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Catherine Bouchon
Infografiken. Einsatz, Gestaltungsqualitätund Informationsvermittlung
Diplomarbeit
Medien
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Impressum:
Copyright © 2006 GRIN Verlag, Open Publishing GmbHISBN: 9783638577700
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Catherine Bouchon
Infografiken. Einsatz, Gestaltungsqualität und Informa-tionsvermittlung
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Einsatz, Gestaltungsqualität und Informationsvermittlung von Infografiken
untersucht an den General-Interest-Magazinen „Focus“, „Stern“ und „Spiegel“
Diplomarbeit von Catherine Bouchon
Studiengang: Technik-Journalismus an der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg
Einsatz, Gestaltungsqualität und Informationsvermittlung von Infografiken
untersucht an den General-Interest-Magazinen „Focus“, „Stern“ und „Spiegel“
Diplomarbeit von Catherine Bouchon
SS 2006
Studiengang: Technik-Journalismus an der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg
Bildquellen der Titelseite: (von links nach rechts)
Kartografische Infografik, SPIEGEL 13/06, S. 76
Funktionsinfografik, STERN 07/06, S. 12
Statistische Infografik, FOCUS 05/06, S. 157
2.
1.
3.
4.
5.
6.
7.
Inhaltsübersicht
1. Einleitung 9
2. Einführung des Untersuchungsgegenstandes 11
3. Die Infografik als journalistische Darstellungsform in der Praxis 33
4. Einordnung in den Forschungskontext 67
5. Untersuchung von Einsatz und Gestaltungsqualität 75
6. Rezipienten-Studie zu Informationsvermittlung, Einsatz und Gestaltung von Infografiken 105
7. Schlussbetrachtungen 135
Literatur- und Quellenverzeichnis 137
Abbildungsverzeichnis 147
Anhangverzeichnis 149 Anhang 150
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung 9
2. Einführung des Untersuchungsgegenstandes 11
2.1 Der Begriff Infografik – Definition und Eingrenzung 11
2.2 Systematik der Vielfalt – Kategorien der Infografik 15
2.2.1 Statistische Infografiken 20
2.2.2 Kartografische Infografiken 27
2.2.3 Funktionsinfografiken 30
3. Die Infografik als journalistische Darstellungsform in der Praxis 33
3.1 Informationsvermittlung durch Infografiken 33
3.2 Ansprüche an Umsetzung und Gestaltung von Infografiken 39
3.2.1 Leitsätze der Wahrnehmungs- und Gestaltpsychologie 42
3.2.2 Journalistische Kriterien 46
3.2.3 Statistische Ansprüche 53
3.2.4 Kartografische Konventionen 61
4. Einordnung in den Forschungskontext 67
5. Untersuchung von Einsatz und Gestaltungsqualität 75
5.1 Vorstellung der untersuchten Medien 77
5.2 Forschungsfragen und Operationalisierung 83
5.3 Darstellung der Ergebnisse und Interpretation 89
5.3.1 Einsatz von Infografiken 89
5.3.2 Gestaltungsqualität von Infografiken 96
6. Rezipienten-Studie zu Informationsvermittlung, Einsatz und Gestaltung von Infografiken 105
6.1 Begründung der Forschungsmethode 105
6.2 Forschungsfragen und Operationalisierung 109
6.3 Darstellung der Ergebnisse und Interpretation 113
6.3.1 Informationsvermittlung 116
6.3.2 Bewertung des Einsatzes 125
6.3.3 Bewertung der Gestaltung 132
7. Schlussbetrachtungen 135
Literatur- und Quellenverzeichnis 137
Inhaltsverzeichnis
8
Abbildungsverzeichnis 147
Anhangverzeichnis 149 Anhang 150
1.
