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Bericht
über die Startphase des Projektes
ombudsmann.de
01.11.2003 bis 30.06.2004
Die VERBRAUCHER INITIATIVE e.V. Elsenstraße 106, 12435 Berlin
www.verbraucher.org www.ombudsmann.de
VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. – Projektbericht ombudsmann.de Seite 2
In Kürze
Projekt
ombudsmann.de ist eine neutrale und unabhängige Schlichtungsstelle für Streitigkeiten über Internet-Käufe. Sie kann von allen Verbraucherinnen und Verbrauchern aber auch von Anbietern angerufen werden, wenn eine außergerichtliche Schlichtung eines Streits über Rechte und Pflichten aus einem Internet-Kauf gewünscht wird. Gegenwärtig ist die Tätigkeit von ombudsmann.de für die Beteiligten kostenlos.
Die Kontaktaufnahme und der gesamte Verfahrensablauf erfolgt ausschließlich im Internet unter www.ombudsmann.de. Dort wird nach Anmeldung der Beteiligten eine „elektronische Akte“ angelegt, die mit einem Passwort nur von den Beteiligten des Online-Schlichtungsverfahrens eingesehen werden kann. Die Kommunikation mit dem Webserver von ombudsmann.de erfolgt in einem geschützten Bereich, sie ist per SSL verschlüsselt.
ombudsmann.de ist ein Projekt des Bundesverbandes Die VERBRAUCHER INITIATIVE e.V., dessen Startphase mit Geldern der Europäischen Kommission und des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft unterstützt wurde.
Träger
Die VERBRAUCHER INITIATIVE e.V. wurde 1985 als Bundesverband kritischer Verbraucherinnen und Verbraucher gegründet. Der als gemeinnützig anerkannte Verein tritt für den ökologischen, gesundheitlichen und sozialen Verbraucherschutz ein. Seine Arbeit wird u. a. von etwa 8.000 Einzelmitgliedern und 176 Mitgliedsorganisationen ermöglicht.
Die VERBRAUCHER INITIATIVE betreibt verschiedene Webseiten und Internet-Datenbanken:
! Gesamtübersicht www.verbraucher.org ! Gentechnik und Lebensmittel www.transgen.de ! Zusatzstoffe www.zusatzstoffe-online.de ! Gütezeichen, Nachhaltigkeit www.label-online.de ! Ökologischer und Fairer Handel www.oeko-fair.de ! Kampagne zum Fairen Handel www.fair-feels-good.de ! Online-Schlichtung E-Commerce www.ombudsmann.de ! Elektrosmog www.forum-elektrosmog.de
Impressum
Bundesverband Die VERBRAUCHER INITIATIVE e.V. Bundesvorsitzender: Dieter Kublitz (V.i.S.d.P.) Bundesgeschäftsführer: Georg Abel Elsenstraße 106 - 12435 Berlin Tel.: 030-536073-3 Fax.: 030-536073-45 E-Mail: ombudsmann@verbraucher.org
VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. – Projektbericht ombudsmann.de Seite 3
Übersicht
In Kürze.........................................................................................2 Projekt ................................................................................................................... 2
Träger .................................................................................................................... 2
Impressum............................................................................................................ 2
Übersicht .......................................................................................3 1. Verbraucher und Internet ..........................................................4 2. Vor- und Nachteile des Internethandels ....................................5
a. Vorteile des Internetkaufs: ........................................................................... 5
b. Nachteile des Internetkaufs: ........................................................................ 6
3. Verbraucherschutz im Internet..................................................7 5. Die Projektidee ..........................................................................9
a. Information ...................................................................................................... 9
b. elektronische Akte ........................................................................................ 10
c. außergerichtliche Streitbeilegung ............................................................... 12
6. Grundsätze des Projektes ........................................................14 7. Projektfinanzierung .................................................................17 8. Projektrealisation ....................................................................18 9. Schlichtungstätigkeit ...............................................................20 10. Akzeptanz ..............................................................................23 11. Kooperationen .......................................................................24
a. Der österreichische Internet-Ombudsmann (www.ombudsmann.at) 24
b. Digramm Media GmbH ................................................................................ 24
c. Trusted Shops GmbH ................................................................................... 24
d. eCommerce-Verbindungsstelle Deutschland ........................................... 25
e. EEJ-Clearingstelle Deutschland in Kehl .................................................... 25
12. Öffentlichkeitsarbeit ..............................................................26 13. Ausblick .................................................................................27 14. Spendenaufruf .......................................................................28
VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. – Projektbericht ombudsmann.de Seite 4
1. Verbraucher und Internet
Das Internet hat die Informationsmöglichkeiten und das
Informationsverhalten in unserer Gesellschaft in wenigen Jahren
grundlegend verändert. Der Veränderungsprozess verläuft mit einer
solchen Dynamik und in einem solchen Tempo, dass die Entwicklung von
Kontroll- und Korrekturmechanismen, die zur Abwehr von
gesellschaftlichen und individuellen Schäden erforderlich sind, kaum mit
dieser Entwicklung Schritt halten kann.
Schon der individuelle Umgang mit dem Informationsmedium erfordert
Lernprozesse, die weit über das Erlernen der technischen Bedienung des
Computers hinausgehen. Die schier unbegrenzte Informationsflut zwingt
zu quantitativer und qualitativer Auswahl, neue Bewertungstechniken und
-maßstäbe müssen entwickelt und auf ihre Tauglichkeit hin ständig
überprüft werden. Nur so kann der Einzelne die gigantischen
Möglichkeiten des weltweiten Informationsangebotes nutzen und zugleich
Abwehrmechanismen den neuartigen Gefahren entgegensetzen.
