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Informationsstelle militarisierung (ImI) e.V. - hechinger Str. 203 - 72072 tübingen 6 Ausdruck Oktober 5/2018 Am Freitag, den 27. April 2018, fand die jährliche Haupt- versammlung der Renk-AktionärInnen statt. Seit 2015 treten KriegsgegnerInnen und AntimilitaristInnen als kritische Aktio- närInnen auf der Hauptversammlung in der Augsburger Kon- gresshalle auf. Auch vor der Kongresshalle gab es diesmal Protest, über den die Stadtzeitung ausführlich berichtete. 1 Dies ist umso erfreulicher, weil es dem Konzern bislang gelang, etwas unter dem Radar zu liegen, obwohl er zu den wichtig- sten deutschen Rüstungsbetrieben zählt und unter anderem auch in die Panzerdeals mit der Türkei verwickelt ist. Renk wünscht sich keine „zahnlose“ Regierung Das Medienecho auf die Widerstandsaktionen in und vor der Kongresshalle war durchwachsen, aber insgesamt nicht schlecht. Im Unterschied zum Jahr 2017 erwähnte die Augs- burger Allgemeine den Auftritt der kritischen AktionärInnen auf der Hauptversammlung von Renk 2 : „Vertreter der Frie- densbewegung kritisierten auch auf dieser Hauptversamm- lung, dass Renk-Getriebe nicht nur in der Zivilwirtschaft zum Einsatz kommen, sondern auch in Panzern zum Beispiel der Bundeswehr. Hofbauer verteidigte dies: ‚Eine Regierung, die zahnlos ist, wird ganz schlechte Karten haben. Ich selbst bedauere aber jeden Krieg, mir ist an einer friedlichen Welt genauso wie Ihnen gelegen.‘“ Die Bundesregierung dürfe also laut Vorstandssprecher der Renk AG, Florian Hofbauer, nicht „zahnlos“ sein, sonst werde sie „ganz schlechte Karten“ haben. In welchem Spiel muss die Bundesregierung Zähne zeigen, um gute Karten zu haben? Wird Deutschland etwa bedroht und ist zur Selbstverteidigung gezwungen? Oder geht es um die NATO-Strategie der Einkrei- sung Russlands und die aggressiven geostrategischen Pläne in Nah-Mittel-Ost und Asien? Braucht die Bundesregierung dafür modernste Panzer, eine Armada von bewaffneten Fahrzeugen, Kampfhubschrauber und Kriegsschiffe der neuesten Genera- tion – um an diesem Spiel teilnehmen zu können? Da der Verteidigungsfall aktuell nicht infrage kommt, kann es sich bei dem Kartenspiel, das Florian Hofbauer andeutet, eigentlich nur um die Vorbereitung von und Beteiligung an neuen Kolonialkriegen und imperialistischen Kriegen han- deln. Dafür müsse sich die Bundesregierung wappnen, um nicht „ganz schlechte Karten“ zu haben. 1997 hat der berüch- tigte US-Stratege Zbigniew Brzezinski mit seinem Buch „The Grand Chessboard“ das Schachspiel zur Begründung imperia- listischer Politik bemüht. Um in diesem Spiel nicht „zahnlos“ dazustehen, muss sich die Bundesregierung – um im Bild zu bleiben – eben bis an die Zähne bewaffnen. Der neue US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, wurde folgendermaßen wiedergegeben 3 : „Deutsch- land soll militärisch ‚wie eine Weltmacht handeln‘ […] Die USA wollen laut Grenell, dass Deutschland eine Führungsrolle einnimmt. ‚Bei globalen Krisen wünschen wir uns eine deut- sche Beteiligung, die seiner Schlagkraft gerecht wird‘, sagte der frühere PR-Experte. ‚Wir wollen, dass Deutschland wie eine Weltmacht handelt, schließ- lich ist Deutschland eine Welt- macht.‘“ Und Deutschland handelt danach, wie zum Beispiel aus dem UNROCA-Report 4 hervor- geht, auf den die Journalistin der Stadtzeitung, Laura Türk, dan- kenswerterweise hinweist 5 . Das United Nations Register of Conventional Arms (UNROCA) verzeichnet für Deutschland seit 1992 die unge- heure Menge von 2935 exportierten Kampfpanzern. Hinzu kommen bewaffnete Kampffahrzeuge aller Art, deren Export- zahl von der Bundesregierung mit 3332 angegeben wird, von den aus Deutschland belieferten Ländern allerdings mit 4026. Die Exporte großkalibriger Artilleriesysteme werden mit 1261 angegeben (jeweils seit 1992 bis 2016). Dazu kommen 201 Kampflugzeuge, 100 Kampfhubschrauber, 113 Kriegsschiffe sowie 17.086 Raketen und Raketenwerfer. An der Produk- tion von mindestens vier dieser sieben Hauptkategorien von Waffen (Kampfpanzer, bewaffnete Kampffahrzeuge, Kampf- hubschrauber und Kriegsschiffe) ist Renk beteiligt. Unter dem verharmlosend benannten Geschäftsbereich „Fahrzeuggetriebe“ verbirgt sich Renk als „führender Her- steller vollautomatischer Getriebe für mittlere und schwere Kettenfahrzeuge“ 6 – also Panzergetriebe. Dieser Geschäftsbe- reich ist Augsburg zugeordnet. Damit dürfte auf Augsburg als einer der drei großen Produktionsstandorte der Renk AG neben Rheine und Hannover wohl der Hauptanteil der militärischen Produktion des Gesamtunternehmens entfallen. Die oben angeführten Daten von UNROCA beziehen sich auf die Waffenexporte aus Deutschland. UNROCA verzeichnet aber auch die gesamte Militärproduktion deutscher Rüstungs- betriebe nach Waffengattungen und Einzelprodukten 7 . Und diese Zahlen können einem das Fürchten lehren. Während die deutschen Rüstungsirmen zum Beispiel im Jahr 2016 82 schwere Panzer exportierten, betrug die Gesamtproduktion in diesem Jahr 824 Panzer. Bewaffnete Fahrzeuge wurden 24 exportiert, aber 1892 produziert. 1 Kampfhubschrauber wurde exportiert, aber 82 produziert. Ebenso wurde ein Kriegsschiff exportiert, aber 47 hergestellt. Bei den Kategorien I, II und VI ist Renk mit seinen Getrieben beteiligt, so zum Beispiel beim Leopard 1 und Leopard 2, beim Puma, bei Fregatten, Korvetten und U-Booten. Renk: Renditestarker top-Rüster Im Aufruf zur antimilitaristischen Kundgebung gegen die Hauptaktionärsversammlung der Renk AG heißt es: „Die Renk AG ist laut Handelsblatt auf Platz 10 der größten deutschen Kriegswaffenirmen und das mit Hauptsitz in der ‚Friedens- stadt‘ Augsburg.“ Wer hätte das gedacht? Diese hochinteres- sante Information kann belegt werden: Die Statistik stammt aus einer Ausgabe des Handelsblatts von 2014 8 . Dort wird ein Jahresumsatz von 158 Mio. Euro angegeben, der bei Renk auf das Rüstungsgeschäft iel. Dies ist eine wichtige Information. Bezogen auf den Gesamtumsatz von 2013 in Höhe von 485 Mio. Euro wären dies 33 Prozent Rüstungsanteil. Auch bei einer Statistik der Wirtschaftswoche von 2013 kommt Renk auf den 10. Platz 9 . Es gibt noch eine weitere, aktuellere Quelle vom April 2018, die die zehn größten deutschen Rüstungsunternehmen auf- führt. Es ist das Portal Produktion online 10 . Hier wird Platz Renk: Profil eines top- Rüstungskonzerns von Peter Feininger

