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Aufgaben (11.‐12. Jahrgangsstufe)
© Anette Sosna in Kooperation mit dem Proseminar II Mediävistik "Vermittlung mittelalterlicher Texte: Der 'Erec'‐Roman Hartmanns von Aue", WiSe 2008/9, Universität Tübingen und dem Projekt "mittelneu" (bearbeitet von Katja Winter). URL: http://www.uni‐due.de/mittelneu/images/stories/pdfs/Lernzirkel_zu_Hartmanns_von_Aue_Erec_Aufgaben_11.‐12._Jahrgangsstufe.pdf
Lernzirkel zu: Hartmann von Aue: ‚Erec‘ (ca. 1180)
Hartmann von Aue (Autorbild). Große Heidelberger Liederhandschrift, UB Heidelberg, Cod. pal. germ. 848, fol. 184v (http://digi.ub.uni‐heidelberg.de/diglit/cpg848/0364, 18.1.2013).
Übersicht
© Anette Sosna in Kooperation mit dem Proseminar II Mediävistik "Vermittlung mittelalterlicher Texte: Der 'Erec'‐Roman Hartmanns von Aue", WiSe 2008/9, Universität Tübingen und dem Projekt "mittelneu" (bearbeitet von Katja Winter). URL: http://www.uni‐due.de/mittelneu/images/stories/pdfs/Lernzirkel_zu_Hartmanns_von_Aue_Erec_Aufgaben_11.‐12._Jahrgangsstufe.pdf
Lernzirkel ‚Erec‘ Name: _______________
Station erledigt?
König Artus
Artusroman
Hartmann von Aue
Die Provokation
Tulmein
Das verligen
Cadoc
Oringles
Guivreiz
Joie de la curt
Inhalt
© Anette Sosna in Kooperation mit dem Proseminar II Mediävistik "Vermittlung mittelalterlicher Texte: Der 'Erec'‐Roman Hartmanns von Aue", WiSe 2008/9, Universität Tübingen und dem Projekt "mittelneu" (bearbeitet von Katja Winter). URL: http://www.uni‐due.de/mittelneu/images/stories/pdfs/Lernzirkel_zu_Hartmanns_von_Aue_Erec_Aufgaben_11.‐12._Jahrgangsstufe.pdf
Hartmann von Aue: ‚Erec‘ (ca. 1180)
Inhalt
Erec, Sohn des Königs Lac, ein junger und unerfahrener Ritter am Hof
des Königs Artus, wird vor den Augen der Königin von dem Zwerg eines
umherziehenden Ritters entehrt. Ohne Umschweife und Ausrüstung
nimmt Erec die Verfolgung auf und gelangt zur Burg Tulmein des
5 Herzogs Imein. Auf der Suche nach einer Unterkunft gerät Erec an den
verarmten Edelmann Koralus. Von diesem erfährt er von dem bevor‐
stehenden Sperberkampf in Tulmein und dass Iders, der Ritter, dessen
Zwerg Erec gedemütigt hat, bereits zweimal in Folge den Preis für die
Schönheit seiner Freundin gewinnen konnte. Erec beschließt, ebenfalls
10 an dem Turnier teilzunehmen. Er verspricht Koralus, seine Tochter Enite
zu heiraten, wenn sie ihn zum Sperberkampf begleitet. Erec gewinnt das
Turnier und die Hand Enites. Die Hochzeit wird am Artushof abgehalten.
Nach der Hochzeit zieht Erec mit Enite nach Karnant an den Hof seines
Vaters, der zugunsten Erecs auf die Herrschaft verzichtet. Erec jedoch
15 vernachlässigt seine Herrscherpflichten, weil er die Tage mit seiner ge‐
liebten Enite im Bett verbringt (in der Literaturwissenschaft wird dieses
Verhalten als verligen bezeichnet). Als Enite unfreiwillig verrät, dass
Erec zum Gespött des Hofes geworden ist, beschließt er, heimlich den
Hof zu verlassen, um âventiure zu suchen. Enite, der er bei Todesstrafe
20 das Sprechen verbietet, muss ihn begleiten. Als diese ihn entgegen
seinem Gebot vor nahenden Räubern warnt, behandelt er sie fortan wie
einen Knecht. Sie muss erst drei, dann fünf weitere Pferde führen, die
Erec den Angreifern abgerungen hat. Danach bricht sie wiederholt das
Sprechverbot, das durch Erec bis zum Schluss nicht explizit aufgehoben
25 wird. Er besteht eine doppelte âventiure‐Reihe: Zunächst kämpft er
gegen unhöfische Räuber, dann gegen einen nicht benannten Grafen;
der Kampf gegen den zwergenhaften König Guivreiz beendet die erste
âventiure‐Reihe. Nach der Zwischeneinkehr am Artushof und kurzer
Erholung beginnt die zweite âventiure‐Reihe: Er rettet den Edelmann
30 Cadoc vor zwei unhöfischen Riesen, verteidigt seine Frau gegen den
Grafen Oringles und kämpft schließlich abermals gegen Guivreiz. In
seiner letzten âventiure (Joie de la curt) kämpft Erec gegen Mabonagrin,
der wegen eines Versprechens seiner Freundin gegenüber gezwungen
ist, Eindringlinge aus ihrem gemeinsamen Baumgarten zu vertreiben.
35 Im Verlauf der âventiure‐Fahrt hat Erec das rechte Maß zwischen Liebe
und Herrschaft erkannt, eine Einsicht, die er schließlich an den besiegten
Mabonagrin weitergeben kann. Schlussendlich kehren Erec und Enite
nach Karnant zurück, wo sie fortan als vorbildliches Herrscherpaar leben.
Nacherzählung nach: Hartmann von Aue: Erec. Hrsg., übers. und komm. von Volker Mertens. Stuttgart: Reclam, 2010 (Universal‐Bibliothek 18530).
Stationen
König Artus
Artusroman
Hartmann von Aue
Die Provokation
Tulmein
Das verligen
Cadoc
Oringles
Guivreiz
Joie de la curt
Station 'König Artus'
© Anette Sosna in Kooperation mit dem Proseminar II Mediävistik "Vermittlung mittelalterlicher Texte: Der 'Erec'‐Roman Hartmanns von Aue", WiSe 2008/9, Universität Tübingen und dem Projekt "mittelneu" (bearbeitet von Katja Winter). URL: http://www.uni‐due.de/mittelneu/images/stories/pdfs/Lernzirkel_zu_Hartmanns_von_Aue_Erec_Aufgaben_11.‐12._Jahrgangsstufe.pdf
König Artus und die Ritter der Tafelrunde
Der ‚Erec’ Hartmanns von Aue steht in der Tradition der Artusromane. Damit sind mittel‐
alterliche Romane gemeint, die von König Artus und seinen Rittern der Tafelrunde handeln.
Doch wer war König Artus eigentlich?
‚König Artus und die Ritter der Tafelrunde‘
Haben Sie diesen Titel schon einmal irgendwo gelesen, gehört oder gesehen?
1. Aufgabe:
Erstellen Sie ein Cluster, in dem Sie alles notieren, was Sie schon über König Artus wissen:
runder Tisch Ritter
2. Aufgabe:
Lesen Sie den folgenden Text genau durch und beantworten Sie die Fragen am Ende des
Textes.
König Artus
Den Erzählungen nach, wurde Artus als Sohn von Uterpandragon, König von Britannien,
und Igraine, Gemahlin des Herzogs von Cornwall, geboren. Er wuchs bei einem treuen
Ritter des Königs auf und wurde vom Zauberer Merlin erzogen und unterrichtet.
