3.1 follikulogenese -...
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3 Schrifttum 3.1 Follikulogenese Der Follikel ist die funktionelle Einheit des Ovars und hat zwei Aufgaben: er
beherbergt die Ovozyte und schafft für diese so die Möglichkeit zum Wachstum und
zur Reifung. Bei der Follikulogenese werden grundsätzlich mehrere Typen von
Follikeln unterschieden.
Die Einteilung erfolgt in:
1. Primordialfollikel
2. Primärfollikel
3. Sekundärfollikel
4. Tertiärfollikel (Graaf´scher Follikel)
Nach ERICKSON (1966) werden der Sekundärfollikel als wachsender Follikel und
der Tertiärfollikel als vesikulärer Follikel bezeichnet.
Primordialfollikel liegen peripher im Ovargewebe. Kontinuierlich gehen aus diesem
Pool Follikel in die Wachstumsphase über. Im Zentrum der Primordialfollikel liegt
eine Eizelle, die von einer Granulosazellschicht umgeben ist.
Nach VAN DEN HURK et al. (1992) unterscheidet sich der Primärfollikel von dem
Primordialfollikel dadurch, daß die Granulosazellen, welche die Eizelle umgeben,
nicht flach sondern isoprismatisch sind. In diesem Stadium tritt die Zona pellucida
zum ersten mal in Erscheinung. Im weiteren Wachstum nimmt sie an Dicke zu. Durch
die Zona pellucida hindurch steht die Eizelle mit den Granulosazellen über Mikrovilli
in Verbindung.
Der Sekundärfollikel unterscheidet sich von dem Primärfollikel durch mehrere
Schichten von kubischen Granulosazellen und einer größeren Ovozyte (VAN DEN
HURK et al., 1992).
Der Tertiärfollikel ist durch einen flüssigkeitsgefüllten Innenraum gekennzeichnet.
Nach MONNIAUX et al. (1983) tritt ein Hohlraum erstmals bei einem
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Follikeldurchmesser von 0,115 bis 0,280 mm auf. Der vesikuläre Follikel besteht aus
der Ovozyte mit einem großen Zellkern, welche von der Zona pellucida umschlossen
wird. Es schließen sich mehrere Granulosazellschichten und eine Thekaschicht an,
die mit Blutgefäßen in Verbindung steht. Außerdem ist ein großer flüssigkeitsgefüllter
Hohlraum vorhanden. Durch die Wachstumsvorgänge, besonders durch die
Hohlraumbildung wird die Eizelle immer mehr an den Rand des Follikels gedrängt.
Dort entsteht als Folge ein hügelartiges Gebilde, der sogenannte Cumulus oophorus
(RÜSSE u. SINOWATZ, 1991).
Vesikuläre Follikel sind bereits beim Kalb während der Fötalentwicklung vorhanden;
dies eröffnet die Möglichkeit, Eizellen schon hier zu entnehmen, zu reifen und zu
fertilisieren, um das Generationsintervall zu verringern.
Als Graaf´schen Follikel bezeichnet man einen Follikel, der einen sich stetig
vergrößernden Hohlraum besitzt und aus dem Pool von Follikeln dieses Stadiums
selektiert wurde und für die Ovulation bestimmt ist.
3.2 Präovulatorische Follikelreifung Zu Beginn des Oestrus hat der zur Ovulation bestimmte Follikel einen Durchmesser
von etwa 10 mm. Zu diesem Zeitpunkt beträgt die Dicke des Cumulus oophorus acht
bis zehn Schichten. Innerhalb von 24 Stunden erreicht der Follikel mit einem
Durchmesser von 16 bis 18 mm seine Ovulationsgröße. Während dieser Phase
starker präovulatorischer Expansion wird die Mitoserate der Granulosa- und Theka
Interna-Zellen nicht gesteigert, so daß ihre Schichtdicken sich verringern (MARION
et al., 1968). Die präovulatorische Welle von Gonadotropin in den der Ovulation
vorausgehenden Stunden stimuliert die Kumuluszellen zur Expansion.
Dabei kann eine Follikelatresie zu jedem Stadium der Follikulogenese beginnen.
Der Tertiärfollikel benötigt zwei ovarielle Zyklen, um sich von der Vesikulation bis
zum präovulatorischen Stadium zu entwickeln.
Vesikuläre Follikel müssen einen bestimmten Durchmesser erreichen, um reife
Ovozyten enthalten zu können. MOTLIK und FULKA (1986) beobachteten, daß
Follikel unter ein bis zwei Millimetern Durchmesser kaum reife Ovozyten enthalten.
Diese Ergebnisse wurden mehrfach bestätigt (KAUFFOLD et al. 1999; LONERGAN,
1990).
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3.3 Ovulation Nachdem die Follikelwand aufgrund von komplexen hormonellen, enzymatischen
und mechanischen Prozessen ihre Integrität verloren hat, wird die Eizelle aus dem
Graaf´schen Follikel bei der Ovulation freigesetzt. Dies geschieht zu einer
bestimmten Zeit nach dem LH-Peak. Zu den wichtigsten hormonellen Mechanismen
zählt der positive Östrogen-Feedback, der durch die präovulatorisch stark
ansteigende Östrogenproduktion des reifenden Follikels ausgelöst wird (DÖCKE,
1994).
Der Feedback wirkt auf das ZNS und bewirkt einen starken Anstieg der LH-
Freisetzung aus der Hypophyse (LH-Peak). Weiterhin wird das Auftreten der
Brunstsymptome bewirkt. Etwa zwei Stunden vor der Ovulation wird ein kleiner
Wandbereich des Graaf´schen Follikels und die darüberliegende Ovarrinde dünn und
bildet das Stigma (DIELEMANN u. BEVERS, 1987). Die Veränderungen in der
Follikelwand sind kontrovers diskutiert worden. Von ASDELL (1962) wurde
angenommen, daß die Ovulation eine Folge der Druckzunahme im Follikel wäre. Wie
manometrische Messungen ergeben haben, ist die Ovulation jedoch kein explosiver
Vorgang. Der intrafollikuläre Druck schwankt viel mehr um einen Wert, der dem
Kapillardruck entspricht (BAKER, 1972). Es wird angenommen, daß das blasenartige
Stigma durch Ischämie der Kapillaren zustande komme (BAKER, 1972). Nekrosen
der Granulosazellmembran, die das Durchscheinen der Stigmaregion bewirken,
werden wahrscheinlich von Enzymen ausgelöst. Weiterhin gibt es die Vermutung, bei
der Ovulation könne es sich um einen entzündlichen Prozess handeln (ESPEY,
1994). In diesem Fall würde das Bindegewebe der Tunica albuginea/ Theka externa
aufgrund eines entzündlichen Prozesses erweichen, was LH-induziert sein könnte.
Weiterhin würde ein Anstieg des intrafollikulären Druckes, welcher von den Gefäßen
der Theka interna beeinflußt wird, zur Follikelruptur und dem Freisetzen der Eizelle
führen. Nach der Ovulation fließt die Follikelflüsigkeit langsam ab. Selten verläuft
dieser Vorgang explosiv; das Abfließen der viskösen Flüssigkeit dauert einige Zeit.
Die frei in der Follikelflüssigkeit flotierende Eizelle gelangt passiv mit abgelösten
Kumuluszellen aus dem Follikel heraus und wird durch einen Zilienstrom zum Eileiter
geleitet.
Von der Norm abweichende LH-Konzentrationen treten häufig zusammen mit einer
Störung der Ovulation des Graaf´schen Follikels auf (CALLESEN et al., 1988).
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Niedrige P4-Konzentrationen im Blut fördern das Wachstum des Follikels und
verhindern eine rechtzeitige Ovulation (FORTUNE et al., 1991). Der LH-Peak und die
anschließende Ovulation können auch durch Streß behindert werden, wie er durch
hohe Milchleistung, subklinische Erkrankungen, Störungen bei der Fütterung,
falsches Klima oder Transport ausgelöst werden kann (GLATZEL, 1999).
In der unten aufgeführten Tabelle (Tab. 1) sind Literaturangaben zum Zeitpunkt des
LH-Peak in Bezug auf Ovulation und/oder PGF2? -Applikation. Ähnliche
Untersuchungen wurden auch mit stimulierten Tieren durchgeführt. Bei der
induzierten Luteolyse steigt der LH-Spiegel bei Färsen schneller an als bei Kühen
(NKUUHE u. MANNS, 1985). Der LH-Peak tritt bis zwölf Stunden nach Brunstbeginn
ein (WALTON et al., 1987) und hält sein Niveau für fünf bis elf Stunden (MÜLLER et
al., 1982; BERNARD et al., 1984).
