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Aktuelle und etablierte Diagnoseverfahren beim HarnblasenkarzinomAutoren dieser Fortbildung sind:
Prof. Dr. med. Dirk Zaak
Praxis für Urologie, Traunstein
Klinik für Urologie, Kliniken Südostbayern AG, Klinikum Traunstein
Prof. Dr. med. Carsten Ohlmann
Malteser Krankenhaus Seliger Gerhard Bonn/Rhein-Sieg,
Klinik für Urologie
Prof. Dr. med. Arnulf Stenzl
Universitätsklinikum Tübingen, Klinik für Urologie
Aktuelle und etablierte Diagnoseverfahren beim Harnblasenkarzinom
Inhalt
III.
I. Epidemiologie des Harnblasenkarzinoms
II. Endoskopische Diagnostik
Standard WLC
PDD
NBI
IMAGE STM, CLE, OCT, Raman-Spektroskopie
Urinbasierte Tumormarker
Mikrohämaturie
Urinzytologie
IV. Bildgebung (Empfehlung der S3-LL)
V. Molekulare Tumorcharakterisierung
Molekulare Subtypen
Molekulare Charakteristika metastasierter Tumoren
VI. Zusammenfassung
I. Epidemiologie des Harnblasenkarzinoms
● Aufgrund der Polychronotopizität und der meist
hohen 10-Jahres-Überlebensrate bei den genetisch
stabilen Tumoren liegt die Prävalenz der Erkrankung
wesentlich höher als die Inzidenz.
● Vor diesem Hintergrund kommt einer effizienten
Diagnostik auch eine erhebliche wirtschaftliche
Bedeutung zu.
Epidemiologie des Harnblasenkarzinoms
Inzidenz und Prävalenz von Harnblasenkarzinomen in Deutschland (ICD-10 C67) inklusive In-situ-Tumoren und Neubildungen unsicheren oder unbekannten Verhaltens (D09.0, D41.1)1
Männer Frauen
Inzidenz (Prognose für 2018) 23.100 7.600
10-Jahres-Prävalenz 133.700 41.200
Absolute und relative* 30 (28–34) 28 (26–34)10-Jahres-Überlebensrate 50 (47–56) 44 (37–53)
2013–2014, %
* % (niedrigster und höchster Wert der einbezogenen Bundesländer); relative Sterblichkeit = Quotient aus Überleben der Krebspatienten und der Allgemeinbevölkerung gleichen Alters und Geschlechts.
● Die Inzidenz des Harnblasenkarzinoms ist in den
letzten 10 Jahren leicht rückläufig.
● Jährlich werden in Deutschland ca. 30.000 Neu-
diagnosen mit einer malignen Transformation des
Urothels der Harnblase registriert.
1. Gemeinsame Publikation des Zentrums für Krebsregisterdaten und der Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V. Krebs in
Deutschland für 2013/2014. https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Publikationen/Krebs_in_Deutschland/kid_2017/kid_2017_c67_harnblase.pdf? blob=publicationFile. Aufgerufen am 31.08.2018.
Altersstandardisierte Erkrankungs- und Sterberaten nach
Geschlecht, ICD-10 C67, 1999–2014/2015 je100.000
(Europastandard)1
0
30
25
20
15
10
5
1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015
Männer
Männer
Frauen
Frauen
1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015
Erkrankungsrate:
Sterberate:
II. Endoskopische Diagnostik
Weißlicht-Zystoskopie (WLC):etablierter Goldstandard – veränderter Stellenwert?
Die Weißlicht-Zystoskopie (WLC) stellt unverändert den
diagnostischen Goldstandard dar. Doch trotz kontinuierlich
verbesserter hochauflösender Technik erweisen sich
Detektionsraten und Resektionsqualität weiterhin als
optimierbar. Insbesondere die folgenden Erkenntnisse:
1. Babjuk M, et al. Eur Urol. 2017;71(3):447–461.
2. Mariappan P, et al. Urology. 2015;86(2):327–331.
3. Herr HW, Donat SM. BJU Int. 2008;102(9 PtB):1242–1246.
4. Burger M. et al. EurUrol. 2013;64:846–854.
5. Zaak D et al. Urologe.2018;57:657–664.
Bei ausschließlicher Weißlicht-Zystoskopie nicht detektierte
Läsionen4
CIS40,8%
nicht detektiert
NMIBC
(Ta/T1)
14,0%
nicht detektiert
Adaptiert nach Burger M et al. 20134
sind ausschlaggebend dafür, dass additive Verfahren zur
Kontrastverstärkung bzw. zur intraoperativen Gewebe-
objektivierung im Fokus der zystoskopischen Entwicklung
stehen:
● Eine komplette TURB ist entscheidend für eine gute
Prognose.1
● In der WL-TURB werden flache Läsionen oder kleine papilläre Tumoren leicht übersehen, was eine frühe Rezidivbildung nach sich ziehen kann.1, 2
● Übersehene Läsionen bei der initialen TURB können zu einem Tumor-Understaging führen.3
● Sensitivität und Spezifität der WLC sind stark untersucherabhängig.5
Nachfolgend werden die additiven Verfahren PDD, NBI,
IMAGE STM, OCT, CLE und Raman-Spektroskopie näher
beschrieben. Auf die PDD und ihre klinische Auswirkung
wird dabei detaillierter eingegangen, da sie derzeit das
bei Harnblasenkarzinom am häufigsten eingesetzte und
klinisch am besten untersuchte Verfahren neben der
WLC ist.
5-Aminolevulinat (5-ALA) ist die erste endogene Vorstufe
im Häm-Biosyntheseweg. Aus ihr entsteht eine weitere
Vorstufe des Häms, das fluoreszierende Protoporphyrin IX.1
Bei überschüssiger 5-ALA-Zufuhr reichert sich Proto-
porphyrin IX in Tumorzellen epithelialen Ursprungs in bis
zu 20-fach höherer Konzentration als in benignen Zellen
an. Gründe hierfür sollen die in Tumorzellen geringere
Ferrochelatase-Aktivität, eine geringere Verfügbarkeit von
Eisen und eine erhöhte Aktivität von Enzymen, die zur
Bildung von Protoporphyrin IX beitragen, sein.1
In blauem Licht der Wellenlänge 380–450 nm heben sich
die rot fluoreszierenden Tumoren deutlich von der blauen
Umgebung ab.1
5-ALA ist bei physiologischem pH hydrophil. Geringe Lipid-
löslichkeit und Bioverfügbarkeit bedingen eine heterogene
Verteilung im Gewebe und erfordern hohe Dosen und lange
Instillationszeiten. Diese Schwachpunkte wurden durch die
Entwicklung von Hexaminolevulinat (HAL) behoben, einer
Vorstufe von 5-ALA, die durch eine Esterase in 5-ALA
umgewandelt wird.1 Die erforderliche Instillationsdauer in
der Blase wird mit einer Stunde angegeben.2
Photodynamische Diagnostik (PDD, Fluoreszenz-Zystoskopie)
Uroporphyrinogen III
5-ALA
Porphobilinogen
Coproporphyrinogen III
PP IX
Zelle
Succinyl CoA
Glycin
5-ALA
Häm Ferrochelatase
+ Fe++
Protoporphyrin IX
Protoporphyrinogen IX
Mitochondrium
HAL 5-ALA
✗Rück-
kopplung
Im Tumor
Modifiziert nach Zaak D et al. 20033
1. Yang L. Mol Diagn Ther. 2014;18(1):105–116. doi: 10.1007/s40291-013-0068-x.
2. HEXVIX® Fachinformation, Stand Juli 2016.
3. Zaak D, Baumgartner R, Stepp H. Maligne Harnblasenerkrankungen. In: Hofstetter AG (Hrsg.). Lasergestützte Operationsverfahren in der Urologie. Thieme Verlag Stuttgart, New York. S. 71–77,2003.
