clostridium difficile infektion (cdi) bewährtes und...
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Clostridium difficile – Infektion (CDI)
Bewährtes und Neues
Dr. med. Johannes Krebs
L A B O R
KOBLENZ
Ursachen
– ~ 40 % direkte NW von Antibiotika
– ~ 40 % Störungen des Gallensäuren- und Kohlenhydrat-
Metabolismus im Darm
– ~ 19 % Clostridium difficile-Infektion
– ~ 1 % sonstige Infektionen
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 2
Antibiotika-assoziierte Diarrhoe (AAD)
L A B O R
KOBLENZ
• Gram-positive, anaerobe Stäbchenbakterien
– 1935 erstmalig beschrieben
• Fähigkeit zur Bildung aerotoleranter Sporen
• normale Darmflora von Mensch und Tier
– Kleinkinder (bis zu 80%) > Erwachsene (≤ 5%)
– KH-Aufnahme → Anstieg der Besiedelung auf 20-40% (meist asymptomatisch)
• ubiquitär in der Umwelt (z.B. Boden, Oberflächenwasser)
• 1977 als Erreger von AB-assoziierten Diarrhoen identifiziert
• Enterotoxin A und Zytotoxin B
→ Zytotoxische Schädigung der Intestinalzellen → Diarrhoe und Kolitis
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 3
Der Erreger
L A B O R
KOBLENZ Der Erreger
• Antibiotika-Therapie (40-60% innerhalb der folgenden 4 Wochen)
• Alter > 65 Jahre
• Hospitalisierung (innerhalb der letzten 3 Monaten)
• Unterbringung in Alten-/Pflegeheimen
– in USA bis 50% der Bewohner (asymptomatisch) kolonisiert
• gastrointestinale Grunderkrankungen / chirurg. Eingriffe am GI-Trakt
• Immunsuppression
• schwere Grunderkrankung (Diabetes/Leber/Niere/andere)
• PPI / H2-Rezeptor-Antagonisten (2-3fach erhöhtes Risiko)
• Ernährung über nasogastrale oder PEG-Sonde
• !!aber: auch amb. erworbene CDI bei jungen gesunden Pat. ohne RF!!
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 4
Risikofaktoren (RF) für eine CDI
L A B O R
KOBLENZ
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 5
Pathogenese der CDI
L A B O R
KOBLENZ
adaptiert nach Kyne L. et al. 2001
• Kontaktinfektion (nosokomial) / orale Aufnahme der Bakterien (Sporen)
• Auftreten der Erkrankung meist nach / unter antibiotischer Therapie
– Schädigung der Normalflora
• wässrig-breiiger Durchfall (süßlich-fauliger Geruch)
– blutiger Stuhl bei schwerem Verlauf
• krampfartige Bauchschmerzen (~ 22%)
• Fieber (~ 28%)
• Leukozytose (~ 50%), Hypalbuminämie
• schwere Verläufe
– pseudomembranöse Kolitis, toxisches Megakolon, Darmperforation, Sepsis
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 6
Klinik der CDI
L A B O R
KOBLENZ
Epidemiologisches Bulletin: Nr. 15, 4/2008
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 7
Epidemiologie der CDI
L A B O R
KOBLENZ
• seit 2000 weltweit deutliche Zunahme der Morbidität und Mortalität
– Auftreten neuer epidemischer Stämme mit erhöhter Virulenz
• nosokomiale Ausbrüche
Ausbruch USA / Pittsburg: 04/2001-03/2002
• schwerste Diarrhoen, Ribotyp „027“
Ausbruch Canada / Quebec: 03/2003:
• - 7000 Patienten; Letalität: 8,6 %
Ausbruch England 11/2003 – 06/2004:
• - 150 Patienten; Letalität: 8 %
Ausbruch Niederlande 2005:
• - 33 Patienten; Letalität: 6 %
weitere Berichte: Belgien 2004, Frankreich 2006
erster Fall in D im April 2007 (Trier)
Epidemiologisches Bulletin: Nr. 27, 7/2014
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 8
Epidemiologie der CDI
L A B O R
KOBLENZ
Epidemiologisches Bulletin: Nr. 15, 4/2008
• Zunahme der CDI-Inzidenz (Morbidität ↑)
– Sachsen (2008): 5-20 Fälle/100 000 Ew
– Nordamerika: bis zu 100/100 000 Ew
– bei etwa 1 von 100 antibiotisch beh. Pat.
