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IMPRESSUM
-- 2 --
IMPRESSUM
Medieninhaber und Herausgeber:
BUNDESMINISTERIUM
FÜR LAND- UND FORSTWIRTSCHAFT,
UMWELT UND WASSERWIRTSCHAFT
Stubenring 1, 1010 Wien
www.bmlfuw.gv.at
Das Programm „nawaro markt“ ist Teil der Klimaschutzinitiative klimaaktiv
des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW)
Strategische Gesamtkoordination:
BMLFUW, Abt. Energie- und Wirtschaftspolitik: Dr. Martina Schuster, Mag. Philipp Maier,
Elisabeth Bargmann BA, DI Hannes Bader
Abt. Umweltförderpolitik, Nachhaltigkeit, Biodiversität: Dr. Wolfram Tertschnig, DI Gottfried Lamers
Text und Redaktion: klimaaktiv nawaro markt
Österreichische Energieagentur – Austrian Energy Agency
DI Lorenz Strimitzer, DI Christof Horvath, DI Martin Höher Msc.
Mariahilfer Straße 136, 1150 Wien
Tel: +43 1 5861524-0
E-Mail: klimaaktiv@energyagency.at
Website: www.klimaaktiv.at/nawaro
Haftungsausschluss: Die Österreichische Energieagentur hat die Inhalte der vorliegenden Publikation mit größter Sorgfalt recherchiert und dokumentiert.
Für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der Inhalte können wir jedoch keine Gewähr übernehmen.
Bildnachweise: Titelbild Ecoduna; Seite 6 Ecoduna; Seite 7: evasis edibles GmbH/www.hallohelga.at; Seite 8 oben: www.pixabay.com; Seite 8 unten: BDI
BioLife Science GmbH; Seite 10: Sunalgae; Seite 11: Ecoduna; Seite 12: EVN/Kinger; Seite 13: BDI BioLife Science GmbH
Gestaltungskonzept: Wien NORD Werbeagentur
Alle Rechte vorbehalten.
Wien, März 2017
INHALT
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INHALTSVERZEICHNIS
IMPRESSUM .................................................................................................................................................. 2
1 EINLEITUNG............................................................................................................................................ 4
2 ALGEN ALS ROHSTOFF ........................................................................................................................ 4
3 GEWINNUNG VON ALGEN ................................................................................................................... 5
OPEN POND SYSTEME .......................................................................................................................... 5 GESCHLOSSENE SYSTEME .................................................................................................................. 5
ROHR-PHOTOBIOREAKTOR ...................................................................................................... 5 3.1
PLATTEN-PHOTOBIOREAKTOR ................................................................................................ 6 3.2
4 PRODUKTE AUS ALGEN ....................................................................................................................... 7
ENERGETISCHE NUTZUNG .................................................................................................................. 7 ALGEN IN DER ERNÄHRUNG .............................................................................................................. 7 ALGEN IN DER KOSMETIK .................................................................................................................. 8 ALGEN IN DER INDUSTRIE .................................................................................................................. 8
5 ALGENPRODUKTION IN ÖSTERREICH – INNOVATIVE PRAXISBEISPIELE ............................ 10
SUNALGAE ............................................................................................................................................ 10 ECODUNA .............................................................................................................................................. 11 CO2USE / + EPP ..................................................................................................................................... 12 BDI – BIOLIFE SCIENCE GMBH ......................................................................................................... 13 ALGENFORSCHUNG IN ÖSTERREICH ............................................................................................. 14
6 KLIMAAKTIV – DIE KLIMASCHUTZINITIATIVE ........................................................................... 15
FACHINFORMATION ALGEN
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1 EINLEITUNG
NACHWACHSENDE ROHSTOFFE SIND AUS UNSERER HEUTIGEN WELT nicht mehr
wegzudenken. Ihre Nutzung kann in vielerlei Hinsicht große Vorteile bieten, wie etwa die Steigerung der
inländischen Wertschöpfung sowie die Sicherung von Arbeitsplätzen. Im Gegensatz zu fossilen Rohstoffen
erneuern sie sich durch Photosynthese in überschaubaren Zeiträumen. Bei ihrer Verbrennung bzw.
