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E-Learning in Hessischen Schulen
Bericht zur Evaluation des Pilotprojekts hessen.eEducation
Juli 2011
Herausgeber Institut für Informationsmanagement Bremen GmbH (ifib) Am Fallturm 1 28359 Bremen Geschäftsführer: Prof. Dr. Herbert Kubicek Gerichtsstand: Amtsgericht Bremen, HRB 21271 Telefon: ++49(0)421 218-56580 Telefax: ++49(0)421 218-56599 E-Mail: info@ifib.de www.ifib.de Im Auftrag des Hessischen Kultusministeriums (HKM) Autorinnen und Autoren/Verantwortliches Projektteam Dr. Stefan Welling Louisa Karbautzki, M.A., B.Sc. Dipl.-Inf. Nicole Büsching Prof. Dr. Andreas Breiter unter Mitarbeit von: Michaela Meyer Sandra Neumann Joy Backhaus Ansprechpartner Prof. Dr. Andreas Breiter © ifib GmbH 2011
III
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse ......................................................... 1
1 Projekthintergrund ................................................................................................... 5
2 Anlage der Untersuchung ......................................................................................... 7
2.1 Quantitative Untersuchungsschritte ................................................................. 7
2.2 Qualitative Untersuchungsschritte ................................................................... 9
3 Einsatz digitaler Medien in der Schule ..................................................................... 11
4 Der Einsatz von Lernplattformen in der Schule ........................................................ 19
4.1 Die Nutzung von Lernplattformen durch die Lehrkräfte.................................. 19
4.2 Die Nutzung von Lernplattformen durch die Schülerinnen und Schüler ......... 31
5 Technische Voraussetzungen für den Einsatz von Lernplattformen .......................... 42
5.1 Der Zugang zu den digitalen Medien in der Schule ....................................... 42
5.2 Der Zugang zu den digitalen Medien im häuslichen Bereich ......................... 46
6 Technische und medienpädagogische Unterstützung .............................................. 51
7 Wissen und Wissenserwerb der Lehrkräfte .............................................................. 56
7.1 Orientierungen und Einstellungen der Lehrkräfte gegenüber den digitalen Medien .......................................................................................... 56
7.2 Die unterschiedlichen Pfade des Wissenserwerbs ......................................... 63
7.2.1 Lehrerausbildung ......................................................................................... 63
7.2.2 Wissenserwerb im Austausch mit Kolleginnen und Kollegen ......................... 64
7.2.3 Fortbildungen ............................................................................................... 66
8 Schulkulturelle und -organisationale Einbettung von Lernplattformen .................... 69
8.1 Die Rolle der Schulleitung ............................................................................ 69
8.2 Innerschulische Kooperation, Kommunikation und Wissensmanagement ...... 74
8.3 Medienkonzept und Schulprogramm ............................................................ 82
8.4 Externe schulorganisatorische Vorgaben und Qualitätssicherung .................. 84
8.5 Die spezifische Funktion der Edunex-Koordinatoren ...................................... 87
9 Die Bedeutung von Lern- und Lehrmaterialien für den Einsatz von Lernplattformen ...................................................................................................... 89
10 Fazit und Handlungsempfehlungen ......................................................................... 93
Literaturverzeichnis .............................................................................................. 100
Anhang 1: Fragebögen .......................................................................................... 102
A.1 Lehrkräfte ................................................................................................... 102
A.2 Schulleitungen ............................................................................................ 114
A.3 Eltern ......................................................................................................... 120
IV
A.4 Schülerinnen und Schüler ............................................................................ 122
Anhang 2: Leitfäden ............................................................................................... 126
Anhang 3: Transkriptionshinweise ........................................................................ 130
Anhang 4: Hinweise zu den Gruppendiskussionen und Interviews .......................... 131
V
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Schulformen der hessen.eEducation Projektschulen (n=99) ................... 5
Abbildung 2: Häufigkeit des Einsatzes digitaler Medien im Unterricht (schulweite Befragung der Lehrkräfte) ........................................................... 11
Abbildung 3: Nutzungsszenarien beim Einsatz von digitalen Medien (Fallstudienbefragung der Schülerinnen und Schüler) .................................. 12
Abbildung 4: Einstellung zu Computer und Internet im schulischen Kontext (Fallstudienbefragung der Eltern) ................................................................. 14
Abbildung 5: Lernplattformen im Einsatz (Mehrfachantwort, schulweite Befragung der Lehrkräfte, n=136) .................................................................. 19
Abbildung 6: Erwartungen an Lernplattformen (schulweite Befragung der Lehrkräfte, Mehr-fachantworten, n=403) ....................................................... 20
Abbildung 7: Nutzungsszenarien beim Einsatz von Lernplattformen (schulweite Befragung der Lehrkräfte) ............................................................................ 20
Abbildung 8: Fächer, in denen Lernplattformen eingesetzt werden (schulweite Befragung der Lehrkräfte, n=97) ................................................................... 21
Abbildung 9: Einschätzung der zukünftigen Bedeutung von Lernplattformen (schulweite Befragung der Lehrkräfte) .......................................................... 31
Abbildung 10: Nutzungsszenarien beim Einsatz von Lernplattformen im Unterricht Schüler/innen (schulweite Befragung der Lehrkräfte) ................... 32
Abbildung 11: Nutzungsszenarien beim Einsatz von Lernplattformen (Fallstudienbefragung der Schülerinnen und Schüler) .................................. 33
Abbildung 12: Nutzungshäufigkeit von Lernplattformen (Fallstudienbefragung der Schülerinnen und Schüler) ..................................................................... 33
Abbildung 13: Einsatz von Lernplattformen nach Unterrichtsfächern (Fallstudienbefragung der Schülerinnen und Schüler) .................................. 35
Abbildung 14: IT-Zugangsmöglichkeiten (schulweite Befragung der Lehrkräfte) ...... 42
Abbildung 15: Computernutzung von Schülerinnen und Schülern während der Freistunden oder Pausen (Fallstudienbefragung der Schülerinnen und Schüler)........................................................................................................ 43
Abbildung 16: Computer- und Internetnutzung zu Hause (Fallstudienbefragung der Schülerinnen und Schüler) ..................................................................... 49
Abbildung 17: Erster Anspruchspartner bei Problemen mit Lernplattformen (Umfrage Lehrkräfte, n=129).......................................................................... 52
Abbildung 18: Das Thema „Einsatz von digitalen Medien im Unterricht“ in der Lehrerausbildung (schulweite Befragung der Lehrkräfte) .............................. 64
Abbildung 19: Austausch mit Kolleg/innen über Lernplattformen (schulweite Befragung der Lehrkräfte, Mehrfachantworten, n=181) .................................. 65
Abbildung 20: Schulinterne Fortbildungsthemen der letzten 12 Monate (schulweite Befragung der Lehrkräfte, Mehrfachantworten, n=164) ............... 67
Abbildung 21: Grund für die Teilnahme an hessen.eEducation (schulweite Befragung der Schulleitungen, Mehrfachantworten, n=141) ........................... 70
Abbildung 22: Gründe für die Einführung einer Lernplattform (schulweite Befragung der Schulleitungen, Mehrfachantworten, n=191) ........................... 70
Abbildung 23: Maßnahmen zur Förderung der Nutzung von Lernplattformen (schulweite Befragung der Schulleitungen, Mehrfachantworten, n=88) .......... 71
VI
Abbildung 24: Innerschulische Vereinbarungen zum Medieneinsatz (Mehrfachantworten, schulweite Befragung der Schulleitungen) ................... 75
Abbildung 25: Bereitstellung von Inhalten durch die Lehrkräfte via Lernplattform (schulweite Befragung der Lehrkräfte, n=116) ................................................ 82
Abbildung 26: Beurteilung der Inhalte auf Edunex (schulweite Befragung der Lehrkräfte) .................................................................................................... 90
Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Rücklauf der schulweiten Befragungen ...................................................... 8
Tabelle 2: Rücklauf der Fallstudienbefragungen ........................................................ 8
Tabelle 3: Bewertungen der Funktionen von Edunex (schulweite Befragung der Lehrkräfte und IT-Beauftragten) .................................................................... 22
Tabelle 4: Problemtypen beim Einsatz von Edunex und anderen Lernplattformen (Umfrage, Administratoren) .......................................................................... 23
Tabelle 5: Technische Ausstattung und Zugang zuhause (Fallstudienbefragung der Eltern ..................................................................................................... 47
Tabelle 6: Technische Ausstattung und Zugang zuhause (Fallstudienbefragung der Eltern) .................................................................................................... 48
Tabelle 7: Differenzierung der technischen und (medien-)pädagogischen Unterstützung (Quelle: Breiter et al. 2010: 184) .............................................. 51
Tabelle 8: Betreuungspersonal an den Schulen (Umfrage unter den Schulleitern) ................................................................................................. 51
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse 1
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse Das Land Hessen hat 2009 zusammen mit dem Unternehmen T‐Systems das Pi‐lotprojekt hessen.eEducation als Public‐Private‐Partnership zur Erprobung der Lernplattform Edunex gestartet. Daran sind 99 hessische Schulen beteiligt. Hin‐tergrund der Initiative sind einerseits die heterogenen Nutzungsformen von un‐terschiedlichen Lernplattformen in den Schulen. Andererseits hoffen die Initiato‐ren, dass die Verbreitung von E‐Learning an den Schulen zur Umsetzung zentra‐ler bildungspolitischer Ziele wie der stärkeren individuellen Förderung der Schülerinnen und Schüler beiträgt. Zudem soll der Einsatz digitaler Medien in Form von Lernplattformen und digitalen Lern‐ und Lehrmaterialien den Lehr‐kräften erlauben, Lernprozesse mit einfachen Mitteln und ohne wesentlichen Zusatzaufwand zu begleiten. Die zentralen Ergebnisse der Untersuchung lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
• Eine schulweite Nutzung durch alle Lehrkräfte und Schülerinnen und Schü‐ler von Lernplattformen bzw. von edunex findet sich noch an keiner Schule. Stattdessen bleibt es bei einem individuellen Zugang bzw. einem Zugang von interessierten Gruppen zum Teil sogar unterschiedlicher technischer Syste‐me. Die Einbettung von Lern‐ bzw. Organisationsplattformen in den Schul‐entwicklungsprozess mit pädagogisch‐didaktischen, organisatorischen und personalentwicklerischen Maßnahmen steht noch aus.
• Fast 80 Prozent der befragten Lehrkräfte setzen den Computer mindestens gelegentlich im Unterricht ein. Lernplattformen nutzen sie vorrangig, um den Schülerinnen und Schüler Materialien zur Verfügung zu stellen. 63 Prozent tun dies mindestens gelegentlich. Knapp die Hälfte der befragten Lehrkräfte nutzt Lernplattformen auch zur Kommunikation mit Schülerinnen und Schü‐ler und etwas weniger (43%) setzt sie auch für Recherchezwecke ein. Die Nutzung scheint sich aber noch auf einzelne Fächer (v.a. Informatik, Mathe‐matik und die Naturwissenschaften) zu konzentrieren.
• Ca. 85 Prozent der befragten Schülerinnen und Schüler arbeiten gerne mit den digitalen Medien und fast genauso viele sähen es gerne, wenn der Me‐dieneinsatz noch intensiviert würde. Die Nutzung von Lernplattformen er‐möglicht aus Sicht der Schülerinnen und Schüler ein höheres Maß an eigen‐verantwortlichem Lernen und an Sicherheit und Strukturiertheit beim Um‐gang mit Arbeitsmaterialien.
• Ansatzweise wird deutlich, dass sich durch E‐Learning‐Angebote spezifisch auf die Schülerinnen und Schüler zugeschnittene Lernprozesse einfacher um‐setzen lassen, indem z.B. der Einsatz einer Lernplattform einen differenzier‐teren Unterricht erleichtert. Allerdings beklagen die Lehrkräfte einen Mangel an dafür benötigten qualitativ hochwertigen digitalen Lern‐ und Lehrmateri‐alien. Dieses Manko fällt doppelt ins Gewicht, da den Projektschulen offenbar versprochen wurde, dass Lehrkräften über Edunex hochwertiger Content re‐nommierter Schulbuchverlagen unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden würde.
• Einige der Pilotschulen haben offensichtlich schon vor Projektbeginn mit Lernplattformen gearbeitet und waren kaum bereit auf ein anderes Produkt
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse 2
umzusteigen. Gerade zu Projektbeginn auftretende technische Probleme ha‐ben diese Haltung offensichtlich in vielen Fällen noch verstärkt. Im Juni 2010 gaben nur 37 Prozent der befragten Lehrkräfte an, dass an ihrer Schule Edunex genutzt wird. Edunex wird von den Lehrkräften nach Schulnoten deutlich schlechter bewertet als andere Lernplattformen.
• Lernplattformen werden nicht nur zur Unterstützung von Lern‐ und Lehr‐prozessen eingesetzt, sondern an den Fallstudienschulen auch zur innerschu‐lischen Organisation im Kollegium. Hier zeigt sich ein doppeltes Potential, das bislang aber nur selten in den Schulen ausgeschöpft wird. Gleichzeitig wurde von Lehrkräften und Schulleitungen die „Informationsflut“ beklagt, die mit der Nutzung von Plattformen (und v.a. E‐Mail) einhergeht und den Arbeitsalltag zunehmend mitbestimmt.
• Lehrkräfte waren immer dann motiviert, Lernplattformen einzusetzen, wenn sich aus ihrer Sicht positive Rationalisierungseffekte erzielen ließen. Dazu gehört die einfachere Distribution von Unterrichtsmaterialien, die leichtere Überprüfung von Schülerarbeiten oder auch die verbesserten Möglichkeiten der selbständigen Erarbeitung von Unterrichtsinhalten. Voraussetzung ist neben der Verfügbarkeit auch eine einfache Nutzbarkeit (Usability) der Lernplattform. Dies war ein zentraler Kritikpunkt der Lehrkräfte an edunex. Der zweite zentrale Kritikpunkt waren die fehlenden oder – je nach Fach – ungenügenden digitalen Lern‐ und Lehrmaterialien. Nur in Ausnahmefällen waren die Lehrkräfte damit zufrieden.
• An allen Schulen gibt es interne Ansprechpartnerinnen oder ‐partner für technischen und medienpädagogischen Support. Die Zufriedenheit mit der Qualität der externen Unterstützung der Schulen variiert erheblich. Der tech‐nische Support bleibt die „Achillesferse“ der schulischen Medienintegration. Lehrkräfte fühlen sich alleine gelassen und die lokalen IT‐Administratoren können die komplexe IT‐Infrastruktur nur bedingt organisieren. Zentrale Dienste wie eine Lernplattform können helfen, diesen Aufwand zu reduzie‐ren, sofern dafür entsprechende Ressourcen für den Support bereitstehen.
• Das Modell der Edunex‐Koordinatoren, die jeweils ca. zehn lokal mehr oder weniger eng verbundene Schulen bei der Integration der Lernplattformen un‐terstützen sollten, muss optimiert werden, u.a. weil die Koordinatoren nicht über die erforderlichen Ressourcen verfügten, einzelne Schulen gezielt bei der Integration von Edunex zu unterstützen.
• Nicht alle Schulen verfügen über die technisch‐organisatorischen Vorausset‐zungen, um jederzeit von jedem Ort mit einer Lernplattform arbeiten zu können. Gleiches gilt für den privaten Zugang der Schülerinnen und Schüler. An den beiden Fallstudienschulen steht knapp zehn Prozent der Kinder zu Hause kein Internetanschluss zur Verfügung. Hier sind kurz‐ bis mittelfristig alternative Lösungen zu entwickeln. Darüber hinaus sind die Verfahren zur Authentifizierung sehr umständlich und aufwändig für die Administratoren, da für jedes System ein eigener Account erforderlich ist. Daher würde ein einheitliches Log‐In (Single‐Sign‐On) für alle in der Schule genutzten Infor‐mations‐, Kommunikations‐ und Lernmanagementsysteme die Handhabung erheblich vereinfachen.
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse 3
• Die Eltern in den beiden Fallstudienschulen haben grundsätzliches Interesse, die Lernverläufe ihrer Kinder auch über Online‐Medien zu verfolgen. Aller‐dings besteht hier noch kein einheitliches Bild über die Möglichkeiten und Grenzen. Sie sind zudem nicht bereit, sich an der Finanzierung von (auch) in der Schule zu nutzenden Laptops zu beteiligen. Rund 40 Prozent der befrag‐ten Eltern in den Fallstudienschulen lehnen dies ganz ab und ein weiteres Drittel ist eher dagegen.
• Die Teilnahme am Pilotprojekt hessen.eEducation war aus Sicht der Schullei‐tungen motiviert durch das generelle Interesse an der Arbeit mit Lernplatt‐formen im Unterricht (68%), sowie das Interesse an einem verbesserten Zu‐gang zu (digitalen) Lern‐ bzw. Lehrmaterialien (73%). Des Weiteren erhofften sich die Schulleitungen eine Verbesserung der eigenen technischen Ausstat‐tung (48%) sowie Zugang zu qualitativ hochwertigem Verlagscontent (40%) – eines der Versprechen des Pilotprojekts. 24 Prozent geben an, aus speziellem Interesse an Edunex an dem Projekt teilgenommen zu haben.
• Die Schulleitungen als zentrale Promotoren von Innovationen bedienen sich verschiedener Mittel, um die Einbettung von Lernplattformen in den Schul‐alltag zu unterstützen. Dazu gehören die Unterrichtsverteilung, die gezielte Öffnung von Handlungsspielräumen, das Einsetzen von Steuerungsgruppen sowie eine aktive Personalentwicklung.
• Zur Personalentwicklung gehören auch Fortbildungen. Über die Hälfte der befragten Schulleitungen (61%) gibt an, regelmäßig u.a. Fortbildungen zur Nutzung von Lernplattformen zu veranlassen. 52 Prozent der befragten Lehrkräfte haben in den letzten zwölf Monaten mindestens eine Fortbildung zur Arbeit mit Lernplattformen besucht. Fortbildungen werden vor allem in‐tern durchgeführt.
Ein Innovationsprojekt dieser Größenordnung braucht ein zentrales Projektma‐nagement, das die Schulen einbezieht und den Prozess steuert. Hier gab es zu Beginn erhebliche Reibungsverluste mit den Schulen, die später deutlich redu‐ziert werden konnten, allerdings nachdem einige Schulen schon abgesprungen waren. Zudem wäre eine formative Evaluation (extern oder intern) bereits von Anfang an sinnvoll gewesen, um die Ergebnisse noch in die Projektsteuerung einfließen lassen zu können.
Auf Basis der Ergebnisse der summativen Evaluation lassen sich folgende Hand‐lungsempfehlungen für die Weiterentwicklung von E‐Learning im Allgemeinen und der Arbeit mit Lernplattformen im Besonderen aussprechen:
1. Integration von E‐Learning in die Lehrerausbildung und Lehrerfortbildung sowie die Personalentwicklungsmaßnahmen für Schulleitungen (sowohl als Werkzeug als auch als Gegenstand)
2. Verbesserung der infrastrukturellen Voraussetzungen für E‐Learning in den Schulen (und in den Haushalten)
3. Integration von E‐Learning in die Beratungs‐ und Unterstützungssysteme für Schulen und Verbesserung des technischen Supports
4. Entwicklung, Einkauf und Bereitstellung von digitalen Lern‐ und Lehrmate‐rialien
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse 4
5. Verbindung des Lernplattformeinsatzes mit schulorganisatorischen und unterrichtlich‐inhaltlichen Aspekten
6. Stärkere Berücksichtigung von E‐Learning und Lernplattformnutzung in der Qualitätssicherung und ‐entwicklung
Wir gehen davon aus, dass aufgrund neuer pädagogisch‐didaktischer Konzepte zur Förderung individueller Lernprozesse, technologischer Innovationen (wie Virtualisierung und Cloud Computing) und organisatorischer Notwendigkeiten (Verdichtung der Aufgaben des Schulmanagements, sowie Finanzierung und Folgekosten für Support) die Nutzung von zentral bereitgestellten Lernplattfor‐men in den nächsten Jahren in den Schulen zunehmen wird. Das Land Hessen hat mit dem Pilotprojekt einen ersten Schritt getan – dies muss nun in enger Ko‐operation mit den Schulen und den kommunalen Schulträgern in einen länger‐fristigen Schulentwicklungsprozess eingebettet werden.
1 Projekthintergrund 5
1 Projekthintergrund In vielen Bundesländern wird seit einigen Jahren an Konzepten zur Förderung von E‐Learning im Schulbereich gearbeitet. Darunter wird im engeren Sinne der zeit‐ und ortsunabhängige Zugriff auf und das Arbeiten mit Lern‐ und Lehrma‐terialien durch Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte verstanden sowie die Möglichkeit, in „virtuellen Klassenräumen“ oder „virtuellen Lehrerzimmern“ zu kommunizieren und zu kooperieren. Als informationstechnische Basis dient da‐für ein sogenanntes Lernmanagementsystem (LMS) bzw. eine Lernplattform, die in der Regel über das Internet zur Verfügung gestellt wird. Ein zweiter Kernbe‐reich ist die Bereitstellung von digitalen Materialien (Content) für Lern‐ und Lehrprozesse über geeignete Mediendistributionsverfahren.
Das Land Hessen hat 2009 das Pilotprojekt hessen.eEducation als Public‐Private‐Partnership zur Erprobung der Plattform Edunex zusammen mit dem Unter‐nehmen T‐Systems gestartet. Daran sind 99 hessische Schulen beteiligt (vgl. Ab‐bildung 1).
Abbildung 1: Schulformen der hessen.eEducation Projektschulen (n=99)
Hintergrund des Projektes sind einerseits die heterogenen Nutzungsformen ver‐schiedener Lernplattformen in den Schulen. Dort entwickelt sich E‐Learning sehr unterschiedlich, je nach Engagement der einzelnen Lehrkraft oder der institutio‐nellen Verankerung durch die Schulleitung. Andererseits hofft man, dass die Verbreitung von E‐Learning an den Schulen zur Realisierung zentraler bildungs‐politischer Ziele beiträgt. Dazu zählt erstens die Förderung des eigenständigen individuellen Lernens. Durch die Nutzung der zeit‐ und ortsunabhängigen Mög‐lichkeiten von E‐Learning‐Angeboten sollen spezifisch auf die Schülerinnen und Schüler zugeschnittene Lernprozesse gefördert werden. Zweitens soll der Einsatz digitaler Medien den Lehrkräften erlauben, Lernprozesse mit einfachen Mitteln und ohne wesentlichen Zusatzaufwand zu begleiten. Drittens soll E‐Learning zur Schließung inhaltlicher und regionaler Angebotslücken beitragen, die sich aus dem demografischen Wandel ergeben (z.B. Teilnahme an besonderen Kursen via
16%
30%
17%
18%
2%
17%
Grund‐, Haupt‐, Real‐und Förderschule
Gymnasium
Integrative Gesamtschule
Kooperative Gesamtschule
Abendschule
Berufsschule
1 Projekthintergrund 6
E‐Learning, die an einer Schule nicht (mehr) als Präsenzangebot gemacht werden können).
Der vorliegende Bericht verdeutlicht zum einen auf der Grundlage standardisier‐ter Befragungen sowie qualitativer Interviews und Gruppendiskussionen, in welcher Weise und in welchem Umfang E‐Learning bzw. der Einsatz von Lern‐plattformen an den Projektschulen zum Tragen kommt. Zum anderen werden die internen und externen Rahmenbedingungen der Medienintegration an den Projektschulen untersucht und dargestellt. Darunter fallen die Orientierungen und Einstellungen der Lehrkräfte, die unterschiedlichen Pfade des für die Me‐dienpraxis unerlässlichen Wissenserwerbs, medienpädagogische und technische Unterstützung, Zugang zur IT‐Infrastruktur die schulkulturelle und organisatio‐nale Einbettung sowie die ausreichende Verfügbarkeit geeigneter digitaler Inhal‐te. Vor diesem Hintergrund lassen sich abschließend Handlungsfelder und ‐aufgaben für die Unterstützung der weiteren Integration von E‐Learning an den hessischen Schulen der Sekundarstufe I und II formulieren.
2 Anlage der Untersuchung 7
2 Anlage der Untersuchung Zur wissenschaftlichen Evaluation des Pilotprojekts hessen.eEducation wurden die bisher in den Projektschulen eingesetzten E‐Learning‐Plattformen (mit einem Schwerpunkt auf Edunex) hinsichtlich ihrer Nutzung im Unterricht und außer‐halb des Unterrichts durch Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler unter‐sucht. Ziel war es, die bisherige Nutzung empirisch valide zu rekonstruieren und kritische Erfolgsfaktoren für eine nachhaltige Integration in den Schulalltag zu identifizieren sowie Einsatzszenarien zu finden, die einen pädagogisch sinnvol‐len und im Aufwand vertretbaren Einsatz von E‐Learning im Unterricht und außerhalb des Unterrichts beschreiben.
Dazu war es erforderlich, zum einen die zentralen bildungspolitischen Ziele und die daraus ableitbaren curricularen Rahmenbedingungen mit den Szenarien ver‐gleichend zu analysieren und dabei die Rolle der selbstständigen Schule zu be‐rücksichtigen. Zum anderen sollten die Lehrkräfte der Schulen, die am Projekt teilnehmen, befragt werden. Dabei sollten auch alternative Plattformen und ihre Nutzung in der Schule thematisiert werden. Dazu kommen vertiefende qualitati‐ve Fallstudien an zwei Schulen, um die Erfolgsfaktoren und Schwierigkeiten, die mit der schulischen Integration von E‐Learning Plattformen einhergehen aus unterschiedlicher Perspektive heraus zu analysieren.
2.1 Quantitative Untersuchungsschritte
Im Juni 2010 fand eine schulweite Onlinebefragung der Lehrkräfte und IT‐Beauftragten an den 99 Projektschulen statt. Die Schulleitungen wurden ebenfalls aufgefordert, einen Fragebogen auszufüllen. Dieser wurde sowohl papier‐ als auch computerbasiert bereitgestellt. Neben den spezifischen Produkterfahrungen mit und ‐bewertungen von Edunex und anderen eingesetzten Lernplattformen wurden in der Erhebung vor allem Daten zu IT‐Ausstattung und Zugangsmög‐lichkeiten, dem Einsatz digitaler Medien im Unterricht, internen und externen Support‐ und Austauschstrukturen sowie Fortbildungsangeboten erfasst.
Die Rücklaufquoten konnten aufgrund der ungenauen Grundgesamtheit (die genaue Zahl der Lehrkräfte, IT‐Beauftragten und Schulleitungsmitglieder waren a priori unbekannt) nicht exakt berechnet werden. Näherungsweise und erwar‐tungsgemäß aufgrund des Themenfeldes lagen sie bei den Lehrkräften niedrig (ca. 2%) und bei Administratorinnen bzw. Administratoren hoch (ca. 88%). Die Schulleitungen überraschten mit einer Umfragebeteiligung von ca. 47 Prozent (vgl. Tabelle 1).
2 Anlage der Untersuchung 8
Tabelle 1: Rücklauf der schulweiten Befragungen
Größe der befragten Gruppe
Anzahl der Umfrageteil-nehmerinnen und -teilnehmer
Rücklaufquote (nähe-rungsweise geschätzt)
Lehrkräfte ca. 7.500 156 2%
Schulleitung ca. 100 47 47%
IT-Beauftragte ca. 100 88 88%
Die Verteilung der Antworten von Lehrkräften, IT‐Beauftragten und Schullei‐tungen auf die verschiedenen Schulformen entspricht dabei trotz der durch‐wachsenen Fallzahlen in etwa der Zusammensetzung der Projektschulen.
Aufgrund des hohen Anteils an Gymnasien unter den Projektschulen ergibt sich somit eine hohe Beteiligung von Lehrkräften, die an Gymnasien (46%) bzw. in der Sekundarstufe II (43%) unterrichten, mit Schwerpunkten in Naturwissen‐schaften (24%), Sprachen (19%) und Mathematik (16%). Die Altersstruktur der Lehrkräfte zeigt sich recht ausgeglichen, es ist mit 22 Prozent eine leichte Domi‐nanz in der Altersgruppe der über 55‐jährigen festzustellen. Lehrkräfte im Alter von bis zu 29 Jahren sind hingegen nur mit sieben Prozent vertreten. Beim Dienstalter lassen sich deutlichere Unterschiede feststellen. Hier liegt ein starker Schwerpunkt auf Lehrkräften mit bis zu 14 Dienstjahren. 23 Prozent der beteilig‐ten Lehrkräfte sind seit einem bis vier Jahren im Dienst, 41 Prozent seit fünf bis vierzehn Jahren.
Im Rahmen der zwei Fallstudien wurden im Zeitraum von Februar bis März 2011 zusätzliche Befragungen der Schülerinnen und Schüler (wahlweise papier‐ oder computerbasiert) und Eltern (papierbasiert) an zwei Projektschulen durch‐geführt. Somit konnten Daten von 153 Eltern über Zugang und Nutzung digitaler Medien im häuslichen Bereich sowie Erfahrungen und Einstellungen zu digitalen Medien in der Schule gesammelt werden. 248 Schülerinnen und Schüler beant‐worteten außerdem Fragen über konkrete Nutzungsformen digitaler Medien zu Hause und in ihrer jeweiligen Schule (vgl. Tabelle 2).
Tabelle 2: Rücklauf der Fallstudienbefragungen
A-Stadt Gymnasium
B-Stadt Gesamtschule
Einwohnerzahl 65.000 5.500
Schülerzahl 1.300 1.000
Schülerinnen und Schüler 149 99
Eltern 80 73
Für die Diskussion der Ergebnisse der Analyse dieser Daten ist hervorzuheben, dass die Schülerinnen und Schüler aus A‐Stadt wesentlich älter sind als die aus B‐Stadt. 78 Prozent der Schülerinnen und Schüler, die in A‐Stadt an der Befragung teilgenommen haben, besuchen die 10. oder eine höhere Klasse. Sie haben ein Durchschnittsalter von 16 Jahren. Die B‐Städter Schülerinnen und Schüler haben dahingegen ein Durchschnittsalter von 13 Jahren. Über die Hälfte (56%) besucht die 7. Klasse, insgesamt sind 76 Prozent in der 8. Klasse oder tiefer. Das Verhält‐nis von männlichen (47% in A‐Stadt, 43% in B‐Stadt) zu weiblichen (53% in A‐Stadt, 57% in B‐Stadt) Umfrageteilnehmern ist hingegen etwa gleich.
2 Anlage der Untersuchung 9
2.2 Qualitative Untersuchungsschritte
Neben den im letzten Kapitel ausgeführten quantitativen Schritten wurden im Rahmen des Projektes qualitative Interviews und Gruppendiskussionen geführt. Im Mai 2010 wurde eine Gruppendiskussion mit zehn Edunex‐Koordinatoren geführt, die gleichzeitig den Feldzugang zu den Projektschulen ermöglichte. Die Erkenntnisse, die in der Gruppendiskussion gewonnen wurden, dienten auch als Grundlage für die Konzeptionierung der anschließenden schulweiten Onlinebe‐fragung. Im Dezember desselben Jahres wurden außerdem Fallstudien an zwei Projektschulen durchgeführt. Das Gymnasium in A‐Stadt hat sich im Projektver‐lauf intensiv um die Integration von Edunex in den Unterrichtsalltag bemüht. An der Gesamtschule in B‐Stadt hatte man schon vor Teilnahme an dem Pilotprojekt mehrere Jahre mit der Lernplattform lo‐net² gearbeitet, so dass davon ausgegan‐gen werden konnte, dass die Lehrkräfte sowie die Schülerinnen und Schüler der Schule bereits über umfangreiche Kenntnisse im Umgang mit Lernplattformen verfügen.