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n6 Ausdruck Oktober 5/2018

Am Freitag, den 27. April 2018, fand die jährliche Haupt-versammlung der Renk-AktionärInnen statt. Seit 2015 treten KriegsgegnerInnen und AntimilitaristInnen als kritische Aktio-närInnen auf der Hauptversammlung in der Augsburger Kon-gresshalle auf. Auch vor der Kongresshalle gab es diesmal Protest, über den die Stadtzeitung ausführlich berichtete.1 Dies ist umso erfreulicher, weil es dem Konzern bislang gelang, etwas unter dem Radar zu liegen, obwohl er zu den wichtig-sten deutschen Rüstungsbetrieben zählt und unter anderem auch in die Panzerdeals mit der Türkei verwickelt ist.

Renk wünscht sich keine „zahnlose“ Regierung

Das Medienecho auf die Widerstandsaktionen in und vor der Kongresshalle war durchwachsen, aber insgesamt nicht schlecht. Im Unterschied zum Jahr 2017 erwähnte die Augs-burger Allgemeine den Auftritt der kritischen AktionärInnen auf der Hauptversammlung von Renk2: „Vertreter der Frie-densbewegung kritisierten auch auf dieser Hauptversamm-lung, dass Renk-Getriebe nicht nur in der Zivilwirtschaft zum Einsatz kommen, sondern auch in Panzern zum Beispiel der Bundeswehr. Hofbauer verteidigte dies: ‚Eine Regierung, die zahnlos ist, wird ganz schlechte Karten haben. Ich selbst bedauere aber jeden Krieg, mir ist an einer friedlichen Welt genauso wie Ihnen gelegen.‘“

Die Bundesregierung dürfe also laut Vorstandssprecher der Renk AG, Florian Hofbauer, nicht „zahnlos“ sein, sonst werde sie „ganz schlechte Karten“ haben. In welchem Spiel muss die Bundesregierung Zähne zeigen, um gute Karten zu haben? Wird Deutschland etwa bedroht und ist zur Selbstverteidigung gezwungen? Oder geht es um die NATO-Strategie der Einkrei-sung Russlands und die aggressiven geostrategischen Pläne in Nah-Mittel-Ost und Asien? Braucht die Bundesregierung dafür modernste Panzer, eine Armada von bewaffneten Fahrzeugen, Kampfhubschrauber und Kriegsschiffe der neuesten Genera-tion – um an diesem Spiel teilnehmen zu können?

Da der Verteidigungsfall aktuell nicht infrage kommt, kann es sich bei dem Kartenspiel, das Florian Hofbauer andeutet, eigentlich nur um die Vorbereitung von und Beteiligung an neuen Kolonialkriegen und imperialistischen Kriegen han-deln. Dafür müsse sich die Bundesregierung wappnen, um nicht „ganz schlechte Karten“ zu haben. 1997 hat der berüch-tigte US-Stratege Zbigniew Brzezinski mit seinem Buch „The Grand Chessboard“ das Schachspiel zur Begründung imperia-listischer Politik bemüht.

Um in diesem Spiel nicht „zahnlos“ dazustehen, muss sich die Bundesregierung – um im Bild zu bleiben – eben bis an die Zähne bewaffnen. Der neue US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, wurde folgendermaßen wiedergegeben3: „Deutsch-land soll militärisch ‚wie eine Weltmacht handeln‘ […] Die USA wollen laut Grenell, dass Deutschland eine Führungsrolle einnimmt. ‚Bei globalen Krisen wünschen wir uns eine deut-sche Beteiligung, die seiner Schlagkraft gerecht wird‘, sagte der frühere PR-Experte. ‚Wir wollen, dass Deutschland wie

eine Weltmacht handelt, schließ-lich ist Deutschland eine Welt-macht.‘“

Und Deutschland handelt danach, wie zum Beispiel aus dem UNROCA-Report4 hervor-geht, auf den die Journalistin der Stadtzeitung, Laura Türk, dan-kenswerterweise hinweist5.

Das United Nations Register of Conventional Arms (UNROCA) verzeichnet für Deutschland seit 1992 die unge-heure Menge von 2935 exportierten Kampfpanzern. Hinzu kommen bewaffnete Kampffahrzeuge aller Art, deren Export-zahl von der Bundesregierung mit 3332 angegeben wird, von den aus Deutschland belieferten Ländern allerdings mit 4026. Die Exporte großkalibriger Artilleriesysteme werden mit 1261 angegeben (jeweils seit 1992 bis 2016). Dazu kommen 201 Kampflugzeuge, 100 Kampfhubschrauber, 113 Kriegsschiffe sowie 17.086 Raketen und Raketenwerfer. An der Produk-tion von mindestens vier dieser sieben Hauptkategorien von Waffen (Kampfpanzer, bewaffnete Kampffahrzeuge, Kampf-hubschrauber und Kriegsschiffe) ist Renk beteiligt.

Unter dem verharmlosend benannten Geschäftsbereich „Fahrzeuggetriebe“ verbirgt sich Renk als „führender Her-steller vollautomatischer Getriebe für mittlere und schwere Kettenfahrzeuge“6 – also Panzergetriebe. Dieser Geschäftsbe-reich ist Augsburg zugeordnet. Damit dürfte auf Augsburg als einer der drei großen Produktionsstandorte der Renk AG neben Rheine und Hannover wohl der Hauptanteil der militärischen Produktion des Gesamtunternehmens entfallen.