Tab. 1: LH-Peak in Bezug auf Ovulation und/oder PGF2? -Applikation
Autor
Tiere
Zeitintervall (Stunden)
PGF2? -Applikation bis LH-Peak
LH-Peak bis Ovulation
MÜLLER et al., 1982
Kühe 48-76
JACKSON u. FURR, 1983
Färsen 57,5 27,5
NKUUHE u. MANNS, 1985
Färsen Kühe
62 71
22 28
WALTON et a., 1987
Kühe 84
HYTTEL et al., 1989
Färsen und Kühe 24
SAVIO et al., 1990 Färsen 55-60
MILDNER u. FREYMANN, 1992
Färsen 57-76 17-23
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3.4 Corpus luteum Schon vor der Ovulation induziert der LH-Peak im Graaf´schen Follikel eine Reihe
von morphologischen und biochemischen Veränderungen an den Follikelzellen,
welche den Follikel in ein CL umwandeln (NISWENDER et al., 1994). Innerhalb der
Ovarrinde bildet sich so eine endokrine Drüse heran. Nachdem der ovulierte Follikel
kollabiert ist, legt sich die Membrana granulosa in Falten, und der zurückgebliebene
Hohlraum des Follikels wird schnell durch Proliferation von Granulosazellen
verschlossen, die zu Luteinzellen moduliert werden (O´SCHE et al., 1980). Von der
Theka interna ausgehend beginnen Kapillaren, in den Hohlraum einzuwachsen. Mit
den Kapillaren wachsen einige Thekazellen mit ein und bilden zusammen Wände,
die sogenannten Trabekel. So sind im entstehenden CL zwei Zelltypen zu
unterscheiden. Aus den Granulosazellen gehen große und aus den Thekazellen
kleine Luteinzellen hervor (ALILA u. HANSEL, 1984). Der größte Anteil der
entstehenden endokrinen Drüse hat seinen Ursprung in der Granulosazellschicht
(BAKER, 1972).
Die Sekretion des Steroidhormons Progesteron ist eine bedeutende Funktion des
CL. Durch Progesteron wird die Länge des Brunstzyklus kontrolliert und die
Aufrechterhaltung der Trächtigkeit gewährleistet. Die Synthese des Progesterons
wird im CL durch LH induziert (NISWENDER u. NETT, 1988). Im Zyklus erreicht die
Dichte an LH-Rezeptoren am CL in der Mitte der Lutealphase einen Höhepunkt
(DIEKMAN et al., 1978). Im Verlauf des Brunstzyklus beginnt das CL zwischen dem
zweiten und vierten Tag mit der Progesteronsynthese (MÜLLER et al., 1982; TABAN
u. HANN, 1984; DIAZ et al., 1986) und hält diese bis zum sechzehnten oder
siebzehnten ZT aufrecht. Es besteht eine positive Korrelation zwischen der Fläche
an hormonproduzierendem Lutealgewebe und der P4-Konzentration im Plasma von
zyklischen und trächtigen Rindern (KNOPF, 1990). Bei Entstehung eines
Hohlraumes scheint dieser keine Beeinträchtigung darzustellen.
Eine Untersuchung von Blutplasma oder Milch auf Progesteron kann über den
Funktionszustand des CL Auskunft geben (KOCH u. GLATZEL, 1990). Während
Proöstrus und Östrus liegt die P4-Konzentration mit unter 1ng/ml in einem kaum
meßbaren Bereich (MÜLLER et al., 1982; DIAZ et al., 1986). Nachdem die Synthese
im frühen Diöstrus beginnt, steigen die Plasmawerte bis zum sechsten Zyklustag
langsam an (TABAN u. HANN, 1984). Zwischen dem siebten und
zwölften/dreizehnten Zyklustag ist ein wesentlich steilerer Anstieg zu verzeichnen
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(DIAZ et al., 1986). Zwischen dem zehnten und siebzehnten ZT befindet sich die
Plasma-Progesteronkonzentration auf dem Höhepunkt (STEVENSON et al., 1984;
DIAZ et al., 1986), um ab dem sechzehnten bis siebzehnten Tag bis zum
Brunsteintritt permanent abzunehmen (SCHALLENBERGER et al., 1985; DIAZ et al.,
1986; KOCH u. GLATZEL, 1990).
Die Lebensdauer eines CL richtet sich danach, ob eine Gravidität besteht oder nicht.
Das Ende der endokrinologischen Funktion eines CL zeichnet sich durch eine
versiegende Progesteronsynthese aus, während die Luteinzellen degenerieren
(NISWENDER et al., 1994). Prostaglandin F2? hat beim Rind die maßgebliche
Bedeutung für die Induktion der Luteolyse (GLATZEL et al., 1979).
Im CL des Rindes wird Oxytozin gebildet, was über die Sekretion von PGF2? zur
Rückbildung des CL führt (BRITT, 1992). Die Bildung von Oxytozinrezeptoren ist von
den Östradiol- und Progesteron-Werten im Verlauf des Brunstzyklus abhängig. Bei
Vorhandensein einer großen Anzahl von Oxytozinrezeptoren im Uterus hat die
Freisetzung von PGF2? ihren größten Wert.
Im Verlauf der Degeneration eines Gelbkörpers kommt es zum Einsprossen von
Fibroblasten. Dadurch wird das endokrinologisch aktive Gewebe durch
Narbengewebe ersetzt; es entsteht ein sogenanntes Corpus Albicans.
Nach der Ovulation eines Graaf´schen Follikels ist das neu entstehende Corpus
Luteum sonographisch nicht darstellbar (PIERSON u. GINTHER 1984, 1988;
EDMONDSON et al., 1986; KÄHN, 1986; FIGUBEIREDO et al., 1997). Nach KÄHN
(1986) ist das junge CL infolge der fortschreitenden Luteinisierung ab dem zweiten
Zyklustag sonographisch erkennbar. Für PIERSON und GINTHER (1984,1988) war
eine Darstellung per Ultraschall ab dem dritten ZT möglich, während EDMONDSON
et al. (1986) den frühest möglichen Nachweis mit dem vierten ZT angeben. Das
Volumen eines CL nimmt bis zur Zyklusmitte hin stetig zu (KÄHN, 1988), während es
bis zum Zyklusende sein Volumen wieder verringert. Kommt es zu einer natürlichen
oder PGF2? -induzierten Luteolyse, nimmt das Volumen des CL schnell ab (MÜLLER,
1985; QUIRK et al., 1986). Bei diesem Volumenrückgang mit gleichzeitiger
Einlagerung von Bindegewebe verschwimmen die Grenzen zwischen CL und
Ovargewebe im Ultraschallbild, bis ein Nachweis des CL sonographisch nicht mehr
möglich ist (MÜLLER, 1985).
In der Literatur wird der Einfluß des CL auf die übrige Follikelpopulation und die
Follikelaktivität widersprüchlich diskutiert. IRELAND et al. (1979), KÄHN (1988) und
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KNOPF (1990) berichten, es gäbe im Zyklusverlauf keinen Einfluß des CL auf
andere Follikel. Nach MATTON et al. (1981) verändert sich der Einfluß des CL auf
den DF während des Zyklus. Vom achten bis zum dreizehnten ZT war der DF
größer, wenn er kontralateral zum CL lag. Im Gegensatz dazu fanden STAIGMILLER
und ENGLAND (1982) heraus, daß der DF bei ipsilateraler Lage zum CL größer sei.
Nach PIERSON und GINTHER (1987) liegt der DF der ersten Follikelwelle häufiger
auf dem rechten Ovar als auf dem linken. Für das Rind konnte während der
Trächtigkeit ein Einfluß des CL auf den DF nachgewiesen werden. Der erste DF
konnte meist auf dem Ovar gefunden werden, welches nicht den
Trächtigkeitsgelbkörper trug (SPICER et al., 1986; NATION et al., 1999). Bei nicht
trächtigen Rindern zeigt sich dieser Effekt nicht. VON FEHRN et al. (1990) berichten,
daß in einem Stimulationsprogramm die Ovulationen auf den CL-tragenden Ovarien
früher als auf den gegenüberliegenden Ovarien erfolgen.
3.5 Follikeldynamik Innerhalb jeder Follikelwelle werden beim Rind und anderen monoovulatorischen
Säugetieren die Phänomene der Rekrutierung, der Selektion sowie der Dominanz
unterschieden. Am Ende dieser Phasen steht die Atresie oder die Ovulation. Welche
Mechanismen hier regulierend bzw. selektiv Einfluß nehmen, ist noch nicht
vollständig geklärt.
RAJAKOWSKI (1960) beschrieb erstmalig die Entwicklung der Follikel beim Rind als
zwei wellenförmig aufeinanderfolgende Schübe. Er postulierte, daß die erste Welle
am Tag 3 des Zyklus beginnt und im Mittzyklus endet, wobei er auch die Regression
eines einzelnen Follikels, welcher Ovulationsgröße erreicht hatte, beobachten
konnte. Die zweite Welle begann daran anschließend im Mittzyklus und fand ihren
Abschluß mit der Ovulation eines Follikels.
KRUIP (1985) folgerte vor dem Hintergrund dieser und eigener Untersuchungen, daß
mindestens zwei Typen großer Follikel im Rahmen eines Zyklus des Rindes
auftreten. Zum einen gibt es die zur Atresie und zum anderen die zur Ovulation
determinierten blasigen Funktionskörper.
