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1 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Nutzungs- und Standortgefüge
Raumwirtschaftslehre, Wirtschaftsgeographie, regional science
Untersuchungsgegenstand: Standortverteilung Standortentscheidung (welche Faktoren?)
von UnternehmenLiteratur: Harald Bathelt, Johannes Glückler, Wirtschaftsgeographie, 2. Auflage, Stuttgart 2003. S. 26W. Isard: Location and Space-economy, A General Theory Relating to Industrial Location, Market Areas, Land
Use, Trade an Urban Structure, New York 1956, W. Isard: Methods of Regional Analysis: An Introduction to regional science Cambridge 1960Edwin von Böventer, Theorie des räumlichen Gleichgewichts, Tübingen 1962Edwin von Böventer, Standortentscheidung und Raumstruktur, Hannover 1979Peter Fischer, Erdkunde, Pocket Teacher Abi, Berlin Cornelsen Scriptor 2000 Henner Kleinewefers, STANDORT UND RAUMSTRUKTUR, http://www.unifr.ch/wipol/publikationen/Kleinewefers%20(2005)_Standort
%20und%20Raumstruktur.pdf
2 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Nutzungs- und Standortgefüge
1. Standorttheorien und Modelle Transportkostenminimierung
Primärer Sektor: von Thünen (1826) Sekundärer Sektor: Alfred Weber (1909) Tertiärer Sektion: Christaller (1933) Sektorale Prägung nach Siedlungsgröße
Städtische Bodennutzungsmodelle
2. Weitere Standortfaktoren Vom Transportkostenprimat zu Standortfaktor-Katalogen
3. Entwicklungsdynamik und Standortwahl Lange Wellen und Standortregionen Produktionszyklen und Standortwahl Verkehrsmittel und Standortwahl Globalisierung und Standortwahl Beispiel Berlin und Neue Länder
4. Standortfaktoren Ladengewerbe
3 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Standorttheorien
Primärer Sektor: Bergbau: Lagerstätten bestimmen Standort (standortgebundenes Gewerbe vgl. § 35 BauGB, Privilegierung)
Landwirtschaft:
4 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Standorttheorie – primärer Sektor
1800: Deutschland intensiviert Landwirtschaft (Flurbereinigung, Bauernbefreiung: „je intensiver, desto besser“ (wachsender Markt, steigende Einwohnerzahl)
von Thünen, Landwirt (geb. 1783, gest. 1850)
1810 Erwerb Gut Tellow (465 ha) bei Rostock 10 Jahre Bücher geführt: Kosten für Holz,
Getreide, Butter: Transportkosten abhängig von Marktentfernung,
Gewicht und Verderblichkeit der Waren. 1826 Hauptwerk: Der isolierte Staat in
Beziehung auf Landwirtschaft und Nationalökonomie
5 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Standorttheorie – primärer Sektor
Zone 1 verderbliche Güter tägl. Bedarfs: Milch, Gemüse; transportempfindliche Güter: Kartoffeln Rüben
Zone 2: Forstwirtschaft (Brenn-, Nutzholzbedarf Städte)
Zone 3: Fruchtwechselwirtschaft: Getreide- und Blattfrucht (ohne Brache)
Zone 4: Koppelwirtschaft: Feld-Graswirtschaft
Zone 5: DreifelderwirtschaftZone 6: extensive Viehzucht (Erzeugnis von
hohem Wert bei nur einem Transport)
6 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Standorttheorie – primärer Sektor
1. Räumliche Sortierung der Landnutzung aufgrund Differentialprinzip (Lagerente differenziert Kulturanbau): Marktnähe: Transportkosten niedrig, Boden-/Lagerente hoch, Produkte mit hohem Erlös je ha Fläche setzen sich durch
Marktferne: Transportkosten hoch, Boden-/Lagerente niedrig, Produkte mit niedrigem Erlös je ha Fläche setzen sich durch
Lagerentenformel: R = (p (Marktpreis) – a (Kosten)) x E (Ertrag) - E x f (Transport) x d (Entfernung)
= Nettoerlös pro Flächeneinheit sinkt für jedes Produkt mit wachsender Entfernung zum Markt
2. Räumliche Sortierung der Landnutzung aufgrund Intensitätsprinzip (Lagerente bestimmt Nutzungsintensität): Arbeitsintensität je Flächeneinheit (Nettoerlös) sinkt mit Entfernung zum Markt (zunehmender Bracheanteil)
Harald Bathelt, Johannes Glückler, Wirtschaftsgeographie, 2. Auflage, Stuttgart 2003
Roggen
Gemüse Kartoffeln
Dreifelderwirtschaft
Fruchtwechselwirtschaft
Koppelwirtschaft
Lagere
nte
Lagere
nte
Entfernung
Entfernung
Lagerentengradienten verschiedener Anbauprodukte: Steigung gibt an, wieviel Euro ein Landwirt zu zahlen bereit wäre (Pacht, Kauf), um 1 km näher am Markt produzieren zu können.
