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FG Geohydraulik und Ingenieurhydrologie Technische Hydraulik Universität Kassel Prof. Dr. rer. nat. M. Koch 5.1 5. Strömungen um Körper: Fluid- und aerodynamische Widerstände 5.1 Allgemeine Aspekte Das Verständnis von Strömungen um beliebige Körper ist von größter Bedeutung in der allgemeinen Fluid-und Aerodynamik. Letzere findet auch in der Hydraulik Anwendung, z.B. bei der Untersuchung von Windströmungen um Bauwerke (Hochhäuser und große Tal-Brücken) und der damit auftretenden Windbelastungen und Kräfte. Solche Kräfte sind letztlich die Manifestation des sogenannten fluid- bzw. aerodynamischen Widerstandes F w , den grundsätzlich alle von einem realen Fluid umströmten Körper erfahren. Ziel der meisten wissenschaftlichen Untersuchungen und praktischen Anwendungen zur Problematik des fluiddynamischen Widerstandes F w ist vornehmlich der Versuch, F w möglichst gering zu machen, was bei meistens vorgegebener Strömung durch geeignete Formgebung des Körpers erzielt werden kann. Die Formgebung von modernen PKW’s ist ein typisches Beispiel dafür. Wie sich zeigen wird, ist die Optimierung der Körperform zwecks Minimierung des Widerstandes F w theoretisch nur in den seltensten Fällen möglich, besonders wenn, wie bei den meisten Fahrzeugen (PKW’s, Krafträder, Schiffe, Flugzeuge), diese unter sehr variablen äußeren Strömungsbedingungen funktionieren müssen. Obwohl moderne Computermethoden durch numerische Lösung der sehr komplexen Strömungsdifferentialgleichungen es mittlerweile erlauben, die Vielfalt der Strömungskonfigurationen um beliebige Körpern und der dabei auftretenden Widerstände zu berechnen, ist die experimentelle Untersuchung “in situ” oder im Labor unter Modellbedingungen nach wie vor unumgänglich. Im letzten Fall benutzt man sich bei aerodynamischen Fragestellungen häufig eines Windkanals. Einen solchen besitzt auch der Fachbereich 14 der GhK. Zur Übertragbarkeit von Windkanal Experimenten auf die Natur kommen natürlich die in Kap. 3 gemachten Betrachtungen der Ähnlichkeit von Strömungen zum Tragen. Abb. 5.1: Pkw im Windkanal (VW AG) Abb. 5.2: Strömung um Pkw

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Page 1: 5. Strömungen um Körper: Fluid- und … Flugzeuge), diese unter sehr variablen äußeren Strömungsbedingungen funktionieren müssen. Obwohl moderne Computermethoden durch numerische

FG Geohydraulik und Ingenieurhydrologie Technische HydraulikUniversität KasselProf. Dr. rer. nat. M. Koch 5.1

5. Strömungen um Körper: Fluid- und aerodynamische Widerstände5.1 Allgemeine Aspekte Das Verständnis von Strömungen um beliebige Körper ist von größter Bedeutung in der allgemeinenFluid-und Aerodynamik. Letzere findet auch in der Hydraulik Anwendung, z.B. bei der Untersuchungvon Windströmungen um Bauwerke (Hochhäuser und große Tal-Brücken) und der damit auftretendenWindbelastungen und Kräfte. Solche Kräfte sind letztlich die Manifestation des sogenannten fluid- bzw.aerodynamischen Widerstandes Fw, den grundsätzlich alle von einem realen Fluid umströmten Körpererfahren.

Ziel der meisten wissenschaftlichen Untersuchungen und praktischen Anwendungen zurProblematik des fluiddynamischen Widerstandes Fw ist vornehmlich der Versuch, Fw möglichst geringzu machen, was bei meistens vorgegebener Strömung durch geeignete Formgebung des Körpers erzieltwerden kann. Die Formgebung von modernen PKW’s ist ein typisches Beispiel dafür. Wie sich zeigenwird, ist die Optimierung der Körperform zwecks Minimierung des Widerstandes Fw theoretisch nur inden seltensten Fällen möglich, besonders wenn, wie bei den meisten Fahrzeugen (PKW’s, Krafträder,Schiffe, Flugzeuge), diese unter sehr variablen äußeren Strömungsbedingungen funktionieren müssen.