Das Gymnasium gehört zu A‐Stadt, in der ca. 65.000 Menschen leben, viele Schü‐lerinnen und Schüler kommen aber auch aus dem die Stadt umgebenden Land‐kreis. Das Gymnasium wird von zirka 1.300 Schülerinnen und Schülern besucht, die von über 100 Lehrkräften unterrichtet werden. Die Gesamtschule in B‐Stadt befindet sich im Gegensatz dazu in einer ländlichen Region, im Ort selber leben ca. 5.500 Menschen, im dazugehörigen Landkreis ca. 160.000 Menschen. Die Schule besuchen von der fünften bis zur zehnten Klasse ca. 1.000 Schülerinnen und Schüler, die von etwa 60 Lehrerinnen und Lehrern unterrichtet werden. An der Schule gibt es auch Nachmittagsangebote, es handelt sich aber um keine „echte“ Ganztagsschule, sondern um eine Schule mit pädagogischer Mittagsbe‐treuung. Die am Nachmittag stattfindenden Angebote sind neigungsbezogen, d.h. die Teilnahme ist freiwillig.
Am Gymnasium in A‐Stadt wurde im November 2010 eine Gruppendiskussion mit dem Schulleiter Herrn Ahlbrand1 sowie dem Lehrer Herrn Schmidt durchge‐führt, der u.a. als Schul‐ und Edunex‐Koordinator am Projekt mitwirkte (Gruppe Birke). Dazu kommt eine weitere Gruppendiskussion mit elf Schülerinnen und Schülern der Oberstufe, an der neben Herrn Schmidt ein weiterer Lehrer (Herr Dübeler) teilnahm, der sich mit Herrn Schmidt die Rolle als Schul‐ und Edunex‐Koordinator teilte (Gruppe Lerche). Im Anschluss an die Gruppendiskussion wurde noch ein kurzes Interview mit den beiden Lehrern geführt (Gruppe Zyp‐resse). An der Gesamtschule in B‐Stadt wurden im Dezember 2010 je ein Inter‐view mit dem Schulleiter Herrn Lachmann und Herrn Ulmenbach (Leiter des Real‐schulzweigs und IT‐Beauftragter) sowie eine Gruppendiskussion mit drei Lehr‐kräften (Gruppe Kastanie) geführt.
Die Gruppendiskussionen und Interviews wurden leitfadengestützt geführt, um alle im Rahmen der vorliegenden Untersuchung zu bearbeitenden Fragestellun‐gen adäquat zu adressieren. Alle erhobenen Daten wurden digital aufgenommen und anschließend nach gängigen Regeln vollständig transkribiert (vgl. Kapitel 0).
1 Die Namen der Personen und der Schulen wurden bei allen Interviews geändert.
2 Anlage der Untersuchung 10
Neben der Abarbeitung des Leitfadens wurde insbesondere bei den Gruppen‐diskussionen darauf geachtet, möglichst viele selbstläufige Phasen zu initiieren, um den Diskutierenden die Möglichkeit einzuräumen, ihre Orientierungen und Einstellungen im Gespräch zu artikulieren. Denn erst, wenn sich die Diskussion einer Gruppe in ihrer Eigenständigkeit entfalten kann, kommen die Relevanzsysteme ihrer Mitglieder zum Vorschein.
Im Zuge der Datenanalyse wurde sämtliches Material zunächst kodiert. Alle Codes wurden induktiv aus dem Material heraus entwickelt. Um die Menge der Codes zu reduzieren wurden nach Abschluss der Kodierung Codes mit gleicher oder sehr ähnlicher Bedeutung zusammengefasst. Anschließend wurden die Codes entlang der Forschungsfragen und anhand von weiteren für die Untersu‐chung relevanten, aus dem Material rekonstruierbaren Themen soweit möglich zu Kategorien zusammengefasst, um den thematisch geleiteten Zugang zum Ma‐terial zu erleichtern. Außerdem wurden Sequenzen identifiziert, die entweder Fokussierungscharakter besitzen, oder aufgrund anderer relevanter diskursana‐lytischer oder inhaltlicher Merkmale für die Auswertung besonders relevant wa‐ren. Erstere zeichnen sich vor allem durch ein hohes Maß an interaktiver Dichte und Selbstläufigkeit aus und verweisen auf Orientierungen, die im Zentrum der jeweiligen Gruppe stehen. Letzteres können z.B. Erklärungstheorien oder Kon‐klusionen sein, mit deren Hilfe die Teilnehmenden der Gruppendiskussionen oder die Interviewten weitere zentrale Aspekte der ihrer Handlungspraxis zu‐grunde liegenden Orientierungen der empirischen Analyse zugänglich machen. Zum Zwecke ihrer Darstellung werden die Orientierungen und Einstellungen in abstrahierter Form dargestellt und anhand ausgewählter Sequenzen aus den In‐terviews und Gruppendiskussionen exemplifiziert.
3 Einsatz digitaler Medien in der Schule 11
3 Einsatz digitaler Medien in der Schule Der Einsatz von Lernplattformen in der Schule muss im Kontext der Nutzung anderer (digitaler) Medien betrachtet werden, da die Nutzung häufig ineinander übergeht und miteinander verschränkt ist. Die Lehrerin erstellt z.B. ein Arbeits‐blatt mit Hilfe eines Textverarbeitungsprogramms und stellt es mittels Edunex zur Verfügung. Die Schülerinnen und Schüler laden das Arbeitsblatt herunter, bearbeiten es ebenfalls mit Hilfe eines Textverarbeitungsprogramms und setzen eventuell weitere Medien wie z.B. das Internet als Informationsquelle ein, um die gestellten Aufgaben zu lösen. Daher thematisieren wir zunächst die generelle Nutzung der digitalen Medien in den Pilotschulen. Die Häufigkeit des Einsatzes der digitalen Medien zeigt sich in der Befragung recht unterschiedlich ausge‐prägt. Während über 42 Prozent der befragten Lehrkräfte angeben, den Compu‐ter regelmäßig im Unterricht zu nutzen, und etwa ein Drittel dies auch vom In‐ternet und Beamer berichten, kommen Interaktive Whiteboards (IWBs) und No‐tebooks noch deutlich seltener zum Einsatz. Hier findet eine regelmäßige Nut‐zung nur in 14 bzw. 15 Prozent der Fälle statt. 27 Prozent der befragten Lehrkräf‐te geben sogar an, Notebooks gar nicht zu nutzen. 44 Prozent nutzen keine IWBs (vgl. Abbildung 2). Dazu muss aber gesagt werden, dass Notebooks und IWBs in der Schule weitaus seltener verfügbar sind, als die zu Anfang genannten digita‐len Medien (vgl. Kapitel 5.1).
Abbildung 2: Häufigkeit des Einsatzes digitaler Medien im Unterricht (schulweite Befragung
der Lehrkräfte)
In der Befragung der Schülerinnen und Schüler an den Fallstudienschulen wird deutlich, wozu diese Medien im Unterricht genutzt werden.
32,9
16,0
14,9
37,0
43,5
36,8
31,9
17,7
38,4
36,1
15,1
15,3
11,3
14,5
12,2
7,2
6,3
11,3
10,1
8,2
4,6
26,4
44,7
4,3
3,4
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
Beamer (n=147)
Notebooks (n=138)
Interaktive Whiteboards (n=141)
Internet (n=144)
Computer (n=152)
Regelmäßig (mindestens mehrmals pro Woche) Gelegentlich (einmal pro Woche bis einmal pro Monat)
Selten (maximal einmal pro Monat) Sehr selten (maximal zweimal im Schulhalbjahr)
Gar nicht
3 Einsatz digitaler Medien in der Schule 12
Abbildung 3: Nutzungsszenarien beim Einsatz von digitalen Medien (Fallstudienbefragung
der Schülerinnen und Schüler)
3 Einsatz digitaler Medien in der Schule 13
An der Gesamtschule in B‐Stadt werden Computer und Internet beispielsweise von beinahe der Hälfte der Schülerinnen und Schüler (49%) mindestens einmal pro Woche eingesetzt, um im Unterricht freie Internetrecherchen durchzuführen (34% führen mindestens einmal pro Woche vorgegebene Recherchen durch). Auch in A‐Stadt kommen Computer häufig zur freien Internetrecherche (43%) zum Einsatz. Vorgegebene Recherchen spielen bei den durchschnittlich älteren Schülerinnen und Schülern in A‐Stadt eine geringere Rolle. Rund ein Viertel (24%) der befragten Schülerinnen und Schüler in B‐Stadt nutzen den Computer auch häufig, um Texte zu schreiben. Außerdem stellen beide Schülergruppen regelmäßig Referate mit Computer und Beamer vor. In A‐Stadt tun dies 40 Pro‐zent der Schülerinnen und Schüler häufig, in B‐Stadt 21 Prozent. Bild‐ oder Vi‐deobearbeitung sowie das Erstellen von Internetseiten oder Blogbeiträgen kom‐men im Rahmen des Unterrichts kaum vor. Lediglich Wikis kommen in mehr als einem Drittel der Fälle an beiden Schulen noch „manchmal“ bis „häufig“ zum Einsatz. Zur Kommunikation via E‐Mail, zur Bearbeitung gemeinsamer Aufga‐ben oder zur Betrachtung von Versuchen oder Simulationen werden Computer ebenfalls – wenn auch weniger häufig – eingesetzt, vor allem von den Schülerin‐nen und Schülern in A‐Stadt. Soziale Netzwerke wie schuelerVZ, facebook o.ä. spielen keine Rolle und werden somit von über drei Viertel der Schülerinnen und Schüler weder in A‐ noch in B‐Stadt für die Schule genutzt. Zusammenfassend deutet die Befragung der Schülerinnen und Schüler darauf hin, dass digitale Me‐dien vorrangig zum Produzieren von Texten, zur Recherche und zum Präsentie‐ren eingesetzt werden – wobei der Grad der Selbständigkeit bei diesen Aktivitä‐ten vom Alter der Schülerinnen und Schüler abzuhängen scheint (vgl. freie Re‐cherchen und Präsentationen in A‐Stadt).
Gleichzeitig stimmen über 80 Prozent der befragten Eltern der beiden Schulen in A‐Stadt und B‐Stadt mindestens tendenziell der Aussage zu, dass der Einsatz von Computer und Internet für die Schule ihres Kindes einen hohen Stellenwert hat. Fast die Hälfte der befragten Eltern in B‐Stadt stimmen der Aussage voll zu, dass Computer und Internet im Unterricht ihrer Kinder regelmäßig eingesetzt werden sollen. 65 Prozent würden es gerne sehen, dass von ihren Kindern in der Schule erstellte Materialien auch zu Hause über das Internet erreichbar sind. Die Eltern in A‐Stadt stehen dem Einsatz von Computer und Internet kritischer gegenüber und stimmen zu etwas mehr als einem Drittel eher gegen die regelmäßige Nut‐zung dieser Medien im Unterricht. Dennoch stimmen weniger Eltern in A‐Stadt zumindest tendenziell der Aussage zu als in B‐Stadt, dass sie es gut fänden, wenn im Unterricht weniger mit Computer und Internet und dafür mehr mit Büchern usw. gearbeitet würde (48% vs. 36%).
3 Einsatz digitaler Medien in der Schule 14
Abbildung 4: Einstellung zu Computer und Internet im schulischen Kontext (Fallstudienbefragung der Eltern)
3 Einsatz digitaler Medien in der Schule 15
Bezüglich der Möglichkeit, sich über den Lernfortschritt ihrer Kinder im Internet informieren zu können, zeigen sich die Eltern in A‐Stadt verhaltener. Etwa zwei Drittel interessieren sich weniger bis gar nicht dafür. In B‐Stadt hingegen würde es über die Hälfte der Eltern zumindest tendenziell begrüßen, sich auf diesem Wege über den Lernverlauf ihrer Kinder zu informieren.
In der Fallstudienbefragung der Schülerinnen und Schüler zeigt sich zunächst eine sehr positive Haltung bezüglich des Einsatzes von digitalen Medien im Un‐terricht. Auf die Frage, ob die Schülerinnen und Schüler gerne öfter mit Compu‐ter in der Schule arbeiten würden und ob sie allgemein gerne mit dem Computer arbeiten, gibt es wenig unterschiedliche Antworten: 81 (A‐Stadt) bis 82 Prozent (B‐Stadt) der Schülerinnen und Schüler würden mehr Einsatz von Computern in der Schule begrüßen und 86 (A‐Stadt) bis 89 Prozent (B‐Stadt) arbeiten sehr gerne mit diesem Medium.
Entsprechend stimmen beide Fallstudiengruppen auch der Aussage zu, dass sie lieber mit dem Computer als auf Papier schreiben, wobei die älteren Schülerin‐nen und Schüler aus A‐Stadt noch zu gut einem Drittel (36%) Papier bevorzugen; im Vergleich zu 19 Prozent der jüngeren Schülerinnen und Schüler aus B‐Stadt. Auch bei der Frage nach der Präferenz zwischen Absprachen im Klassenraum oder via E‐Mails antworten die Schülerinnen und Schüler aus A‐Stadt „traditio‐neller“ mit 78 Prozent, dass sie sich lieber persönlich besprechen. Bei den Schüle‐rinnen und Schülern in B‐Stadt halten sich die Antworten in etwa die Waage: 52 Prozent bevorzugen das persönliche Gespräch, 48 Prozent das computervermit‐telte.
Zum Lernen setzen die Schülerinnen und Schüler aus B‐Stadt vermehrt auf digi‐tale Inhalte. 58 Prozent von ihnen geben an, besser mit dem Computer als mit Büchern und kopierten Zetteln lernen zu können. Als Vorbereitung für Klassen‐arbeiten drucken sich allerdings noch 45 Prozent alle Unterlagen aus. In A‐Stadt setzen hingegen noch fast zwei Drittel (62%) auf Bücher und kopierte Zettel. 58 Prozent drucken ihre Unterlagen zum Lernen aus.
Die Lehrkräfte an den beiden Fallstudienschulen, mit denen wir im Rahmen von Gruppendiskussionen gesprochen haben, setzen die digitalen Medien regelmä‐ßig und in vielfältiger Weise im Unterricht und für die Arbeit mit den Schülerin‐nen und Schülern ein. Herr Anberger, Herr Cordes und Herr Bauer von der Gesamt‐schule in B‐Stadt kommunizieren z.B. ganz selbstverständlich per E‐Mail mit ih‐ren Schülerinnen und Schülern und die ersten beiden, genauso wie Herr Schmidt vom Gymnasium in A‐Stadt setzen u.a. auch private Internetseiten ein, um ihre Schülerinnen und Schüler mit über den Unterricht hinausgehenden Informatio‐nen zur Unterstützung der verschiedenen Lernprozesse zu versorgen (vgl. auch Kapitel 4.1).
An der Gesamtschule in B‐Stadt werden die Schülerinnen und Schüler ab der 5. Klasse systematisch an die Nutzung der digitalen Medien herangeführt. Grund‐lage dafür bildet ein in dieser Jahrgangsstufe zu erwerbender PC‐ bzw. Compu‐terführerschein, der sich über ein Schulhalbjahr erstreckt und über mehrere Jahre hinweg kontinuierlich (weiter‐)entwickelt wurde. Die Schülerinnen und Schüler
3 Einsatz digitaler Medien in der Schule 16
lernen dabei sowohl, wie sie sich an LANIS2 anmelden und dort Daten speichern, als auch die grundlegende Bedienung im Unterricht regelmäßig zum Einsatz kommender Softwareprogramme (z.B. Textverarbeitung), und sie werden zudem medienpädagogisch auf den sicheren Umgang mit Social Network Sites vorberei‐tet.
Bezüglich der methodisch‐didaktischen Ausrichtung der Lernprozesse der Schü‐lerinnen und Schüler fokussieren die Interviews und Diskussionen mit den Lehr‐kräften und Schulleitungsmitgliedern immer wieder die verstärkte Förderung oder Durchsetzung von mehr Binnendifferenzierung und Individualisierung im Unterricht sowie von Selbstlernprozessen. Der folgende Ausschnitt aus dem In‐terview mit Herrn Ulmenbach von der Gesamtschule in B‐Stadt fasst diese Ent‐wicklungen sowie einen Teil der dabei bestehenden Bezüge zum Einsatz der di‐gitalen Medien prägnant zusammen:
Um: Also im Grunde genommen denke ich, die Tendenz muss
eindeutig sein und ist eindeutig, es muss hingehen zum individuellen Lernen (1) und die neuen Medien sind absolut natürlich der Punkt, die das fordern und die diesen Prozess natürlich herausfordern und auch begleiten und auch zur Selbstverständlichkeit werden lassen (.) dass der Lehrer in die andere Rolle kommt, nicht des alleinwissenden Unterhalters oder so was, sondern des (.) desjenigen, der dem Schüler hilft, seinen Lernprozess zu organisieren (Interview Ulmenbach)
Die stärkere Individualisierung des Unterrichts ist demnach unverzichtbar. Die digitalen Medien würden diesen Prozess ohne jeglichen Zweifel „fordern [...], herausfordern und auch begleiten“. Demnach kann erstens die Aneignung der digitalen Medien nicht auf eine individuelle Lernpraxis verzichten bzw. muss jede Schülerin und jeder Schüler eine individuelle Aneignungsstrategie entwi‐ckeln und verfolgen. Zweitens stellen Medienpraxen etablierte Formen des indi‐viduellen Lernens in Frage. Wer sich z.B. im Zuge der selbstständigen Erarbei‐tung eines Referats vorhandener Quellen bedient und im Copy‐Paste‐Verfahren einzelne Teile zu einem neuen Dokument zusammenfügt, hat formal eine eigen‐ständige Leistung erbracht, das mit der gestellten Aufgabe verfolgte Lernziel aber sicherlich nicht erreicht. Die Lehrkräfte sind an solchen Stellen gefragt, Lernziele und für deren Realisierung geeignete Methoden bzw. Medien in ein adäquates Passungsverhältnis zu bringen. Wenn dies gelingt, können die (digita‐len) Medien im übertragenen Sinne Lernprozesse auch begleiten. Eine Lernplatt‐form kann z.B. zur Unterstützung von Selbstlernprozessen eingesetzt werden, in dem dort entsprechende Aufgaben abgelegt werden, Hilfsmittel (z.B. Dokumente oder Links) bereitgestellt werden und Möglichkeiten angeboten werden, das Er‐gebnis des Lernprozesses zu archivieren und für Bewertungsprozesse zugänglich zu machen. Damit einher geht ein Rollenwechsel der Lehrkräfte, die ihr Wis‐sensmonopol einbüßen und nicht mehr in erster Linie als Lehrende auftreten,
2 LANIS steht für „Leicht administrierbare Netze in Schulen“ und ist ein beim Amt für
Lehrerbildung (AfL) angesiedeltes Projekt für die Einrichtung, Verwaltung und Nut‐zung schulischer Netzwerke.
3 Einsatz digitaler Medien in der Schule 17
sondern vor allem die Schülerinnen und Schüler bei der Organisation ihrer eige‐nen Lernprozesse unterstützen.
Solche Veränderungen erfordern ein erhöhtes Maß an Kommunikation zwischen Lernenden und Lehrenden. Auch dabei können die digitalen Medien eingesetzt werden. Am Gymnasium in A‐Stadt kommunizieren Lehrkräfte z.B. mit Schüle‐rinnen und Schülern auch per E‐Mail. Wie der folgende Ausschnitt aus der Dis‐kussion mit der Gruppe Lerche illustriert, scheint aber selbst in der Oberstufe die Relevanz dieser Form der Kommunikation noch nicht besonders ausgeprägt zu sein.
Em: Das ist eigentlich in fast allen Kursen so, dass man
zumindest die E-Mail Adresse vom Lehrer hat, weil man relativ häufig Materialien geschickt bekommt, also hab ich jetzt in relativ vielen Fächern so, aber der der E-Mailverkehr ist meist relativ ein einseitig
Dm: └@(3)@ Em: wenn man als Schüler außer Handouts zurückschicken, ähm
(.) nicht oft auf persönlich irgendwelche Sachen im (.........) absprechen möchte, das ist
Dm: └Ja, es gibt dann immer so einzelne Schüler, die melden sich dann auch so, also jetzt so aus Sicht meines ich hab so, weiß so ‘ne Handvoll Schüler, die sich regelmäßig auch per E-Mail bei mir melden, aber das Gros der Schüler, da hast du Recht, das ist eher so eine Einbahnstraße
Em: └Ja Dm: (in der) Kommunikation (Gruppe Lerche)
Laut dem Schüler Erik werden den Schülerinnen und Schülern in fast allen Fä‐chern von den Lehrkräften „relativ häufig Materialien geschickt“, d.h. die Distri‐bution von Unterrichtsmaterialien auf diesem Wege scheint bei den Lehrkräften relativ weit verbreitet zu sein. Allerdings sei diese Kommunikation auch recht „einseitig“. Denn viele Schülerinnen und Schüler haben anscheinend über das Versenden von Handouts hinaus wenig Interesse daran, mit ihren Lehrkräften auf diesem Wege über Themen zu kommunizieren, die als „persönlich“ bewertet werden. Insofern scheint die direkte interpersonale Kommunikation für die Be‐arbeitung von Themen, die die eigene Person betreffen nach wie vor das Medium der Wahl zu sein. Herr Dübeler bestätigt die Aussagen von Erik, in dem er bestä‐tigt, dass nur eine kleine Gruppe von Schülerinnen und/oder Schülern regelmä‐ßig per E‐Mail mit ihm kommuniziert. Er spricht im Kontext der computerver‐mittelten Lehrer‐Schüler‐Kommunikation von einer „Einbahnstraße“, d.h. einer einseitig linearen Form der Kommunikation. Damit stellt sich u.a. die Frage, ob Lernplattformen an dieser Art der Kommunikation etwas zu verändern vermö‐gen.
In der Fallstudienbefragung der Schülerinnen und Schüler wird jedoch gleichzei‐tig deutlich, dass die Kommunikation via E‐Mail noch lange nicht flächende‐ckend verläuft. Für ein (A‐Stadt) bis drei Prozent (B‐Stadt) der befragten Schüle‐rinnen und Schüler sind tatsächlich „alle“ ihre Lehrerinnen und Lehrer per E‐Mail erreichbar, für 13 (A‐Stadt) bis 23 (B‐Stadt) sind es noch „viele“. Die meisten
3 Einsatz digitaler Medien in der Schule 18
Schülerinnen und Schüler (77% in A‐Stadt und 66% in B‐Stadt) geben an, dass sie zumindest „einige“ Lehrkräfte etwas per E‐Mail fragen können.
Ein ähnliches Verhältnis zeigt sich bei der Frage nach der Anzahl von Lehrkräf‐ten, die ihren Schülerinnen und Schülern Materialien für die Schule per E‐Mail schicken. In A‐Stadt erhalten 76 Prozent der Schülerinnen und Schüler zumindest von „einigen“ Lehrkräften auf diesem Wege Informationen, in B‐Stadt 68 Pro‐zent. In 17 Prozent der Fälle erhalten die A‐Städter Schülerinnen und Schüler von keinem ihrer Lehrerinnen und Lehrer E‐Mails, in B‐Stadt ist es ein Viertel. Die Kommunikation per E‐Mail ist übrigens nicht auf jene zwischen Lehrenden und Lernenden beschränkt. Auch die Eltern stehen teils per E‐Mail mit den Lehrkräf‐ten ihrer Kinder in Kontakt, wenn auch sehr selten. Die Lehrkräfte ihrer Kinder sind für zwölf Prozent der A‐Städter und elf Prozent der B‐Städter Eltern tenden‐ziell (auch) per E‐Mail erreichbar.
4 Der Einsatz von Lernplattformen in der Schule 19
4 Der Einsatz von Lernplattformen in der Schule Die verfügbaren Daten deuten darauf hin, dass zumindest an einigen der Pro‐jektschulen bereits vor der Einführung von Edunex mit Lernplattformen gearbei‐tet wurde. So zeigt die Befragung der Lehrkräfte, dass 32 Prozent z.B. auch lo‐net2 einsetzen und 23 Prozent Moodle. Es ist unwahrscheinlich, dass diese Lern‐plattformen zeitgleich mit Edunex eingeführt wurden. Interessanterweise geht der Einsatz von Edunex mit 37 Prozent nur unwesentlich über den von lo‐net2 hinaus (vgl. Abbildung 5).
Abbildung 5: Lernplattformen im Einsatz (Mehrfachantwort, schulweite Befragung der
Lehrkräfte, n=136)
Der Einschätzung der befragten Lehrkräfte zufolge scheint die Nutzung von Lernplattformen an den Schulen noch nicht weit verbreitet zu sein. Allerdings zeigt der Vergleich der Antworten der Lehrkräfte mit den Einschätzungen der Schulleitungen und der IT‐Beauftragten deutliche Unterschiede in der Wahr‐nehmung. Während 78 Prozent der Schulleitungen davon ausgehen, dass Edunex an ihrer Schule genutzt wird, glauben das nur 39 Prozent der IT‐Beauftragten.
4.1 Die Nutzung von Lernplattformen durch die Lehrkräfte
Mit welcher Erwartung gehen nun diejenigen Lehrkräfte, die Lernplattformen in ihrem Unterricht einsetzen (wollen), an dieses Medium heran? Die größten Moti‐vatoren sind die Annahmen, dass der Einsatz von Lernplattformen im Unterricht zur Förderung des selbständigen Lernens beiträgt (76%), das Lernen außerhalb des Klassenraums (65%) und eine verbesserte individuelle Förderung der Schüle‐rinnen und Schüler ermöglicht. Auch ortsunabhängige Einsatzszenarien wie die Verbindung unterschiedlicher Lernorte (58%) oder verbesserte Möglichkeiten auf Unterrichtsausfall zu reagieren (49%) spielen eine Rolle (vgl. Abbildung 6).
37,1%
25,8%
32,5%
23,2%
2,6%5,3%
25,8%
%
%
%
%
%
%
%
%
%
Edunex Hessischer Bildungsserver
Lo‐net² Moodle Edunite Sonstige Keine
4 Der Einsatz von Lernplattformen in der Schule 20
Abbildung 6: Erwartungen an Lernplattformen (schulweite Befragung der Lehrkräfte, Mehr-
fachantworten, n=403)
Von den Lehrkräften werden die Lernplattformen – ähnlich dem im vorherigen Kapitel beschriebenen Einsatz von E‐Mail – vorrangig dazu genutzt, Schülerin‐nen und Schülern Materialien zur Verfügung zu stellen. 63 Prozent geben an, dies regelmäßig oder mindestens gelegentlich zu tun (vgl. Abbildung 7).
Abbildung 7: Nutzungsszenarien beim Einsatz von Lernplattformen (schulweite Befragung
der Lehrkräfte)
49 Prozent geben an, die Plattform für die Kommunikation mit ihren Schülerin‐nen und Schülern zu nutzen. Recherchezwecke werden zu 43 Prozent verfolgt. Die außerunterrichtliche Nutzung wie die Kommunikation mit oder das Bereit‐stellen von Materialien für Kolleginnen und Kollegen spielt eine geringere Rolle.
7,7
58,7
65,4
49,0
38,5
28,8
76,9
62,5
% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90%
Andere
Verbindung unterschiedlicher Lernorte
Lernen außerhalb des Klassenraums
Bessere Reaktion auf Unterrichtsausfall (Vertretung)
Erhöhung der Attraktivität der Schule
Verbesserte Zusammenarbeit der Lehrkräfte
Förderung des selbständigen Lernens
Verbesserte individuelle Förderung der Schüler/innen
6,3
10,0
12,6
4,6
17,4
25,7
21,4
21,8
30,6
13,9
32,1
38,1
12,5
21,8
13,5
13,9
18,3
15,0
9,8
16,4
11,7
16,7
7,3
10,6
50,0
30,0
31,5
50,9
24,8
10,6
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Kommunikation mit anderen Lehrkräften (n=112)
Bereitstellung von Materialien für ihre Kollegen/innen (n=110)
Themenrecherche für die Unterrichtsplanung (n=111)
Durchführung und Auswertung von Tests (n=108)
Kommunikation mit Ihren Schüler/innen (n=109)
Upload von Materialien für Schüler/innen (n=113)
Regelmäßig (mindestens mehrmals pro Woche) Gelegentlich (einmal pro Woche bis einmal pro Monat)
Selten (maximal einmal pro Monat) Sehr Selten (maximal zweimal im Schulhalbjahr)
Gar nicht
4 Der Einsatz von Lernplattformen in der Schule 21
Die Durchführung und Auswertung von Tests findet schließlich am wenigsten Zuspruch. Nur 18 Prozent der Befragten nutzen diese Funktion zumindest gele‐gentlich.
Fragt man die Lehrkräfte nach den Fächern, in denen Lernplattformen eingesetzt werden, erhält man eine Übersicht, die der Verteilung der befragten Lehrkräfte auf ihre Fächer entspricht: Informatik, Mathematik und die Naturwissenschaften liegen hier vorne (vgl. Abbildung 8).
Abbildung 8: Fächer, in denen Lernplattformen eingesetzt werden (schulweite Befragung
der Lehrkräfte, n=97)
Auch die Edunex‐Koordinatoren berichten von einigen Schulen, primär ihren eigenen, an denen sowohl mit Edunex als auch mit anderen Lernplattformen gearbeitet wurde. An der Schule von Herrn Volmer habe man z.B. schon vor Be‐ginn des Projektes erfolgreich mit Moodle gearbeitet („läuft auch gut“), obgleich seiner Auskunft zufolge nur knapp 15 Prozent des 70‐köpfigen Kollegiums die digitalen Medien auch im Unterricht einsetzen. An dem Pilotprojekt habe man sich beteiligt, weil man zum einen daran interessiert war, mehr über die Lern‐plattform zu erfahren und sie im Unterricht auszuprobieren. Herr Volmer war drüber hinaus insbesondere daran interessiert, fertige Lerneinheiten abzurufen und an seine Schülerinnen und Schüler weiterzugeben. Seine Kolleginnen und Kollegen hätten Edunex aber nicht angenommen. Lehrkräfte aus unterschiedli‐chen Fachbereichen hätten ihm dazu z.B. signalisiert, dass sie die Lernplattform nicht brauchen könnten, u.a. weil sich die verfügbaren Materialien nicht zusam‐men mit einzelnen Lehrbüchern einsetzen ließen (vgl. Kapitel 9).
Die Medienkompetenzen der Schülerinnen und Schüler entwickeln sich nach Einschätzung der Lehrkräfte unter Einfluss der Nutzung von Lernplattformen unterschiedlich. Die Kompetenz in der Bedienung digitaler Medien scheint durch den Einsatz von Lernplattformen gefördert zu werden, während sie keinen Ein‐fluss auf das Reflektieren, Präsentieren und die Strukturierung von Arbeitser‐gebnissen zu haben scheint. Unter den Lehrkräften herrschte Uneinigkeit, was den Einfluss auf die Recherche‐ bzw. Produktionskompetenzen betrifft. So gaben 46 Prozent der Befragten an, dass die Recherchekompetenz sich erhöht habe, 52 Prozent konnten hingegen keinen Unterschied feststellen. Die Produktionskom‐
6%
10%
14%
2%
19%21%
1%1%
18%
8%Deutsch
Gesellschaftswissenscahften
Informatik
Kunst und Musik
Mathematik
Naturwissenschaften
sonstige
sonstiges
Sprachen
4 Der Einsatz von Lernplattformen in der Schule 22
petenz empfanden unter den Befragten 43 Prozent als gleichbleibend, während 57 Prozent angaben, dass sie sich erhöht habe.
