abschlussbericht fÖj 2012 julian - hamburg
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FÖJ 2011/2012
Das Vorkommen von
Ancylus fluviatilis
in der Wandse
Julian Michael
Betreut durch Dr. Beate Baier
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Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung 3
2. Die Wandse 4
3. Probestellen 5
3.1. Wandse 21 5
3.2. Wandse 22 7
3.3. Wandse 3 9
3.4. Wandse 31 11
4. Ancylus fluviatilis 13
5. Probenahmemethode (Altdaten) 15
6. Probenahmemethode (eigene Erhebungen) 15
7. Ergebnisse der Altdaten und der eigenen Probenahmen 17
8. Diskussion 19
9. Zusammenfassung 22
10. Quellen 23
11. Anhang 25
12. Danksagung 28
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1. Einleitung
Innerhalb meines Freiwilligen Ökologischen Jahres im Institut für Hygiene und Umwelt habe
ich mich mit der Makrozoobenthosfauna der Wandse und dem Vorkommen der Flussnapf‐
schnecke Ancylus fluviatilis beschäftigt. Ursprünglich sollte auch die Verbreitung des Drei‐
eckskopfstrudelwurms Dugesia gonocephala und der Eintagsfliegenart Ephemera danica im
Wandse‐Einzugsgebiet untersucht werden. Da ich diese beiden Arten bei der Frühjahrs‐
Beprobung nicht nachweisen konnte, entschied ich mich jedoch, nur die Schneckenart in das
Projekt einfließen zu lassen.
Ziel meiner Arbeit war es, die Populationsdichte der Schnecken an vier Probestellen der
Wandse zu erfassen und anhand der morphologischen Strukturen und, sofern vorhanden,
anhand von Chemiedaten zu diskutieren. Auf diese Weise sollte auch eine Beurteilung des
ökologischen Zustands der untersuchten Gewässerabschnitte vorgenommen werden. Eine
komplette Makrozoobenthos‐Erhebung sollte überdies Aufschluss über die Biodiversität an
einer der Probestellen geben und zur Bewertung der Wandse in diesem Bereich beitragen.
Darüber hinaus sollte der Vergleich mit Altdaten die Entwicklung des Vorkommens der
Flussnapfschnecke an den Probestellen aufzeigen.
Abb. 1: Ancylus fluviatilis (biopix.de)
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2. Die Wandse
Die Wandse ist ein kleiner Fluss im Norden Deutschlands, dessen Quelle im südlichen
Schleswig‐Holstein im Kreis Stormarn liegt. Von dort aus fließt sie nach Hamburg in die Au‐
ßenalster. Die Elbe, an welche die Alster anschließt, mündet schließlich in die Nordsee. Ihren
Namen verdankt die Wandse dem Hamburger Stadtteil Wandsbek, welchen sie auf ihrem
Weg in die Alster passiert. Das Einzugsgebiet umfasst eine Fläche von ca. 88 km², wovon sich
alleine 20 km² in Schleswig‐Holstein befinden. Der Hauptlauf der Wandse misst ca. 21,5 km.
Die Entstehung der Wandse ist zurückzuführen auf das Schmelzen der Gletscher in der
Weichseleiszeit, die vor ungefähr 10.000 Jahren endete. Damals war ganz Norddeutschland
mit Gletschern bedeckt. Vor 200.000 Jahren schoben Eiszeitgletscher die Grundmoränen und
Schmelzwassersände zusammen, die den Fluss bis heute speisen. Als diese schmolzen bahn‐
te sich das Wasser seinen Weg in Richtung Nordsee. Neben der Wandse sind auch die Elbe
und die Alster glazial entstanden (http://www.abendblatt.de/hamburg/article413902/Die‐
Wandse‐hat‐viele‐Gesichter.html). Meine Probestellen liegen alle im Bezirk Wandsbek. Bis
zum Eilbekkanal ist die Wandse dem Fließgewässertyp 16 zuzuordnen und gehört damit zu
den kiesgeprägten Tieflandbächen.
Abb. 2: Übersicht Einzugsgebiet der Wandse und Lage der Probestellen
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3. Probestellen
3.1 Wandse 21
Die Probestelle „Wandse 21“ liegt am Delingsdorfer Weg, welcher die Wandse kurz vor einer
Wendeplattform kreuzt. Der beprobte Abschnitt reicht von der einen Seite der Brücke zur
anderen, wobei ich das Stück unter der Brücke wegen der zu geringen Höhe nicht berück‐
sichtigt habe. Das Gewässer ist hier ca. 3 bis 4 Meter breit und sehr flach. Der Gewässerab‐
schnitt ist begradigt und wird durch eine Uferbefestigung aus Pflastersteinen stabilisiert,
welche jedoch schon relativ verfallen ist. Auf der rechten Seite reichen Grundstücke an das
Ufer heran, die Vegetation besteht hier aus naturnahem Ufergehölz. Zur linken kurz vor der
Brücke befindet sich ein Komposthaufen, welcher eigentlich gar nicht so nah am Wasser sein
dürfte. Bei stärkeren Regenfällen können dadurch leicht größere Mengen organischen Ab‐
falls in das Gewässer eingetragen werden. Ansonsten wird dieses Ufer von naturnahem Wald
begleitet. Die Fließgeschwindigkeit ist gering und das überwiegend sandige Substrat ist mit
feinen organischen Ablagerungen überzogen. Ansonsten setzt sich das Sohlsubstrat folgen‐
dermaßen zusammen:
Tabelle 1: Prozentuale Verteilung der Substrattypen an Wan 21
Substrat Anteil in % Psammal 60
FPOM 20
Xylal 10
Mesolithal 5
Mikrolithal 5
Abb. 3: Probestelle Wan 21
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Abb. 4: Flächennutzung im EZG von Wan 21
Das Einzugsgebiet von „Wandse 21“ erstreckt sich über eine Fläche von ca. 25,2 km² und
lässt sich grob in Flächen verschiedener Nutzung einteilen (Abb. 4). Den größten Anteil ma‐
chen mit fast 60% Ackerflächen aus, die sich hauptsächlich über den Norden und Osten des
Einzugsgebietes erstrecken. Direkt an der Probestelle befindet sich eine etwas größere städ‐
tisch geprägte Fläche, die, zusammen mit den Grünflächen, die sich flussaufwärts daran an‐
schließen, die zweitgrößten Flächenanteile am EZG besitzen (jeweils 11,9%). Größenmäßig
dicht dahinter liegen Flächen mit Strauch‐ und Krautvegetation, welche sich noch etwas wei‐
ter östlich befinden. Betrachtet man den Gewässerverlauf, fällt auf, dass das Gewässer über
der Probestelle in Richtung Norden fast ausschließlich durch Grünland führt, während es
Richtung Osten vermehrt Ackerflächen und mit Sträuchern und Kräutern bewachsene Gebie‐
te durchläuft. Im Zentrum des EZG fließt die Wandse auch für kurze Zeit durch einen Wald.