Obwohl moderne Computermethoden durch numerische Lösung der sehr komplexenStrömungsdifferentialgleichungen es mittlerweile erlauben, die Vielfalt der Strömungskonfigurationenum beliebige Körpern und der dabei auftretenden Widerstände zu berechnen, ist die experimentelleUntersuchung “in situ” oder im Labor unter Modellbedingungen nach wie vor unumgänglich. Im letztenFall benutzt man sich bei aerodynamischen Fragestellungen häufig eines Windkanals. Einen solchenbesitzt auch der Fachbereich 14 der GhK. Zur Übertragbarkeit von Windkanal Experimenten auf dieNatur kommen natürlich die in Kap. 3 gemachten Betrachtungen der Ähnlichkeit von Strömungen zumTragen.

Abb. 5.1: Pkw im Windkanal (VW AG)

Abb. 5.2: Strömung um Pkw

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5.2 Widerstandskraft und Auftrieb

Betrachtet man einen beliebigen Körper der von einem Fluid schräg angeströmt wird (Abb. 5.3), so erfährt er grundsätzlich eine totale Widerstandskraft

FT = FW + FL

mit Abb. 5.3: Strömung um schräg angeströmten Körper

FW = Widerstandskraft (engl.: drag) in Richtung der Strömung

FL = Auftriebskraft (engl.: lift ) senkrecht zur Strömung

Der Körper wird dann in Richtung von FT (Resultierende) abgelenkt. Während die Auftriebskraft FL

natürlich von Bedeutung bei Flugzeugtragflügeln ist, und daher dort in die Berechnungen als positiv zuberücksichtigenter Faktor voll mit eingeht (Tragflügeltheorie), ist sie bei regulären “erdenen”Strömungen eher ein negatives Beiwerk, was i.A. zu vernachlässigen ist. Das “Abheben” von Rennwagenbei hohen Geschwindigkeiten sollte jedoch klar machen, daß FL auch bei der Optimierung von Fahrzeug-Karosserien möglichst vermieden werden sollte (s. Abb. 5.2).

Da für die hier besprochenen Anwendungen FL<<Fw , wird praktisch Fw ~FT , und es soll imfolgenden nur der fluiddynamische Widerstand in Anströmungsrichtung Fw erörtert werden.

5.3 Druck (Form) widerstand und Reibungs (Flächen) widerstand

Es gilt grundsätzlich für den fluiddynamischen Widerstand Fw

Fw = FD + FR (5.2)

mit FD = Druck- oder Formwiderstand

FR = Reibungs- oder Flächenwiderstand a) Der Druckwiderstand FD ergibt sich aus Integration des Fluiddruckes p an der Oberfläche über dieGesamtoberfläche des Körpers:

FD = ++ p n dA (5.3) A

mit n = Normalenvektor auf Flächenstück dADer Druckwiderstand FD wird deswegen Formwiderstand genannt, weil er vornehmlich durch

die räumliche Form eines ausgedehnten Körpers in der Strömung bedingt wird. Um FD berechnen zukönnen, muß die Druckverteilung von p auf der gesamten Körperoberfläche bekannt sein, was letztlichwieder stark von der Strömungsgeschwindigkeitsverteilung um den Körper abhängt. DieDruckverteilung ist in der Praxis praktisch nie hinreichend bekannt. Abb. 5.4 zeigt eine typischeDruckverteilung der Umströmung um einen Flügel. Man beachte die Vorzeichen des Druckes, der anStellen auch negativ sein kann. Die Summe der Druckvektoren x Flächenstück wäre dann nach Gl. (5.3)die total Resultierende der Druckkraft FD. In dem vorliegenden Fall ergibt sich eine vertikaleKomponente, die dann zu dem erwähnten Auftrieb führt.

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Anmerkung: Für den Fall eines symmetrischen Flügels, oder auch einer Kugel, die längs horizontalangeströmt wird, verlaufen die Stromlinien ebenfalls vollständig symmetrisch, schließen sich also amEnde des Flügels in gleicher Art wie sich vorn an der Spitze (dem Staupunkt) getrennt haben. Im Falleiner idealen Strömung wäre hier der Druckwiderstand =0. Allerdings ergibt sich bei der realen, viskosenStrömung wegen der Grenzschicht auch hier ein geringer Druckwiderstand.

b) Der Reibungswiderstand oder Flächenwiderstand FR ergibt sich aus Integration der NewtonschenSchubspannung = µdv/dn, die eine Folge der Haftung (no-slip) Bedingung derStrömungsgeschwindigkeit v an der Oberfläche des Körpers ist, ebenfalls über die Gesamtoberfläche desKörpers:

FR = ++ t dA (5.4) A

mit t = Tangentialvektor auf Flächenstück dAIm Gegensatz zum Druckwiderstand wird der Reibungswiderstand FR hauptsächlich durch die

Oberfläche des Körpers bedingt; daher auch der Name Flächenwiderstand. FR läßt sich mit denGesetzen der Grenzschichttheorie i.A. genügend genau berechnen.