Die Bewertung der einzelnen Funktionen von Edunex fällt recht ausgeglichen aus. Am positivsten wird von den Lehrkräften die Notizenfunktion mit einer Note von 2,7 bewertet, am wenigsten gefällt ihnen die Schulbibliothek mit einer Durchschnittsnote von 3,5. Insgesamt werden die verschiedenen Funktionen von Lehrkräften im Durchschnitt mit einer 3,1 bewertet, von den IT‐Beauftragten et‐was besser mit einer 2,9 (vgl. Tabelle 3).
Tabelle 3: Bewertungen der Funktionen von Edunex (schulweite Befragung der Lehrkräfte
und IT-Beauftragten)
Durchschnittsnote Lehrkräfte
Durchschnittsnote IT-Beauftragte
Lernumgebung 3,0 (n=48) 2,8 (n=60)
Schreibtisch 3,3 (n=43) 2,9 (n=54)
Schulbibliothek 3,5 (n=40) 3,1 (n=54)
Lehrerbibliothek 3,3 (n=14) 3,1 (n=58)
Globale Suche 3,0 (n=29) 2,8 (n=45)
Lernplan 3,1 (n=39) 2,8 (n=52)
Notizen 2,7 (n=29) 2,6 (n=40)
Kursverwaltung 3,3 (n=44) 3,2 (n=58)
Hausaufgaben 2,8 (n=41) 2,8 (n=57)
Foren 3,4 (n=29) 3,1 (n=48)
Virtuelles Klassenzimmer 3,1 (n=26) 3,1 (n=39)
Schwarzes Brett 2,9 (n=27) 3,0 (n=32)
Wiki 3,1 (n=24) 3,0 (n=30)
Ø 3,1 Ø 2,9
Auch in der Gesamtbewertung von Edunex zeigt sich, dass die Lehrkräfte und IT‐Beauftragten weniger zufrieden sind als mit anderen Lernplattformen. Die Lehrkräfte bewerteten Edunex mit einer Note von 3,8 und unter den Administra‐torinnen und Administratoren wurde die Note 3,6 vergeben, Befragt zu ihren Verbesserungsvorschlägen antworteten die Lehrkräfte jedoch zum größten Teil eher mit globalen Wünschen, statt spezifische Funktionen zu nennen. 28 Prozent der befragten Lehrkräfte gaben an, sich mehr Inhalte zu wünschen, 21 Prozent wünschten sich eine Verbesserung der Handhabung. Jeweils zehn Prozent wünschten sich die Möglichkeit, Aufgaben direkt in Edunex bearbeiten zu kön‐nen oder präferierten eine andere Lernplattform und gaben daher keine Verbes‐serungsvorschläge an.
Grundsätzlich entstehen bei der Nutzung von Edunex nach Aussagen der IT‐Administratorinnen und Administratoren in den Schulen die meisten Schwierig‐keiten bei der Anmeldung am System und beim Versuch neue Inhalte einzubin‐den (vgl. Tabelle 4).
4 Der Einsatz von Lernplattformen in der Schule 23
Tabelle 4: Problemtypen beim Einsatz von Edunex und anderen Lernplattformen (Umfrage,
Administratoren)
Problemtypen Edunex (Re-gelmäßig und gelegentlich)
Problemtypen Andere Lernplatt-formen (Regelmä-ßig und gelegent-lich)
Schwierigkeiten bei der
Anmeldung (n=62)
46,6% Schwierigkeiten bei der
Anmeldung (n=54)
22,2%
Fehlerhafte Handhabung
(der Lernplattform) (n=60)
29,5% Fehlerhafte Handhabung
(der Lernplattform) (n=56)
19,6%
Schwierigkeiten, auf Inhalte
zuzugreifen (n=61)
29,5% Technische Probleme (n=55) 18,2%
Schwierigkeiten, neue
Inhalte einzubinden (n=57)
29,5% Schwierigkeiten neue Inhal-
te einzubinden (n=56)
14,3%
Technische Probleme (n=61) 26,1% Software-Probleme (n=56) 14,3%
Software-Probleme (n=59) 15,9%
Ausfälle der Lernplattform
(n=60)
17,0%
Trotz solcher Schwierigkeiten haben am Gymnasium in A‐Stadt einige Lehrkräf‐te begonnen mit Edunex zu arbeiten. Dazu gehören Herr Schmidt und Herr Dübeler, die auch als Edunex‐Koordinatoren tätig sind. Herr Schmidt nutzt Edunex u.a. für die Arbeit mit seinem Englischleistungskurs. Die Schülerinnen und Schüler erhalten über den virtuellen Klassenraum u.a. Arbeitsaufgaben und nutzen die Plattform um die Ergebnisse von Einzel‐ und Gruppenarbeitsprozes‐sen abzulegen und verschiedenen Nutzergruppen zugänglich zu machen (vgl. Kapitel 4.2).
Im Gegensatz dazu setzt sein Kollege Herr Dübeler Edunex vor allem unterrichts‐begleitend ein, u.a. da sich die Nutzung von Lernplattformen nicht für alle Fä‐cher in gleicher Weise eigne. Als Mathematiklehrer bemängelt er z.B., dass es viel zu aufwändig sei, Kurvendiskussionen oder bestimmte Funktionen mit Hilfe eines Texteditors für die Darstellung in der Lernplattform aufzubereiten. In sei‐ner Funktion als Chemielehrer könne er z.B. auch keine Versuche innerhalb der Lernplattform vorbereiten. Hausaufgaben, die am Computer bearbeitet werden können, lässt Herr Dübeler sich von den Schülerinnen und Schülern teilweise per E‐Mail schicken, da der Aufwand zu hoch sei, sie unter Nutzung von Edunex an den Lehrer zurückzugeben. Von solchen Schwierigkeiten scheint Herr Schmidt weit entfernt zu sein. Zumindest in der Oberstufe scheint er Edunex regelmäßig einzusetzen. Seine ausgeprägte Vertrautheit mit den digitalen Medien erlaubt es ihm, die Lernplattform auch spontan im Unterricht einsetzen, z.B. im Englisch‐unterricht.
4 Der Einsatz von Lernplattformen in der Schule 24
Sm: Ich habe heute Edunex eingesetzt, weil ich habe heute Hausaufgaben vorgelesen und äh, einer las vor, ich dachte, um Gottes Willen, ich musste mich anstrengen, der erste der gelesen hat, das war also grottig, und habe dann bewusst noch die eine sehr gute Schülerin mitlesen lassen, und ich merkte, es spreizt (.) habe ich gesagt gut, ihr macht alle eure Hausaufgabe noch mal, digitalisiert die, stellt die ins Edunex ein, und vergleicht, ne (.)weil ich kann jemanden, wie dem Jungen dort hinten schwer erklären, weil er für meine Terminologie gar nicht zugänglich ist, weil er die nicht versteht (.) aber er versteht es vielleicht schneller, wenn er den Aufsatz von jemand anderem liest, ach: so hat er das gemacht (.) so findet also ein Wissenstransfer statt, ein Synergie-Effekt zwischen den Lerngruppen, zwischen den Schwächeren und Stärkeren und dafür nutze ich es gerne (.) und natürlich Sprache, Textanalyse, es ist wunderbar, ich habe hier das Smartboard-Gedicht, ich muss mir nicht die Finger wund schreiben, ich habe die Präsentation mit `ner, mit einem visuellen Impuls, da habe ich zehn, zwanzig Stück davon, so, und dann habe ich den Text da, zapp-zapp-zapp-zapp wird das Ding skandiert, dann wird unterstrichen, Reim, Metrum, rechts daneben wird aufgeschrieben, was es ist, die Schüler müssen nicht mitschreiben, am Ende der Stunde sicher ich das, stelle ins Edunex, Ende (.) wer mitschrieben möchte, okay (.)(Gruppe Zypresse)
Dem Einsatz der Lernplattform geht das Vorlesen der Hausaufgaben durch die Schülerinnen und Schüler voraus. Nachdem er mit der Lesefähigkeit eines Schü‐lers überhaupt nicht zufrieden ist, lässt Herr Schmidt zusätzlich eine sehr gute Schülerin vortragen. Dabei bemerkt er, dass sich eine erhebliche Diskrepanz be‐züglich der Qualität der Leistung der Schülerinnen und Schüler auftut. Daher beschließt er, dass sie ihre Hausaufgaben noch einmal anfertigen sollen, um sie dann in den virtuellen Klassenraum des Englischkurses zu laden und unterei‐nander vergleichen zu können. Die Entscheidung des Lehrers basiert u.a. auf der Annahme, dass er dem leistungsschwachen Schüler nicht erklären kann, wie er seine Leistung im vorliegenden Fall verbessern kann. Es bestehe aber durchaus die Chance, dass der Schüler anhand des Vergleichs seiner Arbeit mit den Ergeb‐nissen seiner Mitschülerinnen und ‐schüler versteht, wie er einen besseren Text schreibt bzw. bestimmte Fehler vermeidet. Auf diese Weise, so Herr Schmidt, ent‐stehe ein „Synergieeffekt“ zwischen unterschiedlich leistungsstarken Schülerin‐nen und Schülern, sodass letztlich das Leistungsniveau des gesamten Kurses steigen könne.
Herr Schmidt setzt die Lernplattform auch im Zuge von Textanalyse im Deutsch‐unterricht zusammen mit einem IWB ein. Die eigentliche Textanalyse findet am IWB statt. Auch dabei entstehen positive Rationalisierungseffekte, da der Lehrer die Texte zuhause vorbereiten kann und sie nicht mehr von Hand an die Tafel schreiben muss. Außerdem deutet seine Beschreibung darauf hin, dass mit Hilfe des IWBs schneller gearbeitet werden kann, als an der herkömmlichen Tafel. Die Schülerinnen und Schüler könnten sich gleichzeitig vollkommen auf die Analyse konzentrieren, da sie nicht gezwungen sind, eigene Mitschriften anzufertigen. Denn alle Ergebnisse der Unterrichtsstunde inklusive aller Aufzeichnungen,
4 Der Einsatz von Lernplattformen in der Schule 25
stellt Herr Schmidt den Schülerinnen und Schülern anschließend als Datei in ih‐rem virtuellen Klassenraum zur Verfügung.
Im Anschluss an die wiedergegebene Sequenz weist der Lehrer noch darauf hin, dass die Schülerinnen und Schüler mit jeder Stunde eine stetig wachsende Chro‐nologie der im Unterricht oder in anderen Kontexten (z.B. häusliche Gruppenar‐beit) erarbeiteten Lerninhalte erhalten. Diese Unterlagen stehen den Lernenden kontinuierlich zur Verfügung und können später auch für die Abiturvorberei‐tung genutzt werden, ohne dass dabei ein Verlustrisiko besteht. Auch die Schüle‐rinnen und Schüler schätzen diese Möglichkeit sehr (vgl. Kapitel 4.2).
Zum Zeitpunkt des Eintritts in das Projekt hessen.eEducation wurde an der Ge‐samtschule in B‐Stadt bereits seit längerem mit Lernplattformen gearbeitet. Laut Auskunft des Schulleiters habe vor mindestens sechs Jahren eine kleine Gruppe von Lehrkräften begonnen, den Einsatz von lo‐net2 im Unterricht zu erproben. Herr Lachmann habe diese Initiative aufgegriffen und aktiv unterstützt, als er er‐kannt hat, dass der Einsatz einer Lernplattform in der Schule dazu beitragen könne zwei seiner Hauptprobleme zu bearbeiten, erstens die Verbesserung der Kommunikation und des Informationsflusses im Kollegium und zweitens die stärkere Individualisierung der Lernprozesse seiner Schülerinnen und Schüler (vgl. auch Kapitel 8.2). Obwohl die Schule bereits über eine etablierte Lernplatt‐form verfügte, hat sie sich dennoch am Projekt hessen.eEducation beteiligt, da vom Projektträger u.a. der Wunsch geäußert wurde, Edunex mit lo‐net2 zu ver‐gleichen. Dieser Wunsch konnte aber nicht erfüllt werden, da sich Edunex, wie der folgende Ausschnitt aus der Diskussion mit der Lehrergruppe Kastanie zeigt, an der Schule nicht durchsetzen konnte.
Am: Wir waren da wohl an dem Pilotprojekt beteiligt, ich
glaub, das hat der Jürgen gemacht, Jürgen Ulmenbach, und noch ein paar andere, da haben wir uns nie zu durchringen können (.) also lo-net ja, aber Edunex hat also hier für den Durchschnittslehrer überhaupt keine Rolle gespielt, es waren fünf, sechs Lehrer, die das probiert haben und haben sich dann aber auch dagegen entschieden (1) weil wir schon sehr früh lo-net eingeführt hatten plus, plus LANIS gibt’s ja von unserem Schulträger diese, ja Netzwerkadministrationsplattform, auch die gewisse, hat auch den Charakter einer Lernplattform, halt intern im Haus (.) und das waren so die beiden Pferde, auf die wir gesetzt haben (Gruppe Kastanie)
Mit Beginn des Projektes hat sich, wie an der Schule üblich, eine kleine Gruppe gebildet, um die angebotene Innovation auszuprobieren und einer internen Eva‐luation zu unterziehen (vgl. Kapitel 8.2). Die Lehrkräfte hätten sich dann aber gegen die weitere Erprobung bzw. eine Verankerung von Edunex in der Schule ausgesprochen. Dazu hätten zum einen erhebliche Schwierigkeiten bei der tech‐nischen und administrativen Handhabung von Edunex beigetragen (vgl. Kapitel 5).
4 Der Einsatz von Lernplattformen in der Schule 26
Zum anderen habe man an der Schule zu diesem Zeitpunkt nicht nur schon mit lo‐net2 sondern auch mit LANIS gearbeitet.3 Auf einen Server in der Schule auf‐gespielt, verwaltet LANIS u.a. die Log‐Ins der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrkräfte, stellt beiden Homeverzeichnisse zur Verfügung und erlaubt die Regelung des Zugangs auf das Internet. Allerdings kann auf LANIS nur inner‐halb der Schule zugegriffen werden. Dennoch setzen zumindest die Lehrkräfte aus der Gruppe Kastanie für die Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern lieber LANIS als lo‐net2 ein, da dabei ein reibungsloser Nutzungsablauf und damit die Realisierung von Rationalisierungsvorteilen wahrscheinlicher ist. Denn zum ei‐nen kennen die meisten Schülerinnen und Schüler ihre Zugangspasswörter für LANIS, da sie sich dort für jede Nutzung des Computers anmelden müssen. Zum anderen funktioniert LANIS als lokale Anwendung unabhängig davon, ob das Internet funktioniert oder nicht, was einen weiteren Störfaktor des compu‐terunterstützten Arbeitens ausschließt. Auch Herr Bauer aus der Gruppe Kastanie berichtet, dass ihm die Möglichkeiten von LANIS für seine Arbeit mit den digita‐len Medien im Fach Englisch völlig ausreiche und er keinen Bedarf sieht, dort zusätzlich noch mit einer Lernplattform zu arbeiten. Neben solchen eher techni‐schen Aspekten sind Lernprozesse untrennbar verbunden mit Kommunikati‐onsprozessen, die genauso wie erstere durch den Einsatz von Lernplattformen verändert werden. Der folgende Ausschnitt aus dem Interview mit Herrn Ulmen‐bach veranschaulicht diesen Aspekt.
Um: Das ist die eine Geschichte, dass sich dadurch schon die
Kommunikationsbedingungen, glaube ich, etwas verändern, dass der Lehrer näher an die Schüler rückt (.) er ist für sie sofort, unmittelbar erreichbar, auch mal am Nachmittag (.) und in allen Fällen ist es so, dass dort ein (.) ja, gepflegtes miteinander Gespräch in irgendeiner Form geführt wird (.) manche trauen sich nicht, und so weiter, aber wenn das eingeführt ist, ist es durchaus so, dass man mit seinen Schüler und dann individuell ins Gespräch dann schon durchaus kommt, nach Befindlichkeiten fragt, wie geht es dir, und so weiter (1) soweit das nicht (.) den Lehrer nervt oder, ist klar, gell (1) ja, ich würde sagen, also einmal diese neue Kommunikationsform und dann ist es oft so, dass die, die meistgenannte Funktion ist dann die Dateiablage (.) der Lehrer veröffentlicht seine Info in der Dateiablage und sagt den Schülern, Achtung, ihr findet es dort (Interview Ulmenbach)
Der Einsatz einer Lernplattform verändert zum einen die „Kommunikationsbe‐dingungen“ an der Schule, indem sich die Distanz zwischen den Lehrkräften und den Schülerinnen und Schülern insofern verringert, dass die Jugendlichen die Lehrkräfte prinzipiell jederzeit erreichen können, wobei eine unmittelbare Reak‐tion im Sinne synchroner interpersonaler Kommunikation nur zu Stande kommt, wenn die adressierte Lehrkraft im Moment der Kontaktaufnahme auch online ist. Laut Herrn Ulmenbach entstehe aber in jedem Fall ein „gepflegtes [...] Gespräch“, 3 In den Interviews und Diskussionen wird, wenn nicht anders angegeben immer von lo‐
net gesprochen. Gemeint ist de facto lo‐net2. In der Interpretation der Daten sprechen wir synonym von lo‐net und lo‐net2.
4 Der Einsatz von Lernplattformen in der Schule 27
d.h. die Qualität der Kommunikation ist hoch. Dazu seien aber nicht sofort alle Schülerinnen und Schüler bereit, sodass es demnach einer Einführungsphase bedarf, nach deren Durchlaufen eine Kommunikation, die auch die emotionale Befindlichkeit der Schülerinnen und Schüler einschließt, zustande kommen kann. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit der qua‐si verdeckten individuellen Ansprache der Lehrkräfte neue Kontaktmöglichkei‐ten für Schülerinnen und Schüler eröffnet, die im Kollektiv der Klassengemein‐schaft nicht wagen würden, die Lehrkraft anzusprechen. Am häufigsten genutzt würde allerdings die „Dateiablage“, d.h. die Möglichkeit Informationen für die Schülerinnen und Schüler bereitzustellen. Unabhängig davon wird lo‐net2 an der Gesamtschule in B‐Stadt aber letztlich primär für schulorganisatorische Zwecke eingesetzt. Am: wir nutzen lo-net ganz stark als innerkollegiales Medium,
also gar nicht so sehr als Lernplattform im klassischen Sinne, sondern, ja, Dateiablage, Austausch, Protokolle runterladen, hochladen, bevor ich einen USB-Stick irgendwohin mitnehme, oder schick einem das, ja, ich hab meine E-Mail nicht angeguckt, wir haben, die einzelnen Fachbereiche sind in lo-net angelegt, das Kollegium ist in lo-net angelegt, verschiedene Projektgruppen sind in lo-net angelegt, natürlich auch verschiedene Klassen, die das machen und, und, von der administrativen, organisatorischen Seite läuft da im Moment sehr viel, also das ist eigentlich die zentrale (.) das zentrale Dokumentenmanagement, sag ich mal (Gruppe Kastanie)
Die Lernplattform kommt insbesondere als „interkollegiales Medium“ zum Ein‐satz, d.h. das System dient vor allem der Kommunikation zwischen den Lehr‐kräften. Von besonderer Relevanz ist der Austausch unterschiedlicher Informati‐onen und Daten innerhalb des Kollegiums, sodass lo‐net² aus der Sicht von Herrn Anberger die Funktion eines „zentralen Dokumentenmanagements“ ausfüllt (vgl. auch Kapitel 9). Auch in diesem Fall kommen positive Rationalisierungseffekte zum Tragen. Die Lehrkräfte sind z.B. nicht mehr darauf angewiesen, Daten per USB‐Stick auszutauschen und einmal in lo‐net2 hochgeladene Daten stehen je‐derzeit zur Benutzung bereit. Die intensive Nutzung des LMS für schulorganisa‐torische Zwecke geht vor allem auf das Engagement der Schulleitung zurück, die es sich zu einer ihrer zentralen Aufgaben gemacht hat, die Verfügbarkeit und die Nutzung der für den Schulbetrieb erforderlichen Informationen zu verbessern (vgl. Kapitel 8.2). Da lo‐net2 generell nicht für die Unterstützung schulorganisato‐rischer Zwecke konzipiert ist, bedient man sich an der Schule eines „Work‐around“, in dem man für die verschiedenen Entscheidungsinstanzen der Schule (z.B. Schulleitung und Fachvorsitz der Fächer) Klassenräume eingerichtet hat, über die die verschiedenen Gruppen miteinander kommunizieren.
Dass Lernplattformen offensichtlich kaum für Unterrichtszwecke eingesetzt werden, könnte auch darauf zurückzuführen sein, dass die Lehrkräfte auf andere Möglichkeiten zurückgreifen, um den Schülerinnen und Schülern z.B. Unter‐richtsmaterial zur Verfügung zu stellen. Dabei kommen streckenweise auch digi‐tale Medien zum Einsatz. Herr Schmidt vom Gymnasium in A‐Stadt sowie Herr Cordes und Herr Anberger von der Gesamtschule in B‐Stadt betreiben z.B. eigene
4 Der Einsatz von Lernplattformen in der Schule 28
Internetseiten, über die sie ihren Schülerinnen und Schülern vor allem Materia‐lien zur Verfügung stellen. Der folgende Ausschnitt aus der Diskussion mit der Gruppe Kastanie unterstreicht die Vorzüge einer solchen Praxis eindrucksvoll.
Cm: Ja, es ist im Prinzip ja nach Fächern unterteilt, ´ne
Homepage, Chemie-Sport und dann (.) halt auch noch mal meine Klasse ist angelegt in gewissen Bereichen, wo sie auch nur mit Passwörtern rein können, wo ich dann, was weiß ich, vom letzten Wandertag die Bilder einstelle oder einen Elternbrief noch mal zum Download, ja (.) oder für chemische Zwecke, dass ich aus dem Unterricht ein Video einstelle von einem Experiment, oder Ergänzungen, Links, wo Lernprogramme im Internet zu finden sind, wo ich dann drauf verweise, so diese, auf dieser Ebene
Am: └Alles das ginge ja auch mit lo-net, aber hier ist halt so, ich brauche keine
Klasse anlegen, ich brauch, es ist ja auch kein Geheimnis, ich stelle den Link da rein und sag dann, guckt bei, bei Klasse Neun, Biologie-Genetik, und dann hab ich halt Links eingestellt, die sie einmal anklicken, bevor ich das diktiere, oder sie machen dann irgendeinen Fehler beim Abschreiben, ähm, aber das ist ja im Prinzip, äh, äh, eindirektionial, also
Cm: └Richtig Am: es wird von uns vorgegeben und verteilt (.) also es ist ja
keine Interaktion in dem Sinne Y2: Mhm Cm: Und das würde lo-net eigentlich bieten, ja Am: Ja (2) von daher, das A und O, denk ich mal, in Schule
ist, es muss so einfach wie möglich sein, denn alles wir machen, was da Aufwand bedeutet, fehlt uns ja an anderer Stelle (.) also, ideal ist, es ist so einfach beherrschbar, dass das mit ´ner Klasse, die das auch ein halbes Jahr nicht gemacht hat, sofort wieder funktioniert (Gruppe Kastanie)
Herr Cordes hat seine Internetseite anhand von zwei primären Strukturprinzipien aufgebaut, die von ihm unterrichteten Fächer und die von ihm unterrichteten Klassen. Der Bereich seiner Klasse ist passwortgeschützt, sodass er dort auch Informationen bereitstellen kann, die ausschließlich für diese Gruppe bestimmt sind, wie z.B. Fotos von gemeinsamen Veranstaltungen oder Benachrichtigungen für die Eltern. Auf den Fachunterricht bezogen, stellt er auf der Internetseite z.B. Videos von Experimenten aus dem Unterricht zur Verfügung oder Informatio‐nen, die den Schülerinnen und Schülern helfen sollen, den im Unterricht vermit‐telten Lernstoff selbstständig zu wiederholen und/oder zu vertiefen.
Herr Anberger gibt zu bedenken, dass man Gleiches auch mit lo‐net tun könnte, man bei der Arbeit mit der eigenen Internetseite aber nicht darauf angewiesen sei, zunächst die betreffende Klasse in lo‐net anlegen zu lassen. Der Einsatz der Internetseite ermöglicht außerdem auch positive Rationalisierungseffekte und hilft Unwägbarkeiten zu reduzieren. Herr Anberger muss zum einen nicht mehr die URLs von Internetseiten, mit denen die Schülerinnen und Schüler weiterar‐beiten im Unterricht diktieren und riskieren, dass Schreibfehler sie daran hin‐dern, mit der Seite zu arbeiten. Für die Lehrer steht dabei außer Frage, dass dies
4 Der Einsatz von Lernplattformen in der Schule 29
lediglich eine mono‐direktionale Praxis ist, die keine weiteren Interaktionen zwi‐schen Lehrenden und Lernenden umfasst. Im Gegensatz dazu könnte man bei lo‐net auch mit geeigneten Rückkanälen arbeiten.
Obwohl es implizit formuliert von Vorteil wäre, wenn für die Arbeit mit den digitalen Medien auch Interaktionsmöglichkeiten zwischen den Schülerinnen und Schülern und den Lehrkräften zur Verfügung stünden, bestimmen in diesem Fall Effizienzkalküle die Medienwahl. Demnach muss eine Handlungspraxis möglichst leicht umsetzbar sein, denn die Zeit, die dafür erforderlich ist, steht anschließend nicht mehr für andere Praxen zur Verfügung. Dazu kommt als wei‐tere Hürde, dass bestimmte Medienpraxen keinen Routinestatus erreichen und nur wenige Male im Jahr zum Einsatz kommen. Im Idealfall lässt sich eine Praxis auch dann noch erfolgreich umsetzen, wenn die Schülerinnen und Schüler dies zum letzten Mal vor einem halben Jahr getan haben. Die Arbeit mit einer Inter‐netseite macht auch insofern Sinn, da diese Praxis den meisten Schülerinnen und Schülern vertraut ist.
Inwieweit Edunex anderen Lernplattformen überlegen ist oder Nachteile gegen‐über diesen aufweist, lässt sich anhand der Untersuchung nicht ohne weiteres beantworten. Aus der Sicht von Herr Ulmenbach verfügt Edunex z.B. über einzel‐ne technische Spezifikationen, die technisch sehr gut und weit entwickelt sind, wie z.B. die Möglichkeit, bei der Arbeit mit dem virtuellen Klassenraum Videoconferencing zu nutzen. Für den normalen Unterricht an der Schule sei das allerdings nicht relevant und könne auch unter Effizienzaspekten nicht bestehen. Auch Herr Dübeler vom Gymnasium in A‐Stadt hat mit den Möglichkeiten von Edunex herumexperimentiert und mehrfach den virtuellen Klassenraum genutzt, um Förderkurse für einzelne Schülerinnen und Schüler anzubieten. Besonders interessant ist seine Beobachtung, dass einzelne Schülerinnen und/oder Schüler den virtuellen Klassenraum auch eigenständig genutzt haben, ohne sagen zu können, was dabei geschah. Letztlich müsse man aber noch mehr Erfahrungen mit dem Medium sammeln und ein größeres Maß an Sicherheit bezüglich der Handhabung entwickeln, um weitergehende Aussagen über die Einsetzbarkeit und Nützlichkeit machen zu können.
Herr Zacharias, einer der Edunex‐Koordinatoren hat auch schon mit lo‐net² gear‐beitet und findet es im Vergleich dazu einfacher, sich in die Benutzung von Edunex einzuarbeiten. Dazu komme als weiterer Vorteil, dass die Oberfläche von Edunex gut mit Edunite harmonisiere („passte auch bildmäßig unheimlich gut in Edunite rein“), sodass man, wenn man diese beiden Systeme ineinander integrie‐ren würde, eine Anwendung mit sehr hoher Alltagstauglichkeit erhalten würde, die erhebliche positive Rationalisierungseffekte für den Schulalltag ermöglichen würde. Das müsse von seinen Kolleginnen und Kollegen aber erst noch erkannt werden. Gleichwohl haben viele Lehrkräfte an den Pilotschulen offensichtlich erst gar nicht versucht, sich mit der Handhabung von Edunex vertraut zu ma‐chen, wie der folgende Beitrag, der ebenfalls aus der Gruppendiskussion mit der Gruppe Hilfe stammt, illustriert.
4 Der Einsatz von Lernplattformen in der Schule 30
Vm: Wichtigster Punkt ist eigentlich die Lehrer (.) also bei mir ist‘s katastrophal (.) jetzt muss ich es mal sagen (.) ich hab, für zwölf Schulen war ich zuständig (.) von den zwölf Schulen haben sich zwei offiziell abgemeldet und haben auch, glaube ich, die Laptops zurückgegeben (.) zwei Schulen haben sich überhaupt nicht gemeldet, weder Mail an die Beauftragten noch zwei Mails an die Schulleitung haben sie dazu gebracht sich zu bewegen und dann habe ich mir angeguckt was die in der LAN Umgebung haben (.) von den restlichen Schulen sind drei Schulen, die haben null in der Lernumgebung, überhaupt nichts drin und vier Schulen haben einen Demokurs drin, den ich angelegt habe, weil ich sie gebeten habe mich da als Hilfslehrer einzusetzen (.) das haben sie auch gemacht und sonst nichts anderes drin (.) das heißt an den Schulen ist nichts gelaufen (.) ich habe deshalb auch meine zwei Stunden schon der Schulleitung zurückgegeben und mache wieder Unterricht, weil ich auch mit Schulen nichts zu tun habe (.) es kam in diesem Jahr keine Anfrage mehr (.) keiner wollte was wissen (.) nichts ist passiert, es war mir richtig peinlich, deshalb habe ich meine Stunden zurückgegeben und mache wieder Unterricht (.) und es läuft nichts, weil die Lehrer nichts tun (Gruppe Hilfe)
Die Erfahrungen von Herr Volmer als Edunex‐Koordinator sind niederschmet‐ternd. Ursprünglich war er für die Unterstützung von zwölf Schulen zuständig, von denen sich zwei im Projektverlauf offiziell zurückgezogen und auch die für die Projektteilnahme übereigneten Laptops wieder zurückgegeben haben. Zwei weitere Schulen hätten alle seine Anfragen im Projektkontext schlichtweg igno‐riert. Eine Überprüfung der Aktivitäten der Schulen in Edunex muss ebenfalls als Indiz für das Desinteresse der Schulen an dem Projekt gelesen werden. Von den verbliebenen acht Schulen hätten drei Edunex offenbar noch nicht genutzt. Vier weitere Schulen besaßen lediglich einen Demonstrationskurs, der sogar noch von Herrn Volmer für die Schulen angelegt wurde, sodass es auch dort keine weiteren Aktivitäten gab. Letztlich heißt das, dass keine der zwölf Projektschulen von Herrn Volmer versucht hat, mit Edunex zu arbeiten. Als Konsequenz daraus habe Herr Volmer bereits die beiden Entlastungsstunden zurückgegeben, die er für seine Tätigkeit als Edunex‐Koordinator erhielt.
