19die vereinigung

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19Die Vereinigung. Genauso überraschend wie die Ereignisse des Jahres 1989, der Zusammenbruch des Ostens, kam für alle Beteiligten die Chance, Deutschland wiederzuvereinigen. Fertige Pläne und Rezepte gab es keine. - PowerPoint PPT Presentation

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  • *19Die VereinigungGenauso berraschend wie die Ereignisse des Jahres 1989, der Zusammenbruch des Ostens, kam fr alle Beteiligten die Chance, Deutschland wiederzuvereinigen. Fertige Plne und Rezepte gab es keine. Dies traf gerade auch fr die Bundesregierung in Bonn zu, die bei ihrem ersten Vereinigungspapier unter anderem auch auf den Deutschlandplan der SPD aus dem Jahr 1957 zurckgriff. Was knnte die berraschung, Rat- und Planlosigkeit besser unterstreichen?Whrend die innenpolitische Seite der Vereinigung relativ schnell Sache der Deutschen, also der Bundesregierung und der neugewhlten Regierung der DDR war, war die auenpolitische Seite der Vereinigung zuerst einmal eine Angelegenheit der beiden Supermchte. Eigentlich wollten beide nicht recht, fanden sich aber schnell damit ab, dass die Vereinigung als Folge der Demokratisierung in Osteuropa und in der DDR nicht von auen verhindert werden knnte. Um so mehr sollten die Konditionen abgesprochen und nicht Deutschland allein berlassen werden.

  • *Mglich wurde die Vereinigung durch die totale Umwlzung des Nachkriegssystems, also den Zusammenbruch des alten Ostens, konkret die Vernderungen in der Sowjetunion. Deren Bereitschaft, ihr strategisches Vorfeld in Osteuropa militrisch und politisch aufzugeben, war der Schlssel jeglicher Vernderung. Was die Sowjetunion vertreten durch Gorbatschow dazu bewog, ist umstritten. Sicher war die Rolle Gorbatschows selbst von gewaltigem Einfluss, das erklrt aber nicht, was den alten Apparat in der Sowjetunion dazu brachte, den Ausverkauf der Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges, konkret der Eroberungen der Roten Armee, hinzunehmen. Konservative Amerikaner sahen darin einfach den Sieg der USA im Systemwettstreit nicht zuletzt dank der harten Linie der Administration Reagan.Die Preisgabe der DDR, die vornehmste Siegesprmie der Roten Armee, fiel der politischen und militrischen Elite der Sowjetunion besonders schwer. Gorbatschow und sein Auenminister Schewardnadse stieen selbst bei den eigenen Mitarbeitern auf Widerspruch.

  • *Der Deutschlandexperte Valentin Falin und dessen Kollege Nikolai Portugalow versuchten, ihre beiden Chefs ohne Erfolg zu bremsen. Die Rote Armee selbst gehorchte grummelnd und widerwillig. Der Verlust des schnsten Stationierungs-platzes mit der besten Versorgung im Ostblock entsetzte die Marschlle und Generle und traf sie ins Mark.

  • *Die Mauerffnung und der sich abzeichnende Beitritt der DDR zur Bundesrepublik setzte die Supermchte unter Druck, diesen Prozess auenpolitisch in ihrem Sinne und von ihnen gesteuert zu organisieren. Anfang Februar war der amerikanische Auenminister Baker in Moskau, um mit seinem sowjetischen Kollegen und Gorbatschow selbst die Vernderungen in Deutschland zu verhandeln. Beide Seiten wollten eine Destabilisierung Europas unterbinden. Gorbatschow sorgte sich um die deutschen Ostgrenzen. Er befrchtete, Deutschland werde sich nicht auf alle Zeiten mit diesem Ergebnis des Zweiten Weltkrieges abfinden. Heutigen Zusicherungen deutscher Politiker sei womglich nicht zu trauen.Die amerikanische Seite teilte zwar diese Bedenken in der Grenzfrage nicht unbedingt, wollte aber genau wie die Sowjetunion den Prozess der deutschen Vereinigung auenpolitisch kontrollieren. Zugleich wollte Baker den Sowjets keine Anhaltspunkte geben, die die amerikanischen Vorbehalte gegen eine rasche Wiedervereinigung offen legten. Er befrchtete in diesem Fall, wenn das zu Helmut Kohl durchsickerte, dass dies das Misstrauen des Bundeskanzlers gegenber den USA anstacheln wrde.

  • *Abzusprechen war zum einen das Forum, das die auenpolitische Seite der Vereinigung aushandelte. Der Vorschlag fr das Modell der Zwei-Plus-Vier-Gesprche stammte aus dem amerikanischen Auenministerium. Dort waren die Experten Robert Zoellick und Dennis Ross der Meinung, ein Vierertreffen im Stil von Jalta und Potsdam sei nicht zeitgem, andererseits knnte die KSZE mit 35 Mitgliedstaaten diesen Verhandlungsprozess nicht managen, weil sie zu schwerfllig sei. Mit dem Kunstgriff der Zwei-Plus-Vier-Gesprche wurden die Regierungschefs der beiden deutschen Staaten und der vier Siegermchte das geeignete Forum. Die sowjetische Seite hatte keine bessere Idee, und der deutsche Auenminister Hans-Dietrich Genscher willigte ein, vorausgesetzt es handele sich tatschlich um Zwei-Plus-Vier- und nicht um Vier-Plus-Zwei-Gesprche.

  • *Schon im Februar 1990 machte Baker in Moskau klar, dass die USA das wiedervereinigte Deutschland nicht neutral, sondern als Mitglied der NATO sehen wollten. Baker betonte, dass eine Wirtschaftsmacht von der Gre Deutschlands nicht neutral bleiben knne. Genau das war fr die sowjetische Seite eine schwer zu schluckende Krte. Baker fragte Gorbatschow, ob er ein wiedervereinigtes Deutschland auerhalb der NATO und ohne amerikanische Streitkrfte, dafr aber womglich mit eigenen Atomwaffen, vorziehe. Baker pries Deutschland in der NATO als das fr alle Seiten bessere Modell an. Zu diesem Zeitpunkt behielt sich Gorbatschow noch vor, ber diesen Fall intensiv nachzudenken. Hinter den sowjetischen Kulissen fand derweil eine erbitterte Auseinandersetzung zwischen Gorbatschow und Schewardnadse mit ihren Gegnern in der Partei, der Brokratie und dem Generalstab statt. Der damals noch mchtige, konservative Vertreter im Politbro, Jegor Ligatschow, war die Speerspitze der Emprung darber, dass Gorbatschow die DDR als Auenposten der Sowjetunion aufgegeben hatte. Die konservative Fronde suchte die Fhrungsspitze daran zu hindern, Gesamtdeutschland den Amerikanern zu berlassen.

  • *Wie kompliziert in diesem Zusammenhang das deutsch-amerikanische Verhltnis war, zeigte sich an der Tatsache, dass ein Tag nach Bakers Gesprchen in Moskau, am 10. Februar 1990, auch der deutsche Bundeskanzler und sein Auenminister Gesprche im Kreml fhrten. Baker vermied demonstrativ ein Zusammentreffen mit den beiden deutschen Spitzenpolitikern. Der Hintergrund war, dass die USA den Eindruck vermeiden wollten, die beiden Supermchte und Westdeutschland bezgen London und Paris nicht adquat in die Entscheidungen ber die Zukunft Deutschlands ein. Dies war eine Quelle fr potentielle westliche Unstimmigkeiten, die andere Seite war, dass Helmut Kohl auerordentlich misstrauisch wegen der vertraulichen amerikanisch-sowjetischen Gesprche war. Der amerikanische Prsident Busch versuchte, Helmut Kohl mit einem berschwnglichen Brief zu beruhigen. Darin behauptete er, dass sich die Interessen der USA mit dem leidenschaftlichen Eintreten Kohls fr die deutsche Wiedervereinigung deckten. Ferner wies er darauf hin, dass sich die deutsche Wiedervereinigung nun womglich noch rascher vollziehen knnte, bat aber dringlich, dass Deutschland Mitglied der NATO bleiben msse. Kohl meinte dazu gegenber seinen Mitarbeitern, dies sei eines der wichtigsten Dokumente in der Geschichte der deutsch-amerikanischen Beziehungen.

  • *Die NATO-Frage war der Kern des Problems fr die Vereinigten Staaten. Bush und Baker waren nmlich besorgt, Helmut Kohl knne, vor die Wahl gestellt, entweder NATO-Mitglied zu bleiben oder eine schnelle Wiedervereinigung als Zugestndnis der Sowjetunion zu gewinnen, auf die NATO-Mitgliedschaft verzichten. Die amerikanische Seite versuchte deshalb, einen westlichen Kokon um Kohl zu spinnen. So bezeichnete es ein Mitglied des Nationalen Sicherheitsrates der USA, Robert Blackwill. Der deutsche Bundeskanzler sollte praktisch durch eine Umarmungsstrategie bei der westlichen Stange gehalten werden. Dazu gehrte auch die Schmeichelei der Amerikaner, die ihn auf die gleiche Stufe mit Bismarck und Adenauer stellte.

  • *Die nchste amerikanisch-sowjetische Verhandlungsrunde folgte Ende Mai 1990 bei Gorbatschows Besuch in Washington. Die amerikanische Seite gab sich sehr viel Mhe, der Sowjetunion die Zustimmung zur Mitgliedschaft des vereinten Deutschland in der NATO zu erleichtern. Gorbatschow kam mit dem Vorschlag, Deutschland solle in beiden Bndnissen Mitglied sein. Zudem schlug Gorbatschow zum Entsetzen seiner Delegation vor, die Entscheidung darber solle Sache des deutschen Volkes sein. Die Idee eines Referendums in Deutschland legte die Differenzen innerhalb der sowjetischen Delegation schonungslos blo. Auenminister Schewardnadse widersprach Gorbatschow vor den Amerikanern ganz heftig und betonte, dass dieses Problem von den Regierungschefs selbst gelst werden msse. Die Amerikaner waren vllig verblfft. Noch nie war es vorgekommen, dass ein sowjetischer Auenminister es wagte, sich offen seinem Vorgesetzten zu widersetzen. Am Ende des sowjetischen Besuchs in den USA hatte sich der Eindruck verfestigt, dass die Sowjetunion sich mit einem vereinigten Deutschland in der NATO abgefunden habe.

  • *Anlsslich einer Sitzung der Konferenz ber Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) am 5. Juni in Kopenhagen przisierten die USA die von Ihnen vorgeschlagenen Sicherheitsgarantien fr die Sowjetunion in bezug auf ein vereinigtes Deutschland. Baker schlug vor, die Zahl der deutschen Soldaten zu begrenzen sowie die Zukunft der sowjetischen Truppen in Ostdeutschland zu regeln. Schewardnadse lie sich darauf ein und deutete an, dass sich die Sowjetunion auf eine Wiedervereinigung Deutschlands bis Ende des Jahres 1990 einlassen wrde, sofern diese amerikanischen Garantien kodifiziert wrden. Die amerikanische Seite war ber dieses Ergebnis mehr als erfreut. Am 12. Juni 1990 erklrte Gorbatschow dann vor dem Obersten Sowjet offiziell seine Bereitschaft, ein vereintes Deutschland in der NATO hinzunehmen. Er verlangte lediglich fr eine bergangsperiode die Fortdauer der Zugehrigkeit der Streitkrfte der DDR zum Warschauer Pakt als assoziiertes Mitglied. Er deutete zudem an, dass dieses Problem leichter lsbar wre, wenn die NATO sich von einem militrischen Bndnis in ein eher politisches wandelte.

  • *Genau daran knpften die Amerikaner an und prsentierten beim Londoner NATO-Gipfel Anfang Juli Vorschlge, wie eine neue NATO aussehen sollte. Beginnend mit der Vorstellung, dass der Kalte Krieg vorbei sei, regte die amerikanische Seite an, Osteuropa solle stndige Vertreter in die NATO entsenden und Gorbatschow an einer Sitzung des NATO-Rates teilnehmen. Damit sollte zum einen Gorbatschow mit Rechtfertigungsgrnden ausgestattet werden, die NATO-Mitgliedschaft eines vereinten Deutschland zu Hause besser durchsetzen zu knnen. Zum anderen wollten die USA ihre Fhrungsrolle in einer Phase klarstellen, wo allgemein vom Niedergang der USA gesprochen wurde. Der deutsche Bundeskanzler war von Prsident Bushs Neuerungsplnen fr die NATO begeistert.

  • *Die Ehre der Endrunde wurde der deutschen Seite zuteil. Bundeskanzler Kohl traf Gorbatschow im Juli des Jahres in Moskau und reiste dann mit ihm in den Kaukasus. Gorbatschow machte Kohl klar, dass er die Zugehrigkeit eines vereinten Deutschland zur NATO nach dem sich abzeichnenden Wandel dieses Bndnissystems hinnehmen knne. Kohl selbst schwrmte von Durchbruch und einem phantastischen Ergebnis. Aus amerikanischer Sicht war dies nur ein simpler Vollzug, also ein sogenanntes Nicht-Ereignis. Eiferschtig verfolgten die USA jeden Anschein, Kohl und Gorbatschow htten die Sache letztlich unter sich ausgemacht. Bush wollte die Architektenrolle unbedingt fr sich reklamieren.

  • *Abgesehen von allen Eitelkeiten und Rollenspielen war klar, dass die Supermchte den Deal unter sich abgesprochen hatten. Die deutsche Seite spielte die Rolle des herausgehobenen Statisten. Das belegt, wer den Schlssel zur Vernderung in Europa in der Hand hatte. Vom Ergebnis her konnte die deutsche Seite mehr als zufrieden sein. Es war klar, dass dieses Ergebnis nach einer bergangsphase und dem Abzug der sowjetischen Truppen aus der frheren DDR auf einen tatschlichen Wiedergewinn der deutschen Souvernitt hinauslaufen musste. Deutschland blieb zwar europisch eingehegt, die mittelfristige Gleichberechtigung zumindest mit Frankreich und England war ihm freilich nicht mehr zu nehmen. Dies wird dadurch unterstrichen, dass die giftigsten Seitenhiebe auf den Prozess der deutschen Einigung aus diesen beiden Lndern kamen.

  • *Franois Mitterand hatte die DDR bei einem Besuch bei Hans Modrow zur Fortsetzung ihrer Existenz berreden wollen. Margaret Thatcher lie von London aus wenig vereinigungsfreundliche Signale aussenden. Das offenbarte altes Denken in Reinkultur. Die Souvernittsbeschrnkungen Deutschlands, insbesondere nach auen, hatten Frankreich und England fr Jahrzehnte in Europa eine knstliche Vorrangrolle eingerumt. Diese Phase ging nun zu Ende und kreierte bei den auenpolitischen Eliten in beiden Hauptstdten Anpassungsprobleme, weil Macht- und Statusverlust drohten. Die deutsche Seite, Kohl und Genscher, hatte ihre Sache zweifellos gut gemacht. Vom Glck begnstigt, weil alle beteiligten frheren Siegermchte der Meinung waren, die deutsche Vereinigung liee sich sowieso nicht verhindern, sollte es schnell aber geregelt vonstatten gehen. So geschah es dann auch, und die deutsche Seite konnte als Gewinner die Boshaftigkeiten aus Paris und London freundlich ignorieren. Was knnte die Machtverschiebung deutlicher ausdrcken als die wohlwollend-herablassende Vernachlssigung von bedeutungslosen kleinen Querschssen bei der deutschen Vereinigung.