Photodynamische Diagnostik Detektionsraten
1. Burger M et al. Eur Urol. 2013;64(5):846–854.
2. Stenzl A et al. J Urol.2010;184:1907–1914.3. Karl A et al. J Clin Trials.2014;4(5):1–4.
Durch PDD verbesserte Detektion von Läsionen in einer
Metaanalyse mit über 1800Patienten1
Ta: 80,4 % 5,2 % 14,7 %
Blaulicht-Zystoskopie vs. Weißlicht-Zystoskopie© Professor Dirk Zaak, Traunstein
Flexible PDD ist technisch möglich, die hier noch unzu-
reichende Datenlage erlaubt allerdings derzeit keine
Empfehlung für den Einsatz im ambulanten Praxissetting.3
T1: 84,1 % 5,1 % 10,8 %
CIS: 54,1 % 5,1% 40,8 %
Detektion zusätzlicher
Tumoren nur mit WL
Detektion zusätzlicher
Tumoren nur mit HAL
Tumordetektion mit WL
und HAL
● Für PDD wurde gegenüber der konventionellen WLC
eine zusätzliche Detektionsrate von ca. 25 % (p < 0,001)
für sowohl papilläre als auch flache Läsionen nach-
gewiesen.1
● Von 41 Patienten mit CIS hatten 19 (46 %) mindestens
1 CIS-Läsion, die nur durch die PDD entdeckt wurde;
bei 13 dieser Patienten (32 %) wurde durch WLC kein
CIS entdeckt (p < 0,0001).2
● Durch Fluoreszenz-gestützte Resektion konnte die
Rezidivrate gegenüber der konventionellen WLC-
Resektion signifikant gesenkt werden.1 (Dieser
Effekt hatte auch noch mehrere Jahre nach der
Erstresektion Bestand.)2
● Im High-risk-Bereich konnte ein Einfluss auf
Progression oder Überlebensrate bislang nicht
zweifelsfrei belegt werden.
Photodynamische Diagnostik: Rezidive, Progression und Überleben
1. Stenzl A et al. J Urol.2010;184(5):1907–1913.
2. Grossmann H et al. J Urol.2012;188:58–64.
Vergleich des rezidivfreien Überlebens während des 9-monatigen Follow-ups in einer prospektiven, randomisierten Studie nach Fluoreszenz- bzw. Weißlicht-gestützter Zystoskopie (HAL, n = 271, bzw. WL, n = 280)1
47 %56 %
50 %
100 %
75 %
25 %
0 %
HAL WL
Rezi
div
rate p =0,026
Retrospektive Analyse des Überlebens bei radikaler
Zystektomie nach Fluoreszenz- bzw. Weißlicht-gestützter TURB
(HAL, n = 66, bzw. WL, n = 135)4
77,8 %
52,4 %59,7 %
74,0 %
56,5 %50 %
25 %
0 %
75 %
100 %
3-J
ahre
s-Ü
berleben
HAL WL
3. Gakis G, Fahmy O. Bladder Cancer. 2016;2:293–300.
4. Gakis G et al. World J Urol.2015;33(10):1429–1437.
Rezidivfreies Krebsspezifisches Überleben Überleben
Gesamt-überleben
● In einer Metaanalyse wurde gezeigt, dass die
Progression nach HAL-gestützter TURB signifikant
niedriger war als nach Weißlicht-TURB (mediane OR:
1,64; 1,10–2,45 für HAL vs. WL; p = 0,01).3
● Eine retrospektive Studie an 224 Patienten ergab
erstmals Hinweise darauf, dass HAL-gestützte TURB
ein unabhängiger Prädiktor für das Überleben bei
nachfolgender radikaler Zystektomie ist.4
p = 0,002 p = 0,023 p =0,037
83,9 %
Empfehlungen der S3-Leitlinie zum Einsatz von PDD1
1. S3-Leitlinie Früherkennung, Diagnose, Therapie und Nachsorge des Harnblasenkarzinoms. Einsehbar unter: http://www.leitlinienprogrammonkologie.de/
fileadmin/user_upload/Downloads/Leitlinien/Blasenkarzinom/LL_Harnblasenkarzinom_ Langversion_1.1.pdf. Aufgerufen am27.08.2018.
Die aktuelle S3-Leitlinie bestätigt die bessere Detektion von Harnblasentumoren durch den additiven Einsatz der
Fluoreszenz-Zystoskopie. Sie empfiehlt den additiven Einsatz im Rahmen der transurethralen Resektion (TUR) bei
Vorliegen von multifokalen Tumoren, High-grade-Tumoren in der Vorgeschichte und dem Verdacht auf das Vorliegen
eines Carcinoma in situ (CIS):1
6.2.1. Einfluss der fluoreszenzassistierten Diagnostik und des narrow-band
imaging bei der transurethralen Resektion des Blasentumors
Empfehlungen der S3-Leitlinie zum Einsatz von PDD1 (Forts.)
1. S3 Leitlinie Früherkennung, Diagnose, Therapie und Nachsorge des Harnblasenkarzinoms. Einsehbar unter: http://www.leitlinienprogrammonkologie.de/
fileadmin/user_upload/Downloads/Leitlinien/Blasenkarzinom/LL_Harnblasenkarzinom_ Langversion_1.1.pdf. Aufgerufen am:27.08.2018.
Empfehlungen der S3-Leitlinie zum Einsatz von PDD1 (Forts.)