Die Probestelle liegt zwar innerhalb urbanen Gebietes, befindet sich jedoch so nah an den
landwirtschaftlich geprägten Flächen im Nordosten, dass eine erhöhte organische Belastung
und Einträge von Pflanzenschutzmitteln durch die Landwirtschaft zu erwarten sind.
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3.2 Wandse 22
Die Probestelle „Wan 22“ liegt in der Nähe von „Wan 21“ an der Birrenkovenallee. Im Ver‐
hältnis zur Probestelle am Delingsdorfer Weg ist die Wandse in diesem Abschnitt sehr natur‐
nah. Das Gewässer mäandriert durch einen hauptsächlich aus Erlen bestehenden Baumbe‐
stand, wodurch es gut beschattet wird. Das erklärt auch den hohen Anteil an CPOM und
Xylal, welches durch herabfallendes Laub und Zweige eingetragen wird. Außerdem weist es
einen hohen Anteil an Kies auf, welcher teilweise infolge der naturnahen Umgestaltung der
Wandse dort eingebracht wurde. Im Gegensatz zu Wan 21 ist FPOM bei den Substrattypen
hier gar nicht vertreten. Insgesamt weist dieser Gewässerabschnitt eine Vielzahl von Sub‐
straten (Tab. 2) und eine mäßige Fließgeschwindigkeit auf.
Tabelle 2: Prozentuale Verteilung der Substrattypen an Wan 22
Substrat Anteil in % Akal 30
Psammal 20
CPOM 15
Mesolithal 10
Mikrolithal 10
Xylal 10
Makrolithal 5
Abb. 5: Probestelle Wan 22
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Abb. 6: Flächennutzung im EZG von Wan 22
Das Einzugsgebiet von Wan 22 entspricht dem von Wan 21, da die Probestelle keine fünf‐
hundert Meter entfernt liegt. Genau wie Wan 21 liegt der Gewässerabschnitt von Wan 22
innerhalb der städtisch geprägten Fläche. Allerdings ist er etwas weiter von den landwirt‐
schaftlich geprägten Flächen nordöstlich der Probestelle entfernt, weshalb der Einfluss der
Landwirtschaft auf die Ökologie nicht ganz so stark zu merken sein dürfte.
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3.3 Wandse 3
Die Probestelle „Wandse 3“ liegt im Liliencronpark nördlich der Rahlstedter Bahnhofstraße.
Das Gewässer wird an dieser Stelle auf beiden Seiten von einem schmalen Gebüsch‐ bzw.
Gehölzsaum begleitet. Auf der linken Seite des Flusses befinden sich mehrere Erlen und eine
Weide, die das Gewässer ein wenig beschatten. Außerdem liegen hier Privatgrundstücke
relativ nah am Wasser. Die andere Uferseite ist komplett mit einem Streifen aus Brennnes‐
seln und Gräsern bewachsen. An diesen grenzt der Rasen des Parks. Der Gewässerabschnitt
ist begradigt und etwa 4 bis 5 Meter breit. In dem betrachteten Bereich wurden drei Kies‐
bänke eingebracht, die jedoch nicht viel an der geringen Strömungsdiversität ändern. Da‐
durch ist Kies in diesem Gewässerabschnitt das dominierende Substrat, dicht gefolgt von
Sand (Tab. 3).
Tabelle 3: Prozentuale Verteilung der Substrattypen an Wan 3
Substrat Anteil in % Akal 40
Psammal 30
FPOM 15
Makrolithal 10
CPOM 5
Abb. 7: Probestelle Wan 3
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Das Substrat ist darüber hinaus mit einer Schicht aus feinen organischen Ablagerungen über‐
zogen, was durch die eher geringe Strömungsgeschwindigkeit noch begünstigt wird.
Abb. 8: Flächennutzung im EZG von Wan 3
Das Einzugsgebiet von „Wandse 3“ ist mit 41,4 km² ein ganzes Stück größer als das der bei‐
den nördlichen Probestellen, da die Probestelle im Flusslauf etwas weiter unten liegt. Da‐
durch liegt sie noch innerhalb der städtisch geprägten Fläche, welche hier schon einen Anteil
von 17,9 Prozent ausmacht (Abb. 8). Zum Einzugsgebiet dieses Gewässerabschnittes tritt
hier zum ersten Mal die Stellau hinzu, die aus östlicher Richtung in die Wandse fließt. Bevor
sie den urbanen Raum erreicht, durchfließt sie fast ausschließlich rurale Gebiete. Das kann
zu einer zusätzlichen Belastung mit organischen Verbindungen und Pestiziden aus der Land‐
wirtschaft führen, die im Osten des EZG eine entscheidende Rolle einnimmt.
