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Post on 06-Nov-2019
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Allgemeines Verständnis von Ökosystemleistungen
ZUSAMMENFASSUNG
Erstellt im AlpES-Projekt WP T1 Ökosystemleistungen – Alpines KonzeptKofinanziert vom Europäischen Fonds für Regionalentwicklung (ERDF)
Ökosystemleistungen sind die Leistungen, die uns die
Natur bietet und die zum Wohlbefinden der Menschen
beitragen.
Oftmals ist dieser natürliche Beitrag mit menschlicher Arbeit oder anderen Interventionsformen verwoben.
Trotz der Bedeutung dieser Ökosystemleistungen für unser Wohlbefinden und unsere Wirtschaft ist uns dieser Zusammenhang im täglichen Leben oft nicht bewusst. Im Folgenden werden die drei Hauptklassen von Ökosystemleistungen vorgestellt:
Die Natur liefert Nahrung, Rohstoffe und Energie, die nicht nur für unser körperliches Wohlbefinden, sondern auch als Grundlage für unsere wirtschaftlichen Aktivitäten in vielen Sektoren von grundlegender Bedeutung sind. Beispiele für die so genannten Versorgungsleistungen sind Holz aus Wäldern, Wasser, Biomasse aus Grasland und Landwirtschaft, tierische Produkte wie Milch, Wolle oder Fleisch.
Ökosysteme steuern zudem viele Prozesse, die die Wassermenge sowie die Qualität von Boden, Wasser, Luft oder die Lebensbedingungen für Pflanzen und Tieren regeln. Beispiele für solche Regulierungsleistungen sind die Regulierung des Wasserabflusses durch Rückhaltung in Feuchtgebieten, die Regulierung der Luftverschmutzung durch Vegetation oder die Regulierung der Bodenqualität durch die Pufferung in Bodenschichten.
Schließlich gibt es auch kulturelle Leistungen, die wesentlich zum Wohlbefinden der Menschen beitragen und auf Ökosysteme und ihre Interaktion angewiesen sind. Beispiele für solche kulturellen Leistungen sind die Schönheit einer Berglandschaft, das Naturerlebnis, die Inspiration und Kreativität initiiert durch Natur oder auch spirituelle Erlebnisse.
In unserer Arbeit konzentrieren wir uns auf die Leistungen der Ökosysteme und die Güter, die sie zur Verfügung stellen, welche mit biotischen Aktivitäten, wie zum Beispiel Biomasseproduktion oder Regulierung durch ebensolche Prozesse verbunden sind. Dennoch sind auch abiotische Beiträge der Natur, wie Gesteine oder Energie (Wasserkraft, Windenergie, Solarenergie), relevante Güter. Sie können als “Umweltleistungen” betrachtet werden, aber nicht als Ökosystemleistungen im engeren Sinne der Definition, weil sie nicht auf biotischen Faktoren beruhen.
Was sind Öko-
systemleistungen?
Wie beeinflussen
sie unser Leben
und Wohlbefinden?
3
Ökosystemleistungen leisten einen wesentlichen Beitrag zum persönlichen Wohlbefinden und zur Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft - kurz gesagt: Sie sind die Basis für ein gutes Leben.
Ein Ausgangspunkt ist, sich des Zusammenhangs zwischen der Bereitstellung der Ökosystemleistungen und dem menschlichen Wohlbefinden bewusst zu werden und zu verstehen, von welchen Ökosystemleistungen wir abhängig sind (Nutzen und die Zuordnung eines Wertes). Daher sollten wir über das Vorkommen von Ökosystemleistungen, das Maß in dem sie bereitgestellt werden und ihre zeitliche Entwicklung informiert sein. Dafür müssen wir uns jedoch auch im Klaren darüber sein, dass und wie wir die Bereitstellung von Ökosystemleistungen durch unsere menschlichen Aktivitäten beeinflussen (Belastung).
Wir müssen berücksichtigen, ob die Ökosystemleistungen überwiegend durch natürliche Prozesse und Funktionen erbracht werden und in welchem Maße menschliche Einflüsse eine Rolle spielen. Mit anderen Worten: Ökosystemleistungen sind häufig eine Koproduktion von Ökosystem und menschlichen Faktoren. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Herstellung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen: Abhängig von der Bewirtschaftungspraxis verschiebt sich das Verhältnis in wie fern diese Faktoren zur Produktion beitragen so stark, dass der natürliche, vom Ökosystem erbrachte Anteil am geringsten ausfällt.