Vor der Einführung der Ultraschalluntersuchung als diagnostisches Hilfsmittel in die
Gynäkologie des Rindes wurden Befunde über die Wachstumswellen an zyklischen
Rinderovarien hauptsächlich durch rektale Palpation
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(GRUNERT, 1979; STOLLA u. HIMMER, 1980), durch morphologische, histologische
bzw. endokrinologische Untersuchungen an geschlachteten Tieren bzw. nach
operativer Entfernung der Eierstöcke (RAJAKOWSKY, 1960), thermische Verödung
von Follikeln (MATTON et al., 1981), durch Markieren bestimmter Follikel mittels
Tusche (DUFOUR, et al.1972) oder durch Pelviskopie (operative Untersuchung des
Beckenraumes, SCHAMS et al., 1976) charakterisiert.
Mit der Etablierung und Evaluierung moderner diagnostischer Möglichkeiten der
Hormon- (ELISA, RIA) sowie der molekularen Analytik, aber auch der bildgebenden
Verfahren konnten in den letzten zwei Jahrzehnten die Kenntnisse über die
Ovarphysiologie wesentlich erweitert werden (VON FEHRN et al., 1990).
Die Vermutung einer wellenförmigen Anbildung konnte nach Anwendung der
Ultraschalldiagnostik in der Gynäkologie beim Rind durch Verlaufskontrollen bestätigt
werden (SAVIO et al.1988). Durch tägliche sonographische Untersuchungen fand
man Hinweise sowohl für ein zwei- als auch für ein dreigipfliges Follikelwachstum
(KÄHN, 1988; ALI et al., 1998, 2000).
Ähnliche Follikelwellen können beim Rind auch während der Trächtigkeit beobachtet
werden (EVANS et al., 1994). Die Wellen beginnen in einem Abstand von jeweils
etwa neun Tagen (GINTHER et al., 1989; SCHNEEBELI u. EGGENBERGER, 1986).
Dabei wird die Follikeldynamik innerhalb einer Follikelwelle beim Rind in die
Abschnitte Rekrutierung, Selektion und Dominanz unterteilt.
3.5.1 Endokrinologische Steuerung
Im Hypothalamus produzieren endogene Neurone nach Empfang von Reizen im
ZNS das gonadotropin-freisetzende Hormon (GnRH). Über das Hypothalamus-
Hypophysen-Pfortadersystem wird es zum Hypophysenvorderlappen (HVL) geleitet
und bedingt hier die Bildung und Sekretion des follikelstimulierenden Hormons (FSH)
und des luteinisierenden Hormons (LH). GnRH, FSH und LH werden jeweils pulsatil
ausgeschüttet. FSH stimuliert die Entwicklung der Follikel auf den Eierstöcken, und
LH leitet durch eine pulsatile Ausschüttung die Ovulation ein (GLATZEL und
SCHALLENBERGER, 1990).
Im Anschluß an die Ovulation bildet sich aus den Follikelresten unter dem Einfluß
von LH ein Gelbkörper, wobei sich die Follikelhöhle durch einsprossende
Blutkapillaren mit Blut füllt, und die Granulosazellen an Größe zunehmen. Der
Gelbkörper ist in erster Linie ein sekretorisches Organ, welches Progesteron und
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Oxytozin produziert (SCHAMS et al., 1976). Progesteron ist für den Ovarzyklus einer
Kuh unverzichtbar. Es hat eine negative Rückkopplung auf den HVL und den
Hypothalamus, vermindert die Freisetzung von GnRH, LH und FSH und hemmt auf
diese Weise die Ovulation (GLATZEL, 1992).
Wenn die Eizelle nach der Ovulation nicht befruchtet wird, empfängt das Muttertier
vom Embryo kein Signal über eine Trächtigkeit, und aus dem Endometrium des
nicht-trächtigen Uterus wird nach etwa 16 Tagen Prostaglandin F2? (PGF2? )
freigesetzt. Dies bewirkt die Rückbildung des Gelbkörpers (Luteolyse).
Als Folge der Luteolyse nehmen die Progesteronkonzentrationen im Blut ab, und die
Blockierung der GnRH-Freisetzung wird aufgehoben. Dies löst eine neue
Follikelwelle und schließlich die Bildung eines präovulatorischen Follikels aus.
3.5.2 Rekrutierung der Follikel
Als Rekrutierung wird der Eintritt eines Pools von Follikeln in ihr Gonadotropin-
abhängiges Entwicklungsstadium bezeichnet (DRIANCOURT, 1991).
Es ist bisher unklar, warum einige Primordialfollikel in die Wachstums- und
Entwicklungsphase eintreten, während morphologisch identische Nachbarfollikel
unbeeinflußt bleiben. Wahrscheinlich stammen die frühesten Wachstumssignale von
der intrafollikulär gelegenen Ovozyte selbst (BAKER, 1972). Verschiedene Autoren
vermuten, daß das Signal für die Rekrutierung der Follikel der leichte Anstieg der
FSH-Ausschüttung (Follikel-Stimulierendes-Hormon) ist. Als Hinweise dafür werden
der leichte FSH-Anstieg vor jeder Follikelwelle (ADAMS et al., 1992) sowie die
Verzögerung der Follikelwelle unter FSH-Hemmung genannt (TURZILLO u.
FORTUNE, 1990).
3.5.3 Selektion
Insgesamt wird die Follikelselektion als ein physiologischer Vorgang definiert,
währenddessen die Zahl rekrutierter Follikel auf die Zahl ovulatorischer Follikel
reduziert wird (GOODMAN u. HODGEN, 1983).
Hierbei wird die Selektion mit Hilfe der reduzierten Anzahl rekrutierter Follikel über
den Vorgang der Atresie gesteuert. Der die Atresie umgehende Follikel wird als
dominant bezeichnet (SAVIO et al., 1988). Faktoren, welche die Selektion des DF
bestimmen, sind bis heute noch nicht genau bekannt.
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Jeder rekrutierte Follikel einer Welle hat prinzipiell die gleiche Chance wie alle
anderen zu dominieren. Für diesen Zusammenhang liefert die Literatur folgende
Hinweise:
a) FSH-Applikationen am Anfang einer Follikelreifungswelle stimuliert mehrere
Follikel, gleichzeitig die Größe eines DF zu erreichen (ADAMS et al., 1993).
b) Eliminierung aller rekrutierten Follikel bis auf einen zufällig selektierten, läßt diesen
zum DF heranwachsen (GIBBONS et al., 1995).
c) Eliminierung des DF bewirkt, daß der größte der verbliebenen Follikel zu einem
neuen DF wird (KO et al., 1991).
Welche Mechanismen bei der Selektion wirksam werden, ist Gegenstand vieler
Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Biotechnologien beim Rind. Hierbei wird
versucht, den Mechanismus der Selektion durch folgende Hypothesen zu verstehen:
Tab. 2: Mechanismen assoziiert mit dem Phänomen der Selektion des DF
Mechanismus
Quelle
Abfall des FSH-Peaks GINTHER et al. (1996) MIHM et al. (1997)
Zunahme an LH-Pulsen GINTHER et al. (1998)
Anbildung von LH-Rezeptoren an
Granulosazellen
GONG et al. (1995) BAO u. GARVERICK (1998) GINTHER et al. (1998)
Veränderungen in der Vaskularisation des Ovargewebes
SPICER u. ECHTERNKAMP (1986) BROWN u. DRIANCOURT (1989)
Intrafollikuläres Steroidverhältnis SUNDERLAND et. al. (1994) GINTHER et al.(1997)
Intrafollikuläres Proteinverhältnis RHODES et al. (1997) EVANS et al. (1997)
3.5.4 Dominanz
Dominanz ist ein Phänomen, welches den innerhalb des schubweisen
Follikelwachstums selektierten Follikel in seinem Wachstumsverhalten gegenüber
den Nachbarfollikeln bevorzugt. Gleichzeitig werden die Nachbarfollikel der
entsprechenden Follikelreifungswelle unterdrückt und fallen der Atresie anheim
(GOODMAN u. HODGEN, 1983).
Erreicht ein Follikel die Dominanz, verändert er sich sowohl morphologisch als auch
funktionell, wodurch er sich auf die Ovulation vorbereitet. Während dieser Phase
sezerniert er u.a. zunehmende Mengen an Östradiol (Östrogen)
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und Inhibin (Hormon, welches die FSH-Sekretion hemmt) (BADINGA et al., 1992)
und bewirkt über einen negativen Feedback-Mechanismus eine Senkung des FSH-
Plasmaspiegels. Dies wird als eine der Ursachen der Wachstumshemmung kleinerer
Follikel gewertet.
Außerdem wird vermutet, daß durch nicht weiter definierte Sekretionsprodukte des
heranreifenden DF die Empfindlichkeit kleinerer Follikel gegenüber FSH sinkt
und/oder deren Wachstum durch Reduzierung der hypophysären
Gonadotropinausschüttung (STAIGMILLER u. ENGLAND, 1982) behindert.
Obwohl der DF die periphere FSH-Konzentration senkt, ist er selbst in der Lage,
weiter zu wachsen, weil er gegenüber den kleinen Follikeln eine höhere Sensibilität
für FSH besitzen soll.