1. Einleitung
Seit über 200 Jahren sind Darstellungen, die heute als Infografiken bezeichnet wer-
den, ein Stilmittel visueller Kommunikation, um komplexe Sachverhalte leicht
verständlich darzustellen. Stellenwert und Bekanntheitsgrad von Infografiken sind
aber besonders in den letzten Jahren in den Printmedien stark gewachsen. Mit dem
verstärkten Einsatz von Computern für die Erstellung von Grafiken wuchs die Anzahl
der Infografiken in den deutschen Medien. Als 1986 weder beim Challanger-Unglück
noch bei der Reaktor-Katastrophe in Tschernobyl geeignetes Fotomaterial vorlag,
offenbarte sich die Bedeutung von Infografiken. Seit Markteinführung des „Focus“
1993 finden sich in immer mehr Zeitschriften und Zeitungen zahlreiche Infografiken.
Besonders für technische und naturwissenschaftliche Berichte spielen Infografiken
eine wichtige Rolle als Gestaltungs- und Erläuterungselemente. Auch im Wirtschafts-
teil der Printmedien wird heute selten auf Infografiken verzichtet.
Dennoch gibt es über Infografiken wenig Literatur, auch von der deutschen For-
schung blieben Infografiken bisher fast unbeachtet. Eine umfangreiche Literatur-
recherche ergab zunächst mehrere wissenschaftlich- oder praxisorientierte Texte
und Bücher in englischer Sprache. In Deutschland wurden bislang drei praxisnahe
Werke zu Infografiken veröffentlicht (JANSEN/SCHARFE, LIEBIG, SPRISSLER). Sie
stammen aus dem Jahr 1999. Jüngere Veröffentlichungen wurden für den deutschen
Raum nicht gefunden. Die Recherche ergab eine umfassende wissenschaftliche
Forschungsarbeit zu Infografiken. Diese verfasste Knieper im Jahr 1995. Inhalt ist
eine Befragung von Zeitungsredaktionen und -lesern aus dem Münchner Raum zum
Einsatz von Infografiken. Bei einer tiefer gehenden Recherche wurden noch zwei
studentische Abschluss-Arbeiten über Infografiken aus den Jahren 2001 und 2004
gefunden.
Deshalb soll diese Diplomarbeit einen Beitrag leisten, diese Forschungslücke mit
aktuellen Erkenntnissen zu schließen.
Nach der Erarbeitung einer Definition und Systematik für das Feld der Infografik und
einem Überblick über die Entstehung der Infografik werden die Vorgänge der Infor-
mationsvermittlung durch Infografiken beschrieben. Abgeschlossen wird der Theorie-
teil der Arbeit mit einer Übersicht über die Ansprüche, die an die Gestaltungsqualität
von Infografiken gestellt werden. Auf der Basis des deskriptiven Teils werden im
empirischen Teil der Arbeit zwei eigene Studien durchgeführt. Eine Inhaltsanalyse
1. Einleitung
10
untersucht den Einsatz und die Qualität von Infografiken in den General-Interest-
Magazinen „Focus“, „Spiegel“ und „Stern“. Mit einer Rezipientenbefragung mittels
Online-Fragebogen wird im zweiten Teil die Informationsvermittlung von Infografiken
untersucht. Weiterhin ermittelt diese Studie, wie die Leser den Einsatz und die
Gestaltung von Infografiken in den drei untersuchten Printmedien beurteilen.
Eine eingehende Analyse des bisherigen Forschungsstandes zeigt, dass die Studien
dieser Arbeit neue Ergebnisse im Bezug auf Einsatz, Gestaltungsqualität und Infor-
mationsvermittlung von Infografiken liefern werden. Diese Daten können eine sinn-
volle Grundlage für weiterführende Untersuchungen bilden. Insgesamt soll dazu bei-
getragen werden, dem Stellenwert der Infografik in deutschen General-Interest-
Magazinen auch in der Forschung nachzukommen. Denn in einer von immer mehr
technischen Entwicklungen geprägten Welt steigen die Anforderungen an geeignete
Elemente für eine gut verständliche Berichterstattung.
2.