Als Artus 15 Jahre alt war, starb sein Vater. Obwohl Uterpandragon Artus kurz vor seinem
5 Tod zum neuen König von Britannien ernannte, hatten die Berater des Königs Zweifel an
der Rechtmäßigkeit des Erben. Als sie die Kathedrale verließen, in der sie beratschlagt
hatten, was nun zu tun sei, bot sich ihnen ein seltsames Bild: Auf dem Vorplatz stand ein
Stein, in dem ein Schwert steckte. Als Inschrift war zu lesen: „Wer dieses Schwert namens
Excalibur aus dem Stein zieht, ist der rechtmäßige König von England.“ Viele Jünglinge
Station 'König Artus'
© Anette Sosna in Kooperation mit dem Proseminar II Mediävistik "Vermittlung mittelalterlicher Texte: Der 'Erec'‐Roman Hartmanns von Aue", WiSe 2008/9, Universität Tübingen und dem Projekt "mittelneu" (bearbeitet von Katja Winter). URL: http://www.uni‐due.de/mittelneu/images/stories/pdfs/Lernzirkel_zu_Hartmanns_von_Aue_Erec_Aufgaben_11.‐12._Jahrgangsstufe.pdf
10 und Männer versuchten es, doch nur Artus gelang es, das Schwert aus dem Felsen zu
ziehen, worauf er als neuer König von Britannien gefeiert wurde.
Nachdem er gekrönt worden war und einige Jahre über das Land herrschte, den Frieden
im Land hielt und glorreiche Schlachten gewann, verliebte er sich in Ginover, die Tochter
des Königs von Irland, und heiratete sie. Als Hochzeitsgeschenk erhielt er von Ginovers
15 Vater einen großen runden Tisch, den er in der Halle seines Schlosses Camelot aufstellte.
Diese Tafel wurde zum Versammlungsort der mächtigsten Ritter des Landes. Erec, Iwein,
Lanzelot und Gawein saßen mit vielen anderen tugendhaften Rittern in der Tafelrunde
zusammen und unterstützten Artus, der einige Jahre sehr erfolgreich herrschte, jeden
Feind besiegte und überall als der edelste und mutigste Ritter galt.
20 Doch dann verliebten sich Lanzelot und Ginover ineinander. Mordred, der Sohn von Artus
und seiner Halbschwester Morgane, verleumdete das Liebespaar beim König und zwang
Artus so, gegen den offensichtlichen Ehebruch vorzugehen. Lanzelot konnte fliehen und
Artus setzte ihm mit einer Streitmacht hinterher.
Als Artus wieder heimkehrte, kam es zu einem erbitterten Kampf zwischen Vater und
25 Sohn. Artus tötete Mordred und wurde dabei selbst auch tödlich verwundet. Auf einer
Barke brachte man König Artus zu seiner letzten Ruhestätte auf die Insel Avalon. Von dort
aus, so heißt es, wird er eines Tages nach England zurückkehren. (Text: Katja Winter)
3. Aufgabe:
Beantworten Sie folgende Fragen:
a) Erklären Sie in ein bis zwei Sätzen, was Excalibur ist und welche Besonderheiten diesen Gegenstand kennzeichnen.
b) Können Sie sich vorstellen, warum der Tafelrunde am Hof von König Artus eine besondere Bedeutung zukommt?
c) Welche Gründe könnte es dafür geben, dass der Mythos rund um König Artus immer wieder in Büchern oder auch Filmen und Hörspielen verarbeitet worden ist?
Station 'Artusroman'
© Anette Sosna in Kooperation mit dem Proseminar II Mediävistik "Vermittlung mittelalterlicher Texte: Der 'Erec'‐Roman Hartmanns von Aue", WiSe 2008/9, Universität Tübingen und dem Projekt "mittelneu" (bearbeitet von Katja Winter). URL: http://www.uni‐due.de/mittelneu/images/stories/pdfs/Lernzirkel_zu_Hartmanns_von_Aue_Erec_Aufgaben_11.‐12._Jahrgangsstufe.pdf
Abb. reproduziert nach:
http://m
gb‐home.de/Koen
ig‐Arthur2.htm
l
Der Artusroman
1. Aufgabe Lesen Sie den Lexikoneintrag gründlich und füllen Sie die Lücken mit folgenden Wörtern:
Vorlagen – Mittelalter – Zentrum – Artusstoff – Hartmann von Aue
– idealisiert – Artusvita – primus inter pares
Artusdichtung [ist] Erzählliteratur des ho‐
hen und späten __________________ ,
deren Protagonisten dem Kreis um König
Artus angehören. […] Die […] Artusdich‐
tung stellt ein am Artushof ___________
___________________ Rittertum vor,
dessen Bezüge zur zeitgenössischen mit‐
telalterlichen Wirklichkeit umstritten sind.
Die Herkunft der Einzelepisoden (contes),
die sich der Artusfigur und dem Artushof
anlagern, lässt sich nicht zureichend erklä‐
ren. Auch die Frage nach der Geschicht‐
lichkeit des Königs Artus (engl. Arthur)
muss unbeantwortet bleiben. […]
Die ‚Historia regum Britanniae‘ (1130/35)
des Geoffrey of Monmouth modelliert
eine ____________________ , deren Eck‐
daten sich normativ auf die späteren Texte
auswirken. [Dabei wird Artus als kriegeri‐
sche Figur dargestellt, die einen Großteil
Europas erobert.] Die Tafelrunde auser‐
wählter Ritter mit einem feudalhöfisch
gezeichneten Artus als ________________
_________________ [Erster unter Glei‐
chen] wird erstmals im frz. ‚Roman de
Brut‘ des Anglonormannen Wace erwähnt
(um 1155). […]
Chrétien de Troyes (ca. 1140‐90), der die
Fiktionalisierung der Artusdichtung in
formaler wie inhaltlicher Hinsicht ent‐
scheidend vorantreibt, hat mit seinen u. a.
am Hof der Marie de Champagne verfass‐
ten Artusromanen ‚Erec [et Enide]‘,
‚Cligès‘, ‚Yvain‘, ‚Lanzelot‘ und ‚Perceval‘
unter schriftliterarischen Produktionsbe‐
dingungen die __________________ für
volkssprachliche Adaptionen im deutsch‐
sprachigen Raum geschaffen. Der Artushof
ist hier das Wert setzende ____________ ,
von dem die Aventiuren der seine Normen
repräsentierenden Erzählhelden ausgehen
und zu dem sie zurückführen, obwohl sein
König weitgehend in auffallender Passivi‐
tät verharrt. Vor allem ________________
__________ und Wolfram von Eschenbach
[…] bereiten mit ihrer Artusdichtung einer
Fülle von Artusromanen den Boden […].
In der Neuzeit hat es unterschiedlich mo‐
tivierte Reaktivierungen des ___________
______________ gegeben. […]
In den letzten Jahrzehnten ist neben einer
populärmythisch aufgeladenen Rezeption
der Artusdichtung ([…] D. Brown: ‚Sakri‐
leg‘, 2004) ein neues literarisches Interes‐
se am Artus/Gral‐Komplex (A. Muschg:
‚Der rote Ritter’, 1993 […]) zu beobachten.