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3.4 Wandse 31
Die Probestelle „Wandse 31“ befindet sich in Höhe der Pfarrstraße hinter der Alt‐Rahlstedter
Kirche. In diesem Abschnitt wird der Fluss auf der rechten Seite von einer Feuchtwiese be‐
gleitet, auf der extensive Landwirtschaft betrieben wird. Außerdem verläuft entlang des
rechten Ufers der Rahlstedter Uferweg. Auf der linken Seite des Gewässers befinden sich
Gärten angrenzender Wohngebäude, die in dem betrachteten Abschnitt jedoch nicht an das
Gewässer herunterreichen. Stattdessen ist das Ufer mit naturnahem Ufergehölz bewachsen.
So wachsen auf der linken Gewässerseite einige standorttypische Bäume, darunter Weiden.
Auf der rechten Seite befindet sich ebenfalls eine Weide, ansonsten besteht die Vegetation
an diesem Ufer aber hauptsächlich aus Schilf, Gräsern und Brennnesseln. Die Fließgeschwin‐
digkeit ist eher gering, erhöht sich jedoch an zwei Rauschen, die sich in dem beprobten Be‐
reich befinden. Die Substratverteilung an dieser Stelle der Wandse ist wie folgt:
Tabelle 4: Prozentuale Verteilung der Substrattypen an Wan 31
Substrat Anteil in % Psammal 35
Akal 25
Makrolithal 20
FPOM 15
CPOM 5
Abb. 9: Probestelle Wan 31
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Abb. 10: Flächennutzung im EZG von Wan 31
Das Einzugsgebiet an dieser Probestelle misst 45,1 km². Den größten Anteil der Fläche neh‐
men mit ca. 50% Ackerflächen ein, während Flächen mit Kraut‐ und Strauchvegetation hier
noch einen Flächenanteil von 8,9% besitzen. In Richtung der Probestelle durchläuft der Fluss
aber hauptsächlich stärker besiedelte Flächen, weshalb städtisch geprägte Flächen mit
23,5% fast ein Viertel des Einzugsgebietes einnehmen. Direkt an der Probestelle befinden
sich jedoch Grünflächen, die den drittgrößten Anteil des EZG ausmachen (Abb. 10).
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4. Ancylus fluviatilis
Morphologie Die Flussnapfschnecke hat einen einfarbig grau‐bläulich gefärbten Körper. Zur Fortbewegung
besitzt sie eine sehr breite, oval gerundete Kriechsohle mit stark ausgeprägten Fußmuskeln,
die einen sicheren Halt bietet, und ist somit optimal an starke Strömung angepasst. Vorne,
ventral gelegen, befindet sich die Radula, eine Zunge, mit der die Schnecke die Algenbeläge
von den Steinen raspelt. Ihre Augen liegen jeweils auf beiden Seiten an der verbreiterten
Basis der Fühler. Das mützenartige Gehäuse von Ancylus fluviatilis ist relativ dünnwändig
und ist meistens zwischen 3,5 und 8 mm lang. Im Gegensatz zur Teichnapfschnecke
Acroloxus lacustris ist die stumpfe Gehäusespitze bei A. fluviatilis nach hinten rechts über‐
hängend. Vom Apex geht eine strahlenförmige Skulpturierung aus, die sich über die Embry‐
onalschale erstreckt. Da das Gehäuse der Schne‐
cke weiterwächst, weist der Rest des Gehäuses
eine konzentrische Maserung auf. Das Gehäuse
ist von gitterartiger Struktur und besitzt eine
braune bis gelbliche Färbung (http://www.
weichtiere.at/Schnecken/index.html?/Schnecken
/suesswasser/napf_suess.html)(http://www.alles
umdieschneck.de/html/flussnapfschnecke.html).
Abb. 11: Ancylus fluviatilis (molluscs.at)
Verhalten Die Schnecke bewegt sich, indem sie sich auf der Kriechsohle langsam voranschiebt. Die Öff‐
nung der Schale wird dabei in unmittelbarer Grundnähe gehalten, um einen besseren Halt zu
gewährleisten. Außerdem kann sie sich durch den flexiblen Rand der Gehäusemündung gut
an den Untergrund anpassen. Währenddessen raspelt sie mit der Radula das Periphyton von
der Oberfläche des Substrats. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Diatomeen, v.a.
