das gefahrenpotenzial von glücksspielen: strukturelle merkmale und ihre psychische wirkung von...

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Das Gefahrenpotenzial von Glücksspielen:

Strukturelle Merkmale und ihre psychische Wirkung

vonProf. Dr. Gerhard Meyer

Vortrag auf dem Appenzeller SuchtsymposiumHerisau, 18. September 2008

„Ich glaube, dass das Würfelspiel genau dieselbe Wirkung hat wie der Wein.“ (Pascasius Iustus, 1561)

4,393

3,149

1,734

4,4674,365

4,254

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

4,5

5,0

1970 1975 1980 1982 1985 1990 1992 1995 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005

Staatliche Einnahmen aus Glücksspielen

In Mrd. €€

Bühringer et al.(2007)

Buth & Stöver(2008)

Lang et al.(2008)

Erhebungsjahr 2006 2006 2007

Stichprobe 7.817 (18-64 Jahre)

7.980 (18-65 Jahre)

10.001 (16-65 Jahre)

MethodikSchriftliche und

telefonische Befragung

Telefonische Befragung und

Online-Access-Panel

Telefonische Befragung

Klassifikation DSM-IV-TR DSM-IV South Oaks Gambling Screen

Pathologisches Spielverhalten

0,2%(103.000)

0,56%(290.000)

0,2%(100.000)

Problematisches Spielverhalten

0,29%(149.000)

0,64%(340.000)

0,4%(225.000)

Pathologisches und problematisches Spielverhalten inDeutschland: Ergebnisse von Repräsentativbefragungen

Individuum:

Persönlichkeit

Psychische Auffälligkeiten

Genetik / Neurobiologie

Soziodemographische Merkmale

Stresserleben

Bewältigungsstil

...

Glücksspiel:

Veranstaltungsmerkmale

Umfeld:

Arbeits- und Lebensverhältnisse

Zukunftsperspektiven

Peer-Gruppe

Familiäre Situation

Soziale Bindungen

...

Glücksspielsucht – Bedingungsgefüge

Veranstaltungsmerkmale von Glücksspielen

Situational (kontextbezogen)z.B. Verfügbarkeit, Werbung

Strukturell (spielmediumsbezogen)z.B. Ereignisfrequenz, Gewinnmöglichkeiten

Primärwirkung:Erleichterung des Zugangs

Primärwirkung:Förderung einer regelmäßigen Teilnahme

Beurteilung des Gefährdungspotenzials einer Glücksspielform

Das Suchtpotenzial von Glücksspielen

1. Ereignisfrequenz

2. Grad der Interaktivität

3. Förderung der Kontrollüberzeugung

4. Einsatz

5. Gewinnstruktur

6. Sozialer Kontext

7. Anonymität

8. Vermarktung

9. Verfügbarkeit

10. Jackpot

11. Sensorische Produktgestaltung

12. Art des Zahlungsmittels

Strukturelle Kriterien von Glücksspielen

Ziel:

Entwicklung eines Mess- und Beurteilungsinstrumentes, das eine

Einschätzung des Gefährdungspotenzials von verschiedenen, in

deutschsprachigen Ländern angebotenen Glücksspielprodukten

sowie neuer Spielformen ermöglicht.

Methodik:

Delphi-Befragung von Experten aus Deutschland, Österreich und

der Schweiz

Bestimmung des Gefährdungspotenzials von verschiedenen Glücksspielen

Ergebnisse der zweiten Erhebungsphaseder Delphi-Befragung

1. Ereignisfrequenz

2. Fast-Gewinne

3. Kontrollillusion

4. Gewinnwahrscheinlichkeit

5. Verfügbarkeit

6. Art und Einfachheit der Bezahlung

7. Auszahlungsintervall

8. Kontinuität des Spiels

9. Multiple Spiel-/ Einsatzgelegenheiten

10. Variable Einsatzhöhe

11. Attraktivität des Höchstgewinns

(einschließlich Jackpot)

12. Einsatz-/ Gewinnverhältnis

13. Ton- und Lichteffekte

14. Anonymität

Skalierung der Merkmale (Beispiele)