Abb. 5.4: Druck- und Reibungswiderstandeines Körpers

Anwendung: Strömung um dünne Platte

Qualitativ läßt sich der relative Unterschied zwischen Druck- und Reibungswiderstand an einer dünnenPlatte, die (a) längs und (b) senkrecht angeströmt wird, illustrieren nach Tab. 5.1 (s. auch Abb.5.4)

Tab. 5.1: Aufteilung des Widerstandes für die Platte bei unterschiedlicher Anströmung-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Druckwiderstand Reibungswiderstand Gesamtwiderstand -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------(a) Anströmung längs keiner klein klein

(b) Anströmung senkrecht groß keiner groß-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Der große Druckwiderstand für die senkrecht angeströmte Platte ist eine Folge der starken Wirbelbildungim Totwasserbereich hinter der Platte (Abb. 5.5) (Falls Sie einen PKW mit Stufenheck haben sollten,haben Sie sich schon über die starke Verschmutzung der Heckscheibe geärgert?)

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l'

3,46%Rel

Rel'v� @ l

Abb. 5.5: Strömung und Wirbelbildung um einen eckigen Körper

Abb. 5.6: Umströmung von Körpern (Die Strömung um den sperrigen Körper entspricht in etwa der umeine senkrecht angeströmte Platte) (Bohl, 1986)

5.4 Aspekte der Grenzschichttheorie

Erst durch die von Ludwig Prandtl zu Anfang des Jahrhunderts entwickelte Grenzschichttheorie ist manzu einem tieferen Verständnis der physikalischen Prozesse der Umströmung von Körpern und der dabeiauftretenden Widerstände gekommen.

Ähnlich wie schon bei der realen Rohrströmung erwähnt, geht bei der Umströmung eines Körpers(z.B. Platte) innerhalb eines Übergangsbereiches senkrecht zur Körperoberfläche , der sogenanntenGrenzschicht, die Fluid-Geschwindigkeit v vom maximalen Außenwert v� in der Strömung auf dieHaftgeschwindigkeit v=0 auf der Plattenoberfläche zurück. Grundsätzlich muß man unterscheidenzwischen der laminaren und der turbulenten Grenzschicht.

Für die Dicke der laminaren Grenzschicht ergibt sich für eine Platte der Länge l aus der Theorie:

(5.5a)

wobei

(5.6)

die mit der laufenden Plattenlänge l (variable) gebildete Re-Zahl ist. Damit ergibt sich

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' 3,46@% @lv� (5.5b)

Aus Gl. (5.5) folgt (Abb. 5.7), daß

(a) Die Dicke der Grenzschicht mit der Wurzel der Plattenlänge ansteigt

(b)Die Dicke der Grenzschicht ist umgekehrt proportional der Wurzel der Re-Zahl, d.h. mitansteigendem Re wird sie dünner (Man vergleiche dies mit der Rohrströmung)

Ähnlich wie bei der Rohrströmung wird bei größer werdender Re-Zahl die anfänglich laminare Strömungbei einer kritischen Re-Zahl Recrit turbulent. Aufgrund der hier vorliegenden Definition von Re (5.5) mitder laufenden Plattenlänge l ist experimentell gefunden worden:

Recrit ~ 3*105 - 3*106

Damit ergibt sich, daß nach u.U. nach einer Entfernung

la = Recrit * /v � (5.7)

vom Anfang der Platte die Strömung von laminar nach turbulent umschlägt (Abb. 5.7)

Abb. 5.7: Ausbildung einer Grenzschicht über einer Platte. (Man beachte die laminareUntergrenzschicht innerhalb der turbulente Grenzschicht) (Bohl, 1986)

Der besondere Vorzug der Grenzschichttheorie ist, daß man komplexe Strömungen um Körper in

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(a) einen mathematisch komplizierten Grenzschichtbereich nahe des Körpers, in dem die Reibungskräfteeine Rolle spielen und

(b) einen Außenbereich der Strömung, in dem man praktisch das Fluid als ideal (reibungsfrei) ansehenkann aufteilen kann. Dies erleichtert die mathematisch-physikalische Behandlung des Problemsbeträchtlich.