1. S3-Leitlinie Früherkennung, Diagnose, Therapie und Nachsorge des Harnblasenkarzinoms. Einsehbar unter: http://www.leitlinienprogrammonkologie.de/
fileadmin/user_upload/Downloads/Leitlinien/Blasenkarzinom/LL_Harnblasenkarzinom_ Langversion_1.1.pdf. Aufgerufen am27.08.2018.
Narrow Band Imaging (NBI)
● NBI wird neben der PDD mittlerweile ebenfalls
klinisch eingesetzt.
● Das Verfahren nutzt additiv zur WLC durch Anregung
des intravasal befindlichen Hämoglobins (415 und
540 nm) die gesteigerte Vaskularisation des
Tumorgewebes zur Kontrastanhebung in der
endoskopischen Diagnostik.
● Vorteil des Verfahrens ist, dass es ohne exogene
Applikation einer photoaktiven Substanz auskommt
und flexibel einsetzbar ist.
Weißlicht-Zystoskopie vs. NBI© Olympus DeutschlandGmbH
NBI-Filter
Endoskop
Max. Absorption Reflexion
NBI-Licht wird von den Kapillargefäßen auf der Schleimhautoberfläche (blau) und den Venen in der Submukosa (grün)absorbiert.© Olympus Deutschland GmbH (BeschriNung für bessere Lesbarkeitgeringfügig modifiziert)
1. Naito S et al. Eur Urol. 2016;70(3):506–515.
Schleimhaut Submukosa Gefäß
Gefäß
● In einer multizentrisch randomisierten Untersuchung
an 1000 Patienten fand sich im Gesamtkollektiv kein
(27,1 % vs. 25,4 %, p = 0,585), im Low-risk-Bereich
jedoch ein signifikanter Unterschied (5,6 % vs. 27,3%,
p = 0,002) gegenüber der WLC hinsichtlich der
Rezidivraten.1
● Das Verfahren scheint insbesondere im ambulanten
Bereich als effizientes Adjuvans zur WLC durchaus
vorstellbar.
● Insgesamt ist die Datenlage noch nicht nachhaltig
genug, um eine Empfehlung in der S3-Leitlinie
auszusprechen.
Systeme in klinischer Evaluation (1)(IMAGE S, CLE, OCT, Raman-Spektroskopie)
1. Liem EI et al. JMIRRes Protoc. 2018;7(2):e34.
Zystoskopie mit IMAGE S© Professor Arnulf Stenzl,Tübingen
STANDARD SPECTRA A SPECTRAB
● Modulare Kameraplattform, die u. a. 3 verschiedene
Visualisierungsoptionen enthält. Die 3 unterschied-
lichen Systemmodifizierungen (SPECTRA A/B,
CHROMA und CLARA) ermöglichen dem Unter-
sucher, die Bildgebung der Tumorläsion u. a. durch
Farbtonveränderungen und -verschiebungen zu
adaptieren.
● Nach ersten Pilotuntersuchungen wird der klinische
Einsatz derzeit multizentrisch evaluiert.
IMAGE S Confocal Laser-Endomicroscopy (CLE)
● Die CLE generiert über ein „Rastern“ des zu
untersuchenden Areals mittels reflektierter
Laserlichtstrahlen und dem Einsatz von Fluorescein
ein den Hämatoxilin-Eosin-(HE-)Schnitten der
Pathologie ähnliches Bild, das eine Beurteilung der
Tumordifferenzierung ermöglicht.
● Die Praktikabilität des Verfahrens wird derzeit
prospektiv u. a. auch im oberen Harntrakt evaluiert.1
Lamina Propria
Tumor dringt in die Lamina Propria ein
OCT-Scans von malignem und gesundem Harnblasengewebe© Prof. Alexander Karl, München
1. Karl A et al. Eur J Med Res. 2010;15(3):131–134.
Urothel
Lamina Propria
Muskelschicht
Systeme in klinischer Evaluation (2)(IMAGE S, CLE, OCT, Raman-Spektroskopie)
MALIGNES GEWEBE GESUNDES GEWEBE
● In der Ophthalmologie klinisch etabliert
● Die unterschiedliche Reflexion von inkorporiertem
Laserlicht ermöglicht die Generierung einer
„optischen Biopsie“ des zu untersuchenden Gewebes
und liefert „real time“ u. a. eine Aussage über die
Infiltrationstiefe der Tumorläsion.
