bericht thema bürgermeisterplattform
Post on 27-Mar-2016
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Ein Bund fürsGemeinde-leben?
In den Gemeindestuben brodelt es. Denn an allenEcken und Enden fehlt celd. Immer mehr Bürgermeis-ter geben auch dem Gemeindebund die Schuld fühlensich schlecht vertreten. In Oberösterreich haben einige von ihnen sogar die Mitgliedsbeiträge eingefroren.Von Manui Eibensteine!
rh ern hisrorisch betrachtet, war
lf oberosterreich noch nie Ausgangs-
l\punLt einer Revolution selbst im
Iahr ü48 wurde das Land von den Um-
brüchen mehr oder weniger überrascht.Umso erstauniicher sind da die Dinge, diesich seit ein paar Monaten im Land ob
der Enns abspielen. Da haben sich zehn
Bürgeimeister von SPÖ und öVP zu einergemeinsamen Piattform zusammenge'schlossen und schießen mit harten Wor'ten gegen das Landes.System.
Auch den Gemeindebund haben die,,Re-bellen" ins visier genommen - und das
hat zu Diskussionen unter Btirgermeis-
tern in ganz Österreich geführtt Wie lautdarf man seine eigene Interessenveltre-tung kritisieren? Macht es wirklich Sinn,
beim Gemeindebund auszutreten?
Mutige vor
Der erst vor kurzem aus Altersgründenzürückgetretene Bürgermeister vonSteyregg (OÖ) hat dies€ Fragen klar fürsich beantwortet. josef Buchnet einerder Gründerväter der Bürgermeister-plattform und politisch am ehesten den
Grilnen zuzuordneni,,Der Gemeinde.bund wäre die Interessenvertretung derGemeinden. Er nimmt diese Funktionaber nicht waht weil er politisch keine
Freiräume hat. Bei
uns im Land istder Präsident des
Gemeindebündes inWahrheit ein armerBefehlsempfänger.
Aber als Interessenver-
treter solite man eigentlichMut haben und Mut zeigen.
Da muss man auch gegenüber ei-
nem Landeshauptmann und Parteif reundstandhaft bleiben."Buchner weiter:,,Ich halte es außerdemfür unvereinbat dass man als Repräsen-
tant der Gemeinden im Landtag sitzt undGesetze mitbeschließt, die den cemein-den nicht guttun." Die harten worte sindgegen den oberösterreichischen cemeln.debundpräsidenten und Landtagsabge-
ordneten Hans Hingsamer (övP) ge!ich-
tet. Der wurde von Buchner schon öfterverbal abgewatscht und versucht zu er-
klären: ,,Diese Doppelfulktion hat Vor-
und Nachteile. Ein klarer Vorteil ist, dass
man Sachen viel früher mitbekommt undnoch eingreifen kann. Der Nachteil istnatürlich der Clubzwang-"
Scharfe Munition
Auch in anderen Landesorganisationen
des Gemeindebundes ist die Doppelfunk-
scheinbar völlignoimal. So gibt es diese
Verflechtungel im Burgenland, in Nie-
derösterreich, in der Steiermark und mitdem Natronalratsabgeordneten Maximi-lian Li[dDer auch in (ärnten. HelmutMödlhammer, Chef des ÖsteIIeichischencemeindebundes: ,,Dazu gebe ich keine
Stellung[ahme ab. Das muss jeder fürsich selbst entscheiden. Ich bin als Land-
tagsabgeordneter sof ort zurückgetreten,als ich Präsident wurde."
Auch llans Hingsamer könnte sich einenRücktritt aus dem Latdtag vorstellen:,,Ich hätte kein Problem damit. Ich habe
aber meine Gremien im Gemeindebundgefragt - und die haben gemeint, dass
ich weiter bleiben soll." Und HiDgsamer
schießt gegen die Bürgermeister-Rebellen
scharf zurückr ,,Das sind Showmaster. Uo-
ter ihnen ist mit losef Eidenberger auch
ein langiähdger Landtagsabgeordneter."
o5l!r pu blic - das österleich i5(he tem€indemagarin
r
Altbü rg€rmeister losef auchner schleßt
Eegen ob€röst€rrel(hls(hen G€meindebund.pä5identen:,,als lnter€ssenv€rtreter solltefiän €igentlich Müthab€n ünd t$üt:€lgen."
Angesprochen auf die eingeftorenenMitgliedsbeiträge der,,Revoluzzer"
wirkt Hingsamer noch ein wenig sau-
r€!:,,Wir werden bis lahresende warten,dann werdeD wir das Geld einklagen. Der
Gemeindebund meint übrigens, dass wirviel zu human mit den Rebellen umge.
helI, und dass wir uns von dieser Partie'nix gefallen lassen sollen."