Zitiert nach: Metzler Lexikon Literatur. Begriffe und Defini‐tionen. Begründet von Günther und Irmgard Schweikle. Hrsg. von Dieter Burdorf u. a. 3., völlig neu bearb. Aufl. Stuttgart, Weimar: Metzler, 2007, S. 47 [Abkürzungen aufgelöst].
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
55
Station 'Artusroman'
© Anette Sosna in Kooperation mit dem Proseminar II Mediävistik "Vermittlung mittelalterlicher Texte: Der 'Erec'‐Roman Hartmanns von Aue", WiSe 2008/9, Universität Tübingen und dem Projekt "mittelneu" (bearbeitet von Katja Winter). URL: http://www.uni‐due.de/mittelneu/images/stories/pdfs/Lernzirkel_zu_Hartmanns_von_Aue_Erec_Aufgaben_11.‐12._Jahrgangsstufe.pdf
2. Aufgabe:
a) Ordnen Sie die folgenden Zitate den verschiedenen Abschnitten auf dem Zeitstrahl zu und
kleben Sie diese fest. Der Lexikoneintrag hilft dabei.
b) Fassen Sie in zwei bis drei Sätzen zusammen, wie das Artusbild in der zitierten Literatur
dargestellt wird.
„Am Ostertag, zur Wiederkehr der schönen Jah‐reszeit, hielt König Artus in seinem Schloß Cardi‐gan Hof; nie zuvor hatte man eine so herrliche Versammlung gesehen, denn viele treffliche Ritter waren dort vereinigt, kühn, immer zum Kampf bereit und stolz, sowie edle Damen und Jungfrau‐en, Königstöchter, schön und liebenswürdig.“ König Artus und seine Tafelrunde. Europäische Dichtung des Mittelalters. In Zusammenarbeit mit Wolf‐Dieter Lange neuhochdeutsch hrsg. von Karl Langosch. Nachdruck Stuttgart: Reclam, 1988 (Universal‐Bibliothek 9945), S. 162.
„So unterwarf Arthur das ganze Irland in seinen Teilen, lenkte dann seine Flotte nach Island, be‐zwang das Volk dort und brachte die Insel in seine Gewalt. Das Gerücht verbreitete sich von da aus über die anderen Inseln, daß ihm kein Land stand‐halten könne [...].“ König Artus und seine Tafelrunde. Europäische Dichtung des Mittelalters. In Zusammenarbeit mit Wolf‐Dieter Lange neuhochdeutsch hrsg. von Karl Langosch. Nachdruck Stuttgart: Reclam, 1988 (Universal‐Bibliothek 9945), S. 31.
„Nach seiner Heimkehr regierte Artus zwölf Jahre in Frieden, ohne daß jemand gewagt hätte, gegen ihn Krieg zu führen, und ohne daß er seinerseits einen Kriegszug unternommen hätte. Aus sich selbst heraus […] nahm er eine so edle und gesit‐tete Haltung an und gab sich so adlig, zuchtvoll und höfisch, daß man von keinem anderen Hof mehr sprach als von seinem [...].“ König Artus und seine Tafelrunde. Europäische Dichtung des Mittelalters. In Zusammenarbeit mit Wolf‐Dieter Lange neuhochdeutsch hrsg. von Karl Langosch. Nachdruck Stuttgart: Reclam, 1988 (Universal‐Bibliothek 9945), S. 94.
Station 'Artusroman'
© Anette Sosna in Kooperation mit dem Proseminar II Mediävistik "Vermittlung mittelalterlicher Texte: Der 'Erec'‐Roman Hartmanns von Aue", WiSe 2008/9, Universität Tübingen und dem Projekt "mittelneu" (bearbei‐tet von Katja Winter). URL: http://www.uni‐due.de/mittelneu/images/stories/pdfs/Lernzirkel_zu_Hartmanns_von_Aue_Erec_Aufgaben_11.‐12._Jahrgangsstufe.pdf
‚Historia regum Britanniae‘
(Geoffrey of Monmouth)
1130‐35
1155
‚Roman de Brut‘(Wace)
1170
‚Erec et Enide‘(Chrétien de Troyes)
Station 'Hartmann von Aue'
© Anette Sosna in Kooperation mit dem Proseminar II Mediävistik "Vermittlung mittelalterlicher Texte: Der 'Erec'‐Roman Hartmanns von Aue", WiSe 2008/9, Universität Tübingen und dem Projekt "mittelneu" (bearbeitet von Katja Winter). URL: http://www.uni‐due.de/mittelneu/images/stories/pdfs/Lernzirkel_zu_Hartmanns_von_Aue_Erec_Aufgaben_11.‐12._Jahrgangsstufe.pdf
Hartmann von Aue – Hörbeispiel 1. Aufgabe:
Ihnen wird nun ein Text vorgespielt. Hören Sie aufmerksam zu und machen Sie sich dabei Notizen. Folgende Tipps können Ihnen beim Mitschreiben helfen:
Lassen Sie auf Ihrem Blatt genügend Rand, um später (beim 2. Hören) Ergänzungen, Anmerkungen oder Fragen anzufügen.
Notieren Sie sich nur Stichpunkte, Sie können auch gängige Abkürzungen, wie z. B. oder ca. verwenden.
Schreiben Sie Daten, Namen und Zahlen vollständig auf.
2. Aufgabe:
Erstellen Sie aufgrund Ihrer Notizen einen Steckbrief zu Hartmann von Aue:
Name:
Geburtsjahr: ca.
Herkunft:
Beruf:
Sozialer Stand:
Schulbildung:
Todesjahr: ca.
Entstehungszeit des ‚Erec‘: ca.
Hartmann von Aue (Autorbild). Große Heidelberger Liederhandschrift, UB Heidelberg, Cod. pal. germ. 848, fol. 184v
(http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg848/0364, 18.1.2013).
Station 'Die Provokation'
© Anette Sosna in Kooperation mit dem Proseminar II Mediävistik "Vermittlung mittelalterlicher Texte: Der 'Erec'‐Roman Hartmanns von Aue", WiSe 2008/9, Universität Tübingen und dem Projekt "mittelneu" (bearbeitet von Katja Winter). URL: http://www.uni‐due.de/mittelneu/images/stories/pdfs/Lernzirkel_zu_Hartmanns_von_Aue_Erec_Aufgaben_11.‐12._Jahrgangsstufe.pdf
iese Episode steht am Anfang des überlieferten ‚Erec‘‐Romans: Während sich König Artus mit seinen Rittern auf der Jagd nach dem weißen Hirsch befindet, reitet Erec, ein unbewaffneter junger Mann, mit der Königin und ihren Hofdamen durch eine Heide spazieren. Dort kommt ihnen ein seltsamer Ritter in Begleitung einer schönen Frau entgegen. Dem Ritter voran reitet sein Diener, ein Zwerg. 1. Aufgabe: Im Mittelalter wurden Texte selten im Stillen gelesen, sondern waren zum lauten Vortragen gedacht. Lesen Sie die Übersetzung zu dritt laut vor.
