das phantom der ddr-„altschulden“

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Wie das BRD-Bankkapital den Super-Bluff inszenierte

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  • RotFuchs / Juli 2014 Seite 11

    Wie das BRD-Bankkapital den Super-Bluff inszenierte

    Das Phantom der DDR-Altschulden

    In den anderen einstmals sozialisti-schen Lndern Europas sollen vor allem Oligarchen das Vermgen des Volkes gestohlen haben. Von der DDR, die nach Treuhand-Version aus Schrott bestand, blieben indes lediglich Schulden brig. Um was handelt es sich bei dieser Unter-stellung?Neben der Einforderung uralter Schuld-verschreibungen aus der Zeit zwischen 1933 und 1945, die sich damals bei der Arisierung von Banken, Immobilien und Wertpa-pieren an vorderster Front mitwirkende deutsche Pri-vatbanken heute wieder her-vorzuholen trauen, aktiviert man auch die vermeintlichen Altschulden der DDR. Die Bundesregierung kontrol-liert weder die Legitimation dafr noch deren Ursachen. Wesentliche Beweise sind immer noch unter strengem Verschlu.Ein wichtiges Dokument, das vieles aufdecken wrde, ist der Bericht des Bundesrech-nungshofes ber den Ver-kauf der Banken der DDR. Er war nicht einmal den dort Ttigen bekannt, geschweige denn der ffent-lichkeit zugnglich.Seitdem der Spiegel am 23. Oktober 1995 Auszge aus diesem Dokument ver-ffentlichte, herrscht Schweigen im Walde. Mit gutem Grund: Darin stehen nmlich wahre Ungeheuerlichkeiten. So habe sich die private Berliner Bank AG bei den Ver-handlungen mit der Berliner Stadtbank, die u. a. auch aus der Staatsbank der DDR hervorging, eine Schadensersatz-summe von 115 Millionen DM fr den Fall des Scheiterns der Fusion festschreiben lassen. Andererseits kaufte sie dann die Berliner Stadtbank fr 49 Millionen DM und erwarb damit Ansprche auf Altschuldenforderungen in Hhe von 11,5 Milliarden DM! Fr die Berliner Bank AG bedeutete dies einen Profit von 10 000 Prozent.Das Papier ist vertraulich und wird im Tresor des Bundestages verwahrt. Zugang hat nur eine Handvoll Abgeordneter. Diese Geheimniskrmerei hat gute Grnde: Das Dokument bescheinigt nmlich den Bonnern auf 48 Seiten ein hohes Ma an Schluderei und Unfhigkeit beim Abwik-keln der DDR. In jahrelanger Puzzlearbeit hat der Bundesrechnungshof teure Flops und Pannen beim Verkauf der volkseige-nen DDR-Geldinstitute an westdeutsche Banken zusammengetragen. Die Vorwrfe der Prfer reichen von Verschleuderung ffentlicher Mittel in Milliardenhhe bis zu erpresserischen Methoden. Die Rechnungsprfer stellten in ihrem Dossier fest, da die Zwischenschaltung

    privater Banken zur Abwicklung von Altschulden volkseigener Betriebe der DDR die Zinshhe enorm aufgeblht habe. Damit sei der Preis fr Sicherheiten und Kredite ganz erheblich gestiegen.Die privaten Bankhuser konnten ihre Kreditforderungen ohne jedes Risiko erwerben. Sie erhalten ber einen Aus-gleichsmechanismus aus dem Bundesetat rund 98 Mrd. Mark erstattet. Die Steuer-zahler kommen damit fr Altschulden