7 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Standorttheorie – sekundärer Sektor
Alfred Weber (1868–1958): (1909): Über den Standort der Industrien, Heidelberg
Frage wie findet man den kostenminimalen Firmenstandort zwischen Zuliefer- und Absatzmarkt?
AgglomerationsvorteileArbeitskostenTransportkosten
8 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Standorttheorie – sekundärer Sektor
Bei gleichen Arbeitskosten und fehlenden Agglomerationsvorteilen standortbestimmend:
Gewichtsverlustmaterial Input > Output = >1 (Standort: rohstoffnah)
„Standort auf der Kohle“ (Steinkohle): Hüttenwerk (10 t Erz, 5 Tonnen Kohle / 1 t Stahl = 15)
Standort bei der Braunkohle: Chemische Industrie, EnergieerzeugungGrundstoffindustrie: Kalkstein, Zementfabrik (Rüdersdorf); Kali, Düngemittelfabrik
Vgl. ortsgebundene gewerbliche Betriebe - z.B. Sandgrube, Ziegelei - Privilegierung im Außenbereich gem. § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB)
Konsumort/Absatzort
Rohstofflager/Zulieferer 1
tonnenkilometrischer Minimalpunkt=
idealer Produktionsstandort
Rohstofflager/ Zulieferer 2
9 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Standorttheorie – sekundärer Sektor
ReingewichtsmaterialInput < Output = <1 (Standort absatznah, Konsumort)
Gilt auch, wenn Ubiquitäten (überall verbreitet) als Input verwendet werden: z.B. Wasser, Luft, Strom
Bsp.: Schlosserei, Kesselbau, Lokomotivbau (nur wenig Gewichtsverlust bei Stahlinput, viel umbauter Raum (Balkongitter, Dampfkessel)
Konsumort/Absatzort
Rohstofflager/Zulieferer 1
tonnenkilometrischer Minimalpunkt=
idealer Produktionsstandort
Rohstofflager/ Zulieferer 2
10 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Standorttheorie – sekundärer Sektor
Standort absatznah:
Abgasanlage Fa. Boysen für BMW„Reinmaterial“ schwerer und sperriger als Komponenten und HalbfabrikateZulieferung 50-400 kmEndmontage BMW-nah
Raumordnungsbericht 2000, S. 87
11 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Standorttheorie – sekundärer Sektor
Standort absatznah:
Warum? (Antwort s. Notizen)
12 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Standorttheorie – sekundärer Sektor
tr = Transportkosten pro Inputeinheittx = Transportkosten pro Outputeinheit
Launhardts geometrische Lösung:
(für Spezialfall tr1 = tr2)
13 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Standorttheorie – tertiärer Sektor
Walter Christaller: Frage nach Ordnung von Siedlungen im Raum und den Kräften, die diese Ordnung bewirken
Hauptwerk 1933: „Die zentralen Orte in Süddeutschland, eine ökonomisch-geographische Untersuchung über die Gesetzmäßigkeiten der Verbreitung und Entwicklung der Siedlungen mit städtischen Funktionen“:
14 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Standorttheorie – tertiärer Sektor
Alle Güter, die nicht dispers verteilt werden, sind zentrale Güter.