Nach FSH-Abfall wechselt der DF von der FSH- zur LH-Abhängigkeit
(Luteinisierendes-Hormon). Granulosazellen bilden LH-Rezeptoren zwischen Tag
zwei und vier nach Eintritt einer Follikelwelle (GINTHER et al., 1996).
Erhöhte Progesteronspiegel (Gelbkörperhormon) während der Lutealphase
(Gelbkörperphase des Zyklus) erlauben keine vollständige Reifung und Ovulation
des DF der ersten Follikelwelle eines Zyklus, sondern nur das Erreichen eines
Plateaus mit anschließender Atresie (FORTUNE et al., 1988). Im Gefolge der Atresie
wird über die damit einhergehende abnehmende Östradiolproduktion und damit den
Wegfall des negativen „Feedbacks“ auf FSH, von der Hypophyse in steigendem
Maße FSH und LH sezerniert. Die Folge ist der Einstieg in die zweite Follikelwelle
des Zyklus (LAHLOU-KASSAL et al., 1984).
Am Ende der zweiten Follikelwelle haben unregelmäßige LH-Freisetzungen häufig
eine Ovulationsstörung des Follikels zur Folge (CALLESEN et al., 1988); durch
geringe Progesteronkonzentrationen im Blut kommt es zu einem unkontrollierten
Wachstum der Follikel, und eine zeitgerechte Ovulation wird verhindert (GLATZEL,
1999).
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3.6 Follikelatresie Die Atresie eines Follikels kann mikroskopisch festgestellt werden. Hinweise für
einen atretischen Follikel geben eine schlechte Vaskularisierung, die weißliche Farbe
der Theka interna, die Zahl der degenerierten Granulosazellen, eine in Degeneration
befindliche Eizelle sowie Detritus im Antrum des Follikels (MOOR und TROUNSON,
1977; MC NATTY et al., 1984). In allen Phasen des Follikelwachstums ist eine
Atresie möglich (HIRSCHFIELD, 1991). In der Gruppe der Follikel mit ein bis zwei
Millimeter Durchmesser überwiegen intakte Follikel, in der Größe von zwei bis fünf
Millimeter überwiegen die atretischen Follikel; in der Gruppe von Follikeln über fünf
Millimetern ist der Anteil an atretischen Follikeln am höchsten (RAJAKOWSKI, 1960).
Atretische Follikel enthalten signifikant weniger Östrogen und mehr Progesteron in
ihrer Flüssigkeit als nicht atretische Follikel. Die Aromataseaktivität atretischer
Follikel liegt deutlich unter der von intakten Follikeln (MC NATTY et al., 1984;
STAIGMILLER et al., 1982; FORTUNE und HANSEL, 1985; SPICER und
ECHTERNKAMP, 1986; IRELAND und ROCHE, 1987).
Der LH-Peak beeinflußt die Hormonproduktion atretischer Follikel nicht
(STAIGMILLER et al., 1982).
3.7 Dominanter Follikel 3.7.1 Endokrinologie des Dominanten Follikels 3.7.1.1 Steroidbiosynthese
Das Zusammenspiel zwischen follikulären Zellen und Gonadotropinen wird durch die
Steroidbiosynthese koordiniert. Östrogene bewirken die Rezeptorenbildung.
Rezeptoren für hypophysäre Hormone entstehen erst nach Antrumbildung. Die
Gonadotropinrezeptoren nehmen im Laufe des Tertiärfollikel-Wachstums fortlaufend
zu (CHANNIG u. KAMMERMAN, 1974). FSH-Rezeptoren sind nur an
Granulosazellen zu finden, während LH-Rezeptoren an Theka- und Granulosazellen
vorhanden sind. Nach der Interaktion der Gonadotropine mit ihren Rezeptoren auf
der Oberfläche der Granulosa- und Thekazellen wird der cAMP-abhängige Prozeß
der Steroidbiosynthese, speziell der des Östradiols gesteigert (MERZ et al.,1981;
ENGLAND et al., 1981; WEBB u. ENGLAND, 1982; IRELAND u. ROCHE,1987;
DÖCKE, 1994). Grundelemente für die Biosynthese der Sexualsteroide des DF sind
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Theka- und Granulosazellen, die miteinander als funktionelle Einheit interagieren.
Von den Thekazellen wird Cholesterin synthetisiert und aus der Zirkulation als
Substrat für die Bildung von C19-Steroiden aufgenommen (HILLIER, 1981). Das
Progesteron wird in 17? -Hydroxyprogesteron umgewandelt, woraus die Androgene
Androstendion und Testosteron synthetisiert werden. Diese können die
Basalmembran der Granulosazellen penetrieren und werden dort zu Östrogenen
umgewandelt (HANSEL u. FORTUNE, 1978: DÖCKE, 1994). Durch LH und FSH
wird auf genexpressivem Weg die Synthese der für die Steroidbiosynthese
notwendigen Enzyme induziert.
Cytochrom P450 ist ein Enzym, welches Cholesterol zu Pregnenolon umwandelt.
Sein Gehalt ist in präovulatorischen Follikeln größer als in kleinen antralen Follikeln.
Die weitere Metabolisierung des Pregnenolons in Progesteron wird durch die 3? -
Hydroxysteroiddehydrogenase gesteuert, welche durch LH-Induktion in Theka- und
Granulosazellen synthetisiert wird.
Die 17? -Hydroxylase P450 ist ein Peptid, welches nur in den Thekazellen festgestellt
wird. Es katalysiert die Metabolisierung von Progesteron zu Androstendion. Seine
Aktivität ist von der basalen LH-Konzentration abhängig. Die Thekazellen verlieren
die LH-vermittelte Aktivität mit ihrer Luteinisierung.
Cytochrom P450 katalysiert in den Granulosazellen den limitierenden Schritt der
Östradiol-17? -Synthese. Die Aromataseaktivität wird besonders durch FSH und
Östradiol selbst gesteigert. Für die gesamte Steroidsynthese wirkt Östradiol somit als
Regulator (FORTUNE u. HANSEL, 1985; FORTUNE, 1986; FORTUNE u. QUIRK,
1988; DÖCKE, 1994), stimuliert die Mitose der Granulosazellen und fördert
gemeinsam mit FSH die Ausbildung von LH-Rezeptoren. Außerdem hemmt es
dosisabhängig durch Hemmung der 3? -Hydroxysteroiddehydrogenase die
Progesteronsekretion.
Zwei Tage vor Beginn jeder Follikelwelle steigt der FSH-Wert an (ADAMS et al.,
1992; RHODES et al., 1995) und fällt 16 bis 32 Stunden nach DF-Divergenz wieder
ab (GINTHER et al., 1998). Während des DF-Wachstums ist der FSH-Gehalt im
Plasma minimal (SUNDERLAND et al., 1994). Aus diesem Grund vermuteten MIHM
et al. (1995), daß die Entwicklung des DF wahrscheinlich FSH-unabhängig ist.
TURZILLO und FORTUNE (1990) sprachen der minimalen FSH-Ausschüttung für die
Entwicklung der DF eine essentielle Bedeutung zu. Bei der Entwicklung des DF der
ersten Follikelwelle sind Pulsfrequenz und Konzentration von LH hoch. Der Anstieg
17
der Pulsfrequenz und die damit verbundene hohe LH-Konzentration werden durch
hohe Östradiol- und niedrige Progesteron-Konzentrationen zu Beginn und Ende des
Zyklus moduliert (RHODES et al., 1995; BERGFELT et al., 1996). 16 bis 32 Stunden
nach der DF-Divergenz nimmt LH zu (GINTHER et al., 1998). Die LH-Pulsfrequenz
bleibt bis zum vierten Tag nach der Ovulation hoch, dann nimmt sie zur Mitte der
Lutealphase hin ab (RAHE et al., 1980; WALTER und SCHALLENBERGER, 1984).
Eine Zunahme in der P4-Konzentration führt zur Abnahme der LH-Pulsfrequenz bzw.
LH-Konzentration (RHODES et al., 1995). Nach KASTELIC und GINTHER (1991)
können zwischen den aufeinanderfolgenden DF eines Zyklus keine signifikanten
Größenunterschiede beobachtet werden.
3.7.1.2 Wachstumsfaktoren
Einige Autoren haben in den letzten Jahren nachgewiesen, daß intrafollikuläre
Substanzen, sogenannte Wachstumsfaktoren , die Follikulogenese beeinflussen
(MONNIAUX et al., 1997). Es handelt sich dabei um spezifische Proteine, die im
Zusammenhang mit Gonadotropinen eine Zellproliferation bzw. -differenzierung
bewirken. Anhand von Struktur und biologischer Wirkung wurden diese Stoffe in
verschiedene Familien unterteilt: Epidermal Growth Factor (EGF), Fibroblast Growth
Factor (FGF), Insulin-Like Growth Factor (IGF), Platelete-Derived Growth Factor
(PDGF) und Transformation Growth Factor-? (TGF-? ), welcher Aktivin und Inhibin
umfaßt.
Granulosazellen synthetisieren FGF (NEUFELD et al., 1987), IGF (HERNANDEZ et
al., 1989; OLIVER et al., 1989), Aktivin (NEUFELD et al.,1987) und Inhibin (FINDLAY
et al., 1990). Die Follikelthekazellen produzieren EGF (SKINNER et al., 1987a);
TGF-? wird sowohl in den Granulosazellen als auch in den Thekazellen erzeugt
(SKINNER et al., 1987b).
