anerkannte minderheitensprachen in Österreich
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Anerkannte Minderheitensprachen
in Österreich
E. Wulz, H. Prandstätter, Z. Kuruczová, L. Smerdova
IN AUTOCHTHONEN SIEDLUNGSGEBIETEN GESPROCHENE VOLKSGRUPPENSPRACHEN
Ungarisch 40.583 Slowenisch 24.855 Burgenlandkroatisch 19.412 Tschechisch 17.742 Slowakisch 10.234 Romani 6.273
RECHTSSTELLUNG DER VOLKSGRUPPEN
Bundesgesetz vom 7. Juli 1976 über die Rechtsstellung von Volksgruppen in Österreich (Volksgruppengesetz)
§ 1. (1) Die Volksgruppen in Österreich und ihre Angehörigen genießen den Schutz der Gesetze; die Erhaltung der Volksgruppen und die Sicherung ihres Bestandes sind gewährleistet. Ihre Sprache und ihr Volkstum sind zu achten.
(2) Volksgruppen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind die in Teilen des Bundesgebietes wohnhaften und beheimateten Gruppen österreichischer Staatsbürger mit nichtdeutscher Muttersprache und eigenem Volkstum.
(3) Das Bekenntnis zu einer Volksgruppe ist frei. Keinem Volksgruppenangehörigen darf durch die Ausübung oder Nichtausübung der ihm als solchem zustehenden Rechte ein Nachteil erwachsen. Keine Person ist verpflichtet, ihre Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe nachzuweisen.
ALLGEMEINES
• Anerkennung der Minderheitenrechte (-sprachen) der kroatischen und slowenischen Minderheit in Artikel 7 des Staatsvertrages von 1955
• Anerkennung der ungarischen Sprache in vier Gemeinden des Burgenlandes Amtssprachenverordnung für Ungarisch
auffallendste Merkmal der österreichischen Minderheitenpolitik
• verschiedene Bundesländer - unterschiedliche Umgangsweisen
• Bund, Länder und Gemeinden oft keine einheitliche Vorgangsweise
• Volksgruppen haben in bestimmten Regionen Anspruch auf muttersprachlichen Unterricht
• Zusätzliche Amtssprachen:
Burgenlandkroatisch und Slowenisch in einigen Gerichtsbezirken der Steiermark, des Burgenlandes und Kärntens
Ungarisch in vier Gemeinden des Burgenlandes
UNGARISCH/BURGENLAND-UNGARN
Sprecher: 40 000 Gebiet
GESCHICHTE
Besiedelung im MA (Grenzwächtersiedlungen) Sprachinsel Assimilierung Starke Einschränkungen unter NS Regime Erst 1976 im Volksgruppengesetz als
Minderheitensprache anerkannt
KÄRNTNER SLOWENEN
Sprecher: ca. 25 000 Gebiet:
GESCHICHTE Im 6. Jh. Besiedelung durch slawische Stämme Karantanien als Vorläufer Kärntens Assimilation„Deutsch waren nach wie vor der Adel und die
wohlhabenden Bürger der Städte und Märkte, aber auch das seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstehende vermögende Bürgertum, die Beamten und die freiberufliche Intelligenz. Nahezu alle Slowenen, die in diese soziale Gruppe aufstiegen nahmen die deutsche Sprache an. Auch auf die niederen bürgerlichen Schichten, die größtenteils noch slowenisch sprachen, wirkte die deutsche Oberschicht assimilierend.“
(Inzko: Geschichte der Kärntner Slowenen)
GESCHICHTE
Volksabstimmung 1920 (59% für Verbleib bei Österreich)
Windischentheorie Aussiedelung der Kärntner Slowenen Widerstand und Partisanentum 1955 Minderheitenrechte der Kärntner Slowenen
im Staatsvertrag reguliert Ortstafelstreit
(…) Die Polizei jagt die Partisanen bei Tag, nicht in der Nacht. Die Häuser umstellt, eine ganze Patrouillie, zwanzig und dreißig und vierzig und fünfzig Mann gegen die Frauen, die Kinder, die Schatten im Wald. Der Gefechtslärm im Haus, auf der Wiese, vor dem Stall, die brennenden Höfe, das Loch in der Brust des toten Partisans, der von einer Maschinengewehrsalve niedergemäht vor der Haustüre liegt, die Schreie von Anna, die um das Haus läuft bis sie sich geschlagen gibt von diesem Krieg, der sie heimgesucht hat in der Küche. Der grüne Brei den Mirka erbricht, nachdem sie erfährt, dass ihr Mann in Dachau gestorben ist. Das von der SS an den Beinen aufgehängte Mädchen, das später zusehen muss, wie Partisanen ihren Vater bedrohen. Die Ohrfeigen, die schmerzenden Köpfe der Kinder, während die Polizei die Speisekammern leert, damit nichts übrig bleibt für die Banden, die überall sind, im Heu und im Stall, in der Kammer, die Nahrungsmittel vergraben vor dem Zugriff der Polizei, der Partisanen.“ (Haderlap: S.239)
BURGENLANDKROATISCH IM BURGENLANDKROATISCHEN SPRACHGEBIET IM LAND BURGENLAND
FAKTEN
zu den südslawischen Sprachen gehörende Sprache
Sprecheranzahl in Österreich: ca. 20.000 (Stand: 2001), stark gefährdet
Gebiete: 84 Ortschaften (64 in Österreich, 14 in Ungarn, 5 in der Slowakei)
GESCHICHTE
16. Jahrhundert durch Türkenkriege verursachte Migration
kroatische Flüchtlinge im Westen des damaligen Ungarns angesiedelt
Herkunft (Karte): Velebitgebirge im Westen, Kulpa im Norden, Save im Osten, Una im Süden
Burgenlandkroaten nicht beteiligt bei Herausbildung einer einheitlichen kroatischen Standardsprache im 19. Jahrhundert
DIALEKTE
Drei kroatischen Dialektgruppen: Čakavisch, Štokavisch, Kajkavisch Schriftsprache basiert auf den örtlichen
čakavischen Dialekten, lateinische Alphabet
Beispiel: WAS?
