aus der universitätsklinik für plastische chirurgie und
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Aus der
Universitätsklinik für Plastische Chirurgie und Schwerbrandverletzte,
Handchirurgiezentrum, Operatives Referenzzentrum für Gliedmaßentumoren
am
Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikum Bergmannsheil
der Ruhr-Universität Bochum
Direktor: Prof. Dr. med. Marcus Lehnhardt
Etablierung eines mit porkinen Fettgewebsstammzellen
(pASCs) besiedelten Implantates auf Alginatbasis für den
autologen Weichgewebeersatz
Inaugural-Dissertation
zur
Erlangung des Doktorgrades der Medizin
einer
Hohen Medizinischen Fakultät
der Ruhr-Universität Bochum
vorgelegt von
Christine Lämmle
aus Ehingen (Donau)
Dekan: Prof. Dr. med. Albrecht Bufe
Referent: Priv.-Doz. Dr. med. Tobias Hirsch
Korreferent: Priv.-Doz. Dr. med. Jörg Hauser
Tag der mündlichen Prüfung: 29.06.2017
Abstract
Christine Lämmle
Etablierung eines mit porkinen Fettgewebsstammzellen (pASCs) besiedelten Implantates auf
Alginatbasis für den autologen Weichgewebeersatz
Problem: ASCs (adipose-derived stem cells) sind mesenchymale Stammzellen, die sich osteogen, chondrogen
und adipogen differenzieren lassen und wegen ihrer unkomplizierten Gewinnung aus Fettgewebe eine vielver-
sprechende Alternative zu hämatologischen Stammzellen darstellen. Sie setzen Angiogenesefaktoren frei und
sichern damit ihre eigene Blutversorgung. Die Plastische Chirurgie erhofft sich in der Therapie tiefer Weichteil-
defekte einen Benefit durch ihren Einsatz. Die Herausforderung besteht hierbei in der Integration der Stamm-
zellen in bioresorbierbare Träger (Scaffolds), die den Austausch der ASCs mit dem umgebenden Gewebe zu-
lassen. Alginat ist ein Biopolymer, das diese Anforderungen erfüllen kann. Ziel dieser Arbeit war es, ein ASC-
besiedeltes Alginatscaffold für den autologen Weichgewebeersatz herzustellen.
Material und Methoden: Der erste Teil der Arbeit befasste sich mit der Herstellung des Alginatscaffolds. Um
dessen Biokompatibilität zu testen, wurden ein etablierter Zytotoxizitätstest (MTT-Assay) sowie Analysen zur
Hydrierungskapazität durchgeführt. Der zweite Teil bestand in der Isolation, Charakterisierung und adipogenen
Differenzierung porkiner ASCs (pASCs) in Zellkultur und im Scaffold. In gleicher Weise wurden humane
(hASCs) sowie murine (M2) mesenchymale Stammzellen differenziert. Das Angiogenesepotential der Stamm-
zellen in vitro wurde anhand eines VEGF-ELISAs und eines HUVEC Tube Formation Assays in Zellkultur und
im Scaffold ermittelt. Der dritte Teil enthielt einen in vivo-Versuch (CAM Angiogenese Assay) auf der Gasaus-
tauschmembran von Hühnerembryonen (Chorioallantoismembran = CAM). Das Angiogenesepotential pASC-
besiedelter Scaffolds wurde hierbei anhand der Auszählung einsprossender embryonaler Gefäße charakteri-
siert. Weiter wurden Scaffolds, besiedelt allein mit pASCs, sowie solche in Kombination mit Kollagen und pASCs
verglichen. Die verwendeten Proben wurden anschließend histologisch untersucht.
Ergebnisse: Nach Etablierung der Scaffold-Herstellung sowie der Stammzellisolation und -charakterisierung
zeigte sich, dass pASCs in den Scaffolds adipogen differenzierten und angiogen aktiv waren. Auch hASCs und
M2 differenzierten erfolgreich. Die Scaffolds zeigten im MTT-Assay eine Wachstumshemmung auf Zellen, die
durch Waschen der Scaffolds signifikant gesenkt werden konnte. Die VEGF-Sekretion von pASCs in Zellkultur
zeigte im Laufe der Differenzierung einen signifikanten Abfall. Dies galt nicht für die Differenzierung innerhalb
der Scaffolds. Generell ließ sich keine erhöhte VEGF-Sekretion alginatgebundener pASCs gegenüber solchen
in Zellkultur erkennen. Im HUVEC Tube Formation Assay führten pASCs, die über 21 Tage in Alginatscaffolds
differenzierten, zu den signifikant längsten Tubes. Dies galt für pASCs in Zellkultur und im Scaffold. Im CAM
Angiogenese Assay zeigten pASC-besiedelte Scaffolds signifikant mehr einsprossende Gefäße als die Nega-
tivkontrollen. Dasselbe galt für Scaffolds mit pASCs und Kollagen. Allgemein führte der Kollagenzusatz zu kei-
ner vermehrten Angiogenese. Die Histologie wies darauf hin, dass Zellen von der CAM in die Scaffolds einwan-
derten. Die Paraffineinbettung erwies sich als noch verbesserungsbedürftig für quantitative Analysen.
Diskussion: Die gewonnenen Daten weisen darauf hin, dass die hergestellten Implantate sowohl angiogen
aktiv sind und damit Wundheilung fördern als auch den Gewebeersatz durch Einbringen von in Adipozyten
differenzierenden Stammzellen ermöglichen können.
Für meine Familie
und
Jan Peter Engelhardt
1
1 EINLEITUNG 9
1.1 Weichteildefekte und Wundheilungsstörungen 9
1.1.1 Klinische Problematik der Weichteildefekte 9
1.1.2 Klassifikation von Weichteildefekten 9
1.1.3 Physiologische und pathologische Wundheilung 10
1.1.4 Weichteildefekte und Wundheilungsstörungen 12
1.2 Strategien der Defektdeckung 13
1.2.1 Die Rekonstruktive Leiter der Plastischen Chirurgie 13
1.2.2 Aktuelle klinische Methoden zur Deckung von Weichteildefekten 14
1.2.3 Prinzipien des Gewebeersatzes 15
1.2.4 Autologe Fetttransplantation für den Weichgewebeersatz 16
1.3 Tissue Engineering als neuer Therapieansatz 17
1.3.1 Grundlagen des Tissue Engineerings 17
1.3.2 Allgemeine Anforderungen an ein Scaffold 18
1.4 Biomaterialien 19
1.4.1 Grundlagen 19
1.4.2 Hydrogele 19
1.5 Alginat 24
1.5.1 Grundlagen zur Anwendung von Alginat im Tissue Engineering 24
1.5.2 Formen der Gelierung 25
1.6 Fettgewebe und Fettgewebsstammzellen (ASCs) 26
1.6.1 Eigenschaften weißen Fettgewebes 26
1.6.2 Eigenschaften von ASCs 26
1.6.3 Vorteile der Verwendung von ASCs gegenüber anderen Stammzellen 28
1.7 Angiogenese 31
1.7.1 Physiologische und pathologische Angiogenese 31
1.7.2 Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF) 32
1.8 ASCs im Tissue Engineering: Kooperation mit den Hohenstein Instituten 33
2 ZIELSETZUNG 34
3 METHODEN 35
3.1 Etablierung eines dreidimensionalen Alginatscaffolds für die 35
Stammzellbesiedlung
3.1.1 Herstellung der Protoscaffolds 35
3.1.2 Verhalten der Protoscaffolds in flüssiger Umgebung 36
3.1.3 Zytotoxizität der Protoscaffolds mittels MTT-Assay 36
2
3.2 Methodik der Zellkultur 38
3.2.1 Verwendete Zellen 38
3.2.2 Verwendete Medien 39
3.2.3 Verwendete Färbelösungen 39
3.2.4 Vitalität von hASCs in Alginatscaffolds 41
3.2.5 Isolation von pASCs 41
3.2.6 Kultivieren und Passagieren von Zellen 42
3.2.7 Kryokonservieren und Auftauen von Zellen 43
3.2.8 Charakterisierung von pASCs durch Differenzierung 43
3.2.9 Messung der VEGF-Sekretion bei adipogener Differenzierung 45
von pASCs mittels ELISA
3.3 Stammzellbesiedlung von Alginatscaffolds 47
3.3.1 Herstellung einer kollagenhaltigen Zellsuspension 47
3.3.2 Adipogene Differenzierung humaner, muriner und porkiner 48
MSCs in Alginatscaffolds
3.3.3 Messung der VEGF-Sekretion bei adipogener Differenzierung 49
von pASCs in Alginatscaffolds mittels ELISA
3.4 Angiogenes Potential pASC-besiedelter Alginatscaffolds 50
3.4.1 In vivo-Studie: CAM Angiogenese Assay 50
3.4.2 Messung der VEGF-Sekretion von pASCs in Alginatscaffolds 52
mit und ohne Kollagen
3.4.3 HUVEC Tube Formation Assay 52
3.5 Histologie pASC-besiedelter Alginatscaffolds auf der CAM 53
3.6 Statistische Auswertung 55
4 ERGEBNISSE 56
4.1 Etablierung eines Alginatscaffolds für die Stammzellbesiedlung 56
zum autologen Weichgewebeersatz
4.1.1 Herstellung der Protoscaffolds 56
4.1.2 Verhalten der Protoscaffolds in flüssiger Umgebung 57
4.1.3 Zytotoxizität der Protoscaffolds mittels MTT-Assay 59
4.2 Vitalität von hASCs in Alginatscaffolds 59
4.3 Isolation, Charakterisierung und Proliferation von pASCs 60
4.4 Adipogene Differenzierung humaner, muriner und porkiner MSCs in Zellkultur 63
4.5 Adipogene Differenzierung humaner, muriner und porkiner 63
MSCs in Alginatscaffolds
4.6 VEGF-Sekretion von pASCs in Alginatscaffolds mit und ohne Kollagenzusatz 65
3
4.7 VEGF-Sekretion bei adipogener Differenzierung von pASCs 65
4.8 CAM Angiogenese Assay 67
4.9 HUVEC Tube Formation Assay 68
4.10 Histologie pASC-besiedelter Alginatscaffolds auf der CAM 71
5 DISKUSSION 73
5.1 Herstellung und Optimierung der Alginatscaffolds 73
5.1.1 Herstellungsprozess der Protoscaffolds 73
5.1.2 Verhalten in flüssiger Umgebung 74
5.1.3 Wachstumshemmung 75
5.2 Zellbesiedlung der Alginatscaffolds 76
5.2.1 Verhalten von ASCs in Alginat 76
5.2.2 Adipogene Differenzierung von MSCs in Alginat 77
5.2.3 Physikalische Eigenschaften von Alginatscaffolds im Rahmen 78
des Zelltransports
5.3 Isolation und Proliferation von pASCs 79
5.4 Angiogenes Potential pASC-besiedelter Alginatscaffolds 80
5.4.1 Der Zusatz von Kollagen 80
5.4.2 VEGF-Sekretion 81
5.4.3 CAM Angiogenese Assay 83
5.4.4 HUVEC Tube Formation Assay 83
5.5 Histologie pASC-besiedelter Alginatscaffolds auf der CAM 85
5.6 Eignung pASC-besiedelter Alginatscaffolds für den Weichgewebeersatz 86
5.7 Ausblick Tierversuch 87
6 ZUSAMMENFASSUNG 89
7 LITERATURVERZEICHNIS 91
8 DANKSAGUNG
9 LEBENSLAUF
4
Abkürzungen
α-MEM α-Minimum Essential Medium
Abb. Abbildung
Ang-1 / 2 Angiopoetin-1 / 2
ASCs Fettgewebsstammzellen (Adipose-derived Stem Cells)
ATPS Standardbedingungen (Ambient Temperature, Pressure, Saturation)
Ba2+ Barium
bFGF basischer Fibroblasten-Wachstumsfaktor (basic Fibroblast Growth Factor)
BMSCs Knochenmarksstammzellen (Bone Marrow-derived Stem Cells)
°C Grad Celsius
Ca2+ Calcium
CaCl2 Calciumchlorid
CaCO3 Calciumcarbonat
CaSO4 Calciumsulfat
CAM Gasaustauschmembran des Hühnereis (Chorioallantoismembran)
CD Cluster of Differentiation, immunphänotypischer Oberflächenmarker
cm Zentimeter
CO2 Kohlendioxid
d Tag (day)
DAPI 4′,6-Diamidin-2-phenylindol
ddH2O doppelt destilliertes Wasser
DMEM Dulbecco’s Modified Eagle Medium
DMSO Dimethylsulfoxid
DNA Desoxyribonukleinsäure
EDTA Ethylendiamintetraacetat
EGF Epidermaler Wachstumsfaktor (Epidermal Growth Factor)
ELISA Enzyme-Linked Immunosorbent Assay
ESCs Embryonale Stammzellen (Embryonic Stem Cells)
EZM Extrazellulärmatrix
FCS Fötales Kälberserum (Fetal Calf Serum)
g Gramm
G α-L-Guluronat
GDL Glucono-δ-Lakton
GM-CSF Granulozyten-Makrophagen-Wachstumsfaktor (Colony Stimulating Factor)
h Stunde (hour)
HA Hyaluronan
5
hASCs Humane Fettgewebsstammzellen (human Adipose-derived Stem Cells)
HB-EGF Heparinbindender epithelialer Wachstumsfaktor (Heparin-Binding Epithelial
Growth Factor)
HCl Salzsäure
HE Hämatoxylin-Eosin
HEPES 2-(4-(2-Hydroxyethyl)-1-piperazinyl)-ethansulfonsäure
HF AST Humane Fibroblasten aus adultem Hautgewebe (Human Fibroblasts from
Adult Skin Tissue)
HGF Hepatozytenwachstumsfaktor (Hepatocyte Growth Factor)
HUVECs Humane Endothelzellen der Umbilikalvene (Human Umbilical Vein Endo-
thelial Cells)
IBMX 3-Isobutyl-1-methylxanthin
IGF-1 Insulin-ähnlicher Wachstumsfaktor 1 (Insulin-like Growth Factor 1)
IL-1 / 8 Interleukin-1 / 8
INF-γ Interferon-γ
iPSCs induzierte pluripotente Stammzellen (induced Pluripotent Stem Cells)
kDa Kilodalton
kpx Kilopixel
λ Wellenlänge in nm
L929 Murine Fibroblastenlinie
µl Mikroliter
µm Mikrometer
M β-D-Mannuronat
M Stoffmengenkonzentration (Molarität), Einheit mol / l
M2 Murine Knochenmarksstammzellen
M200 Endothelzell-Kulturmedium
mbar Millibar
mg Milligramm
Mg2+ Magnesium
min Minute
ml Milliliter
mm Millimeter
mm Hg Millimeter Quecksilbersäule
MSCs Mesenchymale Stammzellen (Mesenchymal Stem Cells)
MTT 3-(4,5-Dimethylthiazol-2-yl)-2,5-diphenyltetrazoliumbromid
n Probenanzahl
Na+ Natrium
6
NaCl Natriumchlorid
NaOH Natriumhydroxid
nm Nanometer
NPWT Negativdrucktherapie (Negative Pressure Wound Therapy)
OD Optische Dichte
P / S Penicillin / Streptomycin
pASCs Porkine Fettgewebsstammzellen (porcine Adipose-derived Stem Cells)
PBS(T) Phosphatgepufferte Salzlösung (+ Tween®20) (Phosphate-Buffered Saline)
PDGF Plättchenwachstumsfaktor (Platelet-Derived Growth Factor)
PEG(DA) Polyethylenglykol(di(meth)acrylate)
pg Pikogramm
PGA Polyglykolsäure
PI Propidiumiodid
PLA Polylactid
PLGA Polylactid-co-Glykolid
PLGF Plazenta-Wachstumsfaktor (Placental Growth Factor)
RGD Aminosäurensequenz aus Arginin-Glycin-Asparaginsäure
rpm Umdrehungen pro Minute (rounds per minute)
T25 / T75 Zellkulturflasche mit Wachstumsfläche von 25cm2 / 75cm2
Tab. Tabelle
TGF-α / β Transforming Growth Factor-α / β
TNF-α Tumornekrosefaktor-α (Tumor Necrosis Factor-α)
UCBSCs Stammzellen aus Umbilikalvenenblut (Umbilical Cord Blood Stem Cells)
VEGF Vascular Endothelial Growth Factor
w / v Massenkonzentration in Gewicht / Volumen, Einheit %
z. B. zum Beispiel
7
Abbildungen
Abbildung 1: Physiologische Wundheilung 11
Abbildung 2: Relation von Weichteildefekten sowie Wundheilungs- und 12
Durchblutungsstörungen
Abbildung 3: Rekonstruktive Leiter 13
Abbildung 4: NPWT mit Polyurethanschwamm und -folie 15
Abbildung 5: Tissue Engineering 17
Abbildung 6: Chemische Struktur der Alginatpolymere 24
Abbildung 7: Externe Gelierung am Beispiel der Herstellung 26
sogenannter Alginat-„beads“
Abbildung 8: Systematik der Stammzellen 28
Abbildung 9: Die VEGF-Familie und ihre Rezeptoren 33
Abbildung 10: Chemische Reaktion der internen Alginatgelierung 35
Abbildung 11: Pipettierschema des Zytotoxizitätstests mittels MTT-Assay 37
Abbildung 12: Enzyme-linked immunosorbent assay (ELISA) 46
Abbildung 13: Schematischer Aufbau der Differenzierung von MSCs 49
in Alginatscaffolds
Abbildung 14: Prinzip des CAM Angiogenese Assays 51
Abbildung 15: Struktur des Protoscaffolds 57
Abbildung 16: Gewicht der Protoscaffolds bei alternierender Hydrierung und 58
Lyophilisierung
Abbildung 17: Zytotoxizität der Alginatscaffolds 59
Abbildung 18: Vitalitätsanalyse von hASCs in Alginatscaffolds 60
Abbildung 19: Isolation und Charakterisierung von pASCs 62
Abbildung 20: Adipogene Differenzierung humaner, muriner und porkiner MSCs 63
Abbildung 21: Adipogene Differenzierung verschiedener MSCs in Alginatscaffolds 64
Abbildung 22: VEGF-Sekretion aus pASC-besiedelten Alginatscaffolds 65
Abbildung 23: VEGF-Sekretion von pASCs in Zellkultur und in Alginatscaffolds 66
während der adipogenen Differenzierung
Abbildung 24: CAM Angiogenese Assay 67
Abbildung 25: Angiogenesepotential in vivo 68
Abbildung 26: HUVEC Tube Längen nach Konditionierung mit Medien aus 69
(kollagenhaltigen) pASC-besiedelten Scaffolds
Abbildung 27: HUVEC Tube Längen nach Konditionierung mit Medien adipogen 70
differenzierter pASCs in Zellkultur oder im Alginatscaffold
Abbildung 28: Färbung paraffineingebetteter Proben 72
8
Tabellen
Tabelle 1: Klassifikation von Weichteilschäden bei offenen Frakturen 10
nach Gustilo und Anderson.
Tabelle 2: Klassifikation von Weichteilschäden bei Frakturen 10
nach Oestern und Tscherne
Tabelle 3: Eigenschaften wichtiger Hydrogele 22
Tabelle 4: Molekularer Phänotyp der ASCs 27
Tabelle 5: Zelltypen, die durch Differenzierung von ASCs entstehen 27
Tabelle 6: Stammzelleigenschaften 30
Tabelle 7: Übersicht über die wichtigsten Angiogenesefaktoren 31
Tabelle 8: Übersicht der verwendeten Zellen 38
Tabelle 9: Übersicht der verwendeten Medien 39
Tabelle 10: Übersicht der verwendeten Färbelösungen 40
Tabelle 11: Lösungen zur Verwendung von kollagenhaltigen Zellsuspensionen 47
Tabelle 12: Probemedien des HUVEC Tube Formation Assays 53
Tabelle 13: Schema der Probenfixierung für die histologische Aufbereitung 53
Tabelle 14: Schema der Deparaffinierung für die histologische Färbung 54
9
1 EINLEITUNG
1.1 Weichteildefekte und Wundheilungsstörungen
1.1.1 Klinische Problematik der Weichteildefekte
2015 verzeichnete die American Society of Plastic Surgeons® (ASPS®) 5,8 Millionen rekon-
struktive Eingriffe, davon 4,5 Millionen Tumorentfernungen sowie über 106 000 nichtkos-
metische Brustrekonstruktionen (ASPS 2016). Die Dimension dieser Zahlen demonstriert,
dass eine klare Strategie in der Deckung von Weichteildefekten immer unverzichtbarer wird.
Von besonderem Interesse ist dabei die Rekonstruktion von Fettgewebe, das mit 10 - 29 %
Körpergewichtsanteil die Hauptkomponente des Weichteilgewebes darstellt (Hong, Peptan
et al. 2006, Bauer-Kreisel, Goepferich et al. 2010, Tocco, Widgerow et al. 2014). Der Begriff
„Weichteilgewebe“ umfasst Fett-, Muskel- und Bindegewebe und schließt dazugehörige
kleine Blutgefäße sowie Lymphabflusswege und Nerven mit ein. Diese Gewebearten die-
nen nicht nur als Energiereservoir und sind metabolisch, hormonell und immunologisch ak-
tiv, sie gewährleisten auch die Erhaltung der Körperform, den Zusammenhalt sämtlicher
Körperstrukturen und den Schutz innerer Organe. Weiterhin steuern sie Bewegungsabläufe
und dienen der Körperstatik.
Weichteildefekte stellen somit kein rein ästhetisches, sondern auch ein funktionelles Prob-
lem dar. Sie kommen kongenital vor oder resultieren aus akuten Traumata, wie sie in der
Unfall- und Verbrennungschirurgie anzutreffen sind. Sie entstehen in der extensiven Tu-
morchirurgie, wie z. B. bei der onkologischen Mastektomie mit nachfolgender Radiatio bei
Mammakarzinomen oder der Sarkomchirurgie. Häufig weist auch das gegenwärtige Pati-
entengut chronische Erkrankungen auf, welche aufgrund von Immundefekten oder einer
gestörten Mikrozirkulation Weichteildefekte und Wundheilungsstörungen fördern und unter-
halten, wie z. B. Diabetes mellitus, periphere arterielle Verschlusskrankheit, chronisch ve-
nöse Insuffizienz oder Nikotinabusus. In solchen Fällen bringen Weichteildefekte erhöhte
Infektionsraten, eine erhöhte Mortalität, verlängerte Krankenhausaufenthalte und eine öko-
nomische Belastung für das Gesundheitssystem mit sich.
1.1.2 Klassifikation von Weichteildefekten
Weichteildefekte werden im unfallchirurgischen Kontext offener oder geschlossener Frak-
turen klassifiziert. Im englischsprachigen Raum wird dabei vor allem die Klassifikation bei
offenen Frakturen nach Gustilo und Anderson verwendet, im deutschsprachigen Raum
auch die nach Oestern und Tscherne. Da diese Klassifikationen vor allem unfallchirurgisch
prognostisch und therapeutisch bedeutsam sind, kommen sie in der Plastischen Chirurgie
10
kaum zum Einsatz. Je höher der Einteilungsgrad, desto komplexer der Defekt, desto höher
die Infektionsgefahr und desto anspruchsvoller die Therapie. Eine verringerte Durchblutung
führt zwangsläufig zur Einstufung in einen hochgradigen Weichteildefekt und erfordert so-
fortige chirurgische Intervention.
Tabelle 1: Klassifikation von Weichteilschäden bei offenen Frakturen nach Gustilo
und Anderson (Ziegler, Hirner et al. 2008).
Tabelle 2: Klassifikation von Weichteilschäden bei Frakturen nach Oestern und
Tscherne (Ziegler, Hirner et al. 2008).
1.1.3 Physiologische und pathologische Wundheilung
Die physiologische Wundheilung durchläuft vier dynamische Stadien. In einem frischen Ge-
webedefekt kommt es zunächst zum provisorischen Wundverschluss durch Hämostase.
Die Aktivierung der Gerinnungskaskade und eine lokale Vasokonstriktion führen zur Bildung
11
thrombotischen Materials und zur Blutstillung. Eine provisorische Extrazellulärmatrix (EZM)
aus Fibrin, Fibronektin und Proteoglykanen wird gebildet. Durch eine nachfolgende Vasodi-
latation wird eine lokale Inflammation mit Hyperämie und Ödem eingeleitet. Thrombozyten
und Endothelzellen sezernieren chemotaktisch aktive Mediatoren wie PDGF, IGF-I, EGF,
TGF-β und TNF-α, welche die Einwanderung von Zellen der unspezifischen Immunabwehr
fördern. Neutrophile Granulozyten setzen nun zunächst Proteasen wie Kollagenase und
Elastase zum Abbau beschädigter EZM frei, zerstören Bakterien und unterhalten die initiale
Entzündungsreaktion durch Freisetzung proinflammatorischer Mediatoren wie TNF-α. Die
Wundreinigung erfolgt daraufhin hauptsächlich durch Makrophagen, welche Zelldetritus
und Bakterien beseitigen. Komplettiert wird die Immunreaktion durch Einwanderung von
Lymphozyten, Zellen der spezifischen Abwehr. Makrophagen nehmen eine zentrale Rolle
in der Wundheilung ein. Sie sezernieren proinflammatorische Zytokine wie IL-1 und TNF-α
und Wachstumsfaktoren wie TGF-α, TGF-β, bFGF und HB-EGF, welche die Proliferations-
phase mit Einwanderung von Fibroblasten und Endothelzellen zur Bildung von Granulati-
onsgewebe einleiten. Während des „Remodellings“ kommt es zum Umbau der EZM in ein
stabiles Gerüst aus Kollagen, Glykosaminoglykanen und Proteoglykanen. Dieser erfolgt
durch die balancierte Interaktion von Matrix-Metalloproteinasen und ihrer Inhibitoren, wel-
che beide von Fibroblasten sezerniert werden. Die Reepithelialisierung erfolgt zuletzt so-
wohl durch Kontraktion der Wundränder als auch durch die horizontale Migration von Ke-
ratinozyten auf dem Granulationsgewebe, welches sodann in Narbengewebe umgebaut
wird (Mast and Schultz 1996).
Abbildung 1: Physiologische Wundheilung (Cherubino, Rubin et al. 2011).
12
Grundsätzlich gilt, dass die Blutversorgung eines Gewebedefekts entscheidend ist für des-
sen Heilung. Eine fehlerhafte Kapillareinsprossung in das Wundbett führt zur Gewebehy-
poxie, zur unzureichenden Migration von Zellen und Mediatoren ins Wundgebiet, demnach
zu gestörten Reparaturmechanismen und resultiert in der verzögerten Heilung oder Chro-
nifizierung eines Defekts. Die sogenannte Neovaskularisierung wird sowohl durch angio-
gene Wachstumsfaktoren (siehe Kap. 1.7) als auch durch eine lokale Gewebshypoxie, ei-
nen niedrigen pH-Wert und hohe Laktatspiegel im Wundbett gefördert. Der Wunde werden
damit ausreichend Sauerstoff und Nährstoffe für die Heilung zugeführt und Metabolite kön-
nen aus dem Wundbett abtransportiert werden. Angiogene Wachstumsfaktoren werden von
Fibroblasten und Endothelzellen sezerniert (Mast and Schultz 1996). Entscheidend für die
Heilung tiefer Defekte ist jedoch auch die Aktivierung lokaler Stammzellen, im Falle von
Fettgewebe sogenannter „adipose-derived stem cells“ (ASCs) (Wu, Chen et al. 2007). Die
Bedeutung von ASCs und ihrer angiogenen Eigenschaften ist mitunter zentraler Gegen-
stand dieser Arbeit (siehe Kap. 1.6 und 1.7).
