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Piloten, die in den nächsten Jahren
den vollen Umfang ihrer US- oder
ICAO-Lizenzen in Europa nutzen
wollen, müssen wohl oder übel etwas
tun. Unabhängig von nationalen Auf-
schüben beim EASA-FCL-Regelwerk
steht die politisch gewollte Stoßrichtung
der EU-Kommission unmissverständ-
lich in der Basic Regulation 216/2008:
Wer aus Europa heraus ein Flugzeug be-
treibt, benötigt dazu in Europa ausge-
stellte Lizenzen. International ist das
nichtmal ungewöhnlich oder ungebühr-
lich, de facto herrscht in den USA oder
auch Australien eine ähnliche Rechtslage.
Ungewöhnlich ist nur, dass es die EU
einem ausländischen Lizenzinhaber ge-
radezu aberwitzig schwer macht, die hie-
sige Lizenz zu erlangen. Ganz beson-
ders gilt das für die Anforderungen an
die Theorie.
Wer sich dieses Problem ein für alle Mal
vom Hals schaffen will, hat als Drittlands-
CPLI/R Inhaber die Möglichkeit, über JAR
1.016(a) gleich auf CPL oder ATPL-Level
ins europäische Lizenzbecken zu sprin-
gen. Der Autor dieses Artikels hat sich
für diesen Weg entschieden und schil-
dert hier seine Erfahrungen.
Die Optionen
Wer bislang in Europa eine außerhalb Europas
ausgestellte ICAO-Lizenz nutzte und nicht
über den gleichen Lizenzumfang auch im
JAR-System verfügt, der hat für die Zukunft
im Prinzip nur folgende Optionen:
1) Den Flugbetrieb, also den Sitz des
Operators, aus Europa herausver-
legen, um so die Anwendung des
Artikels 4(1)(c) der Basic Regulation
zu verhindern. Ob und unter welchen
Voraussetzungen dies rechtlich sicher
möglich ist, prüfen wir bei Pilot und
Flugzeug zurzeit zusammen mit einer
großen Anwaltskanzlei. Risikobehaftet
ist dies jedoch in jedem Fall, kann
doch jedes einzelne EASA-Land sel-
ber entscheiden, wann ein Operator
hier „angesiedelt“ oder „niedergelas-
sen“ ist.
2) Auf die baldige Verabschiedung des
NPA 2011-16 hoffen, was aber zwi-
schen dem 8. April 2012 und dem
Inkrafttreten des NPA eine Phase
der Rechtsunsicherheit oder sogar
des Groundings bedeutet, falls der
Von der FAA zur JAR-Lizenz:
Convert on top: ATPL-
Theorie im Selbstversuch
8 Pilot und Flugzeug 2012/02
AUSBILDUNG
Von der FAA zur JAR-Lizenz: ATPL-Theorie im Selbstversuch
NPA später als das FCL-
Regelwerk kommt (und das
ist zu erwarten).
3) Auf ein Bilateral Agreement
zwischen Drittland (USA)
und der EU hoffen, wel-
ches die Umschreibung
oder Anerkennung der eige-
nen Lizenz erleichtert (nach
unserer Einschätzung kurz-
und mittelfristig unwahr-
scheinlich).
4) Darauf hoffen, dass die
EU in ihrer heutigen Form rechtzei-
tig zusammenbricht und die büro-
kratischen Dekrete ihre Rechtskraft
in Deutschland verlieren (kurzfristig
ebenfalls eher unwahrscheinlich).
5) Die kompletten Lizenzen nochmal im
EU-System erwerben.
Wer sich mit diesen Möglichkeiten beschäf-
tigt, wird schnell feststellen, dass alles Hoffen
auf eine gesetzliche Abmilderung, sei es
durch den NPA 2011-16 oder ein bilatera-
les Abkommen, den entscheidenden Nachteil
hat, dass – wenn sie überhaupt kommen –
diese Erleichterungen nicht rechtzeitig in
Kraft treten, um nach dem 8. April 2012 ein
legales Weiterfliegen zu ermöglichen. Selbst
wenn Deutschland, wie nun angekündigt, in
aller Eile die Einführung von Part FCL kom-
plett um ein Jahr verschiebt, und vielleicht
danach nochmals ganz oder in Teilen auf-
schiebt, ist dies erstens keine langfristige
Lösung und zweitens eine im Ausland äu-
ßerst wackelige Konstruktion, die – je nach
Auslegung – dazu führen kann, dass man
Länder, die Part FCL schon eingeführt ha-
ben, nicht mehr anfliegen dürfte. Ob das dann
wirklich so ausgelegt wird oder ob man sich
darauf berufen kann, dass das Heimatland
ja noch gar keine FCL-Lizenzen ausstellt,
weiß im Moment ehrlich gesagt kein Mensch.
Wer weiterfliegen möchte, hat also nur die
Möglichkeit, den Sitz des Flugbetriebs aus
der EU herauszulegen oder die hiesigen
Lizenzen neu zu erwerben. Wie immer, wenn
es um wirklich kritische Projekte geht, soll-
te man gemäß dem alten amerikanischen
Sprichwort nie alle Eier in einen Korb legen.
Daher entschieden wir uns bei Pilot und
Flugzeug, auch beides zu tun: Die Verlegung
des Flugbetriebs aus EASA-Europa he-
raus (damit befassen wir uns in einer der
nächsten Ausgaben) und den kompletten
Lizenztransfer nach EASA-Land hinein.
Die Theoriehürde
Ein kurzer Vergleich der Umstiegsmöglich-
keiten zwischen den Lizenzsystemen zeigt
Alles Hoffen auf eine gesetzli-
che Abmilderung, sei es durch den
NPA 2011-16 oder ein bilaterales
Abkommen, hat den entscheidenden
Nachteil, dass – wenn sie überhaupt
kommen – diese Nachbesserungen
nicht rechtzeitig in Kraft treten, um
nach dem 8. April 2012 ein legales
Weiterfliegen zu ermöglichen.
9Pilot und Flugzeug 2012/02
AUSBILDUNG
Von der FAA zur JAR-Lizenz: ATPL-Theorie im Selbstversuch
schnell die Prioritäten, die der Gesetzgeber
diesseits und jenseits des Atlantiks gewählt
hat. Nehmen wir mal an, Sie haben einen JAR
CPL/IR und wollen, weil Sie nach Amerika
ziehen, dort diesen Lizenzumfang nutzen.
Sie können entweder auf PPL/IR-Level va-
lidieren – alles was Sie dazu brauchen, ist
ein wenig Paperwork und eine stark ver-
kürzte aus 40 Fragen bestehende IFR-
Theorieprüfung, deren Vorbereitung nicht
mehr als zwei Tage in Anspruch nehmen
sollte. Dann haben Sie – so lange Ihre JAR-
Lizenz gültig ist – einen US-PPL/IR auf den
Sie sogar weitere Ratings und Lizenzstufen
draufsetzten können. Ziemlich gastfreundlich!