● In einer ersten klinischen Pilotstudie konnte an 14
Urothelkarzinomen die Infiltrationstiefe zu 100 %
mittels der OCT korrekt ermittelt werden.1
Optical Coherence Tomography (OCT) Raman-Spektroskopie
● Weiteres faserbasiertes Verfahren zur Gewebe-
differenzierung als Adjuvans zur Endoskopie in der
klinisch-experimentellen Phase.
● Durch den Raman-Effekt können qualitative und
quantitative Erkenntnisse über die Gewebedignität
gewonnen werden.
III. Urinbasierte Tumormarker
Urinbasierte Tumormarker für die Detektion von Harnblasenkarzinomen
1. S3-Leitlinie Früherkennung, Diagnose, Therapie und Nachsorge des Harnblasenkarzinoms. Einsehbar unter: http://www.leitlinienprogrammonkologie.de/
fileadmin/user_upload/Downloads/Leitlinien/Blasenkarzinom/LL_Harnblasenkarzinom_ Langversion_1.1.pdf. Aufgerufen am27.08.2018.
Urinbasierte Marker sollten sich theoretisch gut für das Screening und die Früherkennung von Harnblasenkarzinomen
eignen. Dennoch konnte sich bisher kein urinbasierter Marker für den klinischen Alltag etablieren, weshalb die Anwendung
in der S3-Leitlinie nur in klinischen Studien empfohlen wird.1
1. Davis E et al. J Urol. 2012;188(6Suppl):2473–2481.
2. S3-Leitlinie Früherkennung, Diagnose, Therapie und Nachsorge des Harnblasenkarzinoms. Einsehbar unter: http://www.leitlinienprogrammonkologie.de/ fileadmin/user_upload/Downloads/Leitlinien/Blasenkarzinom/LL_Harnblasenkarzinom_ Langversion_1.1.pdf. Aufgerufen am27.08.2018.
3. Turco P et al. Acta Cytol.2011;55(2):193–196.
Urinbasierte Tumormarker: Mikrohämaturie und Urinzytologie
● Studiendaten lassen eine Detektionsrate von 2,6 %
erwarten.1
● Bisher existiert kein Nachweis, dass onkologische
Endpunkte wie Überleben beeinflusst werden
können.1 Es wird jedoch davon ausgegangen, dass
Tumoren in einem früheren Stadium entdeckt werden
können.
● Bei hohem Harnblasenkarzinomrisiko kann Screening
auf Mikrohämaturie zu einer früheren Diagnose als
bei bereits symptomatischen Patienten führen.2
● Generelles Screening kann noch nicht empfohlen
werden; Validierung in prospektiven Studien ist
erforderlich.2
● Insgesamt wird empfohlen, dass bei wiederholt
diagnostizierter Mikrohämaturie eine weitere
urologische Abklärung erfolgen sollte:2
Mikrohämaturie Urinzytologie
● Spezifität: 90 – 100 %
● Sensitivität vor allem bei schlecht differenzierten
Tumoren sehr hoch: Negative Zytologie schließt das
Vorliegen eines High-grade-Urothelkarzinoms/CIS mit
hoher Sicherheit aus.
● Bei gut differenzierten Tumoren ist die Sensitivität der
Zytologie jedoch unzureichend und liegt nach der
größten publizierten Studie bei ca. 21 % (G2-
Tumoren) bis 51 % (G3-Tumoren).3
● Dennoch eignet sich auch die Urinzytologie ebenfalls
nicht für ein Screening der Gesamtbevölkerung oder
Risikopopulationen, sondern sollte nur bei klinischem
Verdacht auf das Vorliegen eines Harnblasen-
karzinoms eingesetzt werden.