2. Einführung des Untersuchungsgegenstandes
2.1 Der Begriff Infografik – Definition und Eingrenzung
In diesem Kapitel erfolgt eine Definition und Eingrenzung des Gegenstandes der
folgenden Untersuchungen. Dies geschieht zunächst auf einer theoretischen Ebene.
Durch die Darstellung mehrerer umschreibender Definitionen soll der Begriff
begrenzt und möglichst konkretisiert werden. Dabei stellt sich heraus, dass die ver-
schiedenen Definitionen Differenzen und unterschiedliche Definitionsgrenzen auf-
weisen. Am Ende des Kapitels wird deshalb eine eigene Begriffsbestimmung erfol-
gen.
Der Begriff der Infografik entstand während der 80er Jahre aus einer Verschmelzung
der beiden Worte Information und Grafik. Diesen Ursprung des Wortes stellen die
meisten Verfasser ihrer Definition für Infografik voran.1 Doch schon die vielen Varian-
ten und Schreibweisen des Wortes, von Info-Grafik oder Infographik über Zeitungs-
grafik, Nachrichtengrafik, Mediengrafik und Informationsgrafik oder einfach nur
Grafik, Graphik oder Schaubild, lassen die Schwierigkeit einer einheitlichen Begriffs-
eingrenzung ahnen.
Eine allgemein gehaltene Darstellung, die den Begriff bereits grob umschreibt, liefert
Birken. Sie eignet sich als sinnvoller Einstieg in die Definitionsdebatte.
„Die Grafik wird heute geradezu als der dritte Weg der Informationsver-
mittlung neben Text und Foto gepriesen. Dabei steht die Grafik als Dar-
stellungsform zwischen beiden, weil sie sowohl Bild- als auch Text-
elemente enthält. Sie ist erklärend und illustrativ zugleich.“ (BIRKEN:
Pressegrafiken als journalistisches Darstellungsmittel, 1998, S. 293)
Diese Definition ordnet die Infografik als journalistische Darstellungsform ein, eine
erste wichtige Eingrenzung des Begriffs ist somit vollzogen. Im weiteren Verlauf der
Definition stellt sich aber die Frage, was der Autor unter dem Begriff Bild versteht.
Meint er damit in einem engeren Rahmen nur Foto und Gemälde, so zählen statis-
tische Infografiken wie Balkendiagramme nach dieser Definition nicht zu den
1 Vgl. u.a. KNIEPER: Infographiken, 1995, S. 3;
ebenso JANSEN/SCHARFE: Handbuch der Infografik, 1999, S. 10
2. Einführung des Untersuchungsgegenstandes
12
Infografiken. Wird Bild aber allgemeiner als zeichnerisches Element verstanden,
könnten auch optisch gestaltete Tabellen und Listen zu den Infografiken zählen.
Folgende Definition scheint besser geeignet, da sie einige konkrete Anwendungs-
beispiele für Infografiken aufzählt und dadurch weniger Interpretationsspielraum
lässt:
„Die klassisch journalistische, nachrichtliche Variante der Pressegrafik ist
die Infografik. Sie ist damit das grafische Äquivalent zu Nachrichtentext
und Pressefoto. Sie formuliert journalistisch relevante, nachrichtliche
Sachverhalte als grafisches Argument. Das polizeiliche Phantombild geht
also genauso als Infografik durch wie die schlichteste Bundesliga-Tabelle,
das Balkendiagramm mit der Sonntagsfrage zählt nicht weniger dazu als
die Bio-Wetterkarte, das Firmen-Organigramm gehört in diese Kategorie
ebenso wie die Querschnittszeichnung des Castor-Behälters, die vogel-
perspektivische Aufsicht auf den Nürburgring, die Zehn-Punkte-
Maßnahmenliste des kommunalen Dezernats oder die Architekturskizze
des geplanten Einkaufstempels.“ (LIEBIG: Die Infografik, 1999, S. 29)
Doch nach dieser ausführlichen Definition bleibt ungeklärt, wie sich die Infografik
denn nun genau von der anfangs genannten Pressegrafik unterscheidet. Da das
Phantombild als Beispiel für eine Infografik aufgeführt wird, könnte auch jede andere
Zeichnung, die ein Pressefoto ersetzt, als Infografik zählen. Damit widerspricht diese
Definition der erstgenannten, weil Phantombilder und andere Zeichnungen nicht
gezwungenermaßen textliche Elemente enthalten.