Die oben angeführten Daten von UNROCA beziehen sich auf die Waffenexporte aus Deutschland. UNROCA verzeichnet aber auch die gesamte Militärproduktion deutscher Rüstungs-betriebe nach Waffengattungen und Einzelprodukten7. Und diese Zahlen können einem das Fürchten lehren. Während die deutschen Rüstungsirmen zum Beispiel im Jahr 2016 82 schwere Panzer exportierten, betrug die Gesamtproduktion in diesem Jahr 824 Panzer. Bewaffnete Fahrzeuge wurden 24 exportiert, aber 1892 produziert. 1 Kampfhubschrauber wurde exportiert, aber 82 produziert. Ebenso wurde ein Kriegsschiff exportiert, aber 47 hergestellt.

Bei den Kategorien I, II und VI ist Renk mit seinen Getrieben beteiligt, so zum Beispiel beim Leopard 1 und Leopard 2, beim Puma, bei Fregatten, Korvetten und U-Booten.

Renk: Renditestarker top-Rüster

Im Aufruf zur antimilitaristischen Kundgebung gegen die Hauptaktionärsversammlung der Renk AG heißt es: „Die Renk AG ist laut Handelsblatt auf Platz 10 der größten deutschen Kriegswaffenirmen und das mit Hauptsitz in der ‚Friedens-stadt‘ Augsburg.“ Wer hätte das gedacht? Diese hochinteres-sante Information kann belegt werden: Die Statistik stammt aus einer Ausgabe des Handelsblatts von 20148. Dort wird ein Jahresumsatz von 158 Mio. Euro angegeben, der bei Renk auf das Rüstungsgeschäft iel. Dies ist eine wichtige Information. Bezogen auf den Gesamtumsatz von 2013 in Höhe von 485 Mio. Euro wären dies 33 Prozent Rüstungsanteil. Auch bei einer Statistik der Wirtschaftswoche von 2013 kommt Renk auf den 10. Platz9.

Es gibt noch eine weitere, aktuellere Quelle vom April 2018, die die zehn größten deutschen Rüstungsunternehmen auf-führt. Es ist das Portal Produktion online10. Hier wird Platz

Renk: Profil eines top-Rüstungskonzernsvon Peter Feininger

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zehn offengelassen und unter anderem MAN genannt. MAN ist Hauptanteilseigner von Renk, weshalb das also noch passen könnte. Außerdem hat Produktion online in seine Zählung die Airbus Group und MBDA auf Platz eins und zwei der größten deutschen Rüstungsproduzenten mit aufgenommen. Das Han-delsblatt hat diese beiden Konzerne als transnational eingestuft und aus der deutschen Statistik herausgenommen.

Renk dürfte sich je nach Betrachtung wahrscheinlich immer noch um den Platz zehn herum bewegen, denn mit 158 Mio. Euro Rüstungsanteil (Angaben des Handelsblatts von 2014) ist der Abstand zu Heckler & Koch und Tognum mit jeweils 180 Mio. Euro und zu Jenoptik mit 219 Mio. nicht sehr groß.

Ein weiteres gravierendes Faktum, das Renk als einen großen und global gefährlichen Rüstungskonzern kennzeichnet, ist seine Spitzenposition bei der Produktion von Panzergetrieben: „Weltmarktfüh rer ist RENK bei Getrieben für militärische Kettenfahrzeuge.“ – heißt es in einer Monographie über die MAN.11

Es ist unklar, wie das Handelsblatt und die Wirtschaftswo-che auf einen Umsatz von 158 Mio. Euro im Rüstungsgeschäft der Renk AG kommen. In den Geschäftsberichten und sonsti-gen veröffentlichten Dokumenten wird die Rüstungsproduk-tion nicht ausgewiesen. Geht man aber davon aus, dass das Geschäftsfeld Fahrzeuggetriebe – also Getriebe für mittlere und schwere militärische Kettenfahrzeuge – ausschließlich in Augsburg angesiedelt ist, so ergibt sich allein hieraus im Geschäftsjahr 2017 ein Umsatz von 150,9 Mio. Euro.

Diese automatischen Lastschaltgetriebe von RENK sind als Heck- oder Fronteinbau für alle modernen Panzer-Dieselmoto-ren geeignet. Die Getriebe werden elektronisch gesteuert und überwacht. Produziert werden sie am Standort Augsburg der RENK AG. Hinzu kommt hier noch die französische Tochter RENK France S.A.S., die aber hauptsächlich für die Wartung des französischen Leclerc-Panzers zuständig ist.

Zum Geschäftsfeld Fahrzeuggetriebe kommt noch der Geschäftsbereich Spezialgetriebe, der ebenfalls am Standort Augsburg den Getriebebau umfasst. Die Produktpalette reicht hier von stationären Getrieben für vielfältige Industrieanwen-

dungen bis hin zu komplexen Getrieben für schnelle Schiffe und Navy-Anwendungen. Der Gesamtumsatz für Spezialge-triebe betrug im Geschäftsjahr 2017 162,4 Mio. Euro, also mehr als der Gesamtumsatz Fahrzeuggetriebe. Dieser Umsatz wird in Augsburg und von der RENK-MAAG GmbH, Win-terthur, Schweiz, gemacht.

Man kann sich vorstellen, dass der Umsatz von Renk bei Schiffsgetrieben im Marinebereich je nach Auftragseingang und Geschäftsjahr den gesamten Rüstungsumsatz auf 200 Mio. Euro oder sogar noch weit darüber anhebt. Daraus ergäbe sich, dass die Renk AG auf der Liste der 10 größten deutschen Rüstungsproduzenten noch weiter nach vorne rückt.

Daraus ergibt sich auch, dass der Löwenanteil der Rüstungs-produktion der gesamten Renk AG wohl in Augsburg stattin-det. Daraus ergibt sich wiederum, dass der Standort Augsburg – was den Gewinn angeht – eine wahre Perle ist. Das operative Ergebnis (vor Steuern) der gesamten Renk AG betrug im ver-gangenen Geschäftsjahr 60 Mio. Euro. Bezieht man das ope-rative Ergebnis – vereinfacht gesagt den Gewinn vor Steuern – auf die Umsatzerlöse, so erhält man die sogenannte operative Rendite, die bei Renk auf einer phänomenalen Höhe von 12,8 Prozent liegt.

Zum Vergleich: Beim Mutterkonzern MAN SE liegt die ope-rative Rendite bei 3,9 Prozent – und das auch nur, weil sich das operative Ergebnis im Geschäftsjahr 2017 auf 566 Mio. Euro gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt hat. Die operative Rendite lag im Jahr 2016 bei MAN nur bei 1,5 Prozent.