Die verschiedenen Faktoren sind hier im Einzelnen Ökosystemleistungen (abgeleitet vom Naturkapital), Maschinen und Dünger (Fabrikationskapital), Fähigkeiten und Wissen (Humankapital) sowie Normen und Institutionen (Sozialkapital).
Außerdem können Ökosystemleistungen verschiedene Rollen einnehmen: Manchmal stellen sie ein Endergebnis für den Verbraucher dar (z. B. klares Trinkwasser), manchmal sind sie ein Zwischenprodukt, das zu einer anderen Ökosystemleistung beiträgt (z. B. klares Wasser als Lebensraum für Fische und der Fisch als Endprodukt für Lebensmittel).
Wo liegt der Vorteil,
wenn wir Öko-
systemleistungen
anerkennen?
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Öko
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(201
3)
Bio- physikalische
Strukturen oder Prozesse
Funktion
Leistung
Nutzen
Wert
Σ Belastungen
Einflussnahme durch politisches Handeln
Unterstützende oder intermediäre Leistungen Finale Leistungen Güter und Nutzen
Umwelt Sozial- und WirtSchaftSSyStem
Wie können
wir mehr über
Ökosystem-
leistungen lernen?
Es gibt viele Arten Ökosystemleistungen zu identifizieren. Sie können auf verschiedene Weise erfasst werden. Oftmals verwenden wir Indikatoren, die die Ökosystemleistungen direkt (z. B. in Wäldern gewonnenes Holz, Grundwasser) oder indirekt (z. B. Wasserqualität von naturnahen Wasserträgern, unterschiedliche Bodenqualitäten als Indikator für Bodenfruchtbarkeit, Besucher von Naturschönheiten) messen können.
Die Darstellung der räumlichen Verteilung von Ökosystemleistungen auf einer Karte macht diese Informationen viel relevanter für die Entscheidungsfindung. Karten können aufzeigen, wo welche Ökosystemleistungen von großer Bedeutung sind und - bei Verwendung unterschiedlicher Zeitreihen - kann auch deren zeitliche Veränderung visualisiert werden.
Es ist nicht nur wichtig, das Angebot an Ökosystemleistungen zu kennen (als natürliches Potenzial sowie als tatsächlich verfügbare Menge), sondern auch deren Fluss, das heißt die tatsächliche Nutzung der Ökosystemleistungen durch den Menschen. Es ist sehr interessant, die Bereitstellung von Ökosystemleistungen sowie die Nachfrage
unserer Gesellschaft und Wirtschaft nach ihnen zu vergleichen. Dadurch kann eine Überbeanspruchung von Ökosystemleistungen, hervorgerufen durch eine unverhältnismäßige Nachfrage aufgezeigt werden. Hierbei entsteht ein Ökosystemleistungsfluss, der die Bereitstellung über das natürliche Potenzial hinaus treibt.
Darüber hinaus sollte man sich nicht nur auf eine einzelne Ökosystemleistung konzentrieren, sondern auch das Bündel (oder auch Cluster genannt) verschiedener Ökosystemleistungen betrachten, die in einem bestimmten Gebiet angeboten werden.
Es ist nahezu unmöglich, alle Ökosystemleistungen zu messen, da sie sehr vielfältig sind und der Aufwand für die Datenerhebung derzeit die Ressourcen der öffentlichen Verwaltung, der wissenschaftlichen Forschung und privater/wirtschaftlicher Initiativen übersteigt.
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a. Situation mit nicht nachhaltiger Überbeanspruchung b. Situation mit nachhaltiger Nutzung
natürliches Potenzial
verfügbar
natürliches Potenzial
verfügbar
ANGEBOT FLUSS NACHFRAGE ANGEBOT FLUSS NACHFRAGE
Wie können
wir Ökosystem-
leistungen in die
Entschedungs-
findung
einbeziehen?