Wie Abb. 5.8 zeigt, erweist sich die Grenzschichttheorie gerade bei großen Re-Zahlen, wenn dieGrenzschichtdicke klein ist als besonders vorteilhaft.

Abb. 5.8: Grenzschicht-Charakter über einer Platte (links) und einem Zylinder (rechts) beiverschiedenen Re-Zahlen (Young et al.,1997)

Für den Fall von senkrecht zur Strömung räumlich ausgedehnten Körpern (Kugeln, Zylinder, Flügel)ereignet sich irgendwo hinter der “Hügelspitze” des Körpers, wo die Strömung wieder langsamkonvergent wird, das wichtige Phänomen der Grenzschichtablösung, was zu der erwähntenWirbelbildung im Nachlauf des Körpers mit starker Erhöhung der Druckwiderstandes FD führt (Abb.5.2 und 5.8). Je nach Größe der Re-Zahl sind diese Wirbel laminar oder turbulent. Man soll daherbestrebt sein, diese Grenzschichtablösung weiter zum Körperende zu verlegen oder gänzlich zuvermeiden. Es gilt somit:

eine wichtige konstruktive Maßnahme zur Reduzierung des fluiddynamischen Widerstandes Fw besteht

in der allmähliche Verjüngung des Körperschwanzes (Stromlinienform)

Darüber hinaus zeigt sich, daß die Ablösung einer turbulenten Grenzschicht später als die einerlaminaren erfolgt. Wie später gezeigt, hat dies zur Folge, daß beim kritischen Übergang von einerlaminaren zu einer turbulenten Strömung der fluiddynamische Widerstand Fw sinkt.

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cw '

Fw

2v2

� @ A

Fw ' cw @

2v2

� @ A

5.5 Praktische Berechnung des fluiddynamischen Widerstandes: der Widerstandsbei (cw)Wert5.5.1 Definition des cw -Wertes

Macht man den fluiddynamischen Widerstand Fw geeignet dimensionslos durch Division durch /2*v �

2*A erhält man den

Widerstandsbei (cw)-Wert

(5.8)

mit

= Dichte des Fluids v �

= Anströmgeschwindigkeit

A = angeströmte Körperfläche

= Oberfläche AO bei Platten

9 Stirnfläche ASt zur Strömung bei ausgedehnten Körpern (Kugel)

Aus Gl. (5.8) folgt die fundamentale Gleichung für den

fluiddynamischen Widerstand Fw

(5.9)

Zufolge von Gl. (5.1) gilt auch für cw im Prinzip :

cw = cwD + cwR

(5.10) mit

cwD = Druckwiderstands-Beiwert cwR

= Reibungswiderstand-Beiwert

Da in der Praxis jedoch meistens nur der Gesamtwiderstand Fw von Interesse ist, gibt man nur cw an.

5.5.2 cw -Werte für ausgezeichnete Körper

Grundsätzlich muß man bei der Betrachtung des cw -Wertes für verschiedene Strömungskörper, ähnlichwie der Widerstandsbeiwert in der Rohrströmung, unterscheiden zwischen

(a) laminarer Grenzschichtströmung: cw = f(Re)

(b) turbulenter Grenzschichtströmung: cw = f(Re, k) (k = Sandrauhigkeit der Oberfläche, die wegen der

dünnen turbulenten Grenzschicht zum Tragen kommt)

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cw '1,328%Rel

cw '0,0745

Re1/5l

5.5.2.1 cw -Werte für die Platte

Wie erwähnt, muß man bei der Platte unterscheiden, ob sie (a) längs oder (b) senkrecht angeströmt wird

(a) längs angeströmte Platte

Man erhält ein dem Moody-Diagramm ähnliches Diagramm (Abb. 5.9) für den cw -Wert (hier cw ~ cwR!!)