Zentrale Güter haben eine Reichweite, einen Einzugsbereich:
innere Reichweite = Mindestabsatz, Umsatzschwelle
äußere Reichweite = Grenze, ab der keine Nachfrage mehr auftritt (Absatzgrenze)
Absatzgebiete bilden sich konzentrisch um zentrales Gut (entfernungsminimalster Punkt)
15 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Standorttheorie – tertiärer Sektor
Äußere und innere Reichweite eines zentralen Gutes
16 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Standorttheorie – tertiärer Sektor
Größe der Marktgebiete:
zwischen Umsatzschwelle und äußerer Reichweite(keine unversorgten Gebiete)
17 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Standorttheorie – tertiärer Sektor
Häufigkeit der Nachfrage (=Transportkosten) bestimmt Reichweite
häufige Nachfrage, hohe Distanzempfindlichkeit: (Grundbedarf=Nahbereich) Lebensmittel, wg. Brötchen/Briefkasten nicht in die Stadt
seltene Nachfrage, geringe Distanzempfindlichkeit: Güter gehobener und höherer Ordnung = Orte höherer Zentralität: Textilien, Schuhe, Uhren/Schmuck, Photo/Optik, Sportartikel/Spielwaren, Drogerie/ Pharmazie, Haushaltsgeräte, Unterhaltungselektronik; Zahnarzt
täglicher, periodischer, aperiodischer Bedarf an Gütern und Dienstleistungen
18 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Standorttheorie – tertiärer Sektor
Ordnungsstufen der zentralen Orte Christaller: Radius eines M-Ortes: 4 kmB-Orte: Radius einer Fuhrwerkstagesreise (21 km = 4* (3)3
km) Radiuserweiterung der nächsthöheren Ordnungsstufe = r 3
Typ Abk. Beispiel (1932) Radius km angebotene Güter
hilfszentraler Ort H Nussloch 2,3 10Marktort M Leimen 4 40Amtsort A Schriesheim 7 90Kreisort K Wiesloch 12 180Bezirkshauptort B Weinheim 20,7 330Gaubezirksort G Bruchsal 36 600Provinzialhauptort P Heidelberg 62,4 1000Landeszentralort L Stuttgart 108 2000
19 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Zentrale-Orte-System
Walter Christaller: Die zentralen Orte in Süddeutschland - eine ökonomisch-geographische Untersuchung über die Gesetzmäßigkeiten der Verbreitung und Entwicklung der Siedlungen mit städtischen Funktionen, 1933
20 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Zentrale-Orte-System
System zentraler Orte unterschiedlicher Hierarchiestufen
http://de.wikipedia.org/wiki/System_der_Zentralen_Orte
21 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Zentrale-Orte-System
Eckpunkte Versorgungssechseck = zentrale Orte niedrigerer Stufe
Entfernung zu drei höherrangigen Zentren gleich groß (s. Dreieck) (Ausnahme: unterste Stufe)
http://de.wikipedia.org/wiki/System_der_Zentralen_Ortehttp://homepage.ruhr-uni-bochum.de/Frank.Braechter/Deutsch/Studium/Geo/HA-PIPP-FB.pdfHeineberg, H. (2000): Grundriß Allgemeine Geographie: Stadtgeographie. Paderborn.