Eine pathologische Wundheilung entsteht vor allem durch Infektionen, Ödeme, überschüs-
siges Gewebeexsudat und Ischämie (Novak et al. 2014). Die Wundheilung stagniert in der
Inflammationsphase, es kommt zur Chronifizierung oder Tiefenausbreitung.
1.1.4 Weichteildefekte und Wundheilungsstörungen
Weichteildefekte, die per definitionem bereits tiefreichende Gewebeschäden darstellen,
können auf Grund ihrer häufig unzureichenden Wundbettperfusion die Entstehung der unter
Kap. 1.1.3 genannten Komplikationen begünstigen und damit zu Wundheilungsstörungen
führen. Wenn der entstandene Defekt eine kritische Größe erreicht, bzw. wenn tieferlie-
gende Strukturen wie Sehnen, Nerven oder Knochen freiliegen, ist eine reguläre Wundhei-
lung nicht möglich. Dann muss eine Plastische Rekonstruktion erfolgen. Damit besteht vor
dem Hintergrund einer gestörten Gewebeperfusion eine wechselseitige Assoziation zwi-
schen Weichteildefekten und Wundheilungsstörungen.
Abbildung 2: Relation von Weichteildefekten sowie Wundheilungs- und Durchblu-
tungsstörungen.
13
1.2 Strategien der Defektdeckung
1.2.1 Die Rekonstruktive Leiter der Plastischen Chirurgie
Um die individuell beste Art der definitiven Defektdeckung zu finden, beruft sich der Plasti-
sche Chirurg auf das Konzept der „Rekonstruktiven Leiter“, aus welchem er diejenige Be-
handlungsmethode auswählt, die er am geeignetsten für einen gegebenen Defekt hält. Die
Deckungsverfahren der Rekonstruktiven Leiter sind nach steigender Komplexität angeord-
net. Es gilt, für einen vorliegenden Defekt die einfachste und am wenigsten traumatische
Behandlungsmethode zu finden, also so niedrig wie möglich auf der Rekonstruktiven Leiter
zu arbeiten (Boyce and Shokrollahi 2006).
Abbildung 3: Rekonstruktive Leiter (Boyce and Shokrollahi 2006).
Dieses klassische Konzept kann durch die Vakuumversiegelung, den Dermisersatz oder
die Unterscheidung der Lappen nach Nah- und Fernlappen erweitert werden (Janis, Kwon
et al. 2011).
Die Deckung von Weichteildefekten erstreckt sich über die gesamte Rekonstruktive Leiter
und stellt eine große Herausforderung an den Chirurgen dar. Ein sofortiger Wundverschluss
ist wegen der in Kap. 1.1.3 genannten Komplikationen häufig unmöglich. In solchen Fällen
14
kommt die temporäre Deckung mit körperfremdem Material, wie die Vakuumversiegelung,
zum Einsatz (Novak et al. 2014). Eine erfolgreiche Defektdeckung hängt von den Eigen-
schaften des Deckungsmaterials ab. Handelt es sich um synthetisches Material, so spielen
antimikrobielle Eigenschaften und physikalische Faktoren, wie die Permeabilität und der
Abtransport von Wundflüssigkeit, eine Rolle. Hohe Flüssigkeitsverluste können zum Weg-
schwemmen des Deckmaterials führen. Bei körpereigenem Material wie einer Lappenplas-
tik ist der Anschluss an das Gefäßnetz von entscheidender Wichtigkeit für die Einheilung
an der Empfängerstelle.
1.2.2 Aktuelle klinische Methoden zur Deckung von Weichteildefekten
Die beiden geläufigsten Therapien bei freiliegendem Fett, Knochen, Knorpel oder
Sehnengewebe sind die Vakuumversiegelung mit sekundärem Wundverschluss und die
Lappenplastik.
Da bei der Vakuumversiegelung kein Vakuum im eigentlichen Sinne, sondern ein leichter
Negativdruck unter atmosphärischem Niveau angelegt wird, ist die englische Bezeichnung
„Negative Pressure Wound Therapy” (NPWT) besser geeignet. Gängige Systeme gehen
auf Fleischmann et al. zurück und haben sich seit 1993 in der Behandlung von Weichteil-
defekten bewährt (Fleischmann, Strecker et al. 1993). Das Prinzip der NPWT besteht in der
luftdichten Wundokklusion durch einen folienbedeckten Schwamm aus Polyvinylalkohol
(PVA) oder Polyurethan (PU) und die Wunddrainage durch ein Unterdrucksystem von -125
mmHg (Novak et al. 2014). Vorteile der NPWT, besonders bei komplizierten Defekten, sind
die Reduktion der Bakterienzahl und des Wundödems durch Abtransport des Wundexsu-
dates, die Bildung von Granulationsgewebe und die Förderung der Wundkontraktion, die
Einwanderung von Stammzellen bei verbesserter Mikrozirkulation sowie seltenere Ver-
bandswechsel und verkürzte Liegezeiten bis zum endgültigen Wundverschluss (Cherubino,
Rubin et al. 2011, Janis, Kwon et al. 2011). Jedoch bringt die NPWT einen finanziellen und
apparativen Aufwand durch die notwendige kontinuierliche Einstellung des Unterdrucks mit
sich. Ausschlaggebend ist die penible Abdichtung, die je nach Defektlokalisation schwierig
ist. Die klinische Praxis zeigt, dass die NPWT häufig mit anderen plastischen Deckungsver-
fahren kombiniert werden muss und eher zur Wundbettvorbereitung dienlich ist.
15
Abbildung 4: NPWT mit Polyurethanschwamm und -folie (Novak et al. 2014).
Derzeitiger Goldstandard zur definitiven Deckung voluminöser Defekte ist die Verwendung
von Lappenplastiken. „Ein Lappen ist ein Gewebeanteil mit einem vaskulären Versorgungs-
netz, der zur Rekonstruktion eines sekundären Gewebedefektes verpflanzt wird” (Vogt
2011). Demnach handelt es sich um einen autologen Gewebetransfer (siehe Kap. 1.2.3).
Der Lappen wird dem jeweiligen Defekt individuell angepasst. Je nach Gewebezusammen-
setzung spricht man von (faszio-), (myo-)kutanen oder Muskellappen. Abgesehen von
Weichgewebelappen werden osteo(myo)kutane oder auch freie Omentum-majus-Lappen
transplantiert. Das Defizit liegt, abgesehen von dem komplexen chirurgischen Eingriff, in
der Hebedefektsetzung am Spenderareal und der damit verbundenen „donor site morbidity“
mit Narbenbildung, verminderter Beweglichkeit und Asymmetrie. Komplikationen des Emp-
fängerareals sind Dehiszenz, Infektion und Lappennekrose (Bauer-Kreisel, Goepferich et
al. 2010). Bei den gängigsten Lappen zur Deckung von Druckulzera liegt die Komplikati-
onsrate des Empfängerareals bei 11,7 - 19,6 % (Sameem, Au et al. 2012). Heilt ein Lappen
nicht ein, unterzieht sich der Patient weiteren Operationen, den damit verbundenen Risiken,
Vollnarkosen und verlängerten Krankenhausaufenthalten.
1.2.3 Prinzipien des Gewebeersatzes
Grundsätzlich kann der Gewebeersatz alloplastisch, allogen, xenogen oder autolog erfol-
gen.
Alloplastische Stoffe sind Biomaterialien, die vollsynthetisch oder durch ausgiebige Bear-
beitung aus xenogenem Gewebe hergestellt werden (IMC 2016). Im orthopädisch-unfall-
chirurgischen Bereich kommen Knochenersatzmaterialien aus Metallen und Kunststoffen
sowie Keramiken und Zemente aus Kalziumsalzen zum Einsatz (Rentsch, Rentsch et al.
16
2012). In der Verbrennungschirurgie werden azelluläre Dermisersatzmaterialien aus Kol-
lagen und Chondroitin-6-sulfat allein oder in Kombination mit Hauttransplantaten verwen-
det. Die Einheilungsrate dieser dermalen Matrizes liegt zwischen 35 und 96 % (Janis, Kwon
et al. 2011).
Von allogenem Gewebetransfer spricht man, wenn Gewebe innerhalb einer Spezies trans-
plantiert wird, wie bei Organtransplantationen. In der Plastischen Chirurgie kommt dieses
Prinzip durch die temporäre Teildeckung großer Verbrennungsareale mit Fremdhaut zum
Einsatz (Vogt 2011).
Xenogene Transplantate kommen wegen potentieller Immunogenität und Infektionsrisiken
selten zum Einsatz. Geläufige Beispiele sind dezellularisierte Herzklappen oder -gefäße
von Schweinen und Rindern sowie porkine Dünndarmsubmukosa zum Gefäßersatz
(Teebken, Wilhelmi et al. 2005).
Bei der autologen Transplantation sind Spender und Empfänger identisch. Beispiele sind
die Stammzelltherapie in der Hämatoonkologie (Illerhaus, Marks et al. 2006), Hauttrans-
plantationen in der Plastischen Chirugie oder die Spongiosaauffüllung von Knochendefek-
ten in der Orthopädie und Unfallchirurgie (Vogt 2011).
1.2.4 Autologe Fetttransplantation für den Weichgewebeersatz
Fettgewebe stellt den Großteil des menschlichen Weichgewebes und ist daher das ideale
Ersatzmaterial für die Weichteildefektdeckung: Es kommt nahezu ubiquitär vor, ist an der
richtig gewählten Donorstelle relativ verzichtbar und kann häufig von überschüssigen De-
pots ohne Konturdefekt entnommen werden (Patrick 2001, Hong, Peptan et al. 2006). Au-
totransplantationen von Fettgewebe wurden bereits 1893 beschrieben und 1989 erstmalig
als klinischer Versuch publiziert (Tocco, Widgerow et al. 2014). Sogenannte „fat grafts“ hin-
terlassen keinen signifikanten Hebedefekt, sind chirurgisch einfach und in ausreichender
Menge zugänglich sowie gut formbar.
Derzeitige Hauptanwendungsgebiete für den freien Fettgewebstransfer sind die Konturie-
rung von Nasolabialfalten und Lippen in der Ästhetischen Chirurgie, zum Einsatz kommt er
aber auch zunehmend in der Brustrekonstruktion und Narbenkorrektur nach Trauma und
Tumorerkrankungen sowie zur Behandlung von chronischen Wunden. Das Fettgewebe
wird dabei durch Aspirationsliposuktion gewonnen und im gleichen Eingriff an anderer
Stelle injiziert. (Vogt 2011). Mittlerweile gibt es kommerziell erhältliche Geräteeinheiten,
welche Spenderadipozyten für die zeitgleiche Transplantation intraoperativ mechanisch
konzentrieren oder sogar ASCs separieren, mit derem regelmäßigen Einsatz man in naher
Zukunft rechnen darf (Coelho, Cabral et al. 2012).
17
Bis dato existiert jedoch kein standardisiertes Protokoll zur Handhabung der „fat grafts“. Es
fehlt an systematischen klinischen Studien zu Entnahme-, Aufbereitungs- und Implantati-
onskriterien von Spenderfett. Das klinische Outcome ist noch weitgehend unklar, da freie
Fetttransplantate einem unvorhersehbaren Anschluss ans Gefäßsystem, der Nekrose- oder
Fibrosierungsgefahr unterliegen. Meist kommt es zu einer immensen Volumenreduktion
durch Resorption des Transplantates. Die Überlebensrate der Transplantate variiert zwi-
schen 10 und 80 % (Domenis, Lazzaro et al. 2015). Für große Defekte erscheint die allei-
nige Fettgewebstransplantation daher ungeeignet (Zielins, Luan et al. 2015, Volz, Huber et
al. 2016).
1.3 Tissue Engineering als neuer Therapieansatz
1.3.1 Grundlagen des Tissue Engineerings
1988 wurde „Tissue Engineering” auf einem Symposium der University of California zu
Molekular- und Zellbiologie definiert als „die Anwendung der Prinzipien und Methoden der
Ingenieur- und Biowissenschaften zum grundlegenden Verständnis der Relation von
Struktur und Funktion normaler und pathologischer Säugetiergewebe und die Entwicklung
von biologischen Ersatzmaterialien, welche die Gewebefunktion wiederherstellen, erhalten
oder verbessern” (Sterodimas, De Faria et al. 2009). Eine solche biologische Alternative
soll in Konkurrenz zu Organtransplantationen und vollständig artifiziellen Materialien treten.
Das biokompatible Gerüst wird auch als „Scaffold” bezeichnet.
Abbildung 5: Tissue Engineering.
18
Die klassische Trias des Tissue Engineering besteht aus drei Schlüsselkomponenten: i)
einem fabrizierten Scaffold, ii) den darin adhärenten Zellen und iii) Signalen zur Bee-
influssung der Zell- und Gewebeaktivität (Chan and Leong 2008, Liu, Holzwarth et al. 2012).
Das Scaffold wird aus natürlichen, synthetischen oder kombinierten Materialien produziert
(siehe Kap. 1.4). Da mit Ausnahme der hämatologischen alle Zellen des Körpers auf ihre
Verankerung in der EZM angewiesen sind, ist für den gezielten Zelltransfer ein Scaffold
vonnöten (Kim, Baez et al. 2000). Als Zellkomponente werden häufig adulte Stammzellen,
aber auch somatische Zellen verwendet. Ein bekanntes Beispiel für den klinischen Zell-
transfer ist die Alginat-gestützte β-Zell-Transplantation zur Therapie von Diabetes mellitus
Typ 1 (Calafiore and Basta 2014). Zu den Signalen gehören entweder Mediatoren, die dem
Sekretom der im Scaffold enthaltenen Zellen entstammen, oder Medikamente, die im Rah-
men des „drug delivery” von einem Scaffold gebunden und abgegeben werden. Beispielhaft
dafür ist die Verwendung von Gentamicin-haltigen Kollagenschwämmen zur Prophylaxe
postoperativer Infektionen (de Bruin, Gosselink et al. 2010). Diese Beispiele belegen den
allmählichen Einzug des Tissue Engineering in den klinischen Alltag.
1.3.2 Allgemeine Anforderungen an ein Scaffold
Ein Scaffold als dreidimensionales Gerüst für den Zelltransfer sollte die Funktionen der EZM
des Empfängergewebes bestmöglich nachahmen (Cheung, Han et al. 2014). Von
Bedeutung sind daher i) eine definierte Architektur, die Zelladhäsion ermöglicht, ii) kontrol-
lierte mechanische Eigenschaften wie Elastizität und Steifigkeit, iii) Biokompatibilität zur
Stimulation der Zellaktivität sowie der Interaktion mit dem umliegenden Gewebe, iv) ein
austauschfähiges Reservoir für Wachstumsfaktoren, v) Flexibilität für den Gewebeumbau
und Biodegradation (Lee and Mooney 2001, Chan and Leong 2008). Im günstigsten Falle
weist ein Scaffold eine hohe Porosität mit kommunizierenden Poren auf, sodass der
Nährstoff- und Metabolittransport gewährleistet werden (Liu, Holzwarth et al. 2012). Die
Poren müssen groß genug sein, um die Vaskularisierung des Scaffolds durch Gefäßein-
sprossung zu ermöglichen. Bestenfalls erfolgt die Freisetzung der enthaltenen Zellen und
Botenstoffe kontrolliert (Young, Wong et al. 2005). Der Abbau des Scaffolds muss mit dem
Ersatz durch neues Gewebe zeitlich harmonisieren (Kim, Baez et al. 2000, Kim, Seo et al.
2008, Bauer-Kreisel, Goepferich et al. 2010). Es darf weder zur immunologischen Ab-
stoßung noch zur überschießenden Entzündungsreaktion, zu anaphylaktischen Reaktionen
oder Fibrosen kommen. Die Produktion muss reproduzierbar, standardisiert, kosteneffizient
und auf lange Sicht anwendbar sein (Bauer-Kreisel, Goepferich et al. 2010). Eine be-
nutzerfreundliche chirurgische Handhabung sowie eine gebrauchsfertige Verfügbarkeit sind
wünschenswert.
19
1.4 Biomaterialien
1.4.1 Grundlagen
Das American National Institute of Health (NIH) definiert Biomaterialien als „Stoffe oder
Stoffkombinationen synthetischen oder natürlichen Ursprungs, abgesehen von Medi-
kamenten, welche ein Gewebe, ein Organ oder eine Körperfunktion auf Dauer teilweise
oder vollständig verstärken oder ersetzen um die individuelle Lebensqualität zu erhalten
oder zu verbessern” (Bergmann and Stumpf 2013). Darunter fallen nicht nur Metalle und
Keramiken, wie sie als Prothesen in der Orthopädie und Unfallchirurgie zum Einsatz kom-
men, sondern auch synthetische Polymere, also Kunststoffe wie Polyester sowie von
Lebewesen erzeugte Biopolymere wie Alginat oder Agarose. Auch Polysaccharide oder
Proteine kommen zur Anwendung (Kim, Baez et al. 2000).
Grundsätzlich gilt, dass natürliche Stoffe durch Biokompatibilität, Zellinteraktion und Bioab-
baubarkeit bestechen, jedoch limitierte mechanische Eigenschaften, eine variable Struktur
oder potentielle Immunogenität durch Antigenpräsentation aufweisen. Synthetische Stoffe
haben den Vorteil in einer definierten Mikrostruktur durch ein standardisiertes Verfahren
produziert zu werden, können in ihrer Abbaubarkeit kontrolliert werden und weisen keine
Immunogenität auf. Jedoch müssen sie zur Zellerkennung unter Umständen oberflächen-
modifiziert werden, z. B. durch Hinzufügen von Zelladhäsionsmolekülen wie der geläufigen
RGD-Sequenz (Kim, Baez et al. 2000, Liu, Holzwarth et al. 2012). Auch benötigen sie ex-
tensive Reinigungsprozesse, da für ihre Herstellung toxische Substanzen eingesetzt wer-
den (Lee and Mooney 2001). Natürliche und synthetische Stoffe werden singulär oder kom-
biniert verwendet. Ihr dreidimensionales Gerüst kommt der Situation in vivo sehr nahe und
beeinflusst die Zellfunktion auf realistische Weise.
Die Schlüsselparameter, die den Einsatz eines bestimmten Biomaterials als Scaffold recht-
fertigen, sind seine mechanischen Eigenschaften, das Abbauverhalten in vivo, die Zel-
ladhärenz und die Freisetzungsdynamik der applizierten Substanzen. Besonders bevorzugt
werden inerte Materialien, die nicht etwa durch chemische Reaktion mit dem umliegenden
Gewebe ihre Funktion verlieren und bestenfalls eine kontrollierte Porosität aufweisen (Kim,
Park et al. 2007, Lee and Mooney 2012).
1.4.2 Hydrogele
Von großer Bedeutung sind derzeit sogenannte Hydrogele, also makromolekulare Netz-
werke, die in wässriger Lösung oder biologischen Flüssigkeiten quellen und einen Wasser-
20
gehalt ≥ 30 % haben (Drury and Mooney 2003, Berger, Reist et al. 2004). Dank ihrer Bio-
kompatibilität, ihrer gewebeähnlichen physikalischen Eigenschaften, ihrer potentiell mini-
malinvasiven Injektionsfähigkeit sowie des einfachen Zelleinschlusses kommen sie im
Tissue Engineering zum Einsatz (Lee and Mooney 2001). Zellen können mit einem flüssi-
gen Hydrogel vermischt werden, noch bevor die Aushärtung des Gels induziert wird. Diese
geschieht durch die Quervernetzung von Polymerketten durch Ionenbindungen, durch che-
mische Reaktionen, die zu stabileren kovalenten Bindungen führen, durch pH-Wert- oder
Temperaturänderungen, Gefriertrocknung oder die Fotopolymerisation mittels UV-Licht
(Drury and Mooney 2003). Oftmals können so in einem einzigen Eingriff eine gleichmäßige
Zellverteilung im Gel und eine hohe Zellvitalität erreicht werden (Chan and Leong 2008).
Hydrogele lassen sich auf verschiedene Arten für den in vivo-Einsatz modifizieren. Poröse
Scaffolds wie Schwämme und Schaumstoffe entstehen durch Gefriertrocknung des ausge-
härteten Gels (Andersen, Melvik et al. 2012). Vliese und Mesh-Fabrikate können durch
Elektrospinnverfahren hergestellt werden (Puhl, Ilko et al. 2014). Mikrosphären können mi-
nimalinvasiv injiziert werden (Alhadlaq, Tang et al. 2005, Lee and Mooney 2012). Sofern
die Gele in vivo nicht enzymatisch abbaubar sind, können sie chemisch modifiziert der Hyd-
rolyse zugänglich gemacht werden (Nicodemus and Bryant 2008). Chemische Reaktionen
schließen jedoch stets Edukte ein, welche zytotoxisch sein können (Lee and Mooney 2001,
Lee and Mooney 2012). Das Polysaccharid Alginat spielt in dieser Arbeit eine zentrale Rolle
und wird in Kap. 1.5 näher beschrieben.
Agarose ist ein Polysaccharid aus β-D-Galactose und 3,6-Anhydro-α-L-Galactose, das aus
Rotalgen gewonnen wird und durch Auskühlen des erwärmten Hydrokolloids ein Hydrogel
formt. Agarose ist aufgrund ihrer geringen Zelladhäsion und ihrer fehlenden Bioaabbaubar-
keit als Scaffold auf lange Sicht nicht erfolgversprechend (Awad, Wickham et al. 2004, Chan
and Leong 2008, Hunt and Grover 2010).
Chitosan ist ein Polyaminosaccharid aus Glucosamin und N-Acetylglucosamin, das durch
die Deacetylierung von Chitin entsteht (Berger, Reist et al. 2004). Chitin wird aus Schalen-
tierabfällen der Fischindustrie gewonnen. Chitosan selbst ist besser wasserlöslich und eig-
net sich daher besser für den Bioeinsatz als Chitin (Shukla, Mishra et al. 2013). Es ist ein
bekanntes Biopolymer, das wundheilungsfördernd und antibakteriell wirkt (Kim, Seo et al.
2008).
Gewebespezifische Extrazellulärmatrizes werden dezellularisiert verwendet und bestehen
aus Proteinen, Glykosaminoglykanen und Proteoglykanen (Narayanan, Leck et al. 2009).
Sie bilden ein Gerüst für einwandernde Zellen des Empfängers, während die mechanischen
Eigenschaften des Spendergewebes erhalten bleiben (Kim, Baez et al. 2000). Matrigel ist
21
ein in der Zellforschung verbreiteter Vertreter dieser Gruppe. Es leitet sich aus Mäusesar-
komen ab und ist daher nur für in vitro-Versuche geeignet (Bauer-Kreisel, Goepferich et al.
2010).
Fibrin wird durch das Enzym Thrombin aus Fibrinogen polymerisiert und spielt eine wesent-
liche Rolle in der Hämostase und Wundheilung. Der Abbau von Fibrin erfolgt enzymatisch
und kann durch Zugabe des Proteaseinhibitors Aprotinin verlangsamt werden (Lee and
Mooney 2001).
Gelatine wird durch Hydrolyse aus Kollagen gewonnen. Da sie entweder als positiv oder
als negativ geladenes Polymer hergestellt werden kann, bietet sie sich zum Transport jeg-
licher Moleküle an (Young, Wong et al. 2005).
Hyaluronan (HA) gehört zu den Glykosaminoglykanen aus D-Glucuronsäure und N-Acetyl-
D-glucosamin und ist ein körpereigenes Polysaccharid (Dicker, Gurski et al. 2014).
Kollagen ist ein ubiquitär vorkommendes und mit einem Anteil von 30 % das häufigste aller
Proteine des Körpers, welches sich in Fibrillen organisiert. Kollagen I ist das häufigste der
28 bekannten Isoformen (Pachence 1996, Kim, Baez et al. 2000, Lequeux, Oni et al. 2012).
Polyethylenglykol (PEG) ist das am häufigsten für den Zelleinschluss verwendete syntheti-
sche Polymer (Nicodemus and Bryant 2008). Dieses Hydrogel ist im täglichen Gebrauch
üblich, nicht nur in pharmazeutischen Produkten, sondern auch in Lebensmitteln und Kos-
metika (Dingels, Schömer et al. 2011). Im Tissue Engineering wird häufig das reaktivere
PEG-di(meth)acrylat (PEGDA) eingesetzt, welches den Vorteil bietet, in flüssiger Form mi-
nimalinvasiv subkutan injiziert und anschließend durch UV-Licht in vivo fotopolymerisiert
werden zu können. PEG-Derivate gehen jedoch keine Bindung mit Zellen oder Proteinen
ein und werden daher vor allem oberflächenmodifiziert verwendet. Dabei werden Adhäsi-
onsmoleküle wie z. B. RGD-Sequenzen eingefügt (Nuttelman, Tripodi et al. 2005). Ohne
solche Adhäsionsmoleküle sterben Zellen in PEGDA ab (Patel, Gobin et al. 2005). Die In-
tegration in vitales Gewebe ist fraglich (Bauer-Kreisel, Goepferich et al. 2010).
Polyglykolsäure (PGA), Polylactid (PLA) und das Copolymer aus beiden, Polylactid-co-Gly-
kolid (PLGA), sind Polyester der Glykol- und Milchsäure und sind seit langem als resorbier-
bare Nahtmaterialien bekannt. Der erste Versuch, Fettgewebe-Tissue-Engineering mithilfe
synthetischer Biomaterialien durchzuführen, geht auf Präadipozyten in porösen PLGA-
Scheiben zurück (Patrick, Chauvin et al. 1999). Durch chemische Modifikation der Unterein-
heiten kann die Biodegradation der Polyester kontrolliert gesteuert werden. Die sauren Ab-
bauprodukte werden vollständig als Wasser und Kohlendioxid ausgeschieden (Bauer-
Kreisel, Goepferich et al. 2010).
Wichtige Eigenschaften häufig verwendeter Hydrogele sind nachfolgend tabellarisch dar-
gestellt.
22
Tabelle 3: Eigenschaften wichtiger Hydrogele (n = natürlichen Ursprungs; s = syntheti-
schen Ursprungs; EZM = Extrazellulärmatrix; HA = Hyaluronan; PEG = Polyethylenglykol;
PGA = Polyglykolsäure; PLA = Polylaktid; PLGA = Polylactid-co-Glykolid).