Urinbasierte Tumormarker: Mikrohämaturie1
1. Duquesne I et al. TranslAndrolUrol. 2017;6(6):1031–1042.
Biomarker Funktion/Nachweis Sensitivität Spezifität
NMP22 Tumorassoziiertes nukleäres Matrixprotein 47–100% 60–90%
BTA hCFHrp BTA-Stat-Test®, 57–83%;
BTA-TRAK-Test®, 66–70%
BTA-Stat-Test®, 60–92%;
BTA-TRAK-Test®, 65–75%
UBC-Test CK-8- und -18-Fragment 59% 86%
uCyt+/Immunocyt Detektion von tumorassoziierten zellulären
Antigenen
50–100% 69–79%
UroVysion Zugewinne der Chromosomen 3, 7und 17 sowie
der Verlust des Tumorsuppressorgens p16 auf
Chromosom 9 (9p21)
70–80% 80%
Survivin Antiapoptotisches Protein 64–83% 88–93%
BLCA-1 und BLCA-4 Nukleäre Matrixproteinfamilie BCLA-4, 84– 96%
BCLA-1, 80%BCLA-4<100%
BCLA-1, 87%
CYFRA 21-1 CK-19-Fragment 85% 82%
CellDetect Histochemische Färbung maligner Zellen 84% 84%
BLCA „bladder cancer“, CYFRA Zytokeratinfragment, NMP22 „nuclear mitotic apparatus protein 22“, BTA „bladder tumor antigen“, UBC „urine bladder cancer“, hCFHrp humanes Komplementfaktor-H-assoziiertes Protein, CK-19 Zytokeratin 19, BTA-TRAK-Test® Polymedco, Cortlandt Manor, NY, BTA-Stat-Test® Hitado, Möhnesee
IV. Bildgebung (Empfehlung der S3-Leitlinie)
1. S3-Leitlinie Früherkennung, Diagnose, Therapie und Nachsorge des Harnblasenkarzinoms. Einsehbar unter: http://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Leitlinien/Blasenkarzinom/ LL_Harnblasenkarzinom_ Langversion_1.1.pdf. Aufgerufen am 27.08.2018.
2. Gundetti MS et al. J Endourol. 24(8):1325–1328.
3. Goessl C et al. J Urol.1997;157(2):480–481.4. Palou J et al. J Urol. 2005;174(3):859–861 (discussion861).
Bildgebung (1) (Empfehlung der S3-Leitlinie)1
Bei NMIBC-Erstbefund
● Bei Erstbefund eines nicht-muskelinvasiven Harn-
blasenkarzinoms muss nicht obligat der obere
Harntrakt bildgebend untersucht werden.
● Eine Indikation für die Bildgebung des oberen
Harntrakts besteht bei einer Tumorlokalisation im
Bereich des Trigonums und/oder multiplen Tumoren
bzw. bei High-grade-Tumoren. (Die Inzidenz
simultaner Tumoren des oberen Harntrakts liegt
zwischen 0,3–2,3 % und steigt nur bei Vorliegen der
zuvor genannten Kriterien auf eine relevante
Häufigkeit von 7 %.)2–4
● (CT-)Urographie ist konventioneller Ausscheidungs-
urographie und (MRT-)Urographie überlegen.
Bei rezidivierendem NMIBC
• Im Falle eines Rezidivs von einem nicht-muskelinvasiven
Harnblasenkarzinom sollte die Bildgebung den gleichen
Prinzipien wie beim Erstbefund folgen.
Bei MIBC
• Bei Vorliegen eines muskelinvasiven Harnblasen-
karzinoms soll eine CT des Abdomens (inklusive CT-
Urographie) des Beckens und des Thorax mit Kontrast-
mittel durchgeführt werden. Alternativ zur Becken-CT
kann eine MRT erfolgen.
Knochenuntersuchungen
● Eine Schädel-CT oder eine Knochenszintigraphie soll
nur bei Vorliegen einer entsprechenden klinischen
Symptomatik bzw. auffälligen Befunden (z. B. Erhöhung
der alkalischen Phosphatase) erfolgen.
1. S3-Leitlinie Früherkennung, Diagnose, Therapie und Nachsorge des Harnblasenkarzinoms. Einsehbar unter: http://www.leitlinienprogrammonkologie.de/
fileadmin/user_upload/Downloads/Leitlinien/Blasenkarzinom/LL_Harnblasenkarzinom_ Langversion_1.1.pdf. Aufgerufen am27.08.2018.
Bei NMIBC-Erstbefund (1)
Bildgebung (2) (Auszüge aus der S3-Leitlinie)1
1. S3-Leitlinie Früherkennung, Diagnose, Therapie und Nachsorge des Harnblasenkarzinoms. Einsehbar unter: http://www.leitlinienprogrammonkologie.de/
fileadmin/user_upload/Downloads/Leitlinien/Blasenkarzinom/LL_Harnblasenkarzinom_ Langversion_1.1.pdf. Aufgerufen am27.08.2018.
Bei NMIBC-Erstbefund (2)
Bildgebung (3) (Auszüge aus der S3-Leitlinie)1
1. S3-Leitlinie Früherkennung, Diagnose, Therapie und Nachsorge des Harnblasenkarzinoms. Einsehbar unter: http://www.leitlinienprogrammonkologie.de/
fileadmin/user_upload/Downloads/Leitlinien/Blasenkarzinom/LL_Harnblasenkarzinom_ Langversion_1.1.pdf. Aufgerufen am27.08.2018.