22 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Sektorale Prägung nach Siedlungsgröße
Anteil Wirtschaftssektoren an der Anzahl Beschäftigten
Land und Forstwirtschaft, Fischerei
Dienstleistungen
Industrie, Verarbeitendes Gewerbe
Siedlungsgröße/ EinwohnerzahlQuelle: Fu Chen Lo/K. Salih 1978: Growth pole strategie and regional development policy, UNCRD Nagoya S. 264, in: Praxis
Geographie 25, H. 12/1995, S. 7, eigene Bearbeitung
23 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Sektorale Prägung nach Siedlungsgröße
24 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Städtische Bodennutzungsmodelle
Ringmodell Sektorenmodell Bodenrentenmodelle
Bathelt, a.a.O. S. 100ffhttp://www.regiosurf.net/geographie/blotevog/stadtgeo/innstruk.htm
25 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Städtische Bodennutzungsmodelle
Ringmodell Ernest W. Burgess & Robert E. Park (Hrsg.): The city. Chicago 1925, "Chicagoer Schule der Stadtsoziologie"
Verallgemeinerung von Beobachtungen (in nordamerikanischen Städten, insb. in Chicago)
Zone 1: "Loop"= CBD, Zone 2 Übergangszone, Zone 3 Arbeiterwohnzone, Zone 4 Mittelschicht-Wohnzone Zone 5 Pendlerzone.
Begründung: Wettbewerb um Bodennutzung (Analogie zur Biologie, Einfluss
Darwins) historische Entwicklung (Zonen als "Wachstumsringe").
26 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Städtische Bodennutzungsmodelle
Sektorenmodell (Hoymer Hoyt 1939)Grundlage: vergleichende Mietpreisuntersuchungen in US-Städten.
Ergebnis: Verteilungsmuster, die nicht in Ring-Modell passen Sektoren unterschiedlicher Mietpreishöhe entsprechend sozialen
Statusgruppen.
Begründung: Wettbewerb um Flächen, Anziehung bzw. Abstoßung von Nutzungen: Industrie bei Eisenbahnen u. Wasserwegen; Arbeiterwohngebiete bei Industrien, Oberschichtgebiete weit entfernt von Industrien, nahe bei Parks.= Konstruktive Kritik des Ringmodells; Ergänzung und Modifizierung (Vgl. Wohngebiete Berliner Mietspiegel)
27 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Sektoren
Berliner Wohnlagen 2002
(Erstvermietung, Kaltmiete zzgl. Nebenkosten)
Miete in Euro
Spitze: 18 (Potsdamer Platz, Gendarmenmarkt)
sehr gut: 7,5-16gut: 6-10,5mittel: 5-8einfach: 4–6,5
http://www.hvbexpertise.de/de/uebersicht/pdf/uebersicht/Berlin_W_11_02.pdf
28 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Städtische Bodennutzungsmodelle
Bodenrentenmodell (R. V. Ratcliff 1949; Brian J. L. Berry 1959; William Alonso 1964)
Räumliche Differenzierung von Nutzungen Ergebnis von Bodenpreisgefälle; Bodenrente abhängig von Nutzungsart und Distanz zum Stadtzentrum; Nutzung mit der höchsten "Lagerente" setzt sich durch (vgl. Thünen-Modell) konzentrische Ringe von Nutzungszonen und Bodenwerten entstehen.