    auf, die in der Regel gar keine sind. Den Privatbanken und privaten Kreditinsti-tuten htten zeitweilig mehrere Milliar-den DM aus doppelten Zinszahlungen zur Verfgung gestanden, erfhrt man. Teilweise kassierten sie fr ein und den-selben Kredit Zinsen von der Treuhand-anstalt, vom Altschuldner und vom Bund. Im Bericht des Bundesrechnungshofes heit es weiter, die Kufer htten zu Vorzugspreisen Zugang zu Filialen, zum Kundenstamm und zu den Immobilien der DDR-Banken erhalten. So erwarb z. B. die Deutsche Bank Anteile der ehe-maligen Deutschen Kreditbank (DKB) samt 112 Niederlassungen fr lediglich 310 Millionen Mark. Die Rechnungsprfer bezeichneten das als einen unangemes-sen niedrigen Kaufpreis. Fr 41 Grund-stcke mit Gebuden aus frherem Besitz der Deutschen Kreditbank AG der ehe-maligen Staatsbank der DDR zahlte eine Tochter der Dresdner Bank lediglich 87,3 Millionen DM. Eine Tochter der Deutschen Bank legte fr 74 Grundstcke dersel-ben Bank nur 164,4 Millionen DM auf den Tisch. Dabei handelte es sich berwiegend um beste Filetstcke innerstdtischer Immobilien.Der Bundesrechnungshof bemngelt wei-ter, die Geldhuser htten fr die Reorga-nisation des DDR-Banksystems zu hohe Entgelte erhalten. So kassierte die West-deutsche Landesbank Girozentrale z. B. fr die Abwicklung der Altgeschfte der DDR-Auenhandelsbank ber die reine Kostenerstattung hinaus eine Erfolgspr-mie von 89 Millionen DM.

    Den Verfassern des brisanten Dossiers ist offenbar nicht klar gewesen, da die angeblichen Altschulden in Wirklichkeit berhaupt keine Schulden waren, denn die vermeintlichen Kreditverschreibungen stellten unter DDR-Bedingungen keine Kredite im BRD-blichen Sinne dar. Sie waren statt dessen der in den Volkseigenen Betrieben (VEB) erwirtschaftete Gewinn, der den Werkttigen zwar nicht bar aus-gezahlt wurde, ihnen aber in Gestalt der

    grozgigen Sozialpolitik, der kostenlosen Bildung und der Kultur indirekt zugute kam. Ein erheblicher Teil wurde auch fr die Ent-wicklung von Wissenschaft und Technik sowie fr die Erweiterung der Betriebe aufgewendet. Diese Sum-men waren auf gar keinen Fall zurckzuzahlen, da ja das Volk selbst der Glubi-ger war.Diese vermeintlichen Kre-dite wurden beim Verkauf der Staatsbank einfach als angebliche Auenstnde mit verkauft. Am groteskesten ist wohl

    die Tatsache, da der Staat BRD, der auf die geschilderte Weise die grten Ban-ken gemstet und ihnen unglaubliche Schnppchen beschert hat, sie berdies durch Bankenrettungspakete zustzlich

    stabilisierte. Schwchere Kreditinstitute, denen solche Vorteile nicht zugute kamen, wurden gnadenlos niederkonkurriert.Der Bundesrechnungshof gelangte zu dem Ergebnis: Die direkte bernahme der Alt-schulden in den Bundeshaushalt wre um etliche Milliarden gnstiger gewesen als der Umweg ber ein teures Schuldenka-russell mit privaten Geschftsbanken. (Spiegel a. a. O.)Das Dokument der Rechnungsprfer knnte erhebliche Auswirkungen auf den knftigen Umgang mit Altschulden im Osten haben. Wohnungsbaugesellschaften, Rechtsnachfolger von Landwirtschaftli-chen Produktionsgenossenschaften, ein-stige Treuhandbetriebe und Kommunen stehen bei den Banken mit fiktiven Mil-liardensummen aus alten Zeiten in der Kreide. Tilgung und Zinsen fr solche Altkredite haben dem vielgepriesenen Aufschwung Ost systematisch den Weg verlegt. Verantwortungsbewute Bundestags-abgeordnete sollten dieses Thema mg-lichst rasch noch einmal aufgreifen. Die Rechnungsprfer geben ihnen dabei Rk-kendeckung. Noch sei nicht ausgemacht, schreiben sie in ihrem Bericht, ob der Bund nicht selbst fr diese Schulden auf-kommen msse, um die Betriebe vor einer Pleitewelle zu bewahren.

    Dr. Helga-Helena Liebecke, Berlin

    Grafik: Gnter Endlich

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