Und wenn Sie den vollen US-CPL haben
wollen, dann ist alles, was Sie brauchen,
Die ersten Stages im ATPL Online-Kurs der Horizon SFA. Die Verknüpfungen führen zum notwendigen Lehrmaterial. Insgesamt besteht der Kurs aus 86 solcher Stages, jede beinhaltet im Durchschnitt zwei Stage Assessment Papers, kurze Theorie-Tests mit ca. zehn Fragen zum Thema. Diese müssen sequen-ziell abgearbeitet werden. Für Inhaber einer gleichwertigen ICAO-Lizenz kommt dieser Kurs komplett ohne Nahunterricht aus. Je nach Kenntnisstand können einige Stages natürlich auch mit wesentlich weniger als der angegebenen Anzahl von „Study Hours“ erledigt werden.
10 Pilot und Flugzeug 2012/02
AUSBILDUNG
Von der FAA zur JAR-Lizenz: ATPL-Theorie im Selbstversuch
die CPL-Theorieprüfung (60 Fragen, max.
eine Woche Vorbereitung), und gerade mal
zehn Stunden Flugausbildung mit einem US-
Fluglehrer sowie den Prüfungsflug.
Für den Rest der nach FAR 61.129 geforder-
ten Flugerfahrung können Sie sich Ihre euro-
päische Flugzeit anrechnen lassen.
Nun der umgekehrte Fall: Sie haben einen US
CPL/IR und wollen die gleiche Lizenzstufe
in Europa. Auf PPL-Level können Sie die
Lizenz umschreiben. Sie brauchen da-
zu nach Appendix 2 zu JAR 1.015 zwei
Theorieprüfungen (HPL und Luftrecht) und
müssen den PPL-Prüfungsflug machen.
Allerdings haben Sie dann kein IFR. Nicht
gerade sehr gastfreundlich!
Gemäß Part FCL könnten Sie Ihren CPL/IR
zwar recht einfach anerkennen lassen, aber
diese Validierung ist nur für ein Jahr mög-
lich. Danach ist Schluss. Lebenslang! Um
nun ein IFR oder gar den CPL im JAR-
System zu bekommen, müssen Sie die vol-
le Theorieprüfung ablegen. Ihr praktischer
und theoretischer Unterricht, kann nach JAR
1.016(a) aber verkürzt werden. Zitat:
(a) An applicant for
a JAR–FCL licence
and IR, if applica-
ble, already holding
at least an equiva-
lent licence issued
in accordance with
ICAO Annex 1 by a
non-JAA State shall
meet all the require-
ments of JAR–FCL,
except that the re-
quirements of cour-
se duration, number
of lessons and specific training hours
may be reduced.
The Authority may be guided as to the
credits to be granted on the basis of a
recommendation from an appropriate
training organisation.
Es hängt also von der Flugschule ab, wie viel
Praxisausbildung oder Nahunterricht Sie ab-
solvieren müssen.
Falls Sie über einen ICAO-ATPL verfügen,
ein Multipilot-Typerating und die nach JAR
1.015 geforderte Multicrew-Zeit haben, kön-
nen Sie nach JAR 1.016(b) übrigens auch di-
rekt zur Theorie- und Praxis-Prüfung antreten
und sich den Weg über die Schule sparen.
Während der US-amerikanische Gesetzgeber
also vergleichsweise humane Anforderungen
an die Theorieausbildung stellt, aber eine
Mindeststundenzahl für die Flugausbildung
beim CPL zwingend vorschreibt, verzich-
tet der europäische Gesetzgeber ganz und
gar auf eine Mindestflugstundenzahl für die
Conversion, schreibt dafür aber einen aber-
witzigen Theorieaufwand vor. Go figure ...
Während der US-amerikanische Gesetz-
geber also vergleichsweise humane Anfor-
der ungen an die Theorieausbildung stellt,
aber eine Mindeststundenzahl für die
Flugausbildung bei der CPL-Conversion
zwingend vorschreibt, verzichtet der euro-
päische Gesetzgeber ganz und gar auf eine
Mindestflugstundenzahl für die Conversion,
schreibt dafür aber einen aberwitzigen
Theorieaufwand vor. Go figure ...
11Pilot und Flugzeug 2012/02
AUSBILDUNG
Von der FAA zur JAR-Lizenz: ATPL-Theorie im Selbstversuch
Mangels der erforderlichen Multicrew-Zeit
entschied sich der Autor für die Umschreibung
seines FAA ATPL in einen JAR CPL/IR, aller-
dings mit ATPL-Theorie (frozen ATPL) nach
JAR 1.016(a).
Die Überlegung dahinter: Obwohl die rei-
ne CPL-Umschreibung einen um ca. 20%
geringeren Prüfungsaufwand bedeutet hät-
te, hat die volle ATPL-Prüfung den Vorteil,
dass man sich danach wirklich nicht mehr
mit der JAR-Theorie beschäftigen muss. Also
kein HPA-Kurs irgendwann später und keine
Einschränkung in der zukünftigen Nutzung
der Lizenz (man weiß ja nie ...).
Fernkurs bei Horizon SFA
„Special Conversion Offer“
Größtes Hindernis ist freilich der Nah-
unterricht. Voll im Job und mit Familie ist es
mir mit viel Mühe möglich, die Zeit für das
Fernstudium zu erübrigen. Ein Nahunterricht
von 85 Stunden (z.B. CAT oder Gröger) wä-
re illusorisch.
Daher erschien das Angebot der Schweizer
Horizon SFA in Zürich attraktiv: Ein Fernkurs
ohne jeden Nahunterricht, genehmigt und
auf Basis des JAR 1.016(a), ermöglicht das
Studium der Inhalte zu 100% von zuhause
aus. Für meine zeitliche Situation genau das
richtige! Preis: 3.300 Franken, vergleichbar
mit CAT und Gröger.
Der Horizon-Kurs baut dabei
auf den Oxford-Lehrbüchern
(OAT) auf. Verschiedene Aus -
gaben können genutzt wer-
den, sie brauchen also nicht
die neueste Fassung. Ledig-
lich zu bestimmten Fach ge-
bieten, wie z.B. General Navigation oder
Mass & Balance, gibt Horizon eigene Lehr-
mater ialien heraus. Darüber hinaus nutzt der
Fern kurs die Lehrbriefe von NAR und TFHS
(Lund School of Aviation).
Der Online-Kurs ist dabei in zwei Haupt-
abschnitte unterteilt. Der erste Abschnitt
führt grob zum CPL/IR Level, der zweite
dann zum ATPL. Eingeteilt sind die beiden
Phasen in jeweils ca. 45 Stages, und jede
Stage besteht aus zwei Themenkomplexen
unterschiedlicher Fachgebiete. Man lernt al-
so nicht zuerst Meteorologie, dann Air Law
usw., sondern man springt ständig zwischen
den Fachgebieten. Jeder Themenkomplex
wird mit einem kurzen Test, dem sog. Stage
Assessment Paper (SAP), abgeschlossen.
Dieses SAP beinhaltet um die zehn Fragen,
die in kurzer Zeit beantwortet werden müs-
sen. Ferner steht ein Fragentrainer für die
Prüfungsvorbereitung zur Verfügung, aber
dazu später mehr.