23
24
1.5 Alginat
1.5.1 Grundlagen zur Anwendung von Alginat im Tissue Engineering
Alginat ist ein linear unverzweigtes anionisches Polysaccharid aus kovalent gebundenen
Polymerketten von β-D-Mannuronat (M) und α-L-Guluronat (G), die sich jeweils als homo-
polymere Bereiche in Blöcken organisieren. Es wird entweder bakteriell durch Azotobacter
und Pseudomonas synthetisiert oder aus den Zellwänden von Braunalgen (Laminaria hy-
perborea, Laminaria digitata, Laminaria lessonia, Laminaria japonica, Ascophyllum nodo-
sum und Macrocystis pyrifera), die weltweit in Küstengewässern vertreten sind, kommerziell
extrahiert und zu Natriumalginatpulver prozessiert (Lee 2012). Die Polymerblöcke liegen
entweder als MMMM…- oder GGGG…-Segmente oder aber streng alternierend als
GMGM…-Sequenzen vor. Das G / M-Verhältnis variiert nach Herkunft der Alge und hat
Auswirkungen auf die physikochemischen Eigenschaften des Alginats (Augst, Kong et al.
2006).
Abbildung 6: Chemische Struktur der Alginatpolymere (Paredes Juarez, Spasojevic et
al. 2014).
Alginat ist ein seit 1881 bekanntes Biopolymer, das in der Nahrungsmittelindustrie als Ge-
liermittel, Stabilisator und Emulgator Anwendung findet (Augst, Kong et al. 2006), in der
Pharmaindustrie auch als Arzneistoffträger (Liew, Chan et al. 2006), in der Zahnmedizin als
Abformmaterial (Ashley, McCullagh et al. 2005) und in der Humanmedizin als Wundauflage,
welche ein feuchtes Wundmilieu unterstützt und die bakterielle Wundbesiedlung reduziert
(Matthew, Browne et al. 1995, Lee and Mooney 2012). Alginat ist hydrophil, biokompatibel
und nicht immunogen und wird daher in Form von Hydrogelen vielfach als Scaffold einge-
setzt (Shapiro and Cohen 1997). Ausgangsstoff für die Gelierung ist das in Wasser gelöste
25
Natriumalginatpulver. Die gängigste Geliermethode ist die ionische Quervernetzung von G-
Ketten durch divalente Kationen wie Ca2+, Ba2+ oder Mg2+, welche sich zwischen die Poly-
merketten lagern. Die M-Ketten nehmen nicht an der Gelierung teil. Die Festigkeit eines
Hydrogels ist daher nicht nur von der Stoffkonzentration, sondern auch vom Anteil an G-
Ketten im Pulver abhängig. Weniger geläufig ist die Gelierung durch chemische Modifika-
tion mit Diaminen und Dihydraziden, die zu kovalenten Bindungen führt.
Mehrere Eigenschaften machen Alginat zu einem attraktiven Material für das Tissue Engi-
neering, darunter die milden Gelierbedingungen bei ATPS-Bedingungen. Physikochemi-
sche Eigenschaften wie die Viskosität und Steifigkeit des Hydrogels sowie sein Quellver-
mögen sind gut steuerbar durch die Wahl des Molekulargewichts (bei kommerziell erhältli-
chen Alginaten 32 - 400 kDa), des G / M-Verhältnisses, der Ausgangskonzentration und
des stöchiometrischen Anteils der gelierenden Ionen (Lee and Mooney 2012). Diese Para-
meter beeinflussen auch das Verhalten integrierter Zellen im Scaffold wie Proliferation, Dif-
ferenzierung und Apoptose (Augst, Kong et al. 2006).
Alginat wird in vivo nicht enzymatisch abgebaut. Die Degradation erfolgt langsam und
schwer kontrollierbar durch Dissoziation der quervernetzenden Ionen, welche durch Na+
ersetzt werden. Da das Molekulargewicht vieler kommerzieller Alginate über der maximalen
renalen Filtrationskapazität von 60 kDa liegt (Keller and Geberth 2010), werden die Poly-
merketten nicht vollständig ausgeschieden, es sei denn sie werden chemisch modifiziert.
Bouhadir et al. zeigten, dass der Abbau von partiell oxidiertem Alginat in vitro und bei sub-
kutaner Injektion in Mäusen signifikant schneller ablief als in der Kontrollgruppe mit nativem
Alginat, da durch die Oxidation ein deutlich niedrigeres Molekulargewicht entstand
(Bouhadir, Lee et al. 2001, Lee and Mooney 2001).
1.5.2 Formen der Gelierung
Man unterscheidet zwischen externer und interner Gelierung. Bei der externen Gelierung
wird Ca2+ „von außen“ geliefert, d. h. ein Natriumalginat-Sol wird in ein CaCl2-Fällbad ge-
bracht (Galateanu, Dimonie et al. 2012). Da Ca2+ eine höhere Affinität zu Alginat aufweist
als Na+, ersetzt es dieses bei Kontakt und härtet das Gel aus. In der Lösung zurück bleibt
NaCl. Auf diese Art können sogenannte Alginat-„beads“ durch Eintropfen des Sols in das
Fällbad oder Alginat-„layers“ durch Diffusion von Ca2+ in einen dünnen Alginatfilm entste-
hen. Diese Art der Gelierung führt zu Mikrokapseln oder „sheets“ mit begrenzter Stabilität
und bietet sich vor allem für kleine Scaffolds an, wo die Diffusion von Ca2+ bis ins Innere
des Hydrogels gewährleistet werden kann.
26
Abbildung 7: Externe Gelierung am Beispiel der Herstellung sogenannter Alginat-
„beads“. Die Zugabe von Ca2+ führt zur Anordnung der Polymerketten in das sogenannte
„Eierschalen-Modell“ (Paredes Juarez, Spasojevic et al. 2014).
Für größere Scaffolds lohnt es sich, Ca2+ bereits zu Beginn ins Sol zu integrieren, d. h.
einen unlöslichen Ca2+-Donor wie CaCO3 homogen mit Alginat zu mischen und sodann die
Freigabe von Ca2+ zu aktivieren, beispielsweise durch Zugabe einer milden Säure wie Glu-
cono-δ-Lakton (GDL). Da Ca2+ hierbei „von innen“ geliefert wird, spricht man auch von „in-
terner Gelierung“ (Andersen, Melvik et al. 2012). Diese Art der Gelierung kam in der vorlie-
genden Arbeit zum Einsatz.
1.6 Fettgewebe und Fettgewebsstammzellen (ASCs)
1.6.1 Eigenschaften weißen Fettgewebes
Fettgewebe ist in seiner Verfügbarkeit und Biokompatibilität der ideale Weichgewebeersatz.
Mit einem Anteil von 10 - 29 % der Körpermasse ist es ein üppiges Gewebe, das als Ener-
giedepot und Schutzmantel innerer Organe dient, Konturen erhält und durch die Freiset-
zung von Proteinen, Fettsäuren, Steroidhormonen und Prostaglandinen auto-, para- und
endokrin aktiv ist (Bauer-Kreisel, Goepferich et al. 2010). Adipogenese und Angiogenese
stehen in enger Relation, sodass Fett hochgradig vaskularisiert ist (Hausman and
Richardson 2004, Christiaens and Lijnen 2010).
1.6.2 Eigenschaften von ASCs
Der Begriffs ASC (=„adipose-derived stem cell“ bzw. „adipose-derived stromal cell“) wurde
2004 von der International Fat Applied Technology Society (IFATS) zur Vereinfachung der
27
uneinheitlichen Nomenklatur (darunter „adipose-derived (adult) stem / stromal cells“, „adi-
pose stromal cells“, „adipose mesenchymal stem cells“, „processed lipoaspirate cells“) für
die in Tab. 4 beschriebene Zellpopulation empfohlen (Gimble, Katz et al. 2007, Locke,
Windsor et al. 2009).
Die Pionierarbeit in der Erforschung von ASCs geht auf Zuk et al. im Jahre 2001 zurück.
Die aus humanem Lipoaspirat gewonnenen Zellen wurden damals zunächst „processed
lipoaspirate“ genannt und entsprachen am ehestem dem, was heute SVF („stromal vascular
fraction“) genannt wird (Zuk, Zhu et al. 2001). Dies ist eine mesenchymale Zellfraktion, die
ASCs, Präadipozyten, zirkulierende Blutzellen, Endothelzellen, Fibroblasten und Perizyten
enthält (Gimble, Katz et al. 2007). Um als „mesenchymale Stammzelle“ zu gelten, müssen
ASCs ein gewisses Molekularprofil aufweisen (siehe Tab. 4). Charakteristisch sind außer-
dem ihre Multipotenz, also die Differenzierungsfähigkeit entlang aller drei Keimblätter (Kim
and Heo 2014), ihre Fibroblasten-ähnliche Morphologie und Plastikadhärenz in Zellkultur
(Tocco, Widgerow et al. 2014)
Tabelle 4: Molekularer Phänotyp der ASCs (CD = cluster of differentiation; ASMA = anti-
smooth-muscle-antibody; HLA = human leukocyte antigen; c-Kit = Stammzellfaktor-Rezep-
tor; MyoD88 = myoblast determination protein 88; STRO-1 = MSC-spezifischer Stammzell-
marker) (Konno, Hamabe et al. 2013).
Tabelle 5: Zelltypen, die durch Differenzierung von ASCs entstehen.
28
Durch die Sekretion von Mediatoren wie VEGF, TGF-β, HGF, PDGF, bFGF, PLGF und GM-
CSF weisen ASCs angiogene, antioxidative, immunosuppressive und antiinflammatorische
Eigenschaften auf (Rehman, Traktuev et al. 2004, Tocco, Widgerow et al. 2014).
1.6.3 Vorteile der Verwendung von ASCs gegenüber anderen Stammzellen
Eine Stammzelle zeichnet sich dadurch aus, dass sie in mehrere oder alle spezialisierte
Zelltypen des Körpers oder einen vollständigen Organismus differenzieren kann. Sie ist, da
sie noch nicht differenziert ist, auf keine Funktion determiniert, unbegrenzt teilungsfähig,
erneuert ihren Bestand konstant und proliferiert damit über lange Zeit (Gomillion and Burg
2006). Unterschieden werden embryonale (ESCs), induzierte pluripotente (iPSCs) (Singh,
Kalsan et al. 2015) und adulte Stammzellen (MSCs). Letztere beschreiben Stammzellen,
die der Regeneration des Gewebes, in dem sie vorkommen, dienen.
Abbildung 8: Systematik der Stammzellen (MSCs = Mesenchymale Stammzellen; ASCs
= Adipose-derived Stem Cells; BMSCs = Bone Marrow-derived Stem Cells; UCBSCs = Um-
bilical Cord Blood Stem Cells; SZ = Stammzellen) (Zuk 2010).
ASCs erfüllen in vielerlei Hinsicht optimale Bedingungen für die Stammzelltherapie. Da es
sich um adulte Stammzellen handelt, ergeben sich im Gegensatz zu embryonalen Stamm-
zellen keine ethischen oder juristischen Streitpunkte bei der Verwendung. Sie sind durch
Liposuktion oder Fettgewebsresektion leicht zugänglich und lassen sich in hoher Ausbeute
29
gewinnen. Die Stammzellfrequenz von ASCs ist mit 2 % in Bezug zum umliegenden Ge-
webe etwa 1000 Mal höher als die von BMSCs (Strem and Hedrick 2005, Lim, Ong et al.
2014). Bei voluminöser Gewebeentnahme unterliegen sie in ihrer Frequenz keinem Ver-
dünnungseffekt durch Blutzellen, wie es bei BMSCs der Fall ist (De Ugarte, Morizono et al.
2003). Da sie in hoher Konzentration bereits isoliert werden können, ist die sofortige Ver-
wendung ohne weitere in vitro-Kultivierung mit dem Risiko von Kontamination und Zellver-
lust wünschenswert. Generell lassen sich ASCs besser kultivieren als BMSCs und zeigen
eine längere Haltbarkeit, bevor sie durch den Alterungsprozess ihre Stammzelleigenschaf-
ten verlieren (Locke, Windsor et al. 2009). Im Gegensatz zu ESCs besteht bei der autologen
Transplantation von ASCs kein Risiko der immunologischen Abstoßung. Es ist noch nicht
abschließend geklärt, ob ASCs statt einer multipotenten, vielleicht sogar eine pluripotente
Stammzellquelle darstellen (Zuk 2010).
30
Tabelle 6: Stammzelleigenschaften (MSCs = Mesenchymale Stammzellen; ASCs = Adi-
pose-derived Stem Cells; BMSCs = Bone-Marrow derived Stem Cells / hämatopoetische
Stammzellen; iPSCs = induzierte Pluripotente Stammzellen; ESCs = Embryonale Stamm-
zellen; IVF = in vitro-Fertilisation).
31
1.7 Angiogenese
1.7.1 Physiologische und pathologische Angiogenese
Angiogenese beschreibt die Entstehung neuer Blutgefäße aus einem bereits vorhandenen
Gefäßnetz und findet im Gegensatz zur embryonalen Vaskulogenese, d. h. der Entstehung
eines primitiven Gefäßsystems aus dem Mesoderm, lebenslänglich statt (O'Toole,
MacKenzie et al. 2001). Unterschieden wird zwischen einer physiologischen Angiogenese,
welche den Funktionen des Organismus dient (Wundheilung, Kollateralenbildung bei Ischä-
mie, Wachstum, zyklische Ovarfunktion) und der pathologischen Angiogenese, die mit Tu-
morwachstum, Retinopathien und chronischen Entzündungen wie der rheumatoiden Arth-
ritis verbunden ist (Soker, Machado et al. 2000, Patel and Mikos 2004). An beiden Vorgän-
gen sind Wachstumsfaktoren beteiligt. Die wichtigsten darunter sind Ang-1, bFGF, PDGF-
B, TGF-β, TNF-α und VEGF-A (Soker, Machado et al. 2000, Hanjaya-Putra and Gerecht
2009). Weitere Angiogenesefaktoren, denen aber eine geringere Bedeutung zugeschrieben
wird, sind Angiogenin, EGF, Ephrin-B2, GM-CSF, HGF, IL-8, INF-γ, Integrin-αvβ3, Matrix-
Metalloproteinasen und ihre Inhibitoren (Ferrara, Gerber et al. 2003, Hausman and
Richardson 2004, Rehman, Traktuev et al. 2004).
Tabelle 7: Übersicht über die wichtigsten Angiogenesefaktoren.
32
Angiogenese ist ein Vorgang, der in sechs Schritten abläuft: i) lokale Vasodilatation zur
Anschwemmung der beteiligten Mediatoren, ii) proteolytische Degradation der Basalmemb-
ran, iii) Endothelzellmigration und -proliferation, iv) Bildung eines Lumens durch Ausbildung
von Zellkontakten zwischen den Endothelzellen, v) Neusynthese der Basalmembran, vi)
Rekrutierung von Perizyten und glatten Muskelzellen zur Ausbildung einer Gefäßwand
(Soker, Machado et al. 2000). Endothelzellen befinden sich außer bei physiologischen An-
giogenesevorgängen im Ruhezustand, aus dem sie durch Angiogenesefaktoren erweckt
werden (Patel and Mikos 2004).
1.7.2 Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF)
Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF) beschreibt eine Familie von Glykoproteinen,
die als potentester Angiogenesefaktor gilt (siehe Tab. 7). Der humane Hauptvertreter ist
VEGF-A, das in Form mehrerer durch alternatives Splicen entstehender Isomere von 15 -
27 kDa vorkommt, die nach der Anzahl ihrer Aminosäuren benannt sind (VEGF-A111, VEGF-
A121, VEGF-A145, VEGF-A148, VEGF-A165, VEGF-A165B, VEGF-A183, VEGF-A189 und VEGF-
A206). Das für das Schwein beschriebene VEGF-Molekül hat ein Gewicht von 22 kDa und
ist in seiner Sequenz dem humanen zu 79,31 % identisch (Uniprot 2016).VEGF-A165 gilt als
das häufigste und relevanteste Molekül. Drei Rezeptoren (VEGF-R1, -R2, -R3) und ein für
VEGF-A165 spezifischer Co-Rezeptor (NRP-1 = Neuropilin-1) wurden bisher beschrieben,
über welche die Funktionen von VEGF vermittelt werden (siehe Abb. 9). NRP-1 verstärkt
hierbei die Bindung von VEGF-A165 an den Rezeptor und führt zu intensivierter Chemotaxis
(Ferrara, Gerber et al. 2003). VEGF spielt sowohl in der Vaskulogenese als auch in der
Angiogenese, in physiologischen und pathologischen Zusammenhängen, eine wichtige
Rolle.
Die Funktionen der einzelnen VEGF-Moleküle und ihrer Rezeptoren sind noch nicht ab-
schließend geklärt. Vermutet wird, dass eine VEGF-Überexpression basierend auf der in
Tab. 7 genannten Eigenschaften mit Pathologien wie Tumoren, Retinopathien, chronisch
inflammatorischen Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, Hirnödem, Polyzysti-
schem Ovarsyndrom, Endometriose und Präeklampsie vergesellschaftet ist (Soker,
Machado et al. 2000, Ferrara, Gerber et al. 2003).
Die Freisetzung von VEGF wird durch Hypoxie, Insulin, verschiedene Wachstumsfaktoren
und Zytokine reguliert (Hausman and Richardson 2004).
33
Abbildung 9: Die VEGF-Familie und ihre Rezeptoren (VEGF A - E = Vascular Endothelial
Growth Factor A - E; PLGF = Placental Growth Factor; VEGF-R1 - 3 = Vascular Endothelial
Growth Factor Receptor 1 - 3; NRP-1 = Neuropilin-1) (Ferrara, Gerber et al. 2003).
1.8 ASCs im Tissue Engineering: Kooperation mit den Hohenstein Instituten
Die in der vorliegenden Arbeit beschriebenen Methoden wurden in Zusammenarbeit mit der
Abteilung „Hygiene, Umwelt und Medizin“ der Hohenstein Institute durchgeführt. Dort wer-
den im Rahmen des Tissue Engineerings verschiedene Verfahren der Scaffoldproduktion,
wie die Fertigung extern gelierter Alginat-Mikrosphären sowie Elektrospinnprozesse zur
Vliesproduktion aus bakteriell gewonnenem Alginat, angewandt (Hoefer, Schnepf et al.
2015). Das Konzept dieser Arbeit basiert auf vorangegangenen Studien durch Handel et al.
zur thematischen Trias „ASCs - Alginat - Angiogenese“. So wurden dort hASCs unter an-
derem auf ihr angiogenes Potential auf extern gelierten Alginatmatrizes, Bioglas und Polyp-
ropylen-Herniennetzen untersucht (Handel, Hammer et al. 2012, Handel, Hammer et al.
2013). Die Isolation von pASCs sowie die externe Gelierung von Alginatscaffolds wurden
durch die vorliegende Arbeit in den Laboren der Hohenstein Institute etabliert.
34
2 ZIELSETZUNG
Ziel dieser Arbeit war es, ein Implantat für die Deckung von Weichteildefekten herzustellen
und in vitro auf seine zytotoxischen und angiogenen Eigenschaften zu untersuchen. Ein
Alginatscaffold diente hierbei als Träger für ASCs, die zwei Funktionen des Tissue Engine-
ering erfüllen: Sie liefern Angiogenesefaktoren, welche die Wundheilung und die Integration
des Implantates ins Empfängergewebe fördern. Desweiteren können sie selbst in Adipozy-
ten differenzieren und damit einen Weichteildefekt auffüllen.
Wesentliche Aspekte dieser Arbeit waren die i) Entwicklung eines geeigneten Alginatscaf-
folds, ii) Isolation und Charakterisierung von pASCs, iii) erfolgreiche Besiedelung der Scaf-
folds mit ASCs und deren Differenzierung innerhalb der Scaffolds, iv) Bestimmung des An-
giogenesepotentials der stammzellbesiedelten Scaffolds.
Der erste Teil der Arbeit bestand somit in der Etablierung der Scaffoldproduktion. Dabei
sollten Parameter wie eine für die Implantation geeignete Konsistenz und chirurgische
Handhabbarkeit sowie Formflexibilität zur Konturanpassung an einen gegebenen Defekt
berücksichtigt werden. Die Methode sollte einfach und reproduzierbar sein. Um eine even-
tuelle biologische Inkompatibilität darzulegen, wurden etablierte Zytotoxizitätstests ange-
wandt und bereits vorhandene hASCs in die Scaffolds integriert um sie über einige Tage
bezüglich ihrer Vitalität zu beurteilen.
Nachfolgend wurden pASCs aus Schweinefett isoliert und kultiviert sowie zur Charakteri-
sierung als Stammzellen in Osteozyten, Chondrozyten und Adipozyten differenziert. Das
angiogene Potential der pASCs in zweidimensionaler Zellkultur wurde anhand eines VEGF
ELISAs ermittelt.
Der dritte Teil der Arbeit bestand in der erfolgreichen Kombination der pASCs mit den Algi-
natscaffolds und der adipogenen Differenzierung darin. Hier wurden nicht nur porkine, son-
dern auch humane ASCs und murine MSCs verwendet. Auch hier wurde die angiogene
Wirksamkeit der pASCs im Scaffold anhand eines VEGF ELISAs beurteilt.
Ein zentraler Versuch dieser Arbeit war das CAM Angiogenese Assay. Hierbei wurden
ASC-besiedelte Alginatscaffolds auf die Gasaustauschmembran (Chorioallantoismembran
= CAM) des embryonalen Hühnereis gelegt und nach 72 h die auf das Scaffold zusprießen-
den Gefäße ausgezählt. Dieser in ovo-Versuch beurteilt gemeinhin das Angiogenesepoten-
tial eines zu untersuchenden Modells. Die im CAM Angiogenese Assay verwendeten Scaf-
folds wurden in Paraffin eingebettet und histologisch auf ihre Zelldistribution hin ausgewer-
tet. Als Zusatz wurde zuletzt mithilfe von konditioniertem DMEM, in dem die Implantate
kultiviert worden waren, ein HUVEC Tube Formation Assay durchgeführt, um indirekt vom
Verhalten der Endothelzellen bei Inkubation mit konditioniertem Medium auf die angiogene
Aktivität der Stammzellen innerhalb des Scaffolds Rückschlüsse treffen zu können.
35
3 METHODEN
3.1 Etablierung eines dreidimensionalen Alginatscaffolds für die Stammzellbesied-
lung
Die Methodik zur Herstellung der intern gelierten Alginatscaffolds wurde im Rahmen dieser
Arbeit in den Laboren der Hohenstein Institute etabliert. Für die Herstellung der im Folgen-
den genannten Lösungen und Sole wurde ddH2O verwendet.
3.1.1 Herstellung der Protoscaffolds
Ein wässriges Sol aus Natriumalginat in Pulverform der Konzentration 3 % (w / v) wurde auf
dem Magnetrührer bei ATPS-Bedingungen angerührt. Nach Bildung einer homogenen
Masse wurde diese autoklaviert. In einem Becherglas wurden sodann 15 g des autoklavier-
ten Sols mit 2 ml einer 0,5 M CaCO3-Suspension gleichmäßig verrührt. Danach wurde 1 ml
einer 1 M GDL-Lösung hinzugegeben. Für eine homogene Durchmischung wurde die
CaCO3-Suspension kurz vor Zugabe geschüttelt. Sobald der Geliervorgang einsetzte,
wurde das Becherglas vom Magnetrührer genommen und das Magnetrührstäbchen ent-
nommen. Bei ATPS-Bedingungen wurde das Becherglas nun einige Minuten bis zur voll-
ständigen Gelierung stehen gelassen. Der Flüssigkeitsüberstand wurde verworfen, das
ausgehärtete Hydrogel entnommen. Anschließend erfolgte die Lyophilisierung bei 0,05
mbar und -55 °C über 24 h ± 2 h. Danach konnten die trockenen Protoscaffolds in Zylinder-
form entnommen werden.
Abbildung 10: Chemische Reaktion der internen Alginatgelierung.
36
3.1.2 Verhalten der Protoscaffolds in flüssiger Umgebung
Um das Quellverhalten des getrockneten Hydrogels in flüssiger Umgebung zu ermitteln und
daraus auf seinen Volumenzuwachs in vivo schließen zu können, wurden die gemäß Kap.
3.1.1 hergestellten Protoscaffolds jeweils vor und nach der ersten Lyophilisierung gewogen
und anschließend in ddH2O vollständig rehydriert. Danach wurde eine erneute Gewichtser-
mittlung durchgeführt, auf die eine weitere Lyophilisierung folgte. Dieser Zyklus aus Lyophi-
lisierung und Rehydratation wurde insgesamt fünfmal durchgeführt. Die Aufnahmekapazität
von ddH2O durch die Protoscaffolds wurde wie folgt ermittelt:
Hydrierungskapazität= Nassgewicht
Trockengewicht
3.1.3 Zytotoxizität der Protoscaffolds mittels MTT-Assay
Der Zytotoxizitätstest nach DIN EN ISO 10993-5 ist ein etabliertes Prüfverfahren zur in vitro-
Beurteilung von Prüfmaterialien auf die Proliferation von L929-Zellkulturen. Dabei wird das
Prüfmaterial in Flüssigkeit inkubiert und das damit gewonnene Extrakt für die Testung wei-
terverwendet. Eine zytotoxische Wirkung des Extrakts ist dann gegeben, wenn die Wachs-
tumshemmung der Zellen die Signifikanzgrenze von 30 % überschreitet.
Die Protoscaffolds wurden in g gewogen, mit dem 20-Fachen in ml an Lösemittel (DMEM)
getränkt und unter Schwenken für 24 h ± 2 h bei 37 °C ± 1 °C und 200 rpm inkubiert. Im
Anschluss wurde das Scaffold-konditionierte DMEM aus den Scaffolds bei 1200 rpm heraus
zentrifugiert. Dieser Schritt war notwendig, da die Scaffolds sehr saugfähig waren und nur
wenig Flüssigkeitsüberstand bei der Tränkung mit DMEM übrig geblieben war. Das so ge-
wonnene Extrakt wurde mit 1 M NaOH und 1 M HCl auf einen pH-Wert von 7,3 - 7,4 einge-
stellt und mit einem Spritzenvorsatzfilter von 0,2 µm Porengröße steril filtriert. Anschließend
wurde mit DMEM eine Verdünnungsreihe angelegt und im Dreifachansatz jeweils 50 µl in
die Vertiefungen einer 96-Well-Platte gegeben, in der 72 h zuvor eine L929-Kultur von 5 x
104 Zellen / ml ausgesät worden war (siehe Abb. 11). In den Vertiefungen befanden sich
jeweils 100 µl Zellsuspension, entsprechend 5 x 103 Zellen / Vertiefung.
Die Positivkontrolle (PK) bestand aus 5 % zytotoxischer DMSO-Lösung, die Negativkon-
trolle (NK) aus der Zellkultur allein. Die Lösemittelkontrolle (LK) entsprach im vorliegenden
Fall der NK, da das Lösemittel des Prüfmaterials identisch mit dem Zellkulturmedium
(DMEM) war. Der Leerwert (LW) glich dem Lösemittel ohne Zellkultur. Die Platte wurde
daraufhin über 72 h ± 2 h im Brutschrank bei 37 °C ± 1 °C, 90 % ± 2 % relativer Luftfeuchte
37
und 5 % CO2 inkubiert. Waren die Zellen nach dieser Zeit in der NK konfluent, konnte das
Assay ausgewertet werden.
