ages antwort zu humer anfrage giftigkeit von jakobskreuzkraut wasserkreuzkraut in milch und...
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Die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH., Bereich Risikobewertung,
wurde von DI Humer, Niederösterreichische Landes-Landwirtschaftskammer, ersucht, hinsichtlich
des Auftretens der Giftpflanzen Jakobskreuzkraut/Wasserkreuzkraut und des damit verbundenen Risikos
im Zusammenhang mit einer möglichen Kontamination von Lebensmitteln Stellung zu nehmen.
Nachfolgend wird eine zu diesem Problem durchgeführte Literaturrecherche zusammengefasst:
Informationsblätter machen vor allem in der Schweiz auf das Jakobskreuzkraut aufmerksam. In diesen
wird durchwegs über das vermehrte Vorkommen dieser Giftpflanze berichtet, weiters werden Maßnahmen
zur Bekämpfung dringend empfohlen. Auf eine Anfrage bezüglich der Problematik des giftigen
Jakobskreuzkrautes hat der Regierungsrat Kanton Basel-Landschaft am 17. August 2004 folgendes
geantwortet:
Die angebliche Ausbreitung des Jakobskreuzkrautes ist wissenschaftlich nicht erwiesen.
…Die Gefährlichkeit des Jakobskreuzkrautes wird weit überschätzt – nicht zuletzt durch nicht durchwegs
objektive Berichterstattungen in den Medien. Der Regierungsrat warnt deshalb vor einer Panik!
„Vorliegend lässt sich eine allgemeine Gefährdung durch das Jakobskreuzkraut nicht erkennen.
Massnahmen, insbesondere gross angelegte Bekämpfungskampagnen, drängen sich nicht auf. Sie wären
im Gegenteil „mit Spatzen auf Kanonen geschossen“.
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Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH • Bereich Risikobewertung Spargelfeldstrasse 191, 1226 Wien
UID: ATU 54088605 • Firmensitz: Wien • Registergericht: Handelsgericht Wien • FN 223056 zDVR 0014541 • Akkreditierte Prüfstelle PSID: xxx
An dieNiederösterreichische Landes-Landwirtschaftskammerz.Hd. Herrn Dipl.-Ing. Johann HumerBodenwirtschaft und PflanzenernährungWiener Straße 643100 St. Pölten
Datum: 25.04.2005Kontakt: DI Ingrid Kernmayer
Tel.: +43 (0) 50 555-25702Fax: +43 (0) 50 555-22019
E-Mail: ingrid.kernmayer@ages.atDocID AGES: RIB-176/05
DocID Partner:
Betreff: Jakobskreuzkraut (Senecio jacobae) und Wasserkreuzkraut (Senecio aquatica)
Toxizität
Die Toxizität des Jakobskreuzkrautes beruht auf seinem Gehalt an Pyrrolizidin-Alkaloiden (PAs). Insgesamt
kommen diese Stoffe in mehr als 350 Pflanzenspezies vor. Darunter befinden sich auch zahlreiche
Arzneipflanzen, wie: Tussilago farfara (Huflattich), Symphytum officinale (Beinwell), Petasites hydbridus
(Pestwurz) und verschiedenen Senecio-(Kreuzkraut-) arten. Die Pyrrolizidinalkaloide stellen eine chemisch
verwandte Klasse von Verbindungen dar. Sie sind aus einem heterozyklischen Grundfgerüst, der
Necinbase, aufgebaut, die mit einem oder zwei häufig komplexen Säureresten verestert ist. Bei vielen
Pyrrolizidinalkaloiden besteht eine ringförmige Verknüpfung mit einer zweibasigen Säure. Es existieren
Pyrrolizidinalkalode, die gesättigte oder ungesättigte Necinreste enthalten, wobei nur die ungesättigten
toxisch sind. In der Leber werden die PAs zu Pyrrolverbindungen oxidiert, die außerordentlich reaktiv sind
und kovalente Bindungen mit Makromolekülen der Leberzellen eingehen können. Bei entsprechender
Dosierung kann es zu nekrotischen Veränderungen der Leber kommen, die als Veno-Occlusives-Syndrom
bezeichnet werden. In manchen Gegenden Mittelamerikas und im karibischen Raum (Jamaika) sind
endemische Fälle von Leberzirrhose bei Säuglingen und Kleinkindern vorgekommen, die wegen banaler
Erkrankungen mit Teezubereitungen aus diversen Senecio-artenbehandelt wurden. Endemische
Vergiftungen wurden aber auch aus anderen Teilen der Welt berichtet und wurden z.B. verursacht durch
Verunreinigung von Getreide mit Samen von Heliotropium,- oder Crotolariaarten. Auch Weidetiere sind
von der toxischen Wirkung pyrrolizidinalkaloidhaltiger Pflanzen betroffen. In Australien gilt dieses für ca.