Auf gesellschaftlicher Ebene müssen staatliche Institutionen und
gesellschaftliche Gruppen strukturellen Gefahren entgegentreten, die
insbesondere für schutzbedürftige Gruppen unserer Gesellschaft durch das
Medium Internet bestehen. Konsens besteht darin, Kinder und Jugendliche
vor illegalen Angriffen auf ihre sexuelle Integrität und Verbraucherinnen
und Verbraucher vor illegalen Machenschaften krimineller Personen zu
schützen. Sehr viel komplizierter ist es, denjenigen Gefahren zu
begegnen, die sich aus dem neuen und ungewohnten Kräfteverhältnis
zwischen Informationsanbietern und Informationsempfängern im Internet
ergeben. Wo herkömmliche Erkenntnistechniken, Warnsignale und
Abwehrmechanismen versagen, müssen neue entwickelt und vermittelt
werden. Dazu beizutragen ist Aufgabe nicht nur des Staates, sondern auch
der Verbraucherorganisationen wie der VERBRAUCHER INITIATIVE e. V.
VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. – Projektbericht ombudsmann.de Seite 5
2. Vor- und Nachteile des Internethandels
Einen besonderen Boom hat der Internethandel erlebt, der sich in den
letzten Jahren zu einer Wachstumsbranche ohne Beispiel entwickelt hat.
„Internet-Shopping“ ist zum Sammelbegriff für klassische
Versandhandelskäufe geworden, die über das neue Medium abgewickelt
werden, aber auch für völlig neue Verkaufssysteme wie Ebay und Amazon,
die als Versteigerungsplattformen eine steigende Beliebtheit gewinnen.
Der Internethandel hat Vorteile für Anbieter und Verbraucher, bringt aber
auch Nachteile mit sich.
a. Vorteile des Internetkaufs: • Es kann unabhängig von Ladenöffnungszeiten eingekauft werden,
das Netz steht Anbietern wie Verbrauchern 24 Stunden täglich jeden
Tag zur Verfügung.
• Bestellung und Vertragsabwicklung werden beschleunigt,
zeitraubende Transportwege gibt es nur noch für die Lieferung der
Ware, nicht für die Erklärungen, die zum Kaufvertrag führen.
• Informationen auf den Webseiten der Anbieter können gegenüber
den Versandhandelskatalogen sehr detailliert und immer aktuell
sein.
• Die räumliche Entfernung zwischen Verbraucher und Anbieter und
national unterschiedliche Standorte sind unbedeutend. Das Internet
gleicht so Standortnachteile sowohl bei den Anbietern als auch bei
den Verbrauchern aus und sorgt in strukturschwachen Gebieten für
neue Entwicklungsmöglichkeiten.
• Grenzüberschreitende Angebote können wahrgenommen und
entsprechende Verträge abgeschlossen werden, der Markt wird
dadurch für Anbieter und Verbraucher sehr viel größer.
VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. – Projektbericht ombudsmann.de Seite 6
b. Nachteile des Internetkaufs:
• Es gibt in der Regel nur standardisierte Informationen auf den
Webseiten. Die persönliche Beratung und Information fehlt.
Insbesondere gibt es selten individuelle Ansprechpartner.
• Produkte sind im Internet nur beschrieben, allenfalls abgebildet. Sie
können auf Qualität und Beschaffenheit vor Zugang nicht geprüft
werden.
• Informationen über den Anbieter sind oft schwer zugänglich. Es
bedarf schon einiger Erfahrung, um den Sitz des Unternehmens,
seine Größe und Seriosität sowie sein Vertragsverhalten in
Erfahrung zu bringen. Einer Website kann man nicht ansehen, ob sie
von einem seriösen Unternehmen oder (schlimmstenfalls) von einem
Betrüger ins Netz gestellt wurde.
• Nachfragen und Beanstandungen nach dem Kauf können nicht vor
Ort und im direkten Gespräch zwischen Verkäufer und Käufer
erfolgen.
• Es ist bei grenzüberschreitenden Geschäften schwierig, das
nationale Rechtssystem zu ermitteln, nach dem der Kaufvertrag zu
beurteilen ist. Daraus ergeben sich bei Vertragsstörungen
Schwierigkeiten bei dem Zugang zum Recht.
• Es ist nicht garantiert, dass ein ausländischer Anbieter, der in
deutscher Sprache seine Webseite betreibt, auch Reklamationen und
Beanstandungen des Verbrauchers in deutscher Sprache
beantwortet.
• Die Sicherheit von Zahlungswegen ist ein Hauptproblem der
Verbraucher im Netz. Die ungeschützte Weitergabe von
Kartennummern schafft Risiken des Missbrauches. Die im Internet
üblich gewordene Vorkasse weist allein dem Verbraucher das
Geschäftsrisiko zu, das die Anbieter umgekehrt häufig nicht tragen
wollen.
VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. – Projektbericht ombudsmann.de Seite 7
3. Verbraucherschutz im Internet
Die Schutzrechte für Verbraucher mussten der neuen Marktsituation
angepasst werden. Sowohl in der Europäischen Union als auch in der
Bundesrepublik Deutschland sind rechtliche Vorschriften auf die
Bedürfnisse des elektronischen Geschäftsverkehrs eingestellt worden.