Gomphonema (Calow 1973). Zusätzlich nimmt die Flussmützenschnecke Sandkörner auf, die
im Magen das Zerkleinern der Zellwände erleichtern. Zur Nahrungsaufnahme bewegen sich
die adulten Tiere auf der strömungsexponierten Oberseite des Steines. In Ruhephasen be‐
finden sie sich auf der strömungsabgewandten Unterseite, wo sich wegen der geringen
Strömung auch die Jungtiere aufhalten. Im Spätherbst, bei Wassertemperaturen unter 6°C,
ziehen sich die Tiere an die Steinunterseite zurück und sind kaum noch aktiv. Inaktive Indivi‐
duen ziehen sich dabei komplett unter ihre Schale zurück. Erst im Frühjahr, wenn das Wasser
wieder eine Temperatur von über 7°C erreicht hat, setzen Nahrungsaufnahme und Wachs‐
tum wieder ein. Beim Kriechen können die Schnecken zudem auch die Kriechsohle des Kop‐
fes zum Ertasten des Untergrundes aufspalten. Die Sauerstoffaufnahme geschieht über die
Haut, welche dünn und wasserdurchlässig ist. Ancylus fluviatilis kommt zum Atmen daher
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nicht an die Oberfläche. Zur Fortpflanzungsperiode wandern die Schnecken in Bereiche ge‐
ringerer Tiefen. Im Gegensatz zu den meisten meereslebenden Schnecken ist A. fluviatilis
zwittrig. Meistens (ca. 90 %) erfolgt die Fortpflanzung bei ihr durch Selbstbefruchtung. Aber
auch gegenseitige Befruchtung kann man bei der Flussnapfschnecke beobachten. Teilweise
bilden sogar bis zu sieben Tiere Kopulationsketten, in denen das oberste Tier dann als Männ‐
chen und das unterste als Weibchen fungiert. Die Individuen dazwischen können beide Rol‐
len einnehmen. Während der Fortpflanzungsperiode produziert A. fluviatilis 10 bis 15 schei‐
benartige Gelege, welche jeweils aus 5 bis 10 Eiern bestehen. Diese heftet sie an die Unter‐
seite des Steines. Die Jungtiere schlüpfen nach 3 bis 4 Wochen und sind dann ca. 1mm groß.
Da die Tiere nur ein Jahr alt werden, sterben sie am Ende der Reproduktionsperiode
(http://www.allesumdieschneck.de/html/flussnapfschnecke.html).
Verbreitung, Habitat Das Verbreitungsgebiet der Flussnapfschnecke erstreckt sich über weite Teile Europas. Es
reicht nach Osten hin bis zum Ural und nach Süden hin bis zum Mittelmeer. Sie ist in
Deutschland verbreitet, jedoch nicht überall häufig (Glöer & Meier‐Brook 1994). Auch in
Skandinavien kommt die Schneckenart vor. Der Lebensraum beschränkt sich bei der Fluss‐
napfschnecke auf kleine Fließgewässer mit mäßiger bis starker Strömung. Man findet sie in
fließenden Gewässern oder in der Brandungszone von Seen an Steinen sitzend (Glöer &
Meier‐Brook 1994). A. fluviatilis ist an strömendes Wasser gebunden (rheobiont) und präfe‐
riert Geschwindigkeiten von 0,2 bis 0,9 m/s (Ambühl 1959). Sie kommt häufig in Wassertie‐
fen bis 2 m vor, selten sogar bis 30 Meter Tiefe (Glöer et al. 1992). Dabei hält sie sich an
Hartsubstrat, stromabwärts auch an Kieseln und Algen, fest. Aufgrund ihrer Empfindlichkeit
gegenüber Gewässerverschmutzung und Sauerstoffarmut besitzt Ancylus fluviatilis einen
Saprobienwert von 2 und wird als Indikatororganismus der Gewässergüteklasse II (mäßig
belastete Gewässer) eingestuft. Da die Flussnapfschnecke Hautatmung betreibt, ist sie stets
auf sauerstoffreiches Wasser angewiesen und gilt somit als Leitform für sauerstoffreiches
Wasser (Meyer 1987). Im Gegensatz zu den meisten anderen Schneckenarten ist sie auch in
relativ sauren Gewässern zu finden.
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5. Probenahmemethode (Altdaten)
Die Daten vom Frühjahr 2006 stammen aus einer Probenahme zur ökologischen Bewertung
der Wandse einschließlich der Stellau, Berner Au und des Eilbekkanals. Sie wurde von der
ARGE WRRL‐HOF gemäß der EG‐Wasserrahmenrichtlinie zur Untersuchung der biologischen
Qualitätskomponente „benthische, wirbellose Fauna“ durchgeführt. Bei der Probenahme
wurde mit dem Verfahren des Multi‐Habitat‐Samplings gearbeitet und somit das gesamte
Makrozoobenthos aufgenommen.
Die Daten von 2000 stammen aus einer Makrozoobenthos‐Beprobung, durchgeführt von
Dipl.‐Biologin Friederike Eggers. Aufgrund einer damals bevorstehenden naturnahen Umge‐
staltung der Wandse im Bereich zwischen der Straße Höltigbaum und Pulverhofteich wurde
der Zustand des Makrozoobenthos vor der Renaturierung dokumentiert, um einen mögli‐
chen Erfolg der Maßnahmen nachweisen zu können. Hierfür wurden die Probestellen Wan
21, Wan 3 und Wan 31 mit dem Multi‐Habitat‐Sampling beprobt.
6. Probenahmemethode (eigene Erhebungen)
Meine Probenahme im Frühjahr 2012 erfolgte mithilfe des sogenannten Multi‐Habitat‐
Samplings. Bei dieser Art von Beprobung spielt die Substratbeschaffenheit eine sehr wichtige
Rolle, da die prozentuale Aufteilung der Substrattypen in dem zu betrachtenden Flussab‐
schnitt ausschlaggebend ist für die Anzahl der Teilproben pro Substrattyp. Es gibt viele ver‐
schiedene Substrattypen, die es zu betrachten gilt. Diese lassen sich aufgrund ihrer Beschaf‐
fenheit in mineralische und organische Substrate einteilen. Zu den mineralischen zählen zum
Beispiel Kies und Sand, zu den organischen Algen oder auch feine organische Ablagerungen.