ERZÄHLER: [Der Ritter] trug eine gute Rüstung, wie es sich für einen tapferen Ritter gehört. [Die Königin schickte eine ihrer Hofdamen zu dem Zwerg, um in Erfahrung zu bringen, wer
5 der Ritter sei.] Höflich sagte [die Hofdame] zu ihm: […]
HOFDAME: Meine Herrin hat mich hergeschickt, die ist die Königin des Landes. Im Namen von Höflichkeit und
10 Anstand gebot sie mir, Euch ihren Gruß zu entbieten. Und sie wüßte gerne, wer dieser Ritter ist […].
ERZÄHLER: Der Zwerg versperrte ihr den Weg. Das sahen die Königin und Erec, daß er sie
15 mit der Peitsche schlug, […] auf den Kopf und auf die Hände zu seiner Schande,
so daß sie Striemen davontrug. […] Die Königin beklagte bitterlich,
daß das so nah vor ihren Augen geschehen 20 war. Erec war jetzt klar:
EREC: Der Ritter war kein edler Mensch, weil er es duldete,
daß sein Zwerg das Mädchen schlug. [...] Ich will hinreiten
25 und […] für Euch in Erfahrung bringen, [wer der Ritter ist, meine Königin]. ERZÄHLER: Sogleich machte sich Erec auf, bis er [dem Zwerg] nahe gekommen war […]. EREC: Winzling, wollt Ihr mir jetzt sagen,
30 weshalb ihr das Mädchen geschlagen habt? Ihr habt schändlich gehandelt. Euer höfischer Anstand hätte es Euch
verbieten sollen. Nennt mir den Namen Eures Herren,
35 meine Herrin will erfahren, wer er ist […].
ZWERG: Laß dein Geschwätz! Ich sage Dir einzig und allein, daß es Dir genauso ergeht.
Was geht sie das an, wer mein Herr ist? Ihr seid Dummköpfe, heute dauernd 40 nach meinem Herrn zu fragen. Das wird Euch schlecht bekommen. Willst Du, daß ich Dirs erspare, so reit
Deines Weges und hau ab, du lichtscheuer Kerl!
ERZÄHLER: Erec wollte […] an ihm vorbei, aber der Zwerg duldete es nicht und schlug ihn genauso mit der Peitsche wie das Mädchen.
Da wollte [Erec] sich rächen, aber mit 50 Besonnenheit wußte er seinen Zorn zu
bemeistern. Der Ritter hätte ihm das Leben genommen,
denn Erec war waffenlos wie eine Frau. Er hatte nie einen schlimmeren Tag erlebt 55 als diesen, wegen des Peitschenschlags,
und er hatte sich niemals so heftig geschämt, weil diese Schande die Königin mit ihren Damen gesehen hatte.
Als ihm der Peitschenschlag widerfahren 60 war, ritt er in großer Scham zurück. […] EREC: Herrin, ich kann das nicht leugnen, weil
Ihr es selber gesehen habt. Mir ist vor Euch eine so große Schande widerfahren […].
Herrin, gestattet, daß ich mit Eurer 65 Genehmigung losreite. […] Ihr werdet mich niemals wiedersehen,
wenn ich mich nicht an diesem Mann räche […].
Aus der neuhochdeutschen Übersetzung: Zitiert nach: Hartmann von Aue: Erec. Hrsg., übers. und komm. von Volker Mertens. Stuttgart: Reclam, 2010 (Universal‐Bibliothek 18530), V. 16‐136.
Info: Die „Rollenverteilung“, die hier zur besseren Lesbarkeit vorgenommen wurde, existiert im Originaltext nicht.
Station 'Die Provokation'
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2. Aufgabe: Formulieren Sie in einem Satz, was für den Ritter Erec in der soeben gelesenen Szene das Schlimmste an der Beleidigung durch den Zwerg ist. 3. Aufgabe: In der Szene treffen zwei gegensätzliche Welten aufeinander. Sammeln Sie in der Tabelle Stichworte, mit denen diese Welten im Textauszug beschrieben werden:
Gruppe der Königin Gruppe des fremden Ritters
Figuren, die zur Gruppe gehören
Mit welchen Eigenschaften werden sie charakterisiert?
Verhalten der Figuren
4. Aufgabe: Finden Sie für jede der beiden Figurengruppen mindestens drei weitere Überschriften, mit denen sich deren jeweilige ‚Welt‘ charakterisieren lässt.
Gruppe der Königin Gruppe des fremden Ritters
Welt
des Hofes
Welt
Station 'Tulmein'
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1. Aufgabe:
Lesen Sie die folgende Einleitung und hören Sie das Hörbeispiel, denn die Fragestellungen
werden sich auf beides beziehen. Den mittelhochdeutschen Teil des Hörspiels können Sie
mitlesen. Anmerkung: Die Sprecher sind Schweizer, sie sprechen also mit Akzent.
Einleitung
Erec bricht nach der Schande, die der Zwerg des Ritters Iders ihm vor den Augen der Königin
zugefügt hat, unbewaffnet auf, um dem Dreiergespann zu folgen. Er kommt mittellos in
Tulmein, wo gerade ein Fest stattfindet, an und sucht sich außerhalb ein Nachtlager in einem
alten, vermeintlich verlassenen Gemäuer, in welchem er auf Koralus, einen verarmten
Edelmann, seine Frau und deren Tochter Enite trifft. Erec wird herzlich empfangen, schämt
sich jedoch sehr, als er trotz der augenscheinlichen Armut um Unterkunft bitten muss. Ihm
fällt auf, dass Enite, die sein Pferd versorgt, ungeachtet der abgewetzten Kleider wunder‐
schön ist. Koralus erzählt ihm von dem Sperberkampf, bei dem ein Ritter für die Schönheit
seiner Dame kämpft, welcher als Preis der Greifvogel gebührt. Die letzten zwei Jahre hat
Iders den Sperber gewonnen, jedoch ohne richtig zu kämpfen. Dieser Kampf findet am
nächsten Tag auf der Burg Tulmein statt. Diese Chance möchte Erec nutzen, um seine Ehre
wieder herzustellen, indem er gegen Iders antritt und ihn besiegt. Er bittet um eine Rüstung
und verspricht Koralus dafür im Gegenzug, Enite bei einem Sieg zur Frau zu nehmen. Denn
die Voraussetzungen für den Kampf sind eine Rüstung, Waffen, ein Pferd und eine außer‐
ordentlich schöne Dame, der man den Sperber überreichen kann.
Hörbeispiel (nur der fettgedruckte Teil kann mitgelesen werden)
alsô si dô beide
1485 kâmen ûf die heide,
Êrec begunde schouwen
sîne juncvrouwen.
ouch sach si vil dicke an
bliuclîchen ir man.
1490 dô wehselten si vil dicke
die vriuntlîchen blicke.
ir herze wart der minne vol:
si gevielen beide ein ander wol
und ie baz unde baz.
1495 dâ envant nît noch haz
ze blîbenne dehein vaz:
triuwe und stæte si besaz.
Als die beiden nun
auf das freie Feld kamen,
blickte Erec
sein Mädchen an.
Auch sie sah wieder und wieder
schüchtern zu ihrem Freund hinüber.
Sie tauschten immerzu
verliebte Blicke.
Ihre Herzen wurden von Liebe erfüllt.
Sie gefielen einander sehr
und immer mehr und mehr.
Haß und Feindschaft
hatten keinen Platz,
treue, reine Liebe erfüllte sie.
Zitiert nach: Hartmann von Aue: Erec. Hrsg., übers. und komm. von Volker Mertens. Stuttgart: Reclam, 2010 (Universal‐Bibliothek 18530), S. 88f.
Entnommen aus dem Kapitel 'Auf der Jagd nach Ehre' aus dem Hörbuch âventiure vür daz ôre ‐ Hartmanns von Aue Erec. Ein Hörbuch nach
dem gleichnamigen Roman. Hrsg. von Hildegard Elisabeth Keller. Zürich: vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich, 2005.