Abbildung 11: Pipettierschema des Zytotoxizitätstests mittels MTT-Assay (LK = Lö-
semittelkontrolle; LW = Leerwert; NK = Negativkontrolle; PK = Positivkontrolle).
Die photometrische Auswertung des Zellwachstums erfolgte als MTT-Assay am Multiwell-
plattenreader GENios der Firma Tecan Group Ltd. und mithilfe der Software Magellan™.
Vitale Zellen reduzieren den gelben Farbstoff MTT in das violette Formazan. Die Zahl der
vitalen Zellen korreliert mit der violetten Farbintensität und mit der gemessenen Optischen
Dichte.
Hierfür wurden die Flüssigkeiten aus den Vertiefungen entfernt und mit jeweils 300 µl PBS
gewaschen. Pro Vertiefung wurden daraufhin jeweils 50 µl einer sterilen MTT-Lösung in α-
MEM der Konzentration 1 mg / ml hinzu gegeben und für 2 h im Brutschrank inkubiert.
Danach wurde die MTT-Lösung vorsichtig entfernt. 100 µl Isopropanol wurden sodann je-
weils zur Lösung des Formazans zugegeben. Die Platte wurde vorsichtig geschwenkt und
anschließend im Multiwellplattenreader bei 570 nm Absorptionswellenlänge und 650 nm
Referenzwellenlänge ausgewertet. Aus den photometrisch ermittelten Rohdaten der Opti-
schen Dichte (OD) wurde daraufhin die prozentuale Wachstumshemmung pro Vertiefung
berechnet. Da es sich um Dreifachansätze handelte, wurden jeweils die Mittelwerte und
Standardabweichungen der Parallelansätze ausgewertet.
38
Das Assay galt als valide, wenn PK ≥ 80 %, NK < 5 % und weiterhin die Standardabwei-
chung < 15 % waren. Die Formel zur Berechnung der prozentualen Wachstumshemmung
lautete wie folgt:
% WH = 100 - 100 × (OD570nm Probe) - (OD570nm LW)
(OD570nm LK) - (OD570nm LW)
- % WH = prozentuale Wachstumshemmung
- OD570nm Probe = Mittelwert der Extinktionswerte einer Probenverdünnung
- OD570nm LW = Mittelwert der Extinktionswerte des Leerwerts
- OD570nm LK = Mittelwert der Extinktionswerte der Lösemittelkontrolle
Um festzustellen, ob die Wachstumshemmung durch einen Waschvorgang in ddH2O ver-
ringert werden konnte, wurden die Protoscaffolds nach der ersten Lyophilisierung bei 55 °C
± 5 °C für ≤ 2 - 4h bei 200 - 500 rpm gewaschen und danach zur weiteren Verwendung
erneut lyophilisiert.
3.2 Methodik der Zellkultur
3.2.1 Verwendete Zellen
Die im Rahmen dieser Arbeit verwendeten Zellen wurden im Brutschrank bei 37 °C ± 1 °C,
5 % CO2 und 90 % ± 2 % relativer Luftfeuchte inkubiert. Die Isolation von pASCs erfolgte
als Teil dieser Arbeit, sonstige Zellen wurden dem Laborbestand der Hohenstein Institute
entnommen.
Tabelle 8: Übersicht der verwendeten Zellen.
39
3.2.2 Verwendete Medien
Die Medien der Zellkultur setzten sich wie unter Tab. 9 beschrieben zusammen. Die Medien
für hASCs, HUVECs und M2 in der Kulturflasche wurden nach vorliegenden Protokollen
der Hohenstein Institute hergestellt. Im Rahmen dieser Arbeit wurden sie innerhalb der
Scaffolds für eine bessere Vergleichbarkeit mit anderen Zellen in reduziertem Kulturmedium
kultiviert. Der Medienaustausch erfolgte alle 3 - 4 Tage, die Passagierung der Zellen bei ca.
80 % Konfluenz.
Tabelle 9: Übersicht der verwendeten Medien.
3.2.3 Verwendete Färbelösungen
Die verwendeten Färbelösungen lassen sich in drei Gruppen einteilen: Färbelösungen zur
allgemeinen Darstellung von Zellen, zur Ermittlung der Zellvitalität und zur Darstellung der
Differenzierung in verschiedene Zelllinien.
40
Tabelle 10: Übersicht der verwendeten Färbelösungen (λex / λem: Wellenlänge des Exzi-
tationsmaximums / des Emissionsmaximums eines Fluoreszenzfarbstoffs; LM = Lichtmik-
roskopischer Farbstoff).
Zur allgemeinen Darstellung von Zellkernen wurde der Fluoreszenzfarbstoff DAPI (4′,6-Di-
amidin-2-phenylindol) verwendet, der über die defekte Zellmembran toter Zellen diffundiert
und in die Adenin-Thymin-Regionen der DNA interkaliert. Deutlich langsamer diffundiert
DAPI über intakte Membranen und färbt somit auch vitale DNA. Da DAPI auf Dauer zum
Zelltod führt, wurde zeitnah mikroskopiert.
Lebendige Zellen können lichtmikroskopisch durch MTT (3-(4,5-Dimethylthiazol-2-yl)-2,5-
diphenyltetrazoliumbromid) oder fluoreszenzmikroskopisch durch Calcein dargestellt wer-
den. Die Färbung vitaler Zellen mit MTT beruht auf der glykolytischen Reduktion von gel-
bem MTT in violettes Formazan, welches intrazellulär akkumuliert. Acetoxymethyl-Calcein
(Calcein-AM) ist ein Ester, der durch intrazelluläre Hydrolyse in Calcein abgebaut wird, wel-
ches mit Ca2+ grün fluoreszierende Komplexe ausbildet.
41
Tote Zellen können durch Propidiumiodid (PI) sichtbar gemacht werden. Der Fluoreszenz-
farbstoff interkaliert in freie DNA. Aufgrund der unterschiedlichen Emissionsmaxima von
Calcein und PI werden beide Farbstoffe kombiniert für Live-Dead-Analysen verwendet.
Adipozyten, Chondrozyten und Osteozyten, die aus MSCs differenziert wurden, konnten an
Tag 21 der Differenzierung spezifisch angefärbt werden. Oil-Red-O markiert lichtmikrosko-
pisch Adipozyten, da es intrazelluläre Triacylglyceridvakuolen anfärbt. Fluoreszenzmikro-
skopisch wurde für die Adipozytenfärbung Nilrot verwendet. Dieses färbt die Lipidvakuolen
grell gelb und polare Phospholipide der Zellmembran orange-rot. Chondrozyten wurden
durch den Nachweis von Proteoglykanen mithilfe von Alcianblau lichtmikroskopisch darge-
stellt, Osteozyten mit Alizarinrot, welches intrazelluläre Chelatkomplexe mit Ca2+ bildet.
3.2.4 Vitalität von hASCs in Alginatscaffolds
Um einen ersten Hinweis darauf zu erhalten, ob die Scaffolds als Zellträger funktionierten,
wurden Würfel der Kantenlänge 0,5 cm aus den Protoscaffolds ausgeschnitten und mit
hASCs aus dem Laborbestand besiedelt. Pro Würfel wurde eine Zellsuspension von 5 x 104
Zellen in DMEM + 10 % FCS + 2 % L-Glutamin + 1 % P / S aufgetropft. Die Würfel wurden
in einer 24-Well-Platte für 30 min im Brutschrank inkubiert, sodass die hASCs in die Scaf-
folds integriert werden konnten. Danach wurden die Wells mit Kulturmedium aufgefüllt.
72 h ± 2 h später wurde das Kulturmedium verworfen, einmalig mit PBS gewaschen und
anschließend mit einer in PBS 1:30-verdünnten DAPI-Lösung der Konzentration 5 mg / ml
für 5 min im Brutschrank inkubiert. Danach wurde die DAPI-Lösung durch PBS ersetzt.
Zeitnah wurden die so gefärbten Zellen in den Scaffolds fluoreszenzmikroskopisch darge-
stellt um zunächst zu klären, ob nach drei Tagen noch Zellen in den Scaffolds vorhanden
waren und wie sie sich organisierten.
Sodann wurden besiedelte Würfel mit einer MTT-Lösung in α-MEM der Konzentration 1 mg
/ ml für 2 h im Brutschrank inkubiert und anschließend lichtmikroskopisch dargestellt.
Zusätzlich wurden besiedelte Würfel im Brutschrank inkubiert und an Tag 7 mit einer Live-
Dead-Färbung aus Calcein-AM und PI gefärbt.
3.2.5 Isolation von pASCs
Die Methodik zur Isolation porkiner Fettgewebsstammzellen (pASCs) wurde im Rahmen
dieser Arbeit an den Hohenstein Instituten etabliert. Zur Orientierung wurden gängige Iso-
lationsprotokolle herangezogen (Williams, Godke et al. 2011). Um eine Kontamination ein-
zudämmen, wurde sämtliches Besteck während der Isolation in 99 % Isopropanol aufbe-
wahrt.
42
Am Tag der Isolation wurde einem frisch geschlachteten, sechs Monate alten weiblichen
Schwein eine 5 cm dicke Bauchschwarte aus Haut, subkutanem Fett und darunter liegen-
dem Bauchwandmuskel entnommen und sofort in PBS + 1 % P / S bei 4 °C bis zur Isolation
der pASCs gelagert. Die Schwarte musste in eigenem Blut schwimmen, sodass dem Ge-
webe noch genügend Nährstoffe zur Verfügung standen, um über wenige Stunden gelagert
zu werden.
Es wurden insgesamt circa 30 g Fettgewebe sowohl subkutan als auch perimyofaszial ent-
lang des Bauchwandmuskels entnommen und mit dem Skalpell in kleinstmögliche Stücke
zerteilt. Dabei wurde strikt darauf geachtet das Gewebe so atraumatisch wie möglich, d. h.
unter Vermeidung von Quetschen oder Reißen, zu präparieren. Um die Fibroblastenkonta-
mination zu verringern, wurden Bindegewebsstränge separiert und verworfen. Die Fettge-
websstücke wurden dreimal in sterilem PBS + 1 % P / S gewaschen. 1 ml-Tubes wurden
jeweils zu einem Drittel mit Fettgewebe und zu zwei Dritteln mit 0,1 % Kollagenase in PBS
befüllt, sodass die Fettgewebsstücke vollständig von der Kollagenase umspült wurden. Die-
ser enzymatische Schritt war notwendig, um die EZM anzudauen. Die Proben wurden so-
dann 90 min im Wasserbad bei 39 °C und 300 rpm inkubiert und dabei alle 30 min kurz
gevortext, sodass die Kollagenase ubiquitär angreifen konnte. Der Inhalt von je 5 Tubes
wurde im Anschluss in einem 15 ml-Zentrifugenröhrchen gesammelt und über 5 min bei
1250 rpm zentrifugiert, geschüttelt und nochmals zentrifugiert, um eine effektive Separation
von Adipozyten und Bindegewebe, die sich als Überstand sammelten, zu erreichen. Dieser
wurde vorsichtig entnommen und verworfen. Die Zellsuspension wurde in 10 ml FCS re-
suspendiert, was zum Abstoppen der Enzymaktivität führte, und im Anschluss durch einen
Filter der Porengröße 100 µm gefiltert. Durch diesen Schritt wurde noch verbliebenes Bin-
degewebe entfernt. Es erfolgte eine letzte Zentrifugierung und Resuspension des Zellpel-
lets in 5 ml Kulturmedium + 1 % P / S (siehe Tab. 9). Aus einem 15 ml-Zentrifugenröhrchen
wurden jeweils 1 - 2 T25-Zellkulturflaschen befüllt und auf 5 ml Kulturmedium pro Flasche
eingestellt. Sämtliche Bestandteile der Suspension, die durch oben genannte Trennmecha-
nismen noch nicht von den pASCs separiert waren (Detritus) wurden mit dem ersten Medi-
enwechsel 24 h ± 2 h nach Aussaat der Zellen entfernt, da nur pASCs am Boden der Kul-
turflasche adhärierten.
3.2.6 Kultivieren und Passagieren von Zellen
Die Verwendung von 1 % P / S im Kulturmedium (siehe Tab. 9) war ab dem zweiten Medi-
enwechsel nach Aussaat neu isolierter pASCs nicht mehr notwendig. Kultiviert wurden
pASCs bis zu einer circa 80 % Konfluenz in T75-Flaschen. Der Wechsel des Kulturmediums
erfolgte alle 3 - 4 Tage. Für das Passagieren der Zellen wurde das Medium aus der Kultur-
flasche abgesaugt, und der Zellrasen wurde mit 5 ml PBS gewaschen. Daraufhin wurden
43
die Zellen mit 4 ml Trypsin (0,05 %) / EDTA (0,02 %) im Brutschrank inkubiert. Durch vor-
sichtiges Beklopfen konnte die Ablösung vom Flaschenboden gewährleistet und lichtmikro-
skopisch bestätigt werden. Zur Beendigung der enzymatischen Aktivität des Trypsins wurde
1 ml FCS hinzugegeben. Die Suspension wurde daraufhin 5 min bei 1250 rpm zentrifugiert.
Nach Verwerfen des Überstandes wurde das verbliebene Zellpellet in 5 ml frischem Medium
resuspendiert und auf drei T75-Flaschen verteilt, welche bis zu einem Gesamtvolumen von
10 ml mit Kulturmedium aufgefüllt wurden. Die in dieser Arbeit verwendeten pASCs wurden
maximal bis Passage 8 verwendet.
Schnell wachsende Zellen wie L929 wurden für das Passagieren nach der Zentrifugation in
5 ml Kulturmedium resuspendiert, und davon nur 125 µl in einer neuen T75-Flasche kulti-
viert.
3.2.7 Kryokonservieren und Auftauen von Zellen
Die aus der Kulturflasche wie beim Passagieren abgelösten und zentrifugierten pASCs in
Pellet-Form wurden zur Kryokonservierung nicht in Kulturmedium, sondern in FCS resus-
pendiert und durch Auszählung mithilfe der Thoma-Zählkammer auf eine Konzentration von
1 x 106 Zellen / ml eingestellt (siehe Tab. 9). Jeweils 1 ml dieser Suspension wurde in ein
Röhrchen zur Kryokonservierung gefüllt. Als Kälteschutzmittel wurden pro Röhrchen jeweils
100 µl DMSO hinzugegeben, um ein Platzen der Zellen beim nächsten Auftauen zu verhin-
dern. Anschließend wurden die Röhrchen bei -80 °C für 24 h tiefgefroren und danach in
einen Flüssigstickstofftank bis zur weiteren Verwendung überführt.
Aufgetaut wurden die Zellen, indem Kulturmedium + 1 % P / S, das im Wasserbad auf 37
°C erwärmt worden war, in das Kryoröhrchen getropft wurde und die Zellsuspension an-
schließend in 10 ml warmem Kulturmedium in eine T75-Flasche gegeben wurde. Die Zellen
wurden daraufhin im Brutschrank inkubiert. Sobald sie sicher adhärent waren, wurde noch-
mals ein Medienwechsel durchgeführt, um das DMSO vollständig zu entfernen. P / S wurde
danach noch einmal beim Medienwechsel verwendet, danach wurde ohne Antibiotika wei-
terkultiviert.
3.2.8 Charakterisierung von pASCs durch Differenzierung
Um die isolierten Zellen (siehe Kap. 3.2.5) als pASCs und nicht etwa als Präadipozyten zu
identifizieren, wurden sie entlang der adipogenen, chondrogenen und osteogenen Reihe
differenziert. Dafür wurden pASCs der Passage 2 in einer 24-Well-Platte in der Konzentra-
tion 4 x 104 Zellen / Vertiefung ausgesät. Anschließend wurden die Wells mit jeweils 300 µl
Kulturmedium (siehe Tab. 9) befüllt und für 5 h im Brutschrank belassen. Danach waren die
Zellen adhärent, sodass 350 µl des jeweiligen Differenzierungsmediums (adipogen, chond-
44
rogen und osteogen) hinzugegeben wurden. Als Negativkontrollen dienten pASCs, die wei-
terhin mit 350 µl Kulturmedium bedeckt wurden. Sämtliche Proben wurden im Dreifachan-
satz angelegt. Über 21 Tage wurde nun alle 3 - 4 Tage das Differenzierungsmedium erneu-
ert. Da die Negativkontrollen weiter proliferierten, wurden sie im Verlauf bei ca. 80 % Kon-
fluenz passagiert und neu ausgesät. Im Verlauf wurde die Zellmorphologie in allen Vertie-
fungen regelmäßig lichtmikroskopisch fotodokumentiert.
An Tag 21 wurde das Medium aus allen Vertiefungen entnommen. Sodann wurde einmalig
mit PBS gewaschen. Die adipogen differenzierten pASCs und ihre Kontrollen wurden mit
Oil-Red-O gefärbt. Entsprechend wurde mit den Chondrozyten (Alcianblau) und Osteozyten
(Alizarinrot) sowie ihren jeweiligen Kontrollen verfahren. Die Gebrauchslösungen sind in
Tab. 10 aufgeführt.
Oil-Red-O-Färbung von Adipozyten:
Zunächst wurden die entsprechenden Proben und ihre Kontrollen mit 60 % Isopropanol für
5 min fixiert. Nach Verwerfen des Isopropanols wurden je 350 µl Oil-Red-O hinzugegeben
und für 10 min bei ATPS-Bedingungen inkubiert. Nach Abnahme der Färbelösung wurde
kurz mit Isopropanol, dann so lange mit ddH2O gewaschen, bis keine Farbrückstände mehr
ausgewaschen wurden.
Alcianblau-Färbung von Chondrozyten:
Die Proben wurden zunächst für 30 min bei ATPS-Bedingungen mit 4 % phosphatgepuffer-
tem Formaldehyd bedeckt und anschließend mit PBS gewaschen. 350 µl Alcianblau wur-
den sodann in jede der Vertiefungen pipettiert und für 30 min belassen. Anschließend wurde
dreimal mit 0,1 M HCl gespült und schließlich mit ddH2O neutralisiert.
Alizarinrot-Färbung von Osteozyten:
Auch hier wurden die Proben über 30 min in 4 % phosphatgepuffertem Formaldehyd bei
Raumtemperatur inkubiert. Im Anschluss erfolgte zweimaliges Waschen mit ddH2O. Da-
raufhin wurden jeweils 350 µl Alizarinrot für 3 min in die entsprechenden Vertiefungen pi-
pettiert und nochmals dreimalig mit ddH2O gewaschen.
Zum Austrocknungsschutz der Proben wurden alle Wells mit 350 µl PBS bedeckt. Nachfol-
gend konnten die Proben sowie die Kontrollen lichtmikroskopisch auf Merkmale der Diffe-
renzierung beurteilt werden.
45
3.2.9 Messung der VEGF-Sekretion bei adipogener Differenzierung von pASCs mit-
tels ELISA
Bei der Suche nach einem geeigneten Weichgewebeersatz war von Interesse, inwiefern
die pASCs während ihrer adipogenen Differenzierung Angiogenesepotential aufwiesen.
Um dieses zu ermitteln, sollte die VEGF-Sekretion durch pASCs unterschiedlicher Reife-
grade während der 21-tägigen Differenzierung in Adipozyten bestimmt werden.
Hierfür wurde das Pig Vascular Endothelial cell Growth Factor (VEGF) ELISA KIT von
Cusabio Biotech Co. Ltd. angewandt. Die Durchführung des ELISAs erfolgte nach
geliefertem Protokoll und auf Empfehlung des Herstellers im Zweifachansatz der Proben.
Die photometrische Messung der OD erfolgte mit dem Multiwellplattenreader GENios der
Firma Tecan Group Ltd. und der Software Magellan™.
Grundlage des ELISAs ist der Nachweis eines Antigens (VEGF), für das ein spezifischer
Antikörper (Primärantikörper) am Boden einer Mikrotiterplatte angebracht ist. Nach Zugabe
der VEGF-haltigen Probe binden Antigen und Antikörper. Anschließend erfolgt die Zugabe
eines weiteren Antikörpers (biotinylierter Sekundärantikörper), der an VEGF bindet. Das
Markerenzym Meerrettichperoxidase (HRP = horse radish peroxidase) wird, an das Gly-
koprotein Avidin gebunden, im Anschluss hinzugefügt. Biotin und Avidin bilden mit hoher
Affinität eine starke Bindung aus, sodass Sekundärantikörper und Markerenzym nun ge-
koppelt sind. Der Farbstoff Tetramethylbenzidin (TMB) wird nun in Verbindung mit Wasser-
stoffperoxid und einem Phosphat-Citrat-Puffer hinzugegegben. Die Spaltungsreaktion und
damit lumineszente Aktivierung des Farbstoffs wird durch HRP katalysiert. Durch Zugabe
einer schwefelsäurehaltigen Stopplösung, welche die Enzymaktivität im Assay terminiert,
erfolgt ein Farbumschlag des TMBs von blau nach gelb mit einem Absorptionsmaximum
bei 450 nm. Die Lumineszenz kann photometrisch als OD bei dieser Wellenlänge erfasst
und anhand der Standardverdünnungsreihe einer vordefinierten VEGF-Konzentration in
den Antigengehalt der Probe umgerechnet werden.
46
Abbildung 12: Enzyme-linked immunosorbent assay (ELISA) (Diagnostics 2015).
Die für den Versuch verwendete Zellkonzentration betrug 5 x 104 pASCs / Vertiefung einer
24-Well-Platte. Während der Differenzierung wurde das Medium am Tag 1, 7, 14 und 21
abgenommen. 24 h zuvor war ein Medienwechsel durchgeführt worden, sodass immer die
innerhalb von 24 h sezernierte VEGF-Menge gemessen wurde. Bis zur Verwendung
wurden die Medien bei -20 °C aufbewahrt. Um den VEGF-Gehalt nicht zu verfälschen,
wurden sie nur ein einziges Mal eingefroren und wieder aufgetaut. Als Kontrolle diente das
Medium undifferenzierter pASCs am Tag 1. Zur Schonung der Proteine wurden die ver-
wendeten Medien während des gesamten Assays auf Eis gelagert.
Zunächst wurde nach Angaben des Herstellers eine Verdünnungsreihe einer VEGF-Stan-
dardprobe hergestellt und davon jeweils 100 µl in eine Mikrotiterplatte pipettiert. Da zu-
nächst unbekannt war, wie hoch der VEGF-Gehalt der pASCs ausfallen würde, wurden die
verwendeten Proben aus der Differenzierung 1:2 mit einer gelieferten Verdünnungslösung
(Sample Diluent) verdünnt. Diese Verdünnung wurde bei der Auswertung rechnerisch wie-
der korrigiert. Nachfolgend wurden die Proben in die Mikrotiterplatte gegeben. Zur Bindung
von Antigen und Primärantikörper wurde die Platte nun für 2 h abgedunkelt im Brutschrank
inkubiert. Der Flüssigkeitsüberstand wurde anschließend aus der Platte geklopft. 100 µl des
biotinylierten Sekundärantikörpers wurden in die Vertiefungen pipettiert und für weitere 60
min im Brutschrank belassen. Anschließend wurde die Flüssigkeit aus den Vertiefungen
aspiriert und verworfen. Danach erfolgte dreimaliges Waschen mit je 200 µl Waschpuffer.
Für jeweils 2 min wurde der Waschpuffer belassen und zuletzt aus der Mikrotiterplatte ge-
klopft, sodass keine Flüssigkeit darin verblieb. Anschließend wurden 100 µl HRP-Avidin
47
hinzugegeben und für weitere 60 min abgedunkelt inkubiert. Weitere Waschvorgänge er-
folgten noch fünfmal. Schließlich wurden pro Vertiefung je 90 µl des Farbsubstrates (TMB)
pipettiert und für 30 min abgedunkelt inkubiert, wodurch die Proben eine blaue Färbung
annahmen. Zur Beendigung der enzymatischen Reaktion wurden je 50 µl einer Stopplö-
sung hinzugegeben, was zum Farbumschlag von blau nach gelb führte. Durch leichtes Be-
klopfen der Mikrotiterplatte wurde eine gute Durchmischung gewährleistet. Im Anschluss
erfolgte die photometrische Messung der OD und die Berechnung des VEGF-Gehalts an-
hand der Standardverdünnungsreihe.
3.3 Stammzellbesiedlung von Alginatscaffolds
3.3.1 Herstellung einer kollagenhaltigen Zellsuspension
Kollagen enthält Aminosäuresequenzen, die der Zellbindung dienen und auf diese Weise
zur verbesserten Haftung von Zellen innerhalb von Biopolymeren wie Alginat beitragen sol-
len (Lee and Mooney 2012). Um diesen Effekt zu beurteilen, wurden in der vorliegenden
Arbeit unter anderem Alginatscaffolds mit kollagenhaltigen Zellsuspensionen verwendet.
Zur Herstellung einer kollagenhaltigen Zellsuspension wurde zunächst eine Stocklösung
aus Kollagen (Collagen from rat tail) in 0,1 % Essigsäure der Konzentration 5,6 mg / ml
hergestellt. Um eine homogene Lösung zu erhalten, wurde das Gemisch 3 - 4 x gevortext,
bei -28 °C gefroren, aufgetaut und wieder gevortext. Diese Stocklösung konnte nun bei -28
°C bis zur weiteren Verwendung aufbewahrt werden. Für die Herstellung einer kollagenhal-
tigen Zellsuspension wurden Zellen mit Gelgießlösung gemischt und anschließend im Ver-
hältnis 1:2 mit Kollagenlösung suspendiert, sodass die benötigte Endkonzentration der Zell-
suspension eingestellt war.
Tabelle 11: Lösungen zur Verwendung von kollagenhaltigen Zellsuspensionen.
48
3.3.2 Adipogene Differenzierung humaner, muriner und porkiner MSCs in Algi-
natscaffolds
Nach erfolgreicher Besiedlung von Alginatscaffolds mit hASCs (siehe Kap. 3.2.4) sollte die
adipogene Differenzierung von mesenchymalen Stammzellen unterschiedlicher Herkunft
(human, porkin, murin) innerhalb der Scaffolds beurteilt werden.
Die verwendeten Zellen waren hASCs, M2 und pASCs. Diese wurden wie in Kap. 3.2.8
beschrieben zur Sicherstellung ihrer Differenzierungskapazität vorher über 21 Tage als Zell-
kultur in der Kulturflasche in Adipozyten differenziert. Die dabei verwendete Zellkonzentra-
tion in einer 24-Well-Platte betrug 5 x 104 Zellen / Vertiefung. Anschließend erfolgte die
Adipozytenfärbung mit Oil-Red-O. Sobald dies gelungen war, wurden die mit den genann-
ten Stammzellen besiedelten Alginatscaffolds in adipogenem Differenzierungsmedium in-
kubiert (siehe Tab. 9). Als Negativkontrollen dienten nicht differenzierungsfähige HF ASTs
in adipogenem Differenzierungsmedium sowie nicht-differenzierte hASCs, pASCs, M2 und
HF ASTs, die 21 Tage in reduziertem Kulturmedium kultiviert worden waren. Dieses war
verwendet worden, da vorangegangene Versuche der Hohenstein Institute hatten anneh-
men lassen, dass ein geringerer Zusatz von FCS günstiger für die sekretorische Funktio-
nalität von MSCs war (Handel, 2015).