Skalierung der Merkmale (Beispiele)

Anteil problematischer und pathologischer SpielerAnteil problematischer und pathologischer Spielernach Glücksspielart nach Glücksspielart (Buth & Stöver, 2008)(Buth & Stöver, 2008)

Anteil problematischer und pathologischer SpielerAnteil problematischer und pathologischer Spielernach Glücksspielart nach Glücksspielart

(12-Monats-Prävalenz, Bühringer et al., 2007)(12-Monats-Prävalenz, Bühringer et al., 2007)

Glücksspielverhalten Erwachsener in DeutschlandGlücksspielverhalten Erwachsener in Deutschland(Buth & Stöver, 2008)(Buth & Stöver, 2008)

Die psychotrope Wirkung von Glücksspielen (IDie psychotrope Wirkung von Glücksspielen (I))

• Einsatz des Geldes stimuliert• Hoffnung auf den Gewinn, Angst vor dem Verlust

(Nervenkitzel)• Stimulation als positiver Effekt, unabhängig vom Spielausgang• Entspannung durch Verdrängung von Problemen und Konflikten

• GewinnGewinn: Wohlbefinden, Euphoriegefühle, Erfolgserlebnisse, Machtgefühle, Anregung der Phantasie

• VerlustVerlust: Enttäuschung, Minderwertigkeitsgefühle bis hin zu Panikgefühlen

Die psychotrope Wirkung von Glücksspielen (IIDie psychotrope Wirkung von Glücksspielen (II))

• Verlusterleben findet nicht statt, wenn sofort der nächste Einsatz möglich ist (erneute Hoffnung auf den Gewinn)

• Geld ist in diesem Prozess nur Mittel zum Zweck, Stimulation und Entspannung hervorzurufen

Die psychotrope Wirkung von Glücksspielen (IIIDie psychotrope Wirkung von Glücksspielen (III))

UntersuchungsdesignUntersuchungsdesign

Herzfrequenz während des GlücksspielsHerzfrequenz während des Glücksspiels

Herzfrequenz während des GlücksspielsHerzfrequenz während des Glücksspiels

Herzfrequenz während des GlücksspielsHerzfrequenz während des Glücksspiels

Herzfrequenz während des GlücksspielsHerzfrequenz während des Glücksspiels

HerzfrequenzHerzfrequenz

DopaminDopamin

Hauptbahnen: VTA, Nucleus accumbens, präfrontaler Cortex

Das dopaminerge Belohnungssystem im Gehirn (1)

• Funktion: Ansporn, lebenserhaltenden Tätigkeiten nachzugehen (natürliche Belohnungsreize)

• Vielzahl von Reizen führt zur Ausschüttung von Dopamin durch VTA (auch Geld)

• Dopamin als Signal für eine Belohnung, nicht als Belohnungsstoff selbst

• Euphoriegefühle durch Dopaminfreisetzung

Das dopaminerge Belohnungssystem im Gehirn (2)

• Amygdala bewertet, wie angenehm die Erfahrung ist• Präfrontaler Cortex schätzt die Risiken des Ereignisses ab• Hippocampus steuert die Erinnerung an die belohnende

Erfahrung • Schädliche Überreizung: Verminderte Aktivität des

Belohnungssystems• Übermäßige Stimulation des Systems durch Medikamente

(Levodopa) führte bei Parkinson-Patienten zur Spielsucht

Das dopaminerge Belohnungssystem im Gehirn (3)

Aktivierung des Gehirns bei Aktivierung des Gehirns bei pathologischen Spielern und Kontrollpersonen pathologischen Spielern und Kontrollpersonen

(vgl. Reuter et al., 2005)(vgl. Reuter et al., 2005)

Kontrollpersonen Pathologische Spieler

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Meyer, G. & Bachmann, M. (2005).

Spielsucht. Ursachen

und Therapie

(2. Aufl.). Berlin: Springer

Meyer, G. & Bachmann, M. (2005).

Spielsucht. Ursachen

und Therapie

(2. Aufl.). Berlin: Springer

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