Kompostierung setzen sie maximal jene Kohlenstoffmenge frei, die sie vorher gebunden haben und sind
somit ein essentieller Beitrag zu Klimaschutz.
Die vorliegende klimaaktiv Fachinformation bietet Ihnen einen Überblick über eine besonders innovative
Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen – die der ALGEN. Von Nahrungsmitteln über Pigmente bis hin
zur Gewinnung von Energie bieten Algen sehr vielseitige Möglichkeiten der Nutzung. Erfahren Sie in dieser
klimaaktiv Fachinformation mehr über den Anbau, hergestellte Produkte sowie über innovative
österreichische Unternehmen dieser Branche.
Die Publikation ist im Rahmen des klimaaktiv Programms „nawaro markt“ entstanden. Ziele des
Programms sind u.a. die vermehrte stoffliche Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen und eine damit
einhergehende Reduktion von CO2-Emissionen.
2 ALGEN ALS ROHSTOFF
UMGANGSSPRACHLICH WERDEN ALLE EINFACH ORGANISIERTEN
WASSERPFLANZEN ohne Wurzel und Stängel als Algen bezeichnet. Es gibt viele unterschiedliche
Algen-Arten, die sich teilweise sehr stark hinsichtlich Form, Farbe, Struktur und Lebensraum unterscheiden.
Während die makroskopischen – bis zu 60 Meter langen – Rot-, Braun- und Grünalgen
meeresbodengebunden wachsen, leben die nur wenige Mikrometer großen Mikroalgen meist freischwebend
in Seen, Flüssen, Teichen und Meeren. Auch an vielen Extremstandorten wie heiße Quellen, Gletscher,
feuchte Baumstämme, Steine oder Mauern sind Algen beheimatet. Bereits vor etwa drei Milliarden Jahren
trat mit den Blaualgen der ersten Vertreter dieser robusten Pflanzenart auf der Erde auf.
Algen decken ihren Energiebedarf über Photosynthese – dabei wird mittels Sonnenlicht als Energiequelle
und CO2 als Kohlenstoffquelle Biomasse aufgebaut. Ihre Bedeutung für aquatische Ökosysteme ist dabei
enorm. Phytoplanktonalgen produzieren je nach Gewässertyp zwischen zwei bis sechs Tonnen Biomasse pro
Hektar und Jahr und auf die Makroalgen alleine gehen etwa 10% der gesamten marinen Primärproduktion
zurück. So werden global betrachtet jährlich auch 2x1010
Tonnen Kohlenstoff in Photosyntheseprodukte
eingebunden. Algen sind als Rohstoff durch folgende Merkmale gekennzeichnet:
– Sehr hohe Erträge bezogen auf die Anbaufläche und Zeit (bis zu 150 Tonnen pro Hektar und Jahr)
– Geringer Wasserbedarf bei „geschlossenen“ Produktionsanlagen. Abwässer und Gärreste können
zusätzlich als Phosphat und Nitratquelle genutzt werden.
– Unabhängigkeit von landwirtschaftlicher Nutzfläche
– Ganzjährige Prozessführung und Ernte ist möglich
Algen können aufgrund ihrer Vielseitigkeit sowie ihres schnellen Wachstums eine große Rolle beim Ersatz
fossiler Ressourcen spielen. Werden fossile Stoffe durch nachwachsende Rohstoffe – beispielsweise
basierend auf Algen – ersetzt, spricht man von einer sogenannten „Bioökonomie“. Nachwachsende
Rohstoffe für die Bereitstellung von Produkten sowie Energie sind die Basis für ein zukunftsfähiges,
nachhaltiges Wirtschaftssystem.
FACHINFORMATION ALGEN
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3 GEWINNUNG VON ALGEN
AUFGRUND BEGRENZTER ACKERFLÄCHEN WIRD DIE PRODUKTION VON
ALGENBIOMASSE zur Deckung der steigenden Nachfragen nach Produkten aus nachwachsenden
Rohstoffen immer attraktiver. Grundsätzlich kann zwischen Makro- und Mikroalgen unterschieden werden.
