419215320495710 - wordpress.com · 2017. 7. 7. · flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de,...

34
'1921 53 204957' Ausgabe 10/20151 4,95 EUR www.compact-online.de 419215320495710

Upload: others

Post on 25-Aug-2020

0 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

'1921

53

2049

57'

Ausgabe 1 0 /2 0 1 5 1 4 ,9 5 EUR w w w .c o m p a c t -o n lin e .d e

419215320495710

Page 2: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

Widerstand in Hippie-Land

COMPACT Editorial®

Deutschland im Taumel: Wildfremde Menschen lie­gen sich in den Armen und begrüßen die Flüchtlings­züge mit Blumen, Obst und Küsschen, so w ie 1940 die vom Frankreich-Feldzug heimkehrenden Wehrmachts­kolonnen bejubelt wurden. Die - ganz ohne Joseph Goebbels - gleichgeschalteten Medien trompeten die Siegesmeldungen in Sondersendungen hinaus w ie weiland der Reichsrundfunk. Das Oberkommando der Wehrlosmacher verkündet die Triumphe über Btmkel- deutschland: Einmarsch der Neusiedler in München, in Dortmund, in Berlin. Dresden w ird zur Kapitulation aufgefordert. «Deutschland verhält sich w ie ein Hip­pie-Staat, der nur von Gefühlen geleitet wird,» spot­te t der britische Politologe Anthony Glees.

Aber keine Sorge: Das Sommermärchen w ird zu Ende gehen. In einigen Wochen werden die Flücht­lingsbesoffenen merken, dass die Neuankömmlinge nicht bloß «zu Gast bei Freunden» - so der W M-Slo- gan von 2006 - sind, sondern dass sie für immer hier­bleiben wollen. Eine flotte Fete mit Orientalen mag für manchen attraktiv sein, der die Deutschen für spie­ßig und verklemmt hält. Doch wenn die Party nicht mehr aufhört und die großzügig Eingeladenen schließ­lich die Wohnung des Hausherrn in Beschlag nehmen, könnte schnell Schluss mit lustig sein. Nach dem a fri­kanischen Sommer mit seinen tropischen Temperatu­ren kommt der mitteleuropäische Winter. W ie werden die Landsleute reagieren, wenn der Zustrom w eite r­geht, sogar noch anschwillt? Heinz Buschkowsky, der langgediente Sozialdemokrat auf dem Bürgermeister­sessel in Berlin-Neukölln, prognostiziert bis zu fünf Millionen Zuwanderer pfro Jahr.

Werden sich die Deutschen noch rechtzeitig besin­nen, bevor die frustrierten «Fachkräfte» hierzulande den Arabischen Frühling fortsetzen, der schon ihre Heimatländer in Schutt und Asche gelegt hat? Ein Sedativum gegen das W iedererwachen kritischen Bewusstseins ist schon vorbereitet: Das M u ltiku lti- Establishment w ird behaupten, zur Begrenzung des Zustroms sei eine «Bekämpfung der Fluchtursachen» notwendig. Dann w ird eine wunderbare Scheinde­batte beginnen: Die Falken werden sagen, die Flucht­w illigen würden erst dann zu Hause bleiben, wenn die NATO den «Schlächter Assad» aus dem Amt gebombt hat. Die Tauben werden dagegensetzen, Deutschland müsse seine Waffenexporte stoppen, sonst nähmen die Kriege in Syrien und anderswo kein Ende. Und während sich die Prosecco-Intellektuellen jeder Cou­leur darüber das Maul zerreißen werden - unter Beachtung der neudeutschen Grundregel: Wer als ers­ter Auschwitz sagt, hat gewonnen - , geht der Ein­marsch der Kolonisten aus aller Herren Länder mun­ter weiter.

Beteiligen w ir uns nicht an diesem Quatsch-Dis- Chefredakteur Jürgen Elsässer.

kurs! Wenn das Haus in Flammen steht, ist die Suche Foto: Jörg Grundier

nach den Brandursachen ein gefährlicher Luxus - denn jede Hand w ird zum Löschen gebraucht. Selbst­verständlich darf sich Deutschland an keinem Krieg der Yankees beteiligen - diese haben ja erst die Feuersbrunst entzündet, die je tzt auf Europa über­greift. Aber bevor w ir für andere W eltregionen, wo w ir ohnedies nichts zu melden haben, Friedensvor­schläge austüfteln, sollten w ir das eigene Land schüt­zen. Die Parole heißt: Grenzen dicht. Asyl kann nur noch in den deutschen AuslandsvertretungggjDean- tragt werden. T

V

Natürlich w ird unsere Vasallen-Regierung, cjie im Dienste der amerikanischen G lobalsten steht, keinen Schritt in diese Richtung gehen. Deshalb muss sie gestürzt werden. Handhabe dazu gibt das Grundgesetz in Artikel 20,4: «Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.» Gilt das nicht erst recht, wenn nicht nur die Demokratie, sondern sogar das Volk beseitigt und durch ein anderes ersetzt werden soll?

Page 3: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

COMPACT Zitate des Monats ®

M erkel erregt - Sel fie m it einem ihrer neuen Freunde. Berlin 10.9.2015 Foto: picture alliance/dpa

Die Königin der Schlepper

Mutti Multikulti

«In der Flüchtlingsfrage geht Deutschland mit gutem Beispiel voran (...) Binnen Wochen hat sich Merkels Image gewandelt: vom Hit­ler-Zerrbild der Griechen zu "Mama Merkel, M utter der Verstoßenen".» (Washington Post,3.9.2015)

Hormonstau

«So etwas kommt leider vor, wenn so viele Menschen auf engem Raum Zusammen­leben.» (Kommentar eines Beamten des Landes­verwaltungsamtes zur Massenschlägerei im Suhler Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015)

Null Problemo

«Deutschland stehe vor einer großen Herausfor­derung, sagte der Innenminister. Aber: "Über­fordert ist Deutschland mit dieser Entwicklung nicht."» (Leipziger Volkszeitung, 20.8.2015)

Sachsen raus!• &

«Seit Monaten ist Sachsen das unsym­pathischste deutsche Bundesland; es macht SchlagzeilenTnit Pegida, Rechtsextremismus und Übergriffen auf Flüchtlinge. W ird es nicht Zeit % einen Säxit - den Austritt der Sach­sen aus der Bundesrepublik?» (Zeit Online,21.8.2015)

Legal, Illegal, scheißegal

«Wir werden uns überall auf Veränderungen einstellen müssen: Schule, Polizei, Wohnungs­

bau, Gerichte, Gesundheitswesen, überall! Ich rede da auch über eine Grundgesetzänderung. Und das alles muss sehr schnell gehen, bin­nen Wochen!» (Innenminister Thomas de Mai- zière, CDU, tagesspiegel.de, 2.9.2015)

Grüne Verwertungskette

«Es werden auch Menschen kommen, die nicht unmittelbar verwertbar sind.» (Claudia Floth, Bündnis 90/Die Grünen, ZDF-Talkshow Men­schen bei Maischberger, 8.9.2015)

NATO-Mlmimi

«Der klare Unterschied zwischen den Aktio­nen der NATO und Russland ist, dass die NATO ein defensives Bündnis ist, während Russland Truppen in benachbarte Länder geschickt hat und damit droht, Nuklearwaffen in der Nähe der Grenzen der Allianz zu stationieren.» (NATO-Sprecherin Carmen Bo mero, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.8.2015)

Zionisten-Flipper

«Israel traut man im Nahen Osten fast alles zu. Sogar Delphine würden zu Spionagezwecken eingesetzt, behauptete jetzt die in Gaza regie­rende Hamas. Nach einem Bericht (...) fingen Mitglieder des bewaffneten Arms der islamisti­schen Organisation einen Delphin, der mit einer ferngesteuerten Kamera und einer Abschussvor­richtung für Pfeile ausgestattet gewesen sein soll.» (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.8.2015)

Gender-Giktatur

«Es war im März, als ARD-Moderator Frank Plasberg in seiner ARD-Sendung «Hart aber fair» (...) über das Thema Gleichberechtigung diskutierte. Jetzt hat die ARD die Sendung von damals aus der Mediathek geschmissen. Der WDR-Rundfunkrat soll empfohlen haben, die Aufzeichnung zu löschen, nachdem sich Frau­enverbände über Sexismus beschwert hat­ten.» (huffingtonpost.de, 22.8.2015)

Die antideutsche Leier

«Der hässliche Deutsche ist zurück. Scharf­macherisch im Ton, unerbittlich gegenüber Griechenland, entwürdigend im Umgang mit Flüchtlingen.» (Tageszeitung Online, 27.8.2015)

Er hat Neger gesagt!

«Roberto Blanco war immer ein wunderbarer Neger, der den meisten Deutschen wunder­

bar gefallen hat.» (Der Innenminister von Bay­ern Joachim Herrmann, Talkshow Hart aber Fair,31.8.2015)

Mullahcaust

«Nazi-Deutschland brauchte sieben Jahre, um sechs M illionen Juden umzubringen. Ein ato­mares Iran würde einen Tag benötigen.» (Dick Cheney, Vizepräsident unter George W. Bush, Frank­furter Allgemeine Zeitung, 9.9.2015)

Gender-Überraschung

«Zwei Jahre lang lebte eine Britin in einer glücklichen Beziehung mit ihrem Freund. (...) Wenn sie m iteinander schliefen, legte sich seine Freundin eine Augenbinde an. ( ...) Seit sich die beiden (...) verliebt hatten, funktio­nierte es so. Bis Kyes Freundin während eines Beischlafs (...) die W ahrheit entdeckte. Sie nahm die Augenbinde ab - und sah eine Frau vor sich. Die Person, die sie Kye nannte, pene­trierte sie mit einem Sexspielzeug.» (huffington- post.de, 9.9.2015)

OFB voll schwul

«Wohl um ein Zeichen gegen Homophobie im Fußball zu setzen, hat man sich bei der EM- Quali entschieden, bei den Einblendungen ein (..) ultraschwules Herrenoberteil, eingebettet in eine Herzform, zu zeigen. ( ...) Toll ! Ich sag's doch: Schwul ist das neue Hetero. Und Jogi mittendrin. Zur EM gibt's dann Bälle mit Penis­aufdruck, und die Werbebanner zeigen Gay- Romeo-Reklame. Begeistert gebe ich zurück in das queere Berlin!» (Tageszeitung Online,9.9.2015)

#mundaufmachen

OHNE BUNTE VIELFALT GIBT ES NUR BRAUNE FUSCHEN.

NULL ABLEHNUNG. 100% VIELFALT

Geschmackssache: Bierwerbung a u f politisch korrekt- wohl bekommt's! Foto: Twitter

Page 4: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

Königin der Schlepper_ von Jürgen Elsässer

M u tti ru ft - und alle, a lle kommen. Illegale vor dem Buda pester Ost­bahnhof am 4. September.Foto: picture alliance/dpa

Angela Merkel ist die Ikone für Millionen, die sich auf den Weg nach Deutschland gemacht haben. M it unverantwortlichen Versprechungen lockt sie Menschen aus allen Kontinenten in das vermeintliche Schlaraffenland Alemania. Der große Volksaustausch ist in vollem Gange.

Plötzlich waren sie da, die Merkel-Poster: Anfang September tauchten sie zum ersten Mal vo rdem Hauptbahnhof in B udape^auf, angeblich von Syrern getragen. Dann sah man sie bei den Marschkolon­nen auf den Autobahnen. Großformatig. Im Laser­druck hergestellt. Haben die findigen Fachkräfte sie selbst produziert? Oder wer hat sie ihnen in die Hand gedrückt?

Schnell verbreiteten sich die Ikonenbildchen auch über Facebook und Twitter. Die Kanzlerin wurde als «mitfühlende Mutter» oder als «Heilige» betitelt. «Wir lieben Dich» stand bei einigen auf arabisch darun­ter. «Das ist auch eine Spitze in Richtung des syri­schen Regimes, dessen Anhänger mit diesem Satz Bil­der des Gewaltherrschers Baschar al Assad beschrif­teten», freute sich die Frankfurter Allgemeine. Aber nicht nur in Damaskus, so w ird suggeriert, ist die deutsche Regierungschefin zur heimlichen Führerin der Opposition aufgestiegen - auch in Bagdad sah man Poster mit ihrem Konterfei unter der Überschrift «The Iraqi People Thanks You.» Die W elt berichtete flankierend: «Angela Merkel g ilt zwischen Euphrat und Tigris als Beispiel für gute Regierungsführung.» Und: «Demonstranten in Bagdad drohen mit der Ausreise, wenn sich in ihrem Land nichts ändert.» Man fühlt sich

an den Herbst 1989 erinnert, als DDR-Bürger auf den Straßen von Leipzig und Dresden ihrer Staatsspitze dasselbe Ultimatum stellten und m it einer massen­haften Flucht zunächst den Fall der Mauer, dann den Sturz Erich Honeckers und schließlich die Wiederver­einigung erzwangen. Da kaum anzunehmen ist, dass sich demnächst der Nahen Osten der Bundesrepu­blik anschließen w ird, dürfte der Bruderbund, vy o h I per pedes vollzogen werden: M illionen Unzufriedene aus den «failing states» marschieren zu uns. Zur Vor­bereitung könnten sie einen Slogan von 1989 abvvän- deln: «Kommt die Merkel, bleiben wir, kommt sie nicht,kgeh'n w ir zu ihr.» Der arabische Frühling, der vor Ort in einem blutigen W inter geendet hat, könnte dann Deutschland zum Erblühen bringen. Prost Mahlzeit!

Magnet Merkel K-•i

Wer ein bisschen nachdenkt, w ird schnell festste l­len, dass der exorbitante Anstieg der F lü ch tlin g s ih ­len im laufenden Jahr nichts mit zunehmender Not und Bedrängnis in den Herkunftsländern zu tun hat: Es ist 2015 kein Krieg neu ausgebrochen, den es nicht schon in den Vorjahren gegeben hätte - außer im Jemen, von wo aber kaum Asylbewerber kommen. Auch gab es keine Naturkatastrophen oder ökonomi-

'I ár ;L i ü

«Sie ist besser als du!» skandierten Irakerin Bagdad Anfang Septem ber gegen ihren Außenminister Ibrahim al-Dschafari. Gleichzeitig drohten sie m it ihrer Ausreise nach Deutsch­land. Foto: Birgit Svensson

Der Arabische Frühling kommt jetzt zu uns.

@h

Page 5: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

COMPACT Titelthema®

Buschkowsky geht von fünf Millionen Asylanten pro Jahr aus.

Spiegel 36 /2015. Foto: spiegel.de

sehen Zusammenbrüche - die W irtschaft im Nahen Osten ist so schlecht w ie eh und je, in Ägypten gibt

’ es sogar einen kleinen Aufschwung. Dass die Men- * sehen nicht von anderen zu uns getrieben, sondern I vielmehr von unserer eigenen Regierung gelockt wer- ; den, ergibt sich schon allein aus der Tatsache, dass

, • etwa die Hälfte aller in der EU Ankommenden gezielt nach Deutschland wollen. (Wobei dies der Anteil im

: ersten Halbjahr 2015 ist; seit dem Auguststurm dürfte , der Prozentsatz stark gestiegen sein.) Der w ichtigste Pull-Faktor ist allgemein bekannt; M it Ausnahme von

, / Dänemark und Schweden erhält ein Asylbewerber nir­gends soviel Geld w ie in Deutschland. Es dürfte sich

i zwischen Tripolis und Kobane ebenfalls herumgespro- Vchen haben, dass der Satz am 1. März dieses Jahres aulnunm ehr knapp 360 Euro pro Monat deutlich ange­hoben wurde und dass in überlasteten Kommunen wie Berlin gleich drei Raten im Voraus gezahlt werden.

Damit nicht genug: Als die Ungarn dank eines neuen Zauns ihre Grenze gerade neu befestigt hatten, fiel ihnen Merkel in den Rücken. Am 24./25. August ließ die Bundesregierung durchblicken, dass Deutsch­land Syrer künftig auch dann als Asylbewerber aner­kennen werde, wenn sie über ein anderes Land ein- reisen - ein klarer Bruch des Dublin-Abkommens, das eine Registrierung im jeweiligen Ankunftsstaat fest­legt. Damit hatte Merkel die Syrer «an den gedeckten Tisch eingeladen» (Premier Viktor Orbán). Die unmit­telbare Folge: Am 26. August wurde die ungarische Südgrenze erstmals großflächig überrannt, Tausende brachen aus Auffanglagern aus und machten sich auf den Weg nach Budapest. Ein schwunghafter Handel m it syrischen Ausweispapieren, echten und gefälsch­ten, setzte ein - Emigranten jeder Nationalität sahen sie ab sofort als Eintrittskarte für das gelobte Land.

Die Illegalen in Budapest kennen nur einen Schlachruf: «Germany, Germany». Foto: picture alliance/dpa

Rainbow Nation

D er Spiegel begrüßt M assen­zuwanderung als Treibkraft der Umerziehung: «Die Massen sind eine Belastung; aber auch eine Chance. Sie zwingen das Land, welto ffener zu werden, großzü­g ig e r - und ein bisschen chao­tisch.»

Zielpunkt für ein «neues N atio­nalkonzept» ist die «Rainbow Nation» - ein Begriff, m it dem sich Südafrika selbst definiert. Soll das wirklich unser Vorbild sein - eine tiefgreifend zerris­sene Gesellschaft, die eher mul­tikriminell als multikultureli ist? D er Spiegel räumt salopp ein, das Konzept «funktioniert dort nicht sonderlich gut, das muss man zugeben. Aber deshalb ist die Idee nicht schlecht».

Auch Bundespräsident Joachim Gauck w ill «die Nation neu de­finieren». Er hält es für einen Vorteil, «wenn sich noch mehr Menschen als bisher von dem Bild einer Nation lösen, die sehr homogen ist, in der fast alle Menschen Deutsch als M utter­sprache haben, überwiegend christlich sind und hellhäutig». Letztere verkörpern für Gauck vermutlich das böse «Dunkel­deutschland»

Es kommt einem in den Sinn, was Bertolt Brecht nach dem 17. Juni 1953 der SED-Führung hinterherspottete: «W äre es da nicht doch einfacher, die Re­gierung löste das Volk auf und w ählte ein anderes?"

Bemerkenswert waren auch die Worte, die Mer­kel zu den kriminellen Schleppern fand. Als am 27. August 71 qualvoll erstickte Flüchtlinge in einem Kühl­wagen auf einer österreichischen Autobahn entdeckt wurden, war sie von dieser «entsetzlicher] Nachricht» zwar furchtbar betroffen. Aber ihre Analyse des Ver­brechens war skandalös: Die Menschen hätten ster­ben müssen, «weil sich Schlepper um die ihnen anver­trauten Leben» nicht «gekümmert» hätten. Als ob das nicht eiskalte Killer wären, die für den Maximalpro­fit über Leichen gehen - sondern unvorsichtige Hel­fer, die ihrer Obhutspflicht nicht nachkamen! Ihre sen­sible W ortwahl in diesem Fall muss man vergleichen mit dem Fluch, den sie gegen ihre andersdenkenden Landsleute schleuderte: «Keine Toleranz» forderte sie nämlich nicht nur gegenüber Gewalttätern, sondern auch gegenüber friedlichen Demonstranten. «Und es ist ist genauso beschämend, w ie Bürger, sogar Fami­lien m it Kindern, durch ihr M itlaufen diesen Spuk unterstützen», kommentierte sie am 24. August die Proteste im sächsischetl Heidenau. Die «ganze Härte des Gesetzes» - so die Formulierung von Innenminis­ter Thomas de Maizère - w ird nicht den Schleppern, sondern den Asylkritikern angedroht.