Ziel war es, in Abständen die Vitalität der Zellen durch Calcein-Färbung zu überprüfen so-
wie nach 21 Tagen Adipozyten mithilfe von Nilrot innerhalb der Scaffolds anzufärben.
Alginatscaffolds wurden zur Verringerung einer potentiellen Zytotoxizität bei 55 °C für ≤ 4 h
und 500 rpm in ddH2O gewaschen und zu besiedlungsfähigen Würfeln zurechtgenschnit-
ten. Sie wurden mit 5 x 104 Zellen in reduziertem Kulturmedium (siehe Tab. 9) beladen und
in einer 24-Well-Platte inkubiert. Den Medien wurde zusätzlich jeweils 1 % P / S zugefügt,
da die Scaffolds zuvor nicht sterilisiert worden waren. Der Medienwechsel erfolgte alle 3 -
4 Tage.
Vorbereitend auf das CAM Angiogenese Assay (siehe Kap. 3.4.1) wurde außerdem eine
kollagenhaltige pASC-Suspension der Zellzahl 5 x 104 in Alginatscaffolds nach oben be-
schriebenem Schema über 21 Tage adipogen differenziert und mikroskopisch ausgewertet.
Als Negativkontrollen dienten auch hier nicht-differenzierte kollagenhaltige Kontrollen in re-
duziertem Kulturmedium.
Nilrot-Färbung von Adipozyten:
Die Herstellung der Nilrot-Gebrauchslösung ist in Tab. 10 nachzulesen. Zunächst wurde
das Medium der jeweiligen Vertiefungen der 24-Well-Platte verworfen und zweimal mit PBS
gewaschen. Danach wurden die Scaffolds mit Nilrot bedeckt und für 20 min abgedunkelt im
49
Brutschrank inkubiert. Nach Verwerfen der Gebrauchslösung wurde nochmals mit PBS ge-
waschen und fluoreszenzmikroskopisch eine qualitative Analyse der adipogenen Differen-
zierung durchgeführt.
Abbildung 13: Schematischer Aufbau der Differenzierung von MSCs in Alginatscaf-
folds. Alginatwürfel wurden mit je 5 x 104 Zellen besiedelt, welche über 21 Tage in Adi-
pozyten differenziert (rot) bzw. in reduziertem Kulturmedium als undifferenzierte Kontrollen
kultiviert wurden (gelb). An den Tagen 1, 7, 14 und 21 der Differenzierung wurden jeweils
vitale Zellen mit Calcein, an Tag 21 die adipogen differenzierten Zellen und ihre Negativ-
kontrollen mit Nilrot gefärbt. In einem anderen Ansatz wurde analog mit einer kollagenhal-
tigen pASC-Suspension mit 5 x 104 Zellen verfahren.
3.3.3 Messung der VEGF-Sekretion bei adipogener Differenzierung von pASCs in
Alginatscaffolds mittels ELISA
Um das Angiogenesepotential von pASCs in Alginat mit dem von pASCs in alleiniger Zell-
kultur zu vergleichen, wurde der VEGF-Gehalt der Medien während der 21-tägigen Diffe-
renzierung von pASCs innerhalb von Alginatscaffolds wie in Kap. 3.2.9 beschrieben be-
stimmt. Dabei sollte untersucht werden, ob mehr, weniger oder gleich viel VEGF ins Me-
dium sezerniert wurde, wenn pASCs in Alginatscaffolds kultiviert wurden. Wesentlich war
hierbei die Annahme, dass pASCs innerhalb eines Scaffolds in Adipozyten differenzieren
und somit fehlendes Gewebe ersetzen könnten. Mit Hilfe dieses Experiments sollte in vitro
eine Einschätzung der angiogenen Wirksamkeit eines solchen potentiellen Implantates für
den Weichgewebeersatz getroffen werden. Die verwendete Zellzahl betrug 5 x 104 Zellen.
50
3.4 Angiogenes Potential pASC-besiedelter Alginatscaffolds
3.4.1 In vivo-Studie: CAM Angiogenese Assay
Das Angiogenese Assay auf der Chorioallantoismembran (CAM) des Hühnerembryos ist
ein etabliertes Verfahren, das ursprünglich zur Erforschung der Tumorangiogenese ange-
wandt wurde (Ribatti, Nico et al. 2006). Da es sich jedoch hervorragend zur Beurteilung der
angiogenen Eigenschaften jedweder Teststoffe eignet, kommt es heute auch zum Angio-
genesescreening von Materialien des Tissue Engingeering zum Einsatz (Handel, Hammer
et al. 2013). Die CAM gewährleistet den Gasaustausch des Hühnerembryos und entwickelt
sich zwischen dem 3. und 10. Entwicklungstag (Nowak-Sliwinska, Segura et al. 2014). Das
Schmerzempfinden des Embryos entwickelt sich erst nach dem 10., das Immunsystem ab
dem 15. Entwicklungstag. Vorteile des CAM Angiogenese Assays im Gegensatz zu be-
kannten Angiogeneseversuchen an Nagern liegen daher im Ausbleiben einer Immunant-
wort, der Überflüssigkeit eines Tierstalls und der damit verbundenen Vorschriften, dem ein-
fachen Zugang zur CAM durch Eröffnen der Eischale und der preisgünstigen und zeitspa-
renden sowie ethisch konfliktfreien Versuchsdurchführung bei vergleichbaren in vivo-Be-
dingungen.
Die Entwicklung des Haushuhns (Gallus gallus domesticus) ist von der Begattung (Tag 0)
bis zum Schlupf (Tag 21) temperaturabhängig. In dieser Arbeit wurden befruchtete Hühner-
eier (White Leghorn Lohman LSL) bis zur Durchführung des CAM Angiogenese Assays bei
37 °C und 60 % relativer Luftfeuchtigkeit bebrütet. Hierfür stand eine vollautomatische Brut-
maschine mit Wendefunktion in 8h-Intervallen zur Verfügung. Dieses Wenden war entschei-
dend um den Hühnerembryo innerhalb der Eischale frei beweglich zu halten. In dieser Ar-
beit wurde die sogenannte „in ovo-Methode“ angewandt, d. h. sämtliche Proben wurden bei
Erhalt der Eischale durch eine kleine Öffnung ins Innere des Eis appliziert. Die Öffnung
wurde anschließend bis zur Versuchsauswertung mit Folie verschlossen um Dehydratation
und Infektionen zu vermeiden. Auf diese Weise überlebten 80 % der Eier bis zur Auswer-
tung.
An Bebrütungstag 7 wurden die Eier an der Sterilbank seitens der Luftblase durch Fräsen
eröffnet und die CAM nach Entfernen der inneren Eihaut dargestellt. Dabei wurde darauf
geachtet, ein möglichst kleines Loch zu schaffen und den darunter liegenden Embryo zu
schonen. Pro Ei konnte eine Probe auf der CAM platziert und für weitere 72 h ± 2 h bei 37
°C und 60 % relativer Luftfeuchtigkeit unter Verschluss mit Paraffinwachs / Polyolefin-Folie
in aufrechter Position inkubiert werden.
An Bebrütungstag 10 wurden die Eier weiter eröffnet, stereomikroskopisch fotografiert und
mit 4 % Formaldehyd bedeckt. Nachdem der Embryo daraufhin abgestorben war, konnten
51
die Proben samt CAM entnommen und nochmals fotografiert werden. Die Auswertung er-
folgte anhand der explantierten Proben. Dabei wurden die gezielt auf die Proben zuwach-
senden Gefäße der CAM mithilfe von Image J (Freeware NIH) ausgezählt und gemittelt.
Nach Versuchsende wurden die Eier tiefgefroren und verworfen.
Auch in diesem Versuch wurden Alginatwürfel der Kantenlänge 0,5 cm verwendet. Sie be-
standen aus Scaffolds, die mit pASCs oder mit einer kollagenhaltigen pASC-Suspension
besiedelt waren. Als Negativkontrollen dienten zellfreie Scaffolds mit oder ohne Kollagen.
Drei Tage vor der CAM-Applikation waren die Würfel zellbesiedelt und in reduziertem Kul-
turmedium kultiviert worden. Am Tag vor der CAM-Applikation wurde das Medium durch
zusatzfreies DMEM ersetzt, sodass sich keine potentiell angiogenen Wachstumsfaktoren
wie FCS im Medium befanden, die das Ergebnis auf der CAM hätten verfälschen können.
Der Versuch wurde zweimal durchgeführt. Die erste Durchführung diente dem allgemeinen
Screening nach der Funktionalität der verwendeten Proben. Die dabei verwendeten Scaf-
folds enthielten je 9 x 104 Zellen.
Die zweite Durchführung diente der statistischen Auswertung des CAM Angiogenese As-
says. Hierbei kamen Proben mit 2 x 105 pASCs pro Scaffold zum Einsatz.
Abbildung 14: Prinzip des CAM Angiogenese Assays. a Darstellung der reich vaskula-
risierten CAM am Beispiel eines ex ovo-Modells (Nowak-Sliwinska, Segura et al. 2014); b
In ovo-Modell wie in der vorliegenden Arbeit angewandt. Die Abbildung entspricht den Be-
brütungstagen 7 - 10 nach Platzierung der Proben auf der CAM und anschließender Schutz-
abdeckung (Nowak-Sliwinska, Segura et al. 2014); c Verwendete Proben dieser Arbeit (NK
= Negativkontrolle).
52
3.4.2 Messung der VEGF-Sekretion von pASCs in Alginatscaffolds mit und ohne
Kollagen
Um die VEGF-Sekretion aus stammzellbesiedelten Alginatscaffolds auf den möglichen Ein-
fluss eines Kollagenzusatzes zu screenen, wurden Alginatwürfel der Kantenlänge 0,5 cm
mit 9 x 104 pASCs als Zellsuspension oder als kollagenhaltige Zellsuspension (siehe Kap.
3.3.1) besiedelt und in reduziertem Kulturmedium (siehe Tab. 9) für zwei Tage inkubiert.
Das Medium wurde an Tag 2 jeweils durch DMEM ohne Zusätze ausgetauscht und 24 h ±
2 h später auf seinen VEGF-Gehalt untersucht.
3.4.3 HUVEC Tube Formation Assay
Ein etablierter Versuch zur in vitro-Beurteilung des angiogenen Potentials von Prüfmateri-
alien ist das HUVEC Tube Formation Assay. Hierbei werden auf einer speziellen Matrix
Endothelzellen mit Angiogenesefaktoren inkubiert und auf das Ausmaß ihrer Anordnung in
röhrenartigen Strukturen entsprechend einer naiven Gefäßmatrix beurteilt. In dieser Arbeit
wurde das Assay als Zusatzversuch durchgeführt, nachdem bereits die Ergebnisse der in
vivo-Studie vorlagen.
Die verwendete spezielle Matrix war BD MatrigelTM, welches als Ankerboden für Endothel-
zellen, deren Funktion natürlicherweise von ihrer Fixierung in der Umgebung abhängt,
diente. Da Matrigel bei Zimmertemperatur geliert, wurde es bis zur Verwendung bei -28 °C
tiefgefroren und vor der Versuchsdurchführung über Nacht auf Eis aufgetaut. Für den Ver-
such wurden je 50 µl Matrigel in eine gekühlte 96-Well-Platte pipettiert, welche anschlie-
ßend 10 min bei 0 °C und 1200 rpm zentrifugiert wurde um Luftblasen zu entfernen und ein
planes Gel zu schaffen. Sodann wurde die Platte zur Aushärtung des Gels im Brutschrank
für 30 - 60 min inkubiert. HUVECs der Passage 2 wurden trypsiniert (siehe Kap. 3.2.6) und
5 min bei 1200 rpm zentrifugiert. Das Zellpellet wurde in M200 ohne Supplementierung
aufgenommen und 50 µl Zellsuspension pro Vertiefung in die Matrigel-beschichtete 96-
Well-Platte gegeben, sodass pro Vertiefung 2 x 103 HUVECs vorlagen. Im Brutschrank
wurde die Platte nun 2 h bis zur vollständigen Adhärenz der Zellen belassen. Anschließend
wurde das Medium überall durch 50 µl des jeweiligen Probemediums ersetzt. Nach 24 h im
Brutschrank wurde mit Calcein-Lösung (1 µl / Vertiefung) gefärbt. Die HUVEC Tubes wur-
den fluoreszenzmikroskopisch festgehalten und ihre Länge mit Image J (Freeware NIH)
vermessen.
Sämtliche Probemedien wurden im Dreifachansatz verwendet. Als Negativkontrolle diente
das Basismedium M200 ohne Supplementierung, als Positivkontrolle das HUVEC Kultur-
medium inklusive Supplementierung von Wachstumsfaktoren (siehe Tab. 9).
53
Tabelle 12: Probemedien des HUVEC Tube Formation Assays.
3.5 Histologie pASC-besiedelter Alginatscaffolds auf der CAM
Für die histologische Darstellung von (pASC-besiedelten) Alginatscaffolds auf der CAM
wurden Proben des abgeschlossenen CAM Angiogenese Assays (siehe Kap. 3.4.1) ent-
nommen, nach dem in Tab. 13 beschriebenen Schema fixiert und anschließend bei 4 °C
zum Aushärten über Nacht inkubiert. Das Gewebe wurde in Paraffin so ausgerichtet, dass
der Querschnitt aus aufliegendem Scaffold und CAM auf dem Objektträger zu liegen kam
(n = 5 - 7 je Probe). Die Schnitte wurden an einem Rotationsmikrotom zu 1 - 9 µm Schicht-
dicke angefertigt und anschließend durch eine Hämatoxylin-Eosin-Färbung dargestellt.
Tabelle 13: Schema der Probenfixierung für die histologische Aufbereitung.
54
Weiterhin sollten Blutgefäße der CAM und Zellkerne innerhalb des Alginatscaffolds mit Rho-
damin-gekoppelten Agglutinin-Antikörpern und DAPI gefärbt sowie fluoreszenzmikrosko-
pisch beurteilt werden.
Dafür wurden die Paraffinschnitte zunächst bei 70 °C für 60 min hitzefixiert, bei Raumtem-
peratur 30 min lang abgekühlt und anschließend wie in Tab. 14 beschrieben deparaffiniert.
Tabelle 14: Schema der Deparaffinierung für die histologische Färbung.
Zur Antigendemaskierung wurden die Schnitte anschließend nach Hochtemperaturme-
thode in 1 % citratbasierter Demaskierungslösung für 18 min inkubiert und anschließend
bei 4 °C für 45 min gekühlt. Danach wurde zweimalig mit PBS gewaschen. Gemäß Witt-
mann et al. wurden die Schnitte anschließend in 3 % BSA in PBS / Triton X 100 für 30 min
zur Blockade unspezifischer Proteine inkubiert und anschließend nochmals zweimalig in
PBS gewaschen (Wittmann, Dietl et al. 2015). Anschließend wurden je 150µl des Agglu-
tinin-Antikörpers (Rhodamin-labeled Ulex Europaeus Agglutinin I) in einer Konzentration
von 10 µg / ml PBST auf die Schnitte gegeben und über Nacht lichtgeschützt bei 4 °C
inkubiert. Nach zweimaligem Waschen in PBS erfolgte die Kernfärbung mit DAPI gemäß
Kap. 3.2.3. Zuletzt wurde Fluoreszenzeinfassungsmedium hinzugegeben und bei einer
Wellenlänge von 550 nm (Exzitationsmaximum) und 575 nm (Emissionsmaximum) fluores-
zenzmikroskopiert. Die Färbung kann damit über mehrere Wochen lichtgeschützt unter
Kühlung erhalten werden.
55
3.6 Statistische Auswertung
Die statistische Auswertung erfolgte durch t-Tests mithilfe von Microsoft Excel 2013 (Micro-
soft Deutschland GmbH, Unterschleißheim, Deutschland). Statistische Signifikanz wurde
als Irrtumswahrscheinlichkeit von α < 5 % (p < 0,05) definiert. Als Bildanalysesoftwares
kamen Image J (NIH) und Gimp 2.8 zum Einsatz. Wenn nicht anders beschrieben, so be-
zeichnen die angegebenen Fehlerabweichungen den jeweiligen Standardfehler der gemit-
telten Messwerte.
56
4 ERGEBNISSE
4.1 Etablierung eines Alginatscaffolds für die Stammzellbesiedlung zum autologen
Weichgewebeersatz
4.1.1 Herstellung der Protoscaffolds
Alginathydrogele ließen sich durch Verwendung verschiedener Konzentrationen der Edukte
oder auch durch Verwendung alternativer Säuren wie HCl gelieren. Je höher die Konzent-
rationen der Edukte waren, desto steifer und unregelmäßiger in seiner Beschaffenheit
wurde das Gel. HCl-gelierte Gele ergaben im Allgemeinen eine weniger stabile Form als
GDL-gelierte. Je niedriger die Konzentrationen der Edukte waren, desto weniger stabil
wurde das Gel in seinem Zusammenhalt.
Die in Kap. 3.1.1 aufgeführte Formel führte zum besten Ergebnis bezüglich Konsistenz,
Stabilität, homogener makroskopischer Porosität und Reproduzierbarkeit und wurde daher
als Fertigungsprozess etabliert.
Das entnommene Hydrogel wies eine makroskopisch homogene Porosität sowie gleichmä-
ßig verteilte Natriumgluconat-Kristalle auf, welche sich bei der Gelierung bildeten (siehe
Abb. 10). Auch lichtmikroskopisch ließ sich die poröse Struktur des Hydrogels nachweisen.
Rasterelektronenmikroskopisch zeigte sich die innere Beschaffenheit deutlich aufgeworfen
im Sinne einer starken Oberflächenvergrößerung. Die gewünschte Form ließ sich entweder
kurz nach Einsetzen des Gelierprozesses durch Ausgießen des Gels in vorgefertigte
Schablonen oder aber durch Zuschnitt des lyophilisierten Protoscaffolds mit dem Skalpell
erzielen. Die Porengröße betrug nach der Lyophilisierung ≤ 1 mm.
57
Abbildung 15: Struktur des Protoscaffolds. a - c vor Lyophilisierung, d - f nach Lyophili-
sierung. a Frisch geliertes Hydrogel; b Lichtmikroskopische Aufnahme des Hydrogels; c
Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme der Hydrogeloberfläche; d Angeschnittenes
gebrauchsfertiges Scaffold, das durch die Lyophilisierung von a hergestellt wurde; e Lyo-
philisierte variable Ausgüsse des Hydrogels; f Makroskopische Darstellung der Porosität.
4.1.2 Verhalten der Protoscaffolds in flüssiger Umgebung
Das Gewicht der Protoscaffolds nahm kontinuierlich über fünf alternierende Zyklen aus
Hydrierung und Lyophilisierung ab. Das mittlere Gewicht der wie in Kap. 3.1.1 beschriebe-
nen frisch gelierten Hydrogele (n = 8) lag bei 17,06 g ± 0,32 g. Nach fünf Zyklen betrug das
rehydrierte Gewicht noch 9,74 g ± 1,02 g.
Im lyophilisierten Zustand wogen die Protoscaffolds anfänglich 0,71 g ± 0,01 g. Nach der
fünften Lyophilisierung lag das mittlere Gewicht noch bei 0,46 g ± 0,02 g.
58
Die Hydrierungskapazität lag bei 20,83 ± 2,44 und zeigte keine signifikante Änderung im
Laufe des Prozesses. Durchschnittlich waren die trockenen Scaffolds also durchweg in der
Lage das etwa 21-Fache an Flüssigkeit aufnehmen.
Abbildung 16: Gewicht der Protoscaffolds bei alternierender Hydrierung und
Lyophilisierung. a Das Nassgewicht der Scaffolds zeigte nach 5 Zyklen aus Hydrierung
und Lyophilisierung ein hochsignifikant niedrigeres Gewicht als frisch nach der Gelierung.
b Auch das Trockengewicht zeigte sich nach 5 Zyklen hochsignifikant niedriger als nach
der ersten Lyophilisierung. Lineare Trendlinie streifig eingezeichnet (p < 0,001).
59
4.1.3 Zytotoxizität der Protoscaffolds mittels MTT-Assay
Die Protoscaffolds (n = 8) wiesen bis in die höchste Verdünnung eine Wachstumshemmung
auf L929 von ≥ 30 % auf und galten damit als zytotoxisch. Durch den Waschvorgang mit
ddH2O für ≤ 2 h (n = 3) und ≤ 4 h (n = 2) konnte die Zytotoxizität der jeweiligen Verdünnun-
gen gesenkt werden. Allerdings wiesen Scaffolds, die ≤ 4 h gewaschen wurden, nicht sig-
nifikant weniger Zytotoxizität auf als solche, die nur ≤ 2 h gewaschen wurden. Die Dauer
des Waschvorganges schien damit unbedeutend zu sein.
Abbildung 17: Zytotoxizität der Alginatscaffolds. Bei den in ddH2O gewaschenen
Scaffolds zeigte sich eine hochsignifikante Verringerung der Zytotoxizität gegenüber dem
unbehandelten Scaffold (*). Jedoch führte es zu keinem signifikanten Unterschied, ob die
Scaffolds ≤ 2 h oder ≤ 4 h gewaschen wurden (#) (p < 0,001).
4.2 Vitalität von hASCs in Alginatscaffolds
Die Besiedlung der Scaffolds (n = 10) mit hASCs wurde nach 72 h ± 2 h fluoreszenzmikro-
skopisch mit dem Farbstoff DAPI nachgewiesen. Diese erste Färbung zeigte, dass nach
drei Tagen noch Zellen im Scaffold vorhanden waren und diese sich in gruppierter Anord-
nung organisierten.
Mithilfe von MTT sollte anschließend die Vitalität dieser Zellen beurteilt werden. Auch in
den hierfür verwendeten Scaffolds (n = 13) konnte eine Anordnung der Zellen in Gruppen
60
bestätigt werden, innerhalb derer sie in direktem Kontakt zueinander standen und eine ab-
gerundete Morphologie annahmen.
Ein Zeitraum von maximal sieben Tagen wurde als akzeptable Kultivierungsdauer der
stammzellbesiedelten Scaffolds für einen späteren Einsatz am Tiermodell festgelegt. Daher
wurde nach sieben Tagen nochmals überprüft, ob sich vitale Zellen im Scaffold befanden.
Zu diesem Zeitpunkt ließen sich deutlich mehr lebendige als tote Zellen innerhalb des
Scaffolds beobachten.
Abbildung 18: Vitalitätsanalyse von hASCs in Alginatscaffolds. a und b: Gruppierte,
runde hASCs innerhalb der Alginatscaffolds nach 72 h ± 2 h; c und d: hASCs innerhalb der
Alginatscaffolds nach 7 Tagen. a DAPI-Fluoreszenzfärbung sämtlicher Zellkerne; b
Lichtmikroskopische MTT-Färbung vitaler Zellkörper; c Calcein-Fluoreszenzfärbung vitaler
Zellkörper; d Live (Calcein)-Dead (PI)-Fluoreszenzfärbung.
4.3 Isolation, Charakterisierung und Proliferation von pASCs
Die Isolation der pASCs ergab zunächst einen nur spärlichen Ertrag. Die ausgesäten
Stammzellen wiesen zum Zeitpunkt des ersten Medienwechsels (Tag 1) eine
fibroblastenähnliche oder spindelförmige Morphologie auf. Im weiteren Verlauf proliferierten
sie in ausreichendem Maße um an Tag 11 erstmals passagiert oder kryokonserviert zu
61
werden. Zu diesem Zeitpunkt waren die pASCs nicht gleichmäßig in der Kulturflasche
verteilt, sondern hatten sich in dicht bewachsenen Nestern organisiert, sodass das
Passagieren hauptsächlich zur gleichmäßigeren Verteilung und zur Verhinderung eines
Absterbens der zentral liegenden Stammzellen durchgeführt wurde. Im weiteren Verlauf
konnten die Stammzellen dann bei ca. 80 % Konfluenz passagiert werden.
Nach Einleitung der Differenzierung entlang der adipogenen, chondrogenen und
osteogenen Reihe konnten durch regelmäßige lichtmikroskopische Kontrollen
morphologische Veränderungen festgestellt werden. Bei den osteogen differenzierten
Stammzellen traten diese bereits nach drei Tagen auf und äußerten sich in einer Minderung
des Zellvolumens und im Einziehen der fibroblastären Ausläufer der Stammzellen.
Adipogene und chondrogene Veränderungen waren erstmalig an Tag 7 zu beobachten,
und zwar durch das Auftreten von Lipideinlagerungen oder Proteoglykanen. Nach 21 Tagen
der Differenzierung konnten die ausgereiften Adipozyten, Chondrozyten und Osteozyten
mit spezifischen Färbelösungen identifiziert werden. Die mit Kulturmedium behandelten
Kontrollen ließen sich jeweils nicht anfärben, sodass die Charakterisierung als valide
anzusehen war. Die isolierten Zellen waren somit als pluripotente pASCs identifiziert
worden.
An Tag 6 der Differenzierung waren die Kontrollzellen erstmals konfluent und mussten
passagiert werden. Die Hälfte der Zellen wurde nach Abtrypsinierung verworfen. Eine
erneute Konfluenz tauchte nach weiteren 7 Tagen auf, sodass sich eine Verdopplungszeit
der pASCs von etwa 7 Tagen abschätzen ließ. Die Kontrollen wurden mehrmals während
der Differenzierungsphase passagiert.
62
Abbildung 19: Isolation und Charakterisierung von pASCs. a Frisch isolierte pASCs an
Tag 1 in fibroblastenähnlicher Morphologie (weißer Pfeil) oder Spindelform (schwarzer
Pfeil); b Lipideinlagerung adipogen differenzierter pASCs an Tag 7 (weiß); c Proteoglykan-
synthese (schwarzer Pfeil) chondrogen differenzierter pASCs an Tag 7; d Morphologie os-
teogen differenzierter pASCs an Tag 3; e Oil-Red-O-Färbung von Adipozyten an Tag 21
der Differenzierung von pASCs; f Alcianblau-Färbung von Chondrozyten an Tag 21 der
Differenzierung von pASCs; g Alizarinrot-Färbung von Osteozyten an Tag 21 der Differen-
zierung von pASCs; h Kontrolle nicht differenzierter pASCs an Tag 21.
63
4.4 Adipogene Differenzierung humaner, muriner und porkiner MSCs in Zellkultur
Die für die Differenzierung innerhalb der Alginatscaffolds verwendeten mesenchymalen
Stammzellen (siehe Kap. 3.3.2) ließen sich zunächst erfolgreich in der Zellkulturflasche
über 21 Tage in Adipozyten differenzieren und damit für die Besiedlung von Alginatscaffolds
weiterverwenden.
Abbildung 20: Adipogene Differenzierung humaner, muriner und porkiner MSCs.
a hASCs; b M2; c pASCs. Intrazelluläre Lipidvakuolen wurden mit Oil-Red-O angefärbt.
4.5 Adipogene Differenzierung humaner, muriner und porkiner MSCs in Alginatscaf-
folds
Für den Einsatz als potentielles Weichgewebeimplantat erschien eine maximal 7-tägige
Kultivierung von Stammzellen innerhalb der Alginatscaffolds als akzeptable Zeitspanne.