Da das Einzugsgebiet der Wandse kleiner als 100 km² ist, muss ein Flussabschnitt von 20 bis
50 Metern Länge untersucht werden. Sobald man einen passenden, repräsentativen Ab‐
schnitt gefunden hat, beginnt man damit die Verteilung der Substrate abzuschätzen. Die
Einteilung erfolgt hierbei in 5%‐Schritten. Pro fünf Prozent, die ein Substrat über die betrach‐
tete Fläche einnimmt, wird eine Teilprobe genommen. Insgesamt werden somit 20 Proben
genommen. Nachdem die Vorbereitung abgeschlossen ist, beginnt die eigentliche
Beprobung. Wichtig ist dabei, dass man gegen die Fließrichtung beprobt, da andernfalls auf‐
gewirbeltes Substrat die Sicht erschwert und im Benthal lebende Organismen abdriften. Hat
man eine Stelle erreicht, an der man eine Probe nehmen möchte, sticht man den Kescher in
den Gewässergrund und wühlt den Boden davor mit den Füßen auf (Kicksampling). Dadurch
wird das Substrat mit den darin befindlichen Individuen durch die Strömung in das Netz ge‐
spült. Sobald man alle Teilproben im Kescher hat, wird der Inhalt mit nahezu reinem Alkohol
in eine Flasche gefüllt. Für eine vollständige Konservierung sollte man darauf achten, dass
die Flaschen maximal zur Hälfte mit Substrat gefüllt und alles gut durchmischt ist. Trotzdem
sollte man beim Mischen vorsichtig sein, um die Individuen nicht zu beschädigen, da die
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Identifizierung der Tiere sonst unnötig erschwert wird. Nach 24 h wird der Ethanol noch mal
ausgetauscht und die Probe kann dann mehrere Wochen gelagert werden. Im Labor findet
schließlich die Auszählung der einzelnen Organismengruppen statt. Hierfür gibt man die Pro‐
be mit einem Löffel portionsweise mit Wasser in Petrischalen und untersucht diese dann
unter dem Mikroskop. Befinden sich in der Flasche auch größere Blätter und anderes grobes,
organisches Substrat oder Steine empfiehlt es sich, diese vorab zu untersuchen. Für jede
Organismengruppe, die in der Probe nachgewiesen wird, füllt man ein Schnappdeckelglas
mit 70‐prozentigem Alkohol. Wie auf www.fließgewaesserbewertung.de beschrieben, wer‐
den alle im Material befindlichen Organismen vollständig aussortiert und taxonomischen
Gruppen zugeordnet. Um einen Überblick über die Populationsdichte der einzelnen Taxa zu
bekommen, wird auch die Anzahl der insgesamt herausgelesenen Organismen ermittelt.
Imagines, Exuvien, Gehäuse von Köcherfliegenlarven, sowie Individuen, die durch starke me‐
chanische Beschädigung nicht mehr bestimmbar sind, werden hierbei nicht mit aussortiert.
Tiere im Puppenstadium, leere Muscheln und Schneckengehäuse werden ebenfalls nicht
mitgezählt. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wurde die Determination der Orga‐
nismen nur auf Familien‐ bzw. Ordnungsniveau durchgeführt. Lediglich Ancylus fluviatilis
wurde als Art angesprochen.
Im Sommer 2012 führte ich eine zweite Probenahme an der Wandse durch. Im Gegensatz
zur ersten Gewässerbegehung ging es bei der zweiten allein um das Vorkommen der Schne‐
ckenart Ancylus fluviatilis. Dadurch ist auch die Methode der Beprobung eine andere. Wäh‐
rend die ersten Proben mithilfe des Kicksamplings erhoben wurden, habe ich mich hier auf
Hartsubstrat und somit auf das Habitat der Flussnapfschnecke fokussiert. Deshalb habe ich
nur Steine und größere Äste auf das Vorhandensein der Schnecke überprüft, diese gezählt
und danach wieder zurück in das Gewässer gesetzt.
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7. Ergebnisse der Altdaten und der eigenen Probenahmen
Tabelle 5: Ancylus fluviatilis‐Funde (Frühjahr) im Wandse‐Einzugsgebiet:
Probestellen 1993 1995 1999 2000 2006 2008 2012
Wan 21 0 0 0 ‐ 0 ‐ ‐
Wan 22 ‐ ‐ ‐ ‐ ‐ ‐ ‐
Wan 3 0 0 0 ‐ ‐ ‐ ‐
Wan 31 ‐ ‐ ‐ 21‐40 8 ‐ 8
Tabelle 6: Ancylus fluviatilis‐Funde (Sommer) im Wandse‐Einzugsgebiet:
Probestellen 2000 2007 2012
Wan 21 ‐ ‐ 0 = eigene Erhebung
Wan 22 ‐ ‐ 0
Wan 3 ‐ ‐ 5
Wan 31 2‐20 ‐ 100
Betrachtet man die Probestelle Wan 31 fällt auf, dass in den gesamten letzten Jahren, in de‐
nen hier das gesamte Makrozoobenthos beprobt wurde, A. fluviatilis nachgewiesen werden
konnte (Tab. 5). Auch bei meinen eigenen Gewässerbegehungen, die einmal im Frühjahr
2012 und im Sommer desselben Jahres durchgeführt wurden, war die Schneckenart hier zu
finden. Zwar befanden sich in der Teilprobe vom Frühjahr, die mithilfe des Multi‐Samplings
gezogen wurde, nur acht Schnecken. Im Frühjahr 2006 wurden hier ebenfalls nur acht
Schnecken nachgewiesen, wodurch in dieser Jahreszeit keine wirkliche Veränderung in der
Populationsdichte bemerkbar ist. Während meiner Gewässerbegehung im Sommer fand ich
jedoch um die einhundert Individuen dieser Art. Aus der von Eggers im Sommer 2000 durch‐
geführten Untersuchung ergab sich lediglich eine Individuenzahl von zwei bis zwanzig
Ancylus fluviatilis (Tab. 6).