Rechtliche Probleme des Verbraucherschutzes waren und sind Gegenstand
zahlreicher Reformen. Insbesondere die Schuldrechtsreform, die zum
01.01.2002 in Kraft getreten ist, hat den deutschen Verbraucherschutz in
vielen Punkten verbessert und die besonderen
Verbraucherschutzbestimmungen zum Versandhandel und zum
elektronischen Rechtsverkehr in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB)
integriert. Hervorzuheben ist, dass klare Vorschriften zur
Informationspflicht die Anbieter verpflichten, in ihrem Internetangebot
vollständige und leicht zugängliche Angaben zu dem Unternehmen des
Anbieters, den Vertragsbedingungen, dem angebotenen Produkt und
seinem Preis sowie der Vertragsabwicklung, dem Zahlungsverkehr und
dem Serviceangebot zu machen. In einer eigenen Informationsverordnung
(BGB-InfoV) wird das BGB ergänzt und sehr präzise die
Informationspflicht des Anbieters festgelegt. Die Bundesrepublik hat mit
dieser Schuldrechtsreform zugleich auch das nationale Recht auf Grund
der Vorgaben der EU harmonisiert, so dass Defizite des
Verbraucherschutzes durch national unterschiedliche Regelungen
innerhalb der EU vermindert, aber keineswegs vollständig ausgeglichen
sind. So stellt die in den Ländern der EU unterschiedlich lange
Widerrufsfrist für Kaufverträge im Fernabsatzgeschäft eine erhebliche
Unsicherheit für die Verbraucher dar, die grenzüberschreitend einkaufen.
VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. – Projektbericht ombudsmann.de Seite 8
4. Durchsetzung von Verbraucherrechten
Die Reformen des Verbraucherrechts sind weit gediehen. Probleme mit
dem Verbraucherschutz im Internethandel bestehen aber nach wie vor bei
der Durchsetzung von Verbraucherrechten. Das hat sehr unterschiedliche
Gründe:
! Der einfachste Weg der Beilegung einer Streitigkeit, das direkte
Gespräch mit dem Vertragspartner, steht als Möglichkeit in den
meisten Fällen nicht zur Verfügung.
! Herkömmliche Schlichtungsstellen sind auf Streitigkeiten zwischen
räumlich weit entfernten Parteien nicht eingestellt.
! Der Wert der Streitigkeiten über Internetkäufe ist oft so gering, dass
die Hilfe durch einen Rechtsanwalt oder gar ein Gericht wegen der
damit verbundenen Kosten unverhältnismäßig teuer ist.
! Da Rechtsanwälte üblicherweise nach dem so genannten Streitwert
honoriert werden, sind sie oft bei niedrigen Werten nicht bereit, das
Mandat zu übernehmen.
! Die Verbraucherschutzvorschriften zum E-Commerce sind relativ neu
und noch nicht so bekannt, dass die Verbraucher ihre Rechte auch
selbst wahrnehmen können.
! Viele Verbraucher haben Schwierigkeiten, ihre Rechte schriftlich (per
E-Mail) einzufordern und fühlen sich den professionellen
Vertragspartnern nicht gewachsen.
! Bei grenzüberschreitenden Geschäften gibt es häufig ein
Informationsdefizit über den Weg, Ansprüche anzumelden und den
richtigen Ansprechpartner zu finden. Sprachliche Probleme
verstärken diese Schwierigkeiten.
! Bei den Beschwerdestellen der Anbieter handelt es sich oftmals um
Call-Center, von denen man zwar in der Regel freundlich, aber oft
inkompetent und nur nach einem Schema behandelt wird.
VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. – Projektbericht ombudsmann.de Seite 9
5. Die Projektidee
Die VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. hat im Januar 2002 in Berlin ein
internationales Fachgespräch mit Experten organisiert, um sich mit den
Problemen des Verbraucherschutzes im Internethandel auseinander zu
setzen und nach Wegen zu suchen, als unabhängige
Verbraucherorganisation einen Beitrag zu mehr Sicherheit und Schutz im
Internet zu leisten. In diesem Expertengespräch wurde der österreichische
Internet-Ombudsmann (www.ombudsmann.at) vorgestellt, der seit 1999
eine außergerichtliche Streitschlichtung im E-Commerce anbietet. Dieses
Modell war Vorbild für den Plan der VERBRAUCHER INITIATIVE, auch in
Deutschland eine außergerichtliche Schlichtungsstelle für den
Internethandel einzurichten, die unter www.ombudsmann.de
Verbraucherinnen und Verbrauchern die vorerst kostenlose Möglichkeit
bietet, sich in Streitfällen mit dem gewerblichen Internetverkäufer an eine
unabhängige Schlichtungsstelle zu wenden.
a. Information
Die Analyse der typischen Konfliktsituationen beim Internetshopping
ergab, dass sowohl auf Seiten der Anbieter als auch auf Seiten der
Verbraucher ein Informationsdefizit über die besonderen Probleme des
Vertragsschlusses über das Medium Internet als auch über die neuen
rechtlichen Bestimmungen festzustellen war. Ziel der Schlichtungsstelle
sollte daher sein, leicht verständliche Informationen für alle Beteiligten
und Interessierten über die geltenden Gesetze, Urteile und juristische
Literatur bereit zu stellen. Diese Informationen sollten auf der neu
einzurichtenden Webseite der Schlichtungsstelle systematisch und aktuell
und in leicht verständlicher Sprache zur Verfügung gestellt werden.
Außerdem wurde es als Aufgabe der Schlichter angesehen, zu Beginn
eines Schlichtungsverfahrens beide Parteien konkret über die bestehende
Rechtslage zu informieren und eine Einigung auf dieser Grundlage
anzustreben.
VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. – Projektbericht ombudsmann.de Seite 10
b. elektronische Akte
Ziel der neu einzurichtenden Schlichtungsstelle sollte es sein, eine neue
Form der außergerichtlichen Streitbeilegung zu entwickeln, die den
besonderen Bedürfnissen des E-Commerce angepasst ist. Dabei wurde die
Idee des österreichischen Internet-Ombudsmannes aufgegriffen, als
Kommunikationsmedium für die außergerichtliche Streitbeilegung dasselbe
Medium und seine Vorteile zu nutzen, das auch für den Vertragsschluss
von den Parteien ausgewählt worden ist. Es konnte davon ausgegangen
werden, dass beide Vertragsparteien mit diesem Medium vertraut sind,
über technische Zugangsmöglichkeiten zum Internet verfügen und
insofern keine Hemmschwelle bei der Verwendung dieses Mediums als
Schlichtungsstelle zu überwinden war.
