das zeichen im raum des archivs
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Archiv Künstlerbuch
:
Das Zeichen
im Raum des Archivs
:von Florian Beddig
Vor wor t
:
Das Zeichen
im Raum des Archivs
:
von Flor ian BeddigFotograf ie von Nielab Jayanda
Ich habe mich dazu entschieden, den Archivgedanken in meiner eigenen Arbeit weiterzuführen. Ausgangsma-terial ist eine zeichenhafte Fotografie von Nielab Jayanda aus dem interdis-ziplinären Projekt Experiment Archiv. Dazu gesellen sich meine Streetart Fotografien aus Florenz, Barcelona, Amsterdam und Berlin.
Zeichen begegnen uns nicht nur auf Schildern, sie sind allgegenwärtig. Jede Kultur ist anders geprägt und ver-steht bestimmte Zeichen(systeme) und andere nicht. Manche Zeichen drän-gen sich förmlich auf, Andere wiede-rum gehen in der Hektik völlig unter. Manche bringen uns zum Ziel oder warnen uns vor Gefahr, wieder Andere
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bleiben unverständlich, oder wollen auf politisch-gesellschaftliche Miss-stände aufmerksam machen und auf ihre Weise kommentieren.
Zeichen gehören zu unserer All-tagswelt. Sie prägen unsere Städte, un-sere Kultur und unser Denken. Wenn wir diese Kultur archivieren wollen, muss alles in eine Ordnung/einen Zu-sammenhang gebracht werden. Meta-phern und Vergleiche helfen abstrakte Gedanken und Aussagen verständlich zu machen und trotzdem bleibt man-ches Rätsel ungelöst.
Diesem Text folgen vier Positio-nen zum Thema Archiv, die im Semi-nar Archiv Künstlerbuch im SoSe 2012 entstanden sind.
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Die Stadt als Archiv
:von Anne Dickel, Jaqueline Krone,
Marjoleine Leoniek Leever und Dina Michalsk i
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Eine Stadt besteht aus verschiedenen Parametern. Um
überhaupt entstehen zu können, braucht es eine stra-
tegisch-vorteilhafte Lage und lebensnotwendige Res-
sourcen. Die Grundstruktur entsteht über Jahrhunderte,
langsam und stetig. Generation für Generation gestaltet
das Gesicht einer Stadt und das Zusammenleben unter-
einander.
Kartografie zur Orientierung innerhalb der Komplexität
Abstraktion, die mich auf einen vieler Punkte bringt
Eine vieler Lesarten, wie auch die einer Novelle
Oder lediglich eine Darstellung von Entwicklungsstufen
Lass uns so tun, als ob die Buchstaben Bausteine sind,
die Wörter Formen (Stufen, Wände) und die Sätze Stra-
ßen, die durch die Zusammengehörigkeit der Buchsta-
ben wie mit Teer zusammengeleimt den Grundstoff un-
serer Fortbewegung bilden.
Im streng archivologischen Sinne ist die Stadt kein Ar-
chiv. Sie ist nicht als eine Institution zu verstehen, son-
dern vielmehr als ein Archiv im metaphorischen Sinne.
Gleiches gilt für das Archivgut einer Stadt. Städte sind
Speicher von Geschichte – überall trifft man auf ihre
Spuren. Sie leiten uns durch den Stadtraum und zeigen
uns seine immer neu gesetzten Grenzen. Sie bestim-
men in Form von Plätzen, Straßenverläufen, Gebäuden,
Denkmälern unsere Bewegung und unser Gedächtnis.
Gleichzeitig hält auch der Mensch den Stadtraum und
seine Form in ständiger Bewegung. Die Stadt ist durch
ihren permanenten Wandel ein lebendiges, öffentliches
Archiv, das dem verändernden und erweiternden Ein-
greifen durch den Menschen unterlegen ist. Der Mensch
formt und gestaltet, Generation für Generation, seinen
Lebensraum und somit das ihn umgebende Archiv. All-
gegenwärtig sind die Spuren, die uns als Anschauungs-
material dienen können für den Gestaltungswillen des
Menschen und seinen Wunsch Macht in Formen auszu-
drücken sowie zu demonstrieren. Im Alltäglichen sind
wir uns jedoch ihrer Gegenwart meist nicht bewusst, bis
sie sich uns dann und wann in den Weg stellen oder man
sich bewusst auf die Suche nach ihnen begibt.