Makroalgen werden beispielsweise häufig in Asien oder der Bretagne angebaut. Dort nutzt man flache
Meeresbuchten, um zumeist Rot- oder Braunalgen an Seilen befestigt anzubauen. Die Algen können sowohl
für Ernährungszwecke als auch zur Bodenverbesserung/Düngung verwendet werden. Des Weiteren eignen
sich Makroalgen auch zur Bioethanol- und zur Biogasherstellung. Da aber sowohl Anbau als auch Ernte
derzeit noch in Handarbeit erfolgen und damit ein hoher Arbeitsaufwand einhergeht, ist die Kultivierung von
Makroalgen noch auf wenige Regionen beschränkt und ist in Österreich nicht relevant.
Mikroalgen können hingegen in industriellen Anlagen kultiviert werden. Die wichtigste Voraussetzung für
deren Anbau ist das Vorhandensein von genügend Sonnenlicht. Da Mikroalgen sehr kurze Generationszeiten
haben, kann das Sonnenlicht im Jahresverlauf wesentlich besser als bei Landpflanzen genutzt werden. So
sind je nach geografischer Lage bis zu 300 oder mehr Tage für die Mikroalgenproduktion nutzbar. Beim
Anbau von Mikroalgen kann grundsätzlich zwischen offenen = Open Pond und geschlossenen Systemen
unterschieden werden. Die verschiedenen Möglichkeiten sollen nachfolgend kurz vorgestellt werden.
OPEN POND SYSTEME Natürliche Produktionsflächen – wie flache Seen oder heiße Quellen – sind für Mikroalgen nur sehr begrenzt
verfügbar und müssen auch hinsichtlich schwankender Produktionsbedingungen und Schädlingsbefall
nachteilig beurteilt werden. Daher werden überwiegend künstliche Becken, sogenannte Open Ponds, für die
Kultivierung von Mikroalgen verwendet. Für Open Pond Systeme werden klimatisch ganzjährig warme
Gegenden bevorzugt, sie sind daher für Österreich – bis auf Versuchsanlagen – nur bedingt von Relevanz.
Neben einer ausreichenden Durchmischung des Wassers muss bei geöffneten Systemen auf mehrere
Umweltbedingungen wie z.B. Temperatur, Niederschläge etc. geachtet werden.
GESCHLOSSENE SYSTEME Im Gegensatz zu offenen Systemen können durch eine geschlossene Bauweise Umwelteinflüsse besser
kontrolliert werden. Zur optimierten Kultivierung von Algen in geschlossenen Systemen sind
unterschiedlichste sog. „Reaktoren“ entwickelt worden. Da das Vorhandensein von Licht weiterhin
unerlässlich ist und eine lebende (=biologische) Substanz angebaut wird, werden solche Anlagen auch
„Photobioreaktor“ genannt. Es gibt viele unterschiedliche Bauweisen hinsichtlich der Reaktorform, am
häufigsten kommen dabei und Rohr- und Platten-Photobioreaktoren zum Einsatz.
ROHR-PHOTOBIOREAKTOR 3.1
Rohr-Systemen werden häufig in größeren Zucht-Anlagen und in Versuchslaboren eingesetzt. Die Algen
werden in durchsichtigen Röhren aus Glas oder Plastik mithilfe von Pumpen ständig in Bewegung gehalten.
Diese Reaktoren können sehr steril betrieben werden und sind bereits sehr ausgereift. Einzig der relativ hohe
Energiebedarf durch das Pumpensystem ist bei dieser Ausführung als Nachteil zu nennen.
FACHINFORMATION ALGEN
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PLATTEN-PHOTOBIOREAKTOR 3.2
Hier werden Platten aus Kunststoff oder Glas mit einem Kulturmedium gefüllt, in welchem die Algen dem
Licht ausgesetzt werden. Je dünner die Algenschicht gehalten wird, desto besser kann das einfallende Licht
genutzt werden. Zusätzlich wird durch eine dünne Schichtführung die Selbstbeschattung verhindert. Die
Durchmischung der Algenmasse erfolgt durch den Eintrag von Gas, um immobile Algen auch dem Licht
auszusetzen. Alle geschlossenen Systeme weisen eine Reihe von Vorteilen gegenüber dem Open Pond
Anbau auf, welcher vor allem wegen der geringeren Investitionskosten zum Einsatz kommt. Es gibt auch
Versuche beide Systeme miteinander zu kombinieren, wo Algen aus geschlossener Zucht anschließend in
offenen Systemen unterschiedlichen Umweltbedingungen ausgesetzt werden. Hierbei handelt es sich um
Versuchsanlagen, die für die industrielle Produktion derzeit keine Rolle spielen. Die nachfolgende Tabelle
stellt die wichtigsten Punkte beider Systeme gegenüber.