Gleichwohl deutet die Befragung der Lehrkräfte darauf hin, dass sie zukünftig eine erhöhte Relevanz von Lernplattformen für die unterschiedlichen Bereiche der schulischen Lern‐ und Lehrpraxis erwarten. Die meisten Befragten sehen dabei eine mindestens hohe Bedeutung von Lernplattformen für sich im Allge‐meinen (71%) gefolgt von der Handlungspraxis der Schülerinnen und Schüler (66%) sowie fast gleich auf der Veränderung der Unterrichtsgestaltung (66%). Ein weiterer Veränderungsschwerpunkt adressiert die Projektarbeit. Die Gewichtung unterschied sich dabei unter den verschiedenen befragten Gruppen leicht, so schwankten die Angaben zwischen 65 und 75 Prozent. Das jahrgangsübergrei‐fende Lernen konnte von vielen Befragten nicht beurteilt werden, insgesamt wurde die Veränderung in dieser Hinsicht jedoch eher gering eingeschätzt.
4 Der Einsatz von Lernplattformen in der Schule 31
Abbildung 9: Einschätzung der zukünftigen Bedeutung von Lernplattformen (schulweite
Befragung der Lehrkräfte)
4.2 Die Nutzung von Lernplattformen durch die Schülerinnen und Schüler
Wenn die Lehrkräfte Lernplattformen im Unterricht einsetzen, schließt das die Nutzung durch die Schülerinnen und Schüler streng genommen mit ein bzw. zieht das Handeln der Lehrenden eine Handlungspraxis der Lernenden nach sich. Aus der Sicht der befragten Lehrkräfte nutzen die Schülerinnen und Schüler Lernplattformen mindestens gelegentlich vor allem zum Ablegen von Arbeitser‐gebnissen. Etwa gleichauf liegt das selbstständige Lernen der Schülerinnen und Schüler außerhalb des Unterrichts mit 43 Prozent (gelegentlich bis häufig). Auf‐fällig ist, dass aus der Sicht der Lehrkräfte rund ein Viertel der Schülerinnen und Schüler Lernplattformen auch nutzt, um im Krankheitsfall von zuhause aus zu arbeiten. Rund ein Viertel der Schülerinnen und Schüler nutzt Lernplattformen auch zur Bearbeitung von Hausaufgaben (vgl. Abbildung 10). Auffällig ist, dass Lernplattformen zwar ebenfalls von rund einem Viertel der Schülerinnen und Schüler zum Zusammenarbeiten mit ihren Peers eingesetzt werden, Lernplatt‐formen aber im Zuge der Projektarbeit lediglich von sieben Prozent der Schüle‐rinnen und Schüler mindestens gelegentlich genutzt werden. Die Veröffentli‐chung von Blogs oder Wikis über eine Lernplattform spielt wie bereits in der Befragung der Schülerinnen und Schüler der Fallstudienschulen angedeutet, auch aus Lehrersicht so gut wie keine Rolle und lediglich 14 Prozent der Schüle‐rinnen und Schüler machen mindestens selten von dieser Möglichkeit Gebrauch.
14,1
20,8
14,6
19,8
25,6
21,5
28,1
45,4
35,4
45,8
40,3
49,2
30,5
20,8
30,8
21,4
25,6
20,0
14,8
10,0
13,1
8,4
3,9
5,4
4,7
1,5
3,1
3,1
3,1
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Für jahrgangsübergreifendes Lernen (n=128)
Für Projektarbeit (n=130)
Für fächerübergreifendes Lernen (n=130)
Für veränderte Unterrichtsgestaltung (n=131)
Für die Schüler/innen (n=129)
Für Lehrkräfte (n=130)
Sehr hoch Hoch Mittel Gering Sehr gering
4 Der Einsatz von Lernplattformen in der Schule 32
Abbildung 10: Nutzungsszenarien beim Einsatz von Lernplattformen im Unterricht Schü-
ler/innen (schulweite Befragung der Lehrkräfte)
Die Befragung der Schülerinnen und Schüler an den Fallstudienschulen bestätigt die Vermutung, dass Lernplattformen von den Lehrkräften momentan noch in vielen Fällen vor allem zur Distribution von Materialien verwendet werden. So geben 64 Prozent der Schülerinnen und Schüler in A‐Stadt und 70 Prozent in B‐Stadt an, dass sie Lernplattformen mindestens manchmal nutzen, um Arbeitsblät‐ter oder andere Dokumente, die ihre Lehrerinnen und Lehrer dort abgelegt ha‐ben, herunterzuladen. Selber laden die Lernenden hingegen deutlich seltener Dateien auf die Lernplattform hoch (19 bis 38 Prozent mindestens „manchmal“). Immerhin rund ein Viertel bis ein Drittel der Befragten (24% in A‐Stadt, 31% in B‐Stadt) nutzen Lernplattformen, um mit anderen Schülerinnen und Schülern ge‐meinsam an einer Aufgabe zu arbeiten. In B‐Stadt sind die Lernenden etwas akti‐ver beim Hochladen und gemeinsamen Arbeiten als in A‐Stadt. Der Austausch von Wissen untereinander ist in beiden Fallstudien auf einem etwa gleichen Ni‐veau. Produkte von Mitschülerinnen oder ‐schülern werden in beiden Schulen eher selten heruntergeladen, um damit zu lernen: 46 (B‐Stadt) bis 49 Prozent (A‐Stadt) tun dies zumindest manchmal (vgl. Abbildung 11).
10,2
13,1
15,6
11,1
19,4
24,1
29,9
16,5
5,6
5,6
21,3
22,2
18,5
15,9
23,9
7,5
7,4
19,4
19,4
21,3
20,6
18,3
15,9
13,0
20,4
13,9
25,9
20,6
25,7
70,1
72,2
27,8
25,0
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Nutzung im Krankheitsfall von zu Hause aus (n=108)
Selbständiges Lernen außerhalb des Unterrichts (n=107)
Bearbeitung von Hausaufgaben (n=109)
Veröffentlichen von Blogs oder Wikis o.ä. (n=107)
Projektarbeit mit anderen Schulen (n=108)
Zusammenarbeiten (n=108)
Ablegen von Arbeitsergebnissen (n=108)
Regelmäßig (mindestens mehrmals pro Woche) Gelegentlich (einmal pro Woche bis einmal pro Monat)
Selten (maximal einmal pro Monat) Sehr Selten (maximal zweimal im Schulhalbjahr)
Gar nicht
4 Der Einsatz von Lernplattformen in der Schule 33
Abbildung 11: Nutzungsszenarien beim Einsatz von Lernplattformen (Fallstudienbefragung
der Schülerinnen und Schüler)
Die Fallstudienbefragungen der Schülerinnen und Schüler zeigen auch, wie un‐terschiedlich sich die Nutzungshäufigkeit in Abhängigkeit vom Lernort gestalten kann. In A‐Stadt wird die Lernplattform tendenziell mehr von zu Hause aus ge‐nutzt. 21 Prozent der befragten Schülerinnen und Schüler tun dies häufig (min‐destens einmal pro Woche), 39 Prozent manchmal (mindestens einmal pro Mo‐nat). In der Schule nutzen hingegen nur 19 Prozent aus A‐Stadt ihre Lernplatt‐form häufig und 25 Prozent manchmal. In B‐Stadt liegt der Schwerpunkt der Nutzung hingegen deutlich im schulischen Bereich (vgl. Abbildung 12).
Abbildung 12: Nutzungshäufigkeit von Lernplattformen (Fallstudienbefragung der Schüle-
rinnen und Schüler)
Über zwei Drittel der Schülerinnen und Schüler in B‐Stadt geben an, mindestens einmal pro Woche oder Monat mit der Lernplattform in ihrer Schule zu arbeiten.
21%
3% 3%8%
43%
16% 20%16%
14%
26%26% 22%
23%
55% 51% 54%
12%7%
2%7%
58%
31%
20%
24%
15%
29%
23%
25%
14%
33%
54%44%
0%
25%
50%
75%
100%
A (n=148) B (n=97) A (n=148) B (n=97) A (n=148) B (n=94) A (n=148) B (n=96)
... Arbeitsblätter und andere Dokumente, die die Lehrerinnen und Lehrer dort abgelegt
haben, herunterzuladen
... selber etwas auf die Lernplattform zu laden (z.B. Hausaufgaben)
... Hausaufgaben oder andere Dokumente
meiner Mitschüler/innen
herunterzuladen, um damit zu lernen
... mit Mitschülern/innen zusammen an einer Aufgabe zu arbeiten (z.B. ein Referat)
Nie
Selten
Manchmal
Häufig
19% 21%
25%39%
28%
17%
29% 23%
28%17%
46%
42%
17%
25%
9% 16%
0%
25%
50%
75%
100%
A (n=145) B (n=93) A (n=148) B (n=95)
... in der Schule (z.B. im Unterricht) ... von Zuhause aus (z.B. für Hausaufgaben)
NieSeltenManchmalHäufig
4 Der Einsatz von Lernplattformen in der Schule 34
Zu Hause fällt die Nutzung der B‐Städter Schülerinnen und Schüler geringer aus (17% „häufig“, 42% „manchmal“). Mit einer asymptotischen Signifikanz gegen Null ist dieser Unterschied durchaus im Sampling begründet und nicht zufällig. Der Unterschied der beiden Fallstudiengruppen liegt laut Datenbasis vor allem im Alter, was die Vermutung nahe legt, dass die jüngeren Schülerinnen und Schüler aus B‐Stadt noch nicht erfahren genug sind, um eine Lernplattform selbstständig und ohne Anleitung von zu Hause aus zu nutzen.
Beim Blick auf die Unterrichtsfächer, in denen Lernplattformen aus Sicht der Schülerinnen und Schüler zum Einsatz kommen, wird deutlich, dass die Integra‐tion von Lernplattformen in den meisten Fächern bislang nur eine sehr geringe Rolle spielt (vgl. Abbildung 13).
4 Der Einsatz von Lernplattformen in der Schule 35
Abbildung 13: Einsatz von Lernplattformen nach Unterrichtsfächern (Fallstudienbefragung
der Schülerinnen und Schüler)
4 Der Einsatz von Lernplattformen in der Schule 36
Die beiden augenscheinlichen Ausnahmen in den Fächern Deutsch und Fremd‐sprachen sind vermutlich ein Ergebnis der Verteilung der Fragebögen durch die Fachlehrkräfte, die als Ansprechpartner für die Fallstudien agierten. In A‐Stadt war dies Herr Schmidt, der u.a. einen Englischleistungskurs unterrichtet. Dort geben 34 Prozent der befragten Schülerinnen an, im Fremdsprachenunterricht häufig und 31 Prozent manchmal mit Lernplattformen zu arbeiten. In B‐Stadt war die Kontaktperson Herr Ulmenbach, der u.a. das Fach Deutsch unterrichtet. Das könnte erklären, warum 41 Prozent der befragten Schülerinnen und Schüler in B‐Stadt angeben, in diesem Fach häufig mit der Lernplattform ihrer Schule zu ar‐beiten und 36 Prozent manchmal.
In der Fallstudienbefragung geben außerdem 59 Prozent der Schülerinnen und Schüler in B‐Stadt an, gerne mit der Lernplattform ihrer Schule zu arbeiten. In A‐Stadt sind dagegen nur 37 Prozent dieser Meinung, was auch mit dem Alter der Schülerinnen und Schüler und der scheinbar größeren Affinität und Nähe mit bzw. zu den digitalen Medien auf Seiten der jüngeren Lernenden zusammenzu‐hängen scheint. Daneben weist der folgende Ausschnitt aus dem Interview mit dem Schulleiter der Gesamtschule in B‐Stadt, Herr Lachmann, der Mathematik unterrichtet und in seinem Unterricht auch mit lo‐net² arbeitet, darauf hin, dass der Einsatz von Lernplattformen an die Schülerinnen und Schüler veränderte Anforderungen stellt.
Lm: lo-net funktioniert nur dann gut wenn die Schüler eben
auch offen und ehrlichen Umgang damit haben (.) das heißt also wenn wir, was ich vorhin eben schon für die beruflichen Schulen, schon gesagt habe, diese Mitverantwortung muss da sein wenn sie individuelle Aufgaben da machen, dass die Schüler das dann auch ordnungsgemäß abarbeiten dabei (.) und nicht nur einfach abhaken als gearbeitet, sondern dass auch tatsächlich dann oder offen sind dafür das muss eben auch ein Stück Lernkultur sein, Probleme transportieren (.) nach meinen persönlichen Erfahrungen die ich aus dem eigenen Unterricht habe schaffen das so im Schnitt so ungefähr vierzig Prozent (.) Ja die das dann auch Feedback geben, entweder mir dann das ist ja bei lo-net noch drin das (manche mir dann)‘ne E-Mail geschickt haben oder was meistens Klassenarbeiten dann (.) dann auch abends dann gechattet wurde mit mir (.) ich krieg die Aufgabe nicht raus, was war denn das oder so (Interview Lachmann)
Die Arbeit mit Lernplattformen wie lo‐net² funktioniert demnach nur dann adä‐quat, wenn die Schülerinnen und Schüler sich damit vertraut machen, selbst‐ständig und eigenverantwortlich zu lernen. Das setze z.B. voraus, dass die Ler‐nenden gestellte Aufgaben auch bearbeiten und nicht lediglich über entspre‐chende Funktionen (z.B. ein Häkchen in einer Check‐Box setzen) signalisieren, dass sie die Aufgabe vermeintlich bearbeitet haben. Es kommt in diesem Sinne zu einer Veränderung der Lernkultur, d.h. der Art und Weise wie die Schülerin‐nen und Schüler lernen. Implizit setzt das auch eine Veränderung der Unter‐richtspraxis der Lehrkräfte insofern voraus, dass gestellte Aufgaben nicht mehr primär als Hausaufgaben wahrgenommen werden, deren Anfertigung systema‐
4 Der Einsatz von Lernplattformen in der Schule 37
tisch kontrolliert wird, sondern als Lernangebote, die den Lernenden helfen, be‐stimmte Lernziele zu erreichen. Über die für eine solche Praxis erforderlichen Einstellungen bzw. Orientierungen verfügten laut Herrn Lachmann aber nur rund 40 Prozent der Lernenden. Nur diese träten auch mit den Lehrkräften in einen Dialog, indem sie z.B. Fragen per E‐Mail an sie richten. Herr Lachmann ist sogar offensichtlich noch einen Schritt weiter gegangen und hat seinen Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit eingeräumt, im Vorfeld von Klassenarbeiten mit ihm zu chatten, um auf diesem Wege Hilfe zu bestimmten Fragen zu bekommen. Gleichwohl stellt diese große Nähe des Lehrers zum Unterrichten mit den digita‐len Medien die Relevanz des Unterrichtens unter physisch Anwesenden nicht außer Frage und es geht vielmehr darum, solche Phasen mit Perioden des eigen‐ständigen medienunterstützten Lernens zu verbinden. Zudem muss man sich in diesem Zusammenhang aber darüber bewusst sein, dass die Lernpraxis der Schülerinnen und Schüler in einer Art und Weise durch das Handeln der Lehr‐kräfte geprägt wird, die sich im Widerspruch zu Formen selbstgesteuertem Ler‐nens bewegt, wie Herr Lachmann an anderer Stelle ausführt (vgl. Kapitel 7.1).
Herr Schmidt vom Gymnasium in A‐Stadt hat im Rahmen des Projektes u.a. mit den Schülerinnen und Schülern seines Englischleistungskurses mit Edunex gear‐beitet. Die kurze Gruppendiskussion mit einem Teil dieser Schülerinnen und Schüler sowie den Lehrern Herrn Schmidt und Herrn Dübeler illustriert die vielfäl‐tigen Möglichkeiten des unterrichtlichen Lernplattformeinsatzes, obgleich dabei die generellen Möglichkeiten im Vordergrund stehen, die bisher offensichtlich eher innerhalb einer überschaubaren Gruppe erprobt wurden, sodass man noch nicht von etablierten bzw. weiter verbreiteten Lernpraxen sprechen kann. So stellt Herr Schmidt den Lernenden z.B. Hausaufgaben, die sie bearbeiten und an‐schließend wieder in Edunex abspeichern.
Im Kurs wurde viel in Gruppen gearbeitet, die verschiedene Themen für den Unterricht aufbereiten mussten. Unter anderem mussten die Schülerinnen und Schüler verschiedene Texte lesen, Zusammenfassungen schreiben, Vokabellisten zu den Texten erstellen und alles über Edunex für den Lehrer und ihre Mitschü‐lerinnen und ‐schüler zur Verfügung stellen. Der Schüler Avid stellt es als sehr positiv heraus, dass die verschiedenen Arbeitsergebnisse letztlich allen Lernen‐den gleichberechtigt zur Verfügung standen und für die Klausurvorbereitung genutzt werden konnten. Seine Mitschülerin Britta ergänzt im gleichen Zusam‐menhang, dass der Einsatz von Edunex die Gruppenarbeit „erleichtert“ habe, da die gesamten Arbeitsergebnisse für alle Lernenden zugänglich waren. Die Ver‐einfachung von Lern‐ und Arbeitsprozessen hat mehrere Facetten, die nicht auf die Gruppenarbeit beschränkt sind. Erstens bieten die Arbeitsergebnisse anderer Lernender Orientierung für die eigene Arbeit dahingehend, wie viel man leisten muss und wie sich die eigene Arbeit zu der ihrer Mitschülerinnen und ‐schüler verhält. In diesem Kontext kommen aber auch andere Kommunikationsmedien wie z.B. Messenger‐Software zum Einsatz:
4 Der Einsatz von Lernplattformen in der Schule 38
Am: Ich glaub man benutzt es vor allen Dingen für die Sicherheit, und fragt äh, ich glaub die häufigste Frage ist, was hast du alles gemacht
Em: └Ja, hab ich was vergessen Am: meinst du das reicht was ich, meinst es reicht, wenn ich
bis der Seite gelesen hab (Gruppe Lerche)
Insofern eröffnen die digitalen Medien den Lernenden neue Formen der Selbst‐vergewisserung bezüglich der eigenen Arbeit. Nicht klären lässt sich an dieser Stelle, ob solche Phänomene dazu führen, dass die Schülerinnen und Schüler insgesamt weniger leisten, indem sie sich in Richtung eines möglichst geringen Leistungsaufwands orientieren, oder aber ob einzelne eher umfangreiche Leis‐tungen andere Lernende motivieren, selber mehr zu leisten. Im Kontext der Gruppenarbeit deuten zumindest einzelne Hinweise der Lernenden darauf hin, dass die kollektive Sichtbarkeit und Nachvollziehbarkeit von Arbeitsprozessen und deren Ergebnissen dazu führt, dass bei einigen ein erhöhtes Maß an Verant‐wortlichkeit entsteht, das dem Ergebnissen der Arbeitsprozesse zugutekommt.
Die Nutzung von Edunex ermöglicht den Lernenden auch ein höheres Maß an Sicherheit und Strukturiertheit beim Umgang mit Arbeitsmaterialien. Es ist vor allem Carolin, die diese Aspekte in der Gruppendiskussion herausarbeitet. Auf die Frage, wie die Schülerinnen und Schüler Edunex im Rahmen der Erstellung von Referaten nutzen, antwortet sie folgendermaßen:
Cf: Ja wie schon gesagt, eigentlich dann noch mal auf diese
ganzen Gruppenergebnisse, beispielsweise aus den Unterrichtseinheiten, zurückgreifen äh in Hinblick jetzt auf Vorbereitung für die Arbeiten und halt dann beispielsweise auch nochmals Hausaufgaben, also (.) man kann das halt eben noch mal ganz genau nutzen bevor man sich eben wirklich noch mal auf die Arbeiten vorbereitet, weil das halt alles noch mal so ersichtlich ist und alles noch mal wirklich geordnet ist, so diese ganzen Gruppenergebnisse (Gruppe Lerche)
Demnach erweist es sich als großer Vorteil, dass man über das LMS jederzeit auf alle im Kurs entstandenen Materialien zugreifen kann, um sich z.B. auf eine Klausur vorzubereiten. Aufgrund der Ablage der Materialien in einer verbindli‐chen Struktur erhöhen sich im Sinne von „Ersichtlichkeit“ offenbar auch Trans‐parenz und Überschaubarkeit der abgelegten Unterlagen. Im weiteren Verlauf der Gruppendiskussion greift sie das Thema abermals auf.
Cf: Man kann sich ja schon auf den Unterricht vorbereiten,
eben durch die angesprochenen Vokabellisten, Text, aber auch durch einen Zeitplan, der erstellt wird, wo man schon sieht was so in den nächsten Wochen abläuft (.) oder ähm (2) ja pff man kann (.) bezüglich Hausaufgaben sehr gut, man hat ‘ne zeitliche Planung, Übersicht, aber auch generell sehr geordnet, also was man wahrscheinlich, was viele vielleicht auch in Form von Zettelwirtschaft net so ganz hinbekommen würden (Gruppe Lerche)
4 Der Einsatz von Lernplattformen in der Schule 39
Neben den bereitgestellten Materialien unterstützt die Bereitstellung eines Zeit‐plans für den Ablauf des Kurses ebenfalls den Lernprozess. Auf diese Weise können die Schülerinnen und Schüler antizipieren, was sie im Verlauf des Kurses noch erwartet. Auch die Anfertigung von Hausaufgaben wird durch das Vorlie‐gen eines Zeitplans erleichtert. Dazu kommt, dass die für den Lernprozess benö‐tigten Informationen in einer Übersichtlichkeit und Ordnung vorliegen, wie man sie der Vermutung der Schülerin nach mit Hilfe der eigenen Papier‐basierten Unterlagen nicht reproduzieren könnte.
Prinzipiell eröffnet eine online‐basiertes Lernplattform den Schülerinnen und Schülern auch mehr Flexibilität, da ihnen die dort abgelegten Informationen je‐derzeit zugänglich sind und sie, entsprechende Kommunikationstools wie Mes‐senger‐Software vorausgesetzt, sich spontan auch außerhalb des Unterrichts ab‐stimmen können. Eine der Schülerinnen gibt in diesem Kontext aber zu beden‐ken, dass die Aufgabenverteilung bei Gruppenarbeiten bisher normalerweise in der Schule erfolgte und sich diese Praxis bewährt hat. Im gleichen Kontext wer‐den auch Termine ausgehandelt. Und wenn es doch noch einmal Kommunikati‐onsbedarf gibt, kann man auch miteinander telefonieren.
Trotz der Vorteile, die die Schülerinnen und Schüler mit der Arbeit mit der Lern‐plattform assoziieren, zeigt sich in dieser Gruppe eine deutliche Abgrenzung gegenüber dem Handeln am Computer zu Gunsten der etablierten Arbeitspraxis mit Papier, wie wir sie auch in Stolpmann/Welling (2009) herausgearbeitet haben und wie sie auch durch Teile der Befragung der Schülerinnen und Schüler der Fallstudienschule bestätigt wird (vgl. Kapitel 3). Sie verweist auf die ungebro‐chen hohe Relevanz der Materialität der Handlungspraxis für das Schülerhan‐deln. In der Gruppe Lerche adressiert zunächst Avid diese Thematik.
Am: Was vielleicht noch ein anderes Thema dazu ist, ähm ich
glaub wir haben jetzt ja mitbekommen, haben ja angefangen eben mit den Zetteln und jetzt so in der letzten Zeit so die letzten 3 Jahre kam dann die Technik dazu, ich glaub wenn das jetzt, wenn man mit der jungen Jahrgangsstufe anfängt, äh die viel mehr mit dem Computer zu beschäftigen oder viel mehr ranzuführen, fällt es den vielleicht auch leichter, weil mir persönlich fällt es leichter ‘n Zettel vorzuhaben und dann eben zu unterstreichen und äh meine Kladde daneben zu setzen und Zusammenfassung zu schreiben, als dass ich die dann auf dem Computer noch mal äh, also ich les gerne die Sachen dann nochmal auf dem Computer nach, aber ich brauch auch ein Zettel oder den Ausdruck vielleicht nochmal an dem ich, auf dem ich rumkritzeln kann (Gruppe Lerche)
Der Schüler weist darauf hin, dass man „mit den Zetteln“ angefangen habe, ge‐meint ist höchst wahrscheinlich das Arbeiten mit Papier in seinen unterschiedli‐chen Formen wie z.B. Arbeitsblätter oder eigene Notizen. Seit rund drei Jahren sei nun „die Technik“ hinzugekommen, die stellvertretend für die zunehmende Integration der digitalen Medien in den Unterricht steht. Er vermutet, dass es für ihn aber einfacher sei, gemeinsam mit auf Papier reproduzierten Informationen und einem Notizheft zu arbeiten, in das er die Ergebnisse seiner Arbeit schreiben
4 Der Einsatz von Lernplattformen in der Schule 40
kann. Das Arbeiten mit dem Computer ist dagegen aufwändiger, d.h. diese Form der Arbeit eröffnet keine positiven Rationalisierungseffekte für den Schüler. Selbst wenn er mit dem Computer arbeitet, ist es wichtig, dass er das Ergebnis der Arbeit ausdrucken und mit Hilfe eines Stiftes bearbeiten kann. Gleichwohl ist Avids Wahrnehmung von latenter Unsicherheit begleitet („vielleicht“), was auf die insgesamt hohe Nähe des Schülers zu den digitalen Medien zurückzuführen ist. Im Gegensatz zu seiner eigenen Praxis geht er davon aus, dass es jüngeren Schülerinnen und Schülern leichter fällt mit den digitalen Medien im Unterricht zu arbeiten, wenn in der Schule frühzeitig begonnen wird, mit den digitalen Me‐dien zu arbeiten. Das würde aber gleichzeitig auch eine intensivere Praxis erfor‐dern. Sein Mitschüler Erik argumentiert ganz ähnlich. Em: Aber ich glaube das ist schon ein wichtiger Punkt äh
Textarbeit auf dem Bildschirm, das nicht derart möglich wie man das sonst auf dem Papier eben gewohnt ist, man hat wirklich ja, es ist nicht nur eben weniger anstrengend eben auf ‘nem Blatt zu lesen, sondern man hat auch die Möglichkeit, viel freier zu markieren, den Text besser zu strukturieren und man kann sich selbst Gedanken reinschreiben, ich glaub auch nicht, dass es helfen würde wenn man diese Option ‘nem Programm zufügen würde, weil’s einfach nicht so intuitiv ist wie, wenn ich meinen Stift nehme und einfach zwischen den Zeilen reinkritzel, was ich mir gerade gedacht hab deswegen ähm, da denk ich nicht, dass (.......) internetbasierte Anwendungen helfen könnte (Gruppe Lerche)
Für Erik ist es von hoher Bedeutung, dass man Texte am Computer nicht in der Art und Weise bearbeiten kann, wie es die Lernenden von der Arbeit mit auf Papier gedruckten Informationen gewöhnt sind. Die letztere Form der Textarbeit bietet aus der Sicht des Schülers drei Vorteile: Erstens sei es weniger beschwer‐lich und mühevoll, etwas von einem Blatt statt vom Monitor abzulesen. Zweitens habe man mehr Möglichkeiten den Text zu bearbeiten, in dem man ihn mit Hilfe von Linien, Anmerkungen o.ä. strukturieren kann. Drittens könne man auch sei‐ne eigenen Überlegungen zu dem Text sofort mit Hilfe eines Stiftes auf dem Pa‐pier, auf dem auch der Text gedruckt ist, festhalten. Erik ist bewusst, dass man die beschriebenen Praxen auch in ein Programm zur Textbearbeitung integrieren könnte. Solche Praxen seien aber schlichtweg weniger intuitiv. Anders gewendet, handelt es sich bei den beschriebenen etablierten Arbeitsweisen um inkorporierte Praxen. Dazu kommt, dass die Arbeit mit Stift und Papier weniger vorausset‐zungsreich ist, als die Arbeit mit den digitalen Medien. Den Stift muss man ledig‐lich in die Hand nehmen und kann umgehend mit der Arbeit beginnen, um z.B. spontan einen Gedanken festzuhalten. Letztlich ist es für ihn nicht vorstellbar mit Hilfe der digitalen Medien ähnlich zu handeln.
Vor dem Hintergrund der beschriebenen Situation weisen die Schülerinnen und Schüler außerdem darauf hin, dass es sinnvoll wäre, wesentlich früher mit der Arbeit mit Lernplattformen zu beginnen, damit sie sich daran gewöhnen und korrespondierende Handlungspraxen entwickeln und routinisieren können. In die gleiche Richtung argumentiert auch Herr Müller, einer der Edunex‐Koordinatoren. Während seine Schülerinnen und Schüler der 5. und 6. Klasse
4 Der Einsatz von Lernplattformen in der Schule 41
z.B. selbstständig zuhause mit Edunex arbeiten würden, erweise sich die Nut‐zung bei den älteren Lernenden als schwieriger, da sie zum einen nicht gewöhnt seien, mit Lernplattformen zu arbeiten und zum anderen auch weniger Erfah‐rung mit Selbstlernprozessen besäßen. Herr Dübeler vom Gymnasium in A‐Stadt arbeitet auch in der 5. und 6. Klasse mit Edunex. Viele seiner Schülerinnen und Schüler hätten sich Edunex u.a. als Kommunikationsmedium angeeignet und nutzen die dort gegebenen Möglichkeiten, um mit Herrn Dübeler zu kommunizie‐ren. Der Nutzung käme dabei entgegen, dass er bezüglich der Funktionalität Analogien zu bei den Schülerinnen und Schülern bereits populären Angeboten wie dem sozialen Netzwerk schuelerVZ feststellen kann, die die Aneignung von Edunex offenbar unterstützt haben.
Insgesamt wird deutlich, dass die Nutzung von Lernplattformen durch Schüle‐rinnen und Schüler das Potenzial birgt, die Unterrichts‐ und Lernpraxis positiv zu verändern. Viele dieser Praxen sind aber gleichzeitig hoch ambivalent, d.h. sie können auch ins Gegenteil umschlagen und Lernprozesse beeinträchtigen. Dazu kommt die ungebrochen hohe Relevanz der materiellen Anteile der Handlungs‐praxis, die das Ausmaß des Medienhandelns nicht unbeträchtlich einzuschrän‐ken vermögen.
5 Technische Voraussetzungen für den Einsatz von Lernplattformen 42
5 Technische Voraussetzungen für den Einsatz von Lernplattformen
Eine funktionierende, allzeit verfügbare technische Infrastruktur stellt eine not‐wendige Voraussetzung für den erfolgreichen schulischen Einsatz von Lernplatt‐formen dar. Auf die Frage, ob sie es begrüßen würden, wenn sie einen Großteil ihrer Unterlagen nicht mehr in physischer Form in die Schule tragen müssten, sondern mittels einer Lernplattform darauf zugreifen könnten, stehen die techni‐schen Anforderungen im Sinne einer unbedingten Systemzuverlässigkeit im Zentrum der Auseinandersetzung der Schülerinnen und Schüler. Das gilt sowohl für den Zugang zu den digitalen Medien in der Schule als auch im häuslichen Bereich. Wir thematisieren in diesem Abschnitt auch spezifische technische As‐pekte der Nutzung von Edunex.