Am Ende der Phase 1 und 2 steht dann ein
großer prüfungsähnlicher „Progress Check“
(PC). Hat man sich da durchgekämpft, kann
man beim BAZL in Bern zum Ernstfall an-
treten.
Die „Special Conversion Offer“ der
Horizon kommt ohne jeden Nah-
unterricht aus. Tatsächlich muss man
die Schule nicht ein einziges Mal betre-
ten, bevor man zur Prüfung nach Bern
eingeladen wird.
12 Pilot und Flugzeug 2012/02
AUSBILDUNG
Von der FAA zur JAR-Lizenz: ATPL-Theorie im Selbstversuch
Methodik
Jeder, der sich umfangreiche The-
men gebiete in begrenzter Zeit prü-
fungs reif erschließen muss, hat
dazu im Laufe der Zeit sicher eine
eigene Herangehensweise entwi-
ckelt. Lernmethoden, die man im
Studium oder in der Ausbildung als
effizient identifiziert hat, funktionie-
ren nach meinem Eindruck auch bei
der ATPL-Theorie.
Die erste Frage, die man sich dabei stellen
muss, ist die nach dem Ziel des Spiels: Will
man sich das Themengebiet umfangreich
und ausbaufähig erschließen (Learning), oder
will man die Prüfung mit minimalem Aufwand
bestehen (Learning to the test).
Sich auf diese Frage eine ehrliche Antwort zu
geben ist wichtig für die Wahl der Methodik.
Für die meisten Umschreiber, also für Piloten,
die bereits seit vielen Jahren aktiv fliegen,
dürfte das Ziel eher im Bestehen des Tests
als in der intellektuellen Horizonterweiterung
durch die ATPL-Theorie liegen. Ich möch-
te jedenfalls keinerlei Hehl daraus ma-
chen, dass das Ziel für mich einzig und al-
lein darin bestand, die zwölf ATPL-Fächer
(Communication 91 und 92 werden vom
BAZL erlassen) mit möglichst geringem
Zeitaufwand zu bestehen.
Hat man ein paar Stages durchgearbeitet,
bekommt man schnell einen Eindruck, wie
der Hase läuft.
Die gute Nachricht: Wer als Inhaber eines
US ATPL oder CPL den FAA-Stoff kennt, re-
gelmäßig in Europa fliegt und die mathema-
tischen und sprachlichen Abiturkenntnisse
nicht abgelegt hat, der weiß schon viel von
dem was hier gefragt wird. Es geht also nicht
darum, sich flächig in völlig neue Themen
einzuarbeiten. Einige Dinge sind neu, vie-
les aber dem Prinzip nach bekannt. Es geht
also „nur“ darum die Lücke zwischen dem
Kalt-Stand und der nötigen Prüfungsreife
(75%) zu schließen. Und diese Lücke kann
sich aus drei Gründen auftun:
1) Mangelndes Verständnis der
Fragestellung. Beispiele siehe
Fragen-Freakshow S. 24.
2) Mangelndes Zahlenwissen (z.B.
Obstacle Clearances in den Phasen
des Missed Approach).
3) Mangelnde Kenntnis von
Zusammenhängen (z.B. die
Oblique Mecator Chart und de-
ren Eigenschaften oder der
Unterschied zwischen Impuls- und
Reaktionsturbine).
Diese drei Arten von Lücken müssen auf
unterschiedliche Weise geschlossen werden.
Im ersten Fall ist es am besten, zunächst gar
nichts zu tun. In die manchmal etwas eigen-
tümliche Art der Fragestellung kommen Sie
mit der Zeit rein. Zähne zusammenbeißen,
und das Ganze als Cultural-Diversity-Übung
Ich möchte jedenfalls keinerlei
Hehl daraus machen, dass das Ziel
für mich einzig und allein darin be-
stand, die zwölf ATPL-Fächer mit
möglichst geringem Lernaufwand
zu bestehen.
13Pilot und Flugzeug 2012/02
AUSBILDUNG
Von der FAA zur JAR-Lizenz: ATPL-Theorie im Selbstversuch
begreifen. Denken Sie
dran: Der Fragen-
katalog ist ein Sam-
mel surium von natio-
nalen Fragen kata logen.
Immer wenn Sie nach
„starbord“ oder „port“
gefragt werden, neh-
men Sie’s als Gruß
aus England, und wenn
zum fünfzigsten Mal die
Frage nach dem Land-
und Seewind über einer
Insel während einer ru-
higen sommerlichen
Hochdruckwetterlage
kommt, freuen Sie sich
über Urlaubsgrüße aus
dem Süden.
Mangelndes Zahlen-
wissen (2) können Sie
nur durch stures Aus-
wendiglernen beheben.
Selbst wenn Sie sich
für bestimmte Themen,
wie z.B. die gerade zu
fetischistisch betrie-
bene Fragerei nach
der Anzahl der Feuer-
löscher für Passagier-
flugzeuge, Esels brück-
en bauen können – für
den Großteil der Werte
bleibt es bei sturem Pauken.
Die OAT-Bücher oder NAR-Lehrbriefe helfen
bei fehlenden Zusammenhängen und man-
gelndem Verständnis für Systeme. Nur ein
kleiner Teil der Lücken ist jedoch tatsächlich
hierauf zurückzuführen.
Ablauf und Zeitaufwand
Man arbeitet also zunächst die 86 Stages
durch. Hier ist erhebliche Selbstdisziplin ge-
fragt. Denn zu viele Fails sollten nicht im
Personal Log stehen, sonst bekommen Sie
eine strenge Mail aus Zürich. Schätzen Sie
Im Personal Log wird der Lernfortschritt durch die 86 Stages verzeichnet. Nach einem holprigen Start, bei dem man erstmal herausfinden muss, wie der Hase läuft, geht’s flott voran und man lernt schnell, abzuschätzen, was und wie viel man vor dem Test noch tun muss. Man schafft leicht meh-rere Stages pro Tag, insgesamt hat das Abarbeiten der 86 Stages samt Assessment Papers ca. 60 Stunden puren Zeitaufwand in Anspruch ge-nommen (Hinweis zu „Study-Hours 158“: Man kann bei dieser Angabe leider als kleinste Einheit nur eine Stunde angeben).
14 Pilot und Flugzeug 2012/02
AUSBILDUNG
Von der FAA zur JAR-Lizenz: ATPL-Theorie im Selbstversuch
also ab, ob Sie die Stage er-
arbeiten müssen, ob Sie vor-
her ein paar Fragen aus dem
Fragenkatalog zum Thema
üben (lässt sich ganz gut ein-
grenzen) oder ob Sie’s einfach
so versuchen.
Sie können die Stage auch
überspringen – nein nicht offi-
ziell, das erlaubt das Computer
Based Training (CBT-System) nicht, aber
de facto. Denn niemand prüft, ob die Stage
„open“ oder „closed books“ erledigt wird.
Man muss sich dann eine Notiz machen und
sicherstellen, dass man das später nachholt.
