884 seiten, 1210 mehrfarbige abbildungen, 183 tabellen h. lippert, ,lehrbuch der anatomie euro 49,95...

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Buchbesprechung H. Lippert: Lehrbuch der Anatomie. 6. Aufl., 884 Seiten, 1210 mehrfarbige Abbildungen, 183 Tabellen. Urban & Fischer: Mt~nchen, Jena 2003. EURO 49,95. ISBN 3-437-42361-4 Das tiberarbeitete und neu gestaltete Lehrbuch der Ana- tomie spiegelt den aktuellen Stand der Anatomie sowie der klinischen Anatomie wider und zeigt sich noch umfas- sender, einheitlicher strukturiert und grogztigiger illus- triert als in der letzten Auflage. Es deckt alle Bereiche der Anatomie aus unterschiedlichen Betrachtungsweisen ab und, das ist das Einmalige an diesem Werk, es finden sich fiberdurchschnittlich viele farblich hinterlegte kli- nische Bez~ige. Gerade diese Beztige zwischen klinischem Wissen und der Anatomie sind hier systematisch in das didaktische Konzept gemgg des ,,hannoverschen Modells" eingearbeitet worden. Der Sinn von Anatomie wird auf nahezu jeder Seite mit klinischen Informationen belegt und daher in seiner Bedeutung ftir den vorklinischen Stu- denten offensichtlich. Das Buch ist, beginnend mit der allgemeinen Anato- mie, in 9 Abschnitte gegliedert. Das Gliederungskonzept ist topografisch aufgebaut, also nach Regionen und deren Inhalten: Leibeswand, Brusteingeweide, Baucheingewei- de, Beckeneingeweide, Kopf 1, Kopf 2 und Hals, Arm und schlieglich Bein. Im Anhang finden sich Tafeln zu den Verzweigungsschemata der Leitungsbahnen. Ein Bildnachweis, der Schltissel zum Gegenstandskatalog und ein ausftihrliches Sachverzeichnis schliegen das Buch ab. Obgleich das textliche und illustrative ~iugere Erschei- nungsbild uneinheitlich erscheint, so besticht die er- z/~hlende Erklfirungsweise faktenreicher Sachverhalte. Zahlreiche Beispiele zieht der Autor heran, um komple- xere Strukturen oder Funktionen zu erkl~ren, z.B. den Vergleich eines Lymphknotens mit einem Flughafen- gebfiude. Die inhaltliche Gliederung ist konsequent ein- gehalten, was das Lernen und Erarbeiten der vielen Fakten erheblich erleichtert. Ferner sind alle Tabellen in einem einheitlichen neuen Layout erstellt. Die in den letzten Auflagen verwendete Dezimalklassifikation von Abbildungen, Tabellen und Texten wurde durch die ge- br~uchlichere klassische Punktnotation ersetzt. Die Abbildungen sind qualitativ hochwertig, inhaltlich jedoch noch immer ~iugerst uneinheitlich und bisweilen mit Farben t~berfrachtet. Warum der sch6ne Stahlstich nach einem Gemfilde von Palma il Vecchio koloriert wet- den musste, ist unverstfindlich. Das uneinheitliche Bild- material wurde wie in den vorherigen Auflagen auch aus unterschiedlichsten Bildquellen zusammengesammelt. Zum anderen sind die Formate der Illustrationen sehr un- terschiedlich, was nicht nur in diesem anatomischen Lehr- buch ein Manko darstellt. S~imtliche Abbildungslegenden verweisen auf Nummern in den Bildern. Dies hat den Nachteil, dass der Leser die Bildstrukturen nicht direkt ablesen kann, sondern erst die Nummern tiber die zuge- h6rige Legende entschltisseln muss. Als positiv zu bewerten ist die konsequente Einarbei- tung der Etymologie anatomischer Termini und die Be- nutzung der zurzeit aktuellen Nomina anatomica. Auch eine neue ausft~hrliche Tabelle, die Nomina-anatomica- Begriffe mit den richtigen deutschen Artikeln auflistet, ist ftir manchen Studierenden der Humanmedizin, der nicht Latein gelernt hat, hilfreich. Uber die AusfUhrlichkeit bei der Behandlung klinischer Informationen lfisst sich sicher- lich nach der Novelle der Approbationsordnung ft~r Arzte nicht mehr streiten. Aufgrund der konsequent eingearbei- teten klinischen Aspekte kann das Lehrbuch jetzt mehr als andere den Studierenden empfohlen werden. Zur Vor- bereitung auf die Pflichtseminare mit klinischen Beziigen wird dieses Buch eine wertvolle Hilfe sein. Dieses Lehrbuch kann sicherlich jedem Studierenden der Zahn- und der Hnmanmedizin, Biologie und Anthro- pologie empfohlen werden. Es animiert zum Weiterlesen und motiviert eher zum Erarbeiten auch yon scheinbaren Nebensfichlichkeiten und klinischen Zusammenh~ingen als Bticher, die st~irker in der anatomischen Lehrbuchtra- dition stehen. Ferner kann es Kolleginnen und Kollegen neue pfidagogische Aspekte und Ideen zur Darstellung nicht immer leicht zu vermittelnder morphologischer Zu- sammenh~inge bieten. Oliver Schmitt, Rostock 254