Abb. 5.9: cw - Werte für die längs angeströmte Platte als Funktion von Re (Bohl,1986)

Analytisch ergeben sich für die einzelnen Re-Bereiche noch folgende Formeln:

1) Laminarer Bereich: (Re < Re crit = 3*105 - 106 )

(5.11a)

2) Turbulenter Bereich: (Re > Re crit ~ 106 )

(2a) hydraulisch glatt

(5.11b)

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cw '1

[1,89 % 1,62 @ lg(l/k)]2,5

(2b) hydraulisch rau

(5.11c)

(b) senkrecht angeströmt Platte

Hier ist cw ~cwR, d.h. der gesamte Widerstand wird fast ausschließlichdurch den Druckwiderstand bedingt

In diesem Fall hängt cw von dem Breiten/Höhenverhältnis ab:

Tab. 5.2: cw -Werte für die senkrecht angeströmte Platte--------------------------------------------------------------------------- b/h | 1 2 4 10 18 % Abb.5.10: Senkrecht angeströmte --------------------------------------------------------------------------- Platte

cw | 1,1 1,15 1,19 1,29 1,40 2,01---------------------------------------------------------------------------

Beispiel 5.1: Berechnung der extra Motorleistung beim Aufbringen einer Autodach-Werbeplatte

Ein amerikanischer Pizzabäcker bringt zwecks Werbung ein Plastikschild auf dem Dach seines Lieferwagens an.Wie groß ist die extra Motorleistung bei 60 km/h zur Überwindung des Fahrwiderstandes, wenn (a) das Schild inFahrtrichtung; (b) senkrecht zur Fahrtrichtung angebracht wird?

Gegeben: Maße des Schildes: Höhe h =0,6m; Breite b=1,5m; Dichte der Luft = 1,2 kg/m3; kinematische Viskosität der Luft = 1,5*10-5 m2/s (bei 20oC)

Lösung:

(a) Schild in Fahrtrichtung:

1) Berechnung der Re-Zahl für die Strömung über das Schild:

Re = v� * b /

mit

v � = Fahrgeschwindigkeit = 60 km/h * 1000m/km / (3600s/h) =16,67 m/s b = 1,5 m

= kinematische Viskosität der Luft ===>

Re = 1,67* 106 >~ Recrit (Die Strömung ist leicht turbulent)

2) Ermittlung von cw: Nach Diagramm 5.8 mit k ~0 (hydraulisch glatte Platte) ==> cw = 4*10-3

3) Berechnung des fluiddynamischen Widerstandes Fw (Gl. 5.9)

Fw = cw * /2 * v�

2 *A = 4*10-3 * 1,2/2 * 16,672 * (1,5*0,6) = 0,6 N

4) Berechnung der extra Motorleistung P:

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P = Fw * v � (Mechanik 1 !!!)= cw * /2 *A * v �

3

= Konst. * v�

3

(Die benötigte Fahrzeugleistung steigt an mit dem Kubus der Fahrgeschwindigkeit!!!!!!!!) ===>

P = 0,6 * 16,67= 10J/s = 10W = 0,01kW = 0,01 kW / (0,75 kW/ PS)= 0,013 PS

(b) Schild senkrecht zur Fahrtrichtung:

1) Die Re-Zahl ist gleich wie oben 2) Ermittlung von cw: Nach Tab.5.2 mit b/h = 2,5 ==> cw = 1,16

3) Berechnung des fluiddynamischen Widerstandes Fw (Gl. 5.9)

Fw = cw * /2 * v�

2 *A = 1,16 * 1,2/2 * 16,672 * (1,5*0,6) = 174,1 N

4) Berechnung der extra Motorleistung P:

P = Fw * v (Mechanik 1 !!!)= 174,1 * 16,67= 2902W = 2,902kW = 2,902/0,75 PS= 3,87 PS

------------------Die extra Motorleistung P für die senkrecht zur Fahrtrichtung aufgestellte Platte ist

N = 3,87 / 0,013 ~ 300 mal

so groß wie für die in Fahrtrichtung aufgestellte Platte!!!!!!! :

5.5.2.2 cw -Werte für Scheibe, Kugel und Zylinder

Abb. 5.11 zeigt die cw - Werte für Scheibe, Kugel und Zylinder als Funktion von Re (hier gebildet mitdem Durchmesser d der Scheibe, Kugel und Zylinder). Man beachte das Einbrechen des cw - Wertes imÜbergangsbereich wenn die laminare Grenzschicht turbulent wird und die Grenzschichtablösung weiterhin zum Körperende erfolgt.