SCHULE UND BILDUNGSWESEN
Verpflichtendes Kindergartenjahr und sprachliche Frühförderung
Kroatischunterricht in Schulen und höheren Bildungsanstalten
Burgenlandkroatisch im akademischen Bereich
MEDIEN
Kompetenzzentrum für Volksgruppen – Landesstudio Burgenland
Fernsehprogramme für die Volksgruppen im Burgenland
burgenlandkroatische Volksgruppenzeitungen audiovisuelle Produktionen in
burgenlandkroatischer Sprache
FÖRDERUNG UND ERHALT DER SPRACHE
Unterstützung kultureller und sprachlicher Aktivitäten
Kulturelle Aktivitäten außerhalb des autochthonen Siedlungsgebietes
Kulturpolitik im Ausland Grenzüberschreitender Austausch
ROMANES IM LAND BURGENLAND
FAKTEN
zu den indoeuropäischen Sprachen gehörende Sprache
Sprecheranzahl: ca. 25.000, abnehmend, stark gefährdet
Gebiete: Burgenland (ländlichen Raum oder in Kleinstädten wie Oberwart) und in den Nachbarstaaten Ungarn, Slowakei oder Slowenien
GESCHICHTE
Ersteinwanderung zwischen 1530 und 1680 Zigeunerverfolgung in den 1930er-Jahren 90 % der
Burgenlandroma in Konzentrationslagern ermordet
seit 1993 anerkannte Volksgruppensprache in Österreich
Ermordung von vier Roma im Februar 1995 in Oberwart
SCHULE UND BILDUNGSWESEN
Bildungschancen der Romakinder - außerschulische Lernbetreuung
Romanes-Sprachkurse Universität Graz Romanes Kochkurs
MEDIEN
kroatischsprachige Kinderzeitschrift „moj novi mini multi“ ins Burgenland-Roman übersetzt
Radio Burgenland - Roma sam (Magazin in Romanes)
ORF Burgenland - Servus, Szia, Zdravo, Del tuha
Audio- und audiovisuelle Werke
FÖRDERUNG UND ERHALT DER SPRACHE
Forschungsschwerpunkt an der Universität Graz
Roman - die Sprache der Burgenlandroma immaterielles Kulturerbe der UNESCO
Unterstützung kultureller und sprachlicher Aktivitäten
Kulturpolitik im Ausland Grenzüberschreitender Austausch
TSCHECHEN UND SLOWAKENin Österreich
(Wien)
ZAHL DER SPRECHER IN GEGENWART(ÖSTERREICH)
Tschechen: 17.742
Slowaken: 10.234
Mehrheit der Tschechen und Slowaken die österreichische Staatsbürgerschaft haben lebt
in Wien.
