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(# 5816)
Elektrochemische Untersuchung biologisch inspirierter molekularer Metalloxidcluster und deren Redoxverhalten
Carsten Streb
Institut für Anorganische Chemie I , Universität Ulm und Helmholtz-Institut Ulm, Elektrochemische
Energiespeicherung
carsten.streb@uni-ulm.de
Hintergrund: Um den stetig steigenden Energiebedarf der Weltbevölkerung zu befriedigen und gleichzeitig dem
globalen Klimawandel zu entgegnen werden alternative, erneuerbare Energieträger benötigt. Die elektrochemische
Spaltung von Wasser in molekularen Sauerstoff und Wasserstoff wird als Schlüssel zu erneuerbaren Energieträgern
angesehen.[1,2] Dabei gilt die Oxidation von Wasser als anspruchsvollere Halbreaktion und benötigt
Wasseroxidationskatalysatoren, welche mehrere protonengekoppelte Elektronentransferreaktionen
unterstützen.[3,4] In der natürlichen Photosynthese wird Lichtenergie durch das Photosystem II in der
Thylakoidmembran photosynthetischer Organismen aufgenommen und in Form von Adenosintriphosphat (ATP) und
NADPH (reduzierte Form des Nicotinsäureamidadenindinukleotidphosphat) chemisch gespeichert, um in weiteren
lichtunabhängigen Reaktionen Kohlendioxid zu assimilieren und energiereiche Kohlenhydrate zu generieren.[5,6] Die
lichtinduzierte Spaltung von Wasser und die Freisetzung von molekularem Sauerstoff und Protonen findet dabei an
einem fünfkernigen Calcium-Manganoxid-Cluster [CaMn4O5], dem sogenannten oxygen evolving complex (OEC), statt
(Abb. 1). In wegweisenden Arbeiten wurden synthetische Analoga dieses Komplexes chemisch entwickelt, die als
Modelle zum Verständnis der Reaktion des OEC und als Grundlage zur Entwicklung technologisch relevanter
Edelmetall-freier Wasseroxidations-Katalysatoren dienen.[7,8]
Im Gegensatz zum natürlichen Vorbild der Photosynthese verfügen die meisten synthetischen Katalysatoren über
keine Reparaturmöglichkeiten, um die organischen Liganden zu erneuern oder auszutauschen und eine langfristige
Katalysatorleistung zu gewährleisten. Diese Einschränkung kann man jedoch umgehen indem man anorganische,
oxidationsstabile Liganden wie beispielsweise Polyoxometallate zur Stabilisierung der reaktiven Einheiten
verwendet.[9] Polyoxometallate (POMs) sind anionische Übergangsmetall-Sauerstoff-Aggregate und können als
molekulare Analoga von Festkörpermetalloxiden angesehen werden. Sie bestehen üblicherweise aus frühen
Übergangsmetallen, wie Vanadium, Molybdän oder Wolfram, in ihren hohen oder höchsten Oxidationsstufen (d0,
d1).[10,11]
Messungen: In diesem Bericht wird die elektrochemische Aktivität des Mangan-Vanadats (nBu4N)3[Mn4V4O17(OAc)3]x3
H2O (= {Mn4V4}, Abb. 1) untersucht, welches durch Selbstaggregation aus einfachen Edukten durch aufgebaut wird.
Basierend auf kristallographischen Daten wurden empirische Bindungsvalenzsummenberechnungen (BVS)
durchgeführt, welche einen gemischtvalenten [MnIII2MnIV
2O4]6+ - Zustand ergaben. Der zugewiesene
Oxidationszustand kann somit mit dem „S1“-Zustand des OEC im Kok-Zyklus (Abb. 1) verglichen werden.[12]
Abbildung 1: Links: Struktur des synthetischen Oxygen Evolving Complex (OEC) Modells {Mn4V4}. Mitte: Modell des natürlichen Calcium-Manganoxid OEC Clusters. Rechts: Schematische Darstellung der S-Zustände und der jeweiligen Oxidationszustände des Kok-Zyklus. Farbschema: V: grünblau, Mn: violett, Ca: gelb, O: rot.
Diese vorläufige Zuordnung der Oxidationszustände konnte durch elektrochemische Untersuchungen bestätigt
werden. Zyklovoltammetrie an {Mn4V4} zeigt zwei aufeinanderfolgende quasi-reversible Oxidationsprozesse des
Manganoxid-Kubans, wodurch der „S2“-Zustand (= MnIIIMnIV3) sowie der „S3“-Zustand (= MnIV
4) des Kok-Zyklus in
{Mn4V4} zugänglich ist (Abb. 2).[12] Zyklovoltammetrische Messungen in Acetonitril-Wasser-Gemischen (MeCN / H2O =
9 / 1 (v/v)) zeigten eine elektrokatalytische Wasseroxidation bei E ≈ 0.95 V vs Fc/Fc+ (Abb. 2). Die Wasseroxidation
wurde durch die Beobachtung zunehmender O2-Konzentration in Lösung weiter bestätigt.