5.1 Der Zugang zu den digitalen Medien in der Schule
Der Zugang zu den digitalen Medien in der Schule ist zunächst einmal an die Qualität der vorhandenen IT‐Infrastruktur gebunden. Der fehlende Zugang scheint nur in wenigen Fällen den Ausschlag für die geringe Nutzung zu geben: Nach Einschätzung der IT‐Beauftragten sowie der Lehrkräfte sind Computer‐räume und mobile Präsentationseinheiten an den Schulen häufig vorhanden. In 18 Prozent der Fälle sind die Computerräume nach Angaben der Lehrkräfte frei zugänglich, in weiteren 78 Prozent nach vorheriger Absprache (vgl. Abbildung 14). Die Angaben der IT‐Beauftragten (n=82) weichen davon geringfügig ab. Ihrer Einschätzung nach sind die Computerräume zu etwa 30 Prozent frei zugänglich und zu 67 Prozent nach vorheriger Absprache.
Abbildung 14: IT-Zugangsmöglichkeiten (schulweite Befragung der Lehrkräfte)
Diese Unterschiede in den Angaben fallen beim Zugang zu mobilen Präsentati‐onseinheiten wesentlich geringer aus, hier geben 18 Prozent der Lehrkräfte und 20 Prozent der IT‐Beauftragten (n=78) an, dass die Schülerinnen und Schüler frei‐en Zugang zu den mobilen Präsentationseinheiten haben, Zugang nach Abspra‐che ist in 76 Prozent (Angabe Lehrkräfte), bzw. 66 Prozent (Angabe IT‐Beauftragten) der Fälle möglich. Notebook‐Klassensätze scheinen in vielen Schu‐len nicht vorhanden zu sein. Dies geben knapp 49 Prozent der Lehrkräfte und 40
11,4
45,3
18,4
7,8
18,1
18,3
62,1
37,2
76,5
36,4
78,3
30,5
9,1
5,1
6,2
2,9
18,3
17,4
12,4
3,7
49,6
32,8
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Interaktive Whiteboards (n=132)
weitere Computerarbeitsplätze (n=137)
Mobile Präsentationseinheiten (n=136)
Notebook‐Klassensätze (n=129)
Rechner in Computerräumen (n=138)
Rechner im eigenen Klassen‐/Fachraum (n=131)
jederzeit Zugang im Unterricht Zugang nur nach Anmeldung/Absprache
kein Zugang in unserer Schule nicht vorhanden
5 Technische Voraussetzungen für den Einsatz von Lernplattformen 43
Prozent der IT‐Beauftragten (n=77) an. Hinzu kommt, dass sie, wenn sie vorhan‐den sind, für weitere sechs Prozent nicht zugänglich sind (Angabe Lehrkräfte und IT‐Beauftragten). Interactive Whiteboards hingegen sind in den meisten Fäl‐len (Lehrkräfte: 73%, IT‐Beauftragten (n=81): 79%) frei oder nach Absprache nutzbar.4
Die Schülerinnen und Schüler der beiden Fallstudien geben außerdem an, dass ihnen außerhalb des Unterrichts, also z.B. in den Pausen oder Freistunden Com‐puter außerhalb von Klassenräumen zur Verfügung stehen, die sie benutzen dür‐fen (99% in A‐Stadt, 90% in B‐Stadt). In A‐Stadt machen viele Schülerinnen und Schüler von dieser Möglichkeit Gebrauch. Über zwei Drittel von ihnen nutzen die Computer mindestens manchmal, um in ihrer freien Zeit etwas für die Schule zu tun. Etwa die Hälfte erledigt auch Privates. In B‐Stadt ist die Nutzung hinge‐gen weniger verbreitet, wobei die schulische und private Nutzung etwa gleich verteilt sind. 33 Prozent der Schülerinnen und Schüler erledigen zumindest manchmal etwas für die Schule an den öffentlichen Computern und 30 Prozent machen etwas, das nichts mit Schule zu tun hat (vgl. Abbildung 15).
Abbildung 15: Computernutzung von Schülerinnen und Schülern während der Freistunden
oder Pausen (Fallstudienbefragung der Schülerinnen und Schüler)
Das Gymnasium in A‐Stadt verfügt über mindestens zwei Computerräume, die an eine umfangreiche Mediothek angeschlossen sind, die außerdem noch mit acht weiteren Internetarbeitsplätzen ausgestattet ist. Die Mediothek wurde expli‐zit u.a. als Ort des selbstständigen Lernens geschaffen. Darüber hinaus können 4 Die Abweichungen der Angaben der Administratorinnen und Administratoren zu
den Angaben der Lehrkräfte lassen sich durch die geringe Rücklaufzahl der Fragebö‐gen der Lehrkräfte erklären. Die Zusammensetzung der befragten Lehrkräfte kann so schwerpunktmäßig aus anderen Schulen erfolgt sein als die der Administratorinnen und Administratoren.
26%19%
46%
34%
20%
24%
7%23%
6% 11%
27% 19%
35%
25%
31%45%
0%
25%
50%
75%
100%
A (n=148) B (n=93) A (n=143) B (n=95)
Ich gehe in Pausen oder Freistunden an diese Computer und mache
etwas für die Schule
Ich gehe in Pausen oder Freistunden an diese Computer und mache
etwas, was nichts mit Schule zu tun hat
Nie
Selten
Manchmal
Häufig
5 Technische Voraussetzungen für den Einsatz von Lernplattformen 44
dort Schülerinnen und Schüler aus dem Unterricht heraus gegebene Arbeitsauf‐träge erfüllen, ohne dass der Unterricht dafür unterbrochen werden müsste. Fünf Fachräume wurden außerdem bereits mit IWBs ausgestattet. Die Schule verfügt auch über einen W‐LAN‐Zugang.
Die Zugangs‐ und Ausstattungssituation der Gesamtschule in B‐Stadt hat sich im Zuge eines vor rund fünf Jahren begonnenen Umbaus der Schule erheblich ver‐bessert, da dabei vom Schulträger auf die Verbesserung der EDV‐Ausstattung der Schule besonderer Wert gelegt wurde. Die Schule verfügt jetzt nicht mehr nur über Computerräume (zwei Stück mit jeweils 15 Rechnerarbeitsplätzen) son‐dern, und das ist in dieser Form besonders, über ein Lernzentrum mit rund 50 Arbeitsplätzen, das ebenfalls im Rahmen des Umbaus geschaffen wurde und ähnlich konzeptioniert ist wie die Mediothek des Gymnasiums in A‐Stadt. Bei den meisten Computern handelt es sich um gebrauchte, durch die Schulträger generalüberholte Geräte. Trotz anfänglicher Bedenken der Schulleitung habe man mit diesen Geräten aber überwiegend positive Erfahrungen gemacht. Es sei z.B. ein Vorteil, dass sie im Bedarfsfall sehr schnell durch den Schulträger ausge‐tauscht werden können, da Ersatz relativ leicht zu beschaffen ist. Die Schule be‐sitzt außerdem rund 20 IWBs, die vor allem in den naturwissenschaftlichen Fach‐räumen angebracht wurden und eingesetzt werden. Die Lehrkräfte können au‐ßerdem auf zwei Notebook‐Wagen mit jeweils 15 Geräten zurückgreifen. Dazu kommen Computer im Bereich der Sozialarbeit sowie ein Lehrervorbereitungs‐raum mit sechs Rechnern.
Eine Herausforderung, die in den Fallstudien immer wieder angesprochen wird, ist die Vereinfachung des für die Nutzung der verschiedenen schulischen Infor‐mations‐ und Kommunikationssysteme erforderlichen Logins. Mehrfach wurde in diesem Kontext beklagt, dass es umständlich sei, sich immer wieder an ver‐schiedenen Systemen anmelden zu müssen. Dieses Problem ließe sich lösen, wenn die in der Schule genutzten Informations‐ und Kommunikationssysteme von jedem beliebigen Ort mit Hilfe eines einheitlichen Logins genutzt werden könnten (Single‐Sign‐On).
Für die medientechnische Ausstattung der Schulen sind die Schulträger zustän‐dig. Die Erfahrungen der Schulen sind unterschiedlich. Während sich z.B. Herr Lachmann und Herr Ulmenbach von der Gesamtschule in B‐Stadt sehr zufrieden mit dem Engagement des Schulträgers zeigen („Kompliment, das hat er dann doch sehr gut gemacht“), sehen Herr Dübler und Herr Schmidt das Engagement des Schulträgers in A‐Stadt kritisch und vermissen ein ausreichendes Engage‐ment, die Medienintegration nachhaltig zu unterstützen. Der Schulleiter der glei‐chen Schule ist mit den Bemühungen des Schulträgers um die Ausstattung der Schule mit digitalen Medien durchaus zufrieden, sodass anhand dieser Stelle auch die Differenz der verschiedenen Ansichten entlang der subjektiven Wahr‐nehmung deutlich wird.
Für die Arbeit mit onlinebasierten Lernplattformen wie Edunex ist eine mög‐lichst breitbandige und maximal zuverlässige Internetanbindung unverzichtbar. Diese Voraussetzung scheint längst nicht an allen Schulen gegeben zu sein. Herr Ulmenbach von der Gesamtschule in B‐Stadt berichtet z.B., dass das Internet an
5 Technische Voraussetzungen für den Einsatz von Lernplattformen 45
der Schule gelegentlich ausfalle. Mit der anhaltenden Durchdringung der Schule mit digitalen Medien erweist sich dieser Aspekt als immer kritischer. Auch die Arbeit mit den IWBs kann ihr volles Potenzial nur mit einem zuverlässigen Netzzugang entfalten. Einer der Edunex‐Koordinatoren berichtet ebenfalls, dass an vielen Schulen seines Kreises die Qualität des Internetzugangs nicht ausrei‐che, um einen permanenten und verzögerungsfreien Zugang zu Edunex zu ge‐währleisten.
Damit Lernplattformen von möglichst vielen Lehrkräften akzeptiert und genutzt werden, ist es essentiell, dass das Auftreten technischer Probleme vermieden bzw. auf ein Minimum reduziert wird. Die im Rahmen der Projektevaluation geführten Interviews und Gruppendiskussionen deuten allerdings darauf hin, dass die Usability der Lernplattform verbesserbar ist und dass insbesondere die Einführungsphase von Edunex von nicht unerheblichen technischen Problemen begleitet wurde, wie insbesondere was die Benutzerverwaltung betrifft.
So war es z.B. offensichtlich nicht möglich, Daten aus der LUSD5 in Edunex zu exportieren und auf diese Weise das Anlegen und Verwalten der Benutzerinnen und Benutzer zu erleichtern. Herr Ulmenbach von der Gesamtschule in B‐Stadt berichtet z.B., dass man zu Beginn des Projektes erhebliche Schwierigkeiten ge‐habt habe, Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte als Benutzerinnen bzw. Benutzer anzulegen bzw. unklar gewesen sei, wie man sie am effizientesten in Edunex einpflegt. T‐Systems habe leider sehr lange gebraucht, um diese Fragen zu klären, sodass viele der beteiligten Lehrkräfte relativ rasch zu einer negativen Beurteilung von Edunex kamen. Aus der Gruppe der Edunex‐Koordinatoren wird in diesem Kontext kritisiert, dass sich von Seiten des Kultusministeriums häufig nicht energisch genug für die Beseitigung von Fehler oder Beeinträchti‐gungen von Edunex eingesetzt wurde. In anderen Fällen erwies es sich als prob‐lematisch, dass an einigen Schulen Software nicht mehr lokal installiert werden kann. So benötigten einige Schulen zu Beginn des Projektes zum Beispiel die ak‐tuellste Version von Flash Player um Edunex vollständig darstellen und bedie‐nen zu können. Die Reaktionszeiten auf Seiten des Schulträgers führten offen‐sichtlich in einigen Fällen zu nicht unerheblichen Verzögerungen. Die verschie‐denen negativen Erfahrungen haben dann in einigen Fällen mit dazu beigetra‐gen, dass sich viele Lehrkräfte nicht mehr an dem Projekt beteiligt haben.
Um: [...] diese Erfahrungen waren (2) insofern mit
Fragezeichen behaftet, äh, das die beteiligten Lehrer sehr schnell gesagt haben, das System ist, unhandlicher und unbequemer, ist nicht so komfortabel wie lo-net, und von daher geriet es dann schnell einfach auf die Schiene, dass man gesagt hat, ja, wir haben die Erfahrung gesammelt, aber es hat uns nicht allzu viel gebracht (.) (Interview Ulmenbach)
5 Die Lehrer‐ und Schülerdatenbank (LUSD) ist das zentrale Schulverwaltungssystem
des Hessischen Kultusministeriums, das verpflichtend in allen Schulen eingesetzt wird. Schnittstellen zu anderen Systemen sind u.a. aus Datenschutzgründen bislang nur eingeschränkt verfügbar.
5 Technische Voraussetzungen für den Einsatz von Lernplattformen 46
Der Erzählung von Herrn Ulmenbach zu folge, konnte sich Edunex aufgrund der angesprochenen technischen Schwierigkeiten bei den Lehrkräften der Gesamt‐schule gegenüber lo‐net² nicht durchsetzen, da die Nutzung wesentlich aufwän‐diger und unkomfortabler war, sodass ein möglicher Umstieg gar nachteilig für das Kollegium gewesen wäre. Damit war für die Lehrkräfte nach relativ kurzer Zeit klar, dass sie lo‐net² nicht zu Gunsten von Edunex absetzen würden. Es wird deutlich, dass ein neues LMS, um in einer Schule auf breiter Basis gegen das bis‐her genutzte System ersetzt zu werden, nicht nur deutliche Vorteile bieten muss, sondern diese Vorteile bereits nach kürzester Zeit für alle Beteiligten erkennbar werden müssen.
Herr Schmidt, einer der Lehrer am Gymnasium in A‐Stadt und Edunex‐Koordinator kritisiert die Gestaltung der Oberfläche der Lernplattform und be‐zeichnet sie als „wirklich stark gewöhnungsbedürftig“. Es sei eine erhebliche Einarbeitungszeit erforderlich, um mit dem System arbeiten zu können. Doreen, eine seiner Schülerinnen argumentiert ganz ähnlich und bemängelt, dass es un‐gewöhnlich schwierig sei, sich eigenständig in die Benutzung des LMS einzuar‐beiten. Nur durch die Hilfe von Herrn Schmidt, der ein bis zwei Unterrichtsein‐heiten aufgewendet hat, um die Schülerinnen und Schüler mit der Plattform ver‐traut zu machen, sei es ihr gelungen, mit Edunex zu arbeiten. Nachdem sie diese Hürde genommen hat, kann sie die Lernplattform selbstverständlich zufrieden‐stellend für ihre Arbeit einsetzen („ist es natürlich gut zu nutzen“). Herr Schmidt gibt auch zu bedenken, dass man Edunex, um damit mit jüngeren Schülerinnen und Schülern arbeiten zu können, die Bedienung der Lernplattform erheblich vereinfachen müsste, da sie ansonsten schlichtweg überfordert wären.
5.2 Der Zugang zu den digitalen Medien im häuslichen Bereich
Um die Vorteile von E‐Learning im Allgemeinen und die der Arbeit mit Lern‐plattformen im Speziellen voll nutzen zu können, ist es wichtig, dass die Lernen‐den auch außerhalb der Schule Zugang zu den digitalen Medien haben. Für die Arbeit mit einem LMS ist ein ausreichend breitbandiger Internetzugang z.B. un‐verzichtbar. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Vorausset‐zungen in jedem Fall gegeben sind. Herr Dübeler vom Gymnasium in A‐Stadt weist z.B. darauf hin, dass die Schule ein sehr großes, über weite Strecken länd‐lich geprägtes Einzugsgebiet habe, und es dort u.a. keinen flächendeckenden DSL‐Zugang gebe. Eine Schülerin aus dem Englischkurs von Herrn Schmidt gibt z.B. zu bedenken, dass sie zuhause keinen Zugang zu DSL habe. Ein Schüler der gleichen Schule berichtet, dass er zuhause zwar DSL für den Internetzugang nut‐zen könne, die Übertragungsgeschwindigkeit aber viel zu langsam sei, um damit angemessen arbeiten zu können. Es kann auch nicht vorausgesetzt werden, dass alle Schülerinnen und Schüler zuhause einen Computer nutzen können, obgleich das für immer weniger ein Problem zu sein scheint. Laut Herrn Dübeler von der‐selben Schule scheinen z.B. inzwischen die meisten Schülerinnen und Schüler auch zu Hause einen Computer nutzen zu können. So hätten z.B. nur zwei von rund 150 Schülerinnen und Schüler der fünften und sechsten Klasse, die Herr Dübeler in den letzten Jahren unterrichtet hat, zuhause keinen Zugang zum Computer gehabt.
5 Technische Voraussetzungen für den Einsatz von Lernplattformen 47
Dies spiegelt sich auch in der Fallstudienbefragung der Eltern wieder. 68 Prozent der Eltern in A‐Stadt geben an, dass ihr Kind einen eigenen Computer inklusive Internetanschluss im Zimmer hat. Auch in B‐Stadt haben rund die Hälfte der Schülerinnen und Schüler einen eigenen Computer. Allerdings verfügen nicht alle über einen eigenen Internetanschluss (vgl. Tabelle 5). Darüber hinaus be‐grenzen über drei Viertel der B‐Städter Eltern die Zeit, die ihre Kinder am Com‐puter verbringen dürfen, in A‐Stadt tun dies nur 38 Prozent. Die Mehrheit der Haushalte in beiden Städten (83%), besitzt zudem einen Computer mit Internet‐anschluss, der von den Kindern mitbenutzt werden darf. Der Internetzugang mit Mobiltelefonen ist noch nicht für viele Schülerinnen und Schüler ein Thema. In B‐Stadt können zehn Prozent der Lernenden auch mit ihrem Handy das Internet nutzen und in A‐Stadt sind es 26 Prozent.
Tabelle 5: Technische Ausstattung und Zugang zuhause (Fallstudienbefragung der Eltern
Schule Ja Mein Kind hat einen eigenen Computer in seinem Zimmer. A (n=73) 68,5 %
B (n=80) 51,3 %
Mein Kind hat einen eigenen Internetzugang. A (n=72) 68,1 %
B (n=80) 43,8 %
Ich begrenze die Zeit, die mein Kind am Computer verbrin-gen darf.
A (n=73) 38,4 %
B (n=80) 78,8 %
Ich besitze einen Computer mit Internetzugang, den mein Kind mitbenutzen darf.
A (n=73) 83,6 %
B (n=80) 83,8 %
Mein Kind kann das Internet mit seinem Handy benutzen. A (n=72) 26,4 %
B (n=79) 10,1 %
Die Eltern in A‐Stadt zeigen sich deutlich offener als in B‐Stadt was die Compu‐ter‐ und Internetnutzung zuhause angeht. Ihre Kinder sind besser ausgestattet und haben mehr Freiheiten in der Nutzung, was damit zusammenhängen könn‐te, dass die befragten Schülerinnen und Schüler in A‐Stadt deutlich älter sind als die in B‐Stadt. Auch aus der Befragung der Schülerinnen und Schüler geht her‐vor, dass diejenigen aus A‐Stadt zuhause technisch besser ausgestattet sind. Über die Hälfte besitzt einen eigenen Computer mit Monitor, 47 Prozent einen eige‐nen Laptop oder ein vergleichbares Gerät (vgl. Tabelle 6).
5 Technische Voraussetzungen für den Einsatz von Lernplattformen 48
Tabelle 6: Technische Ausstattung und Zugang zuhause (Fallstudienbefragung der Eltern)
Habe ich selbst Muss ich mit Geschwis-
tern oder Eltern teilen
Habe ich nicht
Computer mit Moni-tor
A (n=142) 55,6 % 35,2 % 9,2 %
B (n=94) 24,5 % 60,6 % 14,9 %
Laptop, Notebook oder Netbook
A (n=146) 47,3 % 17,1 % 35,6 %
B (n=95) 41,8 % 27,6 % 30,6 %
Internetanschluss A (n=147) 55,8 % 42,9 % 1,4 %
B (n=99) 39,4 % 58,6 % 2,0 %
E-Mail Adresse A (n=149) 98,7 % 0,6 % 0,7 %
B (n=98) 88,8 % 8,2 % 3 %
Handy A (n=149) 98,7 % 0,65 % 0,65 %
B (n=99) 92,9 % 1,0 % 6,0 %
In B‐Stadt besitzen hingegen nur 24 Prozent einen eigenen Computer mit Moni‐tor, weitere 60 Prozent können jedoch den ihrer Eltern oder Geschwister mitbe‐nutzen. 41 Prozent haben ein eigenes Notebook o.ä. Fast alle – bis auf jeweils zwei Schülerinnen und Schüler je Fallstudie – verfügen über einen Internetan‐schluss. Somit steht der Kommunikation mit E‐Mail bei den meisten auch nichts im Wege. 88 Prozent (B‐Stadt) bis 99 Prozent (A‐Stadt) der befragten Schülerinnen und Schüler besitzen eine eigene E‐Mail‐Adresse. Ein eigenes Mobiltelefons be‐sitzen 98 Prozent der Schülerinnen und Schüler aus A‐Stadt und 93 Prozent der‐jenigen aus B‐Stadt.
Computer – wenn vorhanden – werden von den Schülerinnen und Schülern zu‐hause von beiden Gruppen häufig genutzt, um etwas für die Schule „herauszu‐suchen“ – in A‐Stadt mit 82 Prozent wesentlich häufiger als in B‐Stadt mit 53 Pro‐zent. Wikipedia ist dabei eine beliebte Anlaufstelle (vgl. Abbildung 16).
5 Technische Voraussetzungen für den Einsatz von Lernplattformen 49
Abbildung 16: Computer- und Internetnutzung zu Hause (Fallstudienbefragung der Schüle-
rinnen und Schüler)
5 Technische Voraussetzungen für den Einsatz von Lernplattformen 50
Weniger häufig finden der Einsatz von Lernsoftware, der Download von fertigen Referaten, gemeinsame Projektarbeit mit anderen Schülern oder der Download von in der Schule erstellten Dateien statt. Hausaufgaben bearbeiten fast alle Schülerinnen und Schüler in A‐Stadt zumindest manchmal am Computer. Nur drei Prozent nutzen den Computer selten oder nie dazu.
Insgesamt ist die Intensität der Nutzung von Computer und Internet zuhause in A‐Stadt etwas stärker. Dies kann aber wiederum durch das höhere Alter der Schülerinnen und Schüler begründet werden, da die Aufgaben, die mit Hilfe von Computer und Internet erledigt werden auch einem höheren Grad der Selbstän‐digkeit beim Lernen („Inhalte heraussuchen“) voraussetzen.
6 Technische und medienpädagogische Unterstützung 51
6 Technische und medienpädagogische Unterstützung Die Unterstützung der Schulen und der Lehrkräfte in ihrer täglichen Arbeit mit digitalen Medien lässt sich grundsätzlich in interne und externe Aufgaben auf der einen Seite und technischen Support und pädagogische Angebote auf der anderen Seite unterteilen.
Tabelle 7: Differenzierung der technischen und (medien-)pädagogischen Unterstützung
(Quelle: Breiter et al. 2010: 184)
Intern Extern
Technisch Systembetreuer/in, Administra-tor/innen, Schüler-AG, Werkstu-dent/innen
Techniker/in beim Schulträger, beauftragte Unternehmen, kommu-nale bzw. Landesdienstleister
Pädagogisch Medienbeauftragte, IT-Koordinator/innen
Medienzentren, Kompetenzteams
Pädagogische und technische Unterstützungsaufgaben lassen sich aber häufig nur schwer voneinander trennen, zumal es sich auch um die aufbauorganisatori‐sche Trennung zwischen inneren und äußeren Schulangelegenheiten handelt. So entpuppen sich technische Probleme schnell als pädagogische und umgekehrt, beispielsweise wenn die Frage nach dem Zugang zur Lernplattform eigentlich mit der Frage nach einem sinnvollen Einsatz im Unterricht verbunden ist. Tech‐nische und pädagogische Angebote sollten daher eng miteinander verbunden sein (z.B. Breiter 2001, Breiter/Plehnert 2000). Nach Auskunft der Schulleitungs‐mitglieder stehen an allen Schulen Ansprechpartnerinnen oder ‐partner für die technische und medienpädagogische Unterstützung bereit (vgl. Tabelle 8).
Tabelle 8: Betreuungspersonal an den Schulen (Umfrage unter den Schulleitern)
Aufgabenbereich Vorhanden (intern oder extern) Nicht vorhanden
Medienpädagogische Unterstützung (n=47) 93% 7%
Technische Unterstützung (n=47) 96% 4%
In 82 Prozent der Schulen sind sogar zwei oder mehr Ansprechpartner für die medienpädagogische Unterstützung vorhanden, in 87 Prozent der Schulen gibt es mehr als einen Ansprechpartner für den technischen Support. Der interne Support deckt den überwiegenden Teil der Unterstützung sowohl medienpäda‐gogischer als auch technischer Art ab. Die Lehrkräfte, die für den Support ver‐antwortlich zeichnen, erhalten überwiegend keine bis zwei Ermäßigungsstunden für ihre Arbeit. Letzteres gilt insbesondere für die spontane Unterstützung durch Kolleginnen und Kollegen, die über ein Drittel der Unterstützung ausmacht.
6 Technische und medienpädagogische Unterstützung 52
Abbildung 17: Erster Anspruchspartner bei Problemen mit Lernplattformen (Umfrage Lehr-
kräfte, n=129)
Spezifische Unterstützung bei der Arbeit mit Edunex wurde im Projekt durch die Edunex‐Koordinatoren und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von T‐Systems geleistet. Dabei wurde deutlich, dass zwei Phasen im Projekt zu unterscheiden sind: Phase 1 fokussierte auf die technische Bereitstellung der Plattform und Pha‐se 2 auf den laufenden Betrieb und die kontinuierliche Verbesserung. Die IT‐Administratorinnen und ‐administratoren bewerten diesen Aspekt des techni‐schen Supports während der beiden Projektphasen sehr unterschiedlich:
In der ersten Projektphase erhalten sowohl die Koordinatoren als auch T‐Systems die insgesamt schlechtesten Noten (2,8 bei den Koordinatoren und 3,1 bei T‐Systems).
In der zweiten Projektphase wurde der Support als besser empfunden. Die Koordinatoren erhielten hier die Note 2 und T‐Systems wurde mit 2,2 bewertet.
Am besten bewertet werden insgesamt bei beiden die Freundlichkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (1,4 bei den Koordinatoren und 1,6 bei T‐Systems), sowie deren Kompetenz (1,6 bei den Koordinatoren und 1,9 bei T‐Systems).
Neben der Gesamtbewertung der beiden Projektphasen wird die Lö‐sungsqualität am schlechtesten bewertet (2,3 bei den Koordinatoren und 2,9 bei T‐Systems).
Erreichbarkeit, Reaktionszeit und Wiederherstellungszeit liegen im mitt‐leren Bereich der Bewertungen (1,6 bis 2,0 bei den Koordinatoren und 2,6 bis 2,9 bei T‐Systems).
Auffällig ist, dass der Support durch die Edunex‐Koordinatoren bei allen Fragen besser bewertet wird als der Support durch T‐Systems.
In der Gruppendiskussion machten die Koordinatoren auf verschiedene Proble‐me bezüglich der Hard‐ und Software sowie des Supports seitens der Schulträger aufmerksam. Mehrere Edunex‐Koordinatoren bemängeln z.B., dass den IT‐Administratorinnen oder Administratoren in den Schulen vielerorts die erforder‐lichen Rechte gefehlt hätten, um für die reibungslose Nutzung von Edunex benö‐tigte Softwareupdates oder neue Programme zu installieren. Da die technische
56%
16%
17%
2% 2% 2%
5%IT‐Verantwortliche/Adminstrator/in der SchuleInformatik‐Fachlehrkräfte
Andere Kolleginnen und Kollegen
Produkthotline (z.B. T‐Systems für Edunex)
6 Technische und medienpädagogische Unterstützung 53
Unterstützung in vielen Kommunen aber durch personell relativ eng besetzte Stellen erfolgt, kommt es zu entsprechenden zeitlichen Problemen. So berichtet z.B. Herr Dübeler vom Gymnasium im A‐Stadt, dass dort schulträgerseitig zwei Personen neben ihrer Arbeit für die Verwaltung des Schulträgers für die techni‐sche Unterstützung aller Schulen im Zuständigkeitsbereich des Schulträgers ver‐antwortlich seien. Herr Sauer, ein weiterer Edunex‐Koordinator gibt in diese Kon‐text zu bedenken, dass es gut gewesen wäre, wenn das Kultusministerium bei der Entwicklung des Projektes Hessen.eEducation von Beginn an die Schulträger stärker in die Projektplanung und ‐durchführung eingebunden hätten.
Der technische Support an der Gesamtschule in B‐Stadt wird in erster Linie von Herrn Ulmenbach und durch Mitarbeiter einer beim Schulträger angesiedelten Beschäftigungsgesellschaft geleistet. Herr Ulmenbach ist Mitglied der Schulleitung und seit vielen Jahren auch als IT‐Koordinator der Schule tätig. Der Schulleiter schätzt seine Arbeit sehr und erklärt, dass er für die Lehrkräfte jederzeit zur Ver‐fügung steht, um aufgetretene Probleme zu lösen. Diese ständige Verfügbarkeit erweist sich als sehr wichtig, um die Integrität der Lehrkräfte zu wahren, wenn es zu technischen Schwierigkeiten kommt, wie der folgende Ausschnitt aus dem Interview mit Herrn Lachmann zeigt.
Lm: also wenn man einen Lehrer dann mal so verhungern lässt in
einer Situation, die er dann hat, weil irgendeine Störung auftritt ne, das ist denen dann peinlich und so was hat dann immer ´ne negative Auswirkung und wenn man dann aber präsent ist und dann versucht ihm zu helfen dabei und das möglichst erfolgreich, dann ist das schon mal ein wichtiger Aspekt (Interview Lachmann)
Herr Lachmann spricht davon, dass man eine Lehrkraft „verhungern“ lassen kann, wenn man ihr beim Auftreten einer technischen Störung nicht hilft. Im übertragenen Sinne kann man sagen, dass die Lehrkraft in einer solchen Situation ihrer Macht und Kontrolle über den Unterricht beraubt wird. Ein solcher Mo‐ment sei für die Lehrerinnen und Lehrer unangenehm und habe immer negative Konsequenzen. Welcher Art diese sind, bleibt an dieser Stelle offen, denkbar ist aber z.B. dass die Lehrkraft zukünftig auf bestimmte Medienpraxen verzichtet. Wo aber Hilfe geleistet wird, merkt die betroffene Lehrkraft zum einen, dass sie in einer solchen Situation nicht allein ist. Wenn es dann zum anderen noch ge‐lingt, ihr erfolgreich zu helfen, ist die Infragestellung ihrer Macht und Kontrolle von begrenzter Dauer, sodass sie letztlich eher bereit ist, sich dem Medienhan‐deln inhärenten Risiko des Scheiterns aufgrund von technischen Problemen aus‐zusetzen.