Differenzierung durch Subzentren (Durchbrechung des Prinzips abnehmender Bodenpreise)
Bodenpreisgefälle bedingt Intensitätsgefälle (vgl. Thünen) (Höhe und Dichte der Nutzung: Zahl der Stockwerke, GFZ, GRZ)
29 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Lagerente und städtischer Bodenmarkt
Büro
Einzelhandel
WohnraumGewerbe
Stadtzentrum
Lagere
nte
Entfernung
Landwirtschaft
Städtische Landnutzungszonen aufgrund des Differenzialprinzips der LagerenteBathelt, a.a.O. S. 102, eigene Darstellung
30 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Bodenpreisgefälle
Differenzierung durch Subzentren
31 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Mietpreisgefälle
Berlin 1999 : Spitzenmieten/mittlere Mieten in Euro/m²
Quelle: Aengevelt-research http://www.aengevelt.comNutzung City Innenstad
tStadtrand Nord
Umland/ Speckgürtel
1. Einzel-handel
190 190 76 28
2. Büro 27 / 16 18 / 12 15 / 10,50 12 / 8,50
3. Wohnung
18 / 7,50 13 / 6 10 / 6 8,50/ 6,50
Lager / Logistik
2 – 4 EUR je nach Verkehrslage
32 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Bodenpreisgefälle Wohnen
Quelle: http://www.vermessung.brandenburg.de/sixcms_upload/media/1069/tf_brw_2003.pdf, eigene Darstellung
Wohnpark-Bodenpreis und Entfernung von Berliner Zentrum
21,8 24,8 26,838,4
69,488,2
175
140130
85
6550
0
20
40
60
80
100
120
140
160
180
200
Mah
low
Blanke
nfeld
e
Diede
rsdo
rf
Zosse
n
Luck
enwalde
EU
R/m
²
Entfernung
Bodenpreis
33 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
2. Weitere Standortfaktoren
Harte StandortfaktorenWeiche Standortfaktoren
1. Standorttheorien und Modelle Transportkostenminimierung
Primärer Sektor: von Thünen (1826) Sekundärer Sektor: Alfred Weber (1909) Tertiärer Sektion: Christaller (1933) Wirtschaftssektor und Standortwahl
Städtische Bodennutzungsmodelle
2. Weitere Standortfaktoren Vom Transportkostenprimat zu Standortfaktor-
Katalogen
3. Entwicklungsdynamik und Standortwahl Lange Wellen und Standortregionen Produktionszyklen und Standortwahl Verkehrsmittel und Standortwahl Globalisierung und Standortwahl Beispiel Berlin
34 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Weitere Standortfaktoren
Harte Standortfaktoren1. Verfügbarkeit von Flächen, Grundstückspreise2. Arbeitskräfteangebot, 3. Arbeitskosten (Wochen-/Jahresarbeitszeit (Urlaub, Feiertage),
Kranktage, Streiktage, Stundenlohn, Lohnstückkosten)
4. Steuern, Abgaben, Subventionen5. Verkehrsanbindung, Transportkosten, 6. wirtschaftsnahe Dienstleistungen, 7. Fühlungsvorteile zu technologieorientierten
Forschungseinrichtungen,8. Lage zu Rohstoff- und Absatzmärkten (Nähe zu
Kunden/ Zulieferern)
35 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Weitere Standortfaktoren
weiche Standortfaktoren: Lebensqualität: Stadtbild, Wohn- und Freizeitwert (Kultur, Erholung, Einkauf)Image des Standortes, MentalitätWirtschaftsklima in Verwaltung und PolitikUmweltqualität im Umfeld des Unternehmens
36 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Standortfaktoren – Empirie
37 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Standortbewertung IBM
Standortsuchverfahrenfür Herstellung von Computern und Montage von Büromaschinen außerhalb der USA:
Für jedes Kriterium werden Punkte bis zur maximalen Höhe wie in Zusammenstellung vergeben. Für Standort mit größter Punktezahl wird ausführliche Projektstudie zur Realisierbarkeit durchgeführt.http://www.uni-karlsruhe.de/~humangeographie/ergaenzung/weber.pdf
100
75
60
35 35 3530
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Maximale Punktezahl
Gewichtung von Standortfaktoren bei IBM
Lebensbedingungen
Erreichbarkeit
Industrialisierungsgrad
Verfügbarkeit von Arbeitskräften
Wirtschaftlichkeit(einschließlich Baukosten undgemeindliche Steuern)Auswirkungen auf Prestige undAnsehen des Unternehmens