Fluoreszenzmikroskopisch ließ sich an Tag 7 eine hohe Zelldichte innerhalb der Algi-
natscaffolds mittels Calcein nachweisen (siehe Abb. 21). Die adipogene Differenzierung
von humanen (hASCs) und porkinen (pASCs) Fettgewebsstammzellen sowie von murinen
mesenchymalen Stammzellen (M2) innerhalb der Scaffolds war erfolgreich. Am Ende der
Differenzierung konnten teilweise sehr große Lipidvakuolen innerhalb der Adipozyten nach-
gewiesen werden (siehe Abb. 21 h). Derart große intrazelluläre Fettdepots deuteten auf
einen hohen Reifegrad der Adipozyten hin, der in diesem Ausmaß in Zellkultur in der Kul-
turflasche nicht erreicht wurde. Als Negativkontrolle dienten HF ASTs, welche wie erwartet
nicht differenzierten. Die über 21 Tage in reduziertem Kulturmedium kultivierten MSCs und
HF ASTs wiesen ebenfalls keine Adipozytenstruktur auf. Die Besiedlungsdichte nahm im
Verlauf der 21-tägigen Kultivierung innerhalb der Alginatscaffolds ab. Der Zusatz von Kol-
lagen zeigte keinen Einfluss auf die Differenzierungsfähigkeit und Besiedlungsdichte der
Stammzellen. Jedoch wiesen pASCs in Verbindung mit Kollagen innerhalb der Alginatscaf-
folds eine eher längliche, fibroblastenähnliche Morphologie auf. Das Ergebnis deutete da-
rauf hin, dass die Alginatscaffolds in ihrer dreidimensionalen Struktur einen möglicherweise
64
geeigneten Träger für funktionale Stammzellen im Rahmen des Weichgewebeersatzes dar-
stellten.
Abbildung 21: Adipogene Differenzierung verschiedener MSCs in Alginatscaffolds.
Die Calcein-Färbung an Tag 7 zeigte eine hohe Zelldichte vitaler mesenchymaler Stamm-
zellen (a, d, g, j). HF ASTs schienen nach 7 Tagen im Scaffold (m) eine geringere Besied-
lungsdichte aufzuweisen als MSCs. hASCs, M2 und pASCs ließen sich in Adipozyten dif-
ferenzieren, deren intrazelluläre Triacyclglyceride an Tag 21 leuchtend gelb mit Nilrot ge-
färbt wurden (b, e, h, k). Die Negativkontrollen (HF ASTs (n) und die mit reduziertem Kul-
turmedium behandelten MSCs (c, f, i, l) sowie HF ASTs (o) differenzierten nicht in Adipozy-
ten. Sie ließen sich mit Nilrot an Tag 21 nur anhand ihrer Phospholipid-haltigen Zellmemb-
ranen rot-orange darstellen.
65
Interessant war die Beobachtung, dass Kollagen-gebundene pASCs eher fibroblastäre Ge-
stalt innerhalb der Scaffolds annahmen und untereinander durch zelluläre Ausläufer in Kon-
takt zu stehen schienen (siehe Abb. 21 j). Ohne Kollagenzusatz nahmen jedoch auch hu-
mane Fibroblasten eine abgerundete Form innerhalb der Scaffolds ein (siehe Abb. 21 m).
4.6 VEGF-Sekretion von pASCs in Alginatscaffolds mit und ohne Kollagenzusatz
Um zu eruieren, ob der Zusatz von Kollagen das Angiogenesepotential von pASCs in Algi-
natscaffolds beeinflusste, wurde der VEGF-Gehalt von pASC-besiedelten Alginatscaffolds
(n = 4) mit dem von kollagenhaltigen pASC-besiedelten Scaffolds (n = 2) verglichen. Hierbei
konnte keine signifikant höhere VEGF-Sekretion der kollagenhaltigen Gruppe festgestellt
werden.
Abbildung 22: VEGF-Sekretion aus pASC-besiedelten Alginatscaffolds. Alginatscaf-
folds, die mit einer pASC- oder kollagenhaltigen pASC-Suspension aus 9 x 104 Zellen be-
laden waren, wurden über drei Tage kultiviert. Danach wurden ihre Medien auf die VEGF-
Sekretion innerhalb von 24 h untersucht. Es zeigte sich kein signifikanter Unterschied im
VEGF-Gehalt der beiden Gruppen (p < 0,05).
4.7 VEGF-Sekretion bei adipogener Differenzierung von pASCs
pASCs, die als Zellkultur in der Kulturflasche über 21 Tage in Adipozyten differenzierten,
wurden auf ihre VEGF-Sekretion im Vergleich zu undifferenzierten pASCs in Zellkultur un-
tersucht. Die multipotenten Stammzellen sezernierten dabei signifikant mehr VEGF als die
66
adipogen differenzierenden. Auch an Tag 1 der Differenzierung wurde im Gegensatz zu
nachfolgenden Messtagen am meisten VEGF freigesetzt. Dieses Ergebnis weist daraufhin,
dass das Angiogenesepotential der pASCs von ihrer Pluripotenz abhängt und mit zuneh-
mender Differenzierung abnimmt.
Weiterhin wurden differenzierende pASCs in Zellkultur solchen innerhalb von Alginatscaf-
folds in ihrer VEGF-Sekretion gegenübergestellt. Die Freisetzung von VEGF innerhalb der
Scaffolds schien zunächst während der adipogenen Differenzierung alternierend abzulau-
fen. Jedoch waren keine signifikanten Unterschiede im Lauf der Differenzierung festzustel-
len und es war nicht signifikant mehr Angiogenesefaktor zu messen als bei den Medien der
Zellkultur.
21 Tage alte native pASCs in Alginatscaffolds setzten signifikant weniger Angiogenesefak-
tor frei als 1 Tag alte native pASCs in Zellkultur.
Abbildung 23: VEGF-Sekretion von pASCs in Zellkultur und in Alginatscaffolds wäh-
rend der adipogenen Differenzierung. d = Tag. pASCs in Zellkultur: Undifferenzierte
pASCs setzten im Vergleich zu differenzierenden pASCs ab Tag 7 signifikant mehr VEGF
frei (#). Zwischen der Freisetzung durch pASCs an Tag 1 der Differenzierung und durch
undifferenzierte pASCs ergab sich kein signifikanter Unterschied, jedoch war der VEGF-
Gehalt an Tag 1 der Differenzierung signifikant höher als an den folgenden Tagen (*).
pASCs in Alginatscaffolds: Generell wurde nicht signifikant mehr VEGF aus den Algi-
natscaffolds freigesetzt als aus den Zellkulturen. Während der Differenzierung im Scaffold
zeigte sich außerdem kein signifikanter Unterschied zur undifferenzierten Kontrolle von
67
pASCs an Tag 21. Jedoch war der VEGF-Gehalt nativer pASCs an Tag 1 signifikant höher
als der an Tag 21 (+) (p < 0,05).
4.8 CAM Angiogenese Assay
Alginatscaffolds mit je 2 x 105 pASCs wurden mit oder ohne Kollagenzusatz auf die Zahl
der auf sie zusprießenden embryonalen Gefäße der CAM untersucht. Die mittlere Gefäß-
zahl der Proben mit pASCs in Alginatscaffolds lag bei 52,83 ± 3,21 Gefäßen. Die Zugabe
von Kollagen führte zu einer mittleren Gefäßzahl von 56 ± 2,74 Gefäßen. Zellfreie Algi-
natscaffolds ohne Kollagen wiesen eine mittlere Gefäßzahl von 32,6 ± 4,08 Gefäßen auf.
Zellfreie Alginatscaffolds, die mit Kollagen behandelt waren, zeigten durchschnittlich 39,38
± 2,3 Gefäße. Es ergab sich kein signifikanter Unterschied zwischen kollagenhaltigen und
kollagenfreien Proben. Dieses Ergebnis war kongruent mit dem aus Kap. 4.6, wo kein sig-
nifikanter Unterschied in der VEGF-Sekretion von kollagenfreien und kollagenhaltigen
pASC-besiedelten Scaffolds festgestellt wurde.
Abbildung 24: CAM Angiogenese Assay. a pASC-besiedeltes Alginatscaffold in ovo un-
mittelbar vor der Explantation der CAM; b Explantierte CAM mit kollagenhaltigem pASC-
besiedelten Alginatscaffold; c Negativkontrolle = zellfreies kollagenhaltiges Alginatscaffold.
Bereits makroskopisch erscheint die embryonale Gefäßdichte in der Negativkontrolle gerin-
ger als die des stammzellbesiedelten Alginatscaffolds.
68
Abbildung 25: Angiogenesepotential in vivo. pASC-besiedelte Scaffolds ohne Kollagen
wiesen signifikant mehr zusprießende Gefäße auf der CAM gegenüber ihren Negativkon-
trollen (NK) auf (#), kollagenhaltige pASC-besiedelte Scaffolds zeigten hochsignifikant
mehr Gefäße als ihre Negativkontrollen (§). Dabei unterschieden sich pASC-besiedelte Pro-
ben mit und ohne Kollagen nicht signifikant voneinander (*), ebenso war kein signifikanter
Unterschied innerhalb der Negativkontrollen festzustellen (+) (* = p < 0,05) (# = p < 0,05)
(+ = p < 0,05) (§ = p < 0,001).
4.9 HUVEC Tube Formation Assay
Die Medien kollagenhaltiger pASC-besiedelter Proben führten zu keinen signifikant länge-
ren HUVEC Tubes als die Medien kollagenfreier Proben. Dieses Ergebnis korrelierte mit
dem aus Kap. 4.6 und 4.8. Auch hier bestätigte sich also wieder, dass sich kein Mehrwert
durch Zusatz von Kollagen auf das Angiogenesepotential der Proben ergab. Die Positiv-
kontrolle aus wachstumsfaktorsupplementiertem Medium und die Negativkontrolle aus
wachstumsfaktorfreiem Medium zeigten jeweils hochsignifikant längere bzw. kürzere Tubes
als die zellbesiedelten Alginatscaffolds (siehe Abb. 26).
69
Abbildung 26: HUVEC Tube Längen nach Konditionierung mit Medien aus (kollagen-
haltigen) pASC-besiedelten Scaffolds. Die Inkubation von HUVECs mit Medien pASC-
haltiger Alginatscaffolds führte gegenüber ihren zellfreien Negativkontrollen (NK) zu hoch-
signifikant längeren Tubes (+). Dasselbe galt für kollagenhaltige pASC-besiedelte Scaffolds
(§). Jedoch bestand kein signifikanter Unterschied zwischen kollagenfreien und kollagen-
haltigen pASC-besiedelten Alginatscaffolds (#) oder zwischen den jeweiligen Negativkon-
trollen (*). Die Werte der Positivkontrolle aus wachstumsfaktorreichem Medium und die der
Negativkontrolle aus wachstumsfaktorfreiem Medium lagen jeweils hochsignifikant über
bzw. unter denen der pASC-besiedelten Scaffolds (p1 = 1. Quartil; p3 = 3. Quartil; p <
0,001).
Bei der adipogenen Differenzierung von pASCs in Zellkultur führte das Medium an Tag 21
der Differenzierung zu den signifikant längsten HUVEC Tubes (siehe Abb. 27). Dabei bil-
deten sich an Tag 21 noch deutlich längere Tubes als an Tag 14 aus. Die 21-tägige Diffe-
renzierung führte auch zu hochsignifikant längeren Tubes als die Kontrolle undifferenzierter
pASCs an Tag 1.
70
Abbildung 27: HUVEC Tube Längen nach Konditionierung mit Medien adipogen dif-
ferenzierter pASCs in Zellkultur oder im Alginatscaffold. Die Medien der in Alginatscaf-
folds differenzierten pASCs (blaue Streifung) wiesen gegenüber den Medien der in Zellkul-
tur differenzierten pASCs (gelbe Streifung) an Tag 1 und Tag 14 der Differenzierung hoch-
signifikant längere Tubes auf (#). An Tag 7 und Tag 21 der Differenzierung zeigte sich kein
signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen. In der Scaffoldgruppe führten über
21 Tage differenzierte pASCs zu den signifikant längsten Tubes (*). In der als Zellkultur
differenzierten Gruppe bildeten sich die längsten Tubes bei 21-tägiger Differenzierung der
pASCs (+). Hier entstanden hochsignifikant längere Tubes als bei der undifferenzierten Ne-
gativkontrolle von Tag 1 (+) (PK = Positivkontrolle; NK = Negativkontrolle; d = Tag; p1 = 1.
Quartil; p3 = 3. Quartil) (* = p < 0,05) (# = p < 0,001) (+ = p < 0,001) (§ = p < 0,05).
Bei der Differenzierung von pASCs in Alginat galt, dass die Medien ab Tag 7 der Differen-
zierung signifikant längere Tubes verursachten als die Medien von pASCs, die über 21
Tage in Alginat undifferenziert verharrten (siehe Abb. 27). Generell galt hier, dass mit zu-
nehmender Reife der Adipozyten in den Scaffolds auch längere Tubes entstanden. Zwi-
schen Tag 14 und Tag 21 bestand dabei kein Unterschied mehr, sodass anzunehmen war,
dass hier ein Maximum erreicht war.
71
Die Medien an Tag 1 und Tag 14 der Differenzierung im Scaffold wiesen hochsignifikant
längere Tubes auf als die der Zellkultur. Ansonsten war kein signifikanter Unterschied in
der Tube-Länge festzustellen.
4.10 Histologie pASC-besiedelter Alginatscaffolds auf der CAM
Durch die Paraffineinbettung wurden die porösen Alginatscaffolds nicht ausreichend erhal-
ten, um die Zellbesiedlung zu quantifizieren. Aufgrund der Porosität der Scaffolds gestaltete
es sich schwierig, die Proben unter Erhalt ihrer Unversehrtheit in sehr dünne (1 - 2 µm)
Schichtdicken zu schneiden. Als Übersicht ließ sich die CAM mit dem darauf liegenden
Scaffold darstellen, dieses war jedoch weitgehend in seiner Integrität zerstört (siehe Abb.
28 a). Zellen waren sowohl in pASC-besiedelten (siehe Abb. 28 b & c) sowie in pASC-freien
Scaffolds (siehe Abb. 28 d & e) zu sehen. Dies ließ darauf schließen, dass Zellen aus der
CAM in der Lage waren, in die Scaffolds einzuwandern. Die Morphologie im Sinne einer
Kern-Plasma-Relation zugunsten des Plasmas war größtenteils mit der vitaler Zellen zu
vergleichen (siehe Abb. 28 b - e). Allerdings ließ sich damit nicht abschließend klären, ob
die Zellen innerhalb der Scaffolds zuvor vital waren.
Die immunhistochemische Fluoreszenzfärbung von Blutgefäßen mit Agglutinin und Zellker-
nen mit DAPI musste als nicht geglückt verzeichnet werden, da Alginat als Hydrogel gene-
rell dazu neigt, Farbstoffe unspezifisch aufzunehmen und eine starke Hintergrundfluores-
zenz zu verursachen, was bereits in anderen Fluoreszenzstudien zu darstellerischen
Schwierigkeiten geführt hatte (siehe Abb. 21). Auch andere Autoren bemängelten bereits
die enorme Hintergrundfärbung von Alginat (Randau, Schildberg et al. 2013). Eventuell ein-
wachsende Blutgefäße waren somit und aufgrund des unzureichenden Zusammenhalts der
paraffineingebetteten Proben nicht zu beurteilen (siehe Abb. 28 f).
Mithilfe der angewandten Färbungen konnten Zellen zwar qualitativ innerhalb der Algi-
natscaffolds dargestellt, jedoch weder eine Aussage über ihre Quantität noch über ihren
Ursprung (porkin oder aviär) getroffen werden. Die HE-Färbung war demnach zu Über-
sichtszwecken als ausreichend zu beurteilen, jedoch gilt es, eine adäquate Methode zur
histologischen Darstellung pASC-besiedelter Alginatscaffolds noch zu finden.
72
Abbildung 28: Färbung paraffineingebetteter Proben. a Übersicht; b pASC-besiedeltes
Scaffold; c kollagenhaltiges pASC-besiedeltes Scaffold; d unbesiedeltes Scaffold; e kolla-
genhaltiges unbesiedeltes Scaffold; f Fluoreszenzfärbung mit Agglutinin (rot) und Zellker-
nen (blau); Pfeile weisen auf Zellen hin. Die Übersicht zeigt die CAM (C) mit enthaltenen
Blutgefäßen (B) und dem angrenzenden Alginatscaffold (A), welches in seiner Struktur nur
mäßig erhalten blieb. Zellen konnten innerhalb der Scaffolds in allen Proben nachgewiesen
werden (b - e), was darauf hindeutete, dass Zellen aus der CAM ins Scaffold eingewandert
waren. Fluoreszenzmikroskopisch ließ sich keine eindeutige Aussage bezüglich der mor-
phologischen und funktionellen Interaktion von CAM und zellbesiedelten Alginatscaffolds
treffen, da Alginat den Farbstoff unspezifisch aufnahm (rot).
73
5 DISKUSSION
Alternativen zu gängigen Deckungsverfahren der Plastischen Chirurgie gewinnen mit Fort-
schreiten des Tissue Engineerings zunehmend an Bedeutung. Für die vorliegende Arbeit
waren klinisch relevante Aspekte wie eine chirurgische Gebrauchstauglichkeit eines poten-
tiellen Weichgewebeersatzmateriales, die Funktion der Zellen innerhalb des Scaffolds so-
wie die Sicherung des Implantatüberlebens durch eine ausreichende Vaskularisierung von
Interesse. Die pASC-besiedelten Alginascaffolds erwiesen sich in Bezug auf ihre Herstel-
lung und Funktion insgesamt als vielversprechende Option.
5.1 Herstellung und Optimierung der Alginatscaffolds
5.1.1 Herstellungsprozess der Protoscaffolds
Der in Kap. 3.1.1 beschriebene Herstellungsprozess für Alginatscaffolds durch interne Ge-
lierung erwies sich als technisch einfach, schnell, reproduzierbar und kostengünstig. Die
makroskopisch und lichtmikroskopisch dargestellte Porosität der Protoscaffolds sowie die
rasterelektronenmikroskopisch sichtbare Oberflächenvergrößerung waren als positiv für die
Zellbesiedlung zu werten. Der in dieser Arbeit maximale Zylinderdurchmesser der Proto-
scaffolds lag gemäß der Verwendung von 50 ml-Bechergläsern bei 42 mm. Jedoch ist an-
zunehmen, dass sich Protoscaffolds beliebiger Größe durch eine jeweilige Variation der
Eduktkonzentrationen herstellen lassen. Die Scaffolds konnten als frisch gelierte Hydrogele
entweder in ihrer Form zurechtgeschnitten und damit einem möglichen Weichteildefekt an-
gepasst oder noch vor der vollständigen Gelierung in eine Schablone gegossen werden,
was zu einer weitreichenden Formvariabilität führte. Haptisch waren die Scaffolds vor und
nach der Zellbesiedlung derart konsistent, dass auch für den praktischen Gebrauch durch
den Chirurgen eine gute Handhabbarkeit zu erwarten ist.
Alginathydrogele ließen sich intern durch Verwendung verschiedener Konzentrationen der
Edukte oder auch durch Zugabe alternativer Säuren wie 0,1 M HCl gelieren. Je höher die
Konzentrationen der Edukte waren, desto steifer und unregelmäßiger in seiner Beschaffen-
heit wurde das Gel. HCl-gelierte Gele ergaben im Allgemeinen eine weniger stabile Form
als GDL-gelierte und wurden daher nicht für die Zellbesiedlung weiterverwendet. Je niedri-
ger die Konzentrationen der Edukte waren, desto weniger stabil wurde das Gel in seinem
Zusammenhalt. Bezüglich der Herstellung Alginat-basierter Träger für den Zelltransfer oder
der kontrollierten Abgabe von Medikamenten und anderen Makromolekülen überwiegt in
74
der aktuellen Literatur die externe Gelierung und hierbei vor allem die Herstellung mikro-
struktureller Alginatscaffolds. Die am häufigsten verwendete Form sind sogenannte Alginat-
„beads“ (Mikrokugeln) (Handel, Hammer et al. 2012, Leslie, Cohen et al. 2013, Puguan, Yu
et al. 2014, Komatsu, Konagaya et al. 2015). Für größere Versuchsmodelle eignet sich die
in Kap. 3.1.1 beschriebene Herstellungsmethodik mittels interner Gelierung sehr gut. Kuo
und Ma beschrieben 2001 eine ähnliche Methode der internen Gelierung unter Verwendung
von CaCO3 oder CaSO4 als Calciumquelle, jedoch ohne nachfolgende Lyophilisierung (Kuo
and Ma 2001). Sie bewerteten die interne Gelierung der externen insofern als überlegen,
als dass hierbei durch einen verlangsamten Gelierprozess eine homogenere Struktur des
Gels entstand und auch die mechanischen Eigenschaften komplexer 3D-Scaffolds besser
zu kontrollieren waren, wohingegen bei der externen Gelierung mittels CaCl2-Fällbad ein
Polymer-Konzentrationsgradient von außen nach innen entstand. Ein solcher könnte auch
eine Diffusionsbarriere für Makromoleküle wie VEGF darstellen. Andere Autoren kombinier-
ten die interne und externe Gelierung für ihre Studien (Schmitt, Rodel et al. 2015) oder
gelierten intern mithilfe eines Emulgators in Paraffin- oder Rapsöl und einer alternativen
Säure wie Eisessig (Poncelet 2001, Reis, Ribeiro et al. 2007, Puguan, Yu et al. 2014). Ge-
nerell lässt sich sagen, dass sich Alginat auf Grund seiner physikochemischen Eigenschaf-
ten für ein breites Spektrum an Herstellungsprozessen eignet und es aktuell keine pau-
schale Fertigungsmethodik für den Einsatz im Tissue Engineering gibt. Je nach Anforde-
rung an Form, Größe, Elastizität und Anwendungsform wird eine bestimmte Methodik prä-
feriert.
5.1.2 Verhalten in flüssiger Umgebung
Um ein Maß für die Widerstandsfähigkeit der Protoscaffolds zu treffen, wurden sie über fünf
Zyklen alternierend lyophilisiert und rehydriert. Zusätzlich zu diesem Stress sollte ermittelt
werden, ob das Gewicht der Scaffolds durch diese Art von Waschvorgang zu Substanzver-
lust führte. In der Tat verloren die Scaffolds während des Prozesses an Gewicht, was sich
eher durch eine langsame Desintegration der Scaffolds erklären lässt als durch das Aus-
waschen ungebundenen Materials innerhalb der Scaffolds, wie z. B. der durch den Gelier-
vorgang entstehenden Natriumgluconat-Kristalle oder ungebundener Polymerketten. Die
Scaffolds waren in der Lage, das etwa 21-Fache ihres Gewichts an Flüssigkeit aufzuneh-
men und zeigten im Verlauf keine signifikante Änderung dieser Aufnahmekapazität. Die
Konsistenz der trockenen Scaffolds war am ehesten mit der von Styropor zu vergleichen,
wohingegen sie bei jeder Rehydrierung schwammartig aufquollen, sich ihre äußere Form
jedoch makroskopisch nicht maßgeblich änderte. Dies lässt darauf schließen, dass die
Scaffolds eine hohe innere Porosität aufwiesen und für den klinischen Einsatz im frisch
75
gelierten oder getrockneten Zustand 1:1 in die durch den Weichteildefekt vorgegebene Ge-
ometrie gebracht werden könnten.
Das Quellverhalten von Alginat-Hydrogelen wurde bereits in diversen Arbeiten erläutert und
ist insofern von Bedeutung, als dass es pH-Wert-abhängig ist und positiv mit der Abgabe
von Makromolekülen aus den Hydrogelen korreliert (Bhattacharya, Chakraborty et al.
2014). Vergleichbare schwammartige Alginatscaffolds, welche durch Kryogelierung herge-
stellt wurden, zeigten durch ihre Makroporosität gegenüber konventionell extern gelierten
nanoporösen Hydrogelen eine deutlich höhere Quellkapazität (68 ± 5 gegenüber 43 ± 3)
mit vorhandenem „Formgedächtnis“, d. h. der Rückbildung einer vorgegebenen Geometrie
nach mechanischem Stress (Bencherif, Sands et al. 2012). Andere Arbeitsgruppen be-
schrieben für fotopolymerisierte Alginathydrogele ein über die Zeit abnehmendes Quellver-
halten und einen Verlust von 30 % der Masse über 21 Tage (Jeon and Alsberg 2013). Diese
Studien belegen die Wichtigkeit eines adäquaten Quellverhaltens der für den Zell- und Mo-
lekültransport verwendeten Alginat-Hydrogele, die auf verschiedenste Arten modifiziert
werden können.
5.1.3 Wachstumshemmung
Alginat ist ein gut bekanntes Biopolymer, welches aufgrund seiner Biokompatibilität seit
langem medizinische, lebensmitteltechnische und zellbiologische Anwendung findet (Lee
and Mooney 2012). Eine direkte zytotoxische, d. h. zelltötende Wirkung der in dieser Arbeit
hergestellten Protoscaffolds war auf Grund dieser Eigenschaften nicht zu erwarten. Als en-
zymatisches Viabilitätsassay wurde daher ein MTT-Assay durchgeführt, welches vielmehr
die zytostatische, also die wachstumshemmende Wirkung der Protoscaffolds auf eine rasch
wachsende und metabolisch aktive Zellreihe (L929) darstellte. Das MTT-Assay ist ein etab-
liertes, einfaches und kostengünstiges Testverfahren, welches sich für die Messung der
mitochondrialen Enzymaktivität von L929 nach Inkubation mit einem bestimmten Extrakt
gut eignet. Gemäß DIN EN ISO 10993-5 werden 10 ml Lösemittel pro 1 g der Probe für die
Herstellung des Extraktes verwendet. Die in der vorliegenden Arbeit verwendeten Proben
aus makroporösen Protoscaffolds waren jedoch derart saugfähig, dass 20 ml Lösemittel
(hier DMEM) pro 1 g Probe verwendet wurden, um genügend Extrakt zu gewinnen. Die
tatsächliche Wachstumshemmung laut ISO-Norm dürfte dementsprechend noch höher
ausfallen. Ein bemerkenswertes Ergebnis war jedoch die zeitunabhängige signifikante Ver-
ringerung der Wachstumshemmung durch das Waschen der Protoscaffolds in ddH2O. Die-
ser Waschvorgang führte mutmaßlich zur Entfernung ungebundener Polymerketten, Natri-
umgluconat-Kristalle und überschüssigen Calciums, welches in hoher extrazellulärer Kon-
zentration zytotoxisch wirkt. Jedoch konnte die Wachstumshemmung in höchster Extrakt-
konzentration nicht unter die Signifikanzgrenze von 30 % gesenkt werden. Hunt et al. sehen
76
in dieser Proliferationshemmung durch Alginat besonders im Tissue Engineering einen Vor-
teil, da die Scaffold-gebundenen Zellen demnach kein Überwuchern weniger proliferations-
tüchtiger Zellpopulationen sowie keine Zellaggregate mit zentralem Nährstoffmangel und
konsekutiver Nekrose bewirken (Hunt, Shelton et al. 2009). Eine verminderte mitotische
und proliferative Tätigkeit von Fibroblasten innerhalb von Alginat wurde von jener Arbeits-
gruppe durch den Einfluss mechanischer Eigenschaften im 3D-Verhalt begründet. Das Er-
gebnis dieser Studie lässt eher darauf schließen, dass bereits ein flüssiges Extrakt aus
Alginat eine Wachstumshemmung verursacht, zumal sie durch Auswaschen der Scaffolds
verringert werden konnte. Andere Arbeitsgruppen beschrieben eine durch frei werdendes
Calcium angeregte Fibroblastenproliferation, was besonders im Zusammenhang mit Calci-
umalginat-Wundauflagen von Bedeutung ist (Doyle, Roth et al. 1996, Lansdown 2002).