Bei NMIBC-Erstbefund (3)
Bildgebung (4) (Auszüge aus der S3-Leitlinie)1
1. S3-Leitlinie Früherkennung, Diagnose, Therapie und Nachsorge des Harnblasenkarzinoms. Einsehbar unter: http://www.leitlinienprogrammonkologie.de/
fileadmin/user_upload/Downloads/Leitlinien/Blasenkarzinom/LL_Harnblasenkarzinom_ Langversion_1.1.pdf. Aufgerufen am27.08.2018.
Bei MIBC
Bildgebung (5) (Auszüge aus der S3-Leitlinie)1
V. Molekulare Tumorcharakterisierung
1. Choi W et al. Rev Urol. 2014;11(7):400–410.
2. Robertson AG et al. Cell.2014;171(3):540–556e25
3. Sjodahl G et al. Am J Pathol.2013;183(3)681–691.
4. Seiler R et al. Eur Urol. 2017;72(4):544.
Molekulare Tumorcharakterisierung (1)
Luminal
Eher papilläre Morphologie
Überexpression von Genen wie
FGFR3*
Günstige Prognose
Hohe Rate an FGFR-Mutationen
oder Fusionen
Basal
Gehäuftes Vorkommen von
hohen T-Stadien und positiven
Lymphknoten
Ungünstige Prognose
Weiterer Subtyp2
Erst kürzlich beschrieben
Neuroendokrines mRNA-
Expressionsmuster
*Fibroblast Growth Factor Receptor 3
Molekulare Subtypen
● Die molekularen Subtypen des Harnblasenkarzinoms wurden durch Clusterbildung von mRNA-Expressionsdaten
identifiziert.1–3
● Die molekularen Subtypen weisen eine erstaunliche Überlappung mit den molekularen Subtypen von Brustkrebs auf.1–3
● Durch alle Klassifizierungen hindurch zeichnet sich eine Einteilung in luminale und basale Tumoren ab:4
1. Choi W et al. Cancer Cell. 2014;25(2):152–165.
2. Seiler R et al. Eur Urol. 2017;72(4):544.
3. Zhu J et al. J Immunother Cancer.2018;25(2)152–165.
4. Nishina T et al. Invest New Drugs.2017;36(3):424–434.
Molekulare Tumorcharakterisierung (2)
Therapeutische Implikationen der molekularen Subtypen
● Der Subtyp scheint sowohl mit der Prognose als auch mit dem Erfolg einer neoadjuvanten Chemotherapie zu
korrelieren (vor allem der basale Subtyp scheint von neoadjuvanter Therapie zu profitieren, wohingegen ein
p53-like-Subtyp mit einer Resistenz gegenüber einer neoadjuvanten Chemotherapie assoziiert ist).1, 2
● In einer prospektiven Studie ist zu klären, ob der Subtyp mit neuroendokrinen Charakteristika von einer
Platin/Etoposid-Kombinationstherapie profitiert.
● Erste Studien deuten darauf hin, dass spezifische Subtypen mit hoher Mutationslast und signifikanter Infiltration
von Immunzellen von Immuntherapie (z. B. Checkpoint-Inhibitoren) profitieren.3
● Luminale Tumoren zeichnen sich durch eine hohe Rate an FGFR-Mutationen aus und könnten von einer Therapie
mit einem FGFR-Inhibitor profitieren.4
Molekulare Charakteristika metastasierter Tumoren
1. Faltas BM et al. Nat Genet.2016;48(12):1490–1499.
2. Todenhofer T et al. Bladder Cancer. 2018;4(1):19–29. 3. Hegemann M et al. BJU Int.2016;118(6):855–863.
4. Birkenkamp-Demtroder K et al. Eur Urol. 2018;73(4):535.
5. Christensen E et al. Eur Urol. 2017;71(6)961–969.
6. Birkenkamp-Demtroder K et al. Eur Urol. 2016;70(1):75–82.
Therapierelevante Erkenntnisse über molekulare Charakteristika metastasierter Tumoren
● Primärtumor und Metastase können sich stark voneinander unterscheiden.1
● Genomische Eigenschaften können sich unter einer Chemotherapie stark verändern.1
Molekulare Charakterisierung von Gewebe macht nur Sinn, wenn zwischen Operation und metastasierter
Erkrankung nicht zu viel Zeit liegt.