Doch auch die nächste Definition weißt auf eben diese Verschmelzung von Text und
Grafik hin:
„Eine Informationsgrafik gibt eine journalistische Nachricht als Kombina-
tion von Text und grafischer Darstellung wieder. Sie verbindet affektives
und kognitives Aufnehmen der Informationen, sie verbindet Bild- und
Textrezeption, sie verbindet Sehen und Lesen.“ (BLUM/BUCHER: Die
Zeitung: Ein Multimedium, 1998, S.57)
Diese Erklärung ersetzt im Gegensatz zu Birken den Begriff Bild konkreter durch
grafische Darstellung. Zusätzlich gibt sie auch erste Hinweise auf die Vorteile der
Informationsvermittlung von Infografiken und den Wahrnehmungsprozess seitens
der Rezipienten.
2.1 Der Begriff Infografik – Definition und Eingrenzung
13
Originell, aber eher verwirrend ist die Begriffsumschreibung von Dagson. Er ver-
sucht, durch das Ausschlussverfahren eine Eingrenzung des Gegenstandes zu er-
reichen.
„Um zu umreißen, was Infografiken eigentlich sind, lege ich zunächst fest,
was sie nicht sind. Es sind keine Illustrationen und auch keine Kunst-
werke. Es sind auch nicht bloß computergesteuerte Zeichnungen und
schon gar nicht Notlösungen, wenn mal kein Foto zur Hand ist. Ganz im
Gegenteil: Infografiken sind eine Bildersprache des Journalismus, eine
Präsentation von Fakten, die sich auf Bilder stützt. Die Kunst besteht
darin, dem Zeitungsleser Fakten vorzuführen, anstatt sie ihn lesen zu las-
sen.“ (DAGSON: Wie sagt man’s mit Bildern?, 1992, S. 53)
Noch weniger Aussagekraft weisen die Definitionen der meisten Fachlexika auf. So
zum Beispiel die folgende:
„Die eigentlichen Infografiken erklären meist das Wie: Wie funktioniert ein
Teilchenbeschleuniger, wie entsteht der Treibhauseffekt? Diese Grafiken
sind geeignet, um komplexe Abläufe und Vorgänge zu erläutern.“
(ALEXANDER: Pressegrafiken, 2004, S. 349)
Denn diese Beschreibung beschränkt sich lediglich auf eine spezielle Art der
Infografik. Zudem lässt das Wort „eigentlich“ ahnen, dass es noch andere Arten von
Infografiken gibt, über die an dieser Stelle aber nicht informiert wird.
In anderen Lexika wie beispielsweise dem „Horizont Medien-Lexikon“ oder gängigen
Standardwerken wie dem „Brockhaus“ oder dem „Bertelsmann-Lexikon“ finden sich
keine Einträge zu dem entsprechenden Stichwort.
So ist es verständlich, dass auch unter Journalisten weit gehend Uneinigkeit
herrscht, welche Darstellungen als Infografik zu bezeichnen sind und welche nicht.