Demnach wäre auch erklärbar, dass L929 nach Inkubation mit Alginatextrakt ein vermehr-
tes Zellwachstum aufwiesen, was konsekutiv wiederum zu vermehrtem Zelltod führte und
als Wachstumshemmung gewertet wurde.
Nicht zuletzt kann eine unerwünschte Interaktion, besonders bei natürlichen Materialien,
auf Stoffunreinheiten beruhen. Alginat unterliegt aufgrund seines natürlichen Ursprungs aus
Algen einem aufwändigen Aufbereitungsprozess und kann mit zytotoxischen, mitogenen
oder apoptoseinduzierenden Inhaltsstoffen wie Schwermetallen, Endotoxinen, Proteinen
und Polyphenolen kontaminiert sein (Zimmermann, Ehrhart et al. 2007, Lee and Mooney
2012). Calafiore und Basta beschrieben die Notwendigkeit eines Ultrareinigungsprozesses
kommerziell erhältlichen Alginats vor dem therapeutischen Einsatz am Menschen
(Calafiore and Basta 2014).
5.2 Zellbesiedlung der Alginatscaffolds
5.2.1 Verhalten von ASCs in Alginat
Die in dieser Arbeit verwendeten ASCs organisierten sich innerhalb der Alginatscaffolds
meist in Verbänden. Dies hatte vermutlich zwei Gründe: Einerseits ist anzunehmen, dass
Zellen in einem 3D-Gerüst den Kontakt und Austausch mit anderen Zellen im Sinne einer
Gewebeausbildung suchen, andererseits enthält Alginat per se keine Strukturen zur Bin-
dung zellulärer Oberflächenproteine, sodass die Zellbesiedlung häufig durch Zugabe be-
stimmter Aminosäuresequenzen, beispielsweise einer RGD-Sequenz, modifiziert wird
(Rowley, Madlambayan et al. 1999, Kang, Cha et al. 2011). Der Kontakt untereinander ist
demnach zwingend für das Überleben der Zellen in einem nicht-modifizierten Alginatgel.
Um eine völlig homogene Verteilung in Alginat zu gewährleisten, müssen Zellen bereits vor
dem Gelierprozess ins Alginatsol integriert werden (Handel, Hammer et al. 2012, Sarker,
77
Rompf et al. 2015). Dies bietet sich für extern gelierte Mikrokugeln an, jedoch nicht für die
in der vorliegenden Arbeit angewandte Scaffoldherstellung.
Die Zelldichte nahm im Verlauf der Studien dieser Arbeit innerhalb der Alginatscaffolds ab,
was bereits von anderen Arbeitsgruppen beobachtet worden war (Kim, Monaco et al. 2010).
Drury et al. beschrieben außerdem für Chondrozyten in steifen Matrizes eine bessere
Proliferation, hingegen in weicheren Matrizes wie Alginat eine bessere Differenzierung
(Drury and Mooney 2003).
Von den verbleibenden Zellen waren die meisten nach 7 Tagen, der abgeschätzten Ver-
dopplungszeit der verwendeten pASC-Population (siehe Kap. 4.3), vital und differenzie-
rungsfähig (siehe Abb. 21). Dieses Ergebnis bestätigte die Annahme, dass Alginat nicht
zelltötend, wohl aber proliferationshemmend wirkte und nicht-haftende Zellen aus dem Gel
diffundierten.
Da ASCs innerhalb der Alginatscaffolds nicht zu proliferieren schienen, lag die Schlussfol-
gerung nahe, dass für den klinischen Einsatz auf eine in vitro-Kultivierung autologer ASCs
im Alginatscaffold verzichtet und demnach die autologe Stammzellisolation, Scaffoldbe-
siedlung und Implantation ins Wundbett in einem einzigen Eingriff durchgeführt werden soll-
ten. Maßgeblich wäre hierbei weniger die Proliferationsfähigkeit der Zellen, als vielmehr die
effektive und schnelle Isolation großer Mengen an ASCs aus autologem Fettgewebe. Die
Deckung eines Weichteildefekts in einer einzigen Sitzung brächte für den Patienten eine
geringere Morbidität und Mortalität sowie eine kürzere Liegezeit und demnach auch ökono-
mische Vorteile mit sich.
5.2.2 Adipogene Differenzierung von MSCs in Alginat
MSCs humaner, muriner und porkiner Herkunft (mit oder ohne Kollagen) ließen sich in die-
ser Arbeit erfolgreich innerhalb der Alginatscaffolds in Adipozyten differenzieren. Basierend
auf diesem Ergebnis lässt sich annehmen, dass ein ASC-besiedeltes Alginatimplantat auch
in vivo eine Leitstruktur für die Entwicklung von Fettgewebe bietet, welches einen Weich-
gewebedefekt füllen kann. Die adipogene Differenzierung von ASCs in Alginat wurde bisher
von mehreren Autoren beschrieben, jedoch nicht in einem Scaffold, wie es in dieser Arbeit
hergestellt wurde. Kim et. al differenzierten porkine BMSCs und ASCs innerhalb von 28
Tagen in extern gelierten Alginat-Scheiben sowohl in Adipozyten als auch in Osteozyten
(Kim, Monaco et al. 2010). Handel et. al gelang es, ein Alginatsol in adipogenem Differen-
zierungsmedium herzustellen und dieses nach Durchmischung mit einer Zellsuspension zu
gelieren. Auf diese Weise konnten ein per se adipogen induktives Alginatscaffold hergestellt
und der Medienwechsel an Induktionsmedium umgangen werden (Handel, Hammer et al.
78
2012). Jing et al. befanden in ihrer Studie die zeitaufwändigere Methodik der Alginatbesied-
lung mit in vitro prädifferenzierten murinen ASCs als effektiver fettbildend in vivo im Gegen-
satz zu undifferenzierten ASCs (Jing, Lin et al. 2007).
Adulte Gewebsstammzellen erfüllen die Aufgabe der Reparatur des Gewebes, in dem sie
angesiedelt sind (Caplan and Correa 2011). Es ist daher anzunehmen, dass sich alginat-
gebundene ASCs durch Stimulationen aus dem umliegenden Wundbett in die Art von Zellen
differenzieren, die zur Reparatur des Defekts benötigt werden. Um diese Plastizität auf-
rechtzuerhalten, wurden in dieser Arbeit multipotente ASCs und nicht prädifferenzierte
Stammzellen verwendet. Um eine adipogene Differenzierung der Stammzellen auch inner-
halb des Wundbetts zu determinieren, könnte gemäß Handel et al. adipogenes Induktions-
medium bereits primär ins Scaffold integriert werden (Handel, Hammer et al. 2012).
5.2.3 Physikalische Eigenschaften von Alginatscaffolds im Rahmen des Zelltrans-
ports
Für die Funktionalität von Stammzellen innerhalb ihrer Stammzellnische sind zwei Faktoren
ausschlaggebend: die Diffusion von gelösten Biomolekülen sowie der Kontakt zu anderen
Zellen und der umgebenden Matrix (Walker, Patel et al. 2009). In der vorliegenden Arbeit
sollte ein Alginatscaffold die EZM dieser Stammzellnische vorübergehend ersetzen können.
Seine physikalischen Eigenschaften sind daher von besonderer Bedeutung. Die Porosität
des Scaffolds gewährleistet den Austausch der ASCs mit dem umliegenden Gewebe durch
den Transport von Signalmolekülen und Nährstoffen sowie den Abtransport von Abfallme-
taboliten. Die Zellen innerhalb des Hydrogels werden physikalischen Kräften ausgesetzt
und vom Immunsystem des Empfängers abgeschirmt, was die Funktionalität und Überle-
bensfähigkeit der Zellen beeinflusst (Kim, Monaco et al. 2010). Die mechanische Beschaf-
fenheit eines 3D-Scaffolds beeinflusst Zell-Matrix-Interaktionen und damit Eigenschaften
wie Morphologie, Proliferation, Migration, Überleben und Gewebeorganisation (Cukierman,
Pankov et al. 2002). Die Differenzierung von MSCs wird maßgeblich durch die umgebende
Matrix beeinflusst und als „Mechanosensitivität“ bezeichnet (Engler, Sen et al. 2006, Chan
and Leong 2008). Durch die Variation der Geliermethode, des Calciumanteils, des Moleku-
largewichts oder durch chemische Modifikation und Hinzufügen von Zelladhäsionssequen-
zen könnten demnach Eigenschaften wie Porosität, Elastizität und Degradationsfähigkeit
des Scaffolds und deren Auswirkungen auf das Zellverhalten modifiziert werden (Lee and
Mooney 2012).
79
5.3 Isolation und Proliferation von pASCs
Die in dieser Arbeit isolierten pASCs entstammten dem Bauchfett eines in einem nahe ge-
legenen Schlachthof frisch getöteten weiblichen Schweins. Der Stammzellertrag kurz nach
der Isolation war so gering, dass er sich nicht bestimmen ließ. Trotzdem zeigten die pASCs
im Verlauf eine adäquate Proliferation. Diverse Arbeitsgruppen berichteten von einem mitt-
leren pASC-Ertrag von 1,8 x 105 ± 4,7 x 104 Zellen / ml bis 2,7 x 106 MSCs / 10 g Fettgewebe
nach herkömmlichen Isolationsprotokollen (Williams, Picou et al. 2008, Arrigoni, Lopa et al.
2009). In der Literatur wird daher mitunter das Fehlen einer standardisierten Methodik zur
Isolation nach Oberflächenmarkern der ASCs kritisiert (Qu, Zhang et al. 2007). Nichten-
zymatische Methoden wurden kürzlich beschrieben, haben sich jedoch im Tissue Engine-
ering mit ASCs noch nicht etabliert (Bianchi, Maioli et al. 2013). hASCs werden gemäß der
aktuellen Literatur in größerer Menge gewonnen. So isolierten beispielsweise Zuk et al. aus
300 ml humanem Lipoaspirat 2 - 6 x 108 hASCs (Zuk, Zhu et al. 2001). Als Einflussgrößen
auf den Stammzellertrag kommen vermutlich Dauer und Art der Lagerung sowie Nährstoff-
gehalt des Fetts infrage.
In dieser Arbeit wurde die Schwarte mit viel Eigenblut bis zur Ankunft im Labor bei 4 °C in
PBS gekühlt und schnellstmöglich mit reinen Instrumenten weiterverarbeitet. Der Schlacht-
prozess selbst ist jedoch für das Schwein mit der Ausschüttung von Stresshormonen, Blut-
verlust und unreinen Umgebungsbedingungen verbunden. Diese Faktoren beeinflussen
vermutlich Vitalität und Funktion der entnommenen pASCs. Es ist daher denkbar, dass die
Ausbeute nach Tötung unter Laborbedingungen (Qu, Zhang et al. 2007) oder aus einer
Biopsie aus lebenden Schweinen (Casado, Gomez-Mauricio et al. 2012, Lequeux, Oni et
al. 2012) höher ist als die aus Schlachtfett.
Für hASCs wurden kürzlich donorspezifische Einflussfaktoren beschrieben. So konnten Ju-
rgens et al. signifikant mehr hASCs aus abdominellem als aus Oberschenkel- und Hüftfett
isolieren (Jurgens, Oedayrajsingh-Varma et al. 2008). Die Differenzierungsfähigkeit wurde
von einigen Autoren als negativ mit einem erhöhten BMI korrelierend beschrieben (van
Harmelen, Skurk et al. 2003). Über den Einfluss des Alters auf die ASC-Funktion herrscht
derzeit noch Unklarheit. Van Harmelen et al. beschrieben keine Korrelation zwischen Alter
und Differenzierungsfähigkeit von hASCs (van Harmelen, Skurk et al. 2003). Hohe Gluko-
sekonzentrationen wirkten sich laut Kim et al. negativ auf das Zellwachstum aus, sodass
angenommen werden kann, dass Erkrankungen wie Diabetes mellitus ebenfalls eine
proliferationshemmende Wirkung auf hASCs haben können (Kim, Kim et al. 2008). All diese
Faktoren ließen sich demnach auch für pASCs diskutieren.
80
5.4 Angiogenes Potential pASC-besiedelter Alginatscaffolds
5.4.1 Der Zusatz von Kollagen
In früheren Arbeiten der Hohenstein Institute wurde Kollagen zur Verbesserung der Zellad-
häsion auf Biomaterialien eingesetzt und führte dort zu signifikant mehr Zellbindung (Han-
del, 2013). Dieses Ergebnis deckte sich mit der verbreiteten Meinung, dass Alginat als recht
inertes Biomaterial mit einer Zelladhäsionssequenz versehen werden muss, um die Zellbin-
dung zumindest zu optimieren (Sarker, Rompf et al. 2015). Das hierfür am häufigsten ver-
wendete Peptid ist die sogenannte RGD-Sequenz (Arginin-Glycin-Asparaginsäure-Se-
quenz), welche mit Integrinen der Zellmembran interagiert (Kang, Cha et al. 2011).
In der vorliegenden Arbeit schien der Zusatz von Kollagen weniger auf die Zelladhäsion als
vielmehr auf die Zellmorphologie innerhalb der Alginatscaffolds Auswirkungen zu haben.
So ließ sich beobachten, dass pASCs in kollagenhaltigem Alginat zelluläre Ausläufer aus-
bildeten und eine eher fibroblastäre, elongierte Gestalt einnahmen. Humane Fibroblasten
dagegen zeigten wie auch hASCs, pASCs und M2 ohne Zusatz von Kollagen eine abge-
rundete Oberfläche innerhalb der Alginatscaffolds (siehe Abb. 21). Diese Beobachtung
wurde für ASCs in Alginat bereits von Kang et al. gemacht, welche eine fibroblastäre Mor-
phologie von ASCs durch Integration einer RGD-Sequenz in Alginat beschrieben (Kang,
Cha et al. 2011). Durch Zusatz von Kollagen, wie in der vorliegenden Arbeit beschrieben,
werden vermehrt Bindungsstellen für zelluläre Oberflächenproteine präsentiert, sodass sich
die Morphologie von ASCs im 3D-Verhalt entsprechend anpasst.
Bezüglich der Angiogeneseversuche ist zu erwähnen, dass Kollagen selbst kein Angioge-
nesepotential aufweist und daher anzunehmen ist, dass es sich nicht direkt auf die Sekre-
tion von Wachstumsfaktoren wie VEGF durch ASCs auswirkt (Leu and Leach 2008, Yao,
Markowicz et al. 2008). Dass sowohl im VEGF ELISA als auch im CAM Angiogenese Assay
kein signifikanter Unterschied im Angiogenesepotential pASC-besiedelter Scaffolds durch
Verwendung von Kollagen auftrat, lässt sich also entweder dadurch erklären, dass die Zel-
ladhäsion innerhalb der Scaffolds mit oder ohne Kollagen ähnlich effektiv war oder dass
Kollagenmoleküle entweder durch ihre Größe oder durch elektrostatische Interaktionen mit
VEGF eine Diffusion aus den Scaffolds heraus teilweise behinderten.
Das hier angewandte Modell legt nicht nahe, dass die Verwendung von Kollagen einen
gesteigerten Einfluss auf seine Zellbindung hätte. Kang et al. stellten entsprechend fest,
dass die meisten ASCs über 3 Tage in Alginatscaffolds überlebten, unabhängig vom Vor-
liegen einer RGD-Sequenz. Diesen Sachverhalt begründeten sie mit der durch die hohe
Porosität von Alginatscaffolds gewährleisteten Nährstoffversorgung der integrierten Zellen
(Kang, Cha et al. 2011). Das Modell der vorliegenden Arbeit war ebenfalls hochporös, so-
dass angenommen werden kann, dass die Zellen innerhalb des Scaffolds ausreichend mit
81
Nährstoffen versorgt werden konnten und in engem Austausch sowie adäquatem Kontakt
untereinander standen, was eine Dissoziation des Zell-Hydrogel-Konstruktes verhinderte.
Weiterhin finden sich in der Literatur viele Angaben zu funktionellen zellbesiedelten Algina-
ten ohne die Verwendung jedweder Adhäsionsmoleküle (Kim, Monaco et al. 2010,
Galateanu, Dimonie et al. 2012, Andersen, Markussen et al. 2014). Die Relevanz der Ober-
flächenmodifikation von Alginathydrogelen bleibt also noch abschließend zu klären.
Schmitt et al. beurteilten Kollagen vielmehr als einen geeigneten Anker von in vivo implan-
tierten Materialien im umliegenden Gewebe (Schmitt, Rodel et al. 2015). Für den in vivo-
Einsatz könnte die Verwendung von Kollagen also durchaus Vorteile bieten.
5.4.2 VEGF-Sekretion
Zunächst wurde angenommen, dass der Zusatz von Kollagen eine vermehrte Zelladhäsion
an Alginat und damit eine höhere VEGF-Freisetzung durch scaffoldgebundene ASCs be-
wirken würde. Der VEGF-Gehalt unterschied sich bei einer Zellbeladung von 9 x 104 pASCs
/ Alginatscaffold jedoch nicht signifikant zwischen kollagenfreien und kollagenhaltigen Pro-
ben und betrug je 5,09 pg / ml ± 3,28 pg / ml und 3,1 pg / ml ± 2,83 pg / ml (siehe Kap. 4.6).
Dieses Ergebnis war kongruent zu dem des CAM Angiogenese Assays, wo ebenfalls kein
signifikanter Unterschied im Angiogenesepotential kollagenhaltiger oder -freier Scaffolds
ersichtlich wurde (siehe Kap. 4.8). Wie erwartet nahm die VEGF-Sekretion von adipogen
differenzierten pASCs in Zellkultur im Vergleich zu undifferenzierten pASCs im Laufe der
Differenzierung signifikant ab. Dabei lag der höchste Abfall der VEGF-Sekretion zwischen
Tag 1 und Tag 7 der Differenzierung und war hier signifikant. Danach blieb die VEGF-Frei-
setzung auf einem konstant niedrigen Niveau. Undifferenzierte pASCs setzten demnach
3,7 pg / ml ± 0,88 pg / ml innerhalb von 24 h frei; pASCs, die über 1 Tag differenziert worden
waren, nur noch 0,85 pg / ml ± 0,66 pg / ml. Dieses Ergebnis entsprach der Vermutung,
dass pASCs mit Verlust ihrer Multipotenz durch adipogene Differenzierung auch ihre angi-
ogenen Eigenschaften verloren und entsprach den Beobachtungen vorausgehender Stu-
dien der Hohenstein Institute (Handel, 2013).
In der Literatur fanden sich wenige Daten zur VEGF-Sekretion aus pASCs und keine ver-
gleichsweisen Daten zur VEGF-Freisetzung aus pASCs während adipogener Differenzie-
rung. Schubert et al. beschrieben in einer Studie eine deutlich höhere mittlere VEGF-Sek-
retion nativer pASCs von 2545,19 ± 1468,85 pg / ml in 24 h und ebenfalls eine signifikante
Abnahme der VEGF-Sekretion nach eintägiger osteogener Differenzierung (Schubert,
Xhema et al. 2011).
Die VEGF-Sekretion alginatgebundener pASCs nahm weder im Verlauf der adipogenen
Differenzierung signifikant ab noch war sie signifikant höher als die der Monokultur. Die
82
über die Zeit eher gleichmäßige Freisetzung von VEGF ließ sich durch elektrostatische In-
teraktion zwischen dem bei physiologischem pH-Wert positiv geladenen VEGF-Molekül und
unbesetzten negativ geladenen Alginatpolymerketten erklären (Peters, Isenberg et al.
1998), die mit der Zeit auseinanderdiffundierten und dann im Kulturmedium gemessen wer-
den konnten. Undifferenzierte pASCs in Monokultur zeigten mit 3,7 pg / ml ± 0,88 pg / ml
eine signifikant höhere VEGF-Sekretion als pASCs, die über 21 Tage undifferenziert in Al-
ginatscaffolds verharrten und 0,78 pg / ml ± 0,03 pg / ml freisetzten. Da auf Grund der
Funktionalität von ASCs innerhalb von Alginatscaffolds (siehe Kap. 4.5) nicht anzunehmen
war, dass die VEGF-Sekretion der Zellen selbst negativ beeinflusst wurde, deutete auch
dieses Ergebnis in Einklang mit der gängigen Literatur darauf hin, dass VEGF in Alginat
gebunden wurde (Neufeld, Cohen et al. 1999, Augst, Kong et al. 2006). Eine prolongierte
Freisetzung von VEGF über 14 - 20 Tage nach Integration in Alginat-Mikrokugeln wurde
bereits von anderen Arbeitsgruppen beschrieben (Peters, Isenberg et al. 1998, Gu, Amsden
et al. 2004).
Differenzierungsstudien von pASCs in Alginat ließen sich in dieser Form nicht in der Litera-
tur finden. Zum Vergleich der Ergebnisse werden daher bevorzugt frühere Studien der Ho-
henstein Institute herangezogen, die sich der VEGF-Sekretion von hASCs in DMEM wid-
meten (Handel 2013). Diese schienen wesentlich potenter in ihrem Angiogenesepotential
zu sein, da sich eine VEGF-Sekretion von etwa 14,66 pg / ml bis 24,7 pg / ml bei einer
absoluten Zellzahl von 103 hASCs in DMEM ergab. Auch hier zeigte sich eine VEGF-Frei-
setzung durch hASCs der ursprünglichen Zellzahl von 2 x 106 hASCs in adipogenen Algi-
nat-Mikrokugeln sowie eine deutliche Abnahme von 51,22 pg / ml auf 2,11 pg / ml freige-
setzten VEGFs über 21 Tage. Andere Arbeitsgruppen beschrieben eine noch größere
VEGF-Freisetzung von 70,17 pg / ml ± 16,07 pg / ml aus 4 x 105 hASCs (Lee, Xia et al.
2009) bis hin zu 1203 ± 254 pg aus 106 hASCs (Rehman, Traktuev et al. 2004). Die Anga-
ben weichen also auch hier stark voneinander ab. Die genauen Interaktionen von VEGF
und Alginat sind bis dato noch nicht vollständig geklärt. In der Literatur findet sich zu diesem
Thema meist eine direkte Inkorporation von VEGF in eine Alginatmatrix, was einen stabili-
sierenden Effekt auf das Protein und eine kontrollierte Freisetzung zur Folge hat (Kawada,
Hiura et al. 1999, Elcin, Dixit et al. 2001, Gu, Amsden et al. 2004). Da in den Arbeiten der
Hohenstein Institute keine endliche Menge an VEGF durch ein Scaffold geliefert wurde,
sondern VEGF-produzierende Zellen, liegt die Hoffnung für zukünftige Versuche darin, eine
bedarfsgerechte VEGF-Lieferung in vivo und damit ein Langzeitgefäßwachstum durch Ap-
plikation verschiedener funktionalisierter Scaffolds zu gewährleisten (Handel, Hammer et
al. 2013).
Die geringe VEGF-Sekretion sowie die initial geringe Isolationsrate der pASCs dieser Arbeit
legen nahe, dass zur Bestimmung des Angiogenesepotentials eigens isolierter pASCs noch
83
weitere Parameter optimiert werden sollte, beispielsweise im Schlacht- und Transportpro-
zess oder bei der Wahl des Schweinealters und der Gewebeentnahmestelle.
5.4.3 CAM Angiogenese Assay
Durch Applikation eines Fremdkörpers auf der CAM lässt sich annehmen, dass der Orga-
nismus bestrebt ist, diesen Fremdkörper durch Angiogenese entweder ins System zu in-
tegrieren oder durch eine immunologische Abstoßung zu entfernen. Daher lässt sich argu-
mentieren, dass zunächst jeder Fremdkörper zu einer unspezifischen Angiogeneseantwort
führt. In diesem zentralen Versuch der Arbeit konnte jedoch gezeigt werden, dass pASC-
besiedelte Alginatscaffolds zur Stimulation 52,83 ± 3,21 neuer Gefäße gegenüber 32,6 ±
4,08 neuer Gefäße nach Einfluss unbesiedelter Alginatscaffolds und damit zu signifikant
mehr Angioneogenese führten. Die Integration von Kollagen machte korrelierend mit den
Ergebnissen aus Kap. 4.6 keinen signifikanten Unterschied im Gefäßwachstum aus und
führte zur Ausbildung von 56 ± 2,74 Gefäßen im Gegensatz zu kollagenbeschichteten zell-
freien Scaffolds, die 39,38 ± 2,3 neu gebildete Gefäße hervorriefen. Die Ursache für die
stärkere Angiogenese bei zellbesiedelten Scafolds liegt in der Freisetzung zahlreicher
Wachstumsfaktoren durch ASCs (Tsuji, Rubin et al. 2014).
Das CAM Angiogenese Assay hat sich durch Gewährleistung der Immundefizienz beson-
ders zum Screening des Angiogeneseverhaltens von Tumoren und ihrer Metastasierung
etabliert (Ribatti 2012), rückt mittlerweile aber immer mehr bezüglich anderer Angiogenese-
versuche in den Fokus (Ribatti, Nico et al. 2006, Handel, Hammer et al. 2013). Grundle-
gende Versuche zum Verständnis wichtiger Angiogenesefaktoren wurden am CAM Angio-
genese Assay durchgeführt (Ribatti, Vacca et al. 1996). Den klassischen Tierversuch er-
setzen kann es jedoch nicht, da es keine Rückschlüsse auf die Immunologie des Organis-
mus zulässt, Unterschiede zum Säugetiermetabolismus bestehen sowie keine Langzeit-
auswirkungen darstellen kann (Nowak-Sliwinska, Segura et al. 2014).
5.4.4 HUVEC Tube Formation Assay
Das HUVEC Tube Formation Assay beurteilt humane Endothelzellen auf ihre Migration,
Proliferation und Ausbildung tubulärer Strukturen als Gefäßvorläufer nach Inkubation mit
angiogenen Medien. Da die HUVEC Tube Längen sehr unterschiedlich sein können, lohnt
es sich nicht den Mittelwert, sondern den Median der Werte zu ermitteln. Eine große Streu-
breite bleibt dennoch bestehen.
Auch hier korrelierte das Ergebnis bezüglich Kollagen mit dem aus dem VEGF ELISA und
dem CAM Angiogenese Assay. So führten die Medien kollagenhaltiger pASC-besiedelter
Proben zu keinen signifikant längeren HUVEC Tubes als die Medien kollagenfreier Proben.