Die Bioaktivität der Wachstumsfaktoren wird intrafollikulär von Bildungsproteinen
modifiziert (MONNIAUX et al., 1997).
In den Granulosazellen wird durch FSH die Aromatisierung induziert (MCNATTY et
al., 1985). Die FSH-Wirkung bei der Aromatisierung wird durch IGF1 (ADASHI et al.,
1985c), TGF-? (ADASHI und RESNIK, 1986) und Aktivin unterstützt. Dagegen
hemmen EGF (HUEH et al., 1981) und IGF-Bindungsproteine (BICASAK et al., 1990)
die aromatisierende Wirkung des FSH.
18
Auch die Wirkung des LH wird durch die Wachstumsfaktoren gesteuert. Während
IGF1 unterstützend wirkt, hemmt EGF die Wirkung des LH bei gleichzeitiger
Produktion von Androgenen in den Thekazellen (CAUBO et al., 1989). Durch Inhibin
wird die LH-Wirkung erhöht, durch Aktivin wird sie gesenkt (FINDLAY et al., 1990).
Das Wachstum kleiner antraler Follikel wird durch EGF, IGF und TGF-? aufgrund der
dadurch bedingten Steigerung der Proliferation von Granulosazellen unterstützt
(MONNIAUX et al., 1997). Der Insulin Like Growth Factor-1 (IGF-1) moduliert sowohl
die Proliferations- als auch die Differenzierungsprozesse der Granulosazellen und
kooperiert mit FSH und LH bei der Regulaton der Steroidsynthese (ADASHI et al.,
1985b; SCHAMS et al., 1988). In den Follikelzellen erfolgt die Synthese von IGF-I
und IGF-II auf genexpressivem Weg (SPICER und APLIZOR, 1993). Für den
Transport erfolgt eine Bindung an IGF-Bindungsproteine mit gleichzeitiger
Verlängerung der Halbwertszeit des IGF. Die Bindungsproteine werden in
verschiedene Klassen eingeteilt; sie haben entweder inhibierende oder stimulierende
Wirkung. 1992 konnten ERICKSON et al. nachweisen, daß IGFBP-4 nur in
atretischen Granulosazellen Graaf´scher Follikel vorkommt und zyklusabhängigen
Schwankungen unterliegt. Laut ADASHI et al. (1985a) hemmt FSH die Produktion
von IGFBP in Granulosazellen.
Bei Inhibin handelt es sich um ein Glykoprotein mit einem Molekulargewicht von 58
Kilo-Dalton (FINDLAY, 1986). Gemeinsam mit Aktivin gehört es als Heterodimer zur
TGF-Superfamilie. Inhibin besteht aus ? - und ? -Untereinheiten, während Aktivin nur
aus ? -Untereinheiten zusammengesetzt ist.
In der Follikelflüssigkeit landwirtschaftlicher Nutztiere kommt Inhibin in großer
Konzentration vor (MARTIN et al., 1991; SUNDERLAND et al., 1996).
Bei Schafen (FINDLAY et al., 1986) und Rindern (BEARCH et al., 1989) senkt die
Applikation von Inhibin die mRNA-Syntheserate der ? -Untereinheit des FSH in der
Hypophyse und die Konzentration von FSH im Blutkreislauf. FINDLAY et al. (1986)
konnten eine dosisabhängige Unterdrückung von FSH durch rekombinantes
humanes Inhibin in ovariektomierten Schafen nachweisen. Ob zusätzlich eine
Beeinflussung von LH bestand, wurde nicht nachgewiesen (FINDLAY, 1986; YING et
al., 1988).
Östradiol und Inhibin wirken beim Schaf synergetisch hemmend (MARTIN et al.,
1988). Nach MANN et al. (1989) ist Östradiol der Hauptregulator der FSH-
Ausschüttung während der Follikelwachstumsphase. Zwischen der Östradiol-
19
Sekretion und der FSH-Konzentration besteht während des gesamten Zyklus eine
negative Korrelation. In der frühen Zyklusphase verhalten sich Inhibin und FSH
ähnlich, um in im späteren Verlauf parallel zu verlaufen (BAIRD et al., 1991). Die
Autoren schlußfolgern daraus, daß Inhibin mit einer wesentlich längeren
Halbwertszeit als Östradiol für den allgemein negativen Feedback-Mechanismus ab
einem bestimmten Schwellenwert verantwortlich ist.
3.7.2 Hormongehalt des Dominanten Follikels in Abhängigkeit von
3.7.2.1 Follikelgröße
Die Östradiol-Konzentration ist im großen Follikel größer als im kleinen (IRELAND et
al., 1979; SILVAN et al., 1993; BADINGA et al., 1992). KRUIP und DIELEMANN
(1985) fanden heraus, daß der nicht atretische Follikel mit einem Durchmesser von
über acht Millimetern immer Östradiol-dominiert war. Von den großen Follikeln zeigte
nur ein Follikel eine hohe Östradiolkonzentration von über 500ng/ml (STAIGMILLER
et al., 1982). Daß die Aromataseaktivität in großen Follikeln acht bis zehnfach
gegenüber kleinen Follikeln erhöht ist, fanden TSONIS et al. (1984) heraus. Am
zwölften Zyklustag soll laut SUNDERLAND et al. (1994) die Östradiolkonzentration in
kleinen Follikeln höher als in großen Follikeln sein. GLATZEL (1992) berichtet von
positiven Zusammenhängen zwischen der Follikelgröße und dem E2/P4-Verhältnis in
der Follikelflüssigkeit.
Die Porgesteronkonzentration war in untergeordneten Follikeln höher als im DF
(IRELAND et al., 1979; SUNDERLAND et al., 1994). Zwischen dem fünften und dem
zwölften Zyklustag ist für den P4-Gehalt in untergeordneten Follikeln ein linearer
Anstieg zu verzeichnen. HENDERSON et al. (1982) und HUSS (1991) konnten
dagegen keine Korrelation zwischen Größe/Volumen und dem P4-Gehalt von
Follikeln feststellen. Progesteron- und Östradiolgehalt verhalten sich in der
Follikelflüssigkeit immer entgegengesetzt zueinander (GLATZEL u. HUSS, 1989;
HUSS, 1991).
Follikel, die einen Durchmesser von weniger als acht Millimeter haben und nicht
atresiert sind, weisen in der Regel eine Androgendominanz auf (KRUIP u.
DIELEMANN, 1985).
20
3.7.2.2 Entwicklungsstatus des Dominanten Follikels
Dominante Follikel der ersten und zweiten Welle besitzen einen hohen
Östradiolgehalt (HENDERSON et al., 1982; MARTIN et al., 1991; BECKER, 1994).
Nach Erreichen der Maximalgröße des DF nahm der E2-Gehalt in der
Follikelflüssigkeit ab. Die E2-Konzentration in der FF nahm vom Beginn des
Wachstums bis zur späteren Plateauphase ab (PRICE et al., 1995; SINGH et al.,
1998). Während der Atresie fiel der Gehalt im DF fortschreitend ab (GINTHER et al.,
1997). Dominante Follikel, die sich in Regression befanden, wiesen histologisch
Anzeichen der Atresie aber keine Östradioldominanz auf (GUILBAULT et al., 1993;
PRICE et al., 1995).
Wenn die Wachstumsrate von dem späteren DF und den untergeordneten Follikeln
beginnt auseinanderzudriften, ist eine Abweichung im E2-Gehalt der beiden
Follikelgruppen zu erkennen (SUNDERLAND et al., 1994). In untergeordneten
Follikeln ist ab dem zweiten Zyklustag keine Erhöhung des E2-Gehaltes zu
verzeichnen (GINTHER et al., 1997).
Der P4-Gehalt in der FF des DF steigt während seiner Entwicklung (MARTIN et al.,
1991). Dagegen berichteten SINGH et al. (1998) von einem konstanten P4-Gehalt in
der FF des DF während seiner Entwicklung. Während der Atresie eines DF nimmt
sein Progesterongehalt stufenweise zu (GINTHER et al., 1997; SINGH et al., 1998).
Ein hoher P4-Gehalt ist ein Zeichen für einen degenerierten Follikel. In dem Stadium
vor der Ovulation ist der Progesterongehalt allerdings auch sehr hoch und ist hier ein
Zeichen für einen reifen Follikel (KRUIP u. DIELEMANN, 1985).
Während des Wachstums sinkt der Gehalt an Androgenen und Testosteronen
(HENDERSON et al., 1982). In nicht atretischen DF ist der Androgengehalt immer
gering (FORTUNE, 1994).
Der Inhibingehalt nimmt beim nicht-ovulatorischen DF während seiner Entwicklung
zu (MARTIN et al., 1991). Während des Wachstums eines ovulatorischen DF nimmt
der Inhibingehalt jedoch ab. Die Atresie eines DF führt zum Abfall seines
Inhibingehaltes (SUNDERLAND et al., 1996).