Offiziell klingt das beim österreichischen
Gemeindebund natürlich anders. Da wirdvon einem rein oberösterreichischen Pro-
blem gesprochen. Allerdings mehreI sichpraktisch im ganzen Land die Bürger.meister'Stimmen, die mit der Arbeit des
Gemeindebundes nicht mehr besonders
zufrieden sind. zum Beispiel wird heftigdarüber geschimpft dass die Länder im-
mer offener ihre Macht gegenüber den
cemeinden zeigen - und der Gemeinde.
bund nichts dagegen unternimmt. vorallem viele steirische Btirgermeister siItdim Hinblick auf Gemeindezusammenle.
gungen und Schulschließungen auf ihleVertreter nicht sond€rlich gut zu spre-
chen. Das gibt auch Gemeindebund-P!ä-
sident Helmut Modlhammer zu:,,Die Stei-
ermark ist zurzeit ein heißes Pflaster."
Wahnsinn mit Methode
In die zeitung will aber keiner der Bür.
germeister. sie befürchterl nicht Dur
Nachteile für ihre cemeinden, sondern
auch für sich selbst. Einer der Bürger-
meister, der nicht genannt werden will:,,Ich habe viele Freunde in de! Partei, diemöchte ich aüf keinen Fall enttäuschen.
Außerdem glaube ict! dass man mit ver'handlungen viel mehr erreicht."
Dlese Gedanken hatte Martin Raab Bür-germeister der oberösterreichischen ce-meinde Hofkirchen im Mühlkreis, aucheinmal- Bis er sich ganz offen zur"rebelli'schen Bürge!meisterplattform" bekannthal Was dann passierte, hat ihn selbstein wenig überrascht. Seine schwarze
Parteibasis im ort hat sich voll und ganz
hinter ihn gestellt. Richtigen Arger Bab es
praktisch nicht, nu! wirtschaftsministerReinhold Mitterlehner schrieb ihm in sei.
ner Funktion als Bezirksparteiobmannein mehr oder weniger böses E-Mail.
Raab: ,,Dabei habe ich eigentlich mit einem Parteiausschluss gerechnet. Aber
ich konnte einfach nicht mehr anders.
Ich für meillen Teil hab' einfach genuggehabt. Viele Gemeinden stehen kurz
Bürgermeister Günter Entertsberger wlll in d€nStädt€bund wechs€ln.
vor dem zusammenbruch, uIId niemand
traut sich, etwas zu sage[."Urd: ,,Überhaupt ist das ganze System
nicht mehr in ordnung. Da wird das Geld
hin- und hergeschobeIL aber bei den
Menschen kommt nichts an. Das ist aber
genau dort, wo wir Bürgermelster arbei.
te[. Nur fü! die Banken hat man sofortetwas gehabt."
Auch Rebellen-Kollege Günter Eng€lts-
berger (sPÖ) aus der MarktgemeindeN€uhofen an der l(relns lässt seinen
Frust raus: ,,Wir sind seit )ahren Bittstel-ler beim Land und müssen angekrochen
kommen, damit wir ein paar Nätsch vonunserem celd bekommen. Und das bei
Leuten, die sich noch nie einer direkten
wahl stellen mussten. Das ist doch Wahn.
sinn!" Auch Ellgeltsberger ist von seiner
Partei nicht ausgeschlosse! worden. Er
berichtet aber von subtileren Vorgehens.
weiserl. so tauchte unlängst bei einerGemeinderatssitzung ein Dringlichkeits.antrag aller Parteien auf, dier den Bür-
germeister zwingen sollte, die Gemeinde
nicht mehr bei der Bürgermeisterylatt-form zu vertreten. Der Bürgermeisteri
,,Meine Leute irl der Partei haben davon
aber nichts gewusst. Das war ein vorge.
fertigtes schreiben - es ist zum Glück
aber nicht angenommen woiden."
Schwarze Pädagogik
Einet der bei der Bürgermeist€rplattformnicht mehi mitmacht, ist Erich wahlaus der Gemeinde St. Georgen an der
r
I
publlc - dar örterreirh ls(he gemeindemag.zin o5/rr
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Zwischen Bürtermeistern und Gem€lndebund wurde einige5 Ponellen zeßchlegen
- und ni(htnü.in Ob€rö5t€rr€lch.