Der Schulleiter betont aber auch, dass die Wartung der IT‐Infrastruktur der Schu‐le und die Behebung von Problemen längst nicht mehr nur durch Lehrkräfte zu leisten sei. Die Unterstützung durch die Mitarbeiter des Schulträgers ist in die‐sem Kontext unverzichtbar. Da die Arbeit in solchen Beschäftigungsgesellschaf‐ten allerdings darauf abzielt, die dort tätigen Menschen zu unterstützen, in eine reguläre Beschäftigung zu gelangen, fehlt diesem Modell die für einen qualitativ hochwertigen Support erforderliche Kontinuität. Unabhängig davon wird die Schule zum Zeitpunkt der Gruppendiskussion von einer Person unterstützt, mit
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deren Arbeit Herr Lachmann und Herr Ulmenbach sehr zufrieden sind. Allerdings gibt Herr Ulmenbach in diesem Kontext zu bedenken, dass sich diese Situation auch wieder ändern könne und das Engagement der zum Zeitpunkt der Grup‐pendiskussion für die Schule zuständigen Person außergewöhnlich sei. Der Schule kommt außerdem sicherlich zugute, dass sie bei größeren IT‐Problemen von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Beschäftigungsgesellschaft be‐vorzugt behandelt wird. Um kleinere Schwierigkeiten beim Umgang mit Soft‐ware kurzfristig beheben zu können, besitzt Herr Ulmenbach außerdem Adminis‐tratorenrechte, um bedarfsweise auch kurzfristig Software auf den Computern der Schule installieren zu können. Gleichzeitig muss sich Herr Ulmenbach aber z.B. nicht mehr um die Wartung der schulischen Server kümmern, da diese Auf‐gabe zwischenzeitlich vollständig vom Schulträger übernommen wurde. Einer‐seits begrüßt Herr Ulmenbach diese Entlastung, andererseits bedauert er aber den damit einhergehenden Flexibilitätsverlust, der sich z.B. darin zeigt, dass er nun‐mehr nicht mehr spontan Benutzerkonten für neue Kolleginnen oder Kollegen einrichten kann.
Herr Ulmenbach, der an der Gesamtschule in B‐Stadt u.a. als IT‐Beauftragter tätig ist, zeigt sich mit der Zusammenarbeit mit dem Schulträger, die auf einem ge‐meinsam entwickelten Konzept basiert, sehr zufrieden. Klassischerweise ist der Schulträger primär für die Beschaffung der für den Betrieb der IT‐Infrastruktur erforderlichen technischen Komponenten zuständig, handelt dabei aber in enger Abstimmung mit der Schule, die von Herrn Ulmenbach repräsentiert wird. Er selbst sieht sich dabei in der Rolle einer „inhaltlichen Koordinationsstelle“ bzw. „Vermittler“, der u.a. dafür zuständig ist, die inhaltlich‐pädagogischen Wünsche des Kollegiums an die Arbeit mit den digitalen Medien in korrespondierende technische Anforderungen zu übersetzen. Im weitesten Sinne in den Bereich des technischen Supports fällt die Administration von Lernplattformen unter dem Aspekt der Benutzerverwaltung. Die beiden Lehrer Herr Cordes und Herr Anberger aus B‐Stadt schildern einen Teil der damit einhergehenden Herausfor‐derungen anschaulich. Cm: Oder sie müssten angelegt werden, von vornherein von Am: └Oder, ja Cm: von irgendjemandem Am: Ja, genau (.) es müsste einfach so ein Automatismus sein,
dass einfach die Klassen da angelegt sind, wie auch immer da der Support erfolgt, oder der Import, oder keine Ahnung, weil das ist halt so’ne Sache, wenn ein Lehrer sagt, ich möchte jetzt in der Klasse mit lo-net arbeiten, dann geht das ja los (.) dann muss ich dem Schuladministrator Bescheid sagen, sagen, ich brauch die Klasse in lo-net (.) dann muss der ins Verwaltungsnetzwerk, muss sich da die Daten holen, dann muss der die Daten da einspeisen, dann muss der den Schülern die Passwörter zugänglich machen, die Schüler müssen sich die Passwörter merken, dann kann’s irgendwann losgehen (Gruppe Kastanie)
Damit die Lehrkräfte zusammen mit den Schülerinnen und Schülern in lo‐net² arbeiten können, muss für jede Schülerin bzw. jeden Schüler zunächst ein Benut‐zerkonto angelegt werden. Herr Anberger wünscht sich die Automatisierung die‐
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ses Schritts. Denn bislang müsse sich eine Lehrkraft dafür zunächst an den Schuladministrator wenden, der wiederum die erforderlichen Daten über das Verwaltungsnetz bereitstellen muss, um sie anschließend in lo‐net² für die Ein‐richtung der Benutzerkonten verwenden zu können. Die für die Authentifizie‐rung der Benutzerinnen und Benutzer erforderlichen Passwörter muss er dann an die Schülerinnen und Schüler weitergeben, die diese wiederum nicht verges‐sen dürfen, um sich für die Nutzung von lo‐net² anmelden zu können. Damit sind dann aber lediglich die administrativen Grundvoraussetzungen für die Ar‐beit mit der Lernplattform geschaffen.
Auch die Edunex‐Administratoren bemängeln die Unterstützung bei der Behe‐bung technischer Probleme gerade in der Anfangsphase des Projektes. Umfang‐reichere Schwierigkeiten gab es demnach insbesondere bei der Benutzerverwal‐tung, z.B. beim Anlegen von Benutzerinnen und Benutzern oder der Vergabe und Verwaltung von Login‐Daten. So seien z.B. in mehreren Fällen Passwörter verloren gegangen und mussten von den Edunex‐Administratorinnen oder ‐administratoren ersetzt und abermals an die Schülerinnen und Schüler weiterge‐geben werden. Bemängelt wird außerdem, dass durch das System Benutzerna‐men vorgegeben wurden, die sich nicht mehr nachträglich ändern ließen. Der größte Teil dieser Probleme konnte aber im Verlauf des Projektes offensichtlich gelöst werden. Allerdings war es da in vielen Fällen offensichtlich schon zu spät, da viele Lehrkräfte bereits Abstand von der Nutzung von Edunex genommen hatten. Von Seiten der Administratoren wird in diesem Kontext auch kritisiert, dass man ihre Vorschläge zur Behebung aufgetretener Probleme nicht aufge‐nommen habe. Bemängelt wird außerdem, dass häufig nicht klar gewesen zu sein schien, wer für die Behebung bestimmter Probleme verantwortlich ist bzw. T‐Systems und das Kultusministerium sich gegenseitig bei der Lösung behindert hätten oder dem jeweils anderem die Verantwortung für bestimmte Probleme zugewiesen hätten. Teilweise sei außerdem der Eindruck entstanden, dass die beteiligten Akteure von T‐Systems und dem Kultusministerium nicht über aus‐reichend Macht verfügten, um einzelne Herausforderungen lösen zu können. Der Hinweis von Herrn Schmidt, dass kleinere Probleme recht schnell behoben worden seien und es nur bei größeren Herausforderungen zu längeren Verzöge‐rungen kam, weist in die gleiche Richtung.
An den beiden Fallstudienschulen gibt es auch feste Ansprechpartner für die medienpädagogische Unterstützung. Am Gymnasium in A‐Stadt helfen Herr Dübeler und Herr Schmidt ihren Kolleginnen und Kollegen auch bei pädagogisch motivierten Fragen des Einsatzes der digitalen Medien. An der Gesamtschule in B‐Stadt wird diese Rolle von Herrn Ulmenbach ausgefüllt. Dazu kommen einzelne Lehrkräfte, die aus eigenem Antrieb heraus gerne bereit sind, Kolleginnen und Kollegen auch in medienpädagogischen Fragen weiterzuhelfen.
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7 Wissen und Wissenserwerb der Lehrkräfte Wissen und Wissenserwerb sind eine unverzichtbare Voraussetzung jeglicher Mediennutzung. Wissen adressiert in diesem Kontext aber nicht nur Kompeten‐zen und Fähigkeiten, die man erwerben muss, um die digitalen Medien im Un‐terricht einzusetzen. Es umfasst auch Orientierungen und Einstellungen, die mehr oder weniger unbewusst gebildet werden und weit in die individuelle Bio‐grafie der Lehrkräfte zurückreichen (Kapitel 7.1). Der Kenntnisstand der Lehr‐kräfte im Umgang mit den digitalen Medien hängt aber auch stark davon ab, welche Pfade des Wissenserwerbs von den Lehrkräften beschritten werden (Ka‐pitel 7.2). Neben die Lehrerausbildung mit ihren beiden Phasen (Kapitel 7.2.1) sind das vor allem der autodidaktische Wissenserwerb, Wissenserwerb im Aus‐tausch mit Kolleginnen und Kollegen (Kapitel 7.2.2) sowie die berufsbegleitende Lehrerfortbildung mit ihren verschiedenen Angeboten (Kapitel 7.2.3).
7.1 Orientierungen und Einstellungen der Lehrkräfte gegenüber den digitalen Medien
Lehrkräfte besitzen individuell verschiedene Einstellungen gegenüber den Me‐dien, die einen wichtigen Anteil an der Entscheidung für oder gegen den Medi‐eneinsatz haben (Ertmer 2005; Hermans, Tondeur, van Braak & Valcke 2008). Eine positive Einstellung gegenüber der Medientechnologie wird als eine ent‐scheidende Voraussetzung für die unterrichtliche Nutzung gesehen (Becker 2000, und Zhao/Frank 2003). Eickelmann und Schulz‐Zander (2008: 168) kommen vor dem Hintergrund verschiedener Studien zu dem Schluss, dass die Lehrerinnen und Lehrer dem Einsatz der digitalen Medien gegenüber generell positiv einge‐stellt seien (vgl. auch Bofinger 2004). Demgegenüber stehen aber Untersuchun‐gen, die bei Lehramtsstudierenden und Berufsanfängern eine ausgeprägte medi‐enkritische und bewahrpädagogisch orientierte Haltung zu Tage gefördert ha‐ben, von der angenommen werden kann, dass sie die Medienintegration ein‐schränkt (Blömeke 2003, Kommer 2006, Meurer 2006). Diese Ergebnisse deuten auf die Existenz eines spezifischen medialen Habitus hin, der das Lehrerhandeln prägt. Man kann in diesem Kontext auch vom Orientierungswissen sprechen, das das Handeln der Lehrkräfte relativ unabhängig vom subjektiv gemeinten Sinn strukturiert (Bohnsack 2007, Welling 2008).
In Kapitel 4.2 haben wir bereits angedeutet, dass die Lernpraxis der Schülerinnen und Schüler u.a. auch durch die Lehrpraxis der Lehrkräfte geprägt wird. Diese Praxis lässt sich, wie der folgende Ausschnitt aus dem Interview mit dem Schul‐leiter der Gesamtschule in B‐Stadt anschaulich illustriert, nicht immer mit den Anforderungen an selbstständiges Lernen überein bringen.
Lm: es ist eben so dass die Schüler ja im Regelfall auch
schon gewisserweise schulsozialisiert sind (.) das heißt, sie haben auch so bestimmte schulische Vorerfahrungen und Rituale, und die passen ja zunächst einmal nicht dahin ja, da ist dann eben, sag mal das
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typische ist im Grunde ja nach wie vor, machen wir uns nichts vor, der Lehrer geht rein, er wiederholt die letzte Stunde, äh werden die Hausaufgaben abgefragt, dann geht’s ´n Stückchen vor und dann wird wieder was festgelegt, was zum nächsten Mal als Hausaufgabe zu machen ist (.) so äh wie weit ist der Prozess noch in Gruppenarbeit dazwischen ist, lass ich noch mal offen oder (wie es oft noch) frontal ist aber der Lehrer ist die Person, die nun hier zentral im Grunde genommen die ganze Sache steuert und äh damit auch die Verantwortung übernimmt (Interview Lachmann)
Laut Herrn Lachmann prägen Vorerfahrungen und Rituale die Handlungspraxis der Schülerinnen und Schüler und lassen sich ad hoc nicht mit den Vorausset‐zungen selbstständigen Lernen überein bringen. Typisch bzw. gewöhnlich sei in diesem Zusammenhang, dass die Lehrkräfte den Unterricht in zentralistischer Manier auf der Grundlage von Lehrervortrag, Unterrichtsgespräch und definier‐ten Hausaufgaben gestalten und steuern. Damit, und das ist an dieser Stelle ent‐scheidend, liegt die Verantwortung für die Ergebnisse des Lernprozesses nicht bei den Lernenden sondern bei der Lehrkraft, die mit ihrer Arbeit letztlich auch positiv wahrgenommen werden möchte. Da diese Bewertung in letzter Konse‐quenz über die Benotung der Leistungen der Schülerinnen und Schüler erfolgt, ist es naheliegend, dass sich die Lehrkräfte im Zweifelsfall für etablierte und in Verlauf und Ergebnis weitgehend vorhersehbare Vorgehensweisen entscheiden, statt sich auf didaktische Konzepte und/oder Unterrichtsmodelle einzulassen, deren Verlauf und Ergebnisse ungewiss sind.
Für den unterrichtlichen Einsatz der digitalen Medien kommt hinzu, dass die Lehrkräfte auch über Orientierungen bzw. Einstellungen verfügen müssen, die für die Arbeit mit den digitalen Medien förderlich sind. Das ist offensichtlich bei immer mehr Lehrkräften der Fall. Auch an der Gesamtschule in B‐Stadt ist die Anzahl der Lehrkräfte, deren Handeln von einer erheblichen Distanz zu den di‐gitalen Medien geprägt ist, offensichtlich kontinuierlich zurückgegangen.
Lm: das war am Anfang ein bisschen schwer so dass die
Kollegen, die nicht so ganz so fit sind bei Computern so ‘n bisschen Bedenken hatten, mittlerweile sind die Bedenkenträger deutlich reduziert (.) ich glaube es sind noch zwei, drei die da äh deutlich Abstand nehmen dann gibt es ‘ne größere Gruppe, nicht die die große Gruppe sondern ‘ne größere Gruppe, die joa das halt so mitmachen, weil es halt gemacht werden muss dabei aber es gibt auch ‘ne sehr große Gruppe, und ich denke, das ist auch ähm überwiegend dabei, die sich von der Sache auch überzeugen lassen und das auch aktiv einsetzen (Interview Lachmann)
In der wiedergegebenen Sequenz bezieht sich Herr Lachmann auf die Zeit, wäh‐rend der das schulische Lernzentrum in Betrieb genommen wurde und eine un‐bekannte Anzahl von Lehrkräften der damit einhergehenden offensichtlichen Veränderung des Unterrichts sehr ablehnend gegenüber standen. Herr Lachmann führt das auf die geringe eigene Medienkompetenz zurück. Die Anzahl der Lehrkräfte, die eine hohe Distanz zum Handeln mit den digitalen Medien auf‐weisen, habe sich aber seitdem erheblich reduziert und Herr Lachmann vermutet,
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dass es nur noch zwei bis drei Personen seien. Daneben gebe es eine zweite Gruppe, die dem Handeln mit den digitalen Medien gegenüber nicht zwingend positiv eingestellt sei, diese aber aufgrund eines Handlungsimperatives i.S. eines externen Orientierungsschemas einsetzen. Es steht zu vermuten, dass die Ange‐hörigen dieser Gruppe die digitalen Medien dort nutzen, wo es ihnen an einer adäquaten Alternative mangelt, ansonsten aber, wenn möglich, auf den Einsatz verzichten. Es gebe aber auch seine sehr große Gruppe von Lehrkräften, die digi‐tale Medien „aktiv einsetzen“, da sie sich „von der Sache“ haben überzeugen lassen. Im Vergleich zu den anderen beiden Gruppen verfügen die Angehörigen dieser Gruppe offensichtlich über eine rege Medienpraxis, die auf der Annahme ruht, dass der Einsatz der digitalen Medien für unterrichtliche und schulorgani‐satorische Zwecke sinnvoll ist.
Obgleich sich die Medienpraxis der Lehrkräfte der Gesamtschule in B‐Stadt er‐heblich innerhalb des Kollegiums zu unterscheiden scheint, charakterisieren der Schulleiter und Herr Ulmenbach, der ebenfalls zur Schulleitung gehört, unabhän‐gig voneinander das Kollegium insgesamt als äußerst innovativ und offen für Veränderungsprozesse. Gleichzeitig weist Herr Lachmann darauf hin, dass diese Qualität des Kollegiums das Ergebnis eines langjährigen Prozesses sei, der an verschiedene Voraussetzungen gebunden sei.
Lm: [...] hat sich im Laufe der vielen Jahre hat doch ein
offenes Kollegium herausgeschält (.) liegt auch daran wohl, dass wir gute Kontakte zur Uni in C-Stadt haben und regelmäßig eben auch ähm Praktikanten hier haben oder im Rahmen von Lehrerausbildung, so dass permanent im Grunde immer äh die eigene Arbeit hinterfragt wird (.) ja man muss eben Gespräche, immer wieder warum so, warum das, was können wir machen und so dabei, das glaub ich, ist ganz gut, weil dann, sagen wir mal äh immer so das Ganze bisschen am kochen bleibt und es ist nicht so, dass man ähm sagt, wir haben etwas erreicht und basta oder so dabei ne (.) so ein Verkrusten hat’s in den letzten Jahren nicht gegeben und die Entwicklung eben, das hängt ja nun mal mit den neuen Medien so besonders zusammen (.) wirst ständig neu gefordert (Interview Lachmann)
Das Innovationsklima an der Schule wird mitgeprägt durch Praktikantinnen und Praktikanten, die regelmäßig von einer Universität oder im Rahmen der Lehrer‐ausbildung an die Schule kommen und dort tätig sind. Durch die Kommunikati‐on mit diesen Gästen entsteht ein permanenter Prozess, der die Lehrkräfte zwingt, ihre Arbeit fortwährend kritisch zu reflektieren, indem sie dies den Prak‐tikantinnen und Praktikanten erklären und näherbringen müssen. Auf diese Weise sei man nicht versucht, an einem einmal erreichten Status quo festzuhal‐ten, sondern wird in einen kontinuierlichen Entwicklungsprozess involviert. Die intensive Durchdringung der Schule mit digitalen Medien verstärkt diesen Pro‐zess insofern, da diese über eine ihnen inhärente eigene Entwicklungsdynamik verfügen, die die Lehrkräfte kontinuierlich herausfordert, sich damit auseinan‐derzusetzen und eventuell erforderliche Konsequenzen für ihre Handlungspraxis zu ziehen. In diesem Zusammenhang sei aber auch darauf hinzuweisen, dass der generell auf die Schule und ihre Lehrkräfte wirkende hohe Veränderungsdruck
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mitunter auch zu einem Festhalten an tradierten Praxen als Versuch gelesen werden muss, die Orientierung zu wahren und handlungsfähig zu bleiben (Breiter et al. 2010: 161).
Auch die drei Lehrkräfte aus der Gruppe Kastanie sind der Integration der digita‐len Medien in den Schulalltag gegenüber generell positiv eingestellt und nutzen sie regelmäßig. Am Diskursverlauf der Gruppendiskussion lässt sich gut ablesen, dass diese Einstellungen und Orientierungen sich aber nicht homogen auf die digitalen Medien als solche erstrecken, sondern eine genaue Differenzierung ent‐lang unterschiedlicher Nutzungskontexte erfordern. Die wenigsten Lehrkräfte besitzen Arbeitsplätze in der Schule, sodass sie einen erheblichen Teil ihrer Ar‐beit zuhause verrichten. Wenn sie die Möglichkeiten digitaler Kommunikation mit ihren Schülerinnen und Schülern nutzen, so erweitert sich der schulisch kon‐notierte Kommunikationsraum insofern, dass neben die in erster Linien interper‐sonal und direkt stattfindende Kommunikation zwischen Lernenden und Leh‐renden neue Formen der Kommunikation treten, die nicht mehr an das Schulge‐bäude als Kommunikationsort gebunden sind Herr Anberger von der Gesamt‐schule in B‐Stadt kommuniziert z.B. mit seinen Schülerinnen und Schülern per E‐Mail (vgl. dazu auch Kapitel 3).
Am: Es ist zumindest zeitnah alles zu regeln, als wenn ein
Schüler mir das am Sonntagnachmittag oder am Samstagnachmittag schickt und ich seh das, dann antworte ich in den nächsten zwei Minuten und dann ist das für mich aus dem Kopf (.) das find ich extrem wichtig (.) dass ich mir das nicht aufschreiben muss, am Montag musst ihm dann noch sagen, das und so ist das, und dann muss ich suchen, in welcher Klasse ist der, sondern das geht einfach viel schneller (.) das ist für mich der entscheidende Vorteil (.) denn sonst so im Alltag, man geht ja einmal durch den Flur und dann kommen ja fünf irgendwelche solche Anfragen und das (1) macht’s dann schon einfacher (6) so ist es doch, ne @(2)@ (Gruppe Kastanie)
Der Lehrer schätzt es als Vorteil, dass er z.B. zeitnah auf Fragen der Lernenden reagieren kann, wenn diese ihm am Wochenende eine E‐Mail schicken. Denn dann muss er sich nicht mehr mit solchen Anfragen befassen und sich z.B. daran erinnern, die Schülerinnen oder Schüler bei nächster Gelegenheit auf ihre Anlie‐gen hin anzusprechen. Dadurch spare er Zeit, was für ihn von erheblicher Bedeu‐tung ist, sodass der durch diese Form der Kommunikation zu erzielende positive Rationalisierungseffekt von zentraler Relevanz für die Bewertung der Praxis ist. Ansonsten würden ihn die Schülerinnen und Schüler in der Schule mit ihren An‐liegen ansprechen und er muss dann entweder spontan reagieren oder eine wei‐tere Handlungspraxis einleiten mit dem Ziel der Schülerin oder dem Schüler zu helfen. Offen bleibt an dieser Stelle die Frage, inwieweit die Möglichkeit, mit den Lehrkräften per E‐Mail zu kommunizieren, das Ausmaß der Kommunikation zwischen Lernenden und Lehrenden erhöht hat.
An späterer Stelle der Gruppendiskussion wird auch deutlich, dass die Auswei‐tung der computervermittelten Kommunikation und Interaktion von den Lehr‐kräften nicht nur positiv bewertet wird. Vor dem Hintergrund der, seiner Wahr‐
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nehmung nach häufig von den Eltern kaum regulierten und auf die Nutzung von Social Network Sites und Computerspielen fokussierten, Medienpraxis der Schü‐lerinnen und Schüler, fordert Herr Cordes z.B. dass ihnen bestimmte Verhaltens‐weisen im Umgang mit den digitalen Medien vermittelt werden.
Cm: ich find’s natürlich wichtig, sie dann auch in diesem
Onlinebereich, so ein gewisses Verhaltenspaket beizubringen, also wie man damit umgeht, dass sie auch selber ihre Zeit dadurch einteilen können, wir ihnen dadurch also einen Wegweiser geben dabei, aber dann ist trotzdem noch zu überlegen, also, wenn ich dann jetzt noch dieses Modul, was ich dann unterrichten möchte, dann auch noch online stelle, dass ich ihnen dann eigentlich noch mehr in diese Richtung dann auch (.) in diesem (.) sie wissen, was ich meine (.) in dieser Richtung da noch mehr Zeit, dass sie noch mehr Zeit vorm Computer verbringen
Bm: └Noch mehr Bildschirmstoff Cm: und immer noch in ihrem Schuljahr noch nicht ein Buch
gelesen haben und (.) einige Schüler driften in diesen Bereich ab und das muss man, glaub ich, auch beachten, dass man dann versucht, sie auch an das Lesen heranzuführen, also von gedruckten Sachen heranzuführen, weil einfach nur (.) im Internet ´ne Seite aufrufen, gar nicht gucken, ob das stimmt, oder dann einfach nur zu kopieren, copy paste, das, also ich meine, das bringen wir denen auch bei, aber einige Schüler erreicht’s halt nicht, und da muss man dann eben über diese, ähm, traditionelle Arte und Weise dann eben versuchen, sie zu erreichen auch (Gruppe Kastanie)
Unter anderem sollen die Lehrkräfte ihren Schülerinnen und Schülern akzeptable Nutzungspraxen nahelegen. Wenn man dann aber selbst die digitalen Medien im Unterricht einsetzt und den Lernenden z.B. Materialien online zur Verfügung stellt, findet sich die Lehrkraft in dem Dilemma wieder, dass sie damit das Onli‐nehandeln der Jugendlichen, das eigentlich begrenzt werden müsste, weiter aus‐dehnt. Dem stehe gegenüber, dass viele Schülerinnen und Schüler gleichzeitig schon seit längerer Zeit kein einziges Buch gelesen haben, sodass einige der Ju‐gendlichen in eine Sphäre zu entgleiten drohen, die in allererster Linie durch das Handeln am Computer bestimmt wird. Um dem entgegenzuwirken, müsse man die Lernenden an das Lesen gedruckter Texte heranführen. Im weiteren Verlauf der Argumentation wird deutlich, dass es sich dabei nur um ein auf Papier ge‐brachtes traditionelles Druckwerk handeln kann, das zum positiven Gegenhori‐zont gegenüber den in digitaler Form vorliegenden Informationen avanciert. Dem gegenüber steht im negativen Gegenhorizont das Aufrufen von Internetsei‐ten, ohne die Inhalte kritisch zu rezipieren und sie stattdessen einfach zu kopie‐ren. Gleichwohl unterrichte man die Schülerinnen und Schüler auch im Ge‐brauch der digitalen Medien, gleichzeitig bleiben die etablierten Medienpraxen jedoch unverzichtbar. Herr Anberger führt die Ausführungen von Herr Cordes fort und erteilt der generellen Sinnhaftigkeit der Nutzung von Lernplattformen eine deutliche Absage.
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Am: Ich glaube auch, dass nicht jede Möglichkeit, die eine Lernplattform bietet, in meinen Augen sinnvoll ist, also, ähm, ich glaube, einen der intensivsten lo-net-Nutzer unserer Schule werden sie auch noch interviewen, das ist der Schulleiter, der hat also, ähm, mit ´ner Matheklasse da diverse Experimente gemacht, ähm:, und da hat er so Chatzeiten eingerichtet, gibt’s ja da, kann ich ja sagen, dann und dann steht zum Chat zur Verfügung, also da muss ich ganz klar sagen, ja, puh, sind für mich irgendwo, also, da hinterfrage ich das Ganze so ein bisschen (.) [...] hah:: da hab ich meine Probleme mit, wenn ich ganz ehrlich bin (.) also, da finde ich’s völlig ausreichend, wenn ich eine Emailadresse hab, wo ein Schüler sich hinwenden kann und wenn er ein Problem hat, kann ich da drauf relativ zeitnah reagieren, das finde ich völlig ausreichend, aber äh, die Erfahrung, aber das kann der Schulleiter Ihnen besser erzählen, das wurde auch sehr schleppend angenommen (.) also, dieses Element, was er durchaus mal ausprobiert hat (.) also, ich finde es toll, wenn ich Daten austauschen kann, aber bitte doch, die Schüler müssen ja ihren Arbeitsalltag auch organisieren, jeder macht das zu einer anderen Zeit und wenn ich dann noch sage, in eurer Freizeit, heute Abend von halb acht bis halb neun müsst ihr aber im Mathechat sein und dann reden wir mal über die Hausaufgaben, also dann wär das ja die
Cm: └@(Mathechat)@ Am: die elfte Schulstunde so ungefähr, wo ich dann wieder
einen Zeitrahmen vorgebe, also da muss ich sagen, das sind Dinge, die brauche ich nicht für mich, für meinen Unterricht oder möchte sie den Schülern auch fast gar nicht zumuten (.) weil dafür haben wir die von morgens halb acht bis nachmittags um vier hier in der Schule, äh, und das ist eigentlich genug gebundene Zeit
Y2: Mhm Am: Trotzdem sind’s tolle Möglichkeiten, also die
Lernplattform an sich, aber, aber manches finde ich, ist da auch ein bisschen zu (.) euphorisch in eine Richtung, die ich in der Schule dann schon nicht mehr brauche (Gruppe Kastanie)
Herr Anberger exemplifiziert seine Absage an die generelle Sinnhaftigkeit der Nutzung von Lernplattformen anhand eines Beispiels aus der Praxis des Schul‐leiters. Dieser habe mit den Schülerinnen und Schülern einer Mathematikklasse „diverse Experimente“ durchgeführt, d.h. er hat offensichtlich eine Vielzahl von Möglichkeiten der Nutzung von lo‐net² mit ihnen erprobt. Unter anderem habe er ihnen ermöglicht, zu bestimmten Zeiten mit ihm zu chatten. Für Herrn Anberger ist diese Praxis problematisch und kann nur als Auslöser fungieren, das Handeln am Computer äußerst kritisch zu hinterfragen. Für den Kontakt mit den Lernenden reiche es stattdessen, ihnen eine E‐Mail Adresse zur Verfügung zu stellen, über die sie ihn erreichen können und er zeitnah auf diese Kommunikati‐on reagieren kann. Das heißt aber nicht, dass Herr Anberger dagegen wäre, mit den Schülerinnen und Schülern Daten bzw. Informationen auszutauschen, im Gegenteil, er schätzt diese Praxis sehr. Er möchte ihnen aber zugestehen, dass sie ihren Arbeitsalltag selbst organisieren und außerhalb der Schule selber entschei‐den können, wann sie mit den Lehrkräften kommunizieren. Außerdem ist in die‐
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sem Kontext zu berücksichtigen, dass die Lernenden ohnehin schon einen Groß‐teil des Tages in der Schule verbrächten, sodass sie auch daher ein noch weiter‐reichendes Recht besäßen, selbstbestimmt über ihre Freizeit zu verfügen. Unab‐hängig von diesen Herausforderungen lobt Herr Anberger abschließend noch einmal die Möglichkeiten, die Lernplattformen ihren Benutzerinnen und Benut‐zern eröffnen. Man müsse aber immer genau abwägen, wie sinnvoll und damit letztlich auch zweckmäßig sie sich im Unterricht einsetzen lassen. Alle drei Lehr‐kräfte sind sich letztlich einig darin, dass man in der Schule insgesamt auf einem guten Weg sei, was den reflektierten und kritischen Einsatz der digitalen Medien in Lern‐ und Lehrprozessen betrifft, und dass die Schülerinnen und Schüler der Schule gut auf die Nutzung dieser Medien für die verschiedenen Lern‐ und Lehrprozesse vorbereitet werden.
Auch die Schülerinnen und Schüler aus der Gruppe Lerche nehmen die anhand der Gruppe Kastanie herausgearbeiteten Ambivalenzen und Diskrepanzen wahr. Dort ist es Gwen, die, nachdem eine ihrer Mitschülerin vermutet hat, dass die Unterschiede in der Medienaneignung durch die Lehrkräfte vor allem generati‐onsspezifisch bedingt seien, die mit den Orientierungen der Lehrkräfte verbun‐denen Ambivalenzen und Diskrepanzen als größeres Problem der Medieninteg‐ration identifiziert.