An der Probestelle Wan 3 konnte ich bei meiner im Sommer durchgeführten Probenahme
ebenfalls Flussnapfschnecken nachweisen. Mit einer Anzahl von ca. fünf Individuen war das
Ergebnis hier im Vergleich zu Wan 31 allerdings sehr überschaubar. Altdaten von früheren
Sommer‐Beprobungen mit kompletter Makrozoobenthos‐Aufnahme liegen nicht vor. In den
letzten Jahren wurden im Frühjahr keine Probenahmen durchgeführt, bei denen das gesam‐
te Makrozoobenthos beprobt wurde. Bei Probenahmen aus den 90er Jahren konnten hier
ebenfalls keine A. fluviatilis gefunden werden.
Im Gegensatz zu den Probestellen Wan 3 und Wan 31 konnte ich an Wan 21 und Wan 22
keine Ancylus fluviatilis vorfinden. Genau wie Wan 3 wurden auch diese beiden Gewässerab‐
schnitte nur im Sommer von mir beprobt. Während von Wan 22 gar keine Altdaten vorlie‐
gen, konnten an Wan 21 bei Frühjahrs‐Probenahmen in 90er Jahren, sowie im Jahr 2006,
keine Individuen dieser Art nachgewiesen werden.
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Abb. 12: Prozentuale Verteilung der Makrozoobenthos‐Taxa an der Probestelle Wan 31 im
Frühjahr 2012
Im Frühjahr 2012 führte ich an der Probestelle Wan 31 eine komplette Makrozoobenthos‐
Erhebung durch. Stellt man die prozentualen Anteile der verschiedenen Taxa dar, fällt einem
sofort die Dominanz der Dipteren auf, die über die Hälfte des nachgewiesenen Makrozoo‐
benthos ausmachen. Zusammen mit der Gruppe der Oligochaeta besitzen sie sogar einen
Anteil von über 75 Prozent. Der Anteil der gefundenen Eintagsfliegen und Köcherfliegen be‐
läuft sich gerade einmal auf 2,9 % und ist somit sehr gering. Mit 10,3 % weisen Gammariden
in diesem Gewässerabschnitt die drittgrößte Populationsdichte auf. Wie man an dem Dia‐
gramm unschwer erkennen kann, ist die Biodiversität an dieser Probestelle sehr begrenzt.
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8. Diskussion
Die Ergebnisse der Makrozoobenthosuntersuchungen an der Wandse in den vergangenen
Jahren sowie der eigenen Erhebungen im Jahr 2012 haben gezeigt, dass die Flussnapfschne‐
cke Ancylus fluviatilis nur an der Probestelle Wan 31 (Höhe Pfarrstrasse) regelmäßig nach‐
zuweisen ist. Bei Ancylus fluviatilis handelt es sich bezüglich ihrer Ansprüche auf ihren Le‐
bensraum um eine stenöke Art, was auch der Grund dafür ist, dass sie ein Indikatororganis‐
mus für eine gute Gewässerqualität ist. Entscheidend für das Vorkommen dieser Art ist zum
einen die Substratbeschaffenheit. So bevorzugt A. fluviatilis steiniges Substrat (Lithal)
(Humpesch 1984). Die Flussnapfschnecke kommt vorzugsweise in strömungsreichen Ab‐
schnitten vor und benötigt das Lithal, um sich daran festzuhalten oder sich bei zu starker
Strömung an die Steinunterseite zurückzuziehen, wo sie auch überwintert. Im Vergleich mit
den anderen Probestellen (Abb. 14) fällt auf, dass der Lithal‐Anteil an Wan 31 am größten
ist, was das regelmäßige Vorkommen nur in diesem Abschnitt erklärt.
Zum anderen betreibt diese Schneckenart Hautatmung und ist somit auf sauerstoffreiches
Wasser angewiesen. Als rheobionte Art ist Ancylus fluviatilis an Strömung gebunden, was
nicht zuletzt daran liegt, dass hier durch die entstehenden Turbulenzen zusätzlich Sauerstoff
in das Gewässer eingetragen wird. Das besondere an der Probestelle Wan 31 ist, dass das
Lithal hier in Form von Rauschen in das Gewässer eingebracht wurde, und so für eine größe‐
re Strömungsdiversität und eine bessere Sauerstoffversorgung in diesem Gewässerabschnitt
sorgt. Die Rauschen stellen hier also nicht nur den präferierten Substrattyp der Schnecke zur
Verfügung, sondern erhöhen an diesen Stellen auch die Fließgeschwindigkeit und den Sauer‐
stoffgehalt.
Das Vorkommen der Indikatorart Ancylus fluviatilis nur an Probestelle 31 legt den Schluss
nahe, dass dieser Abschnitt einen guten ökologischen Zustand und auch die beste Gewässer‐
güte von den vier beprobten Wandse‐Abschnitten vorzuweisen hat. Anhand der Makrozoo‐
benthos‐Probe, die ich im Frühjahr gezogen habe (Abb. 12) und bei der neben dem Lithal
auch die anderen Substrattypen berücksichtigt wurden, bestätigt sich dies allerdings nicht.