Stellung der Gemeinde zurAnsiedlung
38 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Standortfaktoren High-tech-Unternehmen
1. Arbeitsmärkte2. Universitätsnähe (Natur- und
Ingenieurwissenschaften)
3. Transportnetze4. Marktnähe5. Lebensqualitätfaktoren
39 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Lage- und Größenvorteile von Standorten
Economics of scale (interne Ersparnisse): Stückkosten sinken mit Produktionsumfang: Aufbau großer Kapazitäten, wenige Standorte, Ansiedlungsanreiz für Zulieferer (externe Ersparnisse)
Agglomerationsvorteile, economics of concentration/Urbanisationsvorteile (urbanization economies) Verflechtungsmöglichkeiten von Industrieunternehmen bei Zuliefer-Absatz-Beziehungen, diversifizierte Arbeitsmärkte, hochwertige Infrastruktur, breit gefächerte Zuliefermöglichkeiten, Dienstleistungen
Lokalisationsvorteile (localization economies): Ballung von branchengleichen (Industrie)unternehmen: Herausbildung eines Potenzials spezialisierter Arbeitskräfte und Zulieferer – regionsinterne Informations- und Wissensflüsse, Anreiz für Ansiedlung und Gründung von weiteren Unternehmen
Transportkosten und Ballung: abnehmende Transportkosten schwächen Ballungsprozesse nicht, sondern stärken diese, weil Unternehmen ihre Produktion in den Hauptmarktregionen konzentrieren um dort economics of scale abzuschöpfen. Bei hohen Transportkosten würden die Unternehmen eher auf mehrere Regionen verteilen (Nutznießer sind die größten Industrieballungen)
Quelle: Bathelt 2003 a.a.O. S. 126ff
40 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Standortentscheidung nicht nach „Schema F“ – “Maßanzug“ gefragt
Systematische Ebenen der Standortanalyse Unter dem Gesichtspunkt der Kostenminimierung bzw. der Gewinn- und Nutzenmaximierung werden die nachfolgend angeführten Standortfaktorgruppen eruiert und evaluiert:
Materialorientierung (Rohstofforientierung): Gewichtsverlustmaterialien, Reingewichtsmaterialien, Ubiquitäten
Arbeitsorientierung: quantitatives Arbeitskräfteangebot, Arbeitskosten, Lohnstückkosten, Qualifizierungen Abgabenorientierung: Steuersysteme, Abgabensysteme Verkehrsorientierung: Verkehrs- und Kommunikationserschließung
Energieorientierung: Preise und Mengen
Absatzorientierung: Konsumenten und Zulieferbetriebe Agglomerationsorientierung (Synergien)
Umweltorientierung: Gesetze, Auflagen, Standards und Technologieakzeptanz http://www.halver-research.de/privat/StandortseminarIFL20032004.pdf
41 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Entwicklungsdynamik bei der Standortwahl
1. Standorttheorien und Modelle Transportkostenminimierung
Primärer Sektor: von Thünen (1826) Sekundärer Sektor: Alfred Weber (1909) Tertiärer Sektion: Christaller (1933) Sektorale Prägung nach Siedlungsgröße
Städtische Bodennutzungsmodelle
2. Weitere Standortfaktoren Vom Transportkostenprimat zu Standortfaktor-
Katalogen
3. Entwicklungsdynamik und Standortwahl Lange Wellen und Standortregionen Produktionszyklen und Standortwahl Verkehrsmittel und Standortwahl Globalisierung und Standortwahl Beispiel Berlin
4. Standortfaktoren Ladengewerbe
42 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
3. Entwicklungsdynamik – Produkte
Lange Wellen: Nikolai Kondratieff (1892 – 1938) Basisinnovationen bestimmen Konjunktur u. Gunsträume
1. und 2. Welle: Montanregionen: Ruhrgebiet, Saar, Halle-Leipzig; Berlin 3. Welle: Energieerzeuger/chem. Industrie bei Braunkohlevorkommen
s.o. 5. Welle: BaWü, Südbayern (Nähe Agglomeration, Forschung,
Universität, Hochqualifizierte, weiche Standortfaktoren für „weiße Industrien“, Reinraumbedingungen) Süd-Nord-Gefälle
43 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Produktionszyklen und Standortwahl
Ausgangspunkt: Warum werden Produktionen in Billiglohnländer
verlagert?
