agrar- und ernährungspolitik iii vorlesung 25. april 2007 fragen der globalisierung gatt – wto...
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Agrar- und Ernährungspolitik III
Vorlesung 25. April 2007
Fragen der GlobalisierungGATT – WTO – OECD – UNCTAD
Das PSE/CSE-Konzept der OECD
Martin Kniepert
Ziel dieser Veranstaltung
• Erfassung der heutigen institutionellen Rahmenbedingungen des internationalen Handels und ihrer Geschichte
• Hintergründe der Einbeziehung der Landwirtschaft in das internationale Handelssystem
• Einführung von Möglichkeiten der Analyse und Formulierung von Agrarpolitik im internationalen Kontext.
Pro Globalisierung – Handel erlaubt die Nutzung komparativer
Vorteile– Damit: Handel bietet Wohlfahrtsgewinne für alle
Beteiligten durch verbesserte Faktorallokation.– Größere Wirtschaftsräume erlauben die weiter
gehende Nutzung von Kostendegressionsvorteilen– Die Öffnung von Märkten verstärkt die
Wettbewerbsintensität bzw. verringert Monopolisierungstendenzen.
Contra Globalisierung
– Der freie Warenaustausch untergräbt die Multifunktionalität von Produktion (insbesondere der Landwirtschaft).
– Internationaler Wettbewerbsdruck verlangt nach schnellem Return on Investment und gefährdet die Nachhaltigkeit der Produktion.
– Globalisierung bedeutet die Aufhebung nationaler Souveränität in wirtschaftlichen Fragen.
Globalisierung ist nicht neu:
– Weitgehend freier Handel zu Zeiten der Monarchie, des Kolonialismus im 19. Jahrhundert.
– Rückschläge der Globalisierung nach dem 1. Weltkrieg durch stärkere Betonung des Nationalstaates.
– Dramatische Einbrüche im Zuge der Weltwirtschaftskrise (siehe Grafik).
Der Welthandel von Jänner 1929 bis März 1933, Import von 75 Ländern
Politik der Handelsbeschränkungen
– Im Zuge der enorm ansteigenden Arbeitslosigkeit: Handelsbeschränkungen
– Handelsorientierte Firmen wurden um so härter getroffen, litten immer stärker, es setzte eine Abwärtsspirale ein.
– Die so eingeleitete Binnenorientierung erforderte enorme Umstrukturierungen.
– Geld- und Fiskalpolitik ging ähnlich binnenorientierte, von betrieblichem Denken geprägte Wege (steht hier aber nicht zur Debatte.)
Supranationale Institutionen nach dem Zweiten Weltkrieg
– Notwendigkeit einer intern. Abstimmung von Geld-, Fiskal- und Handelspolitik basierend nicht zuletzt auf Keynes.
– Schaffung internationaler Institutionen zu diesem Zweck im Rahmen der UNO.
– Als Institutionen für wirtschaftliche Belange waren vorgesehen:
• Die Weltbank für Entwicklungsfragen
• Der Internationale Währungsfonds für Fragen der internationalen Zahlungsfähigkeit
• Eine Welthandelsorganisation
Zunächst: GATT, ab 1994 WTO
– Eine Welthandelsorganisation scheiterte am Widerstand der USA, die sich multilateralen Vereinbarungen nicht unterwerfen wollten.
– Etablierung eines Abkommens (GATT)– Einrichtung eines Sekretariates in Genf, dass
zumindest zum Teil die Aufgaben der ursprünglich geplanten Organisation übernehmen konnte.
– Weiterentwicklung des Abkommens durch Verhandlungsrunden.
Prinzipien der Multilateralität (WTO)
– Meistbegünstigungs-Klausel– Gleichbehandlung– Als Abkommen, aber auch in der WTO: Ein Land,
eine Stimme.– Tariffierung von Handelshemmnissen – Zunächst: Einführung rechtsstaatlicher Prinzipien
im Internationalen Handel (rule of law): Primäres Ziel ist damit die Einhaltung von Regeln.
– Schiedsgerichte– Aber auch: Erklärtes Ziel bleibt der Freihandel.