GESCHICHTE• Bis 1918 kein eigenständiger Staat der Tschechen
und/oder Slowaken
• 1918 Die Tschechoslowakei (erste Republik) =1 Tschechoslowakische Nation
• 1945 Wiedererrichtung der ČSR, 1948 Februarumsturz (ab 1960 ČSSR)
• 1968 Einmarsch der Truppen der Warschauer-Pakt-Staaten in die ČSSR
• 1989 Samtene Revolution (1990 ČSFR)
• 1. 1. 1993 die Tschechische Republik + dieSlowakische Republik
TSCHECHEN UND SLOWAKEN IN ÖSTERREICH(ÜBERSICHT)
Tschechen Slowaken
1. Hälfte des 19. Jhs 105 353 15 753
2. Hälfte des 19. Jhs 378 047 65 000
Nach dem ersten WK 200 000 4 802
Nach dem zweiten WK
30 000 – 40 000 3 000 – 4 000
Nach dem Jahr 1968 29 000 5 000
Nach dem Jahr 1989 8 033 10 000
Gegenwart (2001) 17.742 10.234
VEREINE
Tschecho – Slowakische VereineKulturklub der Tschechen und Slowaken Tschecho-Slowakisch-Österreichisches
KontaktforumVereinigung der Tschechen und Slowaken in
Österreich Tschechische VereineBibliotheksverein "Jirasek„ Slowakische VereineÖsterreichisch-slowakischer Kulturverein
SCHULE UND BILDUNGSWESEN
Der Schulverein Komensky• „Der Zweck des Schulvereines Komensky (§2
der Statuten) ist die Errichtung, Erhaltung und Unterstützung von Kindergärten, Horten, Volks- und Hauptschulen bzw. Sekundarschulen, Mittelschulen, Fach- und Sprachschulen in Österreich mit tschechischer und deutscher Unterrichtssprache.“
SCHULE UND BILDUNGSWESEN
Der Schulverein Komensky
Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht 1872 gegründet Zweisprachigkeit (tschechisch – deutsch) Slowakisch wird als Alternative zum
Gegenstand Tschechisch angeboten.
SCHULE UND BILDUNGSWESEN
Slowakisch als Unverbindliche Übung: 5 Schulen in Wien (4 Volksschulen + 1 Polytechnische
Schule)
Tschechisch als Uverbindliche Übung: 5 Schulen in Wien (3 Volksschulen + 1 Polytechnische
Schule + 1 Mittelschule)
SCHULE UND BILDUNGSWESEN
Universität Wien
2012/2013
Slowaken: 752 Studenten
Tschechen: 255 Studenten
SPRACHE
• Tschechisch und Slowakisch gehören zu slawischen Sprachen
• „Die Ähnlichkeit der slowakischen und tschechischen Sprache erlaubt es den Vertretern diesen beiden Völker miteinander in ihrer eigenen Muttersprache zu kommunizieren. Tschechich und Slowakisch sind sich so ähnlich, dass nur ungefähr 10% für die Vertreter der jeweils anderen Sprache unverständlich sind.“
EINFLUSS AUF DIE ÖSTERREICHISCHE STANDARDSPRACHE
nur noch wenig zu spuren vor allem noch in der Kuchen sprache:
Kolatsche = koláč (Plural koláče)
Kren = křen (CZ) chren (SVK)
Powidl = povidla (CZ)
Brimsen = bryndza (SVK)
MEDIEN
Zeitungen:• Vídeňské svobodné listy (Wiener freie Blätter)• Pohľady (Anblicke) Zeitschriften:• Kulturní měsíčník Čechů a Slovaků v Rakousku
(Monatszeitschrift fúr Kultur der Tschechen und Slowaken in Österreich)
• Česká a Slovenská Vídeň Dnes (Tschechisches und slowakisches Wien heute)
LITERATUR• Valeš, Vlasta (2004): Die Wiener Tschechen einst und Jetzt• Vrtielka, Ján (1997): Slováci v Rakúsku• Ebner, Jakob (2008): Duden. Österreichisches Deutsch. Eine
Einführung.• Kuruczová, Jana (2010): Personen mit Migrationshintergrund –
Potenzial für Österreichs Außenwirtschaft• http://www.mzv.sk/sivieden• http://www.komensky.at/wir-ueber-uns/unterrichtssprachen/
index.php• http://www.kulturklub.at/vereine.html• http://www.kulturklub.at/pdf/Publikationen/WrTschechen_Basler.pdf• http://www.kontaktforum-cs.at/index.php?
option=com_content&view=article&id=18&Itemid=19&lang=de• http://www.univie.ac.at/linguistics/publications/wlg/722005/
PurkarthoferRainerRapplWLG72.pdf• http://www.stadtschulrat.at/bilingualitaet/catid73/• http://forschung.univie.ac.at/fileadmin/user_upload/
forschungsservice/UNI_Report_2012_RZ.pdf
LITERATUR Inzko, Valentin (Hg.): Geschichte der Kärntner
Slowenen. Von 1918 bis zur Gegenwart unter Berücksichtigung der gesamtslowenischen Geschichte. Hermagoras. Klagenfurt 1988
Klemenčič, Matjaž; Klemenčič, Vladimir: Die Kärntner Slowenen und die Zweite Republik. Zwischen Assimilierungsdruck und dem Einsatz für die Umsetzung der Minderheitenrechte. Hermagoras. Kärnten 2010
Baumgartner, Gerhard: Geschichte und aktuelle Situation der der Volksgruppen. Drava. Klagenfurt 1995
Haderlap, Maja: Engel des Vergessens. Wallenstein. Göttingen 2011
Burgenländisch-Ungarischer Kulturverein: www.bukv.at www.minderheiten.at
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