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Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH www.basg.gv.at

Dipl. Ing. Heidemarie Schindl Ages Medizinmarktaufsicht

Ages Gespräch

Wien, 30.11.2016

Chargenprüfung - Plasmaprodukte im Fokus

2

•Natur der Wirk- & Hilfsstoffe

•historische Vorkommnisse

•gesetzliche Anforderungen

Warum sind Plasmaprodukte Chargenprüfungspflichtig?

3

•Kleine Moleküle

• Struktur exakt charakterisiert

• Analytik -> physiko-chemisch

• robuste Herstellung

•Große Moleküle

•Komplexe Strukturen

•Analytik -> biologische Assays

•Variabilität in der Herstellung

Unterschiede Biologika und Pharmazeutika

4

•Wirkstoff = biologisches Material

•Biologisches Material = Herstellung & Gewinnung aus biologischen Ausgangsmaterialien

•Charakterisierung = Kombination von physico-chemischen & biologischen Testmethoden

Biologika – Definition

5

•Ausgangsmaterial: - human, tierisch, pflanzlich,

prokariotisch, pilzlich

Daher: Risiko der Übertragung von Infektionen

•Wirkstoff und damit auch Endprodukt: - enthalten komplexe, schwer charakterisierbare Moleküle,

inklusive variabler Herstellungsprozess

Sicherheit und Wirksamkeit

Charakteristika von Biologika

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•1901 > Diphterie Antitoxin von einem Pferd

- 13 tödliche Tetanuserkrankungen bei Empfängern

•1902 US Kongress > Gesetz zur Kontrolle von Biologika

- Inspektionen der Hersteller

- Urahnen von GMP und der „Qualified Person“

- Vorgaben zu Produktkennzeichnung

- Schaffung einer Behörde (Ur-urahn des CBER (Center for Biologics Evaluation and Research))

Historisches Die Saint Louis Tragödie

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•1955 > der erste inaktivierte Polioimpfstoff kommt in den USA auf den Markt

• Iatrogene Auslösung von (paralytischen) Poliofällen

- 260 dokumentierte Polioerkrankungen

- 140 durch Haushaltskontakte

- 40 durch Übertragung auf Dritte

- 192 schwere paralytische Verläufe

- 11 Todesfälle

Historisches Der Cutter Unfall

8

•Die FDA legte daraufhin fest, dass:

- Änderungen bei der Herstellung müssen gemeldet und von der Behörde genehmigt werden

- Prozesse müssen entsprechend validiert sein

- Validierung von Upscales

- hazard analysis critical control point (HACCP): Beschreibung und Kontrolle der kritischen Prozessschritte

Der Cutter Unfall -> Lessons Learned

9

•Von Ende 1970 bis etwa Mitte 1980 Jahre wurden v.a. durch Gerinnungsfaktorkonzentrate

- 50% der Hämophilen (v.a. Westeuropa und USA) mit dem HI- Virus infiziert

- Ursachen: Virus war nicht bekannt

- nur wenige Produkte mit Virusinaktivierungsverfahren vorhanden

- Angst vor Versorgungsengpässen Es kann nicht sein, was nicht sein darf Mentalität

Historisches Die HIV Katastrophe

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•Spenderauswahl (Ausschlusskriterien)

•Testung von Spendern und Spenden Rückverfolgbarkeit von der Spende in die Endprodukte uns vom Endprodukt zur Einzelspende

•Testung der Plasmapools auf Infektionsmarker

•spezifische Verfahren zur Inaktivierung und Elimination von infektiösen Agentien (Teil des Herstellungsprozesses)

Die HIV Katastrophe -> Lessons Learned

11

•Humanes Plasma: Einzelspender, Einzelspenden werden gepoolt (1000 bis 100.000 Spenden/Spender möglich)

•Risikofaktoren: humanpathogene Viren mit ausgeprägter virämischer Phase

- Hepatitis A, B, C, E Viren

- HIV ½ Viren

- Parvo B19 Virus

- Creutzfeld Jacob Disease (CJD) and vCJD

Ausgangsmaterial

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•Dreieck der Virussicherheit

Infektionssicherheit

Donor

auswahl

Validierung

Virusinaktivierun

g/-abreicherung

Testung von

Donor und

Donation

13

•Präzipitation: - Cohn, Oncley, Kistler, Nietschmann und modifizierte

Verfahren: Fällung mit kaltem EtOH, unterschiedlicher Ionenstärke und pH-Wert

•Chromatographische Trennung: Gel- Ionenaustausch- und Immunchromatographie zur Reinigung

•Ultra und Diafiltration

•Virusinaktivierung/ Eliminierung

Herstellung von Plasmaprodukten

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Moderner Cohn Prozess

Fresh frozen plasma (thaw at 2°C, centrifugation 2000g)

Cryoprecipitate Factor VIII, Fibrinogen, Fibronectin

Cryosupernatant (DEAE Adsorption)