Station 'Tulmein'
© Anette Sosna in Kooperation mit dem Proseminar II Mediävistik "Vermittlung mittelalterlicher Texte: Der 'Erec'‐Roman Hartmanns von Aue", WiSe 2008/9, Universität Tübingen und dem Projekt "mittelneu" (bearbeitet von Katja Winter). URL: http://www.uni‐due.de/mittelneu/images/stories/pdfs/Lernzirkel_zu_Hartmanns_von_Aue_Erec_Aufgaben_11.‐12._Jahrgangsstufe.pdf
2. Aufgabe:
Beantworten Sie die folgenden Fragen schriftlich in zwei bis fünf Sätzen.
a) Was ist Erecs Motivation? Warum gewinnt er den eigentlich ausgeglichenen Kampf
gegen Iders?
b) Wie entwickelt sich die Beziehung zwischen Erec und Enite?
c) Erecs Blickwinkel auf Enite ändert sich im Verlauf der Geschichte. Er bemerkt zwar
trotz ihrer abgewetzten Kleider gleich ihre Schönheit, aber er verliebt sich erst nach
dem Turnier in Tulmein in sie. Was könnten die Gründe für den veränderten Blick
Erecs auf Enite sein?
3. Aufgabe:
Füllen Sie das Kreuzworträtsel aus. (Umlaute werden ausgeschrieben, z.B. ü wird ue)
Dame Erecs
Was leiht Erec?
2
Vater Enites
Moti‐vation Erecs
3
Greif‐vogel
1
Ort
4
Gegner Erecs
5
Lösungswort:
1 2 3 4 5
Station 'Das verligen'
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Das verligen in Karnant
Nachdem Erec seine wunderschöne Frau Enite geheiratet hat, geht er mit ihr an den väterlichen Königshof. Erecs Vater, König Lac, empfängt die beiden herzlich und überträgt ihnen die Herrschaft. Doch Erec ist so sehr von seiner Frau angetan, dass er sich verligt, d. h. dass er und Enite das eheliche Bett kaum noch verlassen. Daraufhin beginnt die Hof‐gesellschaft negativ über Erec zu sprechen, da der einst strahlende Held jegliches Interesse an Ritterspielen, seiner Herrschaft und anderen gesellschaftlichen Anlässen verloren hat. Die Hofleute verwünschen den Tag, als Enite in Karnant ankam. Nachdem die beiden wieder einmal den ganzen Vormittag im Bett verbracht haben, ereignet sich Folgendes:
nû kam ez alsô nâch ir site daz er umbe einen mitten tac 3015 an ir arme gelac. […]
daz ir von vluochen was geschehen, dâ begunde si denken an.
3025 vil gâhes ruhte si hin dan. si wânde daz er sliefe. einen sûft nam si tiefe unde sach in vaste an. si sprach: »wê dir, dû vil armer man, 3030 und mir ellendem wîbe, daz ich mînem lîbe sô manegen vluoch vernemen sol.« dô vernam Êrec die rede wol. als si der rede hete gedaget, 3035 Êrec sprach: »vrouwe Enîte, saget, waz sint iuwer sorgen die ir dâ klaget verborgen?« nû wolde sis gelougent hân. Êrec sprach: »lât die rede stân. 3040 des nemet iu ein zil daz ich die rede wizzen wil. ir müezet mir benamen sagen
waz ich iuch dâ hôrte klagen, daz ir mich sus habet verswigen.« 3045 si vorhte daz si würde gezigen von im ander dinge und seite imz mit gedinge daz er ir daz gehieze daz erz âne zorn lieze. 3050 als er vernam diu mære waz diu rede wære, er sprach: »der ist genuoc getân.« zehant hiez er si ûf stân, daz si sich wol kleite 3055 unde ane leite da beste gewæte daz si iender hæte. sînen knaben er seite daz man im sîn ros bereite und ir pherit vrouwen Ênîten.
Nun ergab es sich nach ihrer Gewohnheit, daß er eines Mittags in ihren Armen lag. […] da dachte Enite an die Flüche, die ihr galten, sie rückte rasch von ihm weg. Sie glaubte, er schliefe. Sie seufzte tief und blickte ihn fest an. Sie sagte: »Weh Dir, Du Armer, und weh mir, Frau in der Fremde, daß ich so viele Flüche gegen mich hören muß.« Doch Erec vernahm diese Worte deutlich. Als sie nun schwieg, fragte Erec: »Herrin Enite, sagt, was habt Ihr für Sorgen, über die Ihr heimlich klagt?« Da wollte sie nichts gesagt haben. Erec sprach: »Bleibt bei Euren Worten! Seid versichert: ich will wissen, was Ihr gesagt habt. Ihr müßt mir unbedingt erklären, worüber ich Euch klagen hörte, was Ihr mir bisher völlig verschwiegen habt.« Sie fürchtete, er würde sie ganz anderer Dinge verdächtigen, und sagte es ihm unter der Bedingung, daß er ihr verspräche, deshalb nicht zornig zu werden. Als er hörte, worum es ging, sagte er: »Das genügt.« Sogleich hieß er sie aufstehen, sich schön anziehen und das beste Kleid anlegen, das sie besäße. Seinen Knappen befahl er, ihm sein Streitroß bereitzustellen und Enite ihr Reisepferd.
Zitiert nach: Hartmann von Aue: Erec. Hrsg., übers. und komm. von Volker Mertens. Stuttgart: Reclam, 2010 (Universal‐Bibliothek 18530), V. 3013‐3060.
Station 'Das verligen'
© Anette Sosna in Kooperation mit dem Proseminar II Mediävistik "Vermittlung mittelalterlicher Texte: Der 'Erec'‐Roman Hartmanns von Aue", WiSe 2008/9, Universität Tübingen und dem Projekt "mittelneu" (bearbeitet von Katja Winter). URL: http://www.uni‐due.de/mittelneu/images/stories/pdfs/Lernzirkel_zu_Hartmanns_von_Aue_Erec_Aufgaben_11.‐12._Jahrgangsstufe.pdf
1. Aufgabe: Warum stellt das verligen Erecs ein Problem dar? Skizzieren Sie den Grundkonflikt stich‐wortartig. 2. Aufgabe: Was könnte mit ander dinge gemeint sein? 3. Aufgabe: Erecs einziger Kommentar zur ungewollten Offenbarung Enites ist: »Das genügt!« Stellen Sie sich vor, Sie wären Erec. Was könnte in diesem Moment in Ihnen vorgehen? Schreiben Sie einen kurzen inneren Monolog und versuchen Sie dabei, Ihre Vorstellungen von Ehre einzubeziehen.