Verhandlungsrunden1947 Genf Zölle
1949 Genf Zölle
1951 Genf Zölle
1956 Genf Zölle
1960 - 61 Genf (Dillon Runde) Zölle
1964 - 67 Genf (Kennedy Runde) Zölle, Anti-Dumping Maßnahmen.
1973 - 79 Genf (Tokio Runde) Zölle, nicht-tarifäre Maßnahmen.
1986 - 94 Genf (Uruguay Runde) Zölle, nicht-tarifäre Maßnahmen, Dienstleistungen, Geistiges Eigentum (TRIPS),
Streitschlichtung, Textilien, Landwirtschaft, Schaffung einer Welthandelsorganisation.
Seit Nov. 2001 Doha-Runde
http://www.wto.org/english/thewto_e/whatis_e/tif_e/fact4_e.htm
http://www.wto.org/english/thewto_e/whatis_e/tif_e/org2_e.htm
Alternativen zur WTO?• UNCTAD
– Rohstofffonds (Managed trade; eher 1970er Jahre)
• Zusammenschlüsse von Exporteuren (Bsp.: OPEC, heute auch: Gasexporteure)
• Lomé- und andere Abkommen der EU mit Entwicklungsländern– Stabex, Sysmin, Direkte Hilfen– Bevorzugter Marktzugang (Everything but Arms –
EBA)
• Regionale Handelsräume (EU, Mercosur...)
Landwirtschaft im GATT
– Mit der Uruguay Runde erstmals ins GATT eingeführt
– Gründe für die Einbeziehung ins GATT:• Zunehmende Handelsstreitigkeiten wegen Exportdumpings,
auch mit anderen traditionellen Exporteuren (Australien, Neuseeland, Brasilien etc.
• Auch intern zu hohe Kosten der Agrarpolitik => Reformbedarf
– Ziel: Akkordierte Beschränkung der handelsverzerrenden Maßnahmen.
Stützungsmaß PSE/CSE/TSE (I)
– Die OECD sollte die Uruguay-Runde für den Agrarbereich vorbereiten. Entwickelt wurde ein Stützungsmaß (eben das PSE) sowie andere Instrumente wie bspw. ein Welthandelsmodell (heute: AGLINK) und Auswertung nach dem Ansatz des PEM (Policy Evaluation Matrix)
– Die OECD ist wesentlich von Ökonomen getragen, das GATT war eher juristisch orientiert.
– Leitbild der OECD wie des GATT: Freihandel
Stützungsmaß PSE/CSE/TSE (II)
– Marktpreisstützung ist mehr als Exportsubventionen oder Zölle: Auch Transfers von Konsumenten an Produzenten werden einbezogen.
– Alle anderen Förderungen werden unabhängig von ihrer Zielsetzung zum Wert der Marktpreisstützung hinzugezählt.
– Die Summe aller Förderungen ergibt das Producer Support Estimate (PSE).
– Analog wird das Consumer Support Estimate (CSE) errechnet.
Marktpreisstützung ExporteP
Q
Pd
Pw a g d
D S
D2 D1 S1 S2
b f c
Marktpreisstützung ImporteP
Q
Pd
Pw a d g
S D
S1 S2 D2 D1
b c f
Stützungsmaß PSE/CSE/TSE (III)
– Zahlungen an den Sektor (ohne direkte Einkommenswirkung für den Landwirt) werden in der Rubrik „General Services“ berücksichtigt.
– PSE und GSSE ergeben zusammen das Total Support Estimate (TSE)
– Durch dieses Konzept werden alle direkten und indirekten Förderungen zusammengefasst.
– Das %-PSE bietet Vergleichsmöglichkeiten:%PSE = (PSE+Prod‘Wert)/(Prod‘Wert)
%PSE der OECD-Mitglieder
Quelle: http://www.oecd.org/document/55/0,2340,en_2649_201185_36956855_1_1_1_1,00.html
0
10
20
30
40
50
60
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1986-1988
2002-2004
Europäische Union; Zusammensetzung der Subventionen (PSE) - in Mio €
(Market price support and payments based on...)