Der Schüler sollte aufpassen hier nicht über-
mütig zu werden und sich darüber im klaren
zu sein, dass man trotz des grünen Häkchens
tatsächlich keinen Fortschritt gemacht hat.
Ich habe von den 86 Stages etwa zehn auf
diese Weise übersprungen, vor allem zu
Themen aus Air Law, HPL und Oper ational
Procedures, die ich als reine Auswendig-
lernerei kurz vor der Prüfung im RAM und
nicht auf der Festplatte abzulegen beab-
sichtigte.
Insgesamt hat das Abarbeiten der Stages
in meinem Fall in drei Schüben mit jeweils
ca. drei bis vier Tagen Dauer stattgefunden.
Einmal im Oktober 2010, dann im Januar
2011 und zuletzt Anfang September 2011.
Fehlende Motivation und mangelnde Zeit wa-
ren die Hauptgründe für die langen Pausen.
Diese Pausen waren zweifellos suboptimal
und haben den Gesamtaufwand erhöht.
Insgesamt brauchte die Abarbeitung der
Stages in meinem Fall ziemlich genau 60
Stunden Zeit, also ca. drei lange Wochen-
enden. Gegen Ende wird man schneller, weil
man auf vorher gelerntem aufbauen kann und
besser abschätzen kann, was genau für eine
Stage verlangt wird. Also keine Sorge, wenn
es sich am Anfang ziemlich zieht. Insgesamt
16 Stages musste ich mir wirklich erarbei-
ten, also von Grund auf nachlesen. Die rest-
lichen 60 Stages waren mit punktuellem
Nachlesen und ein paar Minuten Übung im
Fragenkatalog zu bestehen.
Die Mindestprozentzahl für eine Stage ist
80%, 150 Stages wurden im ersten Versuch
geschafft (darin enthalten sind natürlich die
zehn „übersprungenen“), 24 im zweiten und
eine im vierten Versuch.
Legen Sie sich während des Durcharbeitens
der Stages unbedingt eine Formelsammlung
an. Der überwiegende Anteil der Rechen-
aufgaben in der ATPL-Prüfung ist mit nur
einer Handvoll Formeln zu lösen.
Legen Sie sich weiterhin ein BTZA-Dokument
an (Beknackte Tabellen zum Auswendig-
lernen). Füllen Sie dieses im Laufe der Stages
mit reinen Auswendiglern-Werten, so z.B. den
zugeordneten Maßen im Airport Reference
Code Element, den Staffelungsabständen
nach Doc 4444 oder eben den verfluchten
Feuerlöschern. Legen Sie sich dieses BTZA-
Dokument dann auf’s Klo oder sonstwohin
und versuchen Sie in den Wochen vor der
Prüfung die Zahlenwerte vorübergehend ir-
Legen Sie sich während des Durch-
arbeitens der Stages unbedingt eine
Formelsammlung an. Der überwie-
gende Anteil der Rechen aufgaben in
der ATPL-Prüfung ist mit nur einer
Handvoll Formeln zu lösen.
15Pilot und Flugzeug 2012/02
AUSBILDUNG
Von der FAA zur JAR-Lizenz: ATPL-Theorie im Selbstversuch
gendwie an Ihre Synapsen zu kleben. Das
nennt man Bulimie-Lernen. Reinfressen und
auf Kommando – nunja – Sie wissen schon ...
Support
Einen telefonischen Support für inhaltli-
che Fragen gibt es bei Horizon nicht, dafür
aber einen E-Mail-Support, gemanagt von
Chief Ground Instructor Viktor Schühle, der
Ihnen zu beinahe jeder Tages- und Nachtzeit
sehr zügig antwortet. Die Antwort besteht
meist aus einer kurzen Erklärung z.B. zum
Rechenweg, wie sie auch mit vielen Fragen
im Fragentrainier verknüpft ist. In harten
Fällen erhalten Sie dann meist einen Verweis
auf die beste Stelle zum Nachlesen oder
auch eine Analyse des verbockten SAP, die
obwohl wenig schmeichelhaft („Antworten
erscheinen geraten!“) meist zutreffend ist.
Ansonsten sind Sie ziemlich auf sich selbst
gestellt. Wenn Ihnen das nicht behagt, ist ein
Fernkurs ohne jeden Nahunterricht nicht das
richtige Produkt für Sie.
Rund 28 Schüler jährlich (Fläche) hatte Horizon
nach eigenen Angaben durchschnitt lich in den
letzten Jahren in der Special Con version Offer.
Weitere zehn nutzten das Angebot für die Um-
schreibung des Heli kopter-ATPL.
Prüfungsvorbereitung
und Fragenkataloge
Nach dem Durcharbeiten der Stages folgt die
eigentliche Prüfungsvorbereitung. Sie haben
jetzt einen guten Überblick über den Stoff
und durch die SAPs und Progress Checks
auch eine ziemlich genaue Vorstellung, wo
Ihre Stärken und Schwächen liegen.
Für die eigentliche Prüfungsvorbereitung
steht Ihnen bei Horizon ein Fragentrainer
mit zurzeit ca. 12.500 ATPL-Fragen zur Ver-
fügung. Zu den Stärken und Schwächen die-
ses Trainers später mehr. Außerdem können
Sie sich als „Self-Test“ Probe-Prüfungsbögen
antun, die von Anzahl und Gewichtung her
ungefähr der tatsächlichen Prüfung entspre-
chen.
Der wesentliche Teil der Prüfungsvorbereitung
besteht dann realistisch betrachtet aus
Fragen üben. Es gibt ein gutes Gefühl, je-
de Frage zumindest einmal gesehen zu ha-
ben. Nötig ist es nicht. Wenn Sie in Zeitnot
geraten, ist es durchaus machbar, ihre bes-
ten Fächer nur mit Stichproben abzuklopfen
und so zur Prüfung zu gehen.
Lassen Sie sich von der monströsen Anzahl
der Fragen nicht abschrecken. Die Sache ist
zwar monströs, aber nicht ganz so schlimm,
wie’s aussieht. Im Fragenkatalog gibt es
ganze Blöcke von Fragen, in denen ein
und derselbe Zusammenhang (z.B. Drücke
und Geschwindigkeiten beim Divergent Air
Duct) in ungefähr 100 Permutationen aus
Eigenschaft und Adjektiv immer und immer
wieder in ähnlicher Form abfragt wird. Wenn
Ihnen dieser Zusammenhang klar ist, brau-
chen Sie natürlich nicht alles durchzuarbei-
ten, es sei denn, Sie wollen die kognitive
Schmerzempfindlichkeit Ihres Gehirns trai-
nieren.
Einen telefonischen Support für
inhaltliche Fragen gibt es bei
Horizon nicht, dafür aber einen
E-Mail-Support, gemanagt von
Chief Ground Instructor Viktor
Schühle, der Ihnen zu beinahe
jeder Tages- und Nachtzeit sehr
zügig antwortet.
16 Pilot und Flugzeug 2012/02
AUSBILDUNG
Von der FAA zur JAR-Lizenz: ATPL-Theorie im Selbstversuch
Um für diesen Artikel einen bes-
seren Vergleich anstellen zu kön-
nen, haben ich unterschiedliche
Fächer mit unterschiedlichen
Fragen-Trainern vorbereitet.
