte Freistellung zu Unrecht ablehnt.

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8. Wer zahlt was?Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeitspflicht. Während des Bildungsurlaubs zahlt also der Arbeitgeber das Gehalt weiter. Die Höhe des fortzuzahlenden Entgelts bestimmt sich entweder nach der Urlaubsvergütung (§ 11 BUrlG) oder nach dem Lohnausfallprinzip. Die Kosten für die Weiterbildung selbst - Kursge-bühren, Ausgaben für Lehrmittel, Fahrt und Unterkunft - muss der Arbeitnehmer aber allein bezahlen. Einen Teil der Ausgaben kann er allerdings über die Steuererklärung zurückholen. Die Belastung des Arbeitgebers mit den Kosten beruflicher und politischer Arbeitnehmerweiterbildung ist verfassungskonform (BVerfG, Beschluss v. 15. Dezember 1987 - 1 BvR 563/85).Die Beeinträchtigung der "Berufsausübungsfreiheit des Arbeitgebers (Art. 12 GG)" ist durch Gründe des Gemeinwohls (lebenslanges Lernen) gerechtfertigt.Um die Kosten für Arbeitgeber zu begrenzen bzw. aufzufangen, gibt es für kleine und mittlere Unternehmen in Rheinland-Pfalz einen pauschalierten Erstattungsanspruch für die Lohnkosten (§ 8 Bildungsfreistellungsgesetz Rheinland-Pfalz) sowie in Mecklenburg-Vorpommern einen umfassenden Erstattungsanspruch (§ 13 Absatz 1 Bildungsfreistellungsgesetz M-V).

9. Wenn es zum Streit kommtIm Streitfall kann der Freistellungsanspruch im Klageverfahren vor dem Arbeitsgericht verfolgt werden, gegebenenfalls im Wege der einstweiligen Verfügung. Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen liegen beim Arbeitnehmer (ständige Rechtsprechung des BAG, Urteil v. 16. August 1990 – 8 AZR 220/88)

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10. Darf der Betriebsrates mitreden?Der Betriebsrat kann mitbestimmen bei der Aufstellung von allgemeinen Grundsätzen zum Bildungsurlaub: hierzu gehören u.a. der Kreis der Anspruchsberechtigten, die für die Weiterbildung in Betracht kommenden Veranstaltungen, Anmelde- und Bewilligungsverfahren oder der Widerruf einer bewilligten Freistellung (BAG, Beschluss v. 28. Mai 2002 – 1 ABR 37/01).

Weiterführende Auskünfte zum Bildungsurlaub in Berlin erhält man unterwww.berlin.de/sen/arbeit/bildungsurlaub

Folgende Bildungsurlaubsgesetze gelten derzeit:

Berlin: Berliner Bildungsurlaubsgesetz (PDF; 23 kB)Brandenburg: Brandenburgisches WeiterbildungsgesetzBremen: Bremisches BildungsurlaubsgesetzHamburg: Hamburgisches BildungsurlaubsgesetzHessen: Hessisches Gesetz über den Anspruch auf BildungsurlaubMecklenburg-Vorpommern: Bildungsfreistellungsgesetz Mecklenburg-VorpommernNordrhein-Westfalen: Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz Nordrhein-WestfalenRheinland-Pfalz: [1]Saarland: Saarländisches BildungsfreistellungsgesetzSachsen-Anhalt: Gesetz zur Freistellung von der Arbeit für Maßnahmen der Weiterbildung (PDF; 37 kB)Schleswig-Holstein: Weiterbildungsgesetz

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In Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Thüringen gibt es keine Bildungsurlaubsgesetze.

© 2014 Dr. Franziska Voltolini, Fachanwältin für Arbeitsrecht, MAYR Kanzlei für Arbeitsrecht

Aktuelle und wissenswerte Informationen aus dem Bereich "Arbeitsrecht" stellen unsere Partner, MAYR Kanzlei für Arbeitsrecht zur Verfügung. www.mayr-arbeitsrecht.de

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