DEAE Eluat Prothrombin FIX C1 Esterase Inhibitor

DEAE supernatant (8% EtOH precipitation)

8% EtOH Precipitate Fibrinogen, Factor XIII

8% EtOH Supernatant (Heparin Sepharose Elution)

Heparin Sepharose Eluat Antithrombin III

Heparin Sepharose Supernatant (EtOH 25%, pH 6,9, Temp. -5°C)

15

Moderner Cohn Prozess

Heparin Sepharose Supernatant

Supernat. II+III Precipitate II+III (EtOH 38%, pH 6,0, Temp -5°C) (Immunoglobulines)

Supernat. IV Precipitate IV (adsorption of labile proteins)

Supernatant EtOH 40%, pH 4,8, Temp -7°C

Supernatant V Precipitate ´ EtOH 10%, pH 4,5, Temp -3°C

Supernatant Precipitate

Albumin (Impurities)

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•Hitzebehandlung in wässriger Lösung (Pasteurisierung):

- 10 Stunden bei 60° C, in Abhängigkeit von der Zusammensetzung, meist Zugabe von Stabilisatoren notwendig

• Hitzebehandlung von lyophilisierten Produkten - Lyo Bedingungen, Restfeuchte, Dampf, Druck, Temperatur

(bis 100°C)

•Solvent Detergent Treatment (enveloped Viruses only)

- TNBP/Triton X- 100 oder Tween 80, (Vermeidung von Virusaggregaten)

Virusinaktivierung/ Eliminierung

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•Eliminierung (Nano)Filtrationsschritte - große Viren – Porengröße, durch Filter > Aktivierung von

Gerinnungsfaktoren, Filterintegrität

•Low pH

Inaktivierungskapazität hängt stark von Zusammensetzung und Reaktionsbedingungen ab

(pH, Dauer, Temp., Ionenstärke)

Virusinaktivierung/ Eliminierung

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gilt auch für andere Excipients humanen Ursprungs

•Human Albumin - hat ein sehr guten Sicherheitsprofil hinsichtlich

Infektionen– aber es kann nicht vollständig ausgeschlossen werden (z.B. neue Viren, vCJD)

- muss innerhalb der zugelassenen Laufzeit sein

- EP konform und Zulassung nach EU/EWR Anforderungen

•Ablaufdatum - sollte nicht vor dem Endprodukt enden (Abweichungen

müssen begründet werden)

- Rückverfolgbarkeit zu Spende und Spender bis zum Ablauf des Endproduktes (Kontrakt bei Zukauf)

Albumin als Excipient

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•Europäische Ebene: - Official Control Authority Batch Release ist optional

•Österreich: - §26 AMG schreibt behördliche Chargenfreigabe

•muss von einem behördlichen Arzneimittelkontrolllabor durchgeführt werden (OMCL=Official Medicines Control Laboratory)

Behördliche Chargenfreigabe

20

•EDQM = European Directorate for the Quality of Medicines and Healthcare (Organisation des Council of Europe):

- koordiniert das europäische Netzwerk der OMCLs

- z. Z. etwa 100 OMCLs in ~ 40 countries

- Regeln für die behördliche Chargenfreigabe gelten nur für EU/EWR Mitgliedsstaaten

•Weitere Aufgaben der EDQM: Transfusionswesen, Gewebe und Organtransplantation, Kosmetika (Ausarbeitung von Kriterien für Qualität und Sicherheit

•http://www.edqm.eu

EDQM & OMCL Network

21

Zusammenarbeit von nationalen und Europäischen Behörden

Official Medicinal Control Laboratories

European Directorate for the Qualtity of

Medicines

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OCABR - administrative Anforderungen

•European Union: Official Control Authority Batch Release Certificate (=„EU Zertifikat”)

•Gegenseitige Anerkennung des OCABR innerhalb des EU/EWR und der Schweiz

•das OMCL muss vom Zulassungsinhaber (Hersteller) von wesentlichen Änderungen informiert werden (z.B. Änderung Spezifikation, Tests, Herstellung, Standards…)

•http://www.edqm.eu/en/Human-Biologicals-OCABR-EDQM-611.html

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•OMCL muss eine Begutachtung der Chargendokumentation durchführen:

- kritische Schritte (z.B. Virusinaktivierung) und Certificate of Analysis (Ergebnisse der Endprodukttestung inkl. Spezifikationen)

•OMCL muss Proben testen (Phase 1 and 2) •Plasmapools müssen vom OMCL auf virale Marker getestet werden

•http://www.edqm.eu/en/Human-Biologicals-OCABR-EDQM-611.html

OCABR - administrative Anforderungen

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•OCABR muss innerhalb von 60 Tagen nach Erhalt eines vollständigen Antrages (Dokumentation und Proben) vom OMCL durchgeführt werden