Das Stokesche Gesetz für die Widerstandskraft einer Kugel :

Für sehr kleine Re-Zahlen Re <10 (schleichende Strömung) erhält man für die Kugel einen Abfall voncw mit Re in der Form:

cw = 24 /Re

und daraus für den fluiddynamischen Widerstandes Fw

Fw = cw * /2 * v�

2 *A = 24/Re * /2 * v�

2 *A

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Fw ' 6 µv� r

Abb. 5.11: cw -Werte für Scheibe, Kugel und Zylinder als Funktion von Re (Zierep, 1979)

und mit Einsetzen von Re= v � d / und der zur Strömung hingerichteten Stirnfläche A= d2/4 der Kugel

Fw = 24 / (v � d / ) * /2 * v�

2 * d2/4 = 24 / (v � d /(µ/ ) ) * /2 * v�

2 * d2/4= 24 / (1/µ) * 1/8 * v�

* d= 3 µ v� d

===>

Das Stokesche Gesetz für die Widerstandskraft einer Kugel :

(5.12)

mit µ = dynamische Viskosität des Fluidsv � = Fluidgeschwindigkeitr = Radius der Kugel

Das Stokesche Gesetz ist von grundlegender Wichtigkeit für viele Naturströmungen, die bei kleinen Re-Zahlen (< 10) ablaufen. Es beschreibt z.B. den hydraulischen Widerstand von Sanden und Sedimentenin vielen Gewässern und Flüssen, und wird zur Berechnung des Geschiebetransportes herangezogen.

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5.5.2.3 cw -Werte für verschiedene Körperformen

1) Halbkugel offen

a) Strömung auf gekrümmte Fläche b) Strömung auf Schnittfläche

cw = 1,20 cw = 2,30

2) Halbkugel geschlossen

a) Strömung auf Außenfläche b) Strömung auf Innenfläche

cw = 0,34 cw = 1,33

Beispiel 5.2: Widerstandskraft und Sinkgeschwindigkeit eines Fallschirmes

Um Verletzungen beim Auftreffen auf dem Erdboden auszuschließen, sollte die endgültige Sinkgeschwindigkeiteines runden Fallschirmspringer am Boden v = 6 m/s (~22 km/h ) nicht überschreiten. Wie groß muß derDurchmesser d des Fallschirms mindestens sein, wenn der Springer ein Gesamtgewicht von G= 102 kp (kg)(Springer + Ausrüstung) besitzt? Gegeben: Dichte der Luft = 1,15 kg/m3

Lösung:

Da mit zunehmender Fallgeschwindigkeit der aerodynamischeWiderstand Fw ansteigt, wird eine maximaleEndgeschwindigkeit v� erreicht, wenn Gleichgewicht

G = Fw

zwischen dem Springergewicht G und der Widerstandskraft Fw

besteht

Für Fw gilt (Gl. 5.9)

Fw = cw * /2 * v�

2 *A = G

mit A = d2/4 (Stirnfläche des Fallschirms)

===> cw * /2 * v�

2 * d2/4 = G

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===>d = {G / [ cw * /2 * v�

2 * /4]} 1/2

Mit Werten: G =102 kg * 9,81 m/s2 = 1000 N = 1,2 kg/m3

cw =2,30 (offene Halbkugel, innen angeströmt) v� = 6 m/s

===>d = {1000 / [2,30 * 1,15 / 2 * 62 * /4]} 1/2

= 5,17 m

Der benötigte Durchmesser d des Fallschirms hängt vom Gewicht G des Springers ab!!!

Beispiel 5.3: Windwiderstand eines Silos

Ein zylinderförmiges Silo von 10 m Höhe und Durchmesser d=3,5m wird von einem Wind mit v� = 8,3 km /humströmt.

Gegeben: Dichte der Luft = 1,15 kg/m3 ; kinematische Viskosität der Luft = 1,6*10-5 m2/s (bei 30oC)

Gesucht: Kippmoment M, das auf die Basis des Silos wirkt?

Lösung:

v � = 8,3 km/h = 2,306 m/s

===> Re = v @ d/ = 2,306 * 3,5 / 1,5 * 10-5 = 5 @ 105

===> aus Diagramm 5.11: cw = 0,35

===> FD = cw @ @ v2/2 @ As = 0,35 * 1,15* 2,306 * 2,306 / 2 * 10 * 3,5 = 37,8 N

und Mkipp = FD * h/2

= 37,8 *10/2

= 189Nm