Wie sich gezeigt hat, kommt diese beispielhafte Aufzählung von Definitionen einer
genaueren Bestimmung des Gegenstandes nicht näher. Dies ist nicht auf Inkompe-
tenz der zitierten Autoren zurückzuführen, sondern ergibt sich vielmehr aus dem
bisher unklar umrissenen und sich noch entwickelnden Gegenstandsfeld. Im Fol-
genden wird nun eine eigene Begriffsdefinition angestrebt. Diese soll die bestehen-
den Definitionen nicht ersetzen und kann sie bestenfalls ergänzen. Denn es gibt
keine festgesetzten Normen für den Begriff Infografik. Eine Begriffseingrenzung ist
aber als Leitlinie für die weiteren Ausführungen und Untersuchungen dieser Arbeit
2. Einführung des Untersuchungsgegenstandes
14
unerlässlich. Zunächst ist es sinnvoll, näher auf die Begriffskonstellation Infografik
gleich Information plus Grafik einzugehen. Diese Wortkombination schließt aus, dass
es sich bei Infografiken um Grafiken handelt, die in erster Linie künstlerischen oder
dekorativen Zwecken dienen. Denn die Bedeutung des Wortes Information (lat.
informatio = Bildung, Belehrung) legt fest, dass Infografiken Neuigkeiten, nachrichtli-
che Aussagen vermitteln.2 Unter dem Begriff Grafik ist wörtlich „in Stein gemeißelt“
zu verstehen. Denn das Wort Grafik hat seinen Ursprung im Verb gráphein (griech. =
in Stein ritzen, schreiben).3 Zu den traditionellen Grafiken zählen Radierungen und
Kupferstiche. Durch den Einsatz von Computern und modernen Druckern ist es
heute möglich, Grafiken in hoher Stückzahl zu produzieren. Neben dem traditionel-
len künstlerischen Zweck hat sich deshalb besonders ein Gebrauchszweck der Gra-
fik etabliert. Gerade im Medienbereich dienen Grafiken häufig nicht primär dem
unterhaltenden oder künstlerischen Nutzen, sondern vermitteln Informationen.4
Eine Infografik unterscheidet sich von anderen in den Medien eingesetzten Grafiken
wie Karikaturen, Cartoons oder Gerichtszeichnungen dadurch, dass sie Beziehun-
gen oder Funktionen darstellt. Dafür benötigt eine Grafik zusätzlich typografische
Elemente wie Buchstaben, Ziffern oder Pfeile, um zu einer Infografik zu werden.
Die Definition, die der weiteren Arbeit zugrunde liegen wird, lautet daraus folgend:
Eine Infografik ist eine Verschmelzung aus grafischen und typografischen
Elementen. Zu den grafischen Elementen zählen Fotos, Zeichnungen und
Piktogramme. Die typografischen Elemente umfassen in erster Linie Buch-
staben, Ziffern und mathematische Zeichen. Die Aufgabe der grafischen Be-
standteile einer Infografik ist, die Aufmerksamkeit des Betrachters zu wecken
und schnell erfassbar visuelle Informationen zu vermitteln. Durch typografi-
sche Elemente werden Zusammenhänge, Funktionen und zeitliche Abläufe
verdeutlicht. Nur durch diese Kombination vermitteln Infografiken
eigenständige Informationen.
Im folgenden Teil dieses Kapitels wird anhand dieser Definition eine Systematik des
Untersuchungsgegenstandes getroffen. 2 Vgl. HALLER: Recherchieren, 2000, S. 213;
ebenso BERTELSMANN Lexikon-Verlag (Hrsg.): Das neue Taschenlexikon Band 7, 1992,
S. 43 3 Vgl. LIEBIG: Die Infografik, 1999, S. 19 4 Vgl. LIEBIG: Die Infografik, 1999, S. 21
2.2 Systematik der Vielfalt – Kategorien der Infografik
Ähnlich schwierig, wie eine einheitliche Definition für den Untersuchungsgegenstand
zu finden, gestaltet es sich, in der Fachliteratur zwei Ansätze einer Systematik des
Begriffes zu entdecken, die sich auf die gleiche Basis beziehen. Diese Beliebigkeit
ist damit zu erklären, dass Infografiken zumindest in Deutschland noch kaum Thema
wissenschaftlicher Arbeiten waren. Denn es ist für wissenschaftliche Untersuchun-
gen in der Regel notwendig, eine genaue Zuordnung vorzunehmen. Für das junge
Forschungsfeld der Infografik ist es aber noch zu früh, dass sich ein maßgebender
Standard etablieren konnte.