Was ist mit der Straße, die wir entlanggehen? Allein
während wir das tun, bewegen wir uns in eine Richtung
und lassen den Weg hinter uns zurück, den Andere er-
neut beschreiten können. Wir nutzten sie. Im Grunde
genommen weiß das bloß niemand.
Bezüge flechtend
Neues aufnehmend
in ständiger Rotation von Kontext
Der Mensch schafft nicht nur einen urbanen Lebens-
raum, er passt sich ihm auch an. Eine Stadt kann nur
existieren, wenn Menschen diese hegen, pflegen und
vor allem in ihr leben. Die Essenz einer Stadt sind die
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Menschen. Langsam fließen diese durch die verästelten
Arterien und Venen des urbanen Körpers und versorgen
alle Organe mit Sauerstoff.
Im Hier und Jetzt der Stadt
Mit Dingen von dort und von gestern
Und einer Luft von morgen
Nicht nur das Wachstum zeichnet eine Stadt aus, auch
das Absterben ist für den Entwicklungsprozess grund-
legend. Erst das Verschwinden der unbewohnten und
nutzfreien Gebäude schafft Platz für Neues. Schicht um
Schicht gewinnt die Stadt nicht nur an Alter und Bestand,
sondern auch an historischer Substanz. Geschichte.
Aufbau, Anbau, Ausbau. Ständig verbessern und erwei-
tern wir, streichen an und streichen raus. Wir verändern
die Architektur der Information unter allgegenwärti-
ger Einflussnahme. Wir nutzen stets das vorhandene
Grundmaterial und arbeiten damit weiter.
Der objektive Blick auf Stadtmaterial
Die subjektive Wahrnehmung
Räumlich, sinnlich, potenziert, physisch, evident
Das Erfahren von Spuren durch das analoge Archiv
Geh mit mir durch eine Stadt…
Was siehst du?
Es kann die Hoffnung auf die Beantwortung von Fragen,
aber auch die Sehnsucht nach der sinnlich erfahrbaren,
einer gänzlich umgebenden Geschichte sein, die die
Menschen zur Spurensuche veranlasst. Es scheint die
Faszination für die lebendige Geschichte zu sein, die
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Orte wie Venedig oder Rom so faszinierend machen. So
ist es nicht nur der Drang nach Veränderung, der den
Menschen als Gestalter der Stadt und somit der Ge-
schichte erscheinen lässt, sondern auch das Phänomen
des Erhaltenwollens der im Stadtraum gespeicherten
Erinnerungen, wie es sich beispielsweise im Denkmal-
schutz und der Denkmalpflege ausdrückt.
Zufällige Fragmente auf ihrem Platz ohne Aufnahmeprüfung
Erinnerung an gewaltsam zerstörte Kostbarkeiten
Während das Denkmal geschützt wird zur Bewahrung für
die Nachwelt
Mögen sich über Jahrhunderte die Architektur und
Wohnbedürfnisse geändert haben, so bleiben einzig
und allein die einstigen Grundstrukturen der ersten
Siedlungen erhalten. Plätze und Märkte werden auch in
der Gegenwart als solche genutzt. Strategisch wichtige
Straßen verlaufen noch immer den damaligen Weg. Eine
Stadt vergisst nicht, sondern verdrängt manche Erinne-
rungen.
Wir können es nicht beweisen, aber zumindest beschrei-
ben, welche Straße wir entlanggegangen sind. Sie hat
nämlich einen Namen. Dieser nennt oft bekannte Per-
sonen, als ob diese Namen und die Adaption derer ein
ganzes kulturelles Gedächtnis speichern würden. Durch
Wendungen und Kreuzungen verknüpfen sie sich zu ei-
ner Masse verschiedenster historischer Zeiten. Absurd,
dass die Personen, die diese Namen tragen meist nie
diese Straße entlanggegangen sind. Aber wir wissen und
werden uns stets erinnern: wir waren dort.