TABELLE 1: VERGLEICH OPEN POND UND REAKTORSYSTEM
Open Pond Reaktor
Wasserbedarf hoch gering
Produktivität gering hoch
Zelldichte gering hoch
Energieeintrag gering gering
Energieeffizienz gering hoch
Investitionskosten gering mittel/hoch
FACHINFORMATION ALGEN
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4 PRODUKTE AUS ALGEN
GROßES BIOTECHNISCHES POTENZIAL WIRD VOR ALLEM DEN MIKROALGEN
ZUGESCHRIEBEN. Derzeit sind 40.000 unterschiedliche Spezies bekannt, von denen derzeit etwa zehn
wirtschaftlich genutzt werden. Durch die enormen Stoffwechselleistungen und die vielfältigen
Anbaumöglichkeiten können Mikroalgen in zahlreichen Einsatzgebieten mit hohen Marktpotentialen
eingesetzt werden:
– Nahrungsmittel, Futter- und Lebensmittelzusatzstoffe
– Essentielle Fettsäuren, Aminosäuren und Vitamine
– Farbpigmente
– Energie aus Algenbiomasse
– Algen als Düngemittel
– Kosmetika und pharmakologisch wirksame Stoffe
– Produktion von Biokunststoffen
In vielen dieser Bereiche wird momentan noch intensiv geforscht. Da nach aktuellen Schätzungen erst rund
10 Prozent der existierenden Algenarten bekannt sind, könnten Algen zukünftig in vielen weiteren Bereichen
des täglichen Lebens eingesetzt werden. Nachfolgend werden einige Anwendungsbereiche des Algenanbaus
im Detail beschrieben.
ENERGETISCHE NUTZUNG Mikroalgen können bereits heute für die Produktion von Biodiesel, Bioethanol und Biogas verwendet
werden. Im zunehmenden Streben nach Unabhängigkeit von fossilen Treibstoffen könnte ihre Bedeutung
zukünftig noch weiter steigen. Vor allem die sehr hohe Biomasseproduktivität von Algen – diese liegt
deutlich über jener von Landpflanzen – lässt zukünftig auf große Potentiale in der Produktion von
Treibstoffen schließen. Derzeit sind vor allem die geschlossenen Systeme für eine großindustrielle Bio-
Treibstoff Produktion noch zu teuer. Bei Open Pond Anbau gibt es bereits wirtschaftliche Anlagen und hier
wird auch seitens mancher Regierungen stark in entsprechende Forschung investiert. In einem
Forschungsprojekt wurde die mögliche Rolle von Algen als zukünftige erneuerbare Energiequelle in
Österreich untersucht1. Die Projektergebnisse zeigen, dass langfristig von einem Potenzial von bis zu 50 PJ/a
ausgegangen werden kann, was einer jährlichen Einsparung von Treibhausgasen in der Größenordnung von
1,2 – 3,0 Mio. Tonnen CO2-Äquvivalenten entspricht.
ALGEN IN DER ERNÄHRUNG Etwa 75 Prozent der gesamten produzierten Mirkoalgenbiomasse wird im
Ernährungsbereich verwendet. Die Produktpalette reicht von
Nahrungsergänzungsmitteln, Nudeln, Brot, Süßigkeiten bis hin zu
Getränken. Auch als Futtermittel werden Algen vor allem in Aquakulturen
gerne eingesetzt. Grund für die steigende Beliebtheit von Algenprodukten in
der Lebensmittel- und Tierfutterbranche ist deren hochwertige
Zusammensetzung aus mehrfach ungesättigten, langkettigen Fettsäuren
1 Projekt ALGAE&ENERGY:Austria (2012); FFG-Pr.Nr. 825403; Joanneum Research in Zusammenarbeit mit
TU Wien, Boku, Bioenergy2020+, gefördert vom Klima- und Energiefonds.