In technischer Hinsicht wurde von der VERBRAUCHER INITIATIVE im
Rahmen der Projektentwicklung die Streitschlichtung nur über E-Mail für
nicht sicher genug gehalten. Um Missbrauchsmöglichkeiten zu erschweren
und um die Bearbeitung größerer Zahlen von Schlichtungsverfahren mit
geringem Verwaltungsaufwand zu ermöglichen wurde ein System der
„elektronischen Akte“ für das Schlichtungsverfahren entwickelt.
Jeder, der ein Schlichtungsverfahren einleiten will, kann sich auf der
Internetseite der Schlichtungsstelle anmelden. Er wird mit einem
einfachen Fragenkatalog durch dieses Anmeldeverfahren geführt. Nach
einer sofort von der Schlichtungsstelle vorgenommenen Prüfung, ob die
vorgebrachten Beschwerden sich für das Schlichtungsverfahren eignen,
wird eine „elektronische Akte“ angelegt und dem Beschwerdeführer zu
dieser Akte ein Passwort mitgeteilt. Mit diesem Passwort kann der
Beschwerdeführer jederzeit den Inhalt der Akte einsehen.
Die Schlichtungsstelle wendet sich dann an den Beschwerdegegner, teilt
ihm mit, dass eine Beschwerde vorliegt und bittet ihn, sich ebenfalls an
dem Schlichtungsverfahren zu beteiligen und auf der Internetseite
anzumelden. Ist diese Anmeldung erfolgt, erhält der Beschwerdegegner
VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. – Projektbericht ombudsmann.de Seite 11
ebenfalls ein Passwort für die „elektronische Akte“ und das eigentliche
Schlichtungsverfahren kann beginnen.
Beide Parteien erhalten beim Eingang einer neuen Nachricht in der
„elektronischen Akte“ eine E-Mail-Benachrichtigung der Schlichtungsstelle
verbunden mit der Bitte, sich diese Nachricht in der „elektronischen Akte“
anzusehen. Der eigentliche „Akteninhalt“, also die gesamte
Kommunikation des Schlichtungsverfahrens erfolgt über den Webserver
von ombudsmann.de in einem geschützten Bereich, der SSL-verschlüsselt
ist.
Mit diesem technischen Verfahren sollte der Versuch unternommen
werden, das gesamte Schlichtungsverfahren über das Internet
abzuwickeln. Aus Gründen der Kostenersparnis sollte Schriftverkehr auf
Papier und per Post sowie mündliche und fernmündliche Kommunikation
vermieden werden. Die Vermeidung von Gesprächen und
Telefongesprächen dient nicht nur der Kostenersparnis, sondern auch der
Wahrung der Neutralität der Schlichtungsstelle. Das gewählte Verfahren
der „elektronischen Akte“ soll beiden Parteien Zugang zu den
Informationen ihres Schlichtungsverfahrens ermöglichen.
Um Unterlagen in das Schlichtungsverfahren und damit in die
„elektronische Akte“ einführen zu können, wird den Parteien eine Telefax-
Nummer der Schlichtungsstelle mitgeteilt, an die Verträge, Quittungen,
Lieferscheine und Vorkorrespondenz gefaxt werden können. Diese
Dokumente werden als pdf-Datei der jeweiligen „elektronischen Akte“
zugeordnet und können dann von allen Parteien des
Schlichtungsverfahrens in der Akte eingesehen werden.
Mit diesem Konzept einer „Online-Schlichtung“ ist beabsichtigt, auf Seiten
der Schlichtungsstelle ein papierloses, virtuelles Verfahren einzuführen,
das einerseits der Beschleunigung des Schlichtungsverfahrens bei
Wahrung der Transparenz für alle Beteiligten dient und das andererseits
VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. – Projektbericht ombudsmann.de Seite 12
eine Kostenvermeidung zum Ziel hat, die für eine gemeinnützige
Organisation wie die VERBRAUCHER INITIATIVE unerlässlich ist.
c. außergerichtliche Streitbeilegung
Sowohl in der Europäischen Union als auch in Deutschland wird seit
einigen Jahren verstärkt über die verschiedenen Möglichkeiten
außergerichtlicher Streitbeilegung und deren Förderung nachgedacht:
! die Empfehlungen der Europäischen Kommission vom 30.03.1998
(98/257)
! und vom 04.04.2001 (01/310),
! das „Grünbuch über alternative Verfahren zur Streitbeilegung im
Zivil- und Handelsrecht“ der Europäischen Kommission vom
19.04.2003 (KOM (2002) 196 endgültig),
! die Schlichtungsstellenverfahrensordnung (SchlichtVerfVO) in der
Fassung vom 19.07.2002
! und die ZPO-Reform, in der mit Wirkung ab 01.01.2000 nach
Landesrecht Gütestellen eingerichtet werden können, die bis zu
einem Streitwert von 750,00 € anzurufen sind, bevor eine Klage bei
Gericht eingereicht werden darf (§ 15a EGZPO)
sind Ausdruck dieser Bemühungen, die Justiz zu entlasten und
außergerichtliche Verfahren zur Streitbeilegung zu installieren. Daneben
gibt es eine breit angelegte, für den ganzen Bereich der Europäischen
Union vorgesehene Registrierung und Koordination der Schlichtungsstellen
verschiedenster Art im europaweiten Netzwerk zur Förderung der
außergerichtlichen Beilegung von grenzüberschreitenden Streitigkeiten
zwischen Verbrauchern und Unternehmern (EEJ-Net). Hinzuweisen ist
außerdem auf die zahlreichen auf staatliche und nichtstaatliche Initiativen
zurückgehenden Einrichtungen von Schiedsstellen,
Beschwerdeeinrichtungen, Bürgerbeauftragten und Ombudsleuten. Im
Bereich der professionellen Beratung haben Mediatoren eine immer
stärker werdende Bedeutung als Alternative zur streitigen Gerichtsbarkeit.
VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. – Projektbericht ombudsmann.de Seite 13
Vor diesem Hintergrund einer vielschichtigen Erprobung, Überprüfung und
Veränderung von Methoden außergerichtlicher Streitbeilegung lag es aus
der Sicht der VERBRAUCHER INITIATIVE nahe, die vorhandenen
Instrumente und Erfahrungen zu überprüfen und inhaltlich auf die
besonderen Bedürfnisse der Schlichtung im Internethandel abzustimmen.
Dabei galt es, eine Schlichtungsmethode zu finden, die an den
Bedürfnissen von Anbietern und Verbrauchern orientiert ist und möglichst
frei von formalen und bürokratischen Hemmnissen ist.
An Methoden standen zur Auswahl:
! Moderation,
! Vermittlung,
! Schlichtung,
! Güteverhandlung,
! Schiedsverfahren,
! Mediation.
Trennscharfe Definitionen, nach denen diese Verfahren sich
gegeneinander abgrenzen lassen, waren wegen des unterschiedlichen
Gebrauches dieser Begriffe nicht praktikabel. Erfahrungen im Bereich der
Online-Schlichtung, auf die zurückgegriffen werden konnte, standen außer
dem bereits erwähnten Schlichtungssystem des österreichischen Internet-
Ombudsmannes nicht zur Verfügung, so dass die vorgesehene Schlichtung
nicht von vorn herein auf eine bestimmte Methode festgelegt werden
konnte.
Die VERBRAUCHER INITIATIVE entschloss sich, ein zweistufiges Verfahren
der außergerichtlichen Streitschlichtung anzubieten.
1. In der ersten Stufe sollte eine auf Moderation zwischen den
Konfliktbeteiligten angelegten Schlichtung mit dem Ziel einer
Einigung
VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. – Projektbericht ombudsmann.de Seite 14
2. und in der zweiten Stufe ein Schiedsverfahren unterhalb der
Schwelle der §§ 1025 ff ZPO mit dem Ziel eines (nicht
vollstreckbaren) Schiedsspruches angeboten werden.
6. Grundsätze des Projektes
Bei der Projektrealisation ging die VERBRAUCHER INITIATIVE von
folgenden Grundsätzen aus:
1. Die Schlichtungstätigkeit muss von Personen ausgeübt werden, die
über eine abgeschlossene juristische Ausbildung verfügen und
Erfahrungen im Verbraucherrecht und im Online-Recht haben. Die
Personen sind in der Art und Weise ihrer Schlichtungstätigkeit
unabhängig und an Aufträge und Weisungen nicht gebunden. Ihre
Stellung gegenüber den Streitparteien ist unabhängig, unparteilich
und nur an Recht und Gesetz gebunden.
2. Zu Beginn und während jeder Schlichtungstätigkeit muss in jedem
Einzelfall geprüft werden, ob die Gefahr eines Verjährungseintrittes
während des Schlichtungsverfahrens besteht. Auf eine solche
Möglichkeit sind die Parteien hinzuweisen und dem Verbraucher ist
ggf. zu empfehlen, sich Rechtsrat einzuholen. In diesem
Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Schlichtungsstelle
einseitigen Rechtsrat nicht erteilt. Gegebenenfalls ist die Aufnahme
bzw. Fortsetzung der Schlichtungstätigkeit von einer Vereinbarung
abhängig zu machen, dass die Parteien wechselseitig während des
Schlichtungsverfahrens auf die Einrede der Verjährung verzichten.
3. Die Parteien sind darauf hinzuweisen, dass Voraussetzung für das
freiwillige Schlichtungsverfahren ist, dass gerichtliche
Auseinandersetzungen während des Schlichtungsverfahrens nicht
geführt werden, gegebenenfalls solche Verfahren förmlich unter
Hinweis auf die außergerichtlichen Einigungsbemühungen zum
Ruhen gebracht werden müssen.
VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. – Projektbericht ombudsmann.de Seite 15
4. Die Schlichtungsstelle unterwirft sich beiden Parteien gegenüber
dem Grundsatz der absoluten Vertraulichkeit. Diese Vertraulichkeit
wird eng ausgelegt im Sinne einer anwaltlichen Schweigepflicht. Alle
im System erfassten Daten unterliegen zudem den Vorschriften des
Datenschutzes. Berichte über die Schlichtungstätigkeit dürfen nur in
anonymisierter Weise erfolgen.
5. Das Schlichtungsverfahren selbst ist für beide Parteien transparent.
Es gibt keine direkten Verhandlungen der Schlichtungsstelle mit
einer Streitpartei über die die andere Streitpartei nicht informiert ist.
Informationen, die der Schlichtungsstelle zugänglich gemacht
werden, sind auch der anderen Partei mitzuteilen und dürfen nicht
zurück gehalten werden.
6. Es ist Aufgabe der Schlichtungsstelle, einen eventuell
unterschiedlichen Informationsstand der Parteien über rechtliche
Fragen durch Information gegenüber beiden Parteien auszugleichen.
Diese Verpflichtung besteht unabhängig von der Frage, für welche
Partei diese rechtliche Information nützlich oder schädlich ist. Es ist
zu vermeiden, dass eine Partei im Rahmen einer Einigung von
Rechtspositionen keinen Gebrauch macht, weil ihr diese unbekannt
sind.
7. Es ist Aufgabe der Schlichtungsstelle, die Parteien zu informieren,
wenn die rechtlichen Kenntnisse des Schlichters – beispielsweise bei
der Anwendung ausländischen Rechtes – nicht ausreichend sind
oder Rechtsfragen umstritten und gerichtlich noch nicht geklärt sind.
In diesen Fällen sind die Parteien auf die Möglichkeit, kompetenten
einseitigen Rechtsrat einzuholen, ausdrücklich hinzuweisen.