Leontief-Paradoxon (Vernon 1966): überraschende Feststellung Anfang 1950er Jahre, dass Exporte aus den USA in arbeitsintensiven, Importe in die USA aus kapitalintensiven Produkten erfolgen. Nach Heckscher-Olim-Theorem der Neoklassik wären umgekehrte Außenhandelsströme zu erwarten gewesen. (Kostenvorteile kapitalintensiver Produktion); Vernon (1966) versucht Leontief-Paradoxon unter Rückgriff auf Konzept des Produktlebenszyklus zu lösen.
Harald Bathelt, Johannes Glückler: Wirtschaftsgeografie, 2. Auflage 2003, S. 230
44 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Produktionszyklen und Standortwahl
Innovationsphase (Kosten > Erlöse = Verluste)
wichtigste Standortfaktoren: hoch qualifizierte Fachkräfte hochwertige Infrastruktur Agglomerationsvorteile (Dienstleistungen) Marktnähe
Wachstumsphase: (Erlöse > Kosten = Gewinne)
wichtigste Standortfaktoren: Agglomerationsvorteile (Finanzdienstleistungen,
Unternehmensberatung) Marktnähe qualifizierte Arbeitskräfte hochwertige Infrastruktur
45 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Produktionszyklen und Standortwahl
Reifephase: (Erlöse > Kosten = Gewinne)
wichtigste Standortfaktoren: billige Arbeitskräfte niedrige Standortkosten Marktnähe
Standardisierungsphase (Schrumpfungsphase) (Kosten > Erlöse = Verluste)wichtigste Standortfaktoren:
billige Arbeitskräfte niedrige Standortkosten in vielen Branchen Produktionsauslagerung in Billiglohnländer in
der Schrumpfungsphase
46 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Produktionszyklen und Standortwahl
Bedeutungswandel von Standortfaktoren im Produktlebenszyklus (Bathelt a.a.O. S. 231)
Standortfaktor
Lebenszyklus
wiss. und techn. Personal
Management
ungelernte Arbeiter
Kapital
externe Zulieferer und Dienste
Innovation ++ + o o ++
Reife + ++ + ++ +
Standardi-sierung
o o ++ ++ o
47 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Produktionszyklen und Standortwahl
Bathelt a.a.O. S. 230, eigene Darstellung
48 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Verkehrsmittel und Standortwahl
„Geschichte der Siedlung und der Standorte als Geschichte des jeweils schnellsten Verkehrsmittels“
49 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Zeit und Raum
3. 1.256 km²
4. 5.024 km²
2. 200 km²
1. 50-80 km²
„Die Geschichte der Stadt ist die Geschichte des jeweils schnellsten Verkehrsmittels“
5. 11.304 km²
steigende Reisegeschwindigkeit, sinkender Raumwiderstand Konstantes Zeitbudget für Verkehr
(5 % von 24 Std.=75 Min) Mobilität in Deutschland 2002, http://www.kontiv2002.de/pdf/mid_projektpraesentation_2_september.pdf
Konstante Reisezeit und wachsende StadtregionStadtregion als „Stundenraum“
1. Fußgängerstadt: 4-5 km/h2. Pferdebahnstadt: 8 km/h3. Straßenbahnstadt: 20 km/h 4. S-Bahnstadt: 40 km/h5. Autostadt: 60 km/h (Stadtautobahnen)
50 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Verkehrsmittel und Siedlungsmuster
IV-gesteuerte Siedlungsformen (Flächenbesiedlung) Fußgängerstadt, Fahrradstadt (Folge: Dichte, Mischung,
Nahversorgung) Autostadt (Auflösung der Nähe, Dekonzentration, dezentraler
großfl. EH)
ÖPV-gesteuerte Siedlungsformen (Massenleistungsfähigkeit) Punktaxiale Besiedlung entlang Haltepunkteinzugsbereichen Pferdebahnstadt Straßenbahnstadt S-Bahnstadt Ausnahme Autobahn: weite Abstände der