FACHINFORMATION ALGEN
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(Omega-3-fettsäuren) und Proteinen. Manche Fettsäuren sind essenziell für den Menschen und ein
ernährungsbedingter Mangel wird in Zusammenhang mit einem erhöhten Herzinfarkt- und Schlaganfall-
Risiko gebracht. Außerdem werden den Algen eine immunstärkende, cholesterinsenkende, antivirale und
antioxidative Wirkung zugeschrieben.
ALGEN IN DER KOSMETIK In der gesamten Schönheitsindustrie werden Algen bereits seit längerer Zeit
eingesetzt. Hierbei wird besonders auf die Verwendung von Salzwasseralgen Wert
gelegt, da diese die Wirkstoffe des Meerwassers konzentrieren. Die in den Algen
enthaltenen Mineralien und Nährstoffkomplexe eignen sich zur Vorbeugung gegen
Hautalterungen und Stresserscheinungen.
Bereits heute ist eine Vielzahl an Schampoos, Cremes und Seifen in Drogerien,
Reformhäusern und Online-Shops erhältlich. Auch im Wellnesbreich werden
verstärkt Behandlungen mit Algenprodukten angeboten.
ALGEN IN DER INDUSTRIE Wie vielfältig Algen angewendet werden können, unterstreicht die Tatsache, dass sie sich auch in der
Gewinnung industrieller Produkte eine Rolle spielen. Neben dem bereits erwähnten Biotreibstoff sind hier
besonders die Gewinnung von Farbstoffen und Werkstoffen, wie Biokunststoff, zu erwähnen. Manche
Algenarten synthetisieren etwa bei geänderten Umweltbedingungen von selbst den roten Farbstoff
Astaxanthin, der wiederum zur Färbung von Lippenstiften verwendet wird. Im Lebensmittelbereich ist etwa
der aus der Alge Spirulina gewonnene blaue Farbstoff von großer Bedeutung und wird etwa zur Färbung von
Süßigkeiten oder Speiseeis verwendet. Besonders die einfache Gewinnung der Farbstoffe aus Algen ist
einmalig. Es müssen nicht wie bei anderen Rohstoffen die Farbpigmente in einem aufwendigen Verfahren
ausgelöst werden, es genügt die Algen zu trocknen und anschließen zu einem Farbpulver zu zermahlen.
FACHINFORMATION ALGEN
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Algen eignen sich aber auch zur Gewinnung von Biokunststoffen. Die genauen Anwendungsbereiche
werden derzeit in verschiedenen Forschungsprojekten ausgelotet. Im nachfolgenden Kapitel wird u.a. ein
österreichische Versuchsanlage vorgestellt, mit der Biokunststoffe hergestellt werden können. Wenngleich
die weltweite Produktionskapazität von Biokunststoffen in Summe 4,16 Millionen Tonnen beträgt2, ist dies
nur ein Bruchteil des gesamten Kunststoffmarktes (weniger als 1 Prozent). Durch immer wirtschaftlicher
werdende Produktionsverfahren wird dieser Anteil in den nächsten Jahren jedoch stetig zunehmen.
Allgemeine Informationen zu Biokunststoffen bietet u.a. die klimaaktiv Broschüre „Biokunststoffe in
Österreich“.
2 European Bioplastics, nova-Institute (2016)
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5 ALGENPRODUKTION IN ÖSTERREICH – INNOVATIVE PRAXISBEISPIELE
AUCH IN ÖSTERREICH BESCHÄFTIGEN SICH BEREITS EINIGE UNTERNEHMEN
UND EXPERTEN mit den unterschiedlichen Möglichkeiten des konventionellen Algenanbaus.
Nachfolgend sollen ausgesuchte Best Practice Beispiele von besonders innovativen Projekten aus Österreich
im Detail vorgestellt werden.