Immer wieder hat Renk mit seinen relativ hohen Gewinnen in der Wirtschaftspresse, auch im Wirtschaftsteil der Augsbur-ger Allgemeinen Schlagzeilen gemacht. So hieß es zum Bei-spiel im Jahr 2015: „Renk geht es glänzend, von der aktuellen Umsatzrendite von 17,8 Prozent können andere Firmen nur träumen.12“ Mit Umsatzrendite ist hier die operative Rendite (Gewinn vor Steuern) gemeint.

In der Regel ist die Umsatzrendite netto berechnet, also nach Steuern. Auch bei der Umsatzrendite (netto) hatte die Renk AG im vergangenen Geschäftsjahr einen Traumwert von 9,1 Prozent. Zum Vergleich: Der Mutterkonzern MAN hatte im

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vergangenen Geschäftsjahr nur eine Umsatzrendite von 2,8 Prozent, im Jahr zuvor betrug sie nur 1,1 Prozent. Das Institut der deutschen Wirtschaft wies zuletzt eine durchschnittliche Umsatzrendite (netto) im Metall- und Elektrobereich von 3,7 Prozent aus13.

Umsatzrenditen (netto) im Bereich von über 9 Prozent wie bei Renk zum Beispiel im Jahr 2017 oder auch 2007 und von über 10 Prozent im Jahr 2014 und 2008, sind traumhafte Ergebnisse. Dies dürfte auch der Grund sein, warum MAN SE, die ja wiederum 2011 von der Volkswagen AG übernommen wurde, Renk noch nicht abgestoßen hat.

Hinzuweisen ist noch darauf, dass die operative Rendite, die bei Renk im vergangenen Geschäftsjahr bei 12,8 Prozent lag, im reinen Rüstungsbereich noch weit höher liegt. Aus dem Geschäftsbericht 2017 lässt sich für den Geschäftsbereich Fahrzeuggetriebe, also Panzergetrieben, eine operative Ren-dite von satten 17,7 Prozent errechnen!

Glänzende Aussichten

Hinter Renk steht die MAN, einer der führenden Nutz-fahrzeug- und Maschinenbaukonzerne Europas mit einem Gesamtumsatz von 14,3 Mrd. Euro. Die MAN SE, München, ist zu 76 % am gezeichneten Kapital der RENK AG beteiligt. Die MAN weiß schon, was sie an ihrer Tochter hat. Im aktuellen Geschäftsbericht der MAN heißt es über die Renk-Tochter14:

„Renk ist ein börsennotiertes Tochterunternehmen der MAN SE und ein weltweit tätiger Hersteller von Spezialgetrieben, Komponenten der Antriebstechnik und Prüfsystemen. MAN hält 76 % am Kapital der Gesellschaft. Das Unternehmen ist führender Hersteller von Getrieben für kettengetriebene Fahr-zeuge unterschiedlicher Größe sowie von Gleitlagern für Elek-tromaschinen. Eine herausragende Marktposition nimmt Renk

auch bei Spezialgetrieben für Schiffs- und Industrieanwendun-gen ein. Das Produktportfolio wird abgerundet durch Kupp-lungen verschiedenster Bauart und Leistungsklassen. Darüber hinaus werden Prüfsysteme hergestellt, die in den Bereichen Entwicklung, Produktion und Qualitätssicherung hauptsäch-lich in der Automobil-, Eisenbahn- und Luftfahrtindustrie ein-gesetzt werden.“

MAN SE legt ihr Rüstungsgeschäft nicht offen. Allein über das Joint-Venture Rheinmetall MAN Military Vehicles, an dem MAN Truck & Bus AG mit 49 % beteiligt ist, trägt MAN zu einem erheblichen Teil des gesamten operativen Ergebnis-ses von Rheinmetall Defence bei. Und Rheinmetall Defence ist – wenn man die Airbus Group und MBDA als transnatio-nale, europäische Konzerne einstuft – der größte deutsche Rüstungskonzern. Rheinmetall dürfte auch – neben Krauss-Maffei Wegmann – der wichtigste Abnehmer von Panzerge-trieben der Renk AG sein.

In der Liste der führenden deutschen Rüstungsunternehmen taucht MAN aber ebenso wenig auf wie Siemens, obwohl Sie-mens von 2001 bis 2010 49 Prozent am Panzerbauer Krauss-Maffei Wegmann (KMW) hielt.

Hier nur ein Beispiel für die verschwiegene Militärproduk-tion von MAN auch in Augsburg. Die mittelschnelllaufenden Viertakt-Dieselmotoren, die MAN Diesel & Turbo in Augs-burg fertigt, kommen auch weltweit in Marinen zum Einsatz. Zu dem Zweck hat MAN vor zehn Jahren unter anderem MAN Diesel & Turbo Turkey gegründet. Diese beliefert zum Bei-spiel das indonesische Verteidigungsministerium mit Four Stroke Marine Engines aus Augsburger Produktion.

Der Konzernbereich bei MAN zur Produktion von Moto-ren für Kriegsschiffe nennt sich Marine Four-Stroke und hat die gleiche Adresse wie MAN Diesel & Turbo SE, Stadt-bachstraße 1, Augsburg. Der Leiter des Marinebereichs, Lex

Antimilitaristische Kundgebung gegen die Hauptaktionärsversammlung der RENK AG, Augsburg, 27.4.2018.

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n Nijsen, sagte anlässlich des neuesten Geschäfts mit der indo-nesischen Kriegsmarine15: „Wir sind sehr glücklich, diesen ungewöhnlichen Auftrag gewonnen zu haben … In diesem speziellen Fall erfreuen wir uns über eine lange und fruchtbare Beziehung mit der indonesischen Marine, die bereits MAN-Motortypen in ihrer Flotte verwendet, und in dieser Hinsicht war ein MAN-Motor die natürliche Wahl für solch ein feines Schiff. Ich denke auch, dass die Erfüllung der Anforderungen für solch eine ungewöhnliche Anwendung ein Beweis für die Stärke unseres mittelschnellen Programms ist.“

MAN Diesel & Turbo Turkey teilt bei Gelegenheit des neuen Auftrags aus Indonesien mit16: „Die indonesische Marine ist die größte in Südostasien mit rund 74.000 aktivem Personal und mehr als 150 Schiffen im aktiven Einsatz, einschließlich Angriffs-U-Booten. Ihr aktuell erklärtes Ziel ist es, die tech-nologisch fortschrittlichste Marine der Region zu werden. Zu diesem Zweck hat sie ein Bauprogramm mit dem Ziel aufge-stellt, ihre Flotte bis 2024 auf 250 Schiffe zu erweitern.“

Hier wird also in aller Verschwiegenheit ein weiteres, unschönes Kapitel der Friedensstadt Augsburg aufgeschlagen, nämlich bei der Bewaffnung der größten Marine Südostasiens. Es versteht sich von selbst, dass beim weltweiten Geschäft mit Kriegsschiffen auch die Renk Gruppe mit ihrer Antriebs-technik nicht abseits steht. In einer Broschüre der Renk AG aus dem Jahr 2016, die vom Vorstand unterzeichnet ist, heißt es zum Beispiel17: „Überall, wo es um die zuverlässige und sichere Übertragung extremer Kräfte geht, nimmt RENK eine Spitzenstellung ein. Die Formel für diesen Erfolg ist die Bündelung von 140 Jahren Erfahrung, geballter Kompetenz, modernster Technik und höchster Qualität.