Abbildung 2: Links: Zyklovoltammogramm von {Mn4V4} in Acetonitril. Mitte: EPR-Spektren von {Mn4v4} sowie den Elektrolyseprodukten bei E = 0.65 V und E = 1.35 V (vs Fc/Fc+). Rechts: Zyklovoltammogramm von {Mn4V4} in MeCN/H2O (9/1, v/v). Die höchste elektrochemische Stromdichte bei 1.5 V vs Fc/Fc+ wurde für das Lösungsmittelgemisch MeCN/H2O (9/1, v/v) beobachtet.
Um mehr Einblick in die Redox-Aktivität von {Mn4V4} zu erhalten, wurden detailliertere Zyklovoltammogrammstudien
bei verschiedenen Wassergehalten im Acetonitril-Lösungsmittel durchgeführt (Abb. 3, 4). Dabei wurde beobachtet,
dass sich schon bei geringen Wasserkonzentrationen (1 vol-%) beim Zyklieren eine Abscheidung auf der glassy-carbon-
Elektrode bildet, die zu neuen Signalen im Zyklovoltammogramm führt.
Abbildung 3: Links: Zyklovoltammogramm der Mangan-basierten Prozesse P1 und P2 in wasserfreiem Acetonitril (0.1 M nBu4NPF6). Rechts:
Zyklovoltammogramm der Mangan-basierten Prozesse P1 und P2 in Acetonitril/ H2O (1 vol-% H2O) (0.1 M nBu4NPF6).
Um diese unerwünschte Nebenreaktion / Oberflächenabscheidung zu verhindern, wurde die Analyse anschließend
durch Differentialpuls-Voltammetrie (DPV) durchgeführt (Abb. 4). Bei dieser Analyse zeigte sich, dass es zu keiner
Oberflächenabscheidung auf der Elektrode kommt und man die Redoxprozesse bei unterschiedlichen
Wasserkonzentrationen auflösen und deren Änderung analysieren kann. Man beobachtet dabei eine Abnahme der
Ströme für Prozess P2, sowie die Bildung neuer Prozesse, P3 und P4. Dieses Verhalten wird einem Ligandenaustausch
der Acetatliganden an {Mn4V4} zugeordnet, der derzeit durch weitere in-operando-Studien und
spektroelektrochemische Messungen untersucht wird.
Abbildung 4: Links: Differentialpuls-Voltammetrie der Mangan-basierten Prozesse P1 und P2 in wasserfreiem Acetonitril (0.1 M nBu4NPF6).
Rechts: Differentialpuls-Voltammetrie der Mangan-basierten Prozesse P2, P3 und P4 in Acetonitril/ H2O (1 vol-% H2O) (0.1 M nBu4NPF6).
Messinstrument: Gamry Instruments Interface 1010B Potentiostat/Galvanostat/ZRA
Literatur:
[1] T. Faunce, S. Styring, M. R. Wasielewski, G. W. Brudvig, A. W. Rutherford, J. Messinger, A. F. Lee, C. L. Hill, H. deGroot, M. Fontecave, D. R. MacFarlane, B. Hankamer, D. G. Nocera, D. M. Tiede, H. Dau, W. Hillier, L. Wang, R. Amal, Energy Environ. Sci. 2013, 6, 1074–1076.
[2] N. S. Lewis, D. G. Nocera, Proc. Natl. Acad. Sci. U. S. A. 2006, 103, 15729–15735.
[3] H. Dau, C. Limberg, T. Reier, M. Risch, S. Roggan, P. Strasser, ChemCatChem 2010, 2, 724–761.
[4] W. Lubitz, E. J. Reijerse, J. Messinger, Energy Environ. Sci. 2008, 1, 15.
[5] R. E. Blankenship, Molecular Mechanisms of Photosynthesis, Blackwell Science Ltd., Oxford, 2002.
[6] H. Lambers, F. S. Chapin, T. L. Pons, in Plant Physiol. Ecol., Springer New York, New York, NY, 1998, pp. 10–153.
[7] G. Charles Dismukes, R. Brimblecombe, G. a N. Felton, R. S. Pryadun, J. E. Sheats, L. Spiccia, G. F. Swiegers, G. C. Dismukes, R. Brimblecombe, G. a N. Felton, R. S. Pryadun, J. E. Sheats, L. Spiccia, G. F. Swiegers, Acc. Chem. Res. 2009, 42, 1935–1943.
[8] R. Brimblecombe, G. F. F. Swiegers, G. C. C. Dismukes, L. Spiccia, Angew. Chem. Int. Ed. 2008, 47, 7335–7338.
[9] H. Lv, Y. V. Geletii, C. Zhao, J. W. Vickers, G. Zhu, Z. Luo, J. Song, T. Lian, D. G. Musaev, C. L. Hill, Chem. Soc. Rev. 2012, 41, 7572–7589.
[10] M. T. Pope, Heteropoly and Isopoly Oxometalates, 1983.
[11] M. T. Pope, A. Müller, Angew. Chem. Int. Ed. English 1991, 30, 34–48.
[12] B. Kok, B. Forbush M. McGLOIN, Photochem. Photobiol. 1970, 11, 457–475.
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