Der große Austausch

Auch als der Zustrom am ersten Septemberwo­chenende alle Rekorde brach, schaltete Merkel den «großen Magneten» (Die Presse, Wien) nicht ab. Ganz im Gegenteil: Sie verbreitete noch mehr paus­bäckige Zuversicht («Wir schaffen das») und ließ für 2016 zusätzliche sechs M illiarden (zu den im laufen­den Jahr bereits über zehn M illiarden) Euro Steuer­gelder für die Flüchtlingsindustrie bewilligen. Asylbe­werber aus dem Westbalkan sollen zwar künftig abge­wiesen werden - aber dafür wurde ihnen Zugang zum Arbeitsmarkt in Aussicht gestellt. Vizekanzler Sig­mar Gabriel verkündete, Deutschland könne 500.000 Flüchtlinge pro Jahr auch künftig verkraften. Warum aber sollte es angesichts gedeckter Tische bei einer halben M illion bleiben? Warum sollten die herzlich Begrüßten des Jahres 2015 nicht 2016 ihre Großfami­lien nachholen? Eher stimmt die Prognose des ehe­maligen Neuköllner Bürgermeisters Heinz Buschkow­sky (SPD), der von fünf M illionen Zuwanderern pro Jahr ausgeht.

W ie wenig von «Bereicherung» die Rede sein kann, zeigt die Migrationsbilanz des Statistischen Bundes­amtes für 2014, die am 3. September veröffentlicht wurde: Demnach sind 1,46 M illionen Menschen nach Deutschland zugezogen (einschließlich der 203.000 Asylbewerber). Dem stand eine Abwanderung von 914.000 Personen gegenüber - in der großen Mehr­heit Deutsche, aber auch viele Türken. Man darf ver­muten, dass es sich dabei um Leistungsträger handelt, die dem zunehmenden Chaos in Deutschland und dem Zugriff des defizitären Fiskus entkommen wollen. ■

Page 6: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

Wie der Dschihad nach Europa kam_ von Jürgen Elsässer

Die Grenzwächter haben die Waffen gestreckt nun ist der Weg ins Herz des Kontinents frei: Seit Mitte August kennt die Völkerwanderung kein Halten mehr. Terroristen verbergen sich unter den Schutzsuchenden und warten auf ihre Stunde.

»Von diesem Sturz erbebt^as Abendland. Schreck­haft hallt die Nachricht w ider Rom, w ie ein warnen­der Donner rollt sie nach Frankreich, nach Deutschland hinüber, und schaudernd erkennt Europa, dass dank sei­ner dumpfen Gleichgültigkeit durch die vergessene Tür, (...) eine schicksalhaft zerstörende Gewalt hereingebro­chen ist, die jahrhundertelang seine Kräfte binden und lähmen wird.» So schrieb Stefan Zweig in seinem Buch Sternstunden der Menschheit über den schicksalshaf­ten 29. Mai 1453 - den Tag, an dem das christliche Byzanz von den Osmanen erobert wurde. Die letzte Fes­tung, die cî!e muslimischen FHeere bis dahin gebunden hatte, kapitulierte damit - in der Folgezeit sollten die Eroberer bis vor die Tore Wiens marschieren.

Vom Fallen der Dominosteine»

Dieses Mal öffnete Europa seine Tore dem M il­lionenheer, ohne dass die Waffen sprachen. Die Ver­teidiger gaben den Weg frei, und nicht ein einziger Schuss fiel. M itle id und Barmherzigkeit hielten sie zurück - wer mochte auf Menschen schießen, die Elend und Kriegsverheerung entkommen waren, w ie sie angaben?

Die Historiker werden sich in späteren Zeiten strei­ten, wo der entscheidende Durchbruch gelang. War es auf den griechischen Inseln? Dort kamen von der nahen türkischen Küste beinahe im Stundentakt die Schlauchboote an - von der griechischen Marine war w e it und breit nichts zu sehen. In glühender H itze^p ;- teten die Menschen im Stadion von Kos oder an tie { Promenade von Lesbos, bis große Fähren aus AthenJ kamen, tobten gegen die Registrierung durch Beamte und prügelten sich untereinander um die besten Plätze, Unter den armen Opfern, als die sie unsere Medien präsentierten, erkannte man schon bei dieser ers­ten Berührung mit der europäischen Zivilisation bru| tale Gewaltmenschen. «Horden von illegalen Einwan­derern stürmten eine Polizeistation auf Kos und v e r ­letzten dort mehrere Polizeioffiziere», berichtete eine': englischsprachige griechische Zeitung. Der Bürger-f meister der Insel, Giorgos Kyritsis, warnte: «Wenn die 1 Situation sich weiter verschlimmert, ist ein Blutbad^ unausweichlich.» Bevor es zum Äußersten kam, ließ* man die Massen auf die Schiffe. Wer in Athen anlan­dete, für den war der Weg nach Norden frei. Die Regie­rung unter dem durch Betrug an den eigenen Wählern geschwächten Alexis Tsipras bestand in jenen Tagen

Gevgelija: Auch anim iert von Nachrichten bereits Angekom mener überrennen w eitere sogenannte Flüchtlinge die Grenze nach Mazedonien. Dort beginnt die Balkanroute nach Deutschland.Foto: picture alliance/dpa

«Dann ist ein Blutbad unausweichlich.»

Illegale recken am Frank­furter Hauptbahnhof die Finger zum Siegeszeichen. Foto: Twitter

Page 7: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

COMPACT Titelthema®

Refugees welcome!

Der deutsch-türkische Kaba­rettist Serdar Somuncu spottet über die großen W illkom mens­feiern für ankommende Asylbe­werber. Auszüge:

«Die Anteilnahme m it Flüchtlin­gen artet in ein Selbstdarstel­lungsspektakel aus. Das ist so lächerlich.

Immer diese Extreme. Erst ge­gen Ausländer sein und alles, w as fremd ist, unter Generalver­dacht stellen, jahrelang nix m it­bekommen, wenn eine Naziban­de durchs Land zieht und Leu­te auf offener Straße killt, und dann Kehrtwende um 180 Grad, und alle Flüchtlinge sind plötz­lich gut, der Islam gehört zu Deutschland, V ielfalt ist super, blablabla. W ir singen zusam­men im Flüchtlingschor gegen Ausländerfeindlichkeit und den bürgerlichen Nazimob: "W ir la­gen vor Lampedusa und hatten keinen Pass an Bord."

W as kotzt mich m ittlerw eile die­ser Common Sense von W ill­kommenskultur an. Hauptsa­che, alles in einen Topf w erfen und schön verallgemeinern. Re­fugees welcome! W er jetzt? Nur die guten oder auch die bösen? Egal! Hauptsache mitmachen. Letztes Jahr war's noch die Ice- bucketchallenge, jetzt sind es die Flüchtlinge.»

( Wirtschaftswoche Online,8.9.2015)

Asyl-Lobbyisten am Frankfurter Hauptbahnhof. Solche Bilder greift das Fernsehen dankend auf.Foto: Screenshot ARD

Immer sind die Sicherheitskräfte schuld, nie die Asylanten.

©

nur noch auf dem Papier und war lediglich darauf bedacht, die Ankommenden möglichst schnell nach Norden durchzuschleusen - an die Grenze zu Mazedo­nien. Der kleine Balkanstaat ist den Hellenen seit sei­ner Neugründung 1991 ein Dorn im Auge, da er schon mit seinem Namen an das Weltreich des großen A le­xander erinnert, dessen Erbe auch Athen beansprucht.

Die Regierung in Skopje handelte zunächst ta t­sächlich w ie die eines souveränen Staates: Sie ver­teidigte ihre Grenze gegen die illegalen Einwanderer. Zur Konfrontation kam es beim Städtchen Gevgelija: Die Polizei sicherte die Grenzen unter Einsatz von Trä­nengas - 4.000 Flüchtlinge saßen im Niemandsland fest. Am 21. August wurde ein Beamter von einem Migranten erstochen - das konnte man aber nicht in deutschen, sondern nur in österreichischen Medien lesen. Am nächsten Tag nützte die Masse das humani­täre Entgegenkommen der Grenzschützer: «Nur w eni­gen Familien mit kleinen Kindern hatte die mazedo­nische Polizei laut Medienberichten die Weiterreise erlaubt. Dies soll das Chaos an der Grenze ausgelöst haben, da die Menge nachdrängte.» (zeit.de)

Fast zur selben Zeit, am 19.8., entlud sich die Gewalt auch 2.000 Kilometer w eiter nördlich im thü­ringischen Suhl. Über 100 Asylanten verwüsten zuerst ihr Heim inklusive der dortigen Polizeistation, dann stachen sie davor mit Messern aufeinander ein, dann gingen sie mit Knüppeln auf Polizei und TV-Teams los, dann zogen sie in die Innenstadt. Die örtliche Poli­zei wurde mit dem Mob nicht fertig, musste Hundert­schaften aus Erfurt und aus Bayern zu Hilfe holen. Die Resonanz in der bundesweiten Öffentlichkeit war bescheiden, man w ollte sich die Sommerlaune inklu­sive W illkommenskultur nicht verderben lassen.

M ittlerweile waren die Flüchtlinge auf der Balkan­route - nach dem schnellen Durchzug durch das von NATO und EU in jeder Hinsicht kastrierte Serbien - an der ungarischen Grenze angekommen. Der Zaun dort

Vergebliche Schlichtung durch die griechische Polizei in Idomeni. Foto: picture alliance/A P Photo

war zwar noch nicht ganz fertig, dennoch erlaubte er den Behörden, viele der Ankommenden abzufangen und zur Registrierung in Durchgangslager zu bringen. Das nützte wenig: Videoaufnahmen zeigen, w ie junge Män­ner im Camp Debrecen gegen die Polizei wüten, die zag­haft mit Pfefferspray und Tränengas antwortet. Immer größere Pulks brechen aus und machen sioh auf den Weg nach Budapest, wo sie die Züge Richtung Öster­reich stürmen. Seit Anfang September holen Busse immer wieder im Auftrag der Regierungen in Wien und Berlin die Neusiedler aus Ungarn ab, das ist bequemer.

Europa schläft

Werden Gewaltausbrüche w ie in Kos, Lesbos, Gevgelija und Debrecen überhaupt in unseren Medien gezeigt, sind die Schuldigen in aller Regel die jew ei­ligen Sicherheitskräfte, die herzlos auf veralteten Regularien w ie Pässen, Registrierung und Grenzen

- kurz: auf nationale Souveränität - beharrten und dadurch die Flüchtlinge provozierten. Diese erschei­nen als bemitleidenswerte Zeitgenossen, und unrea­listisch oft flimmern Frauen und Kinder über unsere Mattscheiben. Die Botschaft, dass von diesen Men­schenmassen keine Gefahr ausgehe, unterstrich Anfang September auch Gerhard Schindler, der Chef des Bundesnachrichtendienstes. Es seien «keine Ter­roristen unter den Flüchtlingen», zitierte ihn die Bild. Woher er das so genau weiß?

Das Gegenteil war zur selben Zeit im Daily Express zu lesen: Ein anonymer Kader des Islamischen Staa­tes (IS) brüstete sich damit, die Dschihadisten hät­ten bereits 4.000 Schläfer über die Asylrouten nach Europa gebracht. Ein türkischer Schmuggler behaup­tete, er allein habe zehn ausgebildete IS-Kämpfer geschleust. Bereits Ende Juni konnte man der Welt entnehmen, dass vor allem die bulgarische Mafia bei der Beschaffung von Papieren behilflich sei. Ein Syrer aus dem Aufnahmelager Eisenberg in Thüringen erzählte dem Blatt, fünf dort untergebrachte Asylan­ten hätten ihm gestanden, auf Weisung des IS Asyl beantragt zu haben und «auf w eitere Befehle» zu warten.

Wer gegenüber diesen Medien skeptisch ist, wofür es gute Gründe gibt, glaubt vielleicht Jürgen Todenhö- fer. Er war zu Jahresende 2014 im IS-Gebiet und fragte einen deutschen Gotteskrieger, ob die Terrortruppe eines Tages auch Europa erobern wolle. Der antwor­tete: «Nicht w ir wollen, nein, w ir werden.» Der Kon­vertit zitiert Abu Mohammed al-Adnani, den offiziel­len IS-Sprecher, mit einer Weisung an die Muslime in westlichen Staaten: «Nehmt Bomben, sprengt sie in die Luft. Oder stecht sie ab mit dem Messer. Und wenn ihr das nicht könnt, dann spuckt denen wenigs­tens ins Gesicht.» ■

14

Page 8: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

Die Macht der Bilder_ von Marc Dassen

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte, heißt es. Falsch! Erst die Kommentierung gibt dem Schnappschuss seinen Kontext, alleine transportiert er nur die Emotion des Moments, die die Medien gerne zur Stimmungsmache benutzen. Der Fall Aylan Kurdi zeigt, w ie es geht.

Wehrlos, hilflos, leblos liegt der Leichnam eines Kleinkindes im nassen Sand der türkischen Strand­promenade von Bodrum. Die Arme eng am Körper, die kurzen Beine angewinkelt. Leicht streicht die flache Brandung um das kleine Köpfchen eines jun­gen Menschen, der sein Leben noch vor sich hatte. Das Bild strahlt eine unerträgliche Hoffnungslosig­keit aus, weckt unwillkürlich tiefstes M itgefühl. Es würde einem den Magen umdrehen, wäre man an der­lei Gräuel nicht schon so furchtbar gewöhnt. Täglich ereignen sich in den Kriegs- und Krisenregionen der W elt Tragödien und Verbrechen. Die meisten schaf­fen es nicht in die Schlagzeilen, geschweige denn auf die Titelseiten. An diesem 3. September aber beginnt eine Kampagne, die sich ein einzelnes Opfer heraus­pickt, um es ins Scheinwerferlicht der W eltö ffen tlich­keit zu zerren - Timing und Begleitmusik offenbaren die Agenda: Den Asylkritikern sollen ihre Argumente im Hals stecken bleiben.

Der 3-jährige Aylan war der jüngste Sohn der kur­dischen Familie Kurdi. Aus ihrer zerstörten Heimat Syrien bricht sie in die benachbarte Türkei auf, flieht vor den Söldnern des Islamischen Staates (IS), so heißt es. Auf ihrem Weg nach Westen sind Aylan, sein Bruder Galip (5) und die M utter Rehan (35) im M itte l­meer ertrunken, als das Schlauchboot kenterte. Allein der Vater Abdullah (40) überlebte die von skrupello­sen Schleppern organisierte Überfahrt von der Küste der türkischen Urlaubsregion Bodrum zur griechi­schen Insel Kos. Das ist die Kurzfassung - doch einige Details irritieren: Der Familienname lautet nicht Kurdi, sondern Shenu, w ie der Sender al-Dschasira und die englische Gazette The Telegraph m itteilten. Bild und BerlinerZe itung iBZ) berichteten, dass die Familie vor gut einem Jahr aus der zerstörten syrischen Stadt Kobane geflohen sei - also in Sicherheit war. Der tür­kische Bezirksbürgermeister Ekrem Aylanc sagte dem britischen Sender BBC sogar, dass sie bereits vor drei

Jetzt sind w ir alle Syrer: Bei einer Demontration in Paris am 5. Septem ber 2015 hält ein Asyl- Aktivist das verstörende Bild des ertrunkenen Aylan in die Kamera. Darunter steht: «Assad und ISIS haben mich getötet.» Foto: Screen­shot YouTube

«Kann ein einziges Foto die Welt ver­ändern?» Bild

Die internationale Presse setzt a u f die M ach t der Bilder - Tote Kinder bringen Auflage. Foto: EPA/Andy Bain

COMPACT Titelthema®

T h e real c o s t o f Britain's risin g

Europemí'xh-'setl hy

B<><Iigs °f infants washed up °" beacJ 3 î = Â S : r W Ê Ë 1 " " e r - , t -

--•-T - ~ I : v ;; ■ ' . Th* I*««*, 1 ~rcm öf

7 '*--£*-> I yr? ' - “■ •* • I i Ji .....'» Wivfrl.

Page 9: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

COMPACT Titelthema®i

Trickbilder: Was sehen Sie?«Die Zeit» kommentierte das Bild links m it «Flüchtlinge wehren sich am Bahnhof von Bicske dagegen, abgeführt zu werden.» Tatsächlich hatte der hysterische M ann die Frau m it Kind selbst zu Boden geworfen. Die Polizisten versuchen ihn von der hilflosen M u tte r herunterzu zerren.

Das rechte Bild ze igt ebenfalls etw as völlig anderes, als die «Ber­liner Zeitung» den Leser glauben machen will. Sie schreiben: «Unga­rische Polizisten nehmen in Bicske eine Frau und ihr Baby fest.» Das ungeschnittene Video enthüllt: Die Beamten helfen ihr w ieder auf, nachdem sie von dem M ann im Bild links zu Boden gerungen wurde. Foto: Screenshot SBF

_Marc Dassen ist Redakteur bei COMPACT-Magazin, In der Ausgabe 9/2015 schrieb er über eine Polizei- Software zur Tütalüberwachung, Predictive Policing, die gerade weltweit in der Testphase Ist,

Jahren in die Türkei eingewandert seien - lange bevor der IS sich in Syrien ausbreitete. Abdullah soll nach eigenen Angaben in Syrien entführt und gefoltert wor­den sein - sowohl von Assads Truppen, als auch durch IS-Kämpfer. Dabei seien ihm «nahezu alle Zähne gezo­gen» worden, so die BZ. Abdullahs Schwester Fatima Kurdi, die in Kanada lebt, sagt dazu, dass er sie um «14.000 Euro und mehr» gebeten habe, um sich in Europa Zahnimplantate einsetzen zu lassen. Flat der Vater seinen Sohn tödlicher Gefahr ausgesetzt, um sich medizinisch behandeln zu lassen? W ar dies der Grund für den Aufbruch nach Westen? Die Reise habe die Familie nur deshalb angetreten, weil deren Asyl­gesuch in Kanada abgelehnt worden sei, so Fatima. Dem w iderspricht die kanadische Einwanderungs­behörde, die nie einen Antrag bekommen haben w ill.

Operation Psvchokrieg

Für solche Widersprüche interessieren sich die deutschen Medien kaum. Die Toten werden als neue Opfer der europäischen Abschottungspolitik, Beweisstücke westlicher Gleichgültigkeit, Symbole der Schande und des Versagens porträtiert. Das Foto des toten Aylan verbreitet sich rasend schnell über den Äther, löst w e ltw e it Trauer und Empörung aus. In kürzester Zeit w ird es millionenfach auf Facebook und Tw itter geteilt, große internationale Zeitungen dru­cken es auf Seite eins. Das Bild tr if f t den Betrachter mitten ins FHerz, doch erst dessen Instrumentalisierung für die Politik der Asylbefürworter landet den Kopf­treffer, macht es zum propagandistischen Werkzeug.

Während Presse, Politik und Prominente ihre Trauer und Bestürzung über das Schicksal des kleinen Jun­gen öffentlich zum Ausdruck bringen, bleibt die Ver­

nunft auf der Strecke. «Kann ein einziges Foto die W elt verändern?», fragt die Bild-Zeitung am 5. Sep­tember 2015. Die italienische Zeitung La Bepubblica bezeichnet die Aufnahme als ein M itte l, «um die Welt zum Schweigen zu bringen». Die spanische Gazette El Periódico sprach sogar vom «Untergang Europas», der sich symbolisch in der gestrandeten Leiche ausdrücke. «Solche Bilder brennen sich in die Netzhaut ein», heißt es bei Spiegel Online. Einzig der Medienethiker Ale­xander Filipovic warnt Im Sp/k/e/-lnterview davor, sol­che Fotos zu missbrauchen, «um die eigenen Leser zu erziehen oder aufzurütteln», doch genau das geschah und geschieht - gnadenlos.