Unsere hohen Ansprüche haben uns zum Weltmarktführer bei voll automatischen Getrieben für schwere Kettenfahrzeuge, horizontalen Gleitlagern sowie Getrieben für Navy Schiffe gemacht.“

Wir erfahren also, dass Renk nicht nur bei Panzergetrieben sondern auch bei Getrieben für Kriegsschiffe Weltmarktführer ist. Unter der Überschrift „Auf allen Weltmeeren zu Hause.“ heißt es in der Broschüre: „Leise, laufruhig, kraftvoll und äußerst efizient. Das sind Eigenschaften, die die Antriebstech-nik von RENK auszeichnen und die von Marinen weltweit (…) geschätzt werden (…) Laufruhe und Zuverlässigkeit: Dies sind nur zwei der Gründe, weshalb Marinen zahlreicher Länder bei ihren U-Booten auf RENK Lager setzen. Getriebetechnologien von RENK, wie der CODELAG Antrieb (COmbined Diesel ELectric And Gas turbine), gehören weltweit zu den gefragte-sten Lösungen für Fregatten.“

Eine strategische Neuorientierung bei MAN SE, die wiederum zu über 75 Prozent von der Volkswagen AG beherrscht wird, führt zu virulenten Plänen, nicht nur die Renk AG, sondern auch MAN Diesel & Turbo – ebenfalls mit Sitz in Augsburg – aus dem MAN-Konzern auszugliedern. Dies dürfte aber nicht zu einer Schwächung der Rüstungsproduktion führen, weder bei Renk noch bei anderen bisherigen militärischen Engage-ments der MAN – im Gegenteil. Die mögliche Zerschlagung von ThyssenKrupp, die aktuell durch die Medien geht, zielt ja auch nicht auf das lukrative Rüstungsgeschäft, sondern eher auf eine Abspaltung des schleppenden Stahlgeschäfts. Eigent-lich sprechen die zwei riesigen Hallen, die gegenwärtig hinter der alten Augsburger MAN auf dem Riedinger-Gelände für MAN Diesel & Turbo gebaut werden, Bände.

Bei der Renk AG erwartet man für das laufende Geschäfts-jahr 2018 sowohl im Bereich maritime Getriebe als auch im Bereich Fahrzeuggetriebe (für mittlere und schwere Ketten-

fahrzeuge) große Aufträge und eine Zunahme des Geschäfts18. Und auch bei Panzergetrieben wird mit einem sprunghaften Zuwachs gerechnet, wodurch die Traumrendite von 2017 noch einmal übertroffen werden dürfte. Dabei ist der zusammen mit Frankreich geplante Superpanzer MGCS noch gar nicht berücksichtigt. Gemeint ist der Nachfolger des Leopard 2 mit der Bezeichnung „Main Ground Combat System“ (MGCS), in Deutschland schlicht Leopard 3 genannt. Mit dem MGCS und der von Rheinmetall neu entwickelten Kanone, mit der eventuell schon der Leopard 2 nachgerüstet wird, will man den überlegenen russischen Panzern T-90 und vor allem dem neu entwickelten T-14 Armata entgegentreten.

Ebenso wenig dürfte sich in den Erwartungen für 2018 schon die gigantische Panzerproduktion in der Türkei niederschla-gen, die Rheinmetall mit Erdogan organisiert. Im Bericht zum Jahresabschluss heißt es lediglich19: „Sofern geplante Großpro-jekte zeitgerecht realisiert werden, kann der Geschäftsbereich Fahrzeuggetriebe 2018 einem deutlichen Zuwachs an Neuauf-trägen entgegensehen. Auch der Umsatz sollte bei Umsetzung der geplanten Auslieferungen spürbar steigen. Dies wird sich unter Berücksichtigung eines veränderten Umsatzmix in einer leichten Zunahme des Operativen Ergebnisses niederschlagen, die Operative Rendite wird somit auf ähnlichem Niveau wie 2017 liegen.“

mörderischer Deal: Renk, Rheinmetall und die türkei

Die Gerüchte, dass der türkische Staat mit Unterstützung des größten deutschen Rüstungskonzerns, Rheinmetall, eine neue Panzerfabrik plant, gibt es schon länger. Auch die kritischen AktionärInnen bei Renk sind dieser Sache hinterher. So stellte zum Beispiel Klaus Stampfer von der Augsburger Friedens-initiative schon bei der letztjährigen Hauptversammlung die Frage20: „Nach Veröffentlichungen des Deutsch Türkisches Journal vom 27. Mai 2015 enthält der in der Türkei hergestellte Panzer Altay das Getriebe von Renk. Die Türkei plant zusam-men mit Rheinmetall jetzt eine Panzerfabrik zur Herstellung weiterer Panzer des Typs Altay. Wird Renk dazu wieder die Getriebe liefern?“

Die sinngemäße Antwort von Vorstandssprecher Hofbauer lautete: „RENK hat ein Prototypen-Getriebe für Altay gelie-fert. Die hier angesprochene Panzerfabrik ist ihm unbekannt.“

Diese Antwort des Vorstandssprechers der Renk AG, Florian Hofbauer, hat zwei Seiten. Auf der einen Seite ist die Aussage, dass Renk deinitiv ein Prototypen-Getriebe für den türkischen Panzer Altay geliefert hat, sehr wichtig. Es ist fraglich, ob sich der Vorstand bisher so deutlich dazu geäußert hat. Gleichzeitig bezeichnete Florian Hofbauer dieses Getriebe aber als Proto-typ. Damit gibt der Vorstandssprecher zu, dass Renk einen sol-chen Prototypen für eine Panzerproduktion in der Türkei, – der sicher sehr komplex und teuer ist – nicht etwa plant oder gerade entwickelt, sondern bereits in die Türkei geliefert hat! Das sind Dinge, die von ihrer Natur her lange geplant und vorberei-tet sind. Das heißt, die Renk AG war mit diesem Prototypen wahrscheinlich schon seit Jahren beschäftigt. Die Bezeichnung Prototyp beinhaltet auf jeden Fall auch, dass der Renk AG der Verwendungszweck des prototypischen Getriebes, die ganzen Umstände oder geplanten Umstände seines Einsatzes bekannt sein müssen. Sonst wäre sie gar nicht in der Lage, einen Pro-totyp zu bauen. In der Regel dient ein Prototyp der Vorberei-tung einer Serienproduktion. Auch dies muss Renk seit langem bekannt sein.