,,Viete G emeinden stehenkurz vor dem Zusammen-bruch, und. niemand trautsich, etwas zu sagen."Bür ge me iste r Martin Ro,ob,
HoJ kir che n im Mühli<reis
Gusen. Er wird von Gemeindebund undLandesvertretern gerne genannt, um dieAuflösung der,,aufstandischen" cruppeherbeizureden. h pubiic-Gesprech klingtder Bürgermeister aber genau so auf-müpfig wie seine (ehemaligen) Kollegerl;
,,Ich glaube, dass die sehr prekäre finan-zielle Lage der cemeinden absichtlichherbeigeführt wurde, um die Gemein-
deautonomie zu untergraben. So wirddie Demok.atie langsam ausgehöhlt. Wirsind schon so weit, dass man beim Landum neue Reifen für den Gemeindetraktorzum Schneeräumen ansuchen muss -und nur zwei genehmigt bekommt. Ganz
nach dem Motto: Wer nicht brav ist, be-
kommt auch nichts."Erich Wahl zu seinem Rückzug von derPlattform: ,,lnhaltlich bin ich immer
noch voll ul1d ganz dabei. Es hat nur einen Aufruf zum Rücktritt der gesamteD
Landesregierung gegeben. Und das wollteich einfach nicht mehr mittragen."
Scheidung und neuer Partner?
Einen Austritt aus dem Gemeindebund
kann sich auch Wahl noch immer vorstel-len. Und das scheint formal auch rechteinfach zu sein. Denn der Gemeindebund
ist ein Vereir! Pflichtmitgliedschaft gibtes keine. OÖ-Präsident Hans Hingsamer:
,,Die meisten cemeinden sind in den
5oer- beziehungsweise 6oerJahren durchcemeinderatsbeschluss beigetreten, man
kann also auch mittels Gemeinderatsbe-schluss wieder austreten."Doch genau damit tun sich die Rebellenschwer. Denrr dafür einen cemeinderatsbeschluss zu bekommen, ist realpolitischkaum möglich. Deswegen gibt es aucheinen neuen Plan. Bürgermeister GünterEngertsberger ,,Wir werden einfach ver-
suchen, in den Städteburld zu wechseln."Rein finanziell zahlt sich ein Austritt aus
dem Gemeindebund übrigens kaum aus.
Denn eine Gemeinde mit 2.ooo Einwoh-nern zahlt zirka 2.ooo Euro Mitgliedsbeiträg. Ddfur bekommt sie aber auch eini.ges an Service geboten. Denn wenn nötigstehen zum Beispiel hochkompetente )u-risten zurVerfügung. Das wird selbstvonden Bürgermeister-Rebellen anerkannt.
Unzufriedenheit im Vormarsch
weiterkämpfen wollen diese aber auf
ieden Fall. schon allein deshalb, weil d€r
o5lr2 public-dasösterreichi5che gemelndemägazin
Hans H ingsam er, G em eindebun dchef in
Oberösteßeich, meint auf die 8ürgermeister.
Rebellen angesproche n: ,,... das5 wir unsvon
,dieser Partie' nix gefallen las5en 5oll€n."
Landesrechnungshof de facto alle Kern'aussagen der Bürgermeisterplattformin einer Untersuchung bestätigt hat.
Der pensionierte Bürgermeister losefBuchner: ,,Die Zahlen zeigen, dass die ce-
meinden ausbluten. Wir werden uns jetztjeden Monat zu Wort melden und schau
en, was sich bis zum lahr 2015 ändert.
Sollte nichts passieren, garantiere ichdafür, dass es eine Kandidatur von Unzu'friedenen zur Landtagswahl geben wird.Denn wenn einige den Landtag nur als
Spielwiese für ihre Machtpolitik sehen,
woll€n wir denen gehörlg in die Suppe
spucken."
Buchner sollte man übrigens ernst neh-
men. Er hat in seinem Leben schon so
manch€ Schlacht geschlagen. Von 1983
bis rg94 wa! er Parteichef der Veaeinten
Grünen Österreichs, saß sogar vier lahrelang im Nationalrat. Mit seiner,,Steyreg-ger Bürgerinitiative für Umweltschutz"eroberte er anschließend seine Heimat-
stadt und blleb iahrelang Bürgermeister.
Buchner: ,,ln meinem Herzen bin ich im-
mer noch Bürgerinitiativler."Das bekam übrigens auch einmal ein Lan-
desrat zu spüren, der Steyregg besuchte.
Bürge!meister Buchner empfing ihn mitden Worten: ,,lch bin ein kleiner Geldver'
teiler, Sie ein großer. Aber wir verteilennur Steuergelder. Und ich mache vor Ih-
nen sicher kein Buckerl." Der Landesratkam nie wieder r
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