Es muss bedacht werden, dass sich bei einem Patienten verschiedene Läsionen/Metastasen stark
unterscheiden können.2
● Eine Möglichkeit, unter Vermeidung invasiver Biopsien Veränderungen von mehreren Metastasen/Läsionen
gleichzeitig zu detektieren, ist die Analyse zirkulierender Tumor-DNA(ctDNA).2, 3
● In verschiedenen Studien konnte belegt werden, dass sich Veränderungen im Plasma einige Zeit vor einem
sichtbaren Krankheitsrezidiv erkennen lassen.4–6
Therapeutische Implikationen der molekularen Charakteristika von Metastasen
● Ein großer Teil der entdeckten Alterationen (z. B. PI3KC, ERBB2, FGFR) kann durch spezifische Medikamente
angegangen werden.2
● Der nicht-invasive Charakter der Untersuchung ermöglicht serielle Analysen und damit Therapiemonitoring.2
● Evtl. lassen sich Rezidive erkennen, bevor sie sichtbar werden;4–6 ob sich durch eine entsprechend frühzeitige
systemische Therapie die Prognose verbessert, muss noch in prospektiven Studien untersucht werden.
Immun-Histochemie
Luminale Tumoren: KRT20+, GATA3+, FOXA1+
Basal-squamöse Tumoren:
KRT5,614+, GATA3-, FOXA1-
TCGA-Einteilung Luminal-papillär Luminal-infiltriert Luminal Basal/squamös Neuronal
Charakteristika
• FGFR3-Mutation• Fusion• Amplifikation• papilläre
Histologie• SHH+• CIS gering
• EMT-Marker (Twist1, ZEB1)
• miR-200 Familie• mäßige CD274
(PD-L1)/CTLA-4-
Expression• Myofibroblast-
marker Wildtyp p53
• UPKs• KRT20• SNX31
• Frauen
• squamöse Differenzierung
• basaleKeratinmarker
• hohe Expression
CD274 (PD-L1),CTLA-4
• Immunfiltrate
• SOX2• DLX6• MSI1• PLEKHG4B• E2F3/SOX4-
Amplifikation• hohe Zyklusrate
Therapieansätze
• Niedrig-Risiko-NAC
• FGFR3-Inhibitoren
• Anti-PD-L1• PD-CTLA-4• Cisplatin-based
NAC
• zielgerichtete Therapie
• Anti-PD-L1• PD-CTLA-4• Cisplatin-based
NAC
•Etoposid/ Cisplatin neoadjuvant
Adaptiert nach Robertson AG et al. 2014.1 TCGA „the cancer genome atlas“, SHH „sonic hedge hog“, NAC neoadjuvante Chemotherapie,
EMT epithelial-mesenchymale Transition, FGFR3 „fibroblast growth factor receptor 3“, CIS Carcinoma in situ, CTLA „cytotoxic t-
lymphocyte-associated protein“, PD „programmed cell death“.
1. Robertson AG et al. Cell. 2014;171(3):540–556e25.
Molekulare Subtypendes muskelinvasiven Blasenkarzinoms
VI. Zusammenfassung
Zusammenfassung
Therapeutische Relevanz molekularer Subtypen
● Analog der Therapie richtet sich auch die Diagnostik von Harnblasenkarzinomen zunehmend nach klinischen und
molekularen Risikoprofilen aus. Der nicht-invasive Charakter der Untersuchung ermöglicht serielle Analysen und
damit Therapiemonitoring.2
● Eine zeitgemäße Technologie mittels hochauflösender Kameras ist Grundvoraussetzung für eine effiziente
Zystoskopie.
● Makroskopische Verfahren wie die PDD sind additiv mittlerweile fest etabliert, insbesondere in der Früherkennung
von High-grade-Läsionen.
● Mikroskopische Diagnoseverfahren wie OCT, CLE oder Raman-Spektroskopie müssen in klinischen Studien
zunächst noch ihren Stellenwert definieren.
● Urinbasierte Marker sollten aktuell, ebenso wie die Mikrohämaturiediagnostik, nicht für ein generelles Screening
eingesetzt werden.
● Bei Patienten mit einem hohen Harnblasenkarzinomrisiko (Nikotin, Beruf) kann das Screening auf eine Mikro-
hämaturie zu einer früheren Diagnose führen.
● Die CT-Urographie ist anderen Verfahren vorzuziehen.
● Molekulares Substaging kann die bisherige histopathologische Einteilung weiter spezifizieren.