Gf: Ich glaube es (3) äh um an die Carolin noch mal
anzuknüpfen, es hat jetzt nicht unbedingt was mit dem Alter der Lehrer zu tun, oft auch, sondern einfach die Einstellung gegenüber dem Internet und dem Lernen damit (.) und es ist ganz oft so ein bisschen, wenn man sagt ja, wo habt ihr das her und dann sagt man ja, aus dem Internet recherchiert oder muss ja nicht unbedingt Wikipedia oder so ‘ne Seite gewesen sein, ist vielleicht irgendwas fundiertes @(dann heißt es immer gleich)@ jaja, ihr könnt ja nicht mal mehr mit ‘nem Buch umgehen (.) und äh das ist halt die Einstellung da gegenüber, ist sehr oft auch sehr negativ wirklich (.) wenn’s dann heißt ja, manche Lehrer die machen viel mit Internet, mh mh, da hört man dann schon so mit, ja mal ‘ne E-Mail verschicken ist okay, wenn’s jetzt ein Handout ist oder so, aber (.) für mehr ist dann oft nicht die Offenheit da, einfach
Am: Man kann so manche Lehrer vielleicht auch nachvollziehen, weil es ist ja in einer gewissen Weise, dass man die Zügel ein bisschen aus der Hand gibt, weil man eben sich darauf verlässt, dass jeder dann da mit arbeitet und jeder etwas hochlädt und damit zum Voranbringen der Gruppe äh beiträgt und das ist vielleicht für die meisten Lehrer doch äh immer so ‘ne Sache weil wenn dann eben der Unterricht nicht vorwärts kommt, dann hat man eben Wochen verloren, in denen man hätte viel besser arbeiten können (Gruppe Lerche)
Gwen glaubt nicht, dass die Medienpraxis der Lehrkräfte primär generationsspe‐zifisch variiert, sondern dass deren Einstellungen und Orientierungen gegenüber dem Internet und bestimmten Lernformen und ‐methoden maßgeblich für die damit einhergehenden Handlungspraxen sind. Anhand der Nutzung von Onli‐nequellen für Recherchen exemplifiziert sie, dass die Orientierungen der Lehr‐
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kräfte gegenüber solchen Formen des Arbeitens häufig äußerst negativ seien. Dabei spiele es auch keine Rolle, ob man als Quelle der Online‐Enzyklopädie Wikipedia oder eine Quelle mit höherer Reputation verwendet. Vor dem positi‐ven Gegenhorizont der Arbeit mit Büchern und der dafür erforderlichen Kompe‐tenz im Umgang mit digitalen Medien, die den Lernenden in diesem Kontext per se abgesprochen wird, bleibt die Recherche mit Hilfe der digitalen Medien als tendenziell abzulehnende Praxis stehen. Gwen stellt aber auch die unterrichtliche Nutzung der digitalen Medien durch die Lehrkräfte in Frage. Es gebe sicherlich auch einige Lehrkräfte, die viel mit dem Internet arbeiten. Andere Lehrkräfte beeindruckt das aber offensichtlich kaum. Wenn diese unterrichtliche Medien‐praxen entwickeln, dann offensichtlich in sehr überschaubarer Weise und in An‐lehnung an etablierte Arbeitspraxen. Ein Handout wird den Schülerinnen und Schülern dann z.B. nicht mehr als Fotokopie verteilt, sondern per E‐Mail ge‐schickt, was sich auch insofern als günstig erweist, dass die Lehrkraft so einen positiven Rationalisierungsvorteil erzielt, da sie die Dokumente nicht mehr ver‐vielfältigen muss. Für eine weitergehende Praxis fehle den Lehrkräften aber schlichtweg häufig die erforderliche „Offenheit“, d.h. die Bereitschaft sich auf neue Lern‐ und Arbeitsformen einzulassen.
Avid gibt zu bedenken, dass man das von Gwen geschilderte Handeln der Lehr‐kräfte teilweise nachvollziehen könne, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Lehrkräfte, wenn sie den Lernenden mehr Verantwortung übertragen und unter Einsatz von Lernplattformen Selbstlernprozesse initiieren, zumindest einen Teil der Kontrolle über das Unterrichtsgeschehen aus der Hand geben. Es sei z.B. nicht auszuschließen, dass die Schülerinnen und Schüler während einer einwö‐chigen Gruppenarbeitsphase nicht in der geforderten Weise arbeiten und die Lehrkraft die gesteckten Lernziele unter Einsatz anderer Methoden eventuell sehr wohl erreicht hätte. Im Anschluss an die Ausführungen von Avid weist sein Lehrer Herr Schmidt darauf hin, dass ihm die Lernplattform neue und zusätzliche Möglichkeiten zur Kontrolle des Schülerhandels eröffnet. Dort könne er z.B. se‐hen, ob und wie oft sich Schülerinnen und/oder Schüler eingeloggt haben und ob sie z.B. Arbeitsaufträge heruntergeladen haben. Gleichwohl bleibt festzuhalten, dass auch solche Bewegungen in einer Lernplattform letztlich kaum etwas über Intensität und Qualität von Lernprozessen aussagen können. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die Einstellungen und Orientierungen der Lehrkräfte gegenüber der Aneignung der digitalen Medien durch die Schülerinnen und Schüler sowie der unterrichtlichen Verwendung hoch ambivalent sind, genauso wie die unterschiedlichen Medienpraxen ebenfalls in hohem Ausmaß Ambiva‐lenzen und Diskrepanzen hervorrufen, mit denen die Lehrkräfte in für sie geeig‐neter Weise umzugehen lernen müssen.
7.2 Die unterschiedlichen Pfade des Wissenserwerbs
7.2.1 Lehrerausbildung
Die Lehrerausbildung an Universitäten und an den pädagogischen Hochschulen stellt eine wesentliche Basis für eine spätere Nutzung digitaler Medien in unter‐richtlichen Kontexten dar. Es lässt sich annehmen, dass es grundsätzlich Angebo‐
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te in dieser Form an den Universitäten in der Lehrerausbildung gibt. In welcher Intensität und Regelmäßigkeit sie erfolgen und wie verbindlich sie sind, ist bis‐lang noch nicht umfassend untersucht worden. In der Ausbildung der befragten Lehrkräfte hat der Einsatz digitaler Medien offensichtlich eine untergeordnete Rolle gespielt. Von den 133 Befragten gaben lediglich rund sieben Prozent an, das Thema im Studium umfangreich behandelt zu haben, 73 Prozent der Lehrkräfte gaben hingegen an, dass das Thema nicht Bestandteil ihrer Ausbildung war. Auch im Referendariat ist der Anteil derjenigen, die umfangreiche Thematisie‐rung digitaler Medien erfahren haben, mit rund 13 Prozent sehr gering. Auch hier gibt mit 49 Prozent ein Großteil der Befragten an, das Thema nicht behandelt zu haben (vgl. Abbildung 18).
Abbildung 18: Das Thema „Einsatz von digitalen Medien im Unterricht“ in der Lehrerausbil-
dung (schulweite Befragung der Lehrkräfte)
7.2.2 Wissenserwerb im Austausch mit Kolleginnen und Kollegen
Eine weitere wichtige Möglichkeit, das für die Arbeit mit den digitalen Medien erforderliche Wissen zu erwerben, ist der Austausch mit Kolleginnen und Kolle‐gen. In Bezug auf Lernplattformen gaben immerhin 25 Prozent der befragten Lehrkräfte an, dass sie sich nicht mit Kolleginnen oder Kollegen über die Arbeit mit Lernplattformen austauschen. Mit 55 Prozent dominiert dabei der Austausch mit anderen Lehrkräften aus dem Kollegium, ohne dass diese im gleichen Fach oder Jahrgang tätig sein müssen. Gleichwohl spielt auch der fachspezifische Aus‐tausch für 35 Prozent der Lehrkräfte eine Rolle (vgl. Abbildung 19).
12,8
6,7
37,6
19,4
49,6
73,9
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Im Referendariat (n=133)
Im Studium (n=134)
Thema umfangreich behandelt Thema lediglich kurz behandelt Thema kam nicht vor
7 Wissen und Wissenserwerb der Lehrkräfte 65
Abbildung 19: Austausch mit Kolleg/innen über Lernplattformen (schulweite Befragung der
Lehrkräfte, Mehrfachantworten, n=181)
Auch an der Gesamtschule in B‐Stadt spielt der Austausch mit Kolleginnen und Kollegen eine wichtige Rolle beim Wissenserwerb. Herr Cordes schildert in die‐sem Zusammenhang anschaulich, wie er sich zum einen auf diesem Wege Hilfe holt und zum anderen selber Kolleginnen und Kollegen bei der Weiterentwick‐lung ihrer Medienpraxen hilft. Cm: Also bei mir ist immer ganz klar, ein Ansprechpartner ist
der Herr Ulmenbach, der das ja auch organisiert hat, weil er so ein bisschen in diesem administrativem Bereich arbeitet (.) aber sonst, wenn es bei uns hakt, also, wir versuchen uns selber zu helfen, und es ist auch nicht so, dass wir jetzt hier die Computergurus in der Schule sind, die dann regelmäßig was anbieten, aber ich seh mich persönlich, weil ich dem allen positiv gegenüberstehe, zusätzlich zu den Computern und den Plattformen, haben wir ja bei uns an der Schule, ich weiß nicht wie viele, die Starboards, also die elektronischen Tafeln, ein paar und zwanzig Stück, und da ist natürlich bei einigen Kollegen noch ´ne größere Hemmschwelle (.) und da sehe ich mich einfach persönlich, wenn jemand ein Problem hat, dass ich da sofort helfe, dass ich auch versuche, Ängste abzubauen, weil das finde ich extrem wichtig und, ähm, auch bei uns in den Fachkonferenzen, dass wir das ansprechen (.) also bei uns in Englisch, ich bin jetzt nicht der Fachsprecher, aber (.) ich bin dann immer derjenige, der das Programm vorstellt, oder wir gehen dann gemeinsam in den Computerraum, oder wir üben das gemeinsam, weil wir müssen das ja auch erstmal ausprobiert haben, weil wir wollen ja nicht vor den Schülern stehen und es klappt dann nicht (.) obwohl ich sagen muss, durch diese @(Computerfrüherziehung)@ in der fünften Klasse und den Zugang an die Computer und die Starboards, wo die Kids ja davor sitzen und sehen, wie das funktioniert, sag ich auch immer, also, wenn’s mal ein Problem gibt, also es gibt immer in jeder Klasse einen Schüler, der einem da helfen kann (Gruppe Kastanie)
34,8%
6,8%
55,3%
15,2%
25,0%
0,0%
10,0%
20,0%
30,0%
40,0%
50,0%
60,0%
Ja, mit Lehrkräften meines Fachs
Ja, mit Lehrkräften meines Jahrgangs
Ja, mit anderen Lehrkräften meines
Kollegiums
Ja, mit Lehrkräften anderer Schulen
Nein, gar nicht
7 Wissen und Wissenserwerb der Lehrkräfte 66
Ein wichtiger Ansprechpartner bei der Behebung von Problemen und der Bear‐beitung von Fragen zum Medieneinsatz ist für Herrn Cordes der IT‐Administrator Herr Ulmenbach. Darüber hinaus versuchen sich die Lehrkräfte im Problemfall zunächst selbst zu helfen. Der Lehrer gibt in diesem Zusammenhang zu beden‐ken, dass die Lehrkräfte keine „Computergurus“ seien, d.h. keine besonders aus‐geprägten Kenntnisse im Umgang mit den digitalen Medien besitzen, die sie re‐gelmäßig in Rahmen geeigneter Veranstaltungen innerhalb des Kollegiums wei‐tergeben. Die Kollegiumsmitglieder unterschieden sich auch dahingehend von‐einander, dass die persönlichen Hemmnisse, die die Nutzung der digitalen Me‐dien einzuschränken vermögen, unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Da Herr Cordes der Medienintegration in der Schule generell positiv gegenüber eingestellt ist, versucht er, sofort zu helfen, wenn er merkt, dass Kolleginnen oder Kollegen Schwierigkeiten bei der Arbeit mit den digitalen Medien haben. Dabei geht es ihm nicht nur darum, Probleme zu lösen, sondern auch ggf. Ängste anderer Lehrkräfte, die die Arbeit mit den digitalen Medien einschränken oder verhin‐dern, zu reduzieren. Dieser Aspekt ist für ihn von zentraler Bedeutung und un‐terstreicht die immense Relevanz der Prägung der individuellen Einstellungen und Orientierungen gegenüber dem Medieneinsatz für den Verlauf dieser Pra‐xen.
In den Fachkonferenzen kann korrespondierend gehandelt werden, indem die unterrichtliche Mediennutzung dort z.B. regelmäßig von den Mitgliedern der Fachkonferenz Englisch thematisiert wird. Ausgewiesene Routinen und arbeits‐teilige Praxen rahmen den Wissenserwerb. So sei es z.B. die Aufgabe von Herrn Cordes, seinen Kolleginnen und Kollegen neue Softwareprogramme vorzustellen. Die Mitglieder der Fachkonferenz nutzen außerdem gemeinsam den Computer‐raum der Schule, um bestimmte Praxen zu erproben und zu üben. Dieser Schritt sei unverzichtbar, um sicherzustellen, dass die Zusammenarbeit mit den Schüle‐rinnen und Schülern unter Einsatz der digitalen Medien möglichst reibungsfrei verläuft und das Risiko des Scheiterns minimiert wird. Gleichwohl kann man die Schülerinnen und Schüler aber auch als Partner der Unterrichtsführung anerken‐nen und sie z.B. um Hilfe bitten, wenn es zu Schwierigkeiten kommt. So lassen sich außerdem intergenerationelle Lernprozesse initiieren, die wiederum geeig‐net sind, den Bildungsprozess als solchen zu unterstützen.
7.2.3 Fortbildungen
Fortbildungen sind ein weiterer wichtiger Aspekt, um möglichst gute Vorausset‐zungen für die Lehrkräfte zu schaffen, um das für den Einsatz der digitalen Me‐dien im Allgemeinen und von Lernplattformen im Speziellen erforderliche Wis‐sen zu erwerben. Fast die Hälfte (47%) der befragten Schulleitungen (n=88) gibt an, regelmäßig Fortbildungen zur Nutzung von Lernplattformen zu veranlassen. Die Schwerpunkte, die Lehrkräfte bei den von ihnen besuchten Fortbildungen setzen, spiegeln dies wider: In 52 Prozent der Fälle werden in internen Fortbil‐dung die Nutzung von Lernplattformen behandelt (vgl. Abbildung 20). 29 Pro‐zent berichten von speziellen schulinternen Fortbildungen zu Edunex. In exter‐nen Fortbildungen setzt sich der Schwerpunkt etwas anders zusammen. Vorran‐gig (44%) werden hier aktuelle Themen der Medienerziehung (Internetnutzung,
7 Wissen und Wissenserwerb der Lehrkräfte 67
Cyberbullying, Handynutzung, Urheberrecht, Datenschutz, Jugendmedienschutz etc.) behandelt. Als zweiter Schwerpunkt finden sich dann mit 36 Prozent Lern‐plattformen und speziell Edunex mit 26 Prozent der Nennungen wieder. Aktiv eingesetzt werden Lernplattformen laut der Befragung der Lehrkräfte allerdings nur bei 36 Prozent der internen und bei 26 Prozent der externen Fortbildungsan‐gebote. Zum Einsatz kommen bei internen Fortbildungen laut Schulleitungen am häufigsten lo‐net² (36%), Moodle (32%) sowie der Hessische Bildungsserver (28%).
Abbildung 20: Schulinterne Fortbildungsthemen der letzten 12 Monate (schulweite Befra-
gung der Lehrkräfte, Mehrfachantworten, n=164)
Fortbildungsangebote sind auch ein inhärenter Bestandteil der Medienintegrati‐on an den beiden Fallstudienschulen. Der Großteil der Fortbildungsveranstal‐tungen wird dabei schulintern durchgeführt. Der folgende Ausschnitt aus dem Interview mit dem Schulleiter der Gesamtschule in B‐Stadt veranschaulicht be‐sonders deutlich, warum das so ist.
Lm: Es kommt drauf an, um was es dabei geht (.) wenn es sagen
wir mal um Routinedinge geht wie zum Beispiel hier solche diese Boards oder so was, dann ist es denke ich viel einfacher wenn wir das hausintern macht, auch ‘ne Kostenfrage natürlich ne, Außerschulische kosten im Regelfall auch Geld, erst recht wenn sie gut sind und das andere ist eben die Nähe, die persönliche Nähe wenn dann, dann hab ich bei einem was weiß ich so Informationen gehabt mit dem Board und äh (.) jetzt hab ich ‘n Problem damit dann kann ich direkt zu dem hingehen also auch in der Nachfolge noch mal nachfragen
Y1: Mmhh Lm: Wenn es darum geht, dass man Initiativen auf den Weg
bringen will, dann kennt man ja auch so, der Prophet im eigenen Lande ne, das dann net so toll, dann muss man wieder jemand haben aber der auch hoffentlich das auch vermarkten kann und äh da stehen sie nicht immer drin ne in der Sache wie das dann rüberkommt (.) also wir hatten bei dem pädagogischen Tag auch schon mal danebengegriffen, und dann waren das Leute, die halt nicht so toll in das Schulkonzept passten (Interview Lachmann)
52,3
29,4
7,3
38,5
22,9
%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
Nutzung von Lernplattformen
Nutzung von Edunex Web 2.0 und Social Media
Aktuelle Themen der Medienerziehung
Sonstiges
7 Wissen und Wissenserwerb der Lehrkräfte 68
Erwartungsgemäß hängt die Wahl der Fortbildungsform u.a. vom Fortbildungs‐gegenstand ab. Handelt es sich z.B. um Routineangelegenheiten, d.h. um The‐men, die gängig und etabliert sind, so organisiert man entsprechende Angebote schulintern. Dass der Schulleiter die Einführung der IWBs als Routineaufgabe wahrnimmt, unterstreicht abermals den hohen Integrationsgrad digitaler Medien in der Schule. Dabei kommt erstens positiv zum Tragen, dass die Durchführung schulinterner Veranstaltungen „viel einfacher“ ist, als die Arbeit mit externen Anbietern, d.h. man wählt die Angebotsform, deren Umsetzung mit einem ge‐ringerem Ressourceneinsatz auskommt. Zweitens entstehen beim Einkaufen ex‐terner Fortbildungsveranstaltungen Kosten, die mit steigender Qualität zuneh‐men. Streng genommen verursacht auch die Durchführung von Fortbildungen durch Lehrkräfte Kosten, mit dem Unterschied, dass diese Ausgaben nicht von der Schule bestritten werden, da die Lehrkräfte durch das Land bezahlt werden. Als dritten Vorteil schulinterner Fortbildungen verweist der Schulleiter auf den Aspekt der „Nähe“. Wenn die Lehrkräfte dazu übergehen, das in der Fortbil‐dung vermittelte Wissen in die eigene Handlungspraxis zu überführen, können sie beim Auftreten von Schwierigkeiten, die Kollegin oder den Kollegen, die oder der die Veranstaltung durchgeführt hat, persönlich ansprechen und um Hilfe bitten. Diese Möglichkeit besteht bei einer externen Fortbildungsveranstaltung nicht.
Wenn es aber darum geht, bestimmte Initiativen in der Schule zu unterstützen, um die Entwicklung bestimmter Unterrichtspraxen zu begünstigen, kann es vor‐teilhaft sein, bewusst mit externen Fortbildnerinnen oder Fortbildnern zu arbei‐ten. Denn es ist zwar nicht auszuschließen, dass es Lehrkräfte in der Schule gibt, die eine Fortbildung zu einem solchen Thema durchführen können, diese aber im Kollegium u.U. schlecht gelitten sind, sodass eine solche Veranstaltung nicht nachgefragt werden würde. Allerdings könne man sich bei einer externen Refe‐rentin oder einem Referenten nie sicher sein, ob sie oder er das jeweilige Fortbil‐dungsthema adäquat vermitteln kann und ein Wissenstransfer zu Stande kommt. Dabei geht es u.a. um die Frage, ob sich die Fortbildungsinhalte als anschlussfä‐hig an das Schulkonzept erweisen, dass im Zweifelsfall primär den Schulangehö‐rigen bekannt ist.
Im Nachgang an die wiedergegebene Sequenz weist der Schulleiter noch darauf hin, dass den Schulen zumindest die Auswahl von Fortbildungsveranstaltungen leichter fallen sollte, die vom, dem Kultusministerium angegliederten Institut für Qualitätsentwicklung akkreditierten wurden. In der Praxis hat sich dieses Ver‐fahren aber offenbar nicht etabliert bzw. ist es z.B. aus der Sicht des Schulleiters der Gesamtschule in B‐Stadt nicht erfolgreich.
8 Schulkulturelle und -organisationale Einbettung von Lernplattformen 69
8 Schulkulturelle und -organisationale Einbettung von Lernplattformen
Für den Zweck der vorliegenden Untersuchung verwenden wir den Begriff der Schulkultur im Sinne Göhlichs als „die Eigenart und ganzheitliche Qualität der Schule” (Göhlich 2007: 111). Wichtig ist dabei, dass es sich in erster Linie um in‐formelle und häufig nicht bewusste Überzeugungen handelt, die eine Sinnstif‐tung und Wertorientierung innerhalb des Kollegiums erzeugen. Dabei spielen auch die Kooperations‐ und Kommunikationsprozesse innerhalb des Kollegiums eine wichtige Rolle (Kapitel 8.2). Das zweite Element ist die eher formal‐strukturelle Perspektive auf die Schulorganisation. Sie adressiert die bestehenden Abstimmungsarenen (wie Schul‐, Fach‐ oder Gesamtkonferenzen) sowie auch die formalisierten Regelungen der Medienintegration, wie Schulprogramm und Me‐dienkonzept (Kapitel 8.3). Dazu kommt der Einfluss äußerer Rahmenbedingun‐gen durch gesetzliche Setzungen oder gesellschaftliche Entwicklungen, der die Arbeit mit digitalen Medien in den Schulen zunehmend prägt (Kapitel 8.4). Be‐sonders wichtig im vorliegenden Kontext ist die Rolle der Edunex‐Koordinatoren, die die Schulen bei der Einführung und Erprobung der Lernplatt‐form unterstützen sollten (Kapitel 8.5). Im weitesten Sinne zur schulkulturellen und organisationalen Einbettung gehört die Sicht der Eltern der Schülerinnen und Schüler auf den Einsatz von Lernplattformen in der Schule. Beginnen wollen wir aber mit der Rolle der Schulleitung, die unbestritten den wohl zentralsten Einfluss auf die Schulkultur und ‐organisation hat.
8.1 Die Rolle der Schulleitung
Die Schulleitung kann Ausgangspunkt der verschiedenen Reformbestrebungen in der Schule sein oder als Moderator innovative Prozesse begleiten. Die Integra‐tion von Lernplattformen in der Schule begann z.B. an vielen Schulen als Einzel‐initiative engagierter Lehrkräfte, die ab einem bestimmten Punkt abgesichert und in einen breiteren Rahmen integriert werden müssen. Viele der Untersuchungen im In‐ und Ausland über innovative Vorhaben im Schulbereich weisen darauf hin, dass ohne eine Beteiligung der Schulleitung und deren aktives Engagement kein Reformvorhaben gelingen kann, was sich auch auf die Integration von digi‐talen Medien übertragen lässt (Breiter 2007).
Als entscheidende Gründe für die Teilnahme am Pilotprojekt hessen.eEducation stellten sich in der Befragung der Schulleitungen das generelle Interesse an der Arbeit mit Lernplattformen im Unterricht (69%) sowie vor allem das Interesse an den (digitalen) Lern‐ bzw. Lehrmaterialien (73%) dar (vgl. Abbildung 22). Des Weiteren erhofften sich die befragten Schulleitungen eine Verbesserung der ei‐genen technischen Ausstattung (49%) sowie Zugang zu professionellem Verlags‐content (40%) – eines der Versprechen des Pilotprojekts. Eine untergeordnete Rolle spielte bei der Entscheidung die Plattform Edunex selbst. Nur 24 Prozent gaben an, aus Interesse an diesem speziellen Produkt teilgenommen zu haben. Interessant ist weiterhin anzumerken, dass 20 Prozent auf Empfehlung externer Akteure hin teilgenommen haben und nicht aus Eigeninitiative.
8 Schulkulturelle und -organisationale Einbettung von Lernplattformen 70
Abbildung 21: Grund für die Teilnahme an hessen.eEducation (schulweite Befragung der
Schulleitungen, Mehrfachantworten, n=141)
Generelle Hoffnungen, die mit der Einführung von Lernplattformen einherge‐hen, stellen für die befragten Schulleitungen einen Fortschritt in der Förderung des selbstständigen Lernens (89%), eine verbesserte individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler (72%) sowie ein verbessertes Lernen außerhalb des Klassenraums (54%) dar. Weiterhin wurde auch der Wunsch deutlich, die Zu‐sammenarbeit der Lehrkräfte (39%) zu verbessern – Ziele, die sich mit denen der befragten Lehrkräfte decken (vgl. Abbildung 6) und somit eine gute Ausgangsla‐ge für das Projekt bieten sollten.
Abbildung 22: Gründe für die Einführung einer Lernplattform (schulweite Befragung der
Schulleitungen, Mehrfachantworten, n=191)
Um die Verbreitung der jeweilig eingeführten Lernplattform im Kollegium zu unterstützen, wurden von den Schulleitungen unterschiedliche Maßnahmen er‐
68,9%
24,4%
73,3%
40,0%
28,9%
48,9%
20,0%
8,9%
,0% 10,0% 20,0% 30,0% 40,0% 50,0% 60,0% 70,0% 80,0%
Interesse an der Arbeit mit Lernplattformen im Unterricht
Interesse am Produkt "Edunex"
Interesse an den (digitalen) Lern‐/Lehrmaterialien
Interesse an professionellem Verlagscontent
Externes Hosting (Betrieb und die Pflege einer Lernplattform durch Dritte)
Verbesserung der eigenen technischen Ausstattung durch die Bereitstellung der Notebooks von T‐Systems
Projekt wurde der Schule anempfohlen
Übernahme/Lösung von Datenschutzbelangen durch Dritte (T‐Systems)
2,2
15,2
43,5
54,3
15,2
39,1
39,1
45,7
89,1
71,7
% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
Sonstige
Verbesserte schulorganisatorische Abläufe
Bessere Verbindung unterschiedlicher Lernorte
Verbessertes Lernen außerhalb des Klassenraums
Bessere Reaktion auf Unterrichtsausfall
Erhöhung der Attraktivität der Schule
Verbesserte Zusammenarbeit der Lehrkräfte
Förderung des kooperativen Arbeitens
Förderung des selbständigen Lernens
Verbesserte individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler
8 Schulkulturelle und -organisationale Einbettung von Lernplattformen 71
griffen. Im Wesentlichen bestanden diese aus Fortbildungen, entsprechenden Beschlüssen in der Gesamtkonferenz sowie Abstimmungen mit den Fachschaften (vgl. Abbildung 23). Einen weiteren Schlüssel zur schulweiten Verbreitung von Lernplattformen stellen laut 86 Prozent der befragten Schulleitungen außerdem einzelne sogenannte Expertinnen und Experten dar, die ebenfalls Maßnahmen zur Förderung von Lernplattformen initiieren. Auch die Fachschaften spielen eine Rolle (39%).
Abbildung 23: Maßnahmen zur Förderung der Nutzung von Lernplattformen (schulweite
Befragung der Schulleitungen, Mehrfachantworten, n=88)
Auch die beiden Fallstudien unterstreichen den zentralen Anteil der Schulleitung für jegliche Art von Schulentwicklungsprozessen im Allgemeinen und der Integ‐ration von Lernplattformen in den Schulbetrieb im Besonderen. Beide Schulleiter nehmen z.B. aktiven Einfluss auf die personelle Zusammensetzung ihrer Kollegi‐en, um bestimmte Aspekte des Schulbetriebs zu stärken. Danach gefragt, warum er sich schon lange vor der Beteiligung am Projekt hessen.eEducation für den Einsatz eins LMS an seiner Schule entschieden hat, verweist der Schulleiter Herr Lachmann zunächst auf die Notwendigkeit, vorhandene Ressourcen möglichst effizient einzusetzen und zusätzliche Ressourcen zu akquirieren. Lm: Also äh zunächst einmal ist es so, dass äh man als
Schulleiter ja immer auf der Frage ist nach Ressourcen und äh da die Ausstattung ja nicht so toll ist, muss man eigentlich gucken wie kann man mit äh wenig Kostenaufwand möglichst viel erreichen, das ist die eine Seite natürlich das man sagen muss äh (.) durch welche Schwerpunktsetzung kann ich nach außen argumentativ auch so auftreten, dass ich äh zum Beispiel sach auch Mittel zusätzlich erst einmal akquirieren kann dafür und äh das ist ein Aspekt dabei (.)(Interview Lachmann)
Die Ausstattung der Schule ist laut Herrn Lachmann ständig knapp bemessen und weist Mängel auf („nicht so toll“). Daher sei man zum einen gezwungen, unter möglichst sparsamem Einsatz der vorhandenen Ressourcen ein möglichst gutes Ergebnis zu erzielen, ohne dass sich an dieser Stelle sagen ließe, was ein solches
15,2
13,0
19,6
13,0
39,1
43,5
47,8
% 10% 20% 30% 40% 50% 60%
Nein, aber es besteht generell Interesse
Nein
Ja, indem ich Material zur Schulorganisation auf dem Lernportal zur Verfügung stelle
Ja, es gibt entsprechende Punkte im Mediencurriculum bestimmter Jahrgangsstufen oder Fächer
Ja, es gibt Abstimmungen mit den Fachschaften
Ja, es gibt entsprechende Beschlüsse der Gesamtkonferenz
Ja, es gibt regelmäßige Fortbildungen zur Nutzung
8 Schulkulturelle und -organisationale Einbettung von Lernplattformen 72
Ergebnis ausmacht. Zum anderen könne man mit den vorhandenen Ressourcen auch Schwerpunkte entwickeln, die wiederum geeignet sind – eine entsprechen‐de Kommunikation über den Binnenraum der Schule hinweg vorausgesetzt – weitere Ressourcen zu gewinnen. Auf diese Weise lassen sich die Handlungs‐möglichkeiten der Schule verbessern. Die Schulleitung hat auch zentralen Anteil daran, ein innovationsfreundliches Klima an ihrer Schule zu schaffen. Ihr stehen dabei unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Lm: Also das ganz wichtige ist äh glaub ich, dass Kollegen
wissen, dass der Schulleiter sich an solchen innovativen Prozessen mitbeteiligt, egal auf welcher Ebene das ist (.) ja sie müssen das Gefühl haben, da werden sie unterstützt (.) wollen sie net nur das Gefühl, das könnt ja täuschen sondern auch tatsächlich und äh das ist glaub ich ´n sehr wichtiger und damit ja auch Interesse zeigt an der Arbeit, die sie machen und äh da finden sie dann eben auch immer wieder Kolleginnen und Kollegen, die dann mit so Ideen kommen ja (.) oder die Impulse, die man selber gibt positiv aufnehmen joa (Interview Lachmann)
Aus der Sicht von Herr Lachmann, dem Leiter der Gesamtschule in B‐Stadt ist es dabei besonders wichtig, dass der Schulleiter in einer für das Kollegium sichtba‐ren Weise an Innovationsprozessen mitwirkt und dass für Lehrkräfte, die sich an einem innovativen Prozess beteiligen, unmissverständlich ist, dass sie von der Schulleitung unterstützt werden. Dazu kommt, dass die Schulleitung sich für die Aktivitäten im Kollegium interessieren muss, sodass Lehrkräfte die sich mit einer innovativen Idee tragen, bereit sind, die Schulleitung um Unterstützung bei der Erprobung bzw. Umsetzung zu bitten. Gleichzeitig kann ein Schulleiter, der in der beschriebenen Weise von seinem Kollegium wahrgenommen wird, davon ausgehen, dass Impulse, die er in das Kollegium hinein gibt, von diesem aufge‐nommen und in korrespondierende Handlungspraxen überführt werden. Darü‐ber hinaus kann die Schulleitung verfügbare Machtbefugnisse nutzen, um be‐stimmte Entwicklungen durchzusetzen. So fingen z.B. viele Lehrkräfte der Ge‐samtschule in B‐Stadt erst an, sich intensiver mit der Nutzung von lo‐net² zu be‐fassen, als die Schulleitung im Rahmen einer Gesamtkonferenz ihren Beschluss mitteilte, zukünftig den Großteil der von ihr an die Lehrkräfte weiterzugebenden Informationen mittels lo‐net² zu verteilen. Auch Herr Ahlbrand, der Schulleiter des Gymnasiums in A‐Stadt besitzt verschiedene Mittel um die Medienintegrati‐on zu unterstützen bzw. zu steuern. Y1: Können sie vielleicht noch mal ein bisschen erzählen, was
haben sie an Steuerungselementen, jetzt ganz konkret nutzen können, um dieses Projekt E-Learning in ihrer Schule weiter zu entwickeln?