Über drei Viertel der gefundenen Organismen sind den Taxa der Oligochaeta bzw. der
Diptera zuzuordnen. Bei den Diptera handelte es sich zum größten Teil um belastungstole‐
rante Zuckmückenlarven (Chironomidae). Sowohl Oligochaeta als auch Chironomidae ernäh‐
ren sich hauptsächlich von Detritus und Algen und gelten bezüglich des Habitats als sehr an‐
spruchslose Arten, die auch unter nahezu anaeroben Bedingungen leben können. Eine hohe
Populationsdichte dieser beiden Taxa weist also auf einen hohen Anteil feinpartikulärer or‐
ganischen Materials und somit auf einen erhöhten Nährstoffgehalt hin. Den drittgrößten
Anteil am Makrozoobenthos machen Gammariden aus, die sich ebenfalls von Detritus er‐
nähren, allerdings höhere Ansprüche an den Sauerstoffgehalt stellen. Dem gegenüber steht
ein sehr geringer Anteil an Eintagsfliegen‐ und Köcherfliegenlarven. Da es sich bei diesen
Insektenordnungen zum größten Teil um belastungsintolerante Arten handelt, die überdies
hohe Ansprüche an ihre Habitate stellen, zeigt dieser geringe Anteil eindeutig eine Beein‐
trächtigung der Wasserqualität und der Gewässermorphologie an.
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Die vorhandenen chemischen Daten von Wan 3 aus dem Jahr 2010 (Tab. 7) bestätigen dies.
Wan 3 liegt nicht weit von Wan 31 entfernt, weswegen sich die chemischen Daten auch auf
die Probestelle an der Pfarrstraße übertragen lassen. Ammonium‐Werte meist unter 0,1
mg/l und einem Maximalwert von 0,25 mg/l NH4‐N im Jahr 2010, zeigen zwar nur eine eher
mäßige Ammonium‐Belastung an. Auch die Nitratgehalte von maximal 7,1 mg/l NO3‐N stel‐
len eine geringe Stickstoffbelastung dar. Dagegen zeigt der Gesamtphosphorgehalt (0,04 –
0,33 mg/l) eine deutliche Belastung des Gewässers an. Phosphor gelangt zum einen über
Kläranlagen und andere Abwassereinleitungen (industrielle Direkteinleiter, Sieleinlässe und
Fehlanschlüsse) in die Gewässer. Zum anderen spielen Einträge über Düngemittel aus Land‐
wirtschaft und auch Kleingärten eine Rolle. Diese könnten z.B. über die Wandse oder die
Stellau, die beide flussaufwärts durch landwirtschaftlich geprägte Flächen führen, in den
Gewässerabschnitt gelangt sein, oder auch über die vor Ort betriebene Landwirtschaft bzw.
die an der Wandse liegenden Gärten. Phosphor ist ein wichtiger Pflanzennährstoff und ist
normalerweise nur zu einem geringen Anteil im Wasser vorhanden. Hohe Phosphorgehalte
führen daher zu einem vermehrten Algen‐ und Pflanzenwachstum. Daraus resultiert auch ein
vermehrtes Absterben von Pflanzen, deren Zersetzung unter Sauerstoffzehrung abläuft.
Auch die BSB₅‐Werte von 6,6 mg/l im Oktober und von 7,7 mg/l im November 2010 weisen
auf eine organische Belastung des Gewässers hin. Der BSB₅‐Wert zeigt an, wie viel Sauerstoff
beim Abbau organischer Materie im Wasser innerhalb von fünf Tagen verbraucht wurde,
woraus man ableiten kann, wie groß die Menge der abgebauten Substanzen ist. Werte zwi‐
schen 3,0 und 5,0 mg/l zeigen eine mäßige, Werte darüber eine starke organische Ver‐
schmutzung an. Diese führt außerdem zu einer vermehrten Ablagerung von feinem organi‐
schem Sediment (FPOM), welches das Lückensystem verstopft. Auch an der Probestelle Wan
31 fällt außerhalb der Rausche auf, dass das Substrat doch einen relativ hohen Anteil FPOM
aufweist (Tab. 4). In der Rausche selbst kann sich die organische Materie aufgrund der er‐
höhten Fließgeschwindigkeit nicht ablagern, die Steine sind hier somit freigespült.
Ancylus fluviatilis konnte dagegen an allen anderen betrachteten Probestellen gar nicht bzw.
an Wan 3 nur im Sommer 2012 in sehr wenigen Exemplaren nachgewiesen werden. Der
Sauerstoffmangel, die zu schwache Strömung, die gleichermaßen hohe Nährstoffbelastung
und das Fehlen von größeren Steinen, an denen sich die Schnecke festhalten kann, werden
die Hauptgründe für das Ausbleiben der Schnecken in diesen Gewässerabschnitten sein. Zu‐
sätzlich befindet sich an der Probestelle Wan 21 auch noch ein wilder Komposthaufen, der
viel zu nah am Gewässer steht und den Eintrag von Biomasse noch begünstigt.