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Page 1: 884 Seiten, 1210 mehrfarbige Abbildungen, 183 Tabellen H. Lippert, ,Lehrbuch der Anatomie EURO 49,95 6. Aufl. (2003) Urban & Fischer 3-437-42361-4

Buchbesprechung

H. Lippert: Lehrbuch der Anatomie. 6. Aufl., 884 Seiten, 1210 mehrfarbige Abbildungen, 183 Tabellen. Urban & Fischer: Mt~nchen, Jena 2003. EURO 49,95. ISBN 3-437-42361-4

Das tiberarbeitete und neu gestaltete Lehrbuch der Ana- tomie spiegelt den aktuellen Stand der Anatomie sowie der klinischen Anatomie wider und zeigt sich noch umfas- sender, einheitlicher strukturiert und grogztigiger illus- triert als in der letzten Auflage. Es deckt alle Bereiche der Anatomie aus unterschiedlichen Betrachtungsweisen ab und, das ist das Einmalige an diesem Werk, es finden sich fiberdurchschnittlich viele farblich hinterlegte kli- nische Bez~ige. Gerade diese Beztige zwischen klinischem Wissen und der Anatomie sind hier systematisch in das didaktische Konzept gemgg des ,,hannoverschen Modells" eingearbeitet worden. Der Sinn von Anatomie wird auf nahezu jeder Seite mit klinischen Informationen belegt und daher in seiner Bedeutung ftir den vorklinischen Stu- denten offensichtlich.

Das Buch ist, beginnend mit der allgemeinen Anato- mie, in 9 Abschnitte gegliedert. Das Gliederungskonzept ist topografisch aufgebaut, also nach Regionen und deren Inhalten: Leibeswand, Brusteingeweide, Baucheingewei- de, Beckeneingeweide, Kopf 1, Kopf 2 und Hals, Arm und schlieglich Bein. Im Anhang finden sich Tafeln zu den Verzweigungsschemata der Leitungsbahnen. Ein Bildnachweis, der Schltissel zum Gegenstandskatalog und ein ausftihrliches Sachverzeichnis schliegen das Buch ab. Obgleich das textliche und illustrative ~iugere Erschei- nungsbild uneinheitlich erscheint, so besticht die er- z/~hlende Erklfirungsweise faktenreicher Sachverhalte. Zahlreiche Beispiele zieht der Autor heran, um komple- xere Strukturen oder Funktionen zu erkl~ren, z.B. den Vergleich eines Lymphknotens mit einem Flughafen- gebfiude. Die inhaltliche Gliederung ist konsequent ein- gehalten, was das Lernen und Erarbeiten der vielen Fakten erheblich erleichtert. Ferner sind alle Tabellen in einem einheitlichen neuen Layout erstellt. Die in den letzten Auflagen verwendete Dezimalklassifikation von Abbildungen, Tabellen und Texten wurde durch die ge- br~uchlichere klassische Punktnotation ersetzt.

Die Abbildungen sind qualitativ hochwertig, inhaltlich jedoch noch immer ~iugerst uneinheitlich und bisweilen mit Farben t~berfrachtet. Warum der sch6ne Stahlstich nach einem Gemfilde von Palma il Vecchio koloriert wet- den musste, ist unverstfindlich. Das uneinheitliche Bild- material wurde wie in den vorherigen Auflagen auch aus unterschiedlichsten Bildquellen zusammengesammelt. Zum anderen sind die Formate der Illustrationen sehr un- terschiedlich, was nicht nur in diesem anatomischen Lehr- buch ein Manko darstellt. S~imtliche Abbildungslegenden verweisen auf Nummern in den Bildern. Dies hat den Nachteil, dass der Leser die Bildstrukturen nicht direkt ablesen kann, sondern erst die Nummern tiber die zuge- h6rige Legende entschltisseln muss.

Als positiv zu bewerten ist die konsequente Einarbei- tung der Etymologie anatomischer Termini und die Be- nutzung der zurzeit aktuellen Nomina anatomica. Auch eine neue ausft~hrliche Tabelle, die Nomina-anatomica- Begriffe mit den richtigen deutschen Artikeln auflistet, ist ftir manchen Studierenden der Humanmedizin, der nicht Latein gelernt hat, hilfreich. Uber die AusfUhrlichkeit bei der Behandlung klinischer Informationen lfisst sich sicher- lich nach der Novelle der Approbationsordnung ft~r Arzte nicht mehr streiten. Aufgrund der konsequent eingearbei- teten klinischen Aspekte kann das Lehrbuch jetzt mehr als andere den Studierenden empfohlen werden. Zur Vor- bereitung auf die Pflichtseminare mit klinischen Beziigen wird dieses Buch eine wertvolle Hilfe sein.

Dieses Lehrbuch kann sicherlich jedem Studierenden der Zahn- und der Hnmanmedizin, Biologie und Anthro- pologie empfohlen werden. Es animiert zum Weiterlesen und motiviert eher zum Erarbeiten auch yon scheinbaren Nebensfichlichkeiten und klinischen Zusammenh~ingen als Bticher, die st~irker in der anatomischen Lehrbuchtra- dition stehen. Ferner kann es Kolleginnen und Kollegen neue pfidagogische Aspekte und Ideen zur Darstellung nicht immer leicht zu vermittelnder morphologischer Zu- sammenh~inge bieten.

Oliver Schmitt, Rostock

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