100 Mio Schafe, die auf kargem Boden wachsende Heliotropiumarten fressen, wodurch es zur
Leberschädigung und einer allgemeinen Reduktion der Lebenserwartung der Tier um einige Jahre
kommen kann.
Die Stoffklasse repräsentiert aber auch eine wichtige Klasse natürlicher Kanzerogene. Sie erwiesen sich
als mutagen in zahlreichen Testmodellen und auch terratogene Wirkungen konnten tierexperimentell
nachgewiesen werden. Wegen dieser Tatsachen wurden in Deutschland 1991 eine Reihe von
Beschränkungen erlassen, die pyrrolizidinhaltige Phytopharmaka betreffe.
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Vergiftung von Tieren
Vergiftungen von Tieren verursacht durch PA-hältige Pflanzen auf der Weide sind schon sehr lange
bekannt.
Die Giftigkeit des Jakobskreuzkrautes ist unbestritten, die ganze Pflanze ist für Rinder und Pferde stark
giftig; Schafe und Ziegen sind weniger empfindlich. Der Wirkungsmechanismus ist sehr komplex; die
Auswirkungen sind kummulativ, d.h.: Bis es in der Praxis zur Toxizitätsschwelle kommt, muss ein Tier über
längere Zeiträume mit Jakobbskreuzkraut gefüttert werden. Das Gift führt zu schweren Schädigungen der
Leber und anderer innerer Organe bis hin zum Tod. Weidevieh meidet normalerweise giftige Pflanzen
solange, als auf der Weide genug anderes Futter steht. Nur in überweideten Beständen wird auch auf
Giftpflanzen ausgewichen. Im Einzelfall kann es vorkommen, dass vor allem junge Tiere Pflanzen im
Rosettenstadium fressen, wobei diese als jüngste Pflanzen am giftigsten sind. Die Inhaltsstoffe des
Jakobskreuzkrautes sind auch noch im konservierten Futter (Heu, Silage) toxisch wirksam. Silage
kontaminiert mit mehr als 5% Senecio ssp. wird zur Rinder- und Pferdefütterung als bedenklich
angesehen.
Für Vergiftungen oder Todesfälle braucht es jedoch sehr große Mengen:
Pferd/Rind: 5-20% des Körpergewichtes Frischpflanzen bzw. 50-200 g Trockensubstanz pro kg
Körpergewicht.
Schafe: Letaldosis liegt bei über 2 kg Jakobskreuzkraut pro kg Körpergewicht.
Vergiftungen bei Menschen
Ebenso bekannt sind zahlreiche Vergiftungen bei Menschen. Obwohl PA-hältige Pflanzen weltweit
vorkommen, stammen die meisten Berichte über Vergiftungen aus der dritten Welt. Fast immer sind diese
Ausbrüche, wovon meist 100, manchmal bis zu 1000 Personen betroffen sein können, auf den Verzehr von
Nahrungsmittel zurückzuführen, die aus mit PA-hältigen Unkraut verunreinigten Getreide hergestellt
wurden. Erst in letzter Zeit wird über Vergiftungen in Industrieländern berichtet, für die der Konsum von
Nahrungsergänzungsmittel oder Kräuter aus der traditionellen Medizin verantwortlich gemacht wird. Die
erste wissenschaftliche Publikation über Vergiftungen von Menschen mit Pyrrolizidin Alkaloiden berichtet
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über einen Ausbruch im Jahr 1918 in Südafrika. Dieser wurde durch Verunreinigung von Brotgetreide mit
Senecio ilicifolius und Senecio burchelli verursacht.
In der BRD wurde 1992 gesetzlich geregelt, dass PA hältige Kräuter für eine tägliche externe Anwendung
nicht mehr als 100 µg PAs und zur internen Anwendung nicht mehr als 1 µg pro Tag und nicht länger als
für 6 Wochen/Jahr angewendet werden dürfen.