SUNALGAE Das international tätige Unternehmen SunAlgae hat
seinen österreichischen Firmensitz südlich von in
Wiener Neudorf. Dort wird an einer Pilotanlage für
die Algenproduktion geforscht, die sich für den
Massenmarkt eignen soll. Die Hauptprodukte sind
Lipide – Omega 3 und Omega 6 – verschiedene
chemische Grundstoffe, Pigmente und organisches Material als Futtermittel. Derzeit ist eine
Produktionsanlage in Sizilien in Planung und weitere Anlagen in Südafrika, Asien und Südamerika sind in
Verhandlung. Die Kapazität der Anlage ist etwa 1.800 Tonnen pro Jahr, wobei etwa 50 Prozent der
Trockenmasse als Lipide vorliegt. SunAlgae versucht bei ihrem Produktportfolio auf eine gute Mischung aus
hochpreisigen Haupt-Produkten und gut vermarktbaren Nebenprodukten zu finden. Dabei spielt für das
Unternehmen die Gewinnung von Omega-3 Fetten eine wichtige Rolle. So kann zum einen durch Algen als
Basis für Omega-3 Fette eine weitere Überfischung der Weltmeere reduziert werden und gleichzeitig steigt
die Nachfrage im Arabischen und Asiatischen Raum nach veganen Omega-3 Produkten. Auch hier können
Algen als Rohstoffquelle eine Reihe von Vorteilen ausspielen. Weitere Informationen finden Sie auf der
Homepage von SUNALGAE.
FACHINFORMATION ALGEN
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ECODUNA In Bruck an der Leitha ist seit 2010 das Entwicklungsunter-
nehmen ecoduna beheimatet, das sich auf die Erforschung neuer
Verfahren zur Mikroalgenzüchtung spezialisiert hat. Das
patentierte, weltweit einzigartige Produktionsverfahren hat
bereits die Marktreife erreicht und konnte schon mit drei
Pilotanlagen umgesetzt werden. So steht in Bruck an der Leitha
eine Photo-Bioreaktor-Anlage zu Demonstrationszwecken mit einem Volumen von 100.000 Litern. Die von
ecoduna patentierte Technologie ermöglicht einen wirtschaftlichen, kontinuierlichen Produktionsprozess von
Mikroalgen. Dabei orientiert sich die Technologie der „hängenden Gärten“ an einer Kombination aus
– der Vergrößerung der Oberfläche für die Photosynthese,
– der Versorgung der Mikroorganismen mit Licht und Nährstoffen ohne Effizienzverluste,
– einer spezifischen Steuerungssoftware und Sensorik,
– einem geschlossenen Produktionskreislauf der Ressourcen schont und keine Kontamination zulässt,
– dem hydrostatischen und somit stressfreien Transport der Biomasse über den gesamten
Wachstumsprozess und
– dem biologischem und technischem Know-How, das Wachstum der Einzeller optimal zu steuern.
Diese Technologie ermöglicht optimale Kultivierungsbedingungen und daraus resultieren sehr große
Erntemengen bei gleichzeitig geringem Ressourcenaufwand. Zusätzlich wird derzeit an der ersten
industriellen Algenproduktionsanlage Österreichs gebaut, die im Herbst 2017 fertiggestellt werden soll.
Damit plant ecoduna die Erweiterung des eigenen Tätigkeitsfelds vom Anlagenerfinder bis hin zum
Produzenten von Biomasse. Mit der Kapazität von 780.000 Litern im Photo-Bioreaktorsystem wird ecoduna
dann zum größten Produzenten von Algenbiomasse auf europäischem Boden. Zusätzlich wird im selben
Produktionsgebäude eine Extraktionsanlage die Produktion von hochwertigen Fettsäuren wie Omega 3 oder
Farbstoffen ermöglichen. Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage von ECODUNA.
FACHINFORMATION ALGEN
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CO2USE / + EPP Seit mehreren Jahren wird von der EVN gemeinsam mit dem
Anlagenbauer Andritz und der Universität für Bodenkultur Wien
eine Versuchsanlage zur technischen und chemischen Nutzung
von CO2 betrieben. Dabei wird CO2 aus dem Rauchgas des
Kohlekraftwerks Dürnrohr separiert und in Flaschen abgefüllt.