8. Die Schlichtungsstelle ist verpflichtet, das Ende der
Schlichtungstätigkeit wegen erzielter Einigung oder wegen der
Aussichtslosigkeit weiterer Einigungsbemühungen positiv gegenüber
beiden Parteien festzustellen. Es darf nicht unklar bleiben, ob das
Schlichtungsverfahren noch betrieben wird oder schon beendet ist.
VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. – Projektbericht ombudsmann.de Seite 16
9. Die Webseite muss auch in einer barrierefreien „Nur-Text-Version“
und möglichst bald auch in englischer Sprache angeboten werden.
VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. – Projektbericht ombudsmann.de Seite 17
7. Projektfinanzierung
Die VERBRAUCHER INITIATIVE e.V. beantragte bei der Generaldirektion
für Gesundheit und Verbraucherschutz der Kommission der Europäischen
Gemeinschaft und bei dem Bundesministerium für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft eine Finanzhilfe für die Einrichtung der
Online-Schlichtungsstelle.
Die Europäische Kommission bewilligte einen Zuschuss am 11.12.2002.
Das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft bewilligte einen Zuschuss am 22.05.2003.
Die Finanzierung des Eigenanteils erfolgte aus Mitteln der VERBRAUCHER
INITIATIVE e.V.
VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. – Projektbericht ombudsmann.de Seite 18
8. Projektrealisation
Februar und März
2003:
Ausarbeitung des Projektes im Detail,
Informationsbeschaffung und Planung des
Projektverlaufes, Definition der Anforderungen
an das Internetportal und den IT-gestützten
Ablauf des Schlichtungsverfahrens, Erarbeitung
der Ausschreibungsunterlagen, Erwerb der
Rechte an der Domain www.ombudsmann.de
April 2003: Endgültige Festlegung der Systemanforderungen
und Ausschreibung des Projektes, Sammlung und
Sichtung des juristischen Materials zum Thema
E-Commerce; Planung des Informationsteils der
Webseite
Mai und Juni 2003: Auswertung des Ausschreibungsverfahrens,
Überprüfung der Angebote auf Praktikabilität des
Ablaufes eines Schlichtungsverfahrens,
Entscheidung im Ausschreibungsverfahren zu
Gunsten der Firma Digramm Media GmbH Berlin,
Verhandlungen mit der Firma Digramm über die
Anforderungen an das Programm im Detail,
Erarbeitung des inhaltlich-juristischen Teils des
Informationsteils der Webseite
Juli 2003: Erarbeitung des Programmes für das
Schlichtungsverfahren, Erstellung des Layouts
der Webseite, Erarbeitung der Textfassung des
inhaltlich-juristischen Informationsteils
August bis Oktober
2003:
Fertigstellung des Programms und der Webseite,
Fertigstellung der Textfassung der Webseite,
Einarbeitung von Änderungen in Programm und
Webseite, Probeläufe des
Schlichtungsverfahrens,
VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. – Projektbericht ombudsmann.de Seite 19
Programmverbesserungen, Aktualisierung der
Informationsseite, Vorbereitung der
Öffentlichkeitsarbeit
seit November 2003 : Betrieb der Schlichtungsstelle ombudsmann.de
durch Rechtsanwalt Martin Schleicher im
Auftrage der VERBRAUCHER INITIATIVE e.V.
Redaktionelle Ergänzung und Aktualisierung der
Webseite durch Rechtsanwalt Dieter Kublitz im
Auftrage der VERBRAUCHER INITIATIVE e.V.
seit Juni 2004 : Die Webseite www.ombudsmann.de wird
wahlweise auch in englischer Sprache angeboten.
VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. – Projektbericht ombudsmann.de Seite 20
9. Schlichtungstätigkeit
In der Startphase von ombudsmann.de bis zum 30.06.2004 hat sich
gezeigt, dass das Online-Schlichtungssystem von Verbrauchern und von
Unternehmern angenommen wird. Insgesamt wurden 643 Beschwerden
an ombudsmann.de herangetragen. Davon wurden 490 Fälle zur
Schlichtung angenommen. Von diesen sind 408 erledigt worden, 82 Fälle
sind noch nicht abgeschlossen. Von den 408 erledigten Fällen sind mehr
als die Hälfte zu Gunsten der Verbraucher abgeschlossen worden und
wenige eindeutig zu Gunsten der Anbieter. Das häufigste Ende des
Schlichtungsverfahrens war ein Kompromiss, in dem beide Parteien
nachgegeben haben.
Die Verbraucherinnen und Verbraucher, die sich an ombudsmann.de mit
der Bitte um ein Schlichtungsverfahren gewendet haben, sind über das
gesamte Bundesgebiet gleichmäßig verteilt:
Regionale Verteilung der angenommenen Fälle nach Postleitzahlbereichen PLZ-Bereich: 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Ausland Prozent: 7,92 10,28 8,35 11,13 13,92 10,06 9,85 10,92 9,64 7,07 0,86
Die Verbraucherbeschwerden bezogen sich fast vollständig auf Anbieter,
die ihren Sitz im Bundesgebiet haben. Die betroffenen Branchen ergeben
sich aus dieser Übersicht:
Branche Fälle Prozent Computer/Hard- und Software 36,70 elektronische Artikel (z.B. Digitalkameras) 27,59 Sonstiges 13,05 Bekleidung/Textilien 7,14 Telekommunikation 6,65 Online-Kaufhäuser 4,19 Pharma 2,71 Autozubehör 1,23 Lebensmittel 0,49 Bücher 0,25
VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. – Projektbericht ombudsmann.de Seite 22
Die Besuche auf der Seite www.ombudsmann.de außerhalb des
passwortgeschützten Bereichs sind auf dem Server automatisch erfasst
worden. Dabei sind unter „Besuche“ die Mehrfachbesuche pro Tag nur
einmal gezählt worden, so dass diese Zahl die tatsächliche Besucherzahl
auf der Seite pro Tag wiedergibt.