3.7.2.3 Zyklusstadium
BADINGA et al. (1992) berichten, daß Aromataseaktivität und Östradiolgehalt am
fünften Zyklustag höher waren als am achten und zwölften ZT. Der Verlauf der E2-
Konzentration läßt sich als Kurve darstellen, in der zwischen dem zweiten und dritten
21
Zyklustag ein langsamer und zwischen Tag drei und vier ein schneller Anstieg
sichtbar ist (GINTHER et al., 1997). Follikel während der follikulären Phase hatten
einen ähnlichen Östradiolgehalt wie der größte Follikel während der frühen
Lutealphase (KRUIP u. DIELEMANN, 1985). In Untersuchungen von SUNDERLAND
et al. (1994) wurde der DF als östrogen-aktiv am ersten, dritten und sechsten ZT,
und als östrogen-inaktiv am zwölften ZT bezeichnet. Vom fünften bis zum achten ZT
sank der E2-Gehalt des DF auf ein Drittel seines Wertes und fiel bis zum elften ZT
weiter ab. Die Follikelgröße allein vermag keine Auskunft über einen potentiellen
dominanten oder atretischen Follikel zu geben. Mit Hilfe des E2/P4-Verhätnisses ist
eine Aussage zu dieser Charakterisierung möglich (IRELAND et al., 1994; IRELAND
u. ROCHE, 1982, 1983a,b, 1987; SUNDERLAND et al., 1994).
3.8 Ovogenese Die Bildung, Entwicklung und Reifung der weiblichen Gameten bezeichnet man als
Ovogenese. Vermehrung und Entwicklung beginnen bereits in der Embryonalphase;
die Entwicklung und Reifung der Eizellen dauern bis zur Ovulation an.
Gegen Ende der Geschlechtsdifferenzierung bedingen mitotische Teilungen eine
starke Zunahme der Anzahl an primordialen Keimzellen. Während das Ovar die
Form der adulten Drüse annimmt, werden die Keimzellen zu Ovogonien umgebildet.
Diese nehmen zahlenmäßig stark zu. Zwischen dem 60. und 100. Trächtigkeitstag
beobachteten BAKER und HUNTER (1978) beim Rind ein Maximum von 1-3
Millionen Ovogonien. Nach einer scheinbar begrenzten Anzahl an mitotischen
Teilungen ist mit der Differenzierung der Ovogonien zu Ovozyten erster Ordnung
(primäre Ovozyten), welche in die Prophase der ersten von zwei meiotischen
Teilungen eingehen, in der nachfolgenden ersten Wachstumsperiode die
Gesamtpopulation an Keimzellen festgelegt. Bereits vor der Geburt kann sich ihre
Anzahl von nun an nur noch durch Ovulationen und Atresie verringern.
Letztlich kommen weniger als 0,1% der bei der Geburt vorhandenen Follikel zur
Ovulation (ERICKSON, 1966a; ERICKSON et al., 1976).
Bis zur Geschlechtsreife verharren die Ovozyten in einem Ruhestadium, dem
Dictyotän.
22
3.9 Präovulatorische Reifung In der präovulatorischen Reifung beendet die Ovozyte ihre erste meiotische Teilung,
bei der ihr Chromosomensatz halbiert und ein erstes Polkörperchen abgeschieden
wird. Nach der Bildung des Polkörperchens folgt die zweite Reifeteilung, die
allerdings erst nach Eindringen des Spermiums in die Eizelle zu Ende geführt wird.
Es entstehen zwei weitere Polkörperchen.
Kernreifung:
Während der aus zwei Zellteilungen bestehenden Meiose wird die
Chromosomenzahl in der ersten Teilung halbiert. Die zweite Teilung ähnelt einer
Mitose, allerdings ist nur ein haploider Chromosomensatz beteiligt (BAKER, 1972).
Beim Ablauf der Meiose werden immer folgende Stadien durchlaufen: a) Diffuse
Germinal Vesicle, b) Fibrous Germinal Vesicle, c) Degenerate Germinal Vesicle, d)
Very Early Diakinesis, e) Diakinesis, f) Late Diakinesis To Metaphase I, g)
Metaphase I, h) Early Anaphase I, i) Midanaphase I, j) Late Anaphase I, k) Early
Telophase I, l) Midtelophase I, m) Metaphase II, n) Diploid Metaphase II (HOMA,
1988).
Während das Corpus luteum sich zurückbildet, ist der DF in der Lage, genügend
Östradiol zu produzieren, um den LH/FSH-Anstieg und die Ovulation auszulösen
(HYTTEL et al. 1997).
3.10 Eizellreifung Die primäre Ovozyte hat am Ende der Wachstumsphase große RNA- und
Proteinreserven angelegt, um die spätere Entwicklung vom Dictyotän- zum
Metaphase-II-Stadium fortzuführen. Zu einer physiologischen Fertilisierung und
präimplantativen Embryonalentwicklung ist sie allerdings noch nicht in der Lage
(HYTTEL et al., 1997), bis der Kern und das Zytoplasma weiter differenziert sind.
Diese Differenzierung wird in vivo durch die LH-Ausschüttung eingeleitet (TSAFRIRI
et al., 1976).
Die Eizellreifung führt in einem Zusammenspiel von reifungsfördernden und
-hemmenden Prozessen zu erheblichen morphologischen und biochemischen
Veränderungen (SMITH und TENNY, 1980; HYTTEL et al., 1987, 1997).
23
3.10.1 Meiotische Kompetenz
Mit meiotischer Kompetenz bezeichnet man die Fähigkeit von Eizellen, nach
Trennung vom Follikel die Meiose erfolgreich fortzusetzen (WICKRAMASINGHE et
al., 1991). Die Entwicklungskompetenz läßt sich in zwei Schwerpunkte einteilen:
1. Kernreifung: -Überwindung des meiotischen Blockes und
Reifung bis Metaphase I
-weitere Reifung bis Metaphase II
2. Zytoplasmatische Reifung: -befähigt die Eizelle zur Aktivierung und
präimplantativen Entwicklung
Die Kernreifung und die zytoplasmatische Reifung laufen nicht synchron, so kann
eine Eizelle, deren Kern sich in der Metaphase II befindet, Defizite bei der
Befruchtung aufweisen (EPPIG et al., 1994). Die Kompetenz zur Kernreifung erfolgt
vor der zytoplasmatischen Reifung (PAVLOK et al., 1992; DOWNS, 1993).
3.10.2 Induktion der Eizellreifung
Kompetente Eizellen können nach Isolation aus dem Follikel
gonadotropinunabhängig die meiotische Arretierung überwinden (PINCUS und
ENZMANN, 1935; EDWARDS, 1965). Aus diesem Grunde wird vermutet, daß die
somatischen Zellen des Follikels die frühzeitige Aufnahme der Eizellreifung
verhindern. Der inhibitorische Effekt der somatischen Follikelzellen scheint
speziesübergreifend zu wirken. So verhindern porcine murale Granulosazellverbände
die Aufnahme der Meiose von Rindereizellen (KALOUS et al., 1993).
Nach RICHARD und SIRARD (1996a, b) produzieren die Thekazellen beim Rind
einen Faktor, der für die meiotische Arretierung der Eizellen verantwortlich ist. Die
Meiose kann bei Rindereizellen in vitro durch Zugabe von Follikelflüssigkeit gehemmt
werden (AKUFO et al., 1988). Man geht jedoch davon aus, daß von den
Granulosazellen eine Beeinflussung ausgeht (HINRICHS, 1996).
Die molekulare Grundlage und der exakte Wirkungsmechanismus des Wechselspiels
zwischen Keimzelle und somatischen Zellen sind noch nicht geklärt (NIEMANN und
MEINECKE, 1993). Es wird vermutet, daß die Eizellreifung von einer koordinierten
Interaktion zwischen Keimzelle und somatischen Zellen abhängig ist (EPPIG, 1993).
Am Ende der Wachstumsphase steht die meiotische Arretierung unter dem Einfluß
somatischer Follikelzellen. KUMAR und GILULA (1996) schreiben dem Transport
24
kleinerer Moleküle durch die Gap Junctions zwischen Eizelle und Kumuluszellen
einen steuernden Einfluß zu.
Der präovulatorische LH-Peak hebt die inhibitorische Wirkung der Granulosazellen
auf (HYTTEL et al., 1989; TSAFRIRI und DEKEL, 1994).
3.10.3 Kernreifung
Der Durchmesser des Zellkernes nimmt bei wachsenden Ovozyten zu und die
Chromosomen liegen in diffuser Form vor.
Nach vollständiger Differenzierung des Hohlraumes der Ovozyte erscheint der Kern
nach MOTLIK und FULKA (1986) heterogen und vakuolisiert.
Zu Beginn der ovulatorischen Reifung ist die Eizelle noch eine primäre Ovozyte,
deren Entwicklung nach dem Diplotän unterbrochen wurde (BAKER, 1972; HYTTEL
et al. 1986). Am Ende der Maturation steht eine Eizelle mit haploidem
Chromosomensatz.