Station 'Cadoc'
© Anette Sosna in Kooperation mit dem Proseminar II Mediävistik "Vermittlung mittelalterlicher Texte: Der 'Erec'‐Roman Hartmanns von Aue", WiSe 2008/9, Universität Tübingen und dem Projekt "mittelneu" (bearbeitet von Katja Winter). URL: http://www.uni‐due.de/mittelneu/images/stories/pdfs/Lernzirkel_zu_Hartmanns_von_Aue_Erec_Aufgaben_11.‐12._Jahrgangsstufe.pdf
Cadoc Als Erec und Enite durch einen Wald reiten, hört Erec den Hilferuf einer Frau. Er befiehlt Enite, auf ihn zu warten, und reitet in den Wald. Er folgt der klagenden Stimme, bis er vor einer blutüberströmten und weinenden Frau steht:
5335 als er dô die armen in selher ungehabe sach, vil nâch weinende sprach der tugenthafte man:
»vrouwe, durch got saget an, 5340 waz ist daz ir weinet
und wie sît ir sus vereinet in disem walde? durch got saget balde
ob ich iu ze staten müge komen.« 5345 nû hâte ir benomen
diu bitter leides grimme vil nâch gar die stimme: ir herzen sûft daz wort zebrach
daz si vil kûme gesprach: 5350 »weinens gât mir michel nôt.
herre, mir belîbet tôt der aller liebiste man den ie wîp gewan.«
Êrec sprach: »vrouwe, wiest daz komen?« 5355 »herre, dâ hânt mir in benomen
zwêne risen, die vuorten in des gevertes vor mir hin.
herre, si enlânt in niht genesen, wan si sint im gewesen
5360 vîent nû vil manegen tac. ouwê wie wol ich weinen mac!«
»vrouwe, sint sie iht verre?« »nein si, lieber herre.« »nû wîset mich nâch in.«
5365 »herre, hie riten si hin.« mit dem vinger wîste sie in die vart dâ er hin gevüeret wart.
Als er die Arme in so kläglichem Zustand sah, fragte, fast in Tränen, der Edelmütige: »Herrin, sagt mir bei Gott, warum Ihr weint und wieso Ihr ganz allein in diesem Wald seid? Um Gottes willen, sagt schnell, ob ich Euch Beistand leisten kann.« Nun hatte ihr die Gewalt ihres bitteren Schmerzes fast die Stimme geraubt. Ihr herzzerbrechendes Schluchzen ließ sie kaum ein Wort hervorbringen: »Ich weine aus größter Not, Herr, mir wird der allerliebste Mann umgebracht, den je eine Frau gehabt hat.« Erec sagte: »Herrin, wie ist das gekommen?« »Herr, mir haben ihn zwei Riesen geraubt, die schleppten ihn von mir fort auf diesem Weg. Herr, sie werden ihn töten, denn sie sind ihm schon seit langem feind. Oh weh, wie heftig muß ich weinen!« »Herrin, sind sie weit?« »Nein, lieber Herr.« »Dann zeigt mir, wo sie hin sind.« »Herr, da sind sie hingeritten.« Mit dem Finger wies sie ihm die Richtung, wohin er geschleppt worden war.
1. Aufgabe: Wie könnte das Gespräch weitergehen? Schreiben Sie ein Gesprächsende, das zu den Verhaltens‐weisen passt, die Erec und die Frau bisher gezeigt haben. Verwenden Sie ein separates Blatt. 2. Aufgabe: Welche Verhaltensweisen haben Sie Erec in der ersten Aufgabe zugeschrieben? An welchen Textstellen wurden diese besonders deutlich? Diskutieren Sie mit einem Partner darüber.
Zitiert nach: Hartmann von Aue: Erec. Hrsg., übers. und komm. von Volker Mertens. Stuttgart: Reclam, 2010 (Universal‐Bibliothek 18530), V. 5335‐5367.
Station 'Oringles'
© Anette Sosna in Kooperation mit dem Proseminar II Mediävistik "Vermittlung mittelalterlicher Texte: Der 'Erec'‐Roman Hartmanns von Aue", WiSe 2008/9, Universität Tübingen und dem Projekt "mittelneu" (bearbeitet von Katja Winter). URL: http://www.uni‐due.de/mittelneu/images/stories/pdfs/Lernzirkel_zu_Hartmanns_von_Aue_Erec_Aufgaben_11.‐12._Jahrgangsstufe.pdf
Hartmann von Aue hat sich den ‚Erec‘ nicht vollkommen selbst ausgedacht. Er bediente sich einer französischen Vorlage: ‚Erec und Enide‘ von Chrétien de Troyes. Während viele Elemente des Inhalts beider Werke ähnlich oder sogar identisch sind, lassen sich an einigen Stellen auch große Unterschiede erkennen. Um diese Unterschiede in einer der Schlüsselszenen soll es hier an dieser Station gehen: Erec und Enite auf Limors bei Oringles Zu Beginn des zweiten Teils seiner âventiure‐Reise rettet Erec einen Edelmann vor zwei Riesen und wird dabei schwer verletzt. Leblos liegt er am Boden und seine trauernde Frau Enite ist fest von seinem Tod überzeugt. In dem Moment kommt Graf Oringles mit einigen Begleitern vorbei und greift ein, bevor sich Enite in Erecs Schwert stürzt. Er sagt, er wolle Erec ein feierliches Begräbnis zukommen lassen und Enite zu seiner Frau machen. Gegen ihren Willen nimmt er beide mit auf sein Schloss Limors. Dort kommt es zur (unrechtmäßigen) Eheschließung von Oringles und Enite. Da Enite beim anschließenden Festmahl nichts essen will, wird sie von Oringles vor Wut geschlagen. Durch die Schreie seiner Frau wacht Erec aus seinem Scheintod auf. 1. Aufgabe: Lesen Sie die folgenden Szenen aufmerksam durch (besonders das kursiv Gedruckte) und markieren Sie Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Versionen. Erec befreit Enite aus den Händen des Grafen Oringles. Dieser hat den Zorn Erecs nicht überlebt. Zusammen mit seiner Frau Enite reitet Erec nun aus Limors fort.
Hartmann von Aue (V. 6745‐6803) Chrétien de Troyes (V. 4916‐4938) 5 10 15 20 25
Mit Hilfe der Herrin Enite, denn sie wies ihm den Weg, wandte er sich zu der Straße, auf der er aufgebahrt gekommen war: […] Und als sie in den Wald gekommen waren aus der großen Gefahr wieder auf den bekannten Weg, da fragte König Erec die Herrin Enite danach, wie er in die Gewalt des Grafen gekommen war [...]. […] Darauf erzählte sie ihm – ihre Augen litten dabei – die Geschichte unter Tränen. Jetzt endete sogleich die qualvolle Seltsamkeit und die eigenartige Verstellung, die er bis auf diesen Tag ihr ohne Grund gezeigt hatte, daß er sie nicht mehr angesprochen hatte, seitdem er mit ihr losgeritten war. Ihm war jetzt klar, was er mit seinem seltsamen Verhalten hatte erfahren wollen, und er wußte es nun gewiß: Es war eine Prüfung gewesen,
5 10 15
Der Graf war während des Essens getötet worden. Und Erec, der seine Frau fortführt, umarmt und küßt und beruhigt sie. Er drückt sie mit den Armen an sein Herz und sagt: „Meine süße Schwester, ich habe Euch in allem wohl erprobt! Nun fürchtet Euch nicht mehr, denn jetzt liebe ich Euch mehr denn je zuvor, und ich bin wieder sicher und überzeugt, daß Ihr mich vollkommen liebt. Von jetzt an will ich wie früher ganz zu Euren Diensten sein, und wenn Ihr Übles über mich gesagt habt, so verzeihe ich Euch alles und spreche Euch frei von der Missetat und der Rede.“ Dann küßt er sie wieder und umarmt sie. Nun fühlt sich Enide gar nicht unbehaglich, denn ihr Gemahl umarmt und küßt sie und versichert ihr, daß er sie liebt. In großer Eile reiten sie durch die Nacht und es erfüllt sie mit großer Sanftmut, daß der helle Mond ihnen leuchtet.