muss mit CDI gerechnet werden
• Zunahme der Schwere der Erkrankungen (Mortalität ↑)
– 2013: 1122 Meldungen mit schwerer CDI
• 59% der Meldungen mit schwerem Verlauf
entfielen auf Todesfälle
– CDI ursächlich beteiligt oder
– nach Auffassung des Arztes zum Tode
beigetragen
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 9
Neue hypervirulente Stämme
L A B O R
KOBLENZ
• Ribotyp 027 (PCR)
– Synonyme
• NAP1 (North.American Profil 1; PFG-El´pho)
• Typ B1 (REA; Restrictions-Endonukleasen-Analyse)
• Toxintyp III (Toxinotypisierung)
• Ribotyp 078
– Hypervirulenter Stamm zoonotischen Ursprungs
• Typisch:
– erhöhte Virulenz und Letalität !!
– Resistenz gegen Fluorchinolone und Makrolide (Clarithromycin)
– Vorkommen: auch jüngere Patienten und außerhalb des KH
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 10
Neue hypervirulente Stämme
L A B O R
KOBLENZ
Ribotyp 027
Virulenzfaktoren:
1. 18bp-Deletion (Mutation) im tcdC-Gen
– tcdC – Gen ist verantwortlich für die negative Regulation / Eindämmung der Toxinproduktion
>> Genmutation: Eindämmung ist gehemmt
>> massiv gesteigerte Toxinproduktion !!!
Anstieg: um das 16- (Toxin A) bis 23-fache (Toxin B)
2. Produktion eines zusätzlichen sog. Binäres Toxins
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 11
Epidemiologie der CDI
L A B O R
KOBLENZ
Urgent threats:
• Clostridium difficile
• Carbapenem-resistant
Enterobacteriaceae (CRE)
• Drug-resistant Neisseria
gonorrhoeae
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 12
L A B O R
KOBLENZ
Kosten durch verlängerten Krankenhausaufenthalt (4-14d)
• ca. 7200 € / Fall
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 13
Clostridium difficile-Bedrohung
L A B O R
KOBLENZ
Konsequenzen für die Prävention
erhöhte Aufmerksamkeit
- frühzeitige Erkennung der Symptomatik beim Indexpatienten
rasche und konsequente Diagnostik
geeignete Hygienemaßnahmen / Antibiotic Stewardship (ABS)
Adäquate Therapie
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 14
Mikrobiologische Diagnostik
L A B O R
KOBLENZ
Indikationen (gemäß RKI) für eine CDI-Diagnostik
(1) Diarrhoe / Symptome vereinbar mit einer CDI
und
• Antibiotika-Einnahme in den letzen 2(-3) Monaten
oder
• Vorliegen von anderen klassischen RF (>65 Jahre, Immunsuppression,
schwere Grundkrankheit, GI-Grunderkrankung), unabhängig davon, ob
Pat. sich innerhalb oder außerhalb des KH befindet
(2) jede Diarrhoe > 3 Tage, ohne Nachweis anderer Erreger (mit oder ohne
vorherige AB-Therapie; auch ausserhalb des KH)
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 15
Mikrobiologische Diagnostik
L A B O R
KOBLENZ
Stufendiagnostik gemäß aktuell gültiger Leitlinien (u.a. ESCMID 2014)
(1) GDH-Enzymimmuno-Assay (-EIA)
(2) Toxin A+B-EIA
(3) evtl. Toxin-PCR
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 16
Mikrobiologische Diagnostik
L A B O R
KOBLENZ
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 17
Mikriobiologische Diagnostik: Befundkombinationen
L A B O R
KOBLENZ
GDH EIA negativ Kein Nachweis eines toxinbildenden
Clostridium difficile-Stammes
GDH EIA positiv
Toxin-EIA positiv
Nachweis eines toxinbildenden
Clostridium difficile-Stammes
GDH EIA positiv
Toxin-EIA negativ
PCR auf Toxingene positiv
Nachweis eines toxinbildenden
Clostridium difficile-Stammes
GDH EIA positiv
Toxin-EIA negativ
PCR auf Toxingene negativ
Kein Nachweis eines toxinbildenden
Clostridium difficile-Stammes