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Insofern ist die erste Aussage von Florian Hofbauer vielsa-gend, und seine zweite Aussage, die hier angesprochene Pan-zerfabrik sei ihm unbekannt, lächerlich. Es wäre das erste Mal, dass ein Vorstandssprecher nicht weiß, wofür er Prototypen plant, entwickelt, baut, liefert und mit Sicherheit auch abrech-net. Der modernisierte türkische Panzer Altay, für dessen Getriebe die Renk AG also den Prototypen bereits geliefert hat, soll in Kooperation von Rheinmetall und der türkischen Firma BMC gebaut werden. Dafür hat der Rheinmetall-Konzern bereits im Herbst 2016 mit BMC und dem Segen Erdogans ein Joint Venture gegründet. Renk dürfte also wie gewohnt an Rheinmetall geliefert haben, das den Panzerdeal mit der Türkei aber bis heute geheim hält. Und so schweigt auch der Vorstandssprecher der Renk AG.

Exakt eine Woche nach der Hauptversammlung von Renk in Augsburg deckten Recherchen von Correctiv, dem ARD-Magazin „Report München“ und des Stern auf, dass die türkischen Behörden den Panzerdeal der Firma BMC mit Rheinmetall jetzt bestätigt hätten, den Rheinmetall ofiziell immer noch bestreitet21. Die Firma BMC des Unternehmers Sancak, einem Freund Erdogans, soll 250 Kampfpanzer vom Typ Altay bauen. Türkische Zeitungen nannten einen Auftrags-wert von an die drei Milliarden Euro. Dieser Wert wird um ein Vielfaches steigen, wenn es am Ende 1.000 Panzer werden, von denen jetzt schon gesprochen wird. Zum Vergleich: die Bundeswehr soll in Zukunft mit 328 schweren Kampfpanzern ausgerüstet sein.

Die Jahreshauptversammlung von Rheinmetall am 8. Mai 2018 in Berlin war von Protesten gegen die Panzerdeals mit der Türkei begleitet. Vor dem Tagungslokal Hotel mari-tim wurde ein ausgemusterter Leopard-Panzer aufgestellt22. Scharfen Protest löste auch die Beteiligung der italienischen Rheinmetall-Tochter RWM Italia an der Bombardierung des Jemen aus. Da nachgewiesen werden konnte, dass eine Lenk-waffe von Rheinmetall Zivilisten tötete, gibt es jetzt erstmals eine Strafanzeige gegen das Management von RWM23. Dies wurde auch auf der Hauptversammlung von Rheinmetall von einer jemenitischen Menschenrechtsaktivistin thematisiert, die über den Krieg in ihrem Land berichtete und die Vorstände in Erklärungsnot brachte. Bonyan Gamal war von den kritischen AktionärInnen zur Hauptversammlung eingeladen worden24.

Der Stern beruft sich auf das Beschaffungsamt des türkischen Militärs, auf türkische Zeitungen und auf Konzernmitarbeiter von Rheinmetall: In 18 Monaten sollen die ersten Altay-Panzer vom Band rollen25: „Und während Rheinmetall in Deutschland die Pläne herunterspielt oder gar bestreitet, macht das Beschaf-fungsamt des türkischen Militärs bereits ehrgeizige Ankündi-gungen: Bereits in 18 Monaten sollen die ersten Altay-Panzer vom Band rollen, kündigte ein hoher Beamter an. Das klingt überaus ambitioniert, aber sicher ist, dass die Vorbereitungen für den Bau einer neuen Werksanlage begonnen haben, in der BMC künftig Lastwagen, Motoren und Militärfahrzeuge fer-tigen will. In Karasu, östlich von Istanbul, rollen bereits seit Monaten die Bagger. Auf einem 222-Hektar-Gelände an der Schwarzmeerküste soll dort demnächst feierlich der Grund-stein für die Fabrik gelegt werden. Laut türkischen Zeitungen wird Erdogan persönlich an der Zeremonie teilnehmen, ebenso der Emir von Katar, dessen Militär 49 Prozent der Anteile an BMC gehören - übrigens vermittelt von Erdogan.

Bei Rheinmetall tun sie immer wieder so, als hätten sie auch mit dieser geplanten Panzerfabrik nichts zu tun. Aber intern hatten Konzernmitarbeiter noch im vergangenen Jahre Papiere angefertigt, laut denen das Werk in Karasu in einer ‚Partner-

schaft‘ mit Rheinmetall entstehen solle. Dass man dort nun gemeinsam mit Rheinmetall investieren werde, bekräftigte ein BMC-Vertreter jetzt sogar in einem Interview mit einer türki-schen Zeitung.“

Und wo bleiben die deutschen Bestimmungen für Rüstungs-exporte? Der Chef von Rheinmetall Armin Papperger im März 2017 dazu freimütig: „Wenn wir mit Partnern in der Türkei einen türkischen Panzer entwickeln und bauen, dann ist die Bundesregierung daran nicht beteiligt“. Der Stern spricht von einer Lücke im deutschen Recht. Zwar könnten Unternehmen wie Rheinmetall oder Renk in der Tat keine Rüstungsgüter oder Blaupausen in die Türkei liefern ohne Genehmigung deut-scher Stellen. Die Entsendung von „Experten für die techni-sche Hilfe“ sei aber auch ohne Genehmigung möglich. Einige SPD-Politiker hätten während der Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU versucht, diese Lücke zu schließen. „Ein entsprechender Passus war in der letzten Fassung des Koali-tionsvertrags aber nicht mehr enthalten“, schreibt der stern. Auch dies wäre eine eigene Recherche wert. Jedenfalls solle in der Türkei östlich von Istanbul nichts weniger als ein „Global Player in den Exportmärkten“ entstehen – für Rüstungsgüter, versteht sich.

Rüstungskonversion jetzt!