Hier ein kurzer Überblick über die
verwendeten Produkte:
Horizon Fragentrainer: Inhaltlich
mit Abstand die beste Sammlung
und am nächsten an den tatsäch-
lichen Prüfungsfragen. Von allen
bearbeiteten Fragen ist mir nur
eine falsch bezeichnete Antwort
aufgefallen. Allerdings: Schlechte
bzw. gar keine Speicherung der
Befragungsstände. Sie können
Themen nur am Stück und kapi-
telweise durcharbeiten. Es ist nicht möglich,
z.B. „alle falsch beantworteten Fragen aus
Luftrecht“ nochmal zu wiederholen oder be-
stimmte Fragen zu überspringen oder dauer-
haft zu markieren. Außerdem ist die Arbeit
mit dem Fragentrainer nur online möglich.
Sie können also nicht im Zug, am Strand
oder sonstwo genießen.
Zu einigen Rechenaufgaben gibt es Tips
und Formeln, aber lange nicht zu allen. Der
Trainer ist im Kurspreis enthalten.
Ich habe den Horizon-Trainer für bestimmte
Kapitel quer durch alle Fächer sowie für alle
Self-Tests, jedoch nicht zum großen Pauken
genutzt.
Peters Software EXAM: Vom Funktions-
umfang und Aufbau her sehr gut, allerdings
mit erheblichen Nachteilen. EXAM bietet al-
les, was man braucht, um Fragen zu pau-
ken und zu filtern. Sie können sich neue
Befragungsbögen aus falsch beantworteten
Fragen erstellen, Fragen dauerhaft markie-
ren und alte Bögen einsehen oder wieder-
holen. Die Software arbeitet auf Java-Basis
und ist auch offline nutzbar. Im Fragentrainer
selbst sind für viele Rechenaufgaben gut er-
klärte Lösungswege vorhanden. Die Anzahl
der Fragen ist ähnlich der Horizon QDB, in
einigen Fächern aber auch geringer.
Einige deutliche Nachteile müssen wir je-
doch kritisieren:
!"#$%&%"'()*%+",$-".)&/01%+"2+-34(-%+5"
Insbesondere im Fach HPL. Das ist
extrem ärgerlich, da es den Schüler
stark verunsichert.
!"64.-3)(%76-)8$&$-9-:";$+%/"<4(*%+/"$,"
Urlaub sprach EXAM: „Your EXAM 11
Software has been deactivated“
und dann die hilfreiche Erklärung
„This can have several reasons“ so-
Lassen Sie sich von der monströsen
Anzahl der Fragen nicht abschre-
cken. Die Sache ist zwar monströs,
aber nicht ganz so schlimm, wie’s aus-
sieht. Im Fragenkatalog gibt es gan-
ze Blöcke von Fragen, in denen ein
und derselbe Zusammenhang (z.B.
Drücke und Geschwindigkeiten beim
Divergent Air Duct) in ungefähr 100
Permutationen aus Eigenschaft und
Adjektiv immer und immer wieder in
ähnlicher Form abfragt wird.
17Pilot und Flugzeug 2012/02
AUSBILDUNG
Von der FAA zur JAR-Lizenz: ATPL-Theorie im Selbstversuch
Leider stießen wir bei Peters Soft-ware EXAM auf zahlreiche falsche Antworten. Die richtigen Ant worten (Horizon) rechts. Während die obe-re Antwort mit ein wenig Allgemein-bildung sofort als falsch erkannt wer-den kann, ist der Fall unten deutlich schwieriger als falsch zu erkennen.
Der inhaltlich beste Fragentrainer war der von Horizon selbst zur Ver-fügung gestellte, der sich aber leider nicht gut zum „Pauken“ eignet, da keine Befragungsstände abgespei-chert werden können.
18 Pilot und Flugzeug 2012/02
AUSBILDUNG
Von der FAA zur JAR-Lizenz: ATPL-Theorie im Selbstversuch
wie eine Telefonnummer, die übers
Wochenende freilich nicht besetzt
war. Super. Warten bis Montag,
Neuinstallation. Drei Tage kein
Lernen möglich und kein Zugriff auf
die Befragungsstände. Ein weiterer
Programmabsturz führte
dann zum Verlust des aktuellen
Befragungsstandes im Fach Radio
Navigation.
!"64.-3)(%7'%1&%(:";$+%/"=)*%/"8%-
gann die Software im Fach Radio
Navigation zu verlangen, dass man
Der Peters-Blues: Zusätzlichen Ärger verursachte EXAM als es eines Tages (natürlich am langen Wochen ende vom 3. Oktober!) in den Streik trat. Erst am Dienstag teilte der Support dann mit, dass eine Neu installation das Problem lösen würde.Mitte: Anderntags begann EXAM dann damit, zusätzlich zum Ankreuzen der richtigen Antwort auch noch die Eingabe des Zahlenwerts zu verlangen. Das ist doof, wenn man auf dem Home-Trainer lernt ...Unten: In der englischen Version tauchen ab und zu auch mal deutsche Fragen und Antworten auf. Als das teuerste Produkt unter den Fragentrainern enttäuschte EXAM unsere Erwartungen leider, das Unternehmen hat jedoch sehr konstruktiv auf die in diesem Artikel geäußerte Kritik reagiert.
19Pilot und Flugzeug 2012/02
AUSBILDUNG
Von der FAA zur JAR-Lizenz: ATPL-Theorie im Selbstversuch
bei einigen Fragen neben der richtigen
Antwort auch noch den Zahlenwert
eingibt. Kreuzte man nur die richti-
ge Antwort an, wurde die Frage als
falsch markiert. Blöd, wenn man auf
dem Home-Trainer lernt. Das EXAM-
Team erklärte uns in der Besprechung
dieses Artikels, dass es sich dabei um
einen inzwischen abgestellten Fehler
handelt. Und immerhin: Wenn man
bei einer Behörde geprüft wird, die
Zahlenwerte verlangt, dann ist EXAM
die einzige Software die dies erlaubt.
!"6>??4(-:"@+",%$+%,"')&&"3>(A%"3%-
nige Wochen vor der Prüfung behör-
denseitig der neue Fragenkatalog
CD15 eingeführt. Alle Kataloganbieter
mussten diesen natürlich einpflegen,
das kostet Zeit. Als Schüler möchte
man da freilich wissen welche Fächer
schon auf dem neuesten Stand sind
und welche nicht, damit man entspre-
chend planen kann und möglichst kei-
ne alten Fragen lernt.
Während Horizon vorbildlich über den
Stand der Aktualisierung informier-
te, war von Peters Software keiner-
lei Auskunft darüber zu erhalten, wel-
che Fächer wie weit aktualisiert wa-
ren. Immer nur die Antwort, ein „Teil“
der neuen Fragen sei bereits einge-
spielt. Das macht die Planung natür-
lich nicht leichter.