Wie auf dem Weg zu einer eigenen Definition wird nun zunächst ein Überblick über
bestehende Typologien gezeigt und anschließend eine eigene Kategorisierung vor-
genommen, die Grundlage der weiteren Untersuchungen sein wird.
Liebig wählt eine Systematik, die sich an der Darstellungstechnik der Infografik
orientiert. So unterscheidet er zwischen Textgrafik, Ikonischer Grafik und Fotografik:
„…die entscheidende Frage dabei ist, welche der grafischen Elemente
Träger der eigentlichen Kernaussage sind: zeichnerische, textliche oder
fotografische.“ (LIEBIG: Die Infografik, 1999, S. 24)
Zunächst erscheint diese Einteilung nachvollziehbar, aber die Zuordnung von Texten
zu grafischen Elementen in der zitierten Systematik widerspricht der klassischen
Unterscheidung zwischen Typografie und Grafik. Zu Textgrafiken zählt Liebig Fluss-
diagramme, Listen und Tabellen.5 Ikonische Grafiken stellen für ihn Grafiken dar,
deren Aussagen vornehmlich mithilfe hand- oder computererstellter Zeichnungen
formuliert werden. So zählen nach Liebigs Auffassung statistische Diagramme,
Gerichtszeichnungen, Cartoons und politische Karikaturen zu dieser Kategorie.6
Unter einer Fotografik versteht Liebig fotografische Abbildungen, in die nachträglich
zeichnerische und/oder typografische Elemente integriert sind.7 Diese Einteilung
orientiert sich am Produktionsprozess der Infografik. Um die Arbeitsabläufe von
5 Vgl. LIEBIG: Die Infografik, 1999, S. 26 6 Vgl. LIEBIG: Die Infografik, 1999, S. 26 7 Vgl. LIEBIG: Die Infografik, 1999, S. 26
2. Einführung des Untersuchungsgegenstandes
16
Grafikern zu erforschen oder die Entwicklung einer Infografik in der Redaktion zu
untersuchen, kann diese Herangehensweise sinnvoll sein.
In den Untersuchungen, die der vorliegenden Arbeit zugrunde liegen, geht es aber
um die Betrachtung und Beurteilung von Inhalten in Printmagazinen. Deshalb ist
eine Einteilung nach der journalistischen Funktion der Infografik zweckmäßiger, wie
sie in der Literatur auch am häufigsten anzutreffen ist. So findet sich beispielsweise
bei Jansen/Scharfe die Unterscheidung zwischen Prinzipdarstellung, kartografische
Infografik und Bildstatistik.8 Blum/Bucher wählen eine fast identische Einteilung mit
anderen Bezeichnungen: Erklärgrafik, Topo-Grafik und numerische Grafik.9 Eine
großzügigere Typologie findet sich in der Broschüre „Infografik“ des Auer Grafik-
dienst, einem Infografik-Anbieter aus Österreich. Dort werden neben Diagrammen,
Karten und Organigrammen auch Piktogramme, Typografiken und Schaubilder
unterschieden.10 Bei dieser Einteilung wird allerdings versäumt, eine Definition oder
ein Beispiel für eine Typografik zu nennen. Dabei könnte es sich um Tabellen han-
deln, diese werden aber den Organigrammen zugeordnet. Auch Knieper, der bisher
als Einziger ein ausführliches wissenschaftliches Werk über Infografiken in deut-
schen Medien veröffentlicht hat, wählt den Weg einer weit gefassten Systematik. In
seinem Hauptwerk unterteilt er Infografiken in Piktogramme und piktographische
Symbole, Graphische Adaptionen, Erklärende Visualisierungen, Karten und Quanti-
tative Schaubilder.11 Wenige Jahre später wählt er eine andere Einteilung und unter-
scheidet vereinfachter nur noch Symbole, Erklärgrafiken, Medienkarten und Zahlen-
bilder und fügt die Kategorie Sonstige Infografiken und infografikverwandte Darstel-
lungen hinzu.12
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit werden der Einsatz und die Informationsvermittlung
von Infografiken in Printmedien sowie die Ansprüche an ihre Gestaltung untersucht.