In seiner Rede auf der diesjährigen Hauptversammlung der Renk AG warf Christian Artner-Schedler mit Nachdruck die Frage auf: „Was und wofür produziert das Unternehmen Renk? Arbeitgeber und Arbeitnehmer*innen müssen sich unweiger-lich der Frage stellen: Dient es dem Gemeinwohl, dem Frie-den, der Gerechtigkeit? Verbessert es unsere und anderer Lebenssituation?“

Dies ist nicht der Fall, deshalb muss es um Konversion gehen, also die Umstellung von Rüstungsproduktion auf zivile Produkte. Dies ist generell möglich – auch in Augsburg – und kommt auch vor und wird gelegentlich sogar bei der IG-Metall thematisiert. So hat sich die Firma Kuka schon vor Jahrzehnten vom Panzerbau getrennt, so hat es bei EADS in den neunziger Jahren in Augsburg eine intensive Konversionsdebatte gege-ben, die von der Produktion von Kampflugzeugen wegführen sollte26. Nicht zu vergessen die rasante Konversion von zivi-ler Produktion zur Rüstungsproduktion im Dritten Reich, die natürlich auch in umgekehrter Reihenfolge erfolgen kann und nach dem Krieg auch erfolgte.

Und auch bei Renk selbst gab es in der Nachkriegszeit unter-schiedliche Entwicklungen. So erwähnt zum Beispiel die Zeit-schrift Antriebstechnik in einem Firmenporträt von 1998, dass es noch in den achtziger Jahren Bestrebungen bei Renk gege-ben haben soll, von der Rüstungsproduktion wegzukommen27:

„Versuchte man in den 80er Jahren noch, sich von der ein-seitigen Ausrichtung auf den militärischen Bereich (Getriebe für Panzer und Marineschiffe) zu lösen, so setzt man heute mit seiner Kompetenz wieder verstärkt auf diesen Sek tor, wo man weltweit in Produkten (deutscher Leopard II, französi-scher Leclerc, britischer Challenger und US-amerikanischer Ab rams) erfolgreich vertreten ist.“

Der Grund für diese Entwicklung bei Renk in den achtziger Jahren wäre noch zu erforschen. Denn die politische Entwick-lung war eigentlich gegenläuig, die NATO demonstrierte mit häuigen Militärübungen und Panzeraufmärschen in der Bun-desrepublik ihre Macht.

Noch stellen sich die Vertreter der IG Metall im Aufsichtsrat bei Renk taub gegenüber der Kritik und den Fragen der kriti-

Ausdruck Oktober 5/2018 11In

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n schen AktionärInnen. So fragte zum Beispiel Christian Artner-Schedler (Pax Christi) bei der Hauptversammlung vom April 201728: „Sind Sie bereit, konkrete Schritte einzuleiten, um den militärischen Rüstungsbereich zurückzufahren, schließlich zu beenden und dafür ausschließlich auf zivile Produktion zu setzen? Sind Sie bereit an Konversionsplänen mitzuarbeiten und befürworten Sie Rüstungskonversions-Fonds wie z.B. in Thüringen, als Unterstützung für Unternehmen, um auf zivile Produktion umzustellen – als realpolitische Möglichkeit nicht die ganze Last der geforderten Umstellung den Unternehmen aufzubürden?“

Und Klaus Stampfer (Augsburger Friedensinitiative AFI) stellte bei gleicher Gelegenheit fest: „Im Geschäftsbericht der RENK AK für das Jahr 2016 sind keine Anstrengungen zur Schaffung neuer Geschäftsfelder erkennbar mit dem Ziel, eine Rüstungskonversion anzustreben.“

Das muss aber kein Dauerzustand bleiben, Alternativen sind zum Beispiel in Stuttgart für das Land und für die Stadt einen Ethik-Kanon, der eine Beteiligung an Rüstungsunternehmen ausschließt. Die Initiative für den angesprochene Rüstungs-konversions-Fonds in Thüringen kam nicht nur von der Linken

Thüringen, sondern auch von der evangelischen Kirche Mit-teldeutschland und der IG Metall Jena29. Bei der Gründung der Initiative sagte Christoph Ellinghaus/ IG Metall Jena-Saalfeld: „Wir brauchen einen Konversionsfonds, damit die Ablehnung von Rüstungsexporten und das Interesse an Arbeitsplätzen in der Region nicht weiter gegeneinander ausgespielt werden können“.

In dem Dossier über Rüstungskonversion auf dem Portal der „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“30 fanden wir zu unserem Erstaunen auch eine Initiative des Bezirksleiters der IG Metall von Baden-Württemberg, mehr Unternehmen für Rüstungskonversion zu gewinnen. Die Stuttgarter Zeitung berichtete darüber im August 201731. Unverhoffte Rücken-deckung kommt jetzt auch vom DGB-Bundeskongress32. Der DGB-Bundeskongress hat im Mai 2018 auf Antrag des DGB Köln-Bonn einen Text beschlossen33, mit dem sich die Gewerk-schaften gegen die geplante Anhebung des Verteidigungsetats auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts und gegen die drohende weitere Militarisierung der deutschen Außenpolitik aussprechen.

Am Freitag, den 27.04.2018, indet die jährliche Hauptversammlung der Aktionär*innen der Renk AG statt. Wie jedes Jahr piekfein, mit hübscher Abend-garderobe und ganz weit weg von den Auswirkungen ihres eigenen Handelns. Die Renk AG ist laut Handelsblatt auf Platz 10 der größten deutschen Kriegs-waffenirmen und das mit Hauptsitz in der „Friedensstadt“ Augsburg.

Die Renk AG ist wichtiger Partner von

Rheinmetall sowie Krauss-Maffei-Weg-mann und baut Getriebe für den Leopard II Panzer und den in der Türkei gefer-tigten Altay-Panzer, welche vom tür-kischen Militär gerade genutzt werden um einen völkerrechtswidrigen Krieg in Syrien zu führen, einen Völkermord am kurdischen Volk zu begehen und weitere Kriegsverbrechen, wie sie für imperiali-stische Staaten üblich sind, zu verüben.

Darum rufen wir euch auf am Freitag

um 15 Uhr mit uns gegen die ignorante und tödliche Wirtschaftspolitik Deutsch-lands und der Renk AG zu demon-strieren. Kommt zur Kundgebung am Kongress am Park und seid mit uns laut und bunt!

Deutsche Waffen

Deutsches Geld

morden mit in aller Welt!

Aufruf zur Kundgebung gegen die hauptaktionärsversammlung der RENK AG

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n12 Ausdruck Oktober 5/2018

Anmerkungen1. Stadtzeitung, alle Ausgaben, 9.5.2018 und online: Laura Türk.

„‚Geld verdienen mit Krieg‘: Augsburger demonstrieren gegen Aktionärsversammlung von Renk“. StadtZeitung online, 4. Mai 2018.

2 Augsburger Allgemeine, 28.4.2018.3 „Neuer US-Botschafter: Deutschland soll militärisch ‚wie eine

Weltmacht handeln‘“, T-Online, 17.5.2018. 4 „UNROCA (United Nations Register of Conventional Arms)“.