Quelle: http://www.oecd.org/document/55/0,2340,en_2649_201185_36956855_1_1_1_1,00.html
-10,000
0
10,000
20,000
30,000
40,000
50,000
60,000
70,000
80,000
90,000
Market price support
... area planted/animal numbers
... historical entitlements
... input use
... input constraints
... overall farming income
Miscellaneous payments
USA; Zusammensetzung der Subventionen (PSE) - in Mio US$
(Market price support and payments based on...)
Quelle: http://www.oecd.org/document/55/0,2340,en_2649_201185_36956855_1_1_1_1,00.html
0
5,000
10,000
15,000
20,000
25,000
Market price support
... area planted/animal numbers
... historical entitlements
... input use
... input constraints
... overall farming income
Miscellaneous payments
Schweiz; Zusammensetzung der Subventionen (PSE) - in Mio US$
(Market price support and payments based on...)
Quelle: http://www.oecd.org/document/55/0,2340,en_2649_201185_36956855_1_1_1_1,00.html
0
1,000
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4,000
5,000
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7,000
8,000
Market price support
... area planted/animal numbers
... historical entitlements
... input use
... input constraints
... overall farming income
Miscellaneous payments
Neuseeland; Zusammensetzung der Subventionen (PSE) - in Mio NZ$
(Market price support and payments based on...)
Quelle: http://www.oecd.org/document/55/0,2340,en_2649_201185_36956855_1_1_1_1,00.html
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100
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300
400
500
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1,000
Market price support
... area planted/animal numbers
... historical entitlements
... input use
... input constraints
... overall farming income
Miscellaneous payments
Common Agricultural and Rural Policy (CARPE)
Umwelt und ländliche
Entwicklung
Anpassung
Markt Ordnung
Umwelt und ländliche
Entwicklung
Anpassung
Markt Ordnung
Umwelt und ländliche
Entwicklung
Anpassung
Markt Ordnung
Aggregate Measure of Support AMS (I)
– AMS – besser als PSE?
– Auf dem AMS basierte schließlich der Abschluss der Uruguay-Runde.
– Die einzelnen Stützungsarten werden nach anderen Gesichtspunkten zusammengefasst als beim PSE
– Für die einzelnen Stützungsarten wurden unterschiedliche Abbau-Verpflichtungen vereinbart.
• Grüne Maßnahmen: Sind außer Streit gestellt (nicht nur Umwelt, entscheidend: stützen den Preis nicht)
• Rote Maßnahmen: Anreizgebend; abzubauen.
• Blaue Maßnahmen: Zahlungen ohne Anreiz wg. Quoten
Interne Stützung
Blaue Maßnahmen Grüne Maßnahmen
Rote Maßnahmen (AMS)
Produktbezogen Produktübergreifend
Marktstützung Subventionen Subventionen Gra
fik
nach
Ort
ner
(199
4)
Stützungsmaße im Vergleich
– Das AMS ist weniger rigoros als das PSE, ist dafür von näher an der praktischen Kompromissformulierung
– Lassen sich die Stützungsmaße für die Bearbeitung ökosozialer Maßnahmen heranziehen oder modifizieren?
– Was bedeutet die Abkoppelung (aktuelle Agrarreform der EU) für das PSE als Instrument der Welthandelsanalyse?
Literatur/Quellen/Adressen• Die Homepage der OECD mit umfangreiche und detaillierten Datensätzen,
Diskussionspapieren etc. (http://www.oecd.org/home/0,2987,en_2649_201185_1_1_1_1_1,00.html)
• Homepage der WTO: http://www.wto.org/
• Homepage der UNCTAD: http://www.unctad.org/Templates/StartPage.asp?intItemID=2068
• Stefan Tangermann (2005): Is the Concept of the Producer Support Estimate in Need of Revision? (http://www.oecd.org/dataoecd/6/49/35091989.pdf)
• Ortner, K. M. (1994): GATT-Verpflichtungen für die Landwirtschaft. Der Förderungsdienst, 42, Hefte 3, 75-80, 4, 113-117 und 5, 145-152 [Erläuterungen des Ergebnisses der Uurguay-Runde, u.a. anhand der AMS]
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!