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Das Kunstwerk als Archiv?
Ein Archiv aus Archiven
:von Jana Franze
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Drei mächtig wirkende Schränke aus dunklem, massivem Holz, etwa hüft-hohe Elemente zur Katego-risierung und Aufbewah-rung, die an Mobiliar aus Apotheken oder Sammlun-gen erinnern. Eine große Anzahl verschieden großer Schubladen und darauf je ein gut zwei Meter großer Vitrinenaufsatz stehen sich im Ausstellungsraum gegen-über. Die Gläser der Vitrinen geben den Blick frei auf eine Vielzahl von wissenschaft-lichen Büchern, aber auch auf Romane und Tagebü-cher, Dokumente, Postkar-ten, Zeitungsausschnitte, Schallplatten und Requisiten aus der Nachkriegszeit des
vergangenen Jahrhunderts. Darunter finden sich Ge-genstände wie ein Telefon und eine Leselampe aus den fünfziger Jahren, eine Flagge der Deutschen De-mokratischen Republik oder eine Weste aus gebleichtem Jeansstoff. Auch auf der Arbeitsplatte eines Schreib-tischs in der Mitte der drei im Halbkreis gruppierten Schränke werden verschie-denste Dokumente, Fotos, Bücher sowie ein Platten-spieler präsentiert. Rund he-rum sind scheinbar wahllos mit Zeitschriften und Bü-chern gefüllte Bananenkis-ten gestapelt. Die Stimmung ist düster: nur das, worauf es hier ankommt, wird mit
schummerigen Licht aus dem Chaos der Dinge her-vorgehoben. Auf einem beistehenden Monitor erklärt der Künstler Simon Fujiwara selbst, was es mit diesem Sammelsu-rium, seiner Installation The Personal Effects of Theo Grünberg aus dem Jahr 2010 auf sich hat: 2008 erwarb der Künstler auf einem Flohmarkt in Berlin die Bibliothek eines Herrn Theo Grünberg, bestehend aus fast 1000 Einzelstücken. Fasziniert von seiner Ent-deckung begann er mit der Suche nach dem ehemaligen Besitzer der Bibliothek. Bei dem Versuch, aus den vor-gefundenen Bruchstücken
die Lebensgeschichte des Mannes zu rekonstruieren, entdeckte Fujiwara drei ver-schiedene Theo Grünbergs und entwarf für jeden von ihnen ein eigenes Archiv. „Archive setzten sich aus
einer Summe von Dokumen-
ten zusammen, die aus der
Tätigkeit einer Institution
oder einer natürlichen oder
juristischen Person resultie-
ren“, schrieb Paul Ricœur 2009 in seinem Aufsatz Archiv, Dokument, Spur. Fujiwaras Werk scheint dieser Definition zunächst gerecht zu werden. So lässt er für den Betrachter mittels der verschiedenen Objekte und Gegenstände das Bild von drei historisch realen
Persönlichkeiten entstehen, als deren Archivar er sich inszeniert. Zugleich handelt es sich jedoch um durch den Künstler imaginierte Kon-struktionen der Person(en) Theo Grünbergs. Somit stellt sich als erstes das Problem, ob der künstle-rische Eingriff und die Ver-mischung von Fiktion und tatsächlichem, historischen Dokument nicht dem grund-legenden Verständnis eines Archivs widersprechen? Dagegen ließe sich zwar anführen, dass auch ver-meintlich nach objektiven Gesichtspunkten und auf Vollständigkeit hin angeleg-te Sammlungen stets durch ihre Auswahl eine Beschnei-
dung vornehmen – jedoch bleiben noch weitere As-pekte fragwürdig: Kann ein Kunstwerk, welches mit dem Übergang in eine Samm-lung wie die der Hamburger Kunsthalle im Beispiel Fuji-waras zu einem archivierten Objekt wird, selbst noch als ein Archiv bestehen? Erfüllt es noch gewisse Minimal-kriterien, die man an ein Archiv anlegen kann? Als ein solches Merkmal könnte man formulieren, ein Archiv habe tendenziell unabgeschlossen zu sein: es strebt zumeist danach, seine Sammlung beständig zu ergänzen und zu erwei-tern. Das Kunstwerk dage-gen wird mit dem Eingang
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„…ein Archiv habe tenden-
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in den musealen Kontext zu einem nicht mehr veränder-baren, auf unbedingte Kon-servation hin angelegten Gegenstand. Des Weiteren ist eine gewisse Bedingung des Archivs, konsultierbar zu sein – egal ob nur für einen elitären Kreis oder für die breite Öffentlichkeit. Die hier beispielhaft ausgewähl-ten Bücher-Schränke Fuji-waras sind jedoch als Instal-lation mit Kunstcharakter nur noch zum Ansehen und nicht mehr zum Anfassen und Benutzen da, wodurch die vorgeführte Fülle an Ma-terial zum Teil ad absurdum geführt wird, da viele der Informationen im Verborge-nen bleiben.