Station 'Oringles'
© Anette Sosna in Kooperation mit dem Proseminar II Mediävistik "Vermittlung mittelalterlicher Texte: Der 'Erec'‐Roman Hartmanns von Aue", WiSe 2008/9, Universität Tübingen und dem Projekt "mittelneu" (bearbeitet von Katja Winter). URL: http://www.uni‐due.de/mittelneu/images/stories/pdfs/Lernzirkel_zu_Hartmanns_von_Aue_Erec_Aufgaben_11.‐12._Jahrgangsstufe.pdf
30 35 40 45
ob sie die richtige Frau für ihn war. Jetzt war er ihrer ganz sicher, […] so daß er nun genau wußte, daß er bei ihr treue, aufrichtige Liebe fand und sie eine Frau ohne jeden Makel war. Er drückte sie an seine Brust, immer wieder küßte er sie äußerst zärtlich und bat die Edle, sie möge ihm das lieblose Leben verzeihen, […] Sogleich verzieh sie ihm, da er sie liebevoll darum bat.
2. Aufgabe: Sprechen Sie mit einem Partner über die beiden Texte. Notieren Sie sich Stichpunkte zu den folgenden Fragen: a) Welche Unterschiede weist Erecs Verhalten bei Hartmann und Chrétien auf? b) Wie wird Erecs Verhalten jeweils begründet?
Erec bei Hartmann Erec bei Chrétien
Unterschiede im Verhalten Erecs
Begründungen für das Verhalten
Übersetzungen zitiert nach: Hartmann von Aue: Erec. Hrsg., übers. und komm. von Volker Mertens. Stuttgart: Reclam, 2010 (Universal‐Bibliothek 18530), V. 6745‐6803; Chrétien de Troyes: Erec und Enide. Übers. und eingel. von Ingrid Kasten. München: Fink, 1979 (Klassische Texte des Romanischen Mittelalters in zweisprachigen Ausgaben 17), V. 4916‐4938.
Station 'Oringles'
© Anette Sosna in Kooperation mit dem Proseminar II Mediävistik "Vermittlung mittelalterlicher Texte: Der 'Erec'‐Roman Hartmanns von Aue", WiSe 2008/9, Universität Tübingen und dem Projekt "mittelneu" (bearbeitet von Katja Winter). URL: http://www.uni‐due.de/mittelneu/images/stories/pdfs/Lernzirkel_zu_Hartmanns_von_Aue_Erec_Aufgaben_11.‐12._Jahrgangsstufe.pdf
3. Aufgabe: Bevor Erec und Enite aus Limors abreisen können, haben sie ein Problem. Welches?
Probieren Sie gemeinsam eine Übersetzung!
sîner rosse vant er niht:
6695 »ouwê dirre geschiht!
suln wir nû ze vuoze gân?
daz haben wir vor selten getân.«
nû müeze got gesenden
disen ellenden,
6700 Êrecke und Êniten,
ros dâ si ûfe rîten.
Tipps: dirre geschiht – welch ein Unglück suln – müssen ellende – arm, unglücklich, landfremd
Zitiert nach: Hartmann von Aue: Erec. Hrsg., übers. und komm. von Volker Mertens. Stuttgart: Reclam 2010 (Universal‐Bibliothek 18530), V. 6694‐6701.
Station 'Guivreiz'
© Anette Sosna in Kooperation mit dem Proseminar II Mediävistik "Vermittlung mittelalterlicher Texte: Der 'Erec'‐Roman Hartmanns von Aue", WiSe 2008/9, Universität Tübingen und dem Projekt "mittelneu" (bearbeitet von Katja Winter). URL: http://www.uni‐due.de/mittelneu/images/stories/pdfs/Lernzirkel_zu_Hartmanns_von_Aue_Erec_Aufgaben_11.‐12._Jahrgangsstufe.pdf
Guivreiz‐âventiure Am zweiten Tag ihre âventiure‐Fahrt treffen Erec und Enite auf einen kleinen, fast zwergenhaften, aber kräftigen und gutherzigen Mann. Dieser stellt sich nach einem langen und schweren Kampf gegen Erec als Guivreiz le pitîz, König von Irland, vor. Erec hat den Kampf zwar gewonnen, trägt aber eine schwere Wunde davon. Die beiden schließen Freundschaft und Guivreiz lädt das Paar auf sein Schloss ein. Erec möchte nicht lange bleiben und sogleich seine âventiure‐Fahrt wieder aufnehmen. Nach der Flucht aus Limors begegnen Erec und Guivreiz sich zum zweiten Mal. Guivreiz wollte ihnen zu Hilfe eilen, erkennt den voll gerüsteten Erec jedoch nicht und kämpft erneut gegen ihn. Erec, von der Wunde aus seinem ersten Kampf gegen Guivreiz noch immer geschwächt, erleidet zum ersten Mal eine Niederlage. Enite klärt das Missverständnis auf und sie reiten gemeinsam zum Schloss von Guivreiz. Dort wird Erec endgültig geheilt und zum Abschied erhält Enite ein prächtiges Pferd. Ab jetzt werden sie von Guivreiz auf ihrem âventiure‐Weg begleitet. Zu Beginn der Erzählung wurde Erec von einem getwerc schändlich behandelt. Da auch Guivreiz ein Zwerg ist, bietet sich ein Vergleich beider Figuren an.
Guivreiz: V. 4280‐4284
von des selben manheit ist uns wunder geseit. er was ein vil kurzer man, […] vil nâch getwerges genôz, […].
V. 4287‐4290
dâ zuo den brüsten er schein kreftic unde dic genuoc. dar under er ein herze truoc volleclîche manhaft.
V. 4304‐4307
es hâte der herre guot gelücke unde rîchen muot unde hâte unverzaget den prîs an manegem man bejaget: […]. getwerc: V. 52‐55
daz getwerc werte ir den wec: daz sach diu künegîn und Êrec daz ez si mit der geisel sluoc die ez in der hant truoc, […].
V. 76‐79
»nû muget ir wêniger mir gesagen, wes habet ihr die maget geslagen? ir habet sêre missetân. ir soldetz durch iuwer zuht lân.«
V. 95‐98
Êrec der wolde ouch vürbaz, wan daz getwerc imz niht vertruoc: mit der geisel ez in sluoc, als ez der maget hete getân.
Von seiner Tapferkeit erzählt man uns Wunderdinge. Er war ein ganz klein gewachsener Mann, […] beinahe so wie ein Zwerg, […].
Außerdem war seine Brust stark und breit. Darin trug er das tapferste Herz.
Der treffliche Herr war erfolgreich und erstrebte das Beste, er hatte sich tapfer bei vielen Gegnern Ehre errungen, […].
Der Zwerg versperrte ihr den Weg. Das sahen die Königin und Erec, daß er sie mit der Peitsche schlug, die er in der Hand hatte, […].
»Winzling, wollt Ihr mir jetzt sagen, weshalb Ihr das Mädchen geschlagen habt? Ihr habt schändlich gehandelt.
Euer höfischer Anstand hätte es euch verbieten sollen.«
Erec wollte ebenfalls an ihm vorbei, aber der Zwerg duldete es nicht und schlug ihn genauso mit der Peitsche wie das Mädchen.
Zitiert nach: Hartmann von Aue: Erec. Hrsg., übers. und komm. von Volker Mertens. Stuttgart: Reclam, 2010 (Universal‐Bibliothek 18530), S. 244‐247, S. 8‐13.