Autobahnauffahrten geben einen punktaxialen Siedlungsimpuls
51 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Beispiel Berlin – großfl. Einzelhandel
Einzelhandelsflächen 1997 Berlin und Umland
0,95
32%
14%
1,34
78%
37%
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
1,2
1,4
1,6
VKF je EW Anteil > 5000 m²VKF
Anteil Grüne Wiesean VKF gesamt
Berlin
Umland
Rechnerischer Eigenbedarf an Verkaufsflächen im Berliner Umland (Umrechnung der Kaufkraft in VKF)
850.000 EW (eV) x 7000 DM/Jahr (einzelhandelsrelevante Kaufkraft) = 5,95 Mrd.DM
5,95 Mrd. DM: 8.500 DM/m² VKF/Jahr (=mittlere Flächenproduktivität) = 700.000 m² VKF (0,81 m² VKF/EW)
Bevorzugte Standorte des großflächigen Einzelhandels in unmittelbarer Nähe zu Autobahnauffahrten:Vogelsdorf, Waltersdorf, Groß-Machnow, Satzkorn, Wustermark, EichstädtQuelle: Flächenbericht LEP eV, eigene Darstellung http://www.brandenburg.de/land/mlur/g/brolepev.pdf
52 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Beispiel Berlin – Wohnsuburbanisierung
Einwohnerzuwachs in Umlandgemeinden Berlinsin vier Entfernungszonen 1990-2000
(Achsenzwischenraum, Typ-3-Gemeinden)
1. Berlin-Anrainer Schönfließ 398 % Großziethen 315 % Seeburg 189 % Eiche 178 %
2. „2.Reihe“ Diedersdorf 141 %
3. Hinter Berliner Ring Groß Schulzendorf 23 %
4. Außengrenze eV Nunsdorf -12 %
53 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Neue Länder - Gewerbesuburbanisierung
80% aller Gewerbeflächen, 90% aller Industriegebiete Thüringens 10 km von Bundesautobahn entfernt.
Zwei Drittel näher als 5 km von Autobahnabfahrt
54 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
Globalisierung und Standortwahl
internationale Konkurrenzfähigkeit, Preisdruck:
Standortverlagerung Billiglohnland Optimierung Betriebsablauf: ebenerdige Produktion
Flächenbedarf, Miet-/Grundstückspreise, Bodenpreisgefälle; GSt-Hebesatz Abbau von Lagerhaltung: just-in-time Senken der Fertigungstiefe:
Spezialisierung/Outsourcing Kostensenkung durch weltweites ‚Sourcing’ Umsatzsteigerung durch weltweiten Absatz (Selling)
Außenhandel 1991-2002 (Steigen von Im- und Exportquote, weniger global als EU-intern): Einfuhr: +56% Ausfuhr: +90% BIP: +16 %
Standort: wachsende Verkehrsabhängigkeit, LKW-optimaler stadtnaher Standort Autobahnauffahrt, oder 15-30 Min. bis dahin
55 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
4. Standortfaktoren Ladengewerbe
Branchen, Nutzer der ErdgeschosszoneBüro (Ing.-Büro)
Dienstleistung (Friseur, Reisebüro)
EinzelhandelGastronomieKultur, Freizeit (Galerie)
Handwerk (Schuhmacher, Änderungsschneiderei)
Medizinische Versorgung (Arzt)
Soziale Einrichtung (Kita)
56 TU Berlin, ISR SoSe 2004 „Bodennutzungsplanung II“
4. Standortfaktoren Ladengewerbe
Einzelhandel und Gastronomie:
1. Kaufkraft im Einzugsgebiet (Anzahl Kunden, Haushaltsstruktur)
2. Passantenströme (Dichte, Bebauung, ÖV, Frequenzerzeuger)
3. Nähe zu Attraktionen (wirtschaftlich, politisch, kulturell, städtebaulich)
4. Konkurrenz („belebt das Geschäft“)
5. Verkehrsanbindung (IV, ÖV)
6. sonst. Lagequalität (Eckgeschäft, Lauflage-Unterbrechung, A-,B-,C-Lage, Fristigkeit des Bedarfs; stadträumliche Barrieren, Gastronomie: Sonne, Plätze)
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