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 18
RKI-Empfehlungen zu Hygienemaßnahmen bei Pat. mit CDI (12/2008)
L A B O R
KOBLENZ
Einzelunterbringung in einem Zimmer mit eigener Nasszelle, ggf. Kohortenisolierung bei gleichem Erregertyp
- bis 48 h nach Sistieren der Diarrhoe
Schutzkittel + Einweghandschuhe
- vor engem Patientenkontakt und möglichem Kontakt mit erregerhaltigem Material anlegen und vor Verlassen d. Zimmers ablegen
Sorgfältige Händehygiene (Händewaschung/-desinfektion)
- nach direktem Patientenkontakt
- nach Kontakt mit erregerhaltigem Material oder kontaminierten Flächen
- nach Ablegen der Handschuhe vor Verlassen des Zimmers
alle Medizinprodukte sind patientenbezogen zu verwenden
tägliche Wischdesinfektion der patientennahen Flächen / Reinigung
- sporozoide Flächendesinfektionsmitteln wie z.B. Perform 1%
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 19
Hygiene
L A B O R
KOBLENZ
Kontamination der Hände
Erfolgt in der Regel durch direkten Kontakt mit dem infizierten
Patienten
- ohne Schutzhandschuhe ist mit einer Kontaminationsrate der
Hände von bis zu 57 % zu rechnen
die Haut eines Patienten mit CDI ist häufig kontaminiert
- Leiste 60%, Abdominalregion 55%, Brustbereich 45%, Hände 35%
Kolonisation der Haut bleibt im Abdominal- und im Brustbereich auch bis eine Woche nach Sistieren des Durchfalls bestehen
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 20
Hinweise zur Meldepflicht
L A B O R
KOBLENZ
Keine Meldepflicht für das Labor nach §7
Vom Arzt namentlich nach §6 Abs. 1 Nr. 2b IfSG:
V.a. und die Erkrankung einer akuten infektiösen Gastroenteritis, wenn
zwei oder mehr gleichartige Erkrankungen auftreten, bei denen ein
epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird
Vom Arzt nichtnamentlich nach §6 Abs. 3 IfSG:
das gehäufte Auftreten von nosokomialen Infektionen mit
wahrscheinlichem oder vermutetem Zusammenhang
Und seit November 2007:
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 21
L A B O R
KOBLENZ
Hinweise zur Meldepflicht (11/2007)
Namentlich vom Arzt:
Schwer verlaufende Infektionen mit C. difficile
bzw. Infektionen mit dem Ribotyp 027
als bedrohliche Krankheit mit Hinweis auf
eine schwerwiegende Gefahr für die
Allgemeinheit
(gemäß §6 Abs.1, Nr. 5a IfSG, und zwar
unabhängig von einem erkennbaren
epidemiologischen Zusammenhang)
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 22
Therapie
L A B O R
KOBLENZ
Risikoadaptierte Therapiestratifizierung
- klinische Besserung i.d.R. innerhalb von 48 – 72 h
(1) Einfache bzw. Milde / moderate CDI
(2) Schwere CDI
(3) Schwere CDI mit Komplikationen
(4) 1. Rezidiv / hohes Risiko für rekurrente CDI
(5) Multiple Rezidive
immer:
- Antibiotika wenn möglich absetzen, ggf. Switch auf andere AB-Klasse
- PPI-Therapie möglichst absetzen
- ausreichende Rehydrierung
- Keine Motilitätshemmer
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 23
Therapie
L A B O R
KOBLENZ
(Prognostische) Marker für schwere Infektion
- Klinisch schwere Kolitis
und / oder
- Leukozytose (> 15 000/µl)
- Hypalbuminämie (< 30 g/l)
- Kreatinin-Erhöhung
(>1,5 mg/dl, alternativ >1,5facher Anstieg)
- aber auch: Pat. ohne schwere Kolitis mit RF
(>65 Jahre, schwere Grunderkrankung,
Intensiv-Verlegung, Immunsuppression)
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 24
Therapie
L A B O R
KOBLENZ
CDI-Rezidiv: Risiko für 1. Rezidiv: ~20%!!