Die erste meiotische Reifeteilung beginnt mit der Prophase, die den längsten und
kompliziertesten Abschnitt der Meiose darstellt. Die Prophase ist in fünf Stadien
unterteilbar, wobei mit dem Dictyotän eine jahrelange Entwicklungspause zwischen
dem Diplotän und der Diakinese entsteht. Im Leptotän erscheinen die Chromosomen
als dünne Fäden im Kern. Im anschließenden Zygotän beginnen sich die
äquivalenten Chromosomen zusammenzulegen. Nachdem sich die Chromosomen
auf der ganzen Länge aneinander gelegt und sich durch Spiralisation verkürzt und
verdickt haben, ist das Pachytänstadium erreicht. Im Diplotän stoßen sich die
paarweise liegenden Chromosomen voneinander ab; nach einer verlängerten
Ruhephase folgt die Diakinese. In der Metaphase I verschwindet die Kernmembran,
die Spindel bildet sich aus, und die Chromosomen ordnen sich in der
Äquatorialebene an. Während der Anaphase I ziehen sich die homologen
Chromosomen zu den Polen. Mit der rasch folgenden Zytoplasmateilung ist die erste
Reifeteilung in der Telophase I beendet (MOTLIK u. KUBELKA, 1990).
Da eine Trennung der homologen Chromosomen stattgefunden hat, besitzen die
Tochterzellen nur den haploiden Chromosomensatz. Die erste meiotische Teilung ist
folglich eine Reduktionsteilung.
25
Die zweite meiotische Teilung ist eine Äquationsteilung. Hier werden ohne
vorhergehende Duplikation der DNA und ohne Prophase die Stadien der Metaphase
II, Anaphase II und Telophase II durchlaufen.
3.10.4 Zytoplasmatische Reifung
Als zytoplasmatische Reifung werden alle während der Maturation im Ooplasma
ablaufenden Prozesse bezeichnet. Sie ist von der Kernreifung abzugrenzen, welche
die nukleären Veränderungen im Verlaufe der meiotischen Teilung umfaßt. Diese
Prozesse treten miteinander in Wechselwirkung (EPPIG, 1996). Eine erfolgreich
abgeschlossene Kernreifung muß nicht mit einer ausreichenden Befruchtungs- und
embryonalen Entwicklungskompetenz verbunden sein (LEIBFRIED-RUTLEDGE et
al., 1987).
Es wird vermutet, daß zytoplasmatische Veränderungen vor der Reifung einen
positiven Einfluß auf die Entwicklungskompetenz ausüben. In Versuchen
entwickelten sich Rindereizellen, die vier Stunden post mortem aus Ovarien
gewonnen wurden, besser zu intakten Embryonen als Eizellen, die zwei Stunden
post mortem aus Follikeln aspiriert wurden (BLONDIN et al., 1997). Sowohl die
Ultrastruktur als auch die biochemischen Funktionen des Ooplamas der Ovozyten
sind von den Veränderungen betroffen (THIBAULT, 1977, 1987; EPPIG, 1993;
HYTTEL et al., 1987, 1997).
Die Entkopplung von Ovozyten und umgebenden Granulosazellen ist ein
gravierendes Ereignis der Membranreifung, die bis zu diesem Zeitpunkt eine enge
kommunikative Verbindung aufwiesen. An der Vitellusmembran nimmt die Zahl der
Mikrovilli zu. Es wird angenommen, daß die langwährenden Beziehungen zwischen
Eizelle und Follikelzellen für das Erlangen der Entwicklungskompetenz von großer
Bedeutung sind (MOTLIK et al., 1986). Nachdem das Zytoplasma der Eizelle von
den Granulosazellfortsätzen entkoppelt ist, werden leere Kanäle in der Zona
pellucida nachweisbar (ZAMBONI, 1976). Ein ausreichender Stoffaustausch
zwischen Follikelzellen und Eizelle bleibt trotz fehlender Zellkontakte erhalten.
Veränderungen des Membranpotentials und der Transportmechanismen an der
Eizellmembran bedingen ein verstärktes Aufnahmevermögen für Aminosäuren
(MOOR u. GANDOLFI, 1987). Die Proteinsynthese wird während des GVBD
verstärkt (KASTROP et al., 1990, 1991; ALBERTINI, 1992); dieser Vorgang
verbraucht einen wesentlichen Teil der für die Reifung erforderlichen Energie.
Außerdem verändert sich das hergestellte Proteinmuster (MOTLIK u. FULKA, 1986;
26
EROGLU u. MEINECKE, 1990; SCHRÖTER u. MEINECKE, 1995). Vor allem von
Steroiden geht eine Beeinflussung der Proteinsynthese aus; außerdem bewirken sie
die Bildung zytoplasmatischer Polypeptid-Faktoren (SIRARD et al., 1998;
LONERGAN et al., 1998). Diese Veränderungen stellen offensichtlich die Grundlage
der Zytoplasmareifung dar.
HYTTEL et al. (1987, 1997) haben die zytoplasmatischen Veränderungen von
Ovozyten vor, während und nach LH-Peak untersucht. Ein perivitelliner Raum war
vor dem LH-Peak noch nicht feststellbar, entwickelte sich aber bald nach dem LH-
Peak.
In der unreifen Eizelle liegt das Zytoplasma in Klumpen kortikaler Granula vor. Es ist
durch gut entwickelte peripher liegende Golgikomplexe, ein ausgedehntes glattes
endoplasmatisches Retikulum und Ansammlungen peripherer Mitochondrien
gekennzeichnet. Außerdem sind eine große Anzahl membrangebundener Vesikel
erkennbar (KRUIP et al., 1983; HYTTEL et al., 1986b).
Bei Eizellen, die bereits maturiert sind, liegt das glatte endoplasmatische Retikulum
in verklumpter Form vor, und der Golgi-Apparat ist deutlich geringer entwickelt
(HYTTEL, 1986b). Die Mitochondrien liegen nicht mehr peripher, sondern verteilen
sich über das gesamte Ooplasma. Zuletzt verteilen sich die kortikalen Granula
gleichmäßig in der Peripherie des Zytoplasmas. Direkt an der Plasmamembran
haben die kortikalen Granula eine wichtige Funktion für die Ausbildung eines Blocks
gegen Polyspermie (RAZ, et al., 1998). Ihr Auftreten wird etwa 22 Stunden nach dem
LH-Peak sichtbar und kann als wichtiges Beurteilungskriterium für die
Zytoplasmareife angesehen werden (KRUIP et al., 1983; CRAN, 1989; HYTTEL et
al., 1989). Durch die Ovulation wird die nun hinsichtlich Kern, Zytoplasma und
Membran als reif zu bezeichnende Eizelle in den Eileiter freigesetzt. In der
Umgebung der Eizellen kommt es vorher noch zu einer Reihe von Veränderungen.
Die follikuläre Steroidsynthese wird umgestellt, und es treten morphologische
Veränderungen an den Follikelzellen auf (HYTTEL et al., 1989).
3.10.5 Kumulusexpansion und Muzifikation
Die Kumuluszellen einer Eizelle sind untereinander und mit angrenzenden
Granulosazellen über sogenannte Gap Junctions verbunden, die die Übertragung
von Signalmolekülen über diese metabolische Kopplung gewährleisten. Somit ist ein
Austausch zwischen Follikelperipherie und Eizelle möglich (BUCCIONE et al., 1990).
27
Aus diesem Grunde werden Follikel auch als funktionelles Synzytium bezeichnet
(DOWNS, 1993). Parallel zu den Veränderungen in Kern und Zytoplasma kommt es
bei der Maturation zur Kumuluszellreifung. Dieser Prozeß wird als
Kumulusexpansion (MOOR et al., 1980, 1989; ZHANG et al., 1995) oder als
Muzifikation (EPPIG, 1982) bezeichnet. Kumuluszellen driften auseinander, indem
sie den engen Kontakt untereinander (EPPIG, 1991; BALL et al., 1983) und zur
Eizelle (HYTTEL et al., 1986; SÜSS et al., 1988) verlieren. Die Synthese von
Glukosaminoglykanen wird gesteigert (DEKEL et al., 1979; EPPIG, 1979). Außerdem
erfährt das Zytoskelett der Kumuluszellen eine drastische Veränderung (SUTOVSKY
et al., 1993). Von den gereiften Eizellen werden Faktoren sezerniert, welche den
Kumuluszellen die Befähigung geben, auf Gonadotropinstimulation hin, mit der
Sekretion von Hyaluronsäure zu antworten. Es wird vermutet, daß die stimulierende
Wirkung auf die Kumulusexpansion von cAMP vermittelt wird (EPPIG, 1991; EPPIG
et al., 1998). Die interzellulären Verbindungen zwischen den Zellen der Corona
radiata und der Eizelle sind nach neun bis zwölf Stunden weitestgehend
unterbrochen. Die Kumulusexpansion ist erst nach fünfzehn Stunden vollständig
abgeschlossen (HYTTEL, 1989). Es wird angenommen, daß für die
Kumulusexpansion ein Plasminogenfaktor verantwortlich ist, welcher von
Kumuluszellen und Eizellen synthetisiert wird (CHOI et al., 1998). Der Aktivator
wandelt das Plasminogen, welches von der Membrana granulosa produziert wird und
sich in der FF befindet, in eine Plasminprotease um, welche die Desintegration im
Kumulus-Ovozyten-Komplex bewirkt. DE LOOS et al. (1991) konnten eine enge
Beziehung zwischen Kernreifung und Kumulusexpansion erkennen. Eizellen im M II-
Stadium wiesen immer einen expandierten Kumulus auf. Eizellen mit kompaktem
Kumulus verharrten im GVS.