Mit 51.681 Besuchern in sieben Monaten zeigt sich ein deutliches
Interesse an der Informationsseite von ombudsmann.de.
Aus dem Kreis der Besucher kamen auch wertvolle Hinweise und
Anregungen, die in die Seite aufgenommen werden konnten. Kontrovers
waren die Reaktionen auf die Warnung vor der Vorkasse. Auf Anregung
eines Anbieters haben wir diese Warnung auf nicht zertifizierte Anbieter
beschränkt.
Tagesdurchschnitt Monat Dateien Seiten Besuche
Dez 03 11322 574 222 Jan 04 13054 601 247 Feb 04 6199 501 199 Mar 04 5690 592 296 Apr 04 4970 609 318 Mai 04 4201 516 220 Jun 04 7936 441 93
Monatssumme Monat Dateien Seiten Besuche
Dez 03 350985 17817 6910 Jan 04 404702 18642 7675 Feb 04 179771 14555 5781 Mar 04 176390 18366 9204 Apr 04 149116 18289 9568 Mai 04 130233 16001 6831 Jun 04 238098 13231 2811
Summen 1866804 151028 51681
VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. – Projektbericht ombudsmann.de Seite 23
10. Akzeptanz
Akzeptanzprobleme auf Seiten der Anbieter sind die Ausnahme geblieben.
Anbieter, die die Online-Schlichtung ungewöhnlich fanden und
ombudsmann.de auf den üblichen Schriftverkehr verweisen wollten,
konnten davon überzeugt werden, dass sie selbst es waren, die das
Internet als Kommunikationsebene mit dem Verbraucher gesucht haben.
Letztlich war für die Unternehmen vorteilhaft, dass ombudsmann.de den
Sachverhalt bereits aufbereitet hatte und daher auch auf Seiten der
Unternehmen eine schnelle Abwicklung des Streites ermöglicht wurde.
In einzelnen Fällen wurde von den Anbietern eine „Vollmacht“ verlangt.
Wir haben darauf hingewiesen, dass ombudsmann.de als neutrale
Schlichtungsstelle tätig wird und nicht als einseitiger Interessenvertreter
der Verbraucher.
Auffällig ist, dass ganz überwiegend kleinere und neue Anbieter von
Verbraucherbeschwerden betroffen waren. Solche Unternehmen verfügen
oft nicht über ein ausgebautes Beschwerdemanagement. Manche
Unternehmen waren sogar dankbar für rechtlich klare Hinweise von
ombudsmann.de.
Die wenigen Unternehmen, die sich der Teilnahme am
Schlichtungsverfahren ausdrücklich oder in mehr als einem Fall entzogen
haben, werden auf der Webseite www.ombudsmann.de auf der
„Negativliste“ geführt. Auch diese Liste wird fortlaufend aktualisiert. Auf
ihr finden sich natürlich auch solche Unternehmen, die in wirtschaftliche
Schwierigkeiten geraten sind und Insolvenz anmelden mussten. In diesen
Fällen weist ombudsmann.de auf die Möglichkeiten hin, sich durch
Forderungsanmeldungen am Insolvenzverfahren zu beteiligen.
VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. – Projektbericht ombudsmann.de Seite 24
11. Kooperationen
a. Der österreichische Internet-Ombudsmann (www.ombudsmann.at)
Schon in der Planungsphase, erst recht seit der Aufnahme der
Schlichtungstätigkeit gibt es eine intensive, auf Dauer angelegte
Zusammenarbeit mit dem österreichischen Internet-Ombudsmann.
Abgesprochen ist, dass im Einverständnis mit den Beschwerdeführern die
Schlichtungsfälle an denjenigen „Ombudsmann“ abgegeben werden, in
dessen Land der Anbieter seinen Sitz hat. In der Regel liegen dort schon
weitere Fälle vor, so dass im Sinne einer Effektivität der
Schlichtungstätigkeit diese Arbeitsteilung zweckmäßig ist. Geplant sind
weitere gemeinsame Arbeitstreffen und fortlaufender
Informationsaustausch. Geprüft wird die Frage einer IT-technischen
Kooperation.
b. Digramm Media GmbH
Die intensive Zusammenarbeit mit der Firma Digramm Media GmbH
sowohl in der Planungs- und Entwicklungsphase als auch in der Startphase
haben wesentlich zu einem Gelingen des Projektes beigetragen. Die
Leistungsfähigkeit des von der Firma Digramm konzipierten Systems der
„elektronischen Akte“ hat ihre Bewährungsprobe hervorragend bestanden.
Viele wertvolle Vorschläge haben die inhaltliche Gestaltung der Webseite
und die Systematik des Schlichtungsverfahrens positiv beeinflusst.
c. Trusted Shops GmbH
Zu intensiven Informationsgesprächen ist es mit der Firma Trusted Shops
GmbH gekommen, die für das Siegel „Trusted-Shops“ verantwortlich
zeichnet. Im Rahmen ihrer „Geld-zurück-Garantie“ werden ebenfalls
Schlichtungstätigkeiten entfaltet. Gemeinsame Arbeitsgespräche mit
weiteren Interessenten zum Thema „E-Commerce“ und „außergerichtliche
Streitschlichtung“ sind geplant.
VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. – Projektbericht ombudsmann.de Seite 25
d. eCommerce-Verbindungsstelle Deutschland
Gemeinsam mit dieser Verbindungsstelle des EURO-INFO VERBRAUCHER
e.V. in Kehl hat ombudsmann.de am 28. Juni 2004 in Kehl ein eintägiges
Arbeitstreffen mit mehreren Institutionen durchgeführt, die an
außergerichtlicher Streitschlichtung im grenzüberschreitenden Bereich
tätig sind. Die eCommerce-Verbindungsstelle gibt Beschwerden von
Verbrauchern aus anderen europäischen Ländern an ombudsmann.de
weiter und betreut diese Verbraucher auch während des
Schlichtungsverfahrens. Geplant sind weitere Informationsveranstaltungen
und Arbeitsgespräche, in denen Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch in
den Bereichen E-Commerce, grenzüberschreitender Geschäftsverkehr und
außergerichtliche Streitschlichtung besteht.
e. EEJ-Clearingstelle Deutschland in Kehl
Diese Clearingstelle, die ebenfalls zum EURO-INFO VERBRAUCHER e.V. in
Kehl gehört, ist zentrale Anlaufstelle für alle, die in Deutschland eine für
sie zuständige Schlichtungsstelle suchen oder die bei
grenzüberschreitenden Streitigkeiten eine Schlichtungsstelle in anderen
europäischen Ländern in Anspruch nehmen wollen. Das europäische Netz
EEJ-NET will alle außergerichtlichen Schlichtungsstellen vernetzen.
Ombudsmann.de führt mit der Clearingstelle Gespräche über den Beitritt
der Schlichtungsstelle zum EEJ-NET.
VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. – Projektbericht ombudsmann.de Seite 26
12. Öffentlichkeitsarbeit
Während der Startphase hat ombudsmann.de Öffentlichkeitsarbeit eher
zurückhaltend betrieben. Das neue Schlichtungssystem sollte in den
ersten Monaten erprobt und verbessert und während dieser Zeit nicht mit
einer zu großen Zahl an Fällen belastet werden. Die Erfahrungen des
österreichischen Internet-Ombudsmannes mit ca. 700 Fällen jährlich ließ
die Befürchtung aufkommen, bei einem geschätzten Bedarf im Verhältnis
Österreich zu Deutschland von 1 zu 10, mit ca. 7.000 Beschwerden im
Jahr konfrontiert zu werden. Es stand fest, dass für eine solche Zahl von
Schlichtungsfällen zwar die technischen, nicht aber die personellen und
finanziellen Voraussetzungen auf Seiten der VERBRAUCHER INITIATIVE
e.V. gegeben waren. Für die Startphase war daher eine Annahme von ca.
500 Fällen geplant.
Die Öffentlichkeitsarbeit von ombudsmann.de bestand daher in:
! einer Presseerklärung am 28.11.2003 zum Beginn der Startphase,
! einer Platzierung der Internetseite www.ombudsmann.de in den
Suchmaschinen des Internets,
! einer Presseerklärung am 28.05.2004 zur Insolvenz der Firma
Amstad,
! diversen Interviews in Zeitungen, Radio und Fernsehen,
! gezielten Aufnahmen in einschlägigen Linklisten und Webseiten,
! der Versendung von E-Mail-Newslettern an einen interessierten
Adressatenkreis.
Die Medienresonanz und die Platzierung im Internet ist umfangreich. Bei
Google findet man 1.920 Einträge unter dem Suchbegriff
www.ombudsmann.de.
VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. – Projektbericht ombudsmann.de Seite 27
13. Ausblick
Die von der Europäischen Kommission und dem Bundesministerium für
Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft finanzierte Startphase
ist mit dem 30. Juni 2004 abgeschlossen. Die VERBRAUCHER INITIATIVE
e. V. wird das Projekt mit eigenen Mitteln weiter betreiben.
Sie führt Verhandlungen mit Sponsoren, die die Online-Schlichtungsstelle
finanziell unterstützen wollen. Ob es auf Dauer möglich sein wird, die
Schlichtungsstelle für die streitenden Parteien wie bisher unentgeltlich
anzubieten, hängt vom Erfolg der Sponsorensuche ab.
Eine Kooperation mit europäischen Schlichtungsstellen zum E-Commerce
wird angestrebt. Insbesondere ein Verbund der Schlichtungsstellen im
deutschen Sprachraum ist vorgesehen.
Der vom Verbraucher zu Beginn des Schlichtungsverfahrens auszufüllende
Fragebogen, der auf der Basis eines EU-Formulars für
Verbraucherbeschwerden erstellt worden ist, soll deutlich vereinfacht
werden. In der praktischen Anwendung hat sich gezeigt, dass die
Verbraucher Schwierigkeiten haben, mit der Vielzahl der sich
überschneidenden Fragen klar zu kommen.
Die Informationsseite wird weiter vervollständigt und aktualisiert. Dabei
soll der für die Verbraucher bestimmte Informationsteil praktische
Hilfestellung anbieten und der eher für Berater bestimmte Informationsteil
jeweils aktuell über Gesetzgebung, Rechtsprechung und leicht zugängliche
Fachliteratur berichten.
Eine Mitgliedschaft im europäischen Netzwerk EEJ-NET der
Schlichtungsstellen wird angestrebt.
In Kooperation mit Forschungseinrichtungen soll der Bedarf an
außergerichtlicher Streitschlichtung ermittelt und bewertet werden.
VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. – Projektbericht ombudsmann.de Seite 28
Außerdem wird angestrebt, durch eine rechtswissenschaftliche Evaluierung
des Projektes Hinweise auf Verbesserungsmöglichkeiten des
Informationsangebotes und der Schlichtungstätigkeit zu erhalten.
14. Spendenaufruf
ombudsmann.de soll weiter ausgebaut werden und langfristig von
staatlichen Projektgeldern unabhängig sein. Dafür ist die VERBRAUCHER
INITIATIVE e.V. auch auf Ihre Unterstützung angewiesen.
Bank für Sozialwirtschaft
Konto Nr.: 81 33-503
BLZ.: 370 205 00
Spenden an die als gemeinnützig anerkannte VERBRAUCHER INITIATIVE
e.V. sind steuerlich absetzbar. Wir danken Ihnen für Ihre Unterstützung.
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