Mit 138 Euro ist EXAM das teuerste Produkt
unter den von mir verwendeten Fragen-
trainern und diesen Preis meiner An sicht
nach leider nicht wert. EXAM wurde von mir
für alle Fächer außer Air Law, HPL und Opera-
tional Procedures genutzt. In einigen Fächern
fehlten ein paar Themen ge biete (z.B. Fragen
zu Kompass-Kali brier ung), was durch Stich-
proben gegen den Horizon-Trainer aber er-
kannt und punktuell nach gear beitet wer-
den konnte. Ins gesamt wären die fehlen-
den Fragen aber sicher nicht ent scheidend
gewesen.
Positiv möchten wir zu EXAM noch bemer-
ken, dass es auf dem aktuellen Fragenstand
erhalten bleibt. Sollten Sie also irgendwann
das Bedürfnis verspüren nochmal Fragen zu
lernen, ist dies mit EXAM möglich.
AVIATIONEXAM: Der amerikanisch/eng-
lische Anbieter hat mit über 16.000 ATPL-
Fragen zwar das größte Sortiment, das ist
in diesem Fall jedoch nicht unbedingt ein
Vorteil, da unter den Fragen augenscheinlich
auch Karteileichen sind, die – wie man hört
– nicht mehr vorkommen. Der Fragentrainer
funktioniert sowohl online wie etwas abge-
speckt auch offline. Die Befragungsstände
werden zwischen online und offline aktuali-
siert. QDB 15 war bei Aviationexam.com als
Erstes verfügbar.
Der Funktionsumfang ist ausreichend, wenn
auch nicht so übersichtlich wie bei Peters.
Dafür haben wir jedoch keine Fehlfunktionen
in der Software erkannt.
Zu jeder Frage gibt es eine Erklärung, oft
ist die aber nur ein Verweis auf die entspre-
chende Vorschrift oder das entsprechende
Dokument. Der rund 90 Euro teure Trainer
wurde nach den Problemen mit EXAM zum
Ende hin von mir für die Fächer HPL, Air
Law und Operational Procedures genutzt.
Das Ergebnis war absolut zufriedenstellend,
weder in den Horizon Self-Tests noch in der
Prüfung musste ich in diesen Fächern Fragen
beantworten, die im Trainier nicht enthal-
ten waren.
20 Pilot und Flugzeug 2012/02
AUSBILDUNG
Von der FAA zur JAR-Lizenz: ATPL-Theorie im Selbstversuch
Den optimalen Fragentrainer habe ich al-
so nicht gefunden, ausgehend vom Stand
Herbst 2011 würde ich zurzeit jedoch
Aviation exam empfehlen.
Strategie und Prüfung
Unterschiedliche Fächer verlangen unter -
schiedliche Arbeits weisen bei der Prüfungs-
vor bereitung. Sie sollten sich aber auch
eine Gesamtstrategie überlegen, die Ihren
zeitlichen Mög lich keiten entspricht. Die
Schweiz ist so freundlich, es gemäß den
JAR-Vorgaben dem Prüfling zu erlauben, die
Fächer auf bis zu sechs Termine („Sittings“)
frei einzuteilen. Da jeder Termin aber 400
Franken kostet, möchte man auch nicht zum
Dauergast in Bern werden.
Es entstand folgende Strategie: Ein „gro-
ßer“ und ein „kleiner“ Termin. Beim großen
Termin so viel wegschaffen wie möglich, vor
allem von den „Bulimie-Fächern“, und am
zweiten kleinen Termin die schwierigsten
Fächer, für die am meisten echt gelernt wer-
den muss, sowie genügend Luft, um ein oder
zwei Fails aus dem ersten Termin zu wieder-
holen. Überlegen Sie sich dann im zweiten
Schritt, wie Sie jedes einzelne Fach vorbe-
reiten. In meinem Fall sahen Strategie und
Taktik dann wie folgt aus:
1. Sitting
!"BCB"2$("D)3:"E%$+%/"2>/3%+A$*&%(+%+5"
Fragen wenige Tage vor der Prüfung
durchgehen und falsch/unbekannt so
lange wiederholen, bis es sitzt.
!"BFC"2$(.(),%"6G/-%,/:"H$01-"I$%&"
Vorbereitung nötig. „Kalt-Stand“ bei
über 70%. Lange vor der Prüfung alle
Fragen einmal durchgehen und falsch
beantwortete einmal wiederholen.
!"BFF"@+/-(>,%+-)-$4+:"J$%"BFC5";-3)/"
Lernen über die Zusammenhänge von
TAS, CAS und Local Speed of Sound
nötig, Rest vorhanden.
!"BKB"<%-%4(4&4*$%:"L$%("3>(A%"I4+",$("
ein kalkuliertes Risiko eingegangen.
Aufgrund von persönlichem Interesse
und Segelfliger-Hintergrund war die-
ses Fach schon vorher recht soli-
de. Daher ein Glücksspiel: Keinerlei
Vorbereitung mit dem Fragenkatalog,
denn bei über 1.600 Fragen hätte dies
enorm viel Zeit gekostet. Lediglich ein
Self-Test und die Zeit lieber in andere
Fächer investiert.
!"BMC"N($+0$?&%/"4."'&$*1-:"D)+*%"I4("A%("
Prüfung wenigstens alle Fragen ein-
mal durchgehen, die Schwächen ein-
mal wiederholen – fertig.
!"BOO"'&$*1-"N&)++$+*")+A"<4+$-4($+*:"
Gibt’s nichts auswendig zu ler-
nen. Hier läuft Ihnen schlimmsten-
falls die Zeit davon. Daher: Ein paar
Stichproben (mindestens ein Beispiel
von jeder Aufgabenart, die mit POHs
Die Schweiz ist so freundlich, es ge-
mäß den JAR-Vorgaben dem Prüfling
zu erlauben, die Fächer auf bis zu
sechs Termine („Sittings“) frei ein-
zuteilen. Da jeder Termin aber 400
Franken kostet, möchte man auch
nicht zum Dauergast in Bern werden.
21Pilot und Flugzeug 2012/02
AUSBILDUNG
Von der FAA zur JAR-Lizenz: ATPL-Theorie im Selbstversuch
zu tun hat), Kartensymbolik noch-
mal wiederholt und dann sollte das
für geübte IFR-Piloten ohne große
Vorbereitung gehen.
!"BOC"<)//")+A"P)&)+0%:";$+"?))("
Stichproben lösen und fertig. Nichts
zu lernen, außer den Definitionen der
Massen.
!"BQC"R?%()-$4+)&"N(40%A>(%/:"E%$+%/"
Auswendiglernen. Vorgehen wie bei
Air Law: Kurz vor der Prüfung ins
Kurzzeitgedächtnis, reproduzieren
und fertig.
!"L>,)+"N%(.4(,)+0%:"S)++",)+")>."
unterschiedliche Weise lösen, als
Verständnis-Fach oder im „Bulimie-
Verfahren“. Mangels jeglichem per-
sönlichem Interesse für das Fach
entschied ich mich für die Bulimie-
Lösung.