Aus Australien wurden Alkaloid-Gehalte von über 1 mg/kg bei Honig von Echium spp. Weiden berichtet,
aufgrund der Vermischung mit Honig aus anderen Standorten wurde dieser Gehalt reduziert. In einer
Stellungnahme der Senatskommission zur Beurteilung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit von
Lebensmitteln (SKLM) vom 8.11.2002 zu „Pyrrolizidinalkaloiden in Honigen, Imkereierzeugnissen und
Pollenprodukten“ wird festgestellt, dass der Eintragspfad von PA in den Honig nicht geklärt ist. Weiters ist
die Datenlage zu Gehalten von PA in Honigen, die aus PA-haltigen Pflanzen gewonnen wurden, sowie die
Datenlage zur Exposition des Verbrauchers mit PA als unzureichend zu beurteilen.
Pyrrolizidinrückstände findet man auch in der Milch laktierender Kühe. Es wird berichtet, dass nicht mehr
als 0,1 % der aufgenommenen Alkaloide in die Milch übergehen. Dementsprechend könnte ein Risiko für
säugende Jungtiere bestehen, die Wahrscheinlichkeit einer Vergiftung von Menschen über den Verzehr
von PA kontaminierten Lebensmitteln wird jedoch als sehr gering angesehen.
Im allgemeinen ist die Toxizität von Pflanzen eine schwierig abzuschätzende Eigenschaft, denn der
Wirkstoffgehalt kann in qualitativer wie auch in quantitativer Hinsicht beträchtlichen Schwankungen
unterliegen. So ist der Giftgehalt abhängig von der Vegetationsperiode, Witterung und
Sonneneinstrahlung, sowie von Düngung, Bodenbeschaffenheit, Herbizideinsatz, Parasitenbefall und
weiteren Stressfaktoren.
Zu Wasserkreuzkraut, einer dem Jakobskreuzkraut eng verwandten Pflanze, wurde keine spezifische
Literatur gefunden.
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Zusammenfassung:
Generell sollte aus Gründen der gesundheitlichen Vorsorge das Auftreten alkaloidhältiger Pflanzen
beobachtet und im Fall eines vermehrten Vorkommens geeignete Bekämpfungsmaßnahmen bzw.
Vorbeugungsmaßnahmen in Hinblick auf Verfütterung getroffen werden.
Im Fall des Jakobskreuzkrautes werden die Meldungen aus der Schweiz über gehäuftes Auftreten von der
Schweizer Behörde als wissenschaftlich nicht haltbar bezeichnet.
Die Wahrscheinlichkeit einer Vergiftung von Menschen durch den Verzehr von PA kontaminierten
Lebensmitteln wird als sehr gering angesehen. Bisher aufgetretene Vergiftungen resultieren aus dem
Verzehr von mit PA-hältigem Unkraut verunreinigtem Getreide bzw. dem Konsum PA-hältiger Heilpflanzen
oder teeähnlicher Zubereitungen mit Heilkräutern.
Vergiftungen von diversen landwirtschaftlichen Nutztieren durch den Verzehr PA hältiger Unkräuter bzw.
Trockenfutter sind bekannt.
Mit freundlichen Grüßen!
Bereichsleiter Sachbearbeiterin
Dr. Roland Grossgut DI Ingrid Kernmayer
Marquard-Schäfer: Lehrbuch der Toxikologie. 2. Auflage 2004
Kanton Basel-Landschaft: Vorlage an den Landrat betreffend Beantwortung der Interpellation
2004/131 betreffend Giftiges Jakobskreuzkraut
World Health Organisation, Geneva 1988: Pyrrolizidine Alkaloids
Australia New Zealand Food Authority, November 2001: Pyrrolizidine Alkaloids in Food. A Toxicological
Review and Risk Assessment. Technical Report Series No. 2
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DFG-Senatskommission zur Beurteilung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit von Lebensmitteln.
Stellungnahme zu Pyrrolizidinalkaloiden in Honigen, Imkereierzeugnissen und Pollenprodukten.
Fassung vom 08.11.2002
Roger A., Coulombe, JR: Pyrrolizidine Alkaloids in Foods. Advances in Food and Nutrition Research Vol.
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