Bislang gibt es kein Konzept, wie Ökosystemleistungen bei der formellen Entscheidungsfindung berücksichtigt werden können. Es ist aber durchaus möglich sie informell zu nutzen. Langfristig könnten sie ein Teil von Rechtsinstrumenten wie der Umweltverträglichkeitsprüfung oder Verfahren in der Raumplanung werden. Zwei Aspekte des Ökosystemleistungs-Ansatzes sind von Vorteil für die Entscheidungsfindung im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung:
Ökosystemleistungen erklären, wie wir Menschen von der Bereitstellung und Erhaltung von Naturgütern und Funktionen abhängig und betroffen sind. Es liegt daher in unserem eigenen Interesse, Ökosystemleistungen für die Sicherstellung eines guten Lebens und Wohlbefinden zu berücksichtigen und zu unterstützen.
Die Zielkonflikte und gegenseitigen Einflüsse zwischen den verschiedenen Ökosystemleistungen werden deutlich: Wenn wir beispielsweise die Nahrungsmittelproduktion in Überschwemmungsgebieten intensivieren, führt dies möglicherweise zu einer Verringerung der Hochwasserregulierung. Indem diese Konflikte offengelegt werden, können Diskussionen über die Auswirkungen unserer Aktivitäten auf die verschiedenen Ökosystemleistungen geführt werden. Dies kann ein Baustein der regionalen Entscheidungsfindung sein, in der verschiedene Akteure der Gesellschaft gemeinsam über ihren Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung entscheiden.
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Haben Ökosystem-
leistungen eine
ökonomische
Relevanz?
Ja - das tun sie in einem bemerkenswertem Maße! Verschiedene Studien belegen die ökonomische Relevanz von Ökosystemleistungen. Um nur zwei Beispiele zu nennen: Fehlende Hochwasserregulierung an der Elbe verursachte 2002 in Deutschland einen Schaden zwischen 9 und 15 Milliarden Euro. Rund 76 Milliarden Euro Umsatz werden jährlich durch die Verfügbarkeit von Holz als Rohstoff in Deutschland erwirtschaftet.
Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, die ökonomischen Auswirkungen von Ökosystemleistungen zu berechnen. Verbreitete Ansätze sind die Ermittlung von Marktwerten, falls die Leistungen eine Ähnlichkeit mit Gütern die gehandelt werden aufweisen (Bauholz, Wild oder Früchte) sowie die hedonische Preisbildung, die zum Beispiel durch höhere Mieten in der Umgebung von Grünflächen ihren Ausdruck findet. Durch die Kontingente Bewertungsmethode kann die „Bereitschaft für etwas zu zahlen“ ermittelt werden, indem zum Beispiel erfragt wird, wie viel Geld einzelne Personen ausgeben würden, um eine gefährdete oder seltene Art zu schützen. Über Reisekosten lassen sich die Vorlieben beim Besuch besonders schöner Landschaften und Erholungsgebiete erfassen, da sie die Investition widerspiegeln, die zum Erreichen dieser Orte aufgewendet wird.
Je nach gewählter Methode und den konkreten Gegebenheiten können sich die Kosten jedoch erheblich unterscheiden. Auch wenn einzelne Beträge eindrucksvoll sein mögen, sollte die ökonomische Bewertung von Ökosystemleistungen daher nur vorsichtig und von Experten der Ökonomie und Ökologie zusammen vorgenommen werden.
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Redaktion:
Martha DunbarCIPRA International, Schaan, Liechtenstein www.cipra.org
Im Auftrag des Amtes für Umwelt, Fürstentum Liechtenstein
Autor:
Rachele CarloniEurac Research, Institute for Alpine Environment
Graphic design:
Stefan Marzelli,Matthias Riedel,Linda SzücsInstitut für Umweltplanung und Raumentwicklung
Literatur:
Haines-Young, R. & Potschin, M. (2013): CICES. Towards a common classification of ecosystem services. V4.3. Hrsg. von European Environment Agency (EEA). Online verfügbar auf http://cices.eu/.
Referenzen für Fotos:Titel: Foto von Simon Rae auf Unsplash3: ifuplan/Christoph Moning; Foto von Jens Herrndorff auf Unsplash9: IRSNC/Tina Klemenčič11: Foto von Anthony Da Cruz auf Unsplash; Foto von Jerzy Gorecki auf Pixabay
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