Eine Populationsentwicklung lässt sich an keiner der beprobten Wandse‐Abschnitte wirklich
erkennen, da hierfür nicht genügend Daten vorhanden sind. Die unterschiedlichen
Individuendichten in den Frühjahrsproben 2000 und 2012 an Wan 31 können auch witte‐
rungsbedingt verursacht sein. Da das Frühjahr 2012 sehr spät angefangen hat, kann es sein,
dass es bei meiner Probenahme für die Flussnapfschnecken noch zu kalt war oder einfach
noch keine Nahrungsgrundlage vorhanden war. Die Unterschiede in der Anzahl bei den
Sommerproben resultieren sicherlich aus den verschiedenen Probenahmemethoden. Wäh‐
21
rend 2000 eine Gesamtaufnahme der Benthosfauna mit der Kick‐Sampling‐Methode durch‐
geführt wurde, wurde im Sommer 2012 von mir nur A. fluviatilis von den Steinen innerhalb
der Rausche abgesammelt.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die Wandse in ihrer Ökologie durch die städti‐
sche und landwirtschaftliche Prägung stark beeinträchtigt ist. Nährstoffbelastung, ein hoher
Feinsedimentanteil, schwache Strömung, Sauerstoffmangel und fehlendes steiniges Substrat
führen dazu, dass empfindlichere Arten wie Ancylus fluviatilis nicht oder nur zu einem gerin‐
gen Prozentanteil vorkommen. Wie sich an der Probestelle Wan 31 aber zeigt, lässt sich die
Situation durch das Einbringen von steinigem Substrat in Form einer Rausche verbessern, so
dass Ancylus fluviatilis hier trotz Nährstoffbelastung geeignete Bedingungen vorfindet.
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9. Zusammenfassung
Ziel meines Projektes war es, das Wandse‐Einzugsgebiet an vier verschiedenen Probestellen
auf das Vorkommen der Schneckenart Ancylus fluviatilis zu untersuchen. Dabei wollte ich
auch anhand von Altdaten eine Populationsentwicklung an den verschiedenen Gewässerab‐
schnitten diskutieren. Aufgrund unterschiedlicher Probenahmemethoden und einer zu ge‐
ringen Datengrundlage konnte eine wirkliche Entwicklung jedoch nicht aufgezeigt werden.
Nach der Auswertung der Funde und der vorhandenen Chemiedaten, lässt sich allerdings
sagen, dass keiner der beprobten Gewässerabschnitte eine gute Wasserqualität vorzuweisen
hat. An allen untersuchten Wandse‐Abschnitten war eine mehr oder weniger starke Belas‐
tung mit Nährstoffen und eine daraus resultierende starke Sauerstoffzehrung sowie zu ge‐
ringe Strömung und fehlendes steiniges Substrat nachzuweisen. Ausschlaggebend für die
hohe Populationsdichte von A. fluviatilis an der Probestelle Wan 31 trotz Nährstoffbelastung
war die dort eingebrachte Rausche, die zu einer Verbesserung der Sauerstoff‐ und Strö‐
mungsverhältnisse führt. Daneben spielte hier auch der Makrolithal‐Anteil eine bedeutende
Rolle für das Vorkommen der Flussnapfschnecken.
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10. Quellen
Literatur
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Ambühl, H. (1959): Die Bedeutung der Strömung als ökologischer Faktor. – Schweiz. Zeitschr.
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Meyer, D. (1987): Makroskopisch‐biologische Feldmethoden zur Wassergütebeurteilung von
Fließgewässern; AG Limnologie u. Gewässerschutz e.V. & Bund f. Umwelt und Naturschutz;
156 S.; Hannover.
Glöer, P., Meier‐Brook, C. (1994): Süßwassermollusken. Deutscher Jugendbund für Natur‐
schutz, 11. erw. Aufl.: 136 S.; Hamburg.
Humpesch, U. H. (1984): Bodenstruktur und tierische Besiedlung einheoimischer Fliessge‐
wässer – Österreichs Fischerei 37: 235‐238.
Pottgiesser, T. & Sommerhäuser (Stand: Februar 2004): Vorläufige Steckbriefe der deutschen
Fließgewässertypen.
Internet
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http://www.weichtiere.at/Schnecken/index.html?/Schnecken/suesswasser/napf_suess.html
http://www.bachpatenschaften.de/texte/31gewaesserguete_chemie.html
http://www.umwelt.sg.ch/home/Themen/wasser/grundwasser/Messergebnisse/chlorid.ht
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24
http://www.luwg.rlp.de/Service/Downloads/Wasserwirtschaft/Hydrologischer‐
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dcfc638b249d&uBasVariant=11111111‐1111‐1111‐1111‐111111111111
http://www.ifgg.kit.edu/downloads/KBzGGHeft20_Schade_Handbuch.pdf#page=141
http://www.chf.de/eduthek/chemischer‐index12.html (Stand: 27.08.2010)
http://www.fliessgewaesserbewertung.de/kurzdarstellungen/bewertung/typ16/
http://molluscs.at/images/weichtiere/schnecken/suesswasser/a_fluviatilis_mrkvicka2.jpg
http://www.biopix.com/ancylus‐fluviatilis_photo‐49515.aspx
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18. Danksagung
Zuallererst möchte ich mich bei Frau Dr. Beate Baier für die tolle Betreuung während meines
Freiwilligen Ökologischen Jahres am Institut für Hygiene und Umwelt bedanken. Ich hatte ein
wirklich interessantes und abwechslungsreiches Jahr, in dem ich viel über Gewässerschutz
und wissenschaftliches Arbeiten im Allgemeinen gelernt habe. Einen großen Dank auch an
Herrn Wolfram Hammer, der sich gemeinsam mit Frau Dr. Baier das Projektthema hat einfal‐
len lassen. Ein weiteres Dankeschön an Dr. Klaus Baumgardt, der mich in das Programm
„ArcGis“ eingeführt hat und mir so beim Erstellen verschiedenster Karten und Grafiken ge‐
holfen hat und an Petra Möller, die mich während des Jahres in das Biologische Frühwarn‐
system und das Arbeiten in den Messstationen eingewiesen hat.
Aber auch beim gesamten Team des Wassergütemessnetzes möchte ich mich für die schöne
Zeit am HU bedanken. Zuletzt noch ein Dank an Marcel Wilck, der mich beim Ziehen meiner
Proben unterstützt hat.