84
Die Medien zellbesiedelter Scaffolds führten aufgrund der Freisetzung von Angiogenese-
faktoren zu signifikant längeren Tubes als die Medien zellfreier Scaffolds. Tatsächlich bil-
deten sich jedoch auch hier trotz Abwesenheit angiogener Faktoren kleine Zellaggregate
aus. Dies erklärt sich einerseits durch eine unspezifische Kontaktausbildung von HUVECs
auf Matrigel, die mikroskopisch allerdings vergleichsweise klein war, andererseits wäre
auch denkbar, dass Biopolymerketten und gelöste Stoffe wie Calcium oder Natriumgluconat
aus den Scaffolds in die Medien transportiert wurden und die HUVECs zu einer Reaktion
animierten.
Peters et al. beschrieben eine 3 - 5 x höhere HUVEC-Proliferation nach Inkubation mit
VEGF aus Alginat als bei nativem VEGF und behaupteten demnach, dass Alginat die Bio-
aktivität von VEGF erhöhen könne (Peters, Isenberg et al. 1998). Der maximal mitogene
Effekt von VEGF auf HUVECs liegt gemäß Ferrara et al. bei einer Konzentration von 1 - 1,2
ng / ml (Ferrara and Henzel 2012). Dabei muss bedacht werden, dass im vorliegenden
Modell zwar nur wenig VEGF gemessen werden konnte, aber ASCs auch noch eine Reihe
anderer Wachstumsfaktoren sezernieren (siehe Kap. 1.6.2), die Einfluss auf HUVECs ha-
ben können.
Die Ergebnisse in der VEGF-Sekretion und der HUVEC Tube Formation korrelierten in der
Differenzierungsstudie der vorliegenden Arbeit nicht. Die längsten HUVEC Tubes bildeten
sich nach Inkubation mit Medien aus 21 Tage lang differenzierten pASCs. Auch die in Algi-
nat differenzierten pASCs schienen ab Tag 14 zu längeren Tubes zu führen als undifferen-
zierte Proben. Dieses Ergebnis entsprach nicht der Erwartung. Jedoch stehen Adipogenese
und Angiogenese über auto- und parakrine Vorgänge in engem Zusammenhang (Hausman
and Richardson 2004). Castellot et al. beschrieben eine deutlich stärkere Neovaskularisa-
tion im CAM Angiogenese Assay nach Konditionierung mit differenzierten murinen Adipozy-
ten als mit Präadipozyten. Ebenso stellten sie eine erhöhte Chemotaxis von Endothelzellen
als Reaktion auf Adipozyten gegenüber Präadipozyten fest (Castellot, Karnovsky et al.
1982). Nicht nur ASCs, sondern auch Adipozyten weisen also Angiogenesepotential auf.
So sezernieren Adipozyten beispielsweise die Angiogenesefaktoren TGF-β und PGE2
(Ailhaud, Grimaldi et al. 1992). Auch das adipozytenspezifische Monobutyrin ist bekannt
(Dobson, Kambe et al. 1990, Wilkison, Choy et al. 1991). Das fettspezifische Hormon Leptin
wirkt ebenfalls angiogen (Bouloumie, Drexler et al. 1998). Abgesehen von der sekretori-
schen Vielfalt von Adipozyten weisen sie außerdem eine hohe Plastizität zur Dedifferenzie-
rung in endothelartige Zellen auf und beweisen damit die enge Korrelation aus Adipogenese
und Angiogenese (Poloni, Maurizi et al. 2015).
85
5.5 Histologie pASC-besiedelter Alginatscaffolds auf der CAM
Die in dieser Arbeit beschriebenen porösen Alginatscaffolds waren histologisch nur schwer
darzustellen. Die Integrität der Scaffolds konnte in einer paraffinbasierten Einbett- und
Schnitttechnik nicht ausreichend gewährleistet werden. Die Optimierung der Alginathistolo-
gie ist ein bekanntes Problem, das von vielen Autoren beschrieben wurde. Die limitierte
mechanische Stabilität in Verbindung mit der Porosität der Hydrogele führt zu Schwierig-
keiten in der histologischen Prozessierung (Zhu, Zhang et al. 2013).
Extern gelierte Alginatscaffolds scheinen generell einfacher darstellbar zu sein als die in
dieser Arbeit hergestellten. So findet sich in der Literatur paraffinbasierte Alginathistologie
vor allem in Form extern gelierter Alginat-Mikrokugeln (Hunt, Shelton et al. 2009, Johnson,
O'Sullivan et al. 2011). Bei der Fabrikation extern gelierter Mikrokugeln ist ein Konzentrati-
onsgradient der quervernetzten Polymerketten von außen nach innen zu erwarten
(Zimmermann, Shirley et al. 2007). Dieser Sachverhalt verleiht den Mikrokugeln möglicher-
weise mehr Stabilität bei der histologischen Aufarbeitung.
Verschiedene Arbeitsgruppen zeigten nach mehrwöchiger in vivo-Implantation von Alginat-
Mikrokugeln eine ausreichende Stabilität für eine paraffinbasierte histologische Analyse.
Eine Erklärung hierfür wäre, dass sich in diesem Zeitraum in vivo genug durchbauende
Extrazellulärmatrix bildet um den Implantaten einen gewissen Halt zu verleihen (Almqvist,
Wang et al. 2001, Hashemibeni, Esfandiari et al. 2014).
Nicht aber nur die Paraffineinbettung, auch die Anfertigung von Kryoschnitten aus Alginat
gestaltet sich schwierig. So beschrieben Almqvist et al. in diesem Zusammenhang eine nur
sehr schlechte Konservierung zellbesiedelter Mikrokugeln (Almqvist, Wang et al. 2001).
Randau et al. stellten bei Kryoschnitten ähnlicher Mikrokugeln viele Schnittartefakte fest
und versuchten der Auflösung der Scaffolds durch Methanolfixierung in Saccharoselösung
mit Zugabe von 0,1 M CaCl2 entgegenzukommen (Randau, Schildberg et al. 2013).
Jedoch gibt es je nach Fertigungsmethodik der Alginatscaffolds auch Erfolge zu verzeich-
nen. Poldervaart et al. gelang eine gute Hämatoxylin-Eosin-Färbung aus Alginatscaffolds,
die durch sogenanntes „Bioprinting“ mithilfe eines 3D-Druckers hergestellt worden waren
(Poldervaart, Wang et al. 2013). Auch hier handelte es sich jedoch um extern gelierte Hyd-
rogele.
Der aktuell wohl vielversprechendste Ansatz zur histologischen Aufbereitung von Alginat
wurde kürzlich von McGowan et al. beschrieben. Hydrogele sollten demnach nicht konven-
tionell in Paraffin, was eine wenig schonende Entwässerung durch phosphatgepuffertes
Formalin und Ethanol miteinschließt, fixiert werden, da dies zu Strukturverlust, schlechter
Bildqualität und Fehldarstellung der zellulären Umgebung führen könnte. Stattdessen
wurde hier eine Glykolmethacrylat-basierte Einbetttechnik verwendet, welche vor allem
durch Inkubation der Proben in Bariumsulfat vor Fixierung in phosphatfreiem Formalin zur
86
Stabilisierung der Proben beitrug. Phosphat (siehe Tab. 13) kann die quervernetzenden
Calciumionen der Hydrogele komplexieren und daher zur Auflösung führen. Bariumionen
haben eine größere Bindungsaffinität an Alginat als Calcium und führen daher zu einer
stärkeren Quervernetzung. Der Einsatz von Glykolmethacrylat als Einbettmedium macht
die stundenlange Entwässerung in Ethanol obsolet und ist daher nicht nur schonender für
das Hydrogel, sondern auch zeitsparend. Die Autoren beschrieben jedoch auch eine unzu-
reichende Immunfärbung von integrierten Zellen nach Glykolmethacrylat-Einbettung, da
Antigene damit übermäßig maskiert wurden. Jedoch ließen sich für die Hämatoxylin-Eosin-
Färbung auf diese Weise 1 µm dünne Schnitte und demnach eine detaillierte Zelldarstellung
erreichen (McGowan and Nagatomi 2013). Für die histologische Beurteilung pASC-besie-
delter Alginatscaffolds in vivo ist daher für zukünftige Studien die Methodik nach McGowan
et al. in Betracht zu ziehen.
5.6 Eignung pASC-besiedelter Alginatscaffolds für den Weichgewebeersatz
Im Allgemeinen lassen sich drei Einsatzgebiete für Alginatscaffolds im Tissue Engineering
unterscheiden: i) als Zellträger („cell delivery vehicle“), ii) als Lieferant für Moleküle wie
Wachstumsfaktoren oder Medikamente („drug delivery vehicle“), iii) als Modell-Extrazellu-
lärmatrix bei in vitro-Zellexperimenten (Augst, Kong et al. 2006). Der Vorteil in der Verwen-
dung ASC-besiedelter Alginatscaffolds liegt darin, dass sowohl Zellen als auch Wachstums-
faktoren geliefert werden und damit ein dynamisches System entsteht. Das Ziel dieser Ar-
beit war es, einerseits ASCs innerhalb der Alginatscaffolds in Fettzellen zu differenzieren
um damit einen potentiellen Weichgewebedefekt auffüllen zu können, andererseits das Ge-
fäßwachstum im Wundbett durch Freisetzung von Angiogenesefaktoren, gemessen an
VEGF, durch das Implantat zu fördern. Die vorliegenden Ergebnisse lassen zukünftig wei-
tere positive Ergebnisse in dieser Richtung erwarten.
Die enorme Variabilität der Herstellungsmethoden von Biopolymerscaffolds und deren Zell-
besiedlung bietet breiten Spielraum für zahlreiche weitere Studien, welche ein grundlegen-
des Verständnis für die Struktur und Organisation sowie physikalische und biochemische
Funktionen dieser Materialien als Ziel haben müssen (Stoppel, Ghezzi et al. 2015). Aktuell
verbleiben noch viele unklare Faktoren für den klinischen Gebrauch von ASCs: Welche
Donorstelle ist am geeignetsten (Kakagia and Pallua 2014)? Welche Isolationsstandards
sind nötig (Domenis, Lazzaro et al. 2015)? Wie lange und in welchem Kulturmedium sollen
ASCs kultiviert und differenziert werden (Volz, Huber et al. 2016)? Welche Transfermethode
(Implantation oder Injektion) bietet sich an (Tocco, Widgerow et al. 2014)? Ist die Verwen-
dung in einem einzeitigen chirurgischen Eingriff möglich (Helder, Knippenberg et al. 2007)?
Kommen injizierbare zellbesiedelte Hydrogele in Frage (McGlohorn, Grimes et al. 2003)?
87
Soll das zur Isolation verwendete Fettgewebe per minimal-invasiver Liposuction oder per
Exzision mit höherer Zellzahlausbeute gewonnen werden (Bajek, Gurtowska et al. 2016)?
Der Vorteil eines implantierbaren Weichgewebeersatzes gegenüber einem injizierbaren
liegt in der definierten Form des Scaffolds, der Nachteil in der Notwendigkeit einer Opera-
tion (Bauer-Kreisel, Goepferich et al. 2010).
5.7 Ausblick Tierversuch
Die vorliegende Arbeit beschäftigte sich mit der in vitro-Vorbereitung von zellbesiedelten
Alginatimplantaten als Grundlage für weiterführende Tierversuche am Schweinemodell. Die
verwendeten Zellen waren daher porkine Fettgewebsstammzellen. Das Schweinemodell
eignet sich aus mehreren Gründen für initiale Studien bezüglich therapeutischer Applikati-
onen beim Menschen: Schweine sind dem Menschen immunologisch und physiologisch
sehr ähnlich, reifen schnell und eignen sich womöglich auch für die Xenotransplantation
von Molekülen wie z. B. Insulin (Valdes-Gonzalez, Rodriguez-Ventura et al. 2010, Monaco,
Bionaz et al. 2012, Samy, Martin et al. 2014). Weiterhin gibt ein solches Modell Aufschluss
darüber, welche Scaffoldvolumina für den klinischen Einsatz realisierbar sind, ohne dass
Inflammation, eine unzureichende Perfusion und Implantatverlust auftreten.
Für die in vivo-Implantation von pASC-besiedelten Alginatscaffolds eignet sich ein am Be-
rufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikum Bergmannsheil etabliertes Wundmodell an
Göttinger Minischweinen. Dieses ermöglicht die kontinuierliche Defektbeurteilung auf klini-
sche Entzündungszeichen, die Asservierung von Wundflüssigkeit, die Messung der Wund-
kontraktion und die histologische Beurteilung der Implantate und des umliegenden Gewe-
bes (Jacobsen, Mohammadi-Tabrisi et al. 2007).
Der Tierversuch soll hauptsächlich Aufschluss über ein mögliches Inflammationsgeschehen
oder eine Immunreaktion nach Implantation pASC-besiedelter Alginatscaffolds sowie die
Beeinflussung der Wundheilung geben. Hirsch et al. wendeten das Modell bezüglich in-
flammatorischer und bakteriologischer Wundheilungsstudien am diabetischen Schwein an
(Hirsch, Spielmann et al. 2008, Hirsch, Spielmann et al. 2008, Hirsch, Spielmann et al.
2009). Durch Vertiefung der beschriebenen Wunden bis ins subkutane Fettgewebe gesun-
der Tiere und Implantation eines in seinem Volumen angepassten zellbesiedelten Alginat-
implantates ließe sich beispielsweise in regelmäßigen Abständen das Wundexsudat auf
das Vorhandensein von Entzündungszellen oder auf proinflammatorische Zytokine wie IL-
1 und TNF-α untersuchen. ASCs exprimieren außerdem Wachstumsfaktoren wie TGF-β,
IGF, HGF und stimulieren die Fibroblasteneinwanderung und Kollagensynthese in einer
Wunde (Konno, Hamabe et al. 2013). Auch dies ließe sich mithilfe von Wundexsudatana-
88
lysen und histologischer Aufarbeitung beurteilen. Wie bereits in früheren Studien beschrie-
ben, bietet sich die Quantifizierung der Wundkontraktion sowie die immunhistochemische
Darstellung der Angiogenese mittels von Willebrand Faktor an (Velander, Theopold et al.
2008, Hirsch, Spielmann et al. 2009). Zu bedenken ist dabei, dass die histologische Ein-
bettung von hochporösen Alginatscaffolds wie in Kap. 3.5 beschrieben noch optimiert wer-
den muss.
Die größte Herausforderung bezüglich der Scaffoldoptimierung liegt voraussichtlich in der
Degradation des Scaffolds. Alginathydrogele werden recht unvorhersehbar durch Dissozi-
ation der Ionenbindungen abgebaut (Drury and Mooney 2003). Eine adäquate Weichgewe-
berestitution kann nur durch das koordinierte Zusammenspiel aus Gewebeneubildung und
Scaffoldabbau gewährleistet werden. Ein zu schneller Abbau führt zu einem vorzeitigen
Verlust der Zellstützfunktion, ein zu langsamer Abbau ist hinderlich für die Zellproliferation
und den Gewebeersatz (Nicodemus and Bryant 2008). In der Literatur gibt es Hinweise
darauf, dass Alginat für eine adäquate Ausscheidung nach in vivo-Implantation zunächst
chemisch modifiziert und somit einer definierten Degradationskinetik zugänglich gemacht
werden muss. Der nächstliegende Gedanke ist hierbei die Integration eines Enzyms wie
der Alginat-Lyase, welches je nach Konzentration zu einer definierten Abbauzeitspanne
führt, wie es von Leslie et al. erfolgreich an Mäusen getestet wurde (Leslie, Cohen et al.
2013). Alternativ ist die Verkürzung langkettiger Alginatpolymere durch Gammabestrahlung
zu nennen, welche zu einem einfacheren Abbau und hiernach zu regulierter Knochenfor-
mation führt (Alsberg, Kong et al. 2003). Häufig beschrieben wird die partielle Oxidierung
zur Schaffung hydrolysezugänglicher Alginatpolymere, die kontrollierter degradieren und in
Verbindung mit Chondrozyten knorpelähnliches Gewebe in vivo hinterlassen (Bouhadir,
Lee et al. 2001, Drury and Mooney 2003).
Die vorliegenden in vitro- und in ovo-Resultate deuten darauf hin, dass pASC-besiedelte
poröse Alginatscaffolds durchaus Potential besitzen könnten, in vivo Angiogenese und
Wundheilung zu fördern und in vitales Gewebe integriert zu werden und damit als autologer
Weichgewebeersatz zu dienen.
89
6 ZUSAMMENFASSUNG
Das Management akuter und chronischer Weichteildefekte stellt eine enorme Herausforde-
rung an den Plastischen Chirurgen dar. Weichteildefekte gehen meist mit einer schlechten
Vaskularisation einher und sind daher prädestiniert für Infektionen. Da sie aufgrund der
hohen Prävalenz vaskulärer Grunderkrankungen wie Diabetes mellitus, periphere arterielle
Verschlusskrankheit, chronisch venöse Insuffizienz oder auch nach Weichteileingriffen wie
der Mastektomie und der nachfolgenden Bestrahlung bei Mammakarzinomen häufig sind,
führen sie zu prolongierten Krankenhausaufenthalten und damit nicht nur zu einer patien-
tenindividuellen sondern auch volkswirtschaftlichen Belastung. Es besteht daher ein großer
Bedarf an Alternativen zur herkömmlichen Defektdeckung. Die Problematik der unzu-
reichenden Vaskularisation gängiger allogener Ersatzmaterialien mit konsekutivem Implan-
tatverlust ist noch nicht zufriedenstellend gelöst. Der optimale Weichteilersatz fördert daher
nicht nur die Auffüllung eines Volumendefekts, sondern auch seinen eigenen Anschluss an
das umliegende Gefäßsystem. Tissue Engineering beschäftigt sich mit der Herstellung ge-
webeähnlicher Modelle, welche aus biologischen Materialien bestehen und die oben ge-
nannten Anforderungen erfüllen können.
Ziel dieser Arbeit war es, ein solches Modell aus biokompatiblem Alginat zu etablieren, das
mit Fettgewebsstammzellen besiedelt als Weichteilersatz fungieren könnte. Ein grundle-
gender Gedanke dieses Modells im klinischen Kontext ist die Möglichkeit eines singulären
Eingriffs ohne notwendige Wundrevisionen. Die eingebrachten Stammzellen differenzieren
dabei innerhalb des Alginatträgers zur Volumenfüllung in Fettzellen und setzen außerdem
Angiogenesefaktoren wie VEGF frei, was die Vaskularisation des Implantates begünstigt.
Diese Arbeit beschäftigte sich mit der in vitro-Etablierung dieses Modells als Grundlage für
weiterführende präklinische Studien.
Der nächste Schritt besteht in der Testung des Implantates am Großtiermodell um daraus
mögliche Rückschlüsse bezüglich realisierbarer Volumina für den klinischen Einsatz, In-
tegration in vitales Gewebe, Inflammation und Immunreaktion zu ziehen.
Zunächst wurde dabei der Alginatträger hergestellt, auf seine Zytotoxizität untersucht und
so modifiziert, dass er für eine mögliche Zellbesiedlung kompatibel war.
Anschließend wurden Fettgewebsstammzellen isoliert und charakterisiert, sodass sie in
den Alginatträger integriert und in Fettzellen differenziert werden konnten.
Schließlich wurde das Angiogenesepotential des stammzellbesiedelten Alginatträgers
durch VEGF-ELISA, HUVEC Tube Formation und CAM Angiogenese Assays ermittelt. Im
für diese Arbeit zentralen in ovo-Versuch auf der Chorioallantoismembran (CAM) des Hüh-
nerembryos zeigte sich eine signifikant höhere Gefäßausbildung bei Verwendung stamm-
zellbesiedelter Alginatimplantate als bei ihren zellfreien Negativkontrollen.
90
Die Ergebnisse lassen auf positive Testung in weiterführenden präklinischen Studien hof-
fen.
Zusammenfassend konnte in dieser Studie eine handhabbare Alginatmatrix etabliert wer-
den, die erfolgreich mit adipogenen Stammzellen besiedelt wurde, welche sich innerhalb
der Matrix als differenzierungsfähig und angiogen aktiv erwiesen. Damit handelt es sich um
ein vielversprechendes Modell für den autologen Weichgewebeersatz.
91
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8 DANKSAGUNG
Herrn Priv.-Doz. Dr. med. Tobias Hirsch danke ich für die Initiierung und Planung des
Projekts sowie die wissenschaftliche und persönliche Unterstützung. Ganz besonders
möchte ich mich dafür bedanken, immerzu auf ein offenes Ohr und lösungsorientierte Kritik
getroffen zu sein. Ohne diese Unterstützung wäre diese Arbeit nicht gelungen.
Weiterhin geht mein Dank an Dr. phil. nat. Frank Jacobsen, nicht nur für die Bereitschaft
zur kritischen Diskussion, sondern auch für praktische und theoretische Ratschläge und
Hilfestellung.
Herrn Prof. Dr. med. Dirk Höfer danke ich für die Bereitstellung der Räumlichkeiten in den
Laboren der Hohenstein Institute sowie für sein großes Interesse und seine zielführenden
Denkanstöße. Dr. rer. nat. Timo Hammer danke ich für die theoretische Planung und prak-
tische Organisation vor Ort. Ein ganz besonderer Dank gilt Dr. rer. nat. Marina Handel für
ihre tatkräftige Einarbeitung und Beratung sowie die ständige Betreuung vor Ort und da-
nach. Ohne ihre Hilfe wäre diese Arbeit nicht zustande gekommen. Weiterhin bedanke ich
mich beim gesamten Laborteam in Hohenstein, für die stets freundliche Hilfsbereitschaft,
wo ich viele Ideen und praktische Unterstützung erhalten habe. Ein besonderer Dank geht
an Mihaela Szegedi, Stefanie Laucher sowie Julia Vogler für eine in jeder Hinsicht be-
reichernde Zusammenarbeit.
Für die Schweinefett-Spende als Grundlage der Stammzellisolation danke ich der Metzge-
rei Stollsteimer in Gemmrigheim.
Dem Laborteam der Arbeitsgruppe Experimentelle Plastische Chirurgie am Berufsge-
nossenschaftlichen Universitätsklinikum Bergmannsheil in Bochum danke ich für seine
durchgehende Hilfsbereitschaft, ganz besonders Andrea Rittig, Lukas Kessler, Mustafa
Becerikli und Stefanie Abraham.
Zuletzt danke ich Jan Peter Engelhardt für seinen bedingungslosen Rückhalt, die selbst-
verständliche Unterstützung aller meiner Vorhaben sowie seine unentwegte Geduld wäh-
rend der Dauer meiner Promotion. Meiner Familie, und besonders Nicole Lämmle und
Boris Wetzel, danke ich für den unbedingten Beistand und die ständige Begleitung durch
Promotion und Studium.
9 LEBENSLAUF
Christine Lämmle
01.09.1987 in Ehingen (Donau)
Beruf
seit 06/2015 Assistenzärztin der Allgemein- und Viszeralchirurgie,
Diakonissenkrankenhaus Mannheim
Schule und Studium
10/2007 - 11/2014 Studium der Humanmedizin, Ruprecht-Karls-
Universität Heidelberg
11/2014 Zweiter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (Note 2,0)
03/2014 Stipendium zum Studentenforum 2014 beim 131. Kon-
gress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie
08/2010 - 06/2011 Studium der Humanmedizin, Universität Oslo
09/2009 Erster Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (Note 2,0)
09/1998 - 07/2007 Johann-Vanotti-Gymnasium Ehingen (Abiturnote 1,0)
Praktisches Jahr
04 - 07/2014 Plastische Chirurgie, BG Universitätsklinikum Berg-
mannsheil Bochum
03 - 04/2014 Plastische Chirurgie, BG Unfallklinik Ludwigshafen
12/2013 - 03/2014 Innere Medizin, Bethanienkrankenhaus Heidelberg
10 - 12/2013 Allgemeinchirurgie, Ho Chi Minh Stadt, Vietnam
08 - 10/2013 Orthopädie / Notfallambulanz, Addis Abeba,
Äthiopien
Famulaturen
02 - 03/2013 Unfallchirurgie, Theresienkrankenhaus Mannheim
04/2012 Allgemeinchirurgie, Universitätsklinikum Mannheim
08 - 09/2011 Plastische Chirurgie, Unfallkrankenhaus Berlin
Praktische Tätigkeiten
08/2012 - 03/2015 Experimentelle Phase der Dissertation, Hohenstein In-
stitute, Bönnigheim sowie Universitätsklinikum Berg-
mannsheil, Bochum
09/2008 - 08/2010 Tutorenstelle für Anatomie und Präparation sowie His-
tologie und Mikroskopie, Universität Heidelberg
Wissenschaftliches Arbeiten
Paper-Publikation
"An implant for autologous soft tissue reconstruction based on an adipose-derived stem cell
colonized alginate scaffold".
Kueckelhaus, M.*; Laemmle, C.*; Behr, B.; Daigeler, A.; Lehnhardt, M.; Jacobsen, F.; Hoe-
fer, D.; Hirsch, T.
*equally contributed; eingereicht bei "Plastic and Reconstructive Surgery – Journal of the American
Society of Plastic Surgeons" (08/2016)
Forschungspreis der Deutschen Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehand-
lung e. V.
"Etablierung eines mit porkinen adipogenen Stammzellen (pASCs) besiedelten Implantates
auf Alginatbasis für den autologen Weichgewebeersatz".
C. Lämmle, M. Handel, T. Hammer, F. Jacobsen, M. Lehnhardt, D. Höfer, T. Hirsch (2014);
"Evidenz und Innovation" - 17. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Wundhei-
lung und Wundbehandlung e. V. 2014
Vortrag
"Etablierung eines mit porkinen adipogenen Stammzellen (pASCs) besiedelten Implantates
auf Alginatbasis für den autologen Weichgewebeersatz".
C. Lämmle, M. Handel, T. Hammer, F. Jacobsen, M. Lehnhardt, D. Höfer, T. Hirsch (2014);
Zeitschrift für Wundheilung der DGfW, Kongress- und Abstractband 2014
Poster mit Vortrag
"ASC-seeded alginate scaffolds and their angiogenic properties in vitro as a pre-model for
autologous soft tissue replacement".
C. Lämmle, M. Handel, T. Hammer, F. Jacobsen, M. Lehnhardt, D. Höfer, T. Hirsch (2015);
132. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie 2015
Presse
"Implantate auf Alginat-Basis für die Wundversorgung - Christine Lämmle erhält For-
schungspreis der DGfW"
Hohenstein Laboratories GmbH & Co. KG (2013)
Pressemitteilung vom 29.07.2014 | 582-DE
"Preis für Alginat-Implantat“ in der Zeitschrift "Lebenswichtig - Hightex für die Medizin: Im-
plantate, Therapiehilfen und Wundversorgung mit faserbasiertem Know-how“
Forschungskuratorium Textil (2015)
Pressemitteilung unter http://www.textilforschung.de/uploads/2015-09-28-15-44-54-97-
1.pdf (aufgerufen am 21.08.2016)
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