Deshalb gilt es in einer eigenen Systematik, die unterschiedlichen Formen der Info-
grafik nach ihrer journalistischen Funktion zu beurteilen. Dazu zählen vorrangig Aus-
sagekraft, selbstständige Informationsvermittlung und Aufmerksamkeitslenkung. 8 Vgl. JANSEN/SCHARFE: Handbuch der Infografik, 1999, S. 18 f. 9 Vgl. BLUM/BUCHER: Die Zeitung: Ein Multimedium, 1998, S. 56 10 Vgl. DER AUER GRAFIKDIENST (Hrsg.): Infografik, o. J., S. 2 11 Vgl. KNIEPER: Infographiken, 1995, S. 47 12 Vgl. KNIEPER: Viele Formen der Visualisierung, 1999, S. 5
2.2 Systematik der Vielfalt – Kategorien der Infografik
17
Diese Art der Betrachtung macht deutlich, dass schnell erfassbare Balkendia-
gramme kaum mit einer farbig hinterlegten Tabelle zu vergleichen sind, auch wenn
der Inhalt an Informationen identisch sein kann. Ebenso wenig erreichen grafisch
angereicherte Listen gleich starke Aufmerksamkeit wie eine Erklärgrafik, die
ähnlichen Inhalt anschaulicher vermitteln kann. Dem Großteil der oben erwähnten
Typologien folgend wird deshalb im weiteren Verlauf unterschieden zwischen statis-
tischen Infografiken, kartografischen Infografiken und Funktionsinfografiken.
Die Zuordnung der Tabellen zu den Infografiken scheint weit gehend umstritten. So
bezeichnen Küpper und Lester Tabellen als eigenständige Infografik-Gruppe.13
Liebig ordnet Tabellen und auch Listen seiner Kategorie Textgrafiken zu.14 Bei
Blum/Bucher werden Tabellen nicht explizit erwähnt. Es ist aus der dort gegebenen
Definition für Infografik abzuleiten, dass Tabellen ihrer Meinung nach keine Art von
Infografiken sind.15 Auch Jansen grenzt Tabellen von den Infografiken ab, „weil sich
eine Sinndifferenz hier nicht als optische Differenz erschließt.“16. Knieper zählt in
seinem Hauptwerk Tabellen zur Kategorie der graphischen Adaptionen. Hier unter-
scheidet er zwischen gewöhnlichen Tabellen und grafisch gestalteten Tabellen.
„Erst durch die Einheit aus textlichen und graphischen Elementen erhält
dieses Konglomerat den Charakter einer Infographik. […] Der Vorteil
einer graphischen Adaption liegt darin, Kernaussagen, die in einer
„nackten“ Listen- oder Tabellendarstellung langweilig wirken würden, […]
platzsparend, ansprechend und informativ zu präsentieren.“ (KNIEPER:
Infographiken, 1995, S. 52)
Laut Kniepers später veröffentlichten Systematik zählen jedoch alle Arten von Ta-
bellen zur Kategorie der Zahlenbilder.17 Immerhin räumt er ein, dass sich die
Bestandteile, die eine Infografik definieren, auf ein Minimum reduzieren:
13 Vgl. KÜPPER: Journalisten-Werkstatt Infografik I, 1997, S. 2;
ebenso LESTER: Visual Journalism, 2002, S. 210 14 Vgl. LIEBIG: Die Infografik, 1999, S. 40 15 Vgl. BLUM/BUCHER: Die Zeitung: Ein Multimedium, 1998, S.57 16 Vgl. JANSEN: Info light?, 1996, S. 34 17 Vgl. KNIEPER: Viele Formen der Visualisierung, 1999, S. 5
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