In dem von der EVN geleiteten Projekt „CO2USE“ (2012 – 2015) wurde das so gewonnene CO2 speziell für
einen Photobioreaktor mit Mikroalgen genutzt. In diesem Reaktor wandeln die Algen CO2 mit Sonnenlicht
und Wasser zu einem biologisch abbaubaren, ungiftigen Biopolymer (Polyhydroxybutyrat, PHB). Etwa 10-
30 Prozent Biopolymere können aus entsprechender Algentrockenmasse gewonnen werden. Weitere
Informationen finden Sie auf der Homepage der EVN. Seit 2015 wird an der „Erhöhung der
Wirtschaftlichkeit der Verwertung von Abgas-CO2 zu Biogas und Biokunststoff mittels photoautortopher
Cyanobakterien“ geforscht (CO2USE + EPP). Das Vorhaben wird durch die Bioenergy2020+ GmbH
(Projektleitung) zusammen mit dem Institut für Umweltbiologie der Universität für Bodenkultur
durchgeführt.
FACHINFORMATION ALGEN
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BDI – BIOLIFE SCIENCE GMBH BDI - BioLife Science, eine 100-prozentige Tochter der BDI – BioEnergy
International AG, entwickelte ein eigen konzipiertes, geschlossenes
Algenzuchtsystem. Dieses System garantiert eine standortunabhängige,
konstante und wirtschaftliche Produktion von hochqualitativen
Algenwertstoffen unter optimalen Bedingungen. Ein besonderes Augenmerk
wurde bei der Verfahrensentwicklung auf die Energieoptimierung gelegt.
Dieses Indoor-Zuchtverfahren aus Grambach zählt zu den ökonomischsten
der Branche.
In einem ersten Schritt werden algenbasierte Grundstoffe für die Nahrungsergänzungsmittel-, die Kosmetik-
und die Pharmaindustrie produziert. Beispielhaft soll die algenbasierte Produktion von Astaxanthin erwähnt
sein. Dieser natürliche Farbstoff schützt und unterstützt das Hautgewebe und limitiert damit
Gewebeschädigungen um ein Vielfaches. Somit wird dieser Wertstoff vorrangig als Anti-Aging-Mittel,
Entzündungshemmer und UV-Schutz eingesetzt.
Durch weiterführende Forschung und Entwicklung wird BDI – BioLife Science diesen eingeschlagenen
Weg konsequent fortsetzen und um zukünftige, neue Produkte ergänzen. BDI – BioLife Science hat bereits
am Standort Grambach eine erfolgreich laufende Pilotanlage gebaut. Der nächste Produktionsschritt ist der
Bau der industriellen Anlage im Ökopark Hartberg, mit welchem noch 2017 begonnen wird.
FACHINFORMATION ALGEN
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ALGENFORSCHUNG IN ÖSTERREICH Da sich aus Algen die vielsitigsten Produkte herstellen lassen, gibt es in Österreich auch die
unterschiedlichsten Forschungsvorhaben. An dieser Stelle kann daher keine Auflistung aller relevanten
Projekte erfolgen, vielmehr sollen einige interessante Tätigkeiten der letzten Jahre exemplarisch vorgestellt
werden:
ALGAS – Algenbiomasse als Additiv in der Anaerobfermentation: Das durch die FFG geförderte Projekt
(Laufzeit 2012 – 2015) hatte zum Ziel, die Nutzung von Algen als Zusatzstoff in der Biogasproduktion zu
Evaluieren (Projektleitung Bioenergy2020+ GmbH).
NeCruPro – Next Generation Crude Production: Im von der FFG und der OMV geförderten Projekt (2013-
2014) wurden von der Montanuniversität Leoben (Projektleitung) gemeinsam mit Partnern die industrielle
Ölproduktion aus Mikroalgen erforscht. Diese könnten an energieintensiven Industriestandorten dezentral
unter Verwendung von vorhandenen Abwasser- und Rauchgasquellen produziert werden.