Am: Also ganz gezielt in der Form, dass wir bei der Unterrichtsverteilung, Lehrkräfte in einer Klasse eingesetzt haben, die diesem Projekt positiv gegenüber standen (1) und wenn sie dann einzelne Klassenbesetzungen haben, dann sind die Sauerteig in einem Kollegium, weil alle anderen gucken, was ihr stellt bestimmte Inhalte auf ‘ne Lernplattform und wie funktioniert das (.) dann bekommen sie ‘nen Mitzieheffekt, und dann wollen andere das auch haben (.) und vor dem Hintergrund ist das dann
8 Schulkulturelle und -organisationale Einbettung von Lernplattformen 73
ausgeweitet, hat sich das ausgeweitet an unserer Schule (3) das war nur ein, äh, Steuerungsmoment, das wir nutzen mussten (2) ganz gezielt, Lehrerzusammensetzungen in einzelnen Klassen zusammen zu bringen, das das erst mal läuft (2) und da möglichst diejenigen rein zu stecken, die, dem Projekt wirklich positiv gegenüber stehen (3) mehr brauchen sie gar nicht zu machen (6) also mit, also Überzeugungstäter, das klappt alles nicht, sie müssen Dinge vorleben an Schulen (1) also, ähm, man kann da viel reden, da sagen
Y1: Mhm Am: die, jaja lass ihn mal reden, und das ist nur Mehrarbeit
für uns wieder, und jetzt noch was machen und noch was oben drauf (.)diejenigen, die was machen wollen, die muss man, ‘ne lange Leine lassen und muss sie arbeiten lassen (.) und man darf als Schulleitung sich nicht einmischen, ganz im Gegenteil (.) das was gut läuft, viel Lob (Interview Ulmenbach)
Gezielten Einfluss auf die Medienintegration kann die Schulleitung u.a. durch die „Unterrichtsverteilung“ nehmen, d.h. durch die Art und Weise, wie die Lehrkräfte in den Klassen eingesetzt werden. So habe man z.B. Lehrkräfte zu‐sammen in einer Klasse eingesetzt, die der Arbeit mit Edunex gegenüber positiv eingestellt waren. Solche Gruppen seien wie „Sauerteig“, d.h. sie tragen in Ana‐logie zur starken Ausdehnung der Teigmasse zur Verbreitung der Nutzung der Lernplattform im Kollegium bei. Eine solche Gruppe fungiert quasi als An‐schauungsobjekt für ihre Kolleginnen und Kollegen. Demnach scheint es keine vergleichbare Außenwirkung zu haben, wenn die Nutzerinnen oder Nutzer eines LMS über das Kollegium verstreut sind bzw. ist die Sichtbarkeit innerhalb des Kollegiums weitaus geringer. Eine solche Praxis rufe wiederum Nachahmer auf den Plan, was der Schulleiter als „Mitzieheffekt“ beschreibt. Die gezielte Nut‐zung dieses Steuerungselements sei unverzichtbar gewesen. Im Gegensatz dazu reiche es nicht aus, die Vorteile einer Innovation lediglich zu beschreiben. Erst die durch eigene Anschauung nachvollziehbare Praxis mache einen Unterschied. Wenn sich im Gegensatz dazu lediglich die Schulleitung für die Einführung eines LMS ausspricht, nähmen die Lehrkräfte das lediglich als eine zusätzliche Ar‐beitsbelastung wahr, ohne eine von der Schulleitung intendierte Handlungspra‐xis zu entwickeln. Den Lehrkräften, die aber bereits seien, ihre Handlungspraxis zu verändern und etwas Neues auszuprobieren, müsse man stattdessen Frei‐ und Handlungsspielräume öffnen, um entsprechend handeln zu können. Gleich‐zeitig dürften sich die Schulleiter auch nicht aktiv in solche Prozesse involvieren, müssten aber positive Entwicklungsverläufe erkennen und in umfangreichem Maße würdigen.
An beiden Schulen wird die Schulleitung bei der Umsetzung von Innovations‐vorhaben auch von einer Steuerungsgruppe unterstützt. An der Gesamtschule in B‐Stadt wurde diese Gruppe offensichtlich im Rahmen der Schulinspektion ge‐schaffen. In diesem Ausschuss sind Vertreterinnen und Vertreter der verschiede‐nen Fachkonferenzen der Schule vertreten und sollen die Innovationsprozesse mitsteuern und begleiten. In der Vergangenheit hat der Steuerungsausschuss u.a. eine Befragung durchgeführt, um zu ermitteln welche Fortbildungsbedarfe im Kollegium bezüglich der Arbeit mit den digitalen Medien bestehen, die dann auf
8 Schulkulturelle und -organisationale Einbettung von Lernplattformen 74
der Basis schulinterner Fortbildungsveranstaltungen bedient wurden. Am Gym‐nasium in A‐Stadt existiert ebenfalls eine Steuerungsgruppe, die u.a. an der Ent‐wicklung des schulischen Medienkonzepts beteiligt war und es in die verschie‐denen Fachkonferenzen kommuniziert und dort abgestimmt hat.
8.2 Innerschulische Kooperation, Kommunikation und Wissensmanagement
Kooperationen in der Schule nehmen sehr unterschiedliche Formen an. Lehrkräf‐te können z.B. ein gemeinsames Projekt mit Schülerinnen und Schülern durch‐führen, innerhalb der Fachkonferenzen gemeinsam Aufträge abarbeiten oder arbeitsteilig Klausuren vorbereiten. Darüber hinaus ist es selbstverständlich, dass man sich bei kleineren Schwierigkeiten, die im Rahmen der Arbeit mit den digi‐talen Medien auftreten, an bestimmte Kolleginnen oder Kollegen wenden kann. Ebenfalls kooperativ angelegt ist der Austausch von Materialien zwischen den Lehrkräften. In der Regel erfolgt er auf informeller Basis im direkten Austausch zwischen den Beteiligten. Teilweise werden dabei auch digitale Medien einge‐setzt, entscheidend für diese Form der Kooperation ist aber die Qualität der Teamstrukturen in der Schule. Die innerschulische Kommunikation und Koope‐ration kann durch den Einsatz digitaler Medien unterstützt werden. Dabei ist vor allem zu unterscheiden, wie und wo kommuniziert bzw. kooperiert wird. Am einfachsten ist die Kommunikation und Kooperation über E‐Mail, noch verfügen aber längst nicht alle Lehrkräfte über eine dienstliche E‐Mail‐Adresse und die Möglichkeit ihre E‐Mails in der Schule abzurufen. Viele LMS bieten ebenfalls die Möglichkeit der Kommunikation miteinander und sind außerdem ähnlich wie Server prädestiniert für den Austausch bzw. die Bereitstellung unterschiedlichs‐ter Daten (z.B. Unterrichtsmaterialien oder Klausuren).
Das schulische Wissensmanagement zielt vor allem darauf ab, die Menge der in der Schule anfallenden Daten zu systematisieren und zu kategorisieren und da‐raus entstandene Produkte unter Nutzung von Informationstechnologie in zeit‐lich und örtlich adäquater Form bereitzustellen. Die Ziele eines Wissensmana‐gementsystems in Schulen liegen zuallererst im Organisationszweck begründet, d.h. der Verbesserung der Unterrichtsqualität durch den Einsatz digitaler Me‐dien (Breiter 2002, Maisch 2006). Daher besteht auch ein enger Bezug zwischen Wissensmanagement und E‐Learning (Reinmann 2007).
Damit ein Wissensmanagementsystem schulweit genutzt wird, müssen u.a. alle potenziellen Nutzerinnen und Nutzer von seiner Existenz wissen. In der Befra‐gung der Schulleitungsmitglieder wird deutlich, dass zur Einführung einer Lernplattform in erster Linie das Kollegium (94%) sowie die Schülerinnen und Schüler (85%) informiert wurden. Nur 37 Prozent der Schulleitungen informier‐ten die Eltern über diese Veränderung. Den Schulträger informierten etwa ein Drittel (30%).
Das kollektive schulinterne Wissensmanagement tangiert insbesondere schulorganisatorische Aspekte, wie z.B. die Abstimmung zwischen der Schul‐leitung und dem Kollegium, um die tägliche Unterrichtsdurchführung zu gewährleisten. An vielen der Pilotschulen sind in diesem Kontext verschiedene
8 Schulkulturelle und -organisationale Einbettung von Lernplattformen 75
Vereinbarungen sowohl mit den Lehrkräften aber auch mit den Schülerinnen und Schülern getroffen worden (vgl. Abbildung 24).
Abbildung 24: Innerschulische Vereinbarungen zum Medieneinsatz (Mehrfachantworten,
schulweite Befragung der Schulleitungen)
An erster Stelle der Vereinbarungen mit den Lehrkräften stehen dabei mit 73 Prozent solche über die Zuständigkeiten bezüglich des Supports in der Schule, gefolgt von Vereinbarungen zur Computerraumnutzung (72%). An erster Stelle der Vereinbarungen mit den Schülerinnen und Schülern stehen solche über den Zugang zur Computerraumnutzung (65%), dicht gefolgt von Vereinbarungen zu Computer und Internet in der Schule (59%). Auffällig ist, dass 31 Prozent der Schulleitungen angibt, keine Vereinbarungen zum Urheberrecht getroffen zu haben, obwohl z.B. der Einsatz von digitalen Materialien im Zuge der Arbeit mit Lernplattformen in erheblichem Maße auch Urheberrechtsfragen adressiert. Ähn‐liches gilt für Fragen des Datenschutzes, zu denen an rund 27 Prozent der Pilot‐schulen ebenfalls keine korrespondierenden Vereinbarungen vorliegen.
Es reicht aber nicht aus, nur Vereinbarungen zu unterschiedlichen Themen zu treffen. Genauso wichtig ist es, dass die Inhalte solcher Dokumente den Akteuren in der Schule bekannt sind und danach gehandelt wird. Hier scheint es an den Schulen durchaus Defizite zu geben. So berichtet z.B. der Schulleiter der Gesamtschule in B‐Stadt, dass verschiedene Informationen in der Vergangenheit unter Einsatz traditioneller Informationsmedien (Schwarzes Brett, Akten) die Kollegiumsmitglieder nicht in der gewünschten Weise erreicht hätten. Er sieht dafür zwei Gründe, zum einen mögliches Desinteresse an diesen Informationen bei einzelnen Lehrkräften. Wo dies zutrifft, ist es aber letztlich egal, welche Medien man einsetzt, da das Problem in diesem Fall auf einer anderen Ebene liegt. Der zweite Grund adressiert eine Verdichtung des schulischen Alltags, die auch die Handlungspraxen der Lehrkräfte tangiert.
56,1%
56,1%
72,1%
46,3%
73,0%
51,2%
39,0%
65,1%
58,5%
21,6%
26,8%
31,7%
14,0%
26,8%
24,3%
,0% 10,0% 20,0% 30,0% 40,0% 50,0% 60,0% 70,0% 80,0%
Datenschutz
Urheberrecht
Computerraumnutzung
Freier Zugang zu Computer und Internet
Zuständigkeiten bezügl. Support
Vereinbarung mit Lehrkräften Vereinbarung mit Schüler/innen Es gibt keine Vereinbarung
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Lm: Das mag aber auf der anderen Seite auch äh gut sein, dass man in Schule mittlerweile in den Pausen kaum noch ‘ne Pause hat sondern vielgestaltige Prozesse ablaufen, Gespräche über Schüler über Dinge, die organisiert werden müssen in den Schulebenen (.) äh was nach außen irgendwie dann sich darstellt, muss ja innen irgendwo organisiert werden (.) und das schaffen sie nicht durch Konferenzarbeit alleine sondern durch kommunikative Prozesse während des Schulalltags und ähm da geht eben auch vieles hier und da unter (Interview Lachmann)
Herr Lachmann adressiert die angesprochene Verdichtung anhand der Pausen zwischen den Stunden. Diese stünden den Lehrkräften nicht mehr für kurze Regenerationsphasen zwischen den Unterrichtstunden zur Verfügung, sondern seien mit vielfältigen Prozessen der Schul‐ und Unterrichtsorganisation ausgefüllt. Daher würden die Konferenzen als traditioneller und primärer Ort der Organisation des Unterrichts‐ und Schulbetriebs alleine nicht mehr ausreichen, um den daraus rührenden Anforderungen gerecht zu werden. Vielmehr müssen diese Aufgaben nunmehr auf Grundlage kommunikativer Prozesse innerhalb des Kollegiums quasi zu jeder sich bietenden Gelegenheit bearbeitet werden. Daher dürfe man sich nicht wundern, wenn „vieles hier und da unter[gehe]“, d.h. Informationen verloren gehen oder einzelne Aufgaben nicht zufriedenstellend bearbeitet werden. Unabhängig davon betont auch Herr Ulmenbach im Interview, dass die „innerkollegiale Zusammenarbeit“ und ein damit einhergehender funktionierender Informationsaustausch unverzichtbar seien, um innovative Prozesse in der Schule in die Breite zu tragen und zu einem inhärenten Bestandteil des gesamten Schul‐ und Unterrichtsbetriebes zu machen. Die „Vereinzelung des Lehrers“ und die „Hektik“ des Alltagsbetriebs stünden dem aber tendenziell entgegen.
Die Schulleitung zog aus den oben angesprochenen Problemen u.a. die Konsequenz, für den Schulbetrieb wichtige Informationen effizienter und zentraler bereit zu stellen und dazu lo‐net² einzusetzen. Darunter fallen z.B. Einladungen zu Konferenz, die nach selbigen erstellten Protokolle, Stunden‐ und Klassenpläne sowie Klassenlisten, Raumpläne, nützliche Downloads (z.B. Urlaubsanträge), Regelungen der Schule und Informationen der Schulleitung. Zwar gebe es an der Schule auch noch traditionelle Informationsmedien wie z.B. die herkömmlichen Lehrerpostfächer, die Schulleitung weist den Lehrkräften aber zunehmend eine Holschuld zu, d.h. sie macht sie dafür verantwortlich, sich die für die Organisation ihrer Arbeit benötigten Informationen zu beschaffen. Auch die Fachkonferenzen sind mit eigenen virtuellen Klassenräumen in lo‐net² vertreten. Inwieweit deren Mitglieder die Lernplattform für ihre Arbeit nutzen, bleibt diesen selbst überlassen. Entsprechend unterschiedlich sei das Aktivitätsniveau laut Herrn Ulmenbach. Daneben verfügten auch die Schülervertretung, der Elternbeirat und die schulische Sozialarbeit und die Schulverwaltung über eigene virtuelle Klassenräume in lo‐net², sodass alle Akteure der Organisation Schule mit Hilfe dieses Mediums kommunizieren können. Der Schulelternbeirat erhalte z.B. seine Einladungen durch den Schulleiter ausschließlich auf diesem Wege. Auch die drei Lehrer aus der Gruppe Kastanie sind sich prinzipiell einig darüber, dass die digitalen Medien ihnen sehr
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dabei helfen, ihren Arbeitsalltag besser zu organisieren. Herr Anberger erläutert die dem zugrunde liegenden Herausforderungen.
Am: Es ist mittlerweile so viel, das kann ich nicht im
Vorbeigehen erfassen, früher habe ich ins Vertretungsbuch geguckt, ob mein Name irgendwo erscheint, und das war auch einfach deutlich weniger (.) mittlerweile ist das, einfach die Informationsflut so stark, dass das schon Sinn macht, das zu Hause schriftlich vor Augen zu haben (4) ja, von daher, also, es sind schon Veränderungen, wenn man so guckt, also (1) wenn man mal so drüber redet und man macht sich klar, in wie vielen Bereichen da sich einfach Strukturen extrem verändert haben und das:: geht ja auch in Richtung der Lernplattformen, also, das sind ja einfach Möglichkeiten, die, die so nicht da waren, nur auch da, denk ich, muss ich aufpassen, das Gleiche, dass ich mit der E-Mail nicht erwarten kann, dass das in Echtzeit, glaub ich, kann ich mit Lernplattformen, darf ich auch nicht den Fehler machen, die Schüler da zu überfordern, dass da alles dann in Echtzeit passieren muss (Gruppe Kastanie)
Ähnlich wie sein Schulleiter problematisiert auch Herr Anberger die anhaltende Verdichtung seines Arbeitsalltags, die mit einer Zunahme der in diesem Rahmen anfallenden Informationen einhergeht. In der Vergangenheit habe es demnach z.B. genügt, in der Schule einen Blick in das Vertretungsbuch zu werfen, um zu sehen, welche besonderen Aufgaben man zu erfüllen hat. Im Vergleich dazu seien die Lehrkräfte heute mit einer „Informationsflut“, d.h. einer überbordenden, kaum zu handhabenden Menge an Informationen konfrontiert. Daher sei es sinnvoll, sich mit diesen Informationen auch zuhause auseinander zu setzen, wohl um (a) die Menge an Informationen überhaupt noch handhaben zu können und (b) die für die Bearbeitung erforderliche Ruhe zu finden. Diese Veränderungen sind weitreichender und grundlegender Art und führen in unterschiedlichen Bereichen zu einer erheblichen Veränderung der etablierten Strukturen. Dazu kommt, dass Kommunikations‐ und Informationsprozessse viele dieser Veränderungen überhaupt erst möglich gemacht haben, sodass auch an dieser Stelle abermals die den digitalen Medien inhärente hohe Ambivalenz deutlich hervortritt. Erschwerend komme hinzu, dass man auch den adäquaten Umgang mit den entsprechenden Medien noch erlernen müsse. Das betrifft nicht nur die Funktionalitäten, sondern auch die legitimen Erwartungen, die mit den unterschiedlichen Kommunikationsformen einhergehen. So dürfe man z.B. nicht davon ausgehen, dass man auf eine geschriebene E‐Mail immer umgehend eine Antwort erhält. Ähnliches gilt auch für die Medienpraxen der Schülerinnen und Schüler. Man dürfe sie nicht überfordern, indem man übertriebene Erwartungen an deren kommunikatives Handeln stellt und z.B. davon ausgeht, dass die Nutzung von Lernplattformen ausschließlich in Echtzeit zu erfolgen habe.
Lo‐net² wird wie schon erwähnt, primär für schul‐ und unterrichts‐organisatorische Zwecke genutzt. Der starke Druck, den die Schulleitung auf die Lehrkräfte ausübt, um diese Form der Nutzung zu intensivieren, wirkt sich aber offensichtlich auch auf die unterrichtliche Nutzung zusammen mit den
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Schülerinnen und Schülern aus. Zumindest seien inzwischen laut der Auskunft von Herrn Ulmenbach 26 der 36 Klassen der Schule mit eigenen Klassenräumen in lo‐net² vertreten. Denn anders als die Lehrkräfte, für die alle ein eigener lo‐net² Account von Seiten der Schule eingerichtet wurde, werden virtuelle Klassenräume nur auf ausdrücklichen Wunsch der Lehrkräfte hin aufgeschaltet. Vor dem beschriebenen Hintergrund wundert es nicht, dass die Nutzung der Lernplattform lo‐net² an der Schule für schulorganisatorische Zwecke im Gegensatz zur unterrichtlichen Nutzung weitaus fortgeschrittener ist. Die Entscheidung lo‐net² zunächst vor allem für schulorganisatorische Aufgaben zu nutzen, basiert aber auch auf der Beobachtung, dass im Gegensatz zur unterrichtlichen Nutzung während der die Lehrkräfte problemlos auf den Einsatz von LMS verzichten können, die Schulleitung im Rahmen der sich täglich wiederholenden Organisationsroutinen Gelegenheiten schaffen konnte, die den Einsatz eines LMS unverzichtbar machen.
Lm: Richtig, richtig (.) ja wobei ich hab‘s ja vorhin gesagt
für mich es dann da wichtig war im Grunde es zu schaffen, dass möglichst viele den Umgang damit haben und das Tagesgeschäft dabei das macht das eben notwendig ähm für ‘ne Unterrichtssequenz erstmal so etwas zu machen äh (.) das kann ich auch anders gestalten (.) ja da brauch ich nicht unbedingt lo-net dazu (Interview Lachmann)
Oft scheitert der Versuch, die Nutzung von Lernplattformen schulweit einzufüh‐ren aber auch am Widerstand von Kollegiumsmitgliedern. Die Frage, ob es an der Gesamtschule in B‐Stadt Widerstand gegen die umfassende Einführung der digitalen Medien für schulorganisatorische Zwecke gegeben habe, verneint Herr Ulmenbach weitgehend. Um: Solche Schwierigkeiten haben wir eigentlich grundsätzlich
deswegen nicht, weil dieses System jetzt nicht von irgend einer Seite gekommen ist, sondern einfach von Schulleitung frontal angegangen wurde (1) und, okay, es gibt tatsächlich, einen Kollegen, der Zuhause keine E-Mail hat (1) das ist sein Problem (.) man muss sich über den Vertretungsplan in geeigneter Weise informieren (.) es gibt noch einen schulischen Aushang, wir haben so Displays in der Schule, angeschafft, für die Schüler, ihr Vertretungsplan ist natürlich dann auch für die Schüler eine wichtige Info, ob nämlich morgen entsprechend etwas ausfällt und im Zuge der Einführung neuer Medien, haben wir zwei (.) im Schülerbereich einen und im Lehrerbereich ein Großdisplay an der Wand, wo auch der Vertretungsplan abgebildet wird (5) gut, äh von Schulleitungsseite gehen wir damit zwar großzügig mit um, also sprich, kontrollieren es nicht, ob jemand seine Post abruft, umgekehrt ist es jetzt Aufgabe des Kollegen, sich zu informieren, und auf die Konferenz vorzubereiten und die Tagesordnung zu kennen oder so was (Interview Ulmenbach)
Demnach gab es keine Schwierigkeiten bei der Nutzung von lo‐net² für schul‐ und unterrichtsorganisatorische Zwecke, da die Nutzung von der Schulleitung energisch und unmissverständlich eingeführt wurde. Es gebe aber immer noch
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mindestens einen Lehrer ohne häuslichen E‐Mail Zugang, der nicht, wie von Herr Ulmenbach im Vorfeld der wiedergegebenen Sequenz berichtet, den täglich auf diesem Wege verschickten Vertretungsplan lesen kann. Daraus folgt aber nicht, dass die Schulleitung sich um alternative Möglichkeiten bemühen muss, den Vertretungsplan zu publizieren, sondern dass der Lehrer gefordert ist, sich in geeigneter Weise über den Vertretungsplan zu informieren. Unter anderem habe man die Möglichkeit, den Plan in der Schule einzusehen. Aber auch dort wird konsequent auf den Einsatz der digitalen Medien gesetzt und der Vertretungs‐plan über extra für diesen Zweck beschaffte elektronische Displays veröffentlicht. Die Schulleitung kontrolliere aber auch nicht, ob die Lehrkräfte die digital bereit‐gestellten Informationen tatsächlich lesen. Man erwarte aber, dass sie ausrei‐chend vorbereitet sind, um sich an den für den Schulbetrieb wichtigen Veranstal‐tungen beteiligen zu können. Implizit schwingt dabei mit, dass sie dafür u.U. mehr Aufwand in Kauf nehmen müssen, wenn sie dafür nicht die digitalen Me‐dien nutzen.
Schulinterne Kooperationen zwischen Lehrkräften sind an beiden Fallstudien‐schulen selbstverständlich. Anhand des Beispiels des Gymnasiums in A‐Stadt wird gut deutlich, welche Rolle Lernplattformen und andere digitale Medien dabei spielen. Personelle Aspekte haben in diesem Kontext jedoch ein weitaus größeres Gewicht. So weist z.B. der Schulleiter, Herr Ahlbrand darauf hin, dass man auch „Glück gehabt“ habe, dass man Lehrkräfte an der Schule eingestellt habe, die bereit seien, zusammenzuarbeiten. Darüber hinaus hat der Schulleiter das „Kooperationsklima“ an der Schule durch eine aktive Personalpolitik ge‐stärkt, indem er gezielt Lehrkräfte an die Schule geholt hat, die diese schon als Schülerinnen oder Schüler besucht haben, wie z.B. Herrn Dübeler und Herrn Schmidt. Das Verhältnis zwischen den beiden beschreibt der Schulleiter als „ehe‐ähnlich“, sodass es sich um eine besonders intensive Beziehung zu handeln scheint. Dazu kommt, dass es an der Schule „so’n paar Freaks [gebe], die können einfach unglaublich gut miteinander“. In diesem Fall geht es sich um Menschen, die sich für ein Interessengebiet – in diesem Fall die Schule bzw. das Unterrich‐ten, extrem begeistern und dabei auch untereinander sehr gut miteinander har‐monieren. Dazu kommt, dass die Schulleitung Entscheidungen getroffen hat, die die Zusammenarbeit im Team nahezu unausweichlich macht.
Am: Wir haben als Schulleitung natürlich sehr rigoros
Teamstrukturen vorgegeben (.) wir haben gesagt, also der Unterricht wird sequenziert (.) und sie schreiben nach Möglichkeit gleiche Arbeiten, damit auch ‘ne Vergleichbarkeit, eine horizontale Vergleichbarkeit an der Schule möglich ist, wie einzelne Klassen abschneiden (.) (Gruppe Birke)
Die stärkere Zusammenarbeit der Fachlehrerinnen und ‐lehrer wurde durch die Vorgabe von Teamstrukturen geradezu erzwungen, d.h. die Lehrkräfte hatten gar keine Wahl als stärker zusammenzuarbeiten. Auslöser dafür war zum einen die Sequenzierung des Unterrichts, d.h. die Unterteilung in definierte Einheiten (Module), die eine Abstimmung zwischen den Lehrkräften unterschiedlicher Fächer erleichtern. Zum anderen werden innerhalb der Jahrgänge nach Möglich‐
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keit in den Fächern die gleichen Arbeiten geschrieben, um die Leistungen der verschiedenen Klassen in einem Fach selben Jahrgangs miteinander vergleichen zu können. Eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den davon betroffenen Lehrkräften bietet sich dabei an, um zu gewährleisten, dass alle Klassen die glei‐chen Ausgangsvoraussetzungen bekommen. Im weiteren Verlauf der Gruppen‐diskussion erklärt der Schulleiter, dass aufgrund solcher Maßnahmen inzwischen eine weitaus stärkere Homogenisierung zwischen den Klassen erreicht wurde als in der Vergangenheit. Für die Lehrkräfte sei diese Entwicklung insofern vorteil‐haft, als dass die Lernenden jetzt z.B. mit vergleichbaren Leistungsständen in die jeweils nächste Klassenstufe wechseln. Gleichzeitig habe die Verpflichtung der Lehrkräfte zur stärkeren Zusammenarbeit auch dazu geführt, dass die Lernplatt‐form intensiver genutzt wird.
In diesen Zusammenhang wurden die erforderlichen Strukturen geschaffen, um in verschiedenen Fächern Materialien für die Unterrichtung von Reihen bereitzu‐stellen, die für alle Lehrkräfte verpflichtend sind. Zumindest teilweise wurden die korrespondierenden Materialien offensichtlich auch schon von Lehrkräften bereitgestellt, obgleich dafür zumindest in der Anfangsphase ein erheblicher Ar‐beitsaufwand erforderlich zu sein scheint. Zumindest in der Oberstufe wird auf diesem Wege die Konzeptionierung der eigenen Kurse Herrn Schmidt zufolge erheblich erleichtert, da „Kursbibliotheken“ nicht mehr eigenständig bestückt werden müssen, sondern die Lehrkräfte die benötigten Materialien in Abstim‐mung mit den Mitgliedern der Jahrgangsteams aus dem gemeinsamen Material‐pool auswählen und für die Schülerinnen und Schüler zur Verfügung stellen können. Allerdings bedarf es eines ausreichenden zeitlichen Vorlaufs bevor die Integration einer Lernplattform erste Erfolge zeigt, wie der folgende Ausschnitt aus der Gruppendiskussion mit den Edunex‐Koordinatoren anschaulich unter‐streicht.
Sm: [...] fände es auch schade, wenn wir jetzt nach einem Jahr
aufhören, weil jetzt fängt es gerade an Spaß zu machen und zu laufen (.) weil ja (.) nach einem Jahr, nach einem dreiviertel Jahr Gestottere und Gehoppse, fing das jetzt an und jetzt kommt auch der Punkt, einfach einsetzbar (Gruppe Hilfe)
Demnach benötigte man rund ein Jahr, um die Voraussetzungen für die Arbeit mit Edunex an der Schule zu schaffen. Relativ viel Geduld und Beharrungsver‐mögen erscheinen in diesem Kontext unverzichtbar. Was Herr Schmidt dabei la‐pidar als „Gestottere und Gehoppse“ beschreibt, steht stellvertretend für die technischen und organisatorischen Schwierigkeiten und Herausforderungen, die die Integration digitaler Medien an der Schule begleiten. Vor dem Hintergrund der von Herrn Ahlbrand und Herrn Schmidt beschriebenen weitreichenden Verän‐derungen an der Schule bestätigt der Schulleiter, dass an der Schule ein Kultur‐wandel stattfindet.
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Y1: Findet an ihrer Schule ein Kulturwandel statt? Am: Ja, eindeutig ja (2) ähm, man ist offener im Austausch mit
Materialien, man erkennt inzwischen auch die Vorteile, das nicht jeder alles machen muss (.) sondern das man auch partizipiert, also wirklich, früher war der Lehrer ‘n Einzelkämpfer (.) er hat sein eigenes Material gehabt, man hat zwar immer, ähm, dann betont, ja man wolle Material austauschen in Ordnern, wir haben dann Ordner angeschafft, aber die waren immer, äh, nur rudimentär bestückt (2) ja
Sm: Oder weg m: └@(.)@ Am: Und, ähm, oder weg ja (1) und inzwischen muss ich wirklich
sagen, was ihr in Englisch macht, ist vorbildlich, eigentlich, ja, und in Deutsch sind ebenfalls Ansätze erkennbar (3) und wie gesagt, vor dem Hintergrund
Y1: └Mhm Am: der Einführung der Bildungsstandards, ähm, der
Implementierung, der Kerncurricula (.) wird das noch viel notwendiger sein (.) ja, um wirklich auch ‘ne Binnendifferenzierung in Klassen herbei zu führen (Gruppe Birke)
Herr Ahlbrand bestätigt, dass an der Schule eindeutig ein Kulturwandel stattfin‐det, sodass es dort zu einer nachhaltigen Veränderung der herrschenden Schul‐kultur kommt. Das lässt sich u.a. daran ablesen, dass die Lehrkräfte wesentlich stärker geneigt sind, ihre Unterrichtsmaterialien untereinander auszutauschen. Das ist auch darauf zurückzuführen, dass diese Praxis positive Rationalisie‐rungseffekte ermöglicht, indem die Lehrkräften die Materialien arbeitsteilig er‐stellen können. Damit einher geht eine stärkere Beteiligung der Lehrkräfte am Unterrichtsgeschehen auf Grundlage eines