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit lässt sich so abschließend festhal-ten, dass sich Künstler wie Simon Fujiwara zwar des Systems des Archivierens und Sammelns im Kontext der Kunst bedienen, um zum Teil fiktive Geschichten zu erzählen – diese Praktik allerdings in vielen Punk-ten nicht den Ansprüchen eines realen Archivs gerecht werden kann. Die Werke des britisch-japanischen Künst-lers sind jedoch stark durch autobiographische Erfah-rungen geprägt. Wiederholt fallen Orte, Ereignisse, Personen und Gebäude der Erzählungen seiner Werke in eins mit denen seines eige-
nen Lebens. Auf der Meta-ebene entsteht so wiederum ein Archiv seiner eigenen Person, eine Biographie, die als Spur in seinem Gesamto-euvre zurückbleibt, wenn er geht. Er schafft sein Archiv aus Archiven.
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Das Künstlerbuch als Archiv
:von Chris t iane Böhm, Cäcil ia Holtgreve und Flor ian Beddig
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1. Was ist eigentlich ein Künstlerbuch?
1.1. Ist jedes Buch eines Künstlers automatisch ein Künstlerbuch?
1.2. Muss man ein Künstler sein, um ein Künstlerbuch zu machen,
oder wird man durch das Machen eines Künstlerbuches zum
Künstler?
zu 1. Bevor man über das Künstlerbuch als
Archiv sprechen kann, sollte zunächst geklärt
werden, wie ein solches überhaupt definiert
wird. Das ist jedoch keine leichte Aufgabe und
wahrscheinlich von Mensch zu Mensch unter-
schiedlich. Künstlerbuch, Kunstbuch, Kunst,
Buch, Künstler. Der Künstler schafft als Werk
ein Buch = ein Künstlerbuch. Er gibt eine be-
stimmte Reihenfolge vor und somit bekommt
das Buch einen narrativen Charakter — Ge-
schichten werden erzählt, offen gelassen, vom
Betrachter weiter gesponnen. Es gibt jedoch ei-
nen klaren Unterschied zum Lesen einer Lek-
türe oder dem Lesen eines Bildes. Denn Schrift
kann in Form von Sprache oder in Form von
Bildern gesehen und gelesen werden.
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zu 1.1. Ob jedoch alles Kunst ist, was der Künst-
ler schafft, sei dahingestellt.
zu 1.2. In der Auseinandersetzung des Schaf-
fensprozesses wird der Schaffende zum Künst-
ler. Ob er sich selbst so definiert, ist letztlich
irrelevant.
Ein Buchstabe wird in der Kombination zum Gedanken.
Ein Lichtteilchen wird in der Kombination zum Bild.
Das Bedeutungslose wird in der Kombination zu Bedeutung.