Die eigentliche Prüfungsvorbereitung für die-
se Fächer im ersten Sitting dauerte dann rund
fünf Tage und bestand vor allem im schie-
ren Reinpauken der identifizierten Bulimie-
Fächer. Die Ergebnisse dieses ersten Sittings
waren absolut zufriedenstellend, mit durch-
schnittlichen Resultaten um 90% und kei-
nem Fach unter 85%, insgesamt also deut-
lich zu viel Vorbereitung – keine optimale
Einteilung der Ressourcen, aber es gilt: Better
safe than sorry!
2. Sitting
Ohne Fails war die Vorbereitung für den zwei-
ten Termin natürlich entspannt. Es standen
noch an:
!"BOF"N%(.4(,)+0%:"#4(8%(%$->+*"
als Verständnis-Fach mit ein paar
Stichproben aus dem Fragenkatalog,
die möglichst jede Aufgabenart abde-
cken sollten.
!"TF"E)A$4"H)I$*)-$4+:"U%,$/01-%"
Vorbereitung. Viele Zahlenwerte ge-
paukt, Funktionsprinzipien nach-
gelesen. Insgesamt genügt es, alle
Fragen einmal durchzugehen und ein
paar Tabellen zum Auswendiglernen
ins BTZA zu setzen.
!"BTC"U%+%()&"H)I$*)-$4+:"<%$+"?%(/V+-
liches Horror-Fach ganz zum Schluss.
Ohne reichlich Übung mit den Fragen
und Berechnungen für mich vor allem
ein Zeitproblem.
Zweieinhalb Tage konnte ich für die Vor-
bereitung dieser drei Fächer erübrigen, wobei
der Löwenanteil für die Übungen in General
Navigation verbraucht wurde und folglich
für Radio-Nav und Performance wenig Zeit
blieb. Ergebnisse waren dann völlig ok, wie-
der um/über 90% in General Navigation je-
doch als Ausreißer nur 80% – aber danach
fragt hinterher wirklich kein Mensch mehr!
Es zeigt sich: Dem Bauchgefühl vor der
Prüfung kann man recht gut trauen. Ein Fach,
in dem man sich schwach fühlt, ist dann
auch nicht berauschend, ein Fach, in dem
man ein grundsolides Gefühl hat, wie in MET,
kann man dann auch schreiben, ohne die
Fragen alle einzeln durchgegangen zu sein.
Entsprechend sollte man die Gewichtungen
in der Vorbereitung setzen.
Wirkliche Überraschungen gab es nicht. In
den Fächern Radio-Nav und Instrumentation
22 Pilot und Flugzeug 2012/02
AUSBILDUNG
Von der FAA zur JAR-Lizenz: ATPL-Theorie im Selbstversuch
gab es eine Handvoll Fragen, die mir nicht be-
kannt waren. Diese waren aber nicht kampf-
entscheidend. Für die restlichen Fragen hatte
man das gute Gefühl, „kenn ich, weiß ich“,
oder eben das schlechte Gefühl, „habe ich
schon beim Lernen nie gewusst.“
Der Ablauf der Prüfung ist so, dass man
über den Tag verteilt die vorangemeldeten
Fächer in freier Reihenfolge schreiben kann
und zwischen den einzelnen Fächern be-
liebig rausgehen und Pause machen darf.
Die zur Verfügung stehende Gesamtzeit ist
mehr als ausreichend, auch wenn es in den
Einzelfächern, vor allem da, wo gerechnet
werden muss, abhängig vom Übungsstand
schonmal knapp werden kann.
Benutzt werden darf der
Taschenrechner TI-30,
der Jeppesen CR-3
„Drehmeier“, sowie Lin-
eal und Zirkel (hilfreich,
wenn man sich polar-ste-
reografische Pro bleme in
General Navigation lie-
ber nochmal aufzeich-
nen möchte). Außerdem
in General Navigation
und Flight Planning das
Student Airway Manual. Gemeinheiten, wie
das Eingeben von Zahlen werten, gab’s kei-
ne, die Ergebnisse werden am Ende des
Sittings sofort provisorisch aus gedruckt und
mitgeteilt, die offizielle Bescheinigung liegt
ein paar Tage später im Briefkasten. Alles in
allem also irrwitzig viel, aber fair.
Gesamtaufwand
ATPL-Theorie
Rechne ich den minutiös aufgezeichne-
ten Gesamtaufwand für diesen Selbst er-
fahrungstrip zusammen, komme ich auf fol-
gende Werte:
Online-Kurs Phase 1 und 2: 60 h
Nacharbeiten und Progress Checks: 10 h
Prüfungsvorbereitung Termin 1: 35 h
Prüfungsvorbereitung Termin 2: 18 h
Prüfungen selbst (ohne Anreise): 13 h
Summe: 136 Stunden
Kosten (ohne Reisekosten): ca. 3.700 Euro
Das alles bei – das darf ich hier ohne allzu viel
Eigenlob behaupten – soliden Kenntnissen
des US-ATPL-Stoffs, der nicht nur einmal
durchgekaut, sondern aufgrund zahlrei-
Der Ablauf der Prüfung ist so,
dass man über den Tag verteilt
die vorangemeldeten Fächer in
freier Reihenfolge schreiben
kann und zwischen den ein-
zelnen Fächern beliebig raus-
gehen und Pause machen darf.
Gemeinheiten, wie das Eingeben von
Zahlenwerten, gab es beim BAZL in
Bern nicht, die Ergebnisse werden am
Ende des Sittings sofort provisorisch
ausgedruckt und mitgeteilt, die offiziel-
le Bescheinigung liegt ein paar Tage spä-
ter im Briefkasten. Alles in allem also irr-
witzig viel, aber fair.
23Pilot und Flugzeug 2012/02
AUSBILDUNG
Von der FAA zur JAR-Lizenz: ATPL-Theorie im Selbstversuch
Die Fragen-Freakshow
Einige der sprachlich, inhaltlich oder anderweitig schönsten Fragen auf dem Weg zur ATPL-Theorie:
Top-Favorit in der Kategorie „Babelfisch“ (sprachlich klar formulierte Fragestellungen):
The applicant to exercise the functions of an Instrumental Flight Rating in_____ aeroplanes shall prove, according to Annex I, PERSONNEL LICENSING, his/her capability to pilot such aircraft only by instrumental rules and an engine _________.a) Amphibious/inactive or simulated inactive.b) Land/inactive.c) Multi-engine / inoperative or simulated inoperative.d) Single-engine/inactive.
Aus der Rubrik „Fliegerisch unverzichtbares Basiswissen mit dem Sie auf jeder Party glänzen“:
Which was the correct date of the implementation of the RVSM in the European Airspace?a) 1 January 2002b) 24 January 2002c) 1 February 2005d) 1 July 2001
Aus der Rubrik „Das brauche ich bestimmt beim Prüfungsflug“:
What is (are) typical deseases caused by contaminated water?a) Typhoid, Dysentery, Cholerab) Typhoid, Tinnitus, Cholerac) Only Typhoidd) only Dysentery
Aus der Rubrik „Das macht fliegen sicherer – kann ich in der Praxis bestimmt auch so umsetzen“:
Where a parking bay is not provided at an aerodrome for the use by aircraft that have been subject to unlawful interference, what is the minimum distance that parking bay is to be from other bays?a) 50 mb) 100 mc) 150 md) 200 m
24 Pilot und Flugzeug 2012/02
AUSBILDUNG
Von der FAA zur JAR-Lizenz: ATPL-Theorie im Selbstversuch
cher Wiederholungen beim Erwerb dreier
Lehrberechtigungen auch immer wieder ab-
gerufen wurde, sowie bei passablen Praxis-
kenntnissen aus gut 1.600 Stunden IFR-
Betrieb in aller Welt.