Zugegriffen 17. Mai 2018. https://www.unroca.org/ [Hier Ger-many aufrufen].

5 Türk 2018 a.a.O..6 „Geschäftsbericht 2017 der Renk AG“, März 2018.7 „UNROCA-Report, Germany 2016 (United Nations Register

of Conventional Arms)“, 2016. Unter Major conventional arms (Category I-VII) - Military holdings erfährt man hier nicht nur die Rüstungsexporte des jeweiligen Jahres (hier 2016), sondern auch die Gesamtproduktion der deutschen Rüstungsbetriebe in den ent-sprechenden Waffengattungen.

8 „Rüstungsdeals: Regierung informiert den Bundestag künftig früher“. Handelsblatt, 4. Juni 2014.

9 Rüdiger Kiani-Kreß. „Rheinmetall: Für Deutschland nur die Nebenrolle im Panzergeschäft“. WirtschaftsWoche, 20. März 2013.

10 Simon Nördinger. „Das sind die 10 größten deutschen Rüstungs-unternehmen“. Produktion Online, 19. April 2018.

11 Bähr, Johannes; Banken, Ralf; Flemming, Thomas: Die MAN. Eine deutsche Industriegeschichte, C. H. Beck, München 2008, 624 Seiten, Seite 471

12 Kerler, Michael. „Renk-Chef Sauter: ‚Mitarbeiter brauchen Frei-heit‘“. Augsburger Allgemeine, 30. Juli 2015.

13 „M+E-Industrie 2016: Nur am Anfang stark, Branchenreport“. iwd, 9. Juni 2017.

14 MAN SE, Geschäftsbericht 2017.15 „MAN Engine to Complement Propulsion Aboard Classic Sailing

Vessel. Newbuilding Cadet Training Ship for Indonesian Navy“. MAN Diesel & Turbo Turkey, 10. Februar 2016..

16 Ebd.17 Weltweiter Maßstab für Antriebstechnik. Die RENK Gruppe – an

der Spitze des Weltmarkts. Broschüre des MAN-Vorstands vom Januar 2016.

18 „RENK AG, Augsburg Jahresabschluss zum 31. Dezember 2017 und Lagebericht für das Geschäftsjahr 2017“. Renk Aktiengesell-schaft, 15. März 2018, Seite 16.

19 Ebd., S. 4320 „Kritische Aktionäre: Hauptversammlungen 2017: Renk AG,

Gegenantrag, Reden von Klaus Stampfer, Christian Artner-Schedler und Rainer Nödel sowie Bericht (Pax Christi)“. kritische Aktionäre, 26. April 2017.

21 Hans-Martin Tillack, und Margherita Bettoni. „Rüstungskonzern Rheinmetall kann auf Panzerbau in Türkei hoffen“. Hans-Maftin Tillack. stern.de, 4. Mai 2018.

22 Siehe unter anderem: DFG-VK. „Protest-Kundgebung: Rheinme-tall entrüsten! Demonstration während der Jahreshauptversamm-lung 2018“. Flickr, 8. Mai 2018. DFG-VK. RHEINMETALL ENTWAFFNEN! - Protest gegen Rüstungsexporte in Berlin, 2018. https://www.youtube.com/watch?v=ICKCqxT3isM. Jan Greve. „Rheinmetalls todbringende Töchter. Vor der Haupt-versammlung positionieren sich Gegner des Rüstungskonzerns“. junge Welt, 8. Mai 2018. „[Rheinmetall-Hauptversammlung am 8.5.18] ‚Rheinmetall entrüsten! Waffenexporte stoppen!‘, Dos-sier“. LabourNet Germany (blog), 9. Mai 2018.

23 Alexander Isele. „Tote in Jemen - Geld für Rheinmetall. Strafan-zeige gegen Tochter des Rüstungskonzerns, weil mit deren Waffen in Jemen Zivilisten getötet wurden“. Neues Deutschland, 8. Mai 2018. Philipp Grüll, und Karl Hoffmann. „Waffen nach Saudi-Arabien: Vorwürfe gegen Rheinmetall in Italien“. tagesschau.de, 18. April 2018.

24 „‚Rheinmetall entrüsten! Waffenexporte stoppen!‘ - Kundgebung vor der Hauptversammlung“. Ohne Rüstung Leben, 9. Mai 2018.

25 Hans-Martin Tillack, und Margherita Bettoni. „Rüstungskonzern Rheinmetall kann auf Panzerbau in Türkei hoffen“. Hans-Maftin Tillack. stern.de, 4. Mai 2018.

26 Peter Feininger. „Rüstungskonversion in Augsburg: Sie wollten ‚vom Tornado in die Umwelttechnik‘ ... und landeten beim Euro-ighter“. Forum solidarisches und friedliches Augsburg, 9. Sep-tember 2004.

27 Reichenbach, Michael: 125 Jahre Getriebe aus Augsburg. Firmen-porträt der Renk AG, Antriebstechnik 37 Nr. 7, 1998.

28 „Kritische Aktionäre: Hauptversammlungen 2017: Renk AG, Gegenantrag, Reden von Klaus Stampfer, Christian Artner-Schedler und Rainer Nödel sowie Bericht (Pax Christi)“. kritische Aktionäre, 26. April 2017.

29 „ENTRÜSTET EUCH“. Thüringen Links - das linke Infoportal, 9. August 2016; „Initiative für einen Thüringer Rüstungskonversi-onsfonds“. Trägerkreis Rüstungskonversion Jena & Initiative für einen Thüringer Rüstungskonversionsfonds. Zugegriffen 27. Mai 2018. „‚Rüstungsatlas Thüringen‘ / Schaffung eines Rüstungs-konversionsfonds“. Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen, 18. November 2015.

30 „Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!: Rüstungskonver-sion“. Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel! Zugegriffen 27. Mai 2018.

31 Matthias Schiermeyer. „Das Kriegsgeschäft boomt: Kampf um Alternativen zur Rüstung“. stuttgarter-zeitung.de, 13. August 2017.

32 „DGB-Beschluss: #NO2PERCENT – Frieden geht anders!“ Blickpunkt WiSo, 16. Mai 2018. „#NO2PERCENT“. DGB Nor-drhein-Westfalen - Region Köln Bonn, 2017.

33 „#No2Percent vom Bundeskongress beschlossen. Witich Roß-mann zu Antrag 002“, 15. Mai 2018.

Proteste während des städtischen Aktionstags Vielfalt in der Friedensstadt Augsburg während einer Rede des Oberbürgermeisters (im Hintergrund)