Wenn man dem Künstlerbuch einen Archiv-
charakter zuspricht, dann ist es Träger von
(zeitlosen) Gedanken, Geschichte und im Be-
sonderen von Emotionen. Im Schaffensprozess
verarbeitet der Künstler seine Anschauungen
und Gefühle, die auch Jahrzehnte später im Be-
trachter Emotionen auslösen können, die durch
die Beschaffenheit von Material und Komposi-
tion das überdauern als Kunstwerk in der Zeit
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sicherstellt. Es hat zudem den angesprochenen
Doppelcharakter, der das Künstlerbuch in der
Betrachtung von allen anderen Büchern unter-
scheidet.
Ein Buch neben einem Buch,
neben einem Buch, neben einem Buch
ist ein unendlich erweiterbares Archiv.
Das gebundene Buch ist versiegelt und abge-
schlossen. Ihm kann nichts hinzugefügt oder
entnommen werden ohne es zu zerstören. Dies
widerspricht dem Archivgedanken. Wie sol-
len die Lücken gefüllt werden? Ein Archiv ist
niemals abgeschlossen. Der Raum des Buches
kann nicht neu geordnet werden. Ein Archiv
hat eine veränderbare Dramaturgie. Muss ein
Künstlerbuch also eine lose Form haben, um
als Archiv verstanden zu werden?
Eine Seite, gefolgt von einer Seite,
gefolgt von einer Seite, gefolgt von einer Seite,
ist Ordnung.
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Essay
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Kann eine Ausstellung
ein Archiv sein?
:von Badr Alayoubi, Tarek Alayoubi, Anne Brüt t ,
Flor ian Flömer, Franziska Jacob und Vic tor ia Kure-Wu
Resultierend aus den jüngsten Erkenntnissen der
Forschung zum Archivbegriff ergibt sich das Be-
streben die Grenzen des Begriffes, der scheinbar
ins Unendliche ausufert, genauer abzustecken
und zu fassen. So lautet die Frage: Wo gibt es
Freiräume vom Archiv, bzw. wo finden sich Sach-
verhalte, die nur bedingt in das bestehende Ge-
füge des universellen Archivbegriffs passen und
diesen so infrage stellen? Dies soll nun am Ge-
genstand der Ausstellung erprobt werden.
Bei der Untersuchung, ob eine Ausstellung
ein Archiv sein kann oder als Archiv verstanden
werden kann, fallen eine Reihe von Problemen
auf, die dieser These auf den ersten Blick zu wi-
dersprechen scheinen. So ist da zunächst die Fra-
ge nach der Zeitlichkeit. Ein Archiv als solches
ist immer auf unbestimmte Zeit hin angelegt, da
sein Zweck das beständige Sammeln und Wach-
sen ist. Es kennt also einen Anfang, aber kein
Ende. Die Ausstellung hingegen formiert sich
immer nur für einen bestimmten Zeitraum, nach
dessen Verstreichen sie nur noch medial ver-
mittelt werden kann, aber nicht mehr in seiner
Gänze nachzuvollziehen ist. Auch widerspricht
die ausgesprochene Unveränderbarkeit der Aus-
stellung dem Archivbegriff, der dieses als sich
ständig wandelnd, vergrößernd und verkleinernd
beschreibt. Eine Ausstellung ist in der Auswahl
seiner Exponate und Räumlichkeiten in der Re-
gel ein statisches Gefüge, welches über die fest-
gelegte Dauer immer gleich bleibt. Eine weitere
Frage ist die nach der Zugänglichkeit. Der Raum
der Ausstellung steht in der Regel dem Betrach-
ter und somit der Öffentlichkeit offen und lädt
diesen explizit zur Betrachtung aller Exponate
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ein. Das Archiv hingegen zeigt sich dem Betrach-
ter immer nur in geringen Ausschnitten bzw. in
einzelnen Trägern, die das gesamte Archiv stell-
vertretend repräsentieren. Der eigentliche Raum
des Archivs und seine Gesamtheit bleibt dem Be-
trachter prinzipiell verborgen und unzugänglich.