Fazit
Menschen, die gerade eine heftige Prüfung
hinter sich haben, neigen zu Über- oder
Untertreibung. Entweder war alles total
„easy“ oder sämtliche Furien waren los und
es floss Blut in Strömen.
Die Wahrheit bei dieser ATPL-Erfahrung liegt
genau dazwischen. Vom Schwierigkeitsgrad
her deutlich unter einem Hochschul-
Vordiplom in einem Ingenieurstudiengang,
von der Menge her jedoch weit jenseits
von dem, was einem Ingenieur oder Natur-
wissenschaftler in einem Semester an
Auswendiglernen zugemutet wird. Für Inhaber
einer gleichwertigen ICAO-Lizenz also eine
reine Fleißaufgabe und keine
intellektuelle Herausforderung.
Diese Einsicht dämpft die
Freude des Autors über
das Erreichte erheblich. Ich
weiß jetzt, dass ich auch 13
Jahre nach dem Hoch schul-
abschluss noch gut auswen-
diglernen kann. Unter den
Gesichts punkten der Flug-
sicherheit oder des allge-
mein fachlichen Interesses am
Thema waren die 136 Stunden
jedoch sicher nicht optimal an-
gelegt.
Für geübte IFR-Flieger, die im
US-CPL/IR-Stoff fit sind, die
sich mit den europäischen Gegebenheiten
auskennen und die einen ICAO CPL/IR haben
oder diesen noch schnell machen können,
stellt die Konversion der Berufspilotenlizenz
nach JAR 1.016(a) oder (b) zwar einen läs-
tigen Zeitaufwand im Gegenwert von zwei
oder drei Arbeitswochen, jedoch kein un-
überwindliches Hindernis dar.
Der Vorteil, gleich mit dem ATPL-Theory-
Credit umzusteigen ist der, dass man das
Thema JAR-Theorie damit ein für alle Mal
vom Hals hat. Keine HPA-Kurse mehr,
kein Nachweis von CPL-Kenntnissen für
Lehrberechtigungen, keine Einschränkung
bei der beruflichen Nutzung und – zumin-
dest in Deutschland – die volle steuerliche
Absetzbarkeit der Ausbildung.
Die intellektuelle Ausbeute des Unterneh-
mens ist indes gering. Nur eine Handvoll
Themen, bei denen ich sagen konnte: „Das ist
mir neu, das hätte ich eigentlich früher wissen
Für geübte IFR-Flieger, die im US-
CPL/IR-Stoff fit sind, die sich mit
den europäischen Gegebenheiten aus-
kennen und die einen ICAO CPL/IR
haben oder diesen noch schnell ma-
chen können, stellt die Konversion
der Berufspilotenlizenz nach JAR
1.016(a) oder (b) zwar einen lästigen
Zeitaufwand im Gegenwert von zwei
oder drei Arbeitswochen, jedoch kein
unüberwindliches Hindernis dar.
25Pilot und Flugzeug 2012/02
AUSBILDUNG
Von der FAA zur JAR-Lizenz: ATPL-Theorie im Selbstversuch
sollen für meine Fliegerei.“
Zwei oder drei solche Aha-
Erlebnisse gab es in den
Fächern Instruments und
Radio Navigation. Mehr
nicht. Dies mag aber auch
an der bewusst gewähl-
ten Vorbereitungsmethode
„Learning to the test“ liegen.
Ein gründlicheres Studium
hätte wahrscheinlich weitere
Einsichten vermittelt.
Hilfreich war die Nutzung
deutschsprachiger Literatur,
z.B. der ATPL-Bände von
Pilot und Flugzeug-Autor
Klaus Schulte. Selbst für
jemanden, der viele Jahre in englischer
Sprache gelebt, gelernt, gearbeitet und ge-
lehrt hat, ist eine fundierte und gut fomulierte
Erklärung in der Muttersprache doch ausge-
sprochen nützlich. Gerade bei den Themen,
die man wirklich vertiefen muss oder möch-
te, sollte man das bedenken.
Ohrfeige als Chance
Wer den inhaltlich unbegründeten, unter
Sicherheitsgesichtspunkten maximal kon-
traproduktiven und politisch motivierten
Fron tal angriff auf US-Lizenzinhaber in Europa
als Chance nehmen will, sollte überlegen,
einen solchen Kurs noch zu JAR-Zeiten
zu starten. Artikel 8 der EU Verordnung Nr.
1178/2011 (Part FCL) sieht zwar vergleich-
bare Bestimmungen vor wie JAR 1.016, wie
und vor allem wann diese dann praktisch
umgesetzt werden und ob z.B. die Horizon
Special Conversion Offer mit null Stunden
Nahunterricht dann auch noch möglich ist,
ist jedoch nicht klar. Eine gewisse Lebens-
erfahrung zeigt außerdem, dass solche Dinge
mit neuen Gesetzes werken in aller Regel
nicht einfacher werden. Wer rein ein IFR-
Rating konvertieren möchte und es damit
nicht eilig hat, der sollte die Entwicklung des
NPA 2011-16 abwarten, da dieser tatsäch-
lich wesentliche Erleichterungen verspricht.
Wer beruflich eine europäische Lizenz
braucht, für den wird die Konvertierung einer
außer europäischen ICAO-Lizenz mit EASA-
FCL sicher nicht einfacher.
Dieser Artikel konnte freilich nur die subjek-
tiven Erfahrungen und Schwierigkeiten beim
Erwerb der ATPL-Theorie beschreiben. Im
folgenden Text von ATPL-Theorie-Coach
Winthir Brunnbauer beleuchten wir weitere
verbreitete Erfahrungen und Probleme mit
dem Thema.
! Jan.Brill@pilotundflugzeug.de
Man kann sich zwar am ATPL-Theory
Credit erfreuen, die intellektuelle Ausbeute
des Unternehmens ist jedoch gering. Es
gab nur eine Handvoll Themen, bei denen
ich sagen konnte: „Das ist mir neu, das
hätte ich wirklich früher wissen sollen für
meine Fliegerei.“ Zwei oder drei solche
Aha-Erlebnisse gab es in den Fächern
Instruments und Radio Navigation. Mehr
nicht. Dies könnte aber auch an der be-
wusst gewählten Vorbereitungsmethode
„Learning to the test“ liegen.
26 Pilot und Flugzeug 2012/02
AUSBILDUNG
Von der FAA zur JAR-Lizenz: ATPL-Theorie im Selbstversuch
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