Erneute CDI-Episode innerhalb von 8 Wochen nach klinischer Besserung
- zumeist innerhalb der ersten 2 Wochen nach Ende der Initial-Therapie
- unabhängig ob gleicher Stamm oder Reinfektion mit anderem Stamm
Prognostische Marker für hohes Risiko einer rezidivierenden CDI
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 25
Therapie (www.labor-koblenz./fachinformationen/allgemein)
L A B O R
KOBLENZ
Therapiekosten
Metronidazol
• ~ 32 € p.o.
• ~ 160 € i.v.
Vancomycin
• ~ 600-800 €(250mg Enterocaps)
• ~ 300-450 €(250mg als i.v.-Pulver)
Fidaxomicin
• ~ 2200 €
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 26
Therapie
L A B O R
KOBLENZ
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 27
Therapie
L A B O R
KOBLENZ
(Hohes Risiko für) CDI-Rezidiv
Fidaxomicin (Dificlir®, p.o., 2 × 200 mg / d)
- erste Substanz aus der Klasse der Makrozykline
- bakterielle RNA-Polymerase als Zielstruktur
- keine Kreuzresistenzen zu anderen AB
- minimale Absorption → kaum systemische Wirkspiegel + NW
- wirkt sehr selektiv auf Clostridien-Spezies
- primäres Tx-Ansprechen vergleichbar mit Vanco
- aber: signifikant geringere Rezidivrate
- außer bei C. difficile RT 027
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 28
Therapie
L A B O R
KOBLENZ
Multiple CDI-Rezidive
Vancomycin-Pulstherapie
- 4 × 125 mg/d p.o. für 10 d
- anschließend 125-500 mg/d, alle 2-3 Tage für mind. 3 Wochen
Vancomycin-Reduktionsschema
- 4 × 125 mg/d p.o. für 10 d
- anschließend
- 1 Woche: 3 × 125 mg/d p.o.
- 1 Woche: 2 × 125 mg/d p.o.
- 1 Woche: 1 × 125 mg/d p.o.
- 1-2 Wochen: 1 × 125 mg p.o. alle 2 Tage
- 1-2 Wochen: 1 × 125 mg p.o. alle 3 Tage
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 29
Therapie
L A B O R
KOBLENZ
Therapie-Modifikationen für Initialtherapie hoch-virulenter Stämme nicht
sinnvoll
nur geringe Erfahrungswerte für antimikrobielle Substanzen wie
- Teicoplanin (Zulassung seit 2013)
- Rifaximin
- Fusidinsäure, Bacitracin, Nitazoxanid
Einsatz von klassischen Probiotika kontrovers diskutiert
Toxin-bindende Substanzen
- Tolevamer
(in klinischen Studien der Standard-Therapie unterlegen)
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 30
Weiterführende Therapie
L A B O R
KOBLENZ
Stuhlübertragung/-transplantation
(Fäkaler Mikrobiomtransfer, FMT)
- bereits im 4. Jh. in China bei Diarrhoe
- 1958 Erstbeschreibung als Therapie der PMC
- NEJM-Arbeit aus 01/2013
- signifikante Überlegenheit des Mikrobiomtransfers
→ vorzeitiger Studienabbruch
- für Pat. mit multiplen Rezidiven nach konv. Therapien
aber:
immunologische Spät-
Folgen??
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 31
Weiterführende Therapie
L A B O R
KOBLENZ
Chirurgische Therapie
- bei komplizierter, fulminater CDI (1-4%) trotz adäquater AB-Therapie
- z.B. Peritonitis, toxisches Megakolon, Darmperforation oder
systemische Inflammation mit Organversagen (Niere, Lunge, Kreislauf)
- Laktat ≥ 5 mmol/l
- Letalität 20 – 80% (frühzeitige OP senkt Letalität)
04.02.2015 Dr. med. Krebs, Johannes 32
Zukunftsperspektiven
L A B O R
KOBLENZ
Entwicklung von Fäkal-Kapseln
Passive Immunisierung
- oral
• sekretorische IgA-Konzentrate aus Milch
von immunisierten Kühen (Mucomilk)
- intravenös
• „normale“ gepoolte Immunglobulin-Präparationen
• menschliche monoklonale AK
Aktive Immunisierung
- Toxoid-Vakzine (inaktivierte, aufgereinigte Toxine A und B)
Kombinationen von Antibiose + Anti-Inflammatorischer Agenzien
- soll intestinalen inflammatorischen Schaden reduzieren
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