Auch die Tatsache, dass eine Ausstellung der kla-
ren Autorschaft der Kuratoren unterliegt, mag
zuerst dem wahllos alles Neue sammelnden au-
torlosen Archivgedanken entgegenstehen. Doch
ergibt sich an dieser Stelle nun die Möglichkeit
Einschränkungen in die Überlegung zu integrie-
ren, die die Gelegenheit bieten Gemeinsamkeiten
zu finden. So mag das alles umfassende abstrakte
Gebilde Archiv ohne regulierende Instanz agie-
ren, jede einzelne Institution folgt jedoch ihren
ganz eigenen Sammlungsansätzen. Es entsteht
also auch hier eine Auslese, die sich in den Autor-
schaften der Institutionen unterscheidet.
Auch lässt sich feststellen, dass die Ordnung
innerhalb einer Ausstellung durchaus archivähn-
liche Züge tragen kann. So etwa die Anordnung
der Exponate nach bestimmten Kriterien, sowie
deren Beschriftung und Kenntlichmachung als
Teil in einem größeren Gefüge von Dingen. Des
Weiteren stellt eine Ausstellung immer auch das
Ergebnis eines Sammelvorgangs und der Geste
des Beiseitelegens dar.
Was jedoch am Beispiel einer Sammlungs-
ausstellung, also einer Zusammenstellung von
Stücken aus dem vorhandenen Bestand einer In-
stitution deutlich wird, ist, dass eine Ausstellung
immer nur in der Lage ist, einen Ausschnitt von
einem größeren, nicht anwesenden Fundus dar-
zustellen.
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„Was jedoch am Beispiel
einer Sammlungsausstellung […]
deutlich wird, ist, dass eine Aus-
stellung immer nur in der Lage
ist, einen Ausschnitt von einem
größeren, nicht anwesenden
Fundus darzustellen.“
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Eine Ausstellung kann also nur unter be-
stimmten einschränkenden Prämissen als Ar-
chiv verstanden werden und dann auch lediglich
als Verweis auf ein Archiv. Sei dies ein Archiv in
Form des Gesamtwerks eines Künstlers, einer
Sammlung, einer Institution oder Ähnliches. Die
Ausstellung repräsentiert einen Ausschnitt des
Archivs, es verweist auf dessen umfassende Prä-
senz hinter der Ausstellung und legt die Spur zu
diesem.
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Index
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Fotograf ien aus Florenz
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Fotograf ien aus Barcelona
_ MG _ 0119_ MG _ 0322_ MG _ 0 4 8 4_ MG _ 0 6 01_ MG _ 4 8 6 0_ MG _ 4 874_ MG _ 4 875_ MG _ 4 877
:
Fotograf ien aus Amsterdam
_ MG _175 4_ MG _1835_ MG _189 9_ MG _1919_ MG _1939_ MG _194 8_ MG _ 2077
:
Fotograf ien aus Ber l in
_ MG _ 3 476_ MG _ 3514_ MG _ 3515_ MG _ 3520_ MG _ 3521_ MG _ 3537_ MG _ 35 4 6_ MG _ 35 47_ MG _ 3555_ MG _ 35 63_ MG _ 35 65
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Impressum
:
Das Zeichen im Raum des ArchivsFlor ian Beddig
:
Diese Arbeit ents tand im Rahmen des interdiszipli -nären Seminars „Präsentat ionsformen der Kunst und des Wissens“ ( V ic tor ia von Flemming, Ulr ike Stolt z, Studierende des Kommunikationsdesign und der Kunst wissenschaf t ), welches inhalt l ich auf einem vor-angegangenen Projek t „Experiment Archiv“ auf baute (Dör te Eißfeldt, V ic tor ia von Flemming, Kathar ina Sy-kora, Studierende der Freien Kunst und der Kunst wis-senschaf t ) und das Thema er weiter te und for t set z te:
„Archiv Künstlerbuch“.
:
Schr i f tenAvenir und PT Ser i f
:
PapierCover - BIOTOP
Innen - Staples colored Paper
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Braunschweig Sommersemester 2012
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