SAM – Synergie von Abwasserreinigung und Mikroalgenkultivierung (Projektleitung Bioenergy2020+
GmbH; Partner IFA-Tulln, Boku, Universität Wien; gefördert durch die FFG, Unterstützung durch Güssing
Renewable Energy; Laufzeit 2012 - 2013). Im Projekt wurden Konzepte erarbeitet, die Mikroalgen zur
Abwasserreinigung einsetzen und die produzierte Algenbiomasse zudem einer stofflichen und/oder
energetischen Nutzung zuführen.
AlgaeCycle – in diesem Projekt werden die vorhandenen Stoffe im Wasser, welches für die
Mikroalgenkultivierung benötigt wird, untersucht und dessen wiederverwertung zu optimieren (Boku, IFA-
Tulln, Bioenergy2020+ GmbH, Ecoduna; gefördert durch FFG; 2016- 2018).
FUEL4ME – Future European League for Microalgal Energy (gefördert durch FP7-ENERGY-2012-1 der
Europäischen Union, Laufzeit 2013 – 2016): Das Vorhaben hatte u.a. zum Ziel, einen nachhaltigen Prozess
zur kontinuierlichen Produktion von Biotreibstoffen aus Mikroalgen zu demonstrieren. Biokraftstoffe der
zweiten Generation sollen zu wettbewerbsfähige Alternativen zu fossilen Brennstoffen werden. Der
österreichische Partner Joanneum Research befasst sich u.a. mit der Frage der Treibhausgasemissionen bei
der Algenproduktion.
ALGAE&ENERGY: AUSTRIA: Algen – eine zukünftige erneuerbare Energiequelle? In diesem von der
FFG geförderten Projekt wurde der Stand der Technik und die zukunftsperspektiven für das österreichische
Energiesystem analysiert (Joanneum Research, gemeinsam mit TU Wien, Boku, Bioenergy2020+ GmbH).
In Österreich sind im Forschungsbereich Algen u.a. folgende Universitäten und Forschungseinrichtungen
aktiv:
– Universität für Bodenkultur Wien – IFA Tulln / Institut für Umweltbiotechnologie
– Universität Wien – Team Phycology
– Technische Universität Wien
– Montanuniversität Leoben - VTIU
– Bioenergy2020+ GmbH
– Johannes Keppler Universität Linz - Energieinstitut
– Joanneum Research Forschungsgesellschaft mbH
FACHINFORMATION ALGEN
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– FH Oberösterreich - Biosciences
– Universität Graz – Institut für Chemie
– BLT Wieselburg
– Management Center Innsbruck
Des Weiteren befassen sich folgende Unternehmen und Akteure mit den unterschiedlichsten Fragestellungen
im Bereich der Algen:
– Alchemia Nova GmbH
– Evasis edibles GmbH
– OMV AG
– Rohkraft Green GmbH
– Alga Pangea
6 KLIMAAKTIV – DIE KLIMASCHUTZINITIATIVE
KLIMAAKTIV IST DIE INITIATIVE des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt
und Wasserwirtschaft (BMLFUW) für aktiven Klimaschutz und Teil der Österreichischen Klimastrategie.
Das zentrale Ziel von klimaaktiv ist die Markteinführung und rasche Verbreitung klimafreundlicher
Technologien und Dienstleistungen. Ein Umbau unserer Gesellschaft in Richtung Nachhaltigkeit ist ein
komplexer, dynamischer sozialer Prozess, der nur geling en kann, wenn immer mehr AkteurInnen den
Veränder ungsprozess aktiv mitgestalten und dafür sorgen, dass der Wandel als Chance und Weg in eine
sichere Zukunft wahrgenommen wird.
Die vorliegene klimaaktiv Fachinfromation wurde vom Programm klimaaktiv nawaro markt erstellt. Die
Informationen wurden auf Grundlage von Fachliteratur und Expertengesprächen recherchiert. Zu den Zielen
diese Programms gehört es u.a., Wissen um die Verwendung von von nachwachsenden Rohstoffen
aufzubauen und deren Anwendung zu forcieren. Die gesteigerte Verwendung nachwachsender Rohstoffe
kann zur Senkung der CO2-Emissionen und somit zum Klimaschutz beitragen und hat das Potenzial, die
heimische Wirtschaft zu stärken.
Weitere Informationen erhalten Sie unter:
www.klimaaktiv.at
www.bmlfuw.at
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