•jedes OMCL muss ein Qualitätssicherungssystem etabliert haben, das entweder dem ISO 17025 Standard oder den MJA (Mutual Joint Audit)- Anforderungen des EDQM entspricht

•http://www.edqm.eu/en/Human-Biologicals-OCABR-EDQM-611.html

OCABR - administrative Anforderungen

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• ist eine Charge bestätigt OOS: - Rapid Information muss von der zuständigen

Kontaktperson (eine für Plasmaprodukte, eine für Impfstoffe) an alle Mitglieder des OCABR Netzwerkes weitergeleitet werden

•Paralleltestung (Proben werden vom Hersteller vor der eigenen Freigabe eingereicht)

- im Falle einer Rückziehung durch den Antragsteller muss eine Begründung erfolgen

- Meldung ans OMCL Network erfolgt

•http://www.edqm.eu/en/Human-Biologicals-OCABR-EDQM-611.html

OCABR - administrative Anforderungen

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Mutual Recognition of Batch Release within the EU/EEA

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•die Guidelines wurden/werden von Experten der nationalen OMCLs erstellt und vom Network abgenommen

- gelten für Plasmaprodukte und Impfstoffe

•Template für den Aufbau und Inhalt der Chargendokumentation

- Angaben für OMCLs zu den Phase I Tests (e.g. Aussehen, Löslichkeit, Gehalt, Identität, Molekülgrößen, Proteingehalt, Zusammensetzung, Stabilität nach Rekonstitution)

•Angaben für OMCLs zu den Phase II Test (im Anlassfall)

•http://www.edqm.eu/en/Human-Biologicals-OCABR-EDQM-611.html

OCABR produktspezifische Guidelines

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•Beispiel für Anlässe zu Phase II Testung: - wesentliche Änderungen in der Herstellung - Änderung der Herstellungsortes - Nebenwirkungen (Signal) - fehlende Konsistenz der Herstellung - Änderungen der Methoden zur Testung des Endproduktes - unerwartete Variabilität der Testergebnisse (Hersteller und

oder OMCL - kritische Inspektionsergebnisse

OCABR

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•Arzneimittel die unter Verwendung von humanem Blut oder Plasma hergestellt werden

•Lebendimpfstoffe • Impfstoffe, die für die Primärimmunisierung bzw. Impfungen im Rahmen von Gesundheitsprogrammen durchgeführt werden

•Neue immunologisch wirksame Produkte •Veterinärimpfstoffe (§16 Tierseuchengesetz)

Welche Arzneimittel sind in Österreich chargenprüfungs pflichtig?

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•Allgemeine Information zum Fertigprodukt: - Handelsname, Zulassungs- und Chargennummer

• Information zum Produkt: - Herstellungsort(e), Ausgangsmaterial Reagenzien im

Hilfsstoffe, Plasma Pools, Intermediates, Blending von Bulks, Inaktivierungsmethoden….

•Endprodukt: - Herstellungsdatum, Zusammensetzung, CoA (Test &

Spezifikationen)

•Bestätigung durch QP

Anforderungen an die Chargendokumentation

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•Virale Marker: - Plasma Pools

•Phase I Testung: - Endprodukt: entsprechend der zugehörigen

Produktmonographie (jede Charge)

•Phase II Testung: - Endprodukt: vorübergehende Maßnahme nur im Anlassfall

(Mitteilung ans OMCL Netzwerk und Hersteller) - entsprechend der relevanten EP Monographie

Was testet das OMCL?

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•Serologische Tests: - HIV Antikörper - HBs Antigen

•PCR Testung von Plasmapools: - HAV, HCV - Parvo (S/D Plasma, IgGs für die Rhesus Prophylaxis) - HEV S/D Plasma

Virale Marker am Plasma Pool

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•Phase I –Testung: - Löslichkeit und Aussehen - Potency –Gehalt - Produktspezifische Tests (aktivierte Gerinnungsfaktoren,

Stabilität nach Rekonstitution, ....)

Gerinnungskonzentrate Fibrin Kleber

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•Phase I Testung:

- Proteingehalt

- Proteinmuster (ZE, CE SDS-PAGE) - Verteilung Molekülgrößen(SEC) - Aussehen - Löslichkeit (nur bei gefriergetrockneten Produkten) - Potency (nur für spezifisch Immunglobuline) - anti-Hepatitis A Titer (nur für Immunglobuline mit der

Indikation Hepatitis A Prophylaxe, anderes Bsp. Zytomegalie)

Humanes Immunglobulin

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•Phase I Testung:

- Aussehen

- Verteilung Molekülgrößen (SEC)

- Prekallikrein Aktivator

Human Albumin

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Endproduktstestung

-150

100

350

600

850

1100

1350

1600

1850

2100

2350

2600

2850

3100

3350

3600

Released Products 2006 - 2016

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT!

Kontakt: heidemarie.schindl@ages.at

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