Station 'Guivreiz'
© Anette Sosna in Kooperation mit dem Proseminar II Mediävistik "Vermittlung mittelalterlicher Texte: Der 'Erec'‐Roman Hartmanns von Aue", WiSe 2008/9, Universität Tübingen und dem Projekt "mittelneu" (bearbeitet von Katja Winter). URL: http://www.uni‐due.de/mittelneu/images/stories/pdfs/Lernzirkel_zu_Hartmanns_von_Aue_Erec_Aufgaben_11.‐12._Jahrgangsstufe.pdf
1. Aufgabe: Lesen Sie die Auszüge zu Guivreiz und dem getwerc aufmerksam und schreiben Sie die wesentlichen Attribute, die die beiden näher beschreiben, stichpunktartig heraus.
Guivreiz getwerc
2. Aufgabe: Vergleichen Sie die beiden Charaktere mithilfe Ihrer Stichpunkte. Wo bestehen Gemeinsamkeiten, worin unterscheiden sie sich? Guivreiz getwerc
Gemeinsam‐keiten
Unterschiede
3. Aufgabe: Was denken Sie: Inwieweit ist Guivreiz ein typischer getwerc aus der mittelhochdeutschen Literatur? Begründen Sie Ihre Meinung.
Station 'Joie de la curt'
© Anette Sosna in Kooperation mit dem Proseminar II Mediävistik "Vermittlung mittelalterlicher Texte: Der 'Erec'‐Roman Hartmanns von Aue", WiSe 2008/9, Universität Tübingen und dem Projekt "mittelneu" (bearbeitet von Katja Winter). URL: http://www.uni‐due.de/mittelneu/images/stories/pdfs/Lernzirkel_zu_Hartmanns_von_Aue_Erec_Aufgaben_11.‐12._Jahrgangsstufe.pdf
Joie de la curt Erecs letzte âventiure ist dem Kampf gegen den starken Ritter Mabonagrin gewidmet, der mit seiner Freundin in einem paradiesischen Baumgarten lebt. Bis zu dem Tag, an dem er vor ihren Augen von einem Ritter besiegt werde, so ist es ihr Wille, solle er dort bei ihr ‚gefangen‘ bleiben. Viele mächtige Ritter sind schon gegen Mabonagrin angetreten und gescheitert. Erec nimmt den Kampf auf und besiegt den Ritter.
9610 »Herr, steht jetzt auf und geht fröhlich und blast das Horn dort, denn dazu ist es da: wenn jemand mich besiegt hat, 9615 soll er es sogleich damit den Leuten kundtun, indem er es dreimal bläst. Das hat da
zu meinem Verdruß 9620 all die Zeit ungeblasen gehangen, die ich hier zu Hause war.« Jetzt nahm er es vom Pfahl und bat Erec, es zu blasen. Sogleich 9625 setzte er es an die Lippen. Laut erklang der Hornstoß, denn es war lang und weit. Als sie dort überall diesen Hornklang hörten, 9630 die vor dem Baumgarten den Sieg abwarten mußten, blickten alle einander an, denn es gab keinen, der glauben mochte, 9635 der Ausgang könnte so sein, daß der Ritter Mabonagrin besiegt sei, und die Burgleute meinten, es sei eine Täuschung, 9640 bis Erec es ihnen zum zweiten Mal mit dem Horn verkündete und dann zum dritten Mal. Dann wurde ohne Zögern der alte Brauch abgeschafft. 9645 König Ivreins von Brandigan nahm die Herrin Enite und führte sie an seiner Seite in den Baumgarten. Außer ihm wußte niemand, 9650 wo man hineinkam, wenn er ihn nicht geleitete. Jetzt eilten alle mit fröhlichen Rufen dorthin, wo sie die Herren sahen. 9655 Hier wurden diese zwei, Erec und Mabonagrin, von der ganzen Menge höfisch begrüßt und der Tag 9660 mit frohen Siegesliedern gefeiert.
[…] Sie riefen sogleich
alle mit einem Munde, Männer und Frauen: »Ritter, sei gepriesen! 9670 Glücklich sollst Du immer leben! Gott hat Dich uns zum Trost geschickt und in dieses Land geführt. Freude und Ruhm sei Dir, Du aller Ritter Preis!« […] Hier fand man alle Freuden. 9680 Hier und jetzt war der schönen Herrin Enite kein tödliches Leid widerfahren. Ich schwöre und bezeuge es: beide Damen 9685 hatten entgegengesetzte Gefühle, die im Zelt gesessen hatte und die, für die der Kampf siegreich gewesen war. Stumm war ihr Mund, ihr Herz nur sprach. 9690 Die eine trug die Freudenkrone, die andere war tief betrübt und mit Herzeleid beladen, weil sie nicht länger im Baumgarten sein sollte 9695 und ihr Freund Mabonagrin. Sie rang die Hände über diese Niederlage, die ihrem Mann widerfahren war. Als die Herrin Enite sie 9700 dort weinend sitzen sah, zeigte sie gleich weibliches Mitgefühl. Ihr edles Herz
drängte die Liebenswürdige dazu, 9705 sie zu begrüßen, wie schwer jene auch litt. Viele, viele Worte wechselten beide von Freud und Leid 9710 und schlossen so Freundschaft nach Frauenart. Nach ihrer Heimat, ihren Verwandten fragten sie einander aus und wurden redend vertraut 9715 und erzählten, was sie wußten. Ihr Verwandtschaft entdeckten sie: sie waren blutsverwandte Kusinen. Wie könnte man sich näher stehen?
Übersetzung zitiert nach: Hartmann von Aue: Erec. Hrsg., übers. und komm. von Volker Mertens. Stuttgart: Reclam, 2010 (Universal‐Bibliothek 18530), V. 9610‐9718.
Station 'Joie de la curt'
© Anette Sosna in Kooperation mit dem Proseminar II Mediävistik "Vermittlung mittelalterlicher Texte: Der 'Erec'‐Roman Hartmanns von Aue", WiSe 2008/9, Universität Tübingen und dem Projekt "mittelneu" (bearbeitet von Katja Winter). URL: http://www.uni‐due.de/mittelneu/images/stories/pdfs/Lernzirkel_zu_Hartmanns_von_Aue_Erec_Aufgaben_11.‐12._Jahrgangsstufe.pdf
1. Aufgabe: Kreuzen Sie die richtigen Antworten an, so erhalten Sie die Lösung.
1. Wie oft soll Erec in das Horn blasen?
fünfmal einmal dreimal
2. Wo warten die Menschen den Sieg ab? vor dem Baumgarten zu Hause vor der Burg 3. Wen besiegt Erec? König zwei Riesen Ritter Mabonagrin 4. Was denken die Burgleute zunächst? es sei die Wahrheit es sei eine Täuschung es sei ein Ritual 5. Wie heißt der König von Brandigan? Oringles Ivreins Artus 6. Wen nimmt König Ivreins mit in den Baumgarten? Erec die Burgleute Herrin Enite
7. Was rufen alle zusammen? Ritter, sei gepriesen! Lebe wohl! Du bist der Stärkste! 8. Wohin führt König Ivreins Enite? zu den Pferden in die Burg in den Baumgarten 9. Wer hat entgegengesetzte Gefühle? König Ivreins Mabonagrins Freundin und Enite die Burgleute 10. Was entsteht zwischen den beiden Damen? Mitleid Hass Freundschaft 11. Mittelhochdeutsch: herzensêre. Übersetze: Ehre Herzeleid Stärke 12. Welchen Verwandtschaftsgrad haben die beiden Damen? blutsverwandte Kusinen Schwestern
waren nicht verwandt
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LÖSUNG: O E
Tipp: Die Lösung ist eine Übersetzung von joie de la curt.