3.11 In-vitro-Maturation von Eizellen 3.11.1 Eizellgewinnung
Für die In-vitro-Maturation von Rindereizellen werden vorwiegend Ovarien gesunder
Kühe vom Schlachthof gewonnen (HAHN, 1993).
Für die weitere Manipulation an den Ovarien sind besondere Laboreinrichtungen
notwendig; aus diesem Grund werden die Ovarien sofort ins Labor verbracht.
28
Für den Transport werden die Ovarien meist in PBS-Lösung (MADISON et al., 1992;
CAROLAN et al., 1994; LAZZARI und GALLI, 1993) oder isotonischer
Natriumchlorid-Lösung (ROSE und BAVISTER, 1992; SEKINE et al., 1993; MINAMI
et al., 1994) transportiert. In neuerer Zeit wurde auch der Transport der Ovarien in
thermoisolierten Gefäßen ohne ein Zusatzmedium beschrieben (SMITH et al., 1996).
Von der Entnahme der Ovarien bis zur Weiterverarbeitung im Labor vergeht je nach
Wegstrecke unterschiedlich viel Zeit. Um zu überprüfen, inwieweit sich diese
Zeitverzögerung auf die Entwicklungsfähigkeit der Eizellen auswirkt, haben YANG et
al., (1990) herausgefunden, daß bei einer Lagerungstemperatur von 24-25°C die
Befruchtungsfähigkeit nach etwa elf Stunden nachläßt.
Um die Eizellen aus den Follikeln zu gewinnen, gibt es am isolierten Ovar drei
gängige Methoden. Häufig werden die Follikel unter Sichtkontrolle mit einer 18-20G-
Kanüle punktiert und aspiriert (OCANA-QUERO et al., 1994). Bei Versuchen mit
dieser Methode wurde deutlich, daß Follikel mit einem Durchmesser von zwei bis
acht Millimeter Eizellen mit einer besseren Qualität aufwiesen als kleinere (PAVLOK
et al., 1992).
Weiterhin ist die Gewinnung der Eizellen mit Hilfe von dem sogenannten „Slicing“
möglich, bei dem die Ovaroberfläche mit parallel zueinander angeordneten
Rasierklingen zerschnitten wird. Danach werden die Schnittflächen abgespült und die
Flüssigkeit auf Eizellen untersucht. Die Follikelgröße kann in diesem Fall nicht in die
Arbeit eingehen.
Bei dieser Methode ist die Gefahr der mikrobiellen Kontamination sehr viel größer als
bei der Aspirationsmethode. Es wird berichtet, daß bei dieser Methode die Anzahl
der gewonnen intakten COC (REINTJES, 1991) deutlich und die Gesamtzahl der
gewonnenen Eizellen (HAMANO und KUWAYAMA, 1993; CAROLAN et al., 1994)
um das dreifache höher liegt als bei der Aspiration.
Eine dritte Möglichkeit der Eizellgewinnung ist die Gewinnung der Eizellen mit Hilfe
der Follikelisolierung. In diesem Fall werden die Follikel aus dem Ovar
herausgeschält und anschließend geöffnet. Diese sehr arbeitsaufwendige Methode
ermöglicht ein genaue Klassifizierung des Eizell-tragenden Follikels (PAVLOK et al.,
1992; LAZZARI und GALLI, 1993).
Für die Gewinnung von Eizellen am lebenden Tier steht die Punktion nach
Laparatomie oder die mittlerweile praxisreife Methode des „Ovum-pick-up“. Beim
29
„Ovum-pick-up“ wird die Punktion transvaginal unter Ultraschallkontrolle durchgeführt
(KRUIP et al., 1991).
Das mikroskopische Erscheinungsbild der Eizellen ermöglicht eine Einteilung nach
Qualtität. Das Zytoplasma einer qualitativ hochwertigen Eizelle erscheint dunkel und
gleichmäßig granuliert; die Kumuluszellen liegen vielschichtig, geschlossen und nicht
expandiert um die Eizelle herum. Minderwertige Eizellen zeigen ein helles oder
scholliges Zytoplasma, und ihre Kumuluszellen sind nur in geringer Zahl vorhanden
und eventuell expandiert (SHAMSUDDIN et al., 1993).
YANG und LU (1990) berichten, daß die beste Qualität bei vier bis acht
Kumuluszellschichten vorliege.
3.11.2 In-vitro-Maturation
Für die weitere Entwicklung und eine eventuelle Fertilisierung ist die Maturation von
großer Bedeutung.
Für eine erfolgreiche Maturation ist das Klima, in dem die Eizellen gehalten werden,
wichtig. Es wird häufig eine Inkubationstemperatur von 39°C (LENZ et al., 1983) und
eine CO2-Konzentration von fünf Prozent gewählt.
Außerdem ist für die Maturation die Wahl des Maturationsmediums entscheidend
(CRITSER et al., 1986; BAVISTER et al., 1992). Heutzutage werden bevorzugt
Komplexmedien verwendet, denen Zusätze hinzugefügt werden. Die gängigsten
Medien sind TCM 199 und Ham´s F 10 (NIEMANN und MEINECKE, 1993).
International scheint TCM 199 mit Zusätzen von Seren und Gonadotropinen,
eventuell auch noch Steroidhormonen am häufigsten Verwendung in der IVM beim
Rind zu finden (BRACKETT und ZUELKE, 1993). Als Proteinzusatz ist Serum von
Kühen im Östrus (ECS) oder fetales Kälberserum (FCS) in zehn bis
zwanzigprozentiger Konzentration am gebräuchlichsten (SCHELLANDER et al.,
1990; SAEKI et al., 1990). Es besteht auch die Möglichkeit, Serum von Bullen oder
Ochsen zu verwenden (CAROLAN et al., 1994). Die Verwendung von ECS, welches
in der stehenden Brunst und damit etwa 24 Stunden vor der Ovulation gewonnen
wird, scheint den anderen Möglichkeiten überlegen zu sein (SCHELLANDER et al.,
1990; GREVE et al., 1993).
30
Welche Menge an Serum dem Maturationsmedium zugesetzt wird, ist in der Literatur
nicht einheitlich beschrieben. Die Werte reichen von zwei Prozent (NAKAO und
NAKATSUJI, 1990) über zehn Prozent (KIM et al., 1990) bis hin zu zwanzig Prozent
(KEEFER et al., 1991).
Als Zugabe zu den komplexen Maturationsmedien finden Gonadotropine (FSH, LH),
Steroidhormone (Östradiol-17? ) und Wachstumsfaktoren (EGF, IGF-1, TGF-? , TGF-
? 1) Verwendung (TROUNSON et al., 1994).
Inwieweit die Reifung der Eizellen von den Zusätzen beeinflußt wird, kann man an
dem Maturationserfolg, der Kumulusexpansion und bei der IVP an der
Befruchtungsrate und der Weiterentwicklung untersuchen (SÜSS et al., 1990).
Durch die Zugabe von FSH wird die Kumulusexpansion positiv beeinflußt
(HENSLEIGH und HUNTER, 1983), die Kernreifung wird durch den vorübergehend
angehobenen cAMP-Spiegel verzögert (SÜSS et al., 1988). Die Zugabe von LH hat
ebenfalls positiven Einfluß auf die Kumulusexpansion (SÜSS et al., 1990). Die
Reifung erfährt mit dem Zusatz von mehreren Hormonen wahrscheinlich durch
Veränderung des Energiehaushaltes der Eizellen einen positiven Einfluß (SAEKI et
al., 1990). Ein nach Zugabe von Granulosazellen entstehender Granulosazellrasen
im Maturationsmedium soll einen positiven Einfluß auf die Maturationsfähigkeit und
die weitere Entwicklung von Rindereizellen ausüben (CRITSER et al., 1986; SIRARD
und BILODEAU, 1990).
TAKAGI et al. (1998) haben herausgefunden, daß weder die Morphologie noch die
Maturationsfähigkeit der Ovozyten vom Vorhandensein eines zystischen Follikels
beeinflußt werden. Auch die Zusammensetzung an Steroidhormonen in der
Follikelflüssigkeit hat keinen Einfluß auf die Morphologie der gewonnenen Ovozyten.
Die Präsenz eines Dominanten Follikels und das endokrine Milieu eines Follikels
bestimmen nicht die Entwicklungsfähigkeit der darin enthaltenen Eizelle (SMITH et
al., 1996).
SALAMONE et al. (1999) haben den Einfluß unterschiedlicher Phasen einer
Follikelwelle auf die Morphologie und Entwicklungsfähigkeit von COC untersucht und
herausgefunden, daß die Reifung von Eizellen in der Rückbildungsphase am
erfolgreichsten ist.
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