«Wegschauen ist Verrat an der Menschlichkeit.» Bild

Die Bild-Zeitung stieg voll in die Kampagne ein. «Bilder w ie dieses sind schändlich alltäglich gewor­den. W ir ertragen sie nicht mehr, aber w ir wollen, w ir müssen sie zeigen, denn sie dokumentieren das historische Versagen unserer Zivilisation», schreibt sie noch am Abend der Tragödie und fragt, ob «das schreckliche Schicksal des Kindes auch etwas Gutes bewirken», ob es «die W elt verbessern» kann. Man schielt auf den propagandistischen Nutzen der Flücht- lings-Florror-Picture-Show und stellt dabei fest: «Es gab in jeder Krise (...) Bilder, (...) die so stark waren, dass politische und w irtschaftliche Interessen vorü­bergehend in den Hintergrund rückten. Bilder, bei denen Wegschauen einem Verrat an der Mensch­lichkeit glich.»

Page 10: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

COMPACT Titelthema®

Propaganda Passepartout

Die Redaktion des Nachrichtenportals von T-Online brachte die Strategie der Kampagne auf den Punkt, als sie erklärte, gegen wen sie sich zu richten habe. Die Wucht dieses Bildes «soll aufrütteln - und die rechten Hetzer als menschenverachtend entlarven». Die Tra­gik der Bildsprache w ird so zur W affe gegen Anders­denkende. Für den /^A usländskorrespondent Julian Reichelt ist klar, wer die Verantwortung für die Lage in Syrien und für das Elend der Flüchtlinge trägt: «Seit vier Jahren lässt Syriens Diktator Assad Kinder bom­bardieren, foltern und vergasen. (...) Den verzweifel­ten Syrern verweigern w ir seit vier Jahren jegliche Hilfe und jeglichen Schutz.» Die Projektion der W ut auf Assad macht deutlich, w ie hier das Leid eines Kin­des zur Rechtfertigung der nächsten M ilitärinterven­tion benutzt wird.

Durch das Foto gerieten auch europäische Politi­ker unter Zugzwang. Großbritanniens Premierminister David Cameron sah sich veranlasst, sofort eine Stei­gerung der Aufnahmezahlen für Flüchtlinge zu verkün­den. «Jecfêr, der letzte Nacht diese Bilder gesehen hat, konnte gar nicht anders, als bewegt zu sein», gestand er laut Bild. Da,die Familie Kurdi (beziehungsweise Shenu) einen Asylantrag in Kanada gestellt haben soll, ist auch dort, rund einen Monat vor den Parlaments­wahlen, das Flüchtlingsthema ins Zentrum der Debat­ten gerückt.

Ein vergleichbarer Fall von Asyl-Propaganda ereig­nete sich in Ungarn. Nahe der Stadt Bicske, etwa 40 Kilometer westlich von Budapest, kam es Anfang September zu hässlichen Szenen, als Züge, die Rich­tung Österreich fahren sollten, von den ungarischen

Beamten gestoppt wurden. Die Asylsuchenden soll­ten temporär in Flüchtlingsquartiere gebracht und ord­nungsgemäß registriert werden - dann eskalierte die Situation. M it allen M itte ln wollten die dort lagern­den Flüchtlinge ihre Weiterreise nach Österreich und Deutschland erzwingen. «Germany, Germany!»-Rufe erschallten, demonstrativ traten aufgebrachte Rei­sende in den Hungerstreik. «Tötet mich, ich w ill lieber sterben als in ein Lager zu gehen», w ird ein Flüchtling vom Magazin Focus zitiert.

Das Kindchen-Schema

In dieser gespannten Lage scheint einem der Asyl­suchenden plötzlich eine Idee gekommen zu sein, w ie er den versammelten Journalisten die passenden Bil­der liefern kann - oder gab es eine Absprache? Die Szene: Eine Frau sitzt mit ihrem Säugling im Arm auf dem Bahnsteig, diskutiert m it Polizisten und klagt ihnen ihr Leid. Da springt er plötzlich auf, reißt sie zu Boden, drückt sie auf die Gleise und hält sie, w ild ges­tikulierend, dort fest - ganz so, als wolle er den Ein­druck erwecken, er würde angegriffen und müsse sich gegen Polizisten verteidigen, die m it roher Gewalt gegen völlig hilflose Flüchtlinge vorgehen. Als die Beamten den Mann von der Frau, die immer noch ihr schreiendes Baby im Arm hält, herunterzerren und ihn wegtragen, halten die Journalisten drauf.

Der Schweizer Bundfunk (SRF) bemerkte den Betrug wenig später und stellte klar: «Nach der Publi­kation eines Videos vom 3.9.2015 ( ...) gingen ver­schiedene Hinweise bei der Redaktion ein, dass das Video, so w ie es geschnitten wurde, einen falschen Eindruck vermittle. ( . . . (W ir entschuldigen uns für d ie­ses Versehen (...).» Richtigstellungen w ie diese blei­ben eine Seltenheit auf dem Rummelplatz des Sansa- tionsjournalismus. Die manipulierten Bilder eigneten sich bestens dazu, die restriktive Flüchtlingspolitik des ungarischen Premiers Viktor Orbän ins Gerede zu brin­gen. Die Kritik an ihm riss in der Folge nicht mehr,,ab.

\Das deprimierende Fazit: Ein Bild lügt mehr als taiJt

send Worte - wenn es aus dem Zusammenhang geris­sen und dazu verwendet wird, an die Gefühle zu appel­lieren, ohne zu informieren; wenn es einer bestimmt ten Politik dienstbar gemacht w ird, die mit dem Bild selbst und dem Leid der Angehörigen nichts zu tun hat. Wer den Krieg w ill, setzt Kinderleichen in Szene, wer den Wahlsieg w ill, lässt sich mit Kindern ablichten: Im Marketing nennt man es das Kindchen-Schema + das w irkt, weil es Urinstinkte anspricht. Wenn man? aber schon solche Bilder zeigen w ill, dann darf man! nicht selektiv vorgehen: Dann müssen auch die toten Kinder aus dem ostukrainischen Donbass, die zerfetz'1 ten Leichen des Gaza-Kriegs, die anonymen Opfer der US-Drohnen und der US-Verbündeten in Syrien auf die Titelseiten. Genau das aber passiert nicht - weil es nicht im westlichen Interesse liegt. ■

Propaganda mit Kinderleichen

Die «Brutkastenlüge» aus dem zweiten Golfkrieg ab 1990 leite­te den Krieg gegen Iraks M acht­haber Saddam Hussein ein. Da malte eine von amerikanischen PR-Spezialisten ausgebilde­te Kronzeugin das Bild von ira­kischen Soldaten, die in Kuwait Säuglinge in Entbindungsstatio­nen getötet haben sollen. Hin­terher stellte sich heraus: Die Zeugin w ar die Tochter des ku- waitischen Botschafters.

Am 7. April 1999 tite lt die Bild- Zeitung zum Krieg gegen das Jugoslawien Slobodan M ilo ­sevics «Schau her, du Mörder! Deine Schergen haben ihre El­tern erschossen» und zeigt ein weinendes, dreijähriges M äd ­chen auf der Titelseite.

Die BBC beschuldigte Syriens Präsident Assad 2012, hunder­te Kinder mit Giftgas getötet zu haben. Das Bild zeigte eine Hal­le voller Leichen - dann melde­te sich der Fotograf: Das Bild w ar 2003 im Irak aufgenommen worden.

Das damals 15-jährige M ädchen Nayirah berichtet am 10. Oktober 1990 unter Tränen vor dem M e n ­schenrechtsausschuss des amerika­nischen Repräsentantenhauses, wie Irakis in das kuwaitische Kranken­haus einfielen und Babies aus ihren Brutkästen holten, um sie a u f dem kalten Fußboden liegend sterben zu lassen. Foto: Screenshot YouTube

Ein Bild lügt mehr als tausend Worte.

i .

Page 11: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

COMPACT Titelthema®* i

«Unsere Gesetze schützen die Schleuser»

V

_ Interview mit Manfred Paulus

Deutschland ist ihr Eldorado: Die Schmuggler transportieren die Menschen nicht nur, sie machen auch danach noch mit ihnen Profit. Insbesondere die albanische Mafia hat ein lukratives Geschäftsmodell entwickelt. Als Kriminalhauptkommissar fahndete unser Gesprächs­partner quer über den Kontinent nach den Kriminellen.

Als Anfangskapital genügt Brutalität.

Die Schmuggelroute über den Balkan. Grafik: COMPACT

Menschenhandel mit Zwangsprostituierten, Menschenhandel mit Flüchtlingen - gibt es Zusammenhänge bei diesen Formen der Schlepperkriminalität?Die Handelswege für Frauen und Kinder haben sich verlagert: Zunächst führten mehrere Routen von den Nachfolgestaaten der Sowjetunion über verschie­dene Transitländer nach Westen. Heute ist die Balkan- Route von größter Bedeutung. Spätestens seit dem EU-Beitritt Rumäniens und Bulgariens im Jahr 2007 gibt es über diese Schiene einfachere Schmuggel­möglichkeiten. Die Route des Handels mit der Ware Frau ist auch die der Flüchtlinge. Die Schlepper nutzen möglicherweise eine bereits bestehende Infrastruk­tur und die Schlepper von Frauen, die der Prostitution zugeführt werden sollen, sehen neue Profitmöglich­keiten durch die Flüchtlinge. Es würde nicht wundern, würden sie ihr Geschäftsfeld in diese Richtung erwei­tern. Umgekehrt wurde schon früher im Rahmen des Frauen- und Kinderhandels mit Asylanträgen agiert.

TSCHECHIEN .OEyTSrliANß

Passau = ?‘T SlOWAKfl ‘ i

P , I / ^ a p eS, Dé,seen

ßöszke

BalkanrauteOie wichtigste Schlepperroute über den Westbalkan

SLümmm ' R U M Ä N IE N

K t Ö A T l E N

r-A'JFN. S i l l M-

; H E R Z E G O W I N A :

1 Subotica

\M O N T E N E G R O -

BULGARIENK O S O V O

Mkli- mmmm »

rnm mGevgelija

EU-Staaten Nicht EU-Staaten

- befestigte Grenzanlage

» Schlepperroute

Quelle: D er Spiegel

Istanbul

TÖfifCEPGRIECHENLAND #

. ..........Vi

♦ a AthenAtnen Bodrum«€•Kos

Bulgaren waren die ersten Verhafteten, die für den Tod von 71 Flüchtlingen in einem Kühlwagen auf der österreichischen Autobahn Ende August verantwortlich gemacht wurden.Es gibt da sehr gefestigte Strukturen der Organisier­ten Krim inalität (OK). Man könnte zynisch von einer regelrechten Verwertungskette sprechen: die Anwer­bung oder Rekrutierung menschlicher Ware in den Her­kunftsländern, dann die Schleusung in die Zielländer und schließlich die Ausbeutung dort, bei Frauen und Kindern in der (Zwangs-)Prostitution. Menschenhan­del ist die einzige Form der Organisierten Kriminalität, wo man praktisch kein Anfangskapital braucht. Beim Drogenhandel zum Beispiel muss Geld in die Produk­tion oder zum Ankauf vorgestreckt werden. Das ent­fä llt beim Menschenhandel: Für den Schleuser genü­gen Brutalität und Skrupellosigkeit als Anfangskapital.

Das Hamburger Modell

Der Chef der Bulgaren, die die 71 toten Flücht­linge im Kühllaster auf dem Gewissen haben, soll libanesische Wurzeln haben - liegt es nicht nahe, dass die Bande die menschliche Fracht schon ab dem östlichen M ittelmeer übernom­men hat, und nicht erst in Ungarn?Es gibt transnationale Strukturen, es gibt aber auch die türkische, griechische, albanische und serbische Mafia. Es gibt auch kleine Netze, die nur ad hoc eine gewisse Strecke überbrücken. Es gibt eigentlich alles.

Aber richtig profitabel wird es doch erst, wenn eine Bande die Verwertungskette kontrolliert, von der Sie eben sprachen. W ie sieht die Ver­wertungskette bei Flüchtlingen aus - können Sie dazu Genaueres sagen?

Page 12: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

Bekannt geworden ist ein Fall in Hamburg: Albanische Bordellbetreiber sollen auch als Reiseunternehmer tätig geworden sein und versucht haben, Leute aus ihrer Hei­mat oder auch aus dem Kosovo zu uns zu bringen, und die hatten auch beste Kontakte zu den Immobilienbesit­zern, bei denen die Leute dann Unterkommen sollten.

Die Albaner haben große Rotlicht­bezirke eingenommen.

Könnte man sagen, die Albanermafia ist mittler­weile die führende OK-Struktur in Deutschland?Es gibt ständig Machtkämpfe. Die Albaner haben aber große Rotlichtbezirke eingenommen und sind m itt­lerweile flächendeckend in Deutschland vertreten. Hierzulande w ird so getan, als ob aus einem kleinen unterentwickelten Land auf dem Balkan keine Gefahr drohe. Dabei bräuchte man nur schauen, was in Ita­lien passiert ist: Dort hat im Rotlicht nicht mehr die 'Ndranghetjä [Mafiastruktur] das Sagen, sondern die Albaner. Und selbst auf die Ostküste der USA haben sie ihre Aktivitäten ausgedehnt. Die Albanische Mafia ist eine der gefährlichsten Verbrecherorganisationen der Welt. Oder nehmen w ir das Kosovo: Das Einzige, was dort w irklich funktioniert, ist doch die Organi­sierte Krim inalität. Albanische Clans haben w äh­rend der letzten Jahre dem Kanun, den überlieferten und ungeschriebenen «Gesetzen der Berge», w ieder Leben eingehaucht. Nicht ohne Grund, denn nach die­sen Gesetzen sind Frauen und Kinder geradezu recht­los. Sie sind der Besitz des Mannes und können nach Belieben verschleppt werden.

Albanien und das Kosovo gelten noch nicht als sichere Herkunftsstaaten, deshalb sind deren Asylbewerberzahlen mit an der Spitze der deut­schen Statistik.Die EU hat bekanntlich die Tore aufgemacht. Im Rahmen der Annäherung Albaniens an die EU seit 15. Oktober 2010 wurde den Albanern Visafreiheit auch für die Einreise nach Deutschland gewährt, sofern die Einreisenden einen biometrischen Pass besitzen. Das kann zwar für den albanischen Nor­malbürger aus finanziellen Gründen ein Problem sein, aber kaum für Kriminelle und der OK zuzuordnende Personen und ihre Opfer, und wurde deshalb von die­sen vom ersten Tag an in hohem Maße genutzt.

Die Kosovaren bräuchten zwar de jure immer noch ein Visum, aber de facto brauchen sie keines, sie kom­men trotzdem und beantragen Asyl. Nicht zu vergos­sen: Gegenwärtig werden von kriminellen Balkan-Syn­dikaten höchst interessiert die Vermittlungsgespräche\ über einen möglichen und beabsichtigten EU-Beitritt Albaniens verfolgt.

Der Puff Europas

Warum ist Deutschland für diese Kriminellen so attraktiv?Zum einen durch eine hohe Nachfrage nach illegalen Gütern - so auch nach Sexsklavinnen. Und dann, weil man bei uns so einfach ins Land kommt und weil die Gesetze gerade für Zuhälterei so sehr gelockert wur­den. Deutschland ist im Grunde der Puff Europas - wobei das W ort Puff bei vielen den Eindruck erweckt, dass die Frauen dort fre iw illig ihrer Tätigkeit nach­gehen. Da würde ich ein großes Fragezeichen set­zen. Im Bereich des Menschenhandels gibt es nur 500

Der tragische Erstickungstod von 71 Menschen in einem Kühllastwagen a u f der Autobahn nach W ien zeigte einm al m ehr die B rutalität der Schleppermafia. Foto: AFP Photo, Dieter Nag!

250 Milliarden Euro ProfitFür 2008 schätzte das Hambur­ger W eltwirtschaftsforschungs­institut H W W I, dass sich mini­mum 1,9 M illionen Personen il­legal in der EU aufhalten, das Maximum liege bei 3,8 M illio ­nen. Auch,die Berliner Zeitung schrieb schon damals von «be­sorgniserregenden Ausmaßen». Das Blatt berichtete unter Beru­fung auf Geheimdienste, straff organisierte Banden schleus­ten täglich im Schnitt 1.000 ille­gale Einwanderer aus Ost- und Südosteuropa, Asien und Afrika in die EU-Mitgliedsländer. Die Verbrechersyndikate machten demnach mit dem Menschen­schmuggel allein in Europa jähr­lich einen Umsatz von fünf M illi­arden Euro. M an bedenke: In je ­nem Jahr gab es in Deutschland22.000 Asylbewerber. 2015 w er­den es 50 M al soviel sein. Ent­sprechend dürfte der Profit in die Höhe geschnellt — von fünf auf 250 M illiarden Euro.

Page 13: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

Bekannt geworden ist ein Fall in Hamburg: Albanische Bordellbetreiber sollen auch als Reiseunternehmer tätig geworden sein und versucht haben, Leute aus ihrer Hei­mat oder auch aus dem Kosovo zu uns zu bringen, und die hatten auch beste Kontakte zu den Immobilienbesit­zern, bei denen die Leute dann Unterkommen sollten.

Die Albaner haben große Rotlicht­bezirke eingenommen.

Könnte man sagen, die Albanermafia ist mittler­weile die führende OK-Struktur in Deutschland?Es gibt ständig Machtkämpfe. Die Albaner haben aber große Rotlichtbezirke eingenommen und sind m itt­lerweile flächendeckend in Deutschland vertreten. Hierzulande wird so getan, als ob aus einem kleinen unterentwickelten Land auf dem Balkan keine Gefahr drohe. Dabei bräuchte man nur schauen, was in Ita­lien passiert ist: Dort hat im Rotlicht nicht mehr die 'Ndrangh&ta [Mafiastruktur] das Sagen, sondern die Albaner. Und selbst auf die Ostküste der USA haben sie ihre Aktivitäten ausgedehnt. Die Albanische Mafia ist eine der gefährlichsten Verbrecherorganisationen der Welt. Oder nehmen w ir das Kosovo: Das Einzige, was dort ¿wirklich funktioniert, ist doch die Organi­sierte Krim inalität. Albanische Clans haben w äh­rend der letzten Jahre dem Kanun, den überlieferten und ungeschriebenen «Gesetzen der Berge», w ieder Leben eingehaucht. Nicht ohne Grund, denn nach die­sen Gesetzen sind Frauen und Kinder geradezu recht­los. Sie sind der Besitz des Mannes und können nach Belieben verschleppt werden.

Albanien und das Kosovo gelten noch nicht als sichere Herkunftsstaaten, deshalb sind deren Asylbewerberzahlen mit an der Spitze der deut­schen Statistik.Die EU hat bekanntlich die Tore aufgemacht. Im Rahmen der Annäherung Albaniens an die EU seit15. Oktober 2010 wurde den Albanern V isafreiheit auch für die Einreise nach Deutschland gewährt, sofern die Einreisenden einen biometrischen Pass besitzen. Das kann zwar für den albanischen Nor­malbürger aus finanziellen Gründen ein Problem sein, aber kaum für Kriminelle und der OK zuzuordnende Personen und ihre Opfer, und wurde deshalb von die­sen vom ersten Tag an in hohem Maße genutzt.

Die Kosovaren bräuchten zwar de jure immer noch ein Visum, aber de facto brauchen sie keines, sie kom­men trotzdem und beantragen Asyl. Nicht zu verges­sen: Gegenwärtig werden von kriminellen BalkantSyn- dikaten höchst interessiert die Vermittlungsgesprächä über einen möglichen und beabsichtigten EU-Beitritt Albaniens verfolgt.

Der Puff Europas (

Warum ist Deutschland für diese Kriminellen so attraktiv? ^Zum einen durch eine hohe Nachfrage nach illegalen Gütern - so auch nach Sexsklavinnen. Und dann, w e if man bei uns so einfach ins Land kommt und weil die| Gesetze gerade für Zuhälterei so sehr gelockert wur­den. Deutschland ist im Grunde der Puff Europas - wobei das W ort Puff bei vielen den Eindruck erweckt, dass die Frauen dort fre iw illig ihrer Tätigkeit nach­gehen. Da würde ich ein großes Fragezeichen set­zen. Im Bereich des Menschenhandels gibt es nur 500

Der tragische Erstickungstod von 71 Menschen in einem Kühllastwagen au f der Autobahn nach W ien zeigte einm al mehr die B rutalität der Schleppermafia. Foto: AFP Photo, D ieter N agI

250 Milliarden Euro ProfitFür 2008 schätzte das Hambur­ger W eltwirtschaftsforschungs­institut H W W I, dass sich mini­mum 1,9 M illionen Personen il­legal in der EU aufhalten, das M axim um liege bei 3,8 M illio ­nen. AuGh die Berliner Zeitung schrieb schon damals von «be­sorgniserregenden Ausmaßen». Das Blatt berichtete unter Beru­fung auf Geheimdienste, straff organisierte Banden schleus­ten täglich im Schnitt 1.000 ille­gale Einwanderer aus Ost- und Südosteuropa, Asien und Afrika in die EU-Mitgliedsländer. Die Verbrechersyndikate machten demnach m it dem M enschen­schmuggel allein in Europa jähr­lich einen Umsatz von fünf M illi­arden Euro. M an bedenke: In je ­nem Jahr gab es in Deutschland22.000 Asylbewerber. 2015 w er­den es 50 M al soviel sein. Ent­sprechend dürfte der Profit in die Höhe geschnellt ^ein - von fünf auf 250 M illiarden Euro.

Page 14: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

COMPACT Titelthema®I

Osteuropäische Prostituierte au f dem Straßenstrich nahe der M esse in Frankfurt. Foto: Archiv

Manfred Paulus, geboren 1943, war bis 2003 Erster Kriminal- hauptkommissar und Leiter der Kriminalinspektion Ulm. Er war Lehrbeauftragter an der Hochschule für Polizei in Baden- Württemberg und ist an Aus- und Weiterbildungsstätten der Polizei des Bundesund der Länder tätig. Mit seiner langjährigen Ermitt­lungserfahrung besonders im Bereich der Rotiichtkriminalität ist Paulus ein gefragter Experte und trat mehrfach bei Talkshows wie Sandra Maischberger auf. - 2014 erschien sein Buch «Organisierte Kriminalität Menschenhandel. Tatort Deutschland: Frauenhandel, Kinderhandel, Zwangspros­titution, Organhandel, Handel von Arbeitskräften» (Klemm Verlag, 160 Seiten, 14,90 Euro, ISBN 978- 3-86281-070-3).

bis 600 Ermittlungsverfahren pro Jahr und noch viel weniger Verurteilungen. Das Risiko für die Täter ist gering, zu gering.

Von etwa 400.000 Frauen, die sich hierzulande pros­titu ieren oder die dazu gezwungen werden, sind w e it über die Hälfte, in manchen Städten und Rot­lichtbezirken bis zu 90 Prozent, Ausländerinnen. Die in den deutschen M ilieus tätigen Frauen sind nach allen polizeilichen Erkenntnissen zu 95 bis 99 Pro­zent fremdbestimmt, also im Grunde schon von daher Zwangsprostituierte.

Die Schleuser und Zuhälter wissen, dass sie in Deutschland weitgehend risikolos agieren können. Bemerkenswert erscheint mir, dass die Bundesrepu­blik deswegen nicht nur in den ost- und südosteuro­päischen Rekrutierungsländern der Opfer einen mise­rablen Ruf hat.

Man weiß dort sehr genau, was mit den Frauen (und Kindern) geschieht. Auch jenseits des Rheins löste das gelegentlich Irritationen aus. Unsere französi­schen Nachbarn unterscheiden sich entgegen verbrei­te ter Klischeevorstellungen mit ihrer restriktiven Hal­tung gegenüber der Prostitution ganz erheblich von der deutschen Großzügigkeit und Toleranz. Während hier­zulande wegen Zuhälterei aus verschiedenen Grün­den - eingeschränkte Kontrollmöglichkeiten, weniger Kontrollen, Einräumung eines w e ltw e it einzigartigen «Weisungsrechts» für Bordellbetreiber und Zuhälter

im Prostitutions-Gesetz von 2002 - kaum noch ange­messene Urteile wegen zuhälterischer Betätigung ergehen, hat Frankreich mit die härtesten Strafen von allen Staaten dieser W elt. Davon seTir wohl w is­send, haben sich zum Beispiel albanische und bulga­rische Zuhälter in den besseren Hotels des beschau­lichen deutschen Städtchens Kehl äm Rhein eingenis­tet, um ihre Opfer von dort aus bei Tag und Nacht über die Europabrücke ins französische Straߣiurg zu trei­ben, wo diese den Straßenstrich bereichern.

Zuhälter als Opfer

Was bedeutet dieses «Weisungsrecht» für Zuhälter?Als Ende des Jahres 2001 in Berlin Bundespolitiker­innen m it einer Bordellchefin auf das Prostitutions­gesetz und das «Ende der Sittenwidrigkeit» anstießen, wurden die Folgen des «fortschrittlichen Gesetzes­werks» schon kurze ¿eit später von vielen Seiten beklagt.

Seither lehnen es Gerichte immer wieder ab, Anzeigen wegen nachgewiesener Zuhälterei mit dem Hinweis auf das Weisungsrecht auch nur entgegenzunehmen, obwohl die Ausbeuter unter diesem Weisungsrecht verstanden, dass sie den Frauen in ihrem Etablisse­ment zum Beispiel Preise, Arbeitszeiten, Sexualprak­tiken und ähnliches diktieren und für Prostituierte oder für M ilieuopfer ein Nacktheitsgebot aussprechen oder ein Telefonverbot anordnen konnten.

Die Kosovaren brauchten ein Visum -abe rs ie brauchen es nicht.

Haben w ir überhaupt Gesetze gegen Schlepper ­oder wird die Justiz erst aktiv, wenn Körperver­letzung oder Tötungsdelikte dazukommen?Es gibt Gesetze gegen Menschenhandel, aber die haben hohe Hürden. Gegenwärtig werden jährlich in Deutschland um die 500 Verfahren wegen Menschen­handels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung regis­triert. Und nur einige wenige davon, so ist begründet zu vermuten, werden bei den gegebenen Vorausset­zungen und Bedingungen m it einem - angemesse­nen - Urteil gegen die Täter enden.

Seit Neuestem w ill sich ja auch Amnesty Inter­national für die Zuhälter einsetzen, auch das seien angeblich arme Verfolgte.Da habe ich mich sehr gewundert. Entweder haben die Verantwortlichen bei Amnesty keine Ahnung, oder, was mich mehr erschrecken würde, es w ird auch auf diese aller Ehren werte Organisation schon von der kriminellen Lobby Einfluss genommen. ■

Page 15: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

«Das ist das Pack»

COMPACT Titelthema ®

_ von Fred Neubauer/Karel Meissner

Nachdem bei Asylprotesten im sächsischen Heidenau Polizisten verletzt worden waren, zog die Staatsmacht blank. Dass die linken Asylfreunde ebenso gewalttätig waren und sogar einen sächsischen Minister angriffen, wurde geflissentlich übersehen.

Diese Worte brennen in den Seelen der Ostdeut­schen. «Das ist Pack», sagt SPD-Parteichef Sigmar Gabriel über Asylkritiker im sächsischen Heidenau. Und weiter: «Das sind Leute, die mit Deutschland nichts zu tun haben.» Diesen Menschen müsse man klarmachen: «Ihr gehört nicht zu uns, w irw o lle n Euch nicht - und wo w ir Euch kriegen, werden w ir Euch bestrafen.» Meinte er die gesamte Bevölkerung? Oder die Demonstranten, die ab 19. August in steigender Zahl, aber vollständig gewaltfre i ihren Nöten Luft gemacht hatten? Oder nur die Krawallanten, die am 21. August - drei Stunden nach Abschluss der fried­lichen Kundgebung - gegen die Polizei randaliert und 31 Beamte verletzt hatten? Gabriel ist der Mann fürs Grobe. Differenzierung ist seine Sache nicht. Prog­nose: Das wird Wählerstimmen kosten.

Protest im Sommerloch

Wie zuvor in Freital war die Lage in einem Vorort der Landeshauptstadt Dresden eskaliert. Heidenau, 16.400 Einwohner, gelegen an der Bundesstraße 172 zwischen Dresden und Pirna, hat schon jetzt einen sicheren Platz in der Historiographie der Asyldiskussion Anno 2015.

Am späten Abend des 21. August und in den fo l­genden zwei Nächten gab es Krawalle in Heidenau - das war der Anlass für die bösen Worte von Gabriel. Analysiert man genauer, so waren rechte Chaoten aber nur für die Gewalt am ersten Tag verantw ort­lich. Schon am zweiten hatten auch Linksradikale mitgemischt, und am dritten beherrschten diese aus­schließlich die Straße. Bürgermeister Jürgen Opitz (CDU) sagte dazu im Fernsehsender N24, «dass eben die Autonomen nur mit der Polizei beschäftigt waren und versucht haben, einige Rechte aufzutreiben, und die Polizei ist dazwischen gegangen».

In jedem Fall war Heidenau ein Fanal. Die Ran­dale und der Besuch von Gabriel bewirkten, dass die Medien das Flüchtlingsproblem nicht mehr am Rande abhandeln konnten. Bis dahin liefen die Medien eher im Chillout-Modus: Don't worry, be happy. Die Bewoh­ner des Freistaates hatten in den Vorwochen mit zunehmender Unruhe beobachtet, w ie sich Turnhalle um Turnhalle mit Flüchtlingen fü llte , während Radio und Fernsehen auf Sommer, Sonne und gute Laune machten. Besonders in Sachsen stieß diese Diskre­panz zwischen eigenem Erleben, das auch in Gesprä-

«Es gibt keine Toleranz für die, (...) die nicht bereit sind zu helfen.» Merkel

Friedliche Demonstration gegen Asylunterkunft. Etwa1.000 Menschen protestieren am Abend des 21 .8 .2015 in Heidenau (Sachsen) gegen die Unterbringung von Asylbewerbern im ehemaligen Baumarkt «Praktiker». In dem seit 2013 leerstehenden Gebäude in einem G ewerbegebiet sollen in der N acht zum 22.8. etw a 250 Neuankömmlinge untergebracht werden. Foto: picture alliance/dpa

Aut "trag ische E m ze lfä j|e " ündl "ku \tu re \\e B ere ich eru n g " d u rch "Fachkräfte" k ö n n e n w ir hier M

, o0rn v e rz ic h te t^| k zum Heim.B k ÆsvéÊâL ' md O s te rzg ^k ir,

Page 16: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

COMPACT Titelthema®' *

D er Hass marschiert: Vermummte und gew altbereite A ntifa-Anhänger erreichen am 23. August 20 15 Heidenau. Kurze Z e it später werden sie sich Auseinandersetzungen m it der Polizei liefern. Die M edien ignorieren diese Ausschreitungen weitgehend. Foto: picture a llia n ce / AP Photo

Bürgermeister Opitz. Foto: Screen­shot N 24

«Liebes linkes Pack». Jens Spahn (CDU)

chen im Familien- und Kollegenkreis bestätigt wurde, auf der einen sowie der Mediendarstellung auf der anderen Seite auf Befremden.

Hier erinnert man sich noch gut an den Daueralar­mismus auf allen Kanälen, als zu den Elbefluten 2002 und 2013 kurzzeitig mal ein paar Hundert Flussanwoh­ner in Notunterkünften untergebracht werden muss­ten. Da gab es Brennpunkte nach der Tagesschau, Live­schaltung ans Elbufer, packende «Frontberichte» vom Deich (hält er - oder nicht) und Laufbänder mit den neuesten Pegelständen am unteren Bildschirmrand. Die medial geschürte Betroffenheit war im Verhältnis zur tatsächlichen Relevanz für das ganze Land reich­lich übertrieben. Als Ende August und Anfang Sep­tember 2015 nicht nur Hunderte, sondern Zigtausende in Behelfsunterkünften einquartiert werden mussten, gab es zwar auch jeden Tag Sondersendungen auf allen Sendern, aber sie berichteten nicht vom Stei­gen der (Asylanten-)Flut und von möglichen Deichbrü­chen - sondern stellten die segensreichen Auswirkun­gen für das überschwemmte Land in den Vordergrund.

Merkels Drohung

Der ehemalige und seit zwei Jahren leerstehende Praktiker-Baumarkt war der Ort, wo die Asylanten untergebracht wurden - und wo die Politprominenz zum Schaulaufen antrat. Gabriel war am 24. August gekommen, die Bundeskanzlerin fuhr zwei Tage spä­ter vor. Angela Merkel schenkte den Flüchtlingen zwei Stunden ihrer Zeit. Dann rauschte sie mit ihrer Eskorte schwerer Limousinen ab zu einem Termin beim Luxus- uhren-Hersteller Lange&Söhne im nahen Glashütte. M it den Menschen, die außerhalb des Asyllagers hin­ter den Polizeiabsperrungen standen, suchte sie kei­nen Kontakt. Und die Buhrufe und Pfiffe, die ihren kur­

zen Weg vom Auto zum Baumarkt begleiteten, ließen wohl zusätzlich die Lust schwinden, sich überhaupt den Einheimischen zu nähern. So etwas hatte die Mecklenburgerin wohl noch nie erlebt: 200 bis 300 Demonstranten waren gekommen, Autokolonnen fuh­ren hupend vorbei. Von den Protestlern wurde «Volks­verräterin» und «Wir sind das Pack» - in Anlehnung an Gabriels Beleidigung - skandiert. Während die Main­streammedien durchgängig von «rechten Demonstran­ten» sprachen, machen die Bilder von vor Ort deutlich, dass auch viele ganz normale Leute ihrem Unmut Luft machten. Am Ende rief einer dazwischen: «Für alles ist Geld da, nur für die eigenen Leute nüscht.» Die Kanzlerin konterte hart: «Es gibt keine Toleranz für die, die die Würde anderer Menschen in Frage stel­len [so w e it könnte man das unterschreiben] und die nicht bereit sind zu helfen, wo rechtlich und mensch­lich Hilfe geboten ist.» Soll das heißen, dass alle mit staatlichem Druck rechnen müssen, die bei der «W ill­kommenskultur» nicht mitmachen? Für den 29. August mobilisierte unter anderem das Bündnis Dresden Nazifrei zu einem Asylfest nach Heidenau. Kurzzei­tig hatte die Justiz zwar alle politischen Veranstal­tungen in dem Ort verboten. Doch das sollte keinen Bestand haben, jedenfalls für linke Aktivitäten nicht. Es war zunächst der grüne Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir, der zur Missachtung des Verbots auf­rief - mit dem Verweis, man dürfe den Rechten nicht die «Diskurshoheit» überlassen.

Antifa vertreibt Ulbig

Schließlich fädelte Innenminister Markus Ulbig (CDU) höchstpersönlich ein, dass die Antifa-Veranstal­tung doch stattfinden konnte. Aber das sollte ihm nicht gedankt werden: Als er an jenem Samstag in Heide­nau eintraf, wurde er von den Refugee-Freunden nicht

Page 17: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

COMPACT Titelthema ®

gefeiert, sondern regelrecht vom Hof gejagt. Seine Personenschützer, direkt an seiner Seite eine Beamtin, führten ihn, nach allen Seiten sichernd, zurück zu sei­nem Dienstwagen. Hilflos stammelte er in die Kamera eines Reporters: «Ich bin froh, dass dieses Fest hier stattfinden kann.»

Ulbigs Parteifreunde waren geschockt. Der Bun­destagsabgeordnete Jens Spahn tw itte rte : «Liebes linkes Pack (frei nach Gabriel), Ihr skandiert auf 'nem

"W illkom m ensfest" gleiche Parolen w ie NPD. Und merkt es nicht mal.» Hans-Michael Platz von der CDU im hessischen Biblis kommentierte: «Die Antifa hält sich für die "Guten". Aber es sind genauso faschisti­sche Rollkommandos w ie früher die SA.»

Das Bündnis Dresden Nazifrei, das von namhaften Landespolitikern der SPD, der Grünen und der Links­partei unterstützt w ird, entschuldigte sich nicht etwa für die Attacke - sondern verteidigte sogar noch seine Zusammenarbeit m it den Gewalttätern, die Ulbig angegriffen hatten. «Sorry, aber dann habt Ihr was nicht richtig verstanden: W ir sind das, war Ihr den

"schwarzen Block" nennt. Er ist Teil von uns, er ist bei uns im Bündnis. Und ohne ihn würde es weder dieses Bündnis geben, noch hätten w ir je einen Nazi-Groß­aufmarsch blockiert. Dresden Nazifrei ohne die radi­kale Antifa wird es nicht geben. Und das ist auch gut so.» Was wäre wohl passiert, wenn sich die AfD oder die NPD in ähnlicher Weise mit Gewalttätern in Hei­denau solidarisiert hätten?

Friedlicher Protest bleibt unbeachtet

In Heidenau ist m ittlerweise trügerische Ruhe ein­gekehrt-s ieh t man von einer Massenschlägerei unter den Asylanten selbst Anfang September ab, über die nur Lokalmedien berichteten. Derweil w ird in Dres­

den der bisher laut Grundgesetz verbotene Einsatz der Bundeswehr im Inneren schon praktiziert. A ller­dings spiegelverkehrt: Es ist nicht die Armee, die aus­rückt, um beim Asylnotstand m itzum ischen-vielm ehr kommen die Asylanten zum Militär. In der Offiziers­schule des Heeres, wo einst Hitlers Lieblingsgene­ral Erwin Rommel lehrte, hat man seit Anfang Sep­tember Flüchtlinge in der Turnhalle untergebracht. Auch hier schaute Innenminister Ulbig zur Eröffnung vorbei, um gleich noch den Aufbau w eite rer Groß­zelte am Dresdner Hauptbahnhof zu verkünden. A ller­dings sind hier die Kräfteverhältnisse andere als vor dem Baumarkt in Heidenau. An der Dresdner Stauf- fenberg-Allee, dem Sitz der Offiziersschule, muss er keine Handgreiflichkeiten oder gar Widerstand gegen seine Politik befürchten.

«Für alles ist Geld da, nur für die eigenen Leute nüscht.»

Anti-Merkel-Demonstrant

Derweil hat Pegida die Mobilisierungskraft vom letzten W inter w iedergewonnen. Am 26. August fo lg­ten über 5.000 Demonstranten dem Aufruf der islami- sierungskritischen Bewegung, am 7. September sollen es sogar über 10.000 gewesen sein. Die überregiona­len Medien berichteten kein Wort d a rübe r-s ie hatten alle Hände voll mit den Jubelaktionen für die ankom- menden Flüchtlinge zu tun. ■

Links: Demonstration gegen den Besuch Angela M erkels in H eide­nau am 26. August. Rechts: Sachsens Innenminister M arkus Ulbig (CDU) besucht ein sogenanntes W illkommensfest in Heidenau am 28. August. Fotos: picture a l l ia n c e /A P Photo

«W ir befinden uns bereits im Krieg, ( . . . ) wenn um uns herum religiös verfeindete Asylanten m it Macheten, Dönerspießen und Eisenstangen aufeinander eindreschen und dabei auch un­sere eigenen Leute und Polizei­beamte verletzen. ( . . . )

W ir sehen eine Politik der Star­re, der Opferhaltung, der Ratlo­sigkeit, Ignoranz, Planlosigkeit. Und w ir sehen Symbolpolitik - M erkel, Gabriel, de M aizière ge­hen auf Tournee durch Deutsch­land und grasen Asylanten- Standorte und "Problemstadt­teile" ab ( . . . ) So verhalten sich Psychopathen. ( . . . )

Einerseits faseln sie ständig w as von "Bereicherung" ( . . .) , aber warum betteln sie dann in­nerhalb der EU um Solidarität und Verteilungs-Quoten?»

(Tatjana Festerling, die bei der OB-Wahl in Dresden im Juni 9,6 Prozent der Stimmen erhal­ten hatte, auf der Pegida-Kund- gebung am 7. September)

Tatjana Festerling. Foto: leo

Page 18: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

Feiern im Angstraumvon Martin Müller-Mertens

Erst ein prominentes Opfer produziert Schlagzeilen: Jennifer Weist, hier während eines Auftritts am 25. August 2013 in Wiesbaden. Foto: fassadengefluester.com

In Berlins Partyzone auf dem RAW-Gelände terrorisieren afrikanische Dealer und Balkan- Banden Feiernde w ie Anwohner. Berlins Mainstream-Medien verschweigen die Herkunft der Täter. Wer auch nur Andeutungen macht, zieht den Hass der Antifa auf sich.

Das Wummern der Bässe hallt durch die Berliner Nacht. Fast im M inutentakt spuckt die S-Bahn junge Leute aus. Von der Warschauer Brücke zur Revaler Straße im Stadtteil Friedrichshain ziehen sie w ie in einer ausgelassenen Prozession. Die Nacht ist Stoß­zeit für die Bierverkäufer in den Buden am Straßen­rand. Ziel der Partygänger: das RAW-Gelände, Berlins angesagtestes Areal hipper urbaner Clubkultur. Doch längst liegt über dem RAW-Gelände der dunkle Schat­ten der Multikulti-Realität: Drogenhandel und explo­dierende Bandengewalt.

*

Friedrichshain - über 100 Jahre w ar der einst kleinste Berliner Stadtbezirk vor allem Heimstatt der Proletarier. Zwischen dem Zentralviehhof an der Land­berger Allee und dem Reichsbahnausbesserungswerk (RAW) wuchsen Mietskasernen aus dem märkischen Sand. Doch die Gegend rund um das Ostkreuz und die Warschauer Straße ist längst aufgewertet, w ie Ber­lins Landesregierung Luxussanierungen und Vertrei­bung der Alteingesessenen über lange Zeit euphe­mistisch bezeichnete. Nun wohnt die neue Szene hier - linksalternativ, betont weltoffen, gern mit Hipster- Bart. Wo noch bis 1995 Züge in Stand gesetzt wur­

den, siedelte sich in morbider Industriekulisse die Kul­turszene an: Clubs w ie Astra und Suicide Circus, Kon­zerthallen, Galerien und ein Freiluftkino. Das hiesige Bierfestivall sponsort die Taz.

Einfach sd abgestochen

Im August geriet das RAW-Gelände über Nacht bundesweit in die Schlagzeilen. Ein Freund von Jen­nifer Weist, Frontfrau der linken Rockband Jennifer Rostock, war auf dem Heimweg von einer Jugend­bande überfallen und fast getötet worden. Auf Face- book schrieb sich die 28-Jährige den Schreck von der Seele. «Einer von ihnen zog ein Messer und ver­letzte meine Begleitung schwer am Hals. Alle Artes, rien waren schon freigelegt. Es fehlten nur ein paar M illim eter und er wäre direkt auf der Straße in meii nen Armen gestorben.» Der Eintrag nebst Bild des ze stochenen Halses wurde auf Facebook fast 68.000 Mal geteilt. Als etliche der etwa 13.000 Kommen­tare nach der von W eist nicht genannten Herkunft der Täter fragten, bekam die Sängerin offenbar poli­tisch-korrekte Panik. «Ich versteh einfach nicht was hier los ist?! Eure ganzen beschissenen rassistischen

Kein Bild aus dem Islamischen S taat - sondern aus Berlin Fried­richshain: 'der Freund von Jennifer W eist nach der Messerattacke. Foto: Facebook

«Wer leben möchte, meidet das RAW- Gelände!»

Nina Queer25

Page 19: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

COMPACT Politik®%

Gefährliche OrteRund 20 Gegenden Berlins führt die Polizei intern als sogenannte kriminalitätsbelastete Orte.

Dort häufen sich Taschendieb­stähle, Gewaltverbrechen und Drogenhandel. Zudem dienen sie kriminellen Banden als Rück­zugsgebiet.

Die genaue Liste der Orte wird von den Behörden seit Jahren geheim gehalten - angeblich, um die betroffenen Gegenden nicht zu stigmatisieren.

Verschiedene M edienberichte nannten jedoch w iederholt ne­ben dem RAW-Gelände unter anderem den Alexanderplatz in M itte , das Kottbusser Tor und den Görlitzer Park in Kreuzberg, den Hermannplatz in Neukölln, den Leopoldplatz im W edding sowie mehrere Abschnitte der U-Bahnlinien 7 und 8.

. Kackkommentare könnt ihr euch echt schenken!» Die brutale Messerattacke war kein Einzelfall. «Wer leben möchte, meidet das RAW-Gelände!», póstete Berlins bekanntester Transvestit Daniel Wegscheider («Nina Queer») nach dem Überfall auf Jennifer W eist und Begleitung. «Das ist meine dritte (!) Freundin, die gerade so mit dem Leben davongekommen ist.» Selbst Helfer vor Ort haben inzwischen nur noch Angst, «dass ich von hinten ein Messer drin habe», erzählt der Ret­tungssanitäter Jörg (alle Namen geändert), der regel­mäßig am RAW-Gelände im Einsatz ist. Häufig taucht die Gegend im offiziellen Polizeibericht auf, obwohl dieser bereits massiv ausgedünnt ist. Es sind immer dieselben Taten: Raubüberfälle, brutale Schlägeratta-

n,: Messerangriffe.

«Ich gehe abends nach 20 Uhr gar nicht mehr raus,» Ein Anwohner

M anche Ermittler sprechen statt von «kriminalitätsbelasteten Orten» lieber von «gefährlichen Orten», w eil dies den Charakter besser au f den Punkt bringe. Grafik: COMPACT

Doch meist schweigt Berlins linke Kulturszene - genau w ie die etablierten Medien der Hauptstadt. Ein Besuch im Partymekka zeigt den Grund. Vor den Ein­gängen des RAW-Geländes lungern afrikanische Män­ner. Teure Kleidung und dicke Uhren lassen sie auf­fallen. Dass sie dealen, ist kein Geheimnis. Längst ist die Revaler Straße neben dem Görlitzer Park in Kreuzberg zur Drogenhölle Berlins verkommen. Ganz offen bieten die Afrikaner ihre Ware feil. «W illst Du

Kriminalitätsbelastete Orte in Berlin

REINICKENDORF \U 8 in Abschnitten

PANKOW

SPANDAU

U 7 in AbschnittenLeopoldstraße

5 + U Jungfernheide ß

Hier hat die Polizei besondere Rechte

. LICHTENBERG

Oranienburger Straße

Hackescher Markt

Rund um die Sandstraße

U MierendorffplatzBahnhof Zoo

Breitscheidplatz

CHARLOTTENBURG­W ILM ERSDORF

STEGLITZ-ZEHLENDORF

Quelle: morgenpost.de

was?», ruft einer von ihnen. Dann geht es ganz schnell.Einer der Schwarzen legt einem jungen Mann etwasin den Fahrradkorb. Geld wechselt den Besitzer. Plötz-

«

lieh w ird die Stimmung aggressiv. «Guck weg, bist wohl dumm», faucht der Dealer mich an. Drei andere Schwarze springen auf, nähern sich in dominanter Körperhaltung.

Zu diesem Zeitpunkt laufen die Geschäfte der Dealer noch schleppend. Am Nachmittag w irk t das RAW-Gelände fast w ie ausgestorben. Im Szene- café Haubentaucher verbringt ein Dutzend Gäste den letzten Sommernachmittag - vor dem Eingang werfen auch jetzt zwei Türsteher strenge Blicke in die Taschen. Auf einer kleinen Treppe im hinteren Bereich des Geländes sitzt eine Grgppe Jugend­licher. M it gekonnter Pose entzündet einer von ihnen einen Joint, inhaliert mit Genuss und bläst den Rauch zufrieden aus. Ein süßliefoer Geruch liegt in der Luft. Doch erst, wenn die Sonne untergeht, erwacht das Gelände zum wahren Leben. Dann schwärmen auch die Taschendiebe aus - auf der Suche nach oft alko­holisierten, hilflosen Opfern. Nach den Meldungen über die Messerattacke soll die Zahl der Gäste kurz­zeitig abgenommen haben. Doch inzwischen wird w ie ­der ausgelassen gefeiert - und weggeschaut. Krimi­nalität - für das Partyvolk in den Clubs ist sie kaum ein Thema. «Beklaut werden kann man überall», meint Nadja und nippt an ihrem Cocktail. «Man muss eben aufpassen.» Dass für die Überfälle Ausländer ver­antwortlich gemacht würden, findet ihr Freund Ben «eigentlich ziemlich blöd, und außerdem stimmt das auch gar nicht.» Dass die afrikanischen Dealer m ittler­weile völlig ungeniert auftreten, findet Melanie zwar auch «nicht so angenehm». Aber die Männer hätten wohl auch «keine andere Perspektive und überhaupt ist das ja auch nur möglich, weil es keine Legalisie­rungsstrategie für weiche Drogen» gebe. Das hippe Berlin besteht auf seiner Scheinwelt. Und hier auf dem RAW-Gelände lebt es kollektiv seine lllussion.

Die Angst der Anwohner

Auf der anderen Seite der Warschauer Straße w is­sen sie es besser. Am örtlichen Supermarkt stehen die Anwohner - viele neue, einige Alteingesessene. Nur wenige wollen reden. Manche verziehen das Gesicht, wenn das Gespräch auf das RAW-Gelände kommt. Dass vor allem Ausländerbanden hier ihr Unwesen treiben - hinter vorgehaltener Hand w ird es deutlich. «Die sind schon aus der Richtung Balkan. Das ist das große Stichwort», sagt Jens, der direkt an der War­schauer Straße wohnt. Diebstähle gebe es im Party- Kiez schon länger. Doch in den letzten Monaten sind die Banden äußerst aggressiv geworden. «Da geht es richtig zur Sache», meint Pizzaverkäufer Mario. «Man hat Angst abends. Also ich versuche, abends die Ecke zu meiden», bekennt Jens. Anwohner Horst musste die Gewalt bereits am eigenen Leibe spüren. «Ich hab'

Page 20: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

schon mal Pfefferspray ins Gesicht gekriegt, bloß weil ich einem mal was gesagt habe. Seitdem guck ich weg und sage auch nichts mehr. Ich gehe abends nach 20 Uhr gar nicht mehr raus, weil es hier immer schlim­mer wird.» Stefan hat selbst noch keine Probleme gehabt - wohl aber davon gehört: «Jetzt habe ich mich auch mit Frauen unterhalten, die gehen da gar nicht entlang.» Auch Franziska wohnt im Umfeld des RAW-Geländes. «Ich denke, die Kriminalität kommt da von anderen Leuten. Nachts muss man halt ein biss­chen aufpassen.» Wer diese «anderen Leute» sind? Das w ill sie nicht so recht sagen.

Nicht nur die W ut der Anwohner wächst. Selbst auf der Facebook-Seite der Berliner Polizei häufen sich inzwischen die Unmutsäußerungen. «Also Poli­tical Correctness vor Opferschutz», schreibt der User Stephan Kohlmus, nachdem die Behörde erkennbar Täterbeschreibungen vermeidet. «Der Antanztrick - wer macht das wohl, der kleine Max M üller wohl eher nicht», ärgert sich Tobias Beck. «Ist doch jedem klar, um was für Personen es sich da handelt», heißt es von Sandra Nickel.

Doch die politisch korrekte Schweigespirale funk­tioniert. Weder Berlins Polizei noch die Medien der Hauptstadt veröffentlichten in den vergangenen Monaten Details zur Herkunft von Tätern. Das war nicht immer so. Noch im Dezember 2014 beschrieb der Berliner Kurier die Zustände im Klartext: «Afrikanische Flüchtlinge und Araber stehen dicht gedrängt rund um das RAW-Gelände, verkaufen jetzt sogar tagsüber vor den Wohn- und Geschäftshäusern Cannabis, vor allem aber Kokain, Speed, Ecstasy. (...) Innerhalb eines Jah­res stiegen die Straftaten rund um die Warschauer

Brücke um 13 Prozent.» Überfälle und Diebstähle sol­len demnach insbesondere durch orientalische Ban­den sowie Roma-Sippen verübt werden.

Antifa schützt Tater

Vor der Presse kündigt Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) gerne eine Null-Toleranz-Strategie gegen Dealer und Diebesbanden an. Spätestens 2013 wurde das Gebiet am RAW-Gelände von der Polizei intern als einer der «kriminalitätsbelasteten Orte» ein­gestuft, an dem sie erweiterte Rechte hat. Doch mit Versuchen, der Lage einigermaßen Herr zu werden, sind die überforderten Ordnungshüter bereits im Gör- litzer Park kläglich gescheitert. Offiziell fuhr Berlins Polizei allein von Januar bis August über 300 Sonder­einsätze am RAW-Gelände, 70 mehr als im Jahr-zuyar. Doch Anwohner bezweifeln die Zahlen. «Die malherí M ittags um 11 einen Einsatz, wenn hier nichts los ist. Den schreiben sie dann in die Statistik. Abends ist keiner da», ärgert sich Volkmar.

:

Aktiv ist dagegen die autonome Antifa. Etwa einen Kilometer vom RAW-Gelände entfernt, in der Rigaer Straße, unterhält sie gleich zwei sogenannte W ohni Projekte. Eine No-Go-Area für die Polizei, die hiehW regelmäßig mit einem Hagel aus Flaschen und Stei­nen überzogen wird. Auch Jennifer W eist - die voni sich selbst sagt: «"die M itte " ist mir noch zu rechts»!- bekam das zu spüren: Dass sie als Opfer eines Kapi­talverbrechens nicht schwieg, genügte bereits, um ins Visier der linken Blockwarte zu geraten. «Von "der Antifa" muss ich mich als "Pegida-Jenny" beschimp­fen lassen», beklagte sie sich nach ihrem Bericht über die Messerattacke. ■

Berliner Bronx? Die N eue Heim at gehört zu den bekanntesten Clubs a u f dem RAW-Gelände. Wegen nicht beachteter Brandschutzauf­lagen droht jedoch die Schließung der Halle. Foto: Fabian Duengel, findingberlin.com

Tropfen au f den heißen Stein: eine Drogenrazzia in der Bevaler Straße im November 2014. Foto: Archiv

«Von der Antifa muss ich mich als Pegida-Jenny beschimpfen lassen.»

Jennifer Weist ©

z i

Page 21: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

Die Verdammten von Marxloh_ von Martin Müller-Mertens

Duisburg: Die einstige Industriestadt im Ruhrgebiet ist zur No-Go-Area verkommen. Ausländische Banden terrorisieren Einheimische - Deutsche w ie Türken. Der Besuch der Kanzlerin im August w ar für die Bevölkerung der blanke Hohn.

Wenn es Abend w ird, beginnt der Terror. Müll fliegt auf die Straßen, Kinder springen auf Autos wie auf einem Trampolin. Offenes Feuer brennt in e in i­gen Häusern. Gellende Schreie hallen durch die dunk­len Straßen, sobald ein Außenstehender ausgemacht wird. Männer patroulieren wie eine Besatzungsarmee. Die Polizei kommt, wenn überhaupt, nur im Großauf­gebot — selbst bei kleinsten Unfällen. Alltag in einem gescheiterten S ta a t-A llta g in Deutschland.

Duisburg-Marxloh: Einst schlug hier das indus­trielle Herz des Landes. Das Grubengold, w ie Herbert Grönemeyer die Kohle des Ruhrgebietes besang, und die Hüttenindustrie zogen über 150 Jahre Einwan­derer an. Erst kamen Polen, später vor allem Türken. In den 1960er Jahren begann das große Sterben - erst der Zechen, dann der ganzen Region. Gut die Hälfte seiner Einwohner hat Marxloh seither verloren. Die Fassaden überzieht ein grauer Schleier. Bei 16 Pro­zent liegt die offizielle Arbeitslosenquote. Daran hat­ten sie sich hier irgendwie gewöhnt, manches Mal vielleicht das Beste daraus gemacht. Doch seit etwa

zwei Jahren ist das Leben für viele Bewohner - Deut­sche wie alteingesessene Gastarbeiter — zur Hölle auf Erden geworden.

Romabanden regieren

«Sehr schmutzig ist es hier. Ich kenne die Gegend schon von vor 30 Jahren. Ist der absolute Untergang hier», erzählt Markus Piechowiak vor dem Marxloh Center am August-Bebel-Platz. Drei Häuser verw al­te t er im Viertel. Oft werde eingebrochen. Die Polizei nimmt die Vorfälle auf - und fährt wieder. Die eigent­liche No-Go-Area umfasst ein Gebiet südwestlich des Zentrums: Hagedorn-, Rolf- und W ilfriedstraße. Dort zogen vor allem Roma aus Rumänien und Bulgarien in heruntergekommene Häuser. Aus den Fenstern der Innenhöfe hängen Teppiche, auf der Erde türmen sich Fahrradwracks. Ausgespuckte Sonnenblumen­kerne säumen die Gehwege, wo auch am Nachmittag Gruppen von Männern in abgewetzter Kleidung lun­gern. Ganze Sippen kontrollieren m ittlerweile diese Elendszone. Auch libanesische und kurdische Clans

Die aus der Uckermark stammende M öchtegern-M utti der W elt «dis­kutiert» m it den bestellten Gästen in Marxloh. Foto: Bundesregierung/ Denzel

In einem Tabak­geschäft sind Einschussiöcher zu sehen.

Zerschossene Kioskscheibe in Marxloh: Dass es noch keinen Toten gab, ist nur Glück. Foto: Compact-TV

COMPACT Politik®

:N INjPT DEUTSCHLAND

■ Was uns w ichtig ist

'è';î

i . - ¡ o u h rt u . ! F L A V O O " *

Page 22: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

D er Glanz der Hochzeitsmeile W eseler Straße kann das Elend der No-Go-Area nicht überdecken. Fotos: Katja Paul

Duisburg-Marxloh

Einwohner

19.000Ausländeranteil

Arbeitslosenquote

*- 16%

Quelle: wikipedia©

30

fielen in Marxloh ein - und sollen inzwischen mit dem Rockerclub Hells Angels eine Allianz zum Terrorisie­ren der Stadt gebildet haben. In einem Tabakgeschäft in der Kaiser-Wilhelm-Straße sind deutlich zwei Ein­schusslöcher zu sehen. In die Fenster eines türkischen Kiosks in einer Seitenstraße flogen erst Steine, dann ein Gullydeckel. «Schlimm ist es geworden, die letz­ten Jahre», sagt ein türkischer Vater, der mit seinen zwei Kindern den Einkauf nach Hause trägt. «Ich w ill auch nur noch weg. Ich geb' dir einen Tipp: Pass' auf Deine Tasche auf.»

Zwei 15-Jahrige haben da eine Polizistin zusammengeschlagen.

Der Regen peitscht auf den August-Bebel-Platz. Schnellen Schrittes hasten die Menschen zum Marxloh Center. Aldi und Kik locken die Kunden. Die Weihnachtsbeleuchtung vom letzten Jahr hängt immer noch an der Fassade. Eine Frau vom Sicherheitsdienst geht m it einem Hund rund um das Gebäude. An den Marktständen gegenüber wühlen Roma in Kisten mit Schuhen und Wäsche. «Ich habe hier schon Zigeuner- Frauen sich auf offener Straße darüber streiten sehen, wessen Gebiet zum Klauen das hier ist», ereifert sich ein junger Mann. Die Weseler Straße beginnt gleich um die Ecke. M it ihren unzähligen türkischen Braut­modengeschäften g ilt sie als Hochzeitsmeile Deutsch­lands. Tagsüber pulsiert das Leben. Abends sollen die Sippen und Clans auch hierher vorstoßen. Die Kaiser- W ilhelm-Straße muss einst ein geschäftiger Boule­

vard der Industriestadt gewesen sein. Doch mittler­weile prägen geschlossene Läden das Bild. Vor ein paar Jahren überlegte die Stadtverwaltung Duisburgs, die Straße für Bordelle freizugeben. Ein Aufkleber «Made in Marxloh» ziert trotzig einen Stromkasten.

Putzen für Merkel

Im August blickte plötzlich ganz Deutschland auf den Stadtteil. Innerhalb von 24 Stunden ließen die Behörden das Viertel putzen. Die Bundeskanzlerin hatte sich angesagt. Im Hotel Montan, direkt im Her­zen der Verwahrlosung, lud Angela Merkel zum Bür­gerdialog. «Gut leben in Deutschland» lautete der euphemistische Titel. Dort tra f sie m it «Menschen zusammen, die sich in ganz unterschiedlicherWeise für ihren Stadtteil engagieren», hieß es auf der Inter­netseite des Bundeskanzleramtes. Anschließend zog der Tross w ieder von dannen. Zurück blieben die Marxloher - die meisten von ihnen zutiefst enttäuscht von der Stippvisite aus Berlin. «Da wurde nur die Straße gefegt, alles sauber gehalten und vom Feins­ten gegessen. Aber die Leute, die hier wohnen, ich glaube, da w ird sie nicht einmal ein W ort für gehabt haben. Das wollen die auch gar nicht sehen, die wis­sen das doch», sagt Marianne (Name geändert), die mit ihrer Tochter zum Einkäufen geht. «Statt dass sie sich mal die Ecken anguckt. M it dem Müll, die ganzen Berge. Die schmeißen alles hin und tschüss. Und die Deutschen, die hier wohnen, die gehen rennen. Das kann doch nicht sein, dass w ir in unserem eigenen Land rennen gehen müssen.» Auch wortreiche Ver­sprechen, die Sicherheitslage im Viertel zu verbessern, hat die Politik nach Merkels Besuch sofort vergessen. «Seit die Kanzlerin w ieder weg ist, gibt es nicht mehr

Page 23: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

DahlstraßeKonjunkturpaket

Zúé-ufÉ

COMPACT Politik®

so viel Polizeipräsenz w ie vorher», meint Filoreta Saiti, eine Ehrenamtliche aus dem Jugendclub.

Marxloh, gut zwei Wochen nach dem Anstands­besuch des hohen Gastes: Die Rollos des Hotel Mon­tan sind heruntergelassen, der Aushang für die Spei­sekarte ist leer. Das Gebäude mit seinen verschlisse­nen weißen Kacheln in der Dahlstraße w irkt verwaist. Nur einen Steinwurf entfernt sind Stimmen zu hören. «Trinkhalle» steht in blauer Schrift auf gelbem Grund vor der alten Tankstelle Wilfriedstraße. Die türkische Wirtin hat Gäste aller Nationalitäten. Der Besuch der Kanzlerin - für die M ännenm Gastraum war er ein Hohn. Die Bürger bekamen Merkel gar nicht zu sehen. Nur 60 handverlesene Gäste stellten das Publikum für den PR-Auftritt hinter Absperrungen. «Die Hälfte hat gar nicht in Marxloh gewohnt. Teilweise Leute aus dem Öffentlichen Dienst, und wenn sie was sagen, werden sie morgen rausgeschmissen», ärgert sich Horst (Name geändert), der sein ganzes Leben hier verbracht hat.

M it der Kanzlerin seien auch die großen Fernseh­sender gekommen, hätten Interviews gemacht «und nachher nur das Schöne gezeigt, alles andere raus­geschnitten». Doch es gibt nichts mehr Schönes: «Wir haben hier die größte M üll- und Verbrecherrate. Geh' mal in die Seitenstraßen da hinten. Da kannst Du den ganzen Müll sehen. Zwei 15-Jährige haben da eine Polizistin zusammengeschlagen.» Duisburgs Polizei ist inzwischen abgetaucht. Am August-Bebel-Platz hält eine kleine Wache den Anschein aufrecht, dass der Staat hier für Ordnung sorge. Über die Probleme reden w ill die Behörde nicht. Eine Interviewanfrage des COMPACT-Magazins ignorierte die Pressestelle. Ein internes Papier der Ordnungshüter lässt jedoch

tie f blicken: «Die Rechtspflicht des Staates zur Auf­rechterhaltung der öffentlichen Sicherheit ist in sol­chen Stadtbezirken langfristig nicht gesichert bezie­hungsweise akut gefährdet.»

Filoreta Saiti gehörte zu den Auserwählten des sogenannten Bürgerdialogs. Vielleicht, weil sie sich im Jugendclub engagiert. Zufrieden ist die 22-jährige gebürtige Albanerin mit der Kanzlerin nicht. Die Fra­gen der Anwesenden habe sich Merkel geduldig ange­hört. «Es hieß halt immer: Ich schau' mir das an, ich mach' das. W ir wurden schon ein bisschen hingehal­ten. Konkrete Antworten gab es jetzt nicht, bezüglich Marxloh und w ie das weitergehen soll.» Doch genau diese Antworten hatte sich Filoreta erhofft - denn der Niedergang ihrer Stadt lastet auch auf der ange­henden Erzieherin. «Weil w ir jetzt auch noch die No- Go-Area sind, ist es für uns Jugendliche besonders schwer zu sagen, ich komme aus Marxloh, dann wird man direkt abgewiesen.» Als sie sich unlängst um ein Praktikum bewarb und ihren Wohnort angab, war der Platz plötzlich nicht mehr frei.

Die Wut wächst

In Marxloh geht die Angst um. «Meine Eltern las­sen mich auch nicht immer hierher. Ich darf nur mit Freunden, und abends gar nicht», erzählt Melisa Yaren Bezek, die im Duisburger Stadtteil Laar wohnt. Zusammen mit ihren Freundinnen bummelt sie durch die Passage am Marxloh Center. «Ich bin selber Tür­kin, aber es ist nicht so, dass die Leute vor uns Angst haben», meint sie. So sieht es auch Marianne. Die Tür­ken «haben sich ja jetzt angepasst, die sind ja hier zu Hause. Wenn sie die Polizei hören, die sind überfor­dert mit den Zigeunern und den Bulgaren.»

An der alten Tankstelle kocht unterdessen die W ut hoch. Doch undifferenzierter Fremdenhass kommt zu keinem Zeitpunkt auf. «Die Flüchtlinge aus Kriegs­gebieten sollen kommen. Sollen von mir aus 800,000 kommen, oder eine M illion. Ich würde denen aucfie iii Zimmer frei machen. Aber nicht dieses ganze Kroppi- zeug da», sagt Horst und deutet mit der Hand in Rich­tung des Romaviertels. Sein türkischer Kumpel schauf skeptisch: «Die wollen doch auch nur leben», sagt er ganz leise.

iViele der Menschen hier haben längst resigniert.

Ihr Tenor: Es wird sich nichts ändern, weil es die Poli­tik nicht interessiert - nicht in Düsseldorf und schon; gar nicht in Berlin. Sich zu wehren, dazu haben sie ̂wohl nicht mehr die Kraft. Wer kann, der geht. Filoreta Saiti w ill dennoch in Marxloh bleiben und etwas ver­ändern. «Deshalb sind w ir eine Gesellschaft und eine ‘ Demokratie, damit w ir alle zusammen etwas bewe­gen», sagt sie. Dabei w irk t sie nicht naiv - sie hofft einfach auf eine Zukunft. Denn mehr als Hoffnung bleibt den Marxlohern nicht. ■

Hilferuf an Merkel

Im August Unterzeichneten Ein­wohner Marxlohs einen Offenen Brief an die Bundeskanzlerin. Darin hieß es unter anderem: «Der Lärmpegel [wird] von al­len Seiten durch raues M änner­gebrüll, Kindergeschrei und Ge­kreische von jungen Frauenstim­men dermaßen auf die Spitze getrieben, dass damit ein Party- Pegel w e it überschritten ist (...), der die hiesigen, ruhebedürf­tigen Anwohner an die Grenze des Tolerierbaren gebracht hat. Einigende Versuche (...) stießen auf mangelnde Gesprächsbe­reitschaft (...) und endeten in Beschimpfungen und Unterstel­lungen. (...) Die Betroffenen sind hier nicht nur Hartz-IV-Empfän- ger (w ir empfinden uns als kul­tiviertes Arbeiterviertel, in dem Solidarität kein leeres W ort ist), nicht nur "Schrottimmobilien­bewohner" oder Alkoholiker, sondern Bewohner, die einer schweren körperlichen Erwerbs­tä tig k e it -te ilw e is e Schichtar­beit - nachgehen, außerhalb ar­beiten und abends müde heim­kehren, Rentner und auch Schul­pflichtige, die ihrer wichtigsten Ressource (Schlaf) beraubt w er­den. Das ist ein übler, krank­hafter Zustand, der neben dem Müllproblem und den wilden Kippen besteht.»

Foto: Katja Paul

«Die Deutschen, die hier wohnen, die gehen rennen.»

Page 24: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

COMPACT Politik®

Zwei Leichen und ein Minister_ von Jürgen Elsässer

Das Wohnmobil der beiden Uwes in Eisenach. Foto: N SU Leaks

Die angeblichen Gründer des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) sollen sich mit einer Art Doppelselbstmord ins Jenseits befördert haben, behauptet die Bundesanwaltschaft. Doch es sieht ganz danach aus, dass auch ein verantwortlicher Politiker die Story nicht kaufen wollte.

Der NSU-Untersuchungsausschuss des Thürin­ger Landtages hat sich zur spannendsten krim inalis­tischen Veranstaltung der ganzen Republik entwickelt. Während im Münchner Prozess gegen Beate Zschäpe, die einzige Überlebende des Trios, vorwiegend über Verfahrensfragen und die Befindlichkeiten auf der Ver­teidigerbank gestritten wird, haben die Erfurter Abge­ordneten die ganze Ermittlungsarbeit an sich gezogen, die die Polizei so sträflich vernachlässigt oder absicht­lich vergessen hat. Es werden Zeugen und Sachver­ständige vorgeladen, deren Aussagen noch nie proto­kolliert und veröffentlicht worden sind - und die die ganze Prozessfarce in München eigentlich zum Plat­zen bringen müssten, wenn denn die großen Medien darüber berichten würden. Doch die schweigen eisern.

Die magische Patronenhülse

Als der Thüringer NSU-Ausschuss Ende August w ieder zusammentrat, beschäftigte er sich erneut mit dem Tod von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos am 4. November 2011 in Eisenach. Die angeblichen NSU-Gründer sollen an jenem Tag im Stadtzentrum eine Sparkasse ausgeraubt, anschließend im Ortsteil

Die Waffen hätten leicht unter­geschoben werden können.

Stregda ihr Wohnmobil in Brand gesetzt und sich dann erschossen haben - Mundlos zuerst Böhnhardt und dann sich selbst. In diesem Fall hätten Rußpartikel in Mundlos' Lunge gefunden werden müssen. Genau das behaupteten der Chef des Bundeskriminalamtes Jörg Ziercke sowie der Generalbundesanwalt Harald Range vor dem Innenausschuss des Bundestages am 21. November 2011. Aber bei der Autopsie wurde kein Ruß in der Lunge von Mundlos festgestellt. Also war er schon tot, als es brannte. Schlussfolgerung: Es muss einen dritten Mann gegeben haben, der die bei­den liquidierte und erst dann Feuer legte.

Dafür spricht auch die magische Patronenhülse im Caravan: Die angebliche Tatwaffe, ein Repetier­gewehr vom Typ Pumpgun, w irft nach jedem Schuss eine Hülse aus - fa lls jemand repetiert. Gefunden wurden zwei Hülsen. Jemand müsste also, nachdem beide Uwes to t waren, noch einmal repetiert haben.

Die Zweifel an der staatsoffiziellen Selbstmord- Theorie erhielten Anfang Juni neue Nahrung, als vor dem Ausschuss Feuerwehrleute aussagten, die mit als erste am Tatort waren. Brandmeister Frank Nenn­stil berichtete, w ie er im Innern des Wohnmobils vier bis sechs Fotos schoss - und ihm anschließend vom Polizeieinsatzleiter Michael Menzel der Fotoapparat abgenommen wurde. Der Film wurde nie zurückgege­ben und ist in den Akten nicht vorhanden. Hintergrund könnte sein, dass Nennstil damit eine Beobachtung

Page 25: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

COMPACT Politik®

hätte beweisen können, die er vor dem Ausschuss zu Protokoll gab: Er habe in dem Wohnmobil keine Waffen gesehen. Dies ist ein flagranter Widerspruch zur Behauptung von Polizeichef Menzel, dem eine auf dem Gasherd liegende Pistole vom Typ Heckler&Koch ins Auge gesprungen sein soll - die später als Dienst­pistole der 2007 in Heilbronn ermordeten Beamtin Michèle Kiesewetter identifiziert wurde. Bis dahin hatten die schwäbischen Kollegen keine heiße Spur in dem Fall - aber mit Menzels Fund ließ sich das Gewaltverbrechen den Toten in Eisenach zuordnen. Andernfalls hätte man Böhnhardt und Mundlos ledig­lich als Bankräuber überführen können - nicht aber als Mörder. Was aber, wenn die Heckler&Koch gar nicht im Wohnmobil war?

Hoher Besuch

Die Ausschuss-Sitzung am 27. August war w ie ­der brisant. Als erstes wurde die Gerichtsmedizine­rin Else-Gitta Mall von den Parlamentariern befragt. Sie hat die beiden Leichen obduziert, aber erst am Tag nach deren Auffindung. Nun räumte sie ein, dass sie bereits kurz nach dem Brand, weil rein zufällig gerade in der Nähe, mit Kollegen zu dem Wohnmobil geru­fen worden war - dort jedoch keinen Handschlag tat. Ihr w ichtigstes Versäumnis: Sie nahm keine Unter­suchung des Todeszeitpunktes vor. Damit hätte sich feststellen lassen, ob die vermeintlichen NSU-Grün- der gerade dahingeschieden waren - oder schon erheblich früher. Feuerwehrmann Nennstil hatte näm­lich angegeben: «Ich hatte den Eindruck, die Polizis­ten wussten schon vorher, dass die Personen im Fahr­zeug tot sind.»

Der Kracher war der A u ftritt des Abschleppunter­nehmers Matthias Tautz, der das Wohnmobil am Nachmittag des 4.11.2011 auf Weisung der Behör­den in die Halle seiner Firma brachte. Solche Auf­träge hatte der Mann schon oft übernommen - aber zum ersten Mal ließ man ihn ein Fahrzeug einschließ­lich der darin liegenden Leichen abtransportieren. Dadurch purzelten diese schon vor der kriminaltech­nischen Untersuchung übereinander - die perfekte Manipulation eines Tatortes. Regelrecht entrüstet war Tautz, weil ihm die Polizei nichts von Waffen im Cara­van gesagt hatte. Ein Hinweis auf die Kaltschnäu­zigkeit der Beamten - oder dass die ganzen Schieß­eisen erst nachträglich untergeschoben wurden? Das wäre nämlich bei der mehrwöchigen Verweildauer des Caravans in der Halle von Tautz durchaus mög­lich gewesen. «Man konnte dort einfach reingehen. Auch eine Videoüberwachung gab es nicht», sagte Tautz' Mitarbeiter Torsten Helmich vor dem Ausschuss.

Was der Abschleppunternehmer am Schluss zum Besten gab, verschlug den Landtagsabgeordneten parteiübergreifend die Sprache: Ausgerechnet der sächsische Innenminister sei «während der ersten

drei bis fünf Tage» nach dem 4.11.2011 in seiner Halle vorbeigekommen, um sich das Fahrzeug anzuschauen. Tautz wörtlich: «Ich sollte ihn abholen an einer Tank­stelle, damit man das nicht sieht.» Auf Nachfrage, ob es ein oder zwei Wagen gewesen seien, berichtet er, es habe sich um ein einzelnes Fahrzeug gehan­delt. Am Steuer saß ein Fahrer und die Person, die ihm als Innenminister von Sachsen vorgestellt wor­den sei, habe sich auf dem rechten Rücksitz befunden.

Noch mal ganz langsam: Sachsen ist nicht Thürin­gen. Der in Dresden amtierende Innenminister hat in Erfurt oder Eisenach nichts verloren, jedenfalls nicht ohne Einladung der Thüringer Landesregierung. Den­noch kam der sächsische Politiker an jenem Tag ins­geheim in der Firma Tautz vorbei, um sich den Lei­chencaravan anzuschauen. Er w ollte nicht gesehen werden und fuhr ohne Eskorte vor. Was sollte das Versteckspiel? Hatte er Zweifel an der NSU-Story, die das BKA zum Zeitpunkt seines Besuches erst intern diskutierte? W ollte er überprüfen, ob das Wohnmobil gut präpariert oder gesäubert worden war?. Alle diese Fragen sind hochinteressant, aber auch ohne deren Beantwortung ist schon die bloße Visite eine ju ris­tische Bombe: Hier hat sich ein politischer Entschei­dungsträger unbeaufsichtigt Zugang zu einem w ich ti­gen Beweismittel in einem Tötungsdelikt verschafft - er hätte alles Mögliche manipulieren können. Und: Er hat dies demnach fast vier Jahre lang verschwiegen.

Der sächsische Innenminister war übrigens damals derselbe w ie heute: Markus Ulbig (CDU). Seine Behörde hat die Aussage des Abschleppunterneh­mers dementiert. Nun steht Aussage gegen Aussage. Wenn der Münchner Prozess gegen Beate Zschäpe und andere nicht platzen soll, müsste Ulbig jetzt dort vorgeladen und Tautz gegenübergestellt werden. ■

Rucksack-Wunder

Einige Fundstücke aus dem aus­gebrannten Caravan geben Rät­sel auf: etw a ein Rucksack, der im Vergleich zu der M atratze darunter und den daneben lie­genden Kleidungsstücken nicht vollkommen verrußt oder von geschmolzenem Plastik ver­unreinigt, sondern - ein physi­kalisches W under - «fleckenlos» war. [S tuttgarter Nachrichten, 25.11.2011) In dem nagelneu­en Rucksack wurden am 5. No­vember 2011, also erst einen Tag nach Bergung der Leichen, Geldbündel eines Banküberfalls und Patronen gefunden. Erst am 1. Dezember 2011, fast einen M onat später, fielen den Ermitt­lern auch noch sechs DVDs mit dem Paulchen-Panther-Beken- nervideo auf - und es brauchte fast ein w eiteres Jahr, bis die­se sogenannte Fahndungspan­ne Ende November 2012 in den M edien gem eldet wurde. W a ­rum hat man diese DVDs bei der ersten Durchsuchung des Ruck­sacks nicht bemerkt - und w a ­rum sah dieser überhaupt nicht so aus, als ob er beim Brand im W ohnwagen gelegen hät­te? W urde er erst nachträglich platziert?

Die angeblichen Fundstücke, schön drapiert durch die Polizei. Foto: NS U Leaks

Er sollte ihn an einer Tankstelle abholen, «damit

i man das nicht , sieht».

Markus Ulbig (CDU). Foto: picture allian ce /d pa

Page 26: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

COMPACT

Seite 42- 48,

Seit die Regierung in Budapest versucht, den Massenzustrom illegaler Einwanderer zu stoppen, ist sie zum Hauptfeind der Europäischen Union geworden. Premier Viktor Orbán lehnt den Globalismus ab und verteidigt das Recht auf Heimat und Identität. Eine Analyse über die deutsche Presse zeigt, w ie parteiisch sie über ein Volk berichtet, das 1989 die Wiedervereinigung ermöglich hat. picture alliance/dpa

Page 27: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

COMPACT Dossier®

Kesseltreiben gegen Ungarnvon Federico Bischoff

Ungarn schließt die Grenzen - und zwischen Budapest und Brüssel beginnt eine Eiszeit. Vergessen scheint, dass die deutsche Einheit ohne die Magyaren unmöglich gewesen wäre.

iV*Vertragstreues

Ungarn«Ungarn hat in diesem Jahr schon 140.000 Migranten ent­sprechend den Dublin-Ill-Regeln registriert - im Unterschied zu Griechenland, das die meisten von ihnen vorher durchquert ha­ben müssen. Die Mehrzahl hat aber kein Asyl beantragt, son­dern ist weitergereist: über Ös­terreich nach Deutschland. Nur 67.000 Migranten haben in Un­garn Asyl beantragt; in 54.000 Fällen wurde die Prüfung des Antrags abgebrochen, w eil die Antragsteller verschwunden waren.» {Frankfurter Allgem eine Sonntagszeitung, 30.8.2015)

«Orban putinisiert Ungarn.» Der Spiegel

Plakat der Ausstellung «Danke Ungarn!» in Sopron. Foto: Stadt Sopron

Gerade ein Jahr ist es her, da plakatierte die Bun­desregierung noch groß die Parole «Danke Ungarn!». Am 11. September 2014 jährte sich zum 25. Mal die

IÖ ffnung der Grenze zwischen Ungarn und Österreich im Örtchen Sopron, was 1989 tausenden DDR-Flücht- lingen die Ausreise in den Westen ermöglichte hatte. Dieses Jubiläum feierten die deutsche Botschaft in Budapest und die Deutsch-Ungarische Industrie-und FHandelskammer (DUIFHK) und ließen in der Hauptstadt, aber auch in anderen ungarischen Städten - etwa in Pécs, Miskolc, Szombathely, Veszprém, Hatvan oder Kecskemét - Litfaßsäulen und Werbeflächen mit dem Spruch bekleben. Die deutsche Botschafterin Liese­lore Cyrus fand bei der Vorstellung der Aktion schöne Worte: «Die Ungarn haben bei all diesen Ereignissen viel Herz und großen M ut bewiesen - hierfür sind sie bekannt, und so haben sie gehandelt.»

Das offizielle Dankeschön mochte auch dem Umstand geschuldet gewesen sein, dass die Regie­rungen sowohl in Budapest w ie in Berlin von konser­vativen Schwesterparteien geführt werden: Die Fidesz von Premier Viktor Orban w ie die CDU von Angela Merkel gehören dem Verbund der Europäischen Volks­parteien (EVP) an. Doch abseits der amtlichen Kon­takte hatte sich das deutsch-ungarische Verhältnis bereits 2014 eingetrübt, weil die Bundeskanzlern die US-Politik gegen Russland offensiv mittrug, während der Premier w eiter auf gutes Einvernehmen mit Mos­

kau W ert legte, auch wenn er die EU-Sanktionen res­pektierte. Der Spiegel rüpelte einen Tag nach dem Sopron-Jubiläum: «Orban putinisiert Ungarn.»

ÀKältesturz

Aber diese Sticheleien - mehr dazu ab Seite 46 - sind nichts im Verhältnis zu der hasserfüllten Polemik, die aus den EU-Partnerstaaten über Ungarn nieder­geht, seit Orban die EU-Außengrenze mit einem Zaun schützt und dadurch wenigstens die illegale Einreise eindämmt. «Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán ist im offiziellen Europa so beliebt w ie Bushido beim Feministinnentreffrç*fasste ein Kommentator auf ntv Anfang September zusammen. Luxemburgs Außen­minister Jean Asselborn, derzeit EU-Ratspräsident, sagte im ZDF: «Man muss sich für Viktor Orbán schä­men.» Und weiter: «Man empfängt einen Menschen, der die Barbarei des IS in Syrien erlebt hat, nicht mit Stacheldraht, sondern man macht ihm die Tür auf und gibt ihm eine Chance.» Das müsse auch einer wie Orbán sehen, der nur Christen ins Land lassen wolle. «Aber wenn Orbán ein Christ ist, dann ist Kim II Sung auch ein Christ.»

Zuvor hatte Orbán den Ansturm der Illegalen als ein «deutsches Problem» bezeichnet. Die Bundesrepu­blik habe durch die Aussetzung der Asylprüfung für Syrer «den Magneten eingeschaltet», kommentierten Budapester Zeitungen. Der Premier warnte: «Wenn w ir unsere Grenzen nicht schützen, werden zehn M il­lionen nach Europa kommen.»

Tatsächlich sieht es ganz danach aus, als ob die Puszta-Republik w ie 1989 darüber entscheidet, ob die bis dato bestehende europäische Ordnung zusam­menbricht: Vor 25 Jahren öffneten die Ungarn den Eisernen Vorhang, die Menschen konnten plötzlich unkontrolliert in den Westen ausreisen, die DDR ver­lor dringend benötigte Arbeitskräfte und, mehr noch, moralische Legitimität. Würde sich heute Budapest genauso verhalten, würden die Staaten der EU durch die Massenflucht genauso geschwächt werden wie damals die Staaten des Warschauer Paktes - aller­dings nicht durch massenhafte Aus-, sondern Einreise. Ironie am Rande: Während Ungarn damals das Grenz­regime des Ostblocks verletzte, aber dafür von seinen Bündnispartnern nicht bestraft wurde, steht es heute unter Beschuss seiner EU-Partner, gerade weil es die Grenzkontrollen, die in den Abkommen von Schengen und Dublin gemeinsam vereinbart wurden, respektiert. Ungarn, das 1989 die Freiheit in Europa durchsetzen half, w ird heute bestraft, weil es diese Freiheit nicht gefährden w ill. ■

Page 28: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

«Europa den Europäern!»von Viktor Orbán

Für viele Flüchtlinge g ibt es nur ein einziges Ziel: Deutschland. Foto: B Z/Nóra Halász

Im Konzert der europäischen Regierungschefs spielt der ungarische Ministerpräsident Orbán die lauteste Oppositionstrompete. Ohne Rücksicht auf politisch korrekte Dogmen kritisiert er die vorherrschende Asyl- und Zuwanderungspolitik, da sie zum Untergang der Völker auf unserem Kontinent führe.

Vor einem Jahr habe ich gesagt, dass w ir in Zeiten leben, in denen alles passieren kann, und diese Aus­sage halte ich auch heute noch aufrecht. Wer hätte gedacht, dass Europa nicht in der Lage sein würde, seine eigenen Grenzen selbst gegen unbewaffnete Flüchtlinge zu schützen? Wer hätte gedacht, dass sich beispielsweise die Dinge in Frankreich so w e it ent­wickeln könnten, dass der Leiter der dortigen Islam­gemeinde dem französischen Staat ein offenes Ange­bot unterbreitete, die entvölkerten christlichen Kirchen seiner Gemeinde zu überlassen, da man aus diesen gerne islamische Gotteshäuser machen würde? Wer hätte gedacht, dass die Vereinigten Staaten von Ame­rika führende deutsche Politiker abhören? All dies ist geschehen, und der Himmel stürzt trotzdem nicht ein. Und wer hätte gedacht, dass w ir Europäer so tun wür­den, als wäre überhaupt nichts geschehen, und füh­ren unsere Freihandelsverhandlungen freundlich mit einem Partner weiter, dem unsere Verhandlungsposi­tionen vermutlich früher bekannt waren als uns selbst? Und wer hätte noch vor einem Jahr gedacht, dass man amerikanische Waffen in M itteleuropa stationieren wird, und es dem ungarischen Parlament noch Kopf­

zerbrechen bereiten wird, ob sich auch Ungarn in die Stationierungsländer einreihen soll? Und wer hätte außer uns gedacht, dass bis Ende 2014 Ungarn das Land mit dem w irtschaftlich zweitschnellsten Wachs­tum in der gesamten Europäischen Union wird?

Massenexodus aus Afrika\

Viktor Orban Foto: Derzsi Elekes Andor

Sprechen w ir Klartext: Die Verstärkung der n e u -> • zeitlichen Völkerwanderung hat als Konsequenz po liti­scher Prozesse eingesetzt. Die nordafrikanischen Län-*> der haben früher als Schutzbastionen Europas fungiert, . wobei sie Völkermassen, die dort aus dem Inneren Afrikas angekommen sind, aufgefangen haben. Dabei ist festzuhalten, dass die w irklich ernsthafte Bedro­hung nicht einmal aus den Kriegsregionen, sondern aus den inneren Regionen Afrikas stammt. (...) In Afrika leben derzeit 1,1 M illiarden Menschen, von denen mehr als die Hälfte jünger als 25 Jahre ist. Sarkozy vertritt die Ansicht, dass innerhalb kürzester Zeit mehr als rund hundert M illionen Menschen kein Obdach und keinen Zugang zu einer ausreichenden Wasser- und Nahrungsmittelversorgung haben wer-

Der Menschen­rechts-Fundamen­talismus des Westens ermuntert die Migranten:

43

Page 29: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

COMPACT Dossier®%

©44

folk •Würden Sie die ungarische Regierung \ bei ihren Bemühungen zur Einführung ' strengerer Einwanderungsregeln un­terstützen? **

Im Rahmen einer sogenannten «nationalen Konsultation» hat die ungarische Regierung eine Umfrage zum Thema Einwande­rung gemacht. Acht M illionen Fragebögen wurden versandt; zurückgeschickt wurden exakt 1.000.254 Antworten.

Orbán stellte die Ergebnisse in seiner nebenstehend dokumen­tierten Rede vor: «Mehr als zwei Drittel der Ungarn stufen die Frage der Expansion des Terro­rismus hinsichtlich des eigenen Lebens als relevant ein. Drei Viertel der Ungarn sind der M e i­nung, dass die illegalen Einwan­derer die Arbeitsplätze und den Lebensunterhalt von Ungarn ge­fährden. Vier Fünftel der Ungarn stufen die Politik Brüssels hin­sichtlich Fragen der Einwande­rung und des Terrorismus als ge­scheitert ein, weshalb neue An­sätze und striktere Regelungen für erforderlich gehalten w er­den. Rund Vier Fünftel der Un­garn unterstützen die Regie­rung dabei, im Gegensatz zu der "Laisser faire "-Politik Brüssels, striktere Regeln zum Stopp der illegalen Einwanderung zu ver­abschieden. Die Ungarn erwar­ten dabei Regelungen, die es er­möglichen, dass die Personen, die die ungarischen Grenzen il­legal übertreten, in Gewahrsam genommen und innerhalb kür­zester Zeit w ieder abgeschoben werden können. Gemäß 80 Pro­zent der Befragten sollten die il­legalen Einwanderer, während diese sich in Ungarn aufhalten, für die Kosten ihres Unterhalts selbst aufkommen. (...) Zu gu­ter Letzt und w as alle anderen Punkte ubertrifft, ist die über­w iegende M ehrheit der Ungarn, das heißt 95 Prozent, dafür, dass man anstatt der Einwanderung eher die ungarischen Familien und die hier geborenen Kinder unterstützten sollte.»

den, weshalb sich diese Menschen irgendwohin auf den Weg machen werden, und zwar denen folgend, die bereits heute unterwegs sind.

Daraus kann die Schlussfolgerung gezogen werden, (...) dass heute für uns Europa, die Lebensart der euro­päischen Bürger, die europäischen Werte, das Über­leben oder Verschwinden der europäischen Nationen, und, noch präziser ausgedrückt, deren Veränderung bis zur Unkenntlichkeit auf dem Spiel steht. Heute lau­tet die Frage nicht mehr lediglich dahingehend, in was für einem Europa w ir Ungarn leben möchten, sondern, ob all das, was w ir heute unter dem Begriff Europa

t verstehen, überhaupt noch existieren w ird. Unsere "diesbezügliche Antwort ist völlig klar: W ir möchten,

dass Europa weiterhin den Europäern gehört. Das ist unser Wunsch. Warum dies lediglich ein Wunsch von uns sein kann, liegt darin begründet, weil hierzu auch die Absicht der Anderen erforderlich ist, aber es gibt auch etwas, was w ir uns nicht nur wünschen, son­dern ganz entschieden wollen. W ir wollen das Land Ungarn, da dies ausschließlich von uns selbst abhängt, als ungarisches Land bewahren. Diese Feststellung g ilt unter den hier Anwesenden zwar eher als Bin­senweisheit, wobei dies aber immer wieder mit Nach­druck zu betonen ist, da es auch andere gibt, die hier­über völlig anders denken. Es ist in gleicher Weise unglaublich und für unsere eigenen geistigen und see­lischen Fähigkeiten schier unfassbar, dass es tatsäch­lich einige gibt, die hierüber anders denken.

D er Buda pester Ostbahnhof wird von Förderern belagert. Foto: B Z /Nora Halász

Die europäische Linke (...) sieht im Problem der Einwanderung keine Gefahrenquelle, sondern eine Chance. Die Linke hat bereits seit jeher die Nationen und die nationale Identität mit Argwohn betrachtet. Dabei vertritt die Linke den Standpunkt - verfolgen Sie nur einmal ihre Worte - , dass durch die Eskala­tion der Einwanderung endgültig die nationalen Rah­men geschwächt und sogar elim iniert werden könn­ten, wodurch eines der bisher unerreichten Ziele der Linken von historischer Perspektive realisiert wer­den könnte. (...) Diese Menschen, diese Politiker mögen die Ungarn ganz einfach nicht, und sie mögen die Ungarn gerade aus dem Grund nicht, weil diese Ungarn sind. Genauso, w ie auch einige Finanz- und Politikzentralen in Brüssel daran interessiert sind, die nationalen Rahmen aufzulösen, die nationalstaatliche Souveränität zu schwächen und die nationalen Iden­titäten auszulöschen. (...)

100 Millionen Afrikaner könnten sich auf den Weg machen.

W ir müssen aber auch darauf zu sprechen kommen, dass die immer stärker werdende M igration auch damit zusammenhängt, dass der Fundamentälismus des Westens im Bereich Menschenrechte allen Men­schen, unabhängig davon, aus welchem Grund diese ihre Heimatländer verlassen möchten, eine mora­lische Ermunterung bietet. Dabei gibt es selbstver­ständlich auch echte Flüchtlinge, aber dennoch sind

Page 30: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

COMPACT Dossier®

diejenigen deutlich in der Mehrzahl, die lediglich die Vorteile der europäischen Lebensart genießen möch­ten. Da aber niemals so viele Menschen auf lega­lem Weg auf das Gebiet der Union gelangen könn­ten, nehmen immer mehr Menschen die Gefahren, die mit einer illegalen Einwanderung verbunden sind, auf sich, und es werden Ihnen künftig immer mehr gleich­tun. Und da die Europäische Union lediglich über Prin­zipien, aber keine echte Souveränität oder zum Bei­spiel eigene Grenzschützer verfügt, kann auf die neue Situation auch nicht in entsprechender Weise rea­giert werden. (...)

Migration und Terrorismus

An dieser Stelle sollten w ir vier dieser Fragen ansprechen, die in der kommenden Zeit europa­weit w ichtig werden, und zum größten Teil auch uns Ungarn beschäftigen werden.

Die erste dieser Fragen betrifft das Problem der nationalen Identität. Vor 30 Jahren haben zahlreiche Europäer die Antwort auf die gesellschaftlichen Pro­bleme Europas im sogenannten Multikulturalism us gesehen. (...) Mehrere europäische Staaten haben in den vergangenen 30 Jahren beschlossen, M en­schenmassen mit unterschiedlichem Zivilisationshin­tergrund in großer Anzahl bei sich aufzunehmen. Ich bin davon überzeugt, dass es uns nicht zusteht, die­sen Versuch zu bewerten (...). W ir dürfen dazu ledig­lich so viel sagen, aber dies sollten w ir entschlossen tun, dass w ir diesen Versuch - im Hinblick auf dessen Ergebnisse - an uns selbst nicht zu wiederholen wün­schen, und hierzu haben w ir jedes Recht.

Die zweite Frage, über die w ir offen und gerade­heraus sprechen müssen, ist, iass ein klarer Zusam­menhang zwischen dem Zustrom von illegalen Ein­wanderern nach .Europa und der Ausweitung von Ter­rorismus besteht. Interessanterweise scheint dieser Zusammenhang aus Sicht der angelsächsischen Län­der offensichtlich zu sein, während andere diesen eher dementieren. (...) Es ist nämlich offensichtlich, dass wir aus einer so riesigen Menschenmenge die feind­lichen Terroristen nicht ganz einfach herausfiltern kön­nen. Wir müssen uns ferner mit dem britischen M inis­terpräsidenten Cameron einverstanden erklären, der die Situation w ie fo lg t form uliert hat: W ir werden diese Krise nicht lösen können, wenn w ir diese Men­schen nicht gleich zu Beginn, und zwar genau dann, wenn sie ihr eigenes Land verlassen möchten, stoppen.

Das dritte Problem, mit dem w ir neben dem Pro­blem des Multikulturalismus und des Terrorismus zu kämpfen haben, ist von w irtschaftlicher Natur. Die Erfahrungen des Westens zeigen deutlich, dass die illegalen Einwanderer zum Anstieg der Arbeitslosig­keit beitragen. (...) Das Eintreffen von neuen M en­schenmassen in Ländern, in denen von vornherein

eine hohe Arbeitslosigkeit herrscht, generiert eine noch höhere Arbeitslosigkeit. Dieser Zusammenhang ist eigentlich so einfach w ie das Einmaleins.

Einwanderung und Kriminalität

Und zuletzt, lassen Sie mich bitte eine Sache ansprechen, die wegen der gebotenen politischen Korrektheit in Europa stets aus Scham verschwiegen w ird. Gemäß den Polizeistatistiken der westlichen Länder zeichnet sich ab, dass dort, wo illegale Ein­wanderer in hoher Anzahl leben, das Maß der Kri­m inalität drastisch ansteigt, und die Sicherheit der Bürger im gleichen Verhältnis dazu abnimmt. Ich nenne dazu einige Beispiele, die uns nachdenklich stimmen sollten. Gemäß einer Statistik der UNO (...) steht Schweden hinsichtlich der Anzahl von Delikten sexueller Gewalt nach dem südafrikanischen Leso­tho w e ltw e it auf dem zweiten Platz. Gemäß eines Berichts des britischen Parlaments aus dem Jahr 2013 nahm die Anzahl der verurteilten Muslime, die in bri­tischen Justizvollzugsanstalten einsitzen, in den letz­ten 15 Jahren um 300 Prozent, das heißt auf das Drei­fache, zu. In Italien wurde im Jahr 2012 rund ein Vier­tel der Straftaten von Einwanderern begangen. Und die Aufzählung könnte beliebig fortgesetzt werden.

Zusammenfassend (...) können w ir daher festhal- ten, dass die illegale Einwanderung für Ungarn und Europa in gleicher Weise bedrohlich ist. Sie s te llt eine Gefahr für unsere gemeinsamen Werte, unsere gemeinsame Kultur und sogar für unsere V ielfa lt dar und bedroht gleichzeitig die Sicherheit der Europäer, und erschüttert dabei unsere Fähigkeit, unsere w ir t­schaftlichen Ergebnisse zu stabilisieren. (...) ■

Das ist Hassan, angeblich aus Syrien. Stolz und entschlossen trägt er die ganze Z e it ein Portrait der Chefin seines Reiseziels vor sich her. Foto: BZ/EKD

Es gibt einen Zusammenhang zwischen illegaler Einwanderung und Terrorismus.

Der ungarische Premier hielt diese Rede am 25. Juli im Rahmen

j der Freien Sommeruniversität von ! Balvanyos im siebenbürgischen

Tusnadfürdö (Beile Tusnad). Oie '■ vollständige Ansprache ist in der

«Budapester Zeitung» (budapester. hu! vorn 19.8.2015 dokumentiert. Wir bedanken uns für die Abdruck­genehmigung. ©

45

Page 31: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

«Egal, was passiert, wir ziehen das durch»_lnterview mit Peter Fitzek

Die BRD erkennt er nicht an - und hat seinen eigenen Staat in Wittenberg gegründet: das «Königreich Deutschland» samt eigener Krankenkasse und Reichsbank. Doch dann schlug der Gegner erbarmungslos zu. Seinen Optimismus hat der Pionier trotzdem nie verloren.

Euer Modell des alternativen Lebens und Arbei- tens hat den Anspruch einer neuen, völlig ande­ren Staatlichkeit. Warum zum Teufel nennt Ihr das Königreich, was dann die ^//(/-Zeitung einlädt, von Ihnen als dem «irren König» zu sprechen?Das stimmt natürlich. Ich hatte damals versucht, die Menschen ins Boot zu holen, und dazu eine Veranstal­tung gemacht und gesagt, kommt, w ir organisieren die Dinge an der Basis völlig neu, und beim ersten Mal waren*'dann zwölf Leute da, beim nächsten Mal 25, beim letzten Mal etwa 140. Aber es ist nichts zu Potte gekommen. Man hat sich dann verloren in Ego- Befindlichkeiten... W ir haben dann eine neue Ver­anstaltung gemacht, die nannte sich «Wir gründen den Staat Deutschland neu - und Sie machen mit!»

Aber warum ein Königreich? Man hätte ja auch eine Räterepublik machen können?Ja genau. Ich habe dann aber gemerkt, dass die Men­schen Angst haben, Verantwortung zu übernehmen. Wir haben dann gesagt, okay, w ir gründen jetzt einen Staat, koste es, was es wolle. Dann habe ich aber

keine Räte, keine Basisdemokratie. Damit aber irgend­was da ist, woran diese Strukturen an der Basis hoch­wachsen können, musste ich dann sagen: Ich mache ein Königreich. Nun habe ich damals sehr, sehr große Bauchschmerzen gehabt, weil: König w ollte ich auf gar keinen Fall werden. Eine Krone aufsetzen - ooh nee, habe ich mir gedacht, das geht gar nicht. Dann kam mir diese Idee mit dem «Obersten Souverän». So, können die Leute sich irgendwann mal einen König wählen, ich bin nur Platzhalter.

Wenn ich jetzt Bürger in diesem Königreich w er­den w ill, w ie geht das vor sich?Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Eine Zugehörig­keit zu erklären, ist w ie eine kostenlose Vereinsmit-* gliedschaft, kostet gar nichts. Aber man sagt: Ich j erkenne die Verfassung an. Dann gibt es die M ög-{ lichkeit, zu sagen: Ich möchte Rechte erwerben. Das bedeutet, ich komme in die Staatsangehörigkeit. Die ‘ muss ich beantragen. Und dann mache ich eine Prü­fung. Bei der weise ich nach, dass ich die Verfassung gelesen habe und weiß, in welcher Ordnung ich mich da bewege. Ich glaube, über 90 Prozent der Menschen

N icht Hamlet, sondern Peter Fitzek. Foto: Privat

W appen des Königreiches Deutsch­land. Foto: COMPACT

Anzeige

«König wollte ich auf keinen Fall werden.» * ©

61

Page 32: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

COMPAQ Leben®

Der Verein NeuDeutschland wurde 2009 in W ittenberg gegründet. Foto: KRD

«Ich habe niemanden gefragt, ich habe es einfach gemacht.»

M arc Dassen, Peter Fitzek und Jürgen Elsässer (v.l.n.r.) Foto: COMPACT

_Das Interview führten Jürgen Elsässer und Marc Dassen. Für den Abdruck wurde es stark gekürzt, kann jedoch demnächst komplett auf COMPACT-Dnline und auf unserem Youtube-Kanal gesehen werden.

hier haben nie das Grundgesetz gelesen. W ir w o l­len kein dummes Staatsvolk, sondern w ir wollen w is ­sende Bürger, die Verletzungen erkennen und sagen: Das muss berichtigt werden!

König und Kommune

Gibt es sonst noch Bedingungen? Muss man Geld mitbringen oder muss man Deutscher sein?Nein. Jeder kann einen Antrag stellen. Das Einzige ist praktisch, dass w ir eine Staatsangehörigkeits­prüfung haben. Und das ist normalerweise ein Zwei- Tages-Seminar. Da kostet die Prüfung inklusive der Aufnahme zur Staatsangehörigkeit 397 Euro, das ist so viel w ie in der Schweiz.

Wenn man jetzt Bürger ist, muss man dann hier­her in dieses schöne Areal ziehen?Man muss hier gar nicht herziehen. Die Staatsangehö­rigen definieren sich über die Geltungsbereiche, die in unserer Verfassung verankert sind. Und das ist erstens der räumliche Geltungsbereich: das gesamte Deut­sche Reich in den Grenzen nach dem geltenden Völker­recht. Dann gibt es einen zeitlichen Geltungsbereich, und der bedeutet die Geltung der Verfassung ab dem16. September 2012. Und dann gibt es noch den sach­lichen Geltungsbereich, der bedeutet: Jeder, der sich zu dieser Verfassung bekannt hat, ist Staatsangehö­riger oder Staatszugehöriger. Und der kann leben, wo immer er möchte.

Ist das hier organisiert w ie eine Kommune?Kann man so sagen, ist w ie eine Dorfgemeinschaft. W ir untereinander arbeiten bargeldlos. Jeder ste llt dem anderen bedingungslos seine Leistung zur Ver­fügung. Alle, die hier leben, können kostenfrei hier wohnen und leben.

Aber Sie haben doch externe Kosten, Sie müs­sen doch die Energie bezahlen.Das machen w ir dadurch, dass w ir eine Gesundheits­kasse haben. Die arbeitet deutschlantlweit. Die Über­schüsse der Gesundheitskasse stecken w ir in gemein­nützige Projekte. Zudem machejch Seminare. Und die Einnahmen werden w ieder in die Projekte gesteckt, oder auch in das Objekt, um die Kosten zu bezahlen, um die Dinge zu erweitern.

Staatsfeind Nummer Eins

Ich habe gelesen, dass Sie eine eigene Reichs­bank aufgemacht haben, die Ihnen wieder zer­schlagen worden ist. Warum hat das nicht geklappt?Es hat sehr gut geklappt, bis die Bankenaufsicht (BaFin) kam und gesagt hat: W ir unterstellen hier unerlaubte Bankgeschäfte.

Aber das w ar doch klar, dass die kommen!Ja natürlich war es klar, dass die kommen, auf jeden Fall. Das System übt ja immer Diktatur aus.

Dann seid Ihr ja sehenden Auges in die Zerschla­gung hineingelaufen.Ich habe mir damals gesagt, du musst jetzt irgendwas machen, damit die Leute mal ins Bewusstsein krie­gen, dass das Geldsystem kriminell ist. Und das kann ich machen, indem ich provokant bin. Eine königliche Reichsbank ohne Genehmigung zu eröffnen, ist auf jeden Fall eine provokante Angelegenheit. Und da kam dann auch die Presse - bad news are good news. Ich habe niemanden gefragt, ich habe es einfach gemacht. Ich habe geguckt: Wo sind die Lücken im System? Und diese habe ich konsequent genutzt. Da kann man nur mit W illkür und Diktatur kommen. Und ich möchte, dass die Menschen merken, dass hier Diktatur herrscht.

Mehrfach haben Sie auf Ihrem Grundstück jetzt Razzien erlebt, bei denen Polizisten alles mit­genommen haben, was sie tragen konnten. W ie ist das abgelaufen? Was haben die Polizisten dazu gesagt?Es gab hier Polizisten, die hatten Tränen in den Augen. W ir haben ja auch Kinder und Familien hier gehabt. Und manche von den Polizisten haben gemerkt: Das sind ja ganz nette Menschen. Wieso kommen w ir mit 150 Leuten, in voller Montur, vermummt, maskiert und reiten hier mit Sondereinsatzkommandos ein?

Als ob Ihr Terroristen seid...Kann man so sagen, ja genau. So werden w ir hier behandelt. Bis jetzt war es aber so, dass w ir aus jeder Razzia unseren Nutzen gezogen haben. Einen Tag nach jeder Aktion w ar hier alles w ieder offen. Nach der vierten Razzia haben die dann endlich gemerkt, w ir hören hier nicht auf, egal was passiert, w ir ziehen das hier durch.

Page 33: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

COMPACT Leben®

Ich habe eine Fernsehsendung gesehen, da gab es einen Mann der ersten Stunde des König­reichs, der hat gesagt, er hat bei der Reichs­bank 200.000 Euro eingezahlt. Und als er das zurück wollte, hat er es nicht zurück gekriegt. Was sagen Sie dazu?Wir haben jeweils Kapitalüberlassungsverträge ver­wendet. In diesen Verträgen war ganz klar zum Aus­druck gebracht, dass man das Geld nicht jederzeit zurückholen kann, denn w ir wollen ja dieses Geld investieren, in gemeinnützige Projekte, um den Staat neu aufzubauen. Da hat jeder unterschrieben. Erst wenn Geld da ist, dann kann derjenige es zurückfor­dern. Nun war es so, dass er entweder die Sache nicht verstanden oder seine Gesinnung geändert hat. Ich glaube, dass es so war, dass er Angst gekriegt hat, denn als die BaFin kam, hat er sich verunsichern las­sen und w ollte dann auf einen Schlag alles zurück­haben. Später hat er uns aber sogar noch 80.000 Euro gespendet, damit w ir hier eine Erwachsenen-Schule machen können.

Wandel von deutschem Boden

Ihr habt Euch auch eine eigene Verfassung gege­ben. W elche Unterschiede gibt es zum Grund­gesetz der BRD?Ein w ichtiger Unterschied ist, dass Menschen bei uns nur dann in höhere Entscheidungsebenen hineinwach­sen, wenn sie über Kompetenz verfügen, das heißt, wir haben eine Kompetenzregierung, keine M arionet­tenregierung. Es gibt bei uns immer nur direkte W ah­len, es gibt keine Parteien.

Über die Feinheiten der künftigen Verfassung könnte man lange diskutieren, mich interessiert: Wie kann etwas durchgesefzt werden? Wäre es nicht klüger gewesen, unter dem Radar zu blei­ben, erst mal in verschiedenen Gemeinden die eigenen Leute an die Spitze zu bringen - und

Anzeige

die dann am Schluss zu einem «Königreich» zusammenzuführen?W ir haben verschiedene Strategien. W ir stellen jetzt ganz offiziell einen Oberbürgermeisterkandidaten in Bonn, der m it einem Programm an den Start geht, das Parteien nie vorweisen könnten. Wenn sich Menschen finden, die sagen, ich möchte als Oberbürgermeister kandidieren und ich möchte, dass das im Geheimen passiert, Ihr gar nicht in Erscheinung tretet, dann wer­den w ir die fördern.

W as macht Ihr eigentlich, wenn die Euch bei der nächsten Razzia das ganze Gelände und alle Immobilien beschlagnahmen?Dann werden w ir noch viel gefährlicher. Aufhören werde ich auf keinen Fall. Je mehr man gegen uns vorgeht, desto krasser werden w ir gegen das Sys­tem vorgehen.

Warum ärgert Ihr Euch eigentlich herum mit die­sem bekloppten BRD-Staat und verhandelt nicht mit Putin, dass er euch in Kaliningrad, dem alten Königsberg, ein Gebiet überlässt? Dann könnt Ihr dort das Königreich machen!Ich war schon vor vielen Jahren in der russischen Bot­schaft. Damals hat man mir gesagt: W ir können ja jetzt nicht m it Zweien verhandeln, das könnte Pro­bleme geben. Ich habe aber gesagt, w ir müssen zuerst in Deutschland etwas auf die Beine stellen, denn von Deutschland w ird die Veränderung der W elt erwartet. Man hat Deutschland immer schon als Versuchsfeld benutzt, um etwas Neues zu initiieren. Deutschland w ird ja als Land der Dichter und Denker gesehen, und insofern traut man den Deutschen auch einen W an­del zu, und dieses Mal auch auf friedliche Weise. Uns w ird zugetraut, die Transformation hier zu beginnen, um dann die W elt anzustecken. Transformation ohne Krieg - das ist das Ziel.

Herzlichen Dank für das Gespräch! ■

OKAPITALSICHERN.DE

ECHTE WERTE

Vom Koch zum König

Peter Fitzek (Jahrgang 1965), das Oberhaupt des «Königreichs Deutschland», kommt aus ein­fachen Verhältnissen. Der Vater stammt aus Schlesien. Sein be­ruflicher W erdegang beginnt mit einer Ausbildung zum Koch, zeit­w eise arbeitete er als Küchen­chef. Heute bietet der überzeug­te Vegetarier lieber politische statt kulinarische Rezepte an. Fitzek ist außerdem begeisterter Kampfsportler, hat den schwar­zen Gürtel im Judo. Zeitw eise arbeitete er auch als Videothe- kar und betrieb einen Laden für afrikanische Kunstgegenstände. 2009 gründete Fitzek den Ver­ein NeuDeutschland, der am 16. September 2012 in das heutige Königreich Deutschland umge­w andelt wurde.

Peter am Flughafen: M it den Aus­weisdokumenten des Königreiches kann man schon ins Ausland reisen. Foto: KRD

Das «Königreich Deutschland» existiert a u f dem Gelände eines ehemaligen DDR-Krankenhauses. Hier das Hauptgebäude. Foto: KRD

• Gold u nd S ilb e r als M ü nze n u nd B arren

« S tra teg ische M e ta lle & S e ltene Erden

• E inz igartige r G o ld sp a rp la n

• L V -K ü n d ig u n g

• B e ra tu ng

w w w .K a p ita lS ich e rn .d e ln fo @ K a p ita lS ich e rn .d e T e le fon 0 79 5 5 4 7 6 5 8 3

Page 34: 419215320495710 - WordPress.com · 2017. 7. 7. · Flüchtlingsheim, insuedthul5ringen.de, 20.8.2015) Null Problemo «Deutschland stehe vor einer großen Herausfor derung, sagte der

BRD-Sprech Bereicherung

COMPACT Leben®

Dass kulturelle, ethnische und religiöse «Vielfalt» per se eine «Bereicherung» darstelle, gehört zwar zu den Mantras des politischen Establishments und der von ihm wohlsubventionierten Immigrationsbranche, die von dieser Art «Vielfalt» am meisten profitiert. Zweifel waren jedoch schon immer erlaubt und wur­den auch geäußert, insbesondere von den Betroffe­nen, etwa sozial schwachen Einheimischen, denen die finanziellen M itte l fehlen, sich dieser V ie lfa lt durch Flucht in weniger bereicherte Wohnviertel zu entziehen.

Die Kehrseite wurde uns in der Nacht zum 20. August plastisch vor Augen geführt, als in einem Auf­nahmelager in Suhl eine angebliche Koranschändung zu brutalen Krawallen führte, bei denen über ein Dut­zend Menschen, darunter drei Polizisten, verletzt wur­den. Und dabei handelte es sich keineswegs um den einzigen Vorfall dieser Art.

Nicht nur solche Lager, sie aber besonders, sind Vorboten der Zukunft: Mikrokosmen, in denen sich die vielgepriesene V ie lfa lt als keineswegs «bunt», son­dern sehr düster entpuppt. Was hier eingeschleppt wird, ist genau die Sorte V ielfalt, vor deren Kon­sequenzen etliche der einströmenden Menschen aus zusammenbrechenden Vielvölkerstaaten geflohen sind.

Wenn mit positiver W ertung von «Vielfalt» die Rede ist, soll dem Publikum suggeriert werden, es gehe bloß darum, in einer weitgehend homogenen Kultur ein paar andersfarbige Akzente zu setzen und sie dadurch interessanter zu machen; etwa Restau­rants mit exotischer Küche vor Ort zu haben, was, bliebe es einfach dabei, in der Tat eine Bereicherung wäre. In W ahrheit geht es aber darum, ethnische Gemengelagen herbeizuführen, w ie sie etwa für den Libanon, den Kongo oder das ehemalige Jugoslawien typisch sind oder waren, die nach aller historischen Erfahrung nur zu ethnischen Spannungen bis hin zum Bürgerkrieg führen können und anders als durch eine Diktatur kaum zu befrieden sind.

Und so ist es nur folgerichtig, dass die erste Form von Vielfalt, die den selbstproduzierten Sachzwängen einer multiethnischen Gesellschaft zum Opfer fä llt, die V ie lfa lt der Meinungen ist. Heute wacht eine ganze Armee offizieller und inoffizie ller Meinungs­zensoren darüber, dass niemand den Phrasenkanon der BRD missachtet, indem er etwa bezweifelt, dass «Vielfalt» eine «Bereicherung» darstelle.

Es bedürfte gar nicht der wachsenden Unsicher­heit im öffentlichen Raum, der als Aufnahmelager zweckentfremdeten Schulturnhallen oder der ange-

Niemand, der wirklich bereichert wird, braucht durch immer gleiche Worthülsen dazu überredet zu werden, sich so zu fühlen,

Es fä llt schwer, sich angesichts der Allgegenwart der öffentlichen Lüge nicht an die DDR erinnert zu füh­len, die jedem noch so schreienden Missstand eine ihn rundweg leugnende Parole gegenüberstellte, und bezeichnenderweise findet der Gebrauch plumpester Propagandaphrasen einen Höhepunkt unter der Kanz­lerschaft einer Frau, die ihre politische Grundausbil­dung in der FDJ erfahren hat, dem Vernehmen nach als Sekretärin für Agitation und Propaganda. ■

Verlag Anta ios, 24 0 Seiten, gebunden, 22 ,00 Euro (Bestellung antaios.de) Foto: Verlag

Manfred Kleine-Hartlage ist ) freier Publizist und Diplom- j Soziaiwissenschaftler. Regelmäßig I veröffentlicht er kritische Beiträge

auf seinem Blog «Korrektheiten.• com», Sein aktuelles Buch «Die

Sprache der BRD -131 Unwörter und ihre politische Bedeutung» liefert die Vorlage für die^e EOMPACT-Serie,

drohten Konfiszierung von Wohnraum, um die Floskel von der «Bereicherung» als Lüge durchschaubar zu machen. Sie trägt ihr eigenes Dementi nämlich unfrei­w illig bereits in sich: Niemand, der w irklich bereichert w ird, braucht durch immer gleiche Worthülsen dazu überredet zu werden, diese Bereicherung als solche zu erkennen. Keine Lottozentrale w ird den glücklichen M illionengewinner eindringlich ermahnen, sich doch bitteschön der ihm zuteilgewordenen Bereicherung bewusst zu sein.

Karneval der Kulturen - je d e s Jahr in Kreuzberg. Foto: Hasan-Onder

tiCJ urtgtrtt I J.Mitte der Gesellschaft | multikulturel rechts, Kampf gegen j Sexismus \ Stam re j Verhöhnung der Opfer j Vielfalt j.1 { weltoffen j WillkommemMtur j Ziv

M anfred Kteine-Martiage

131 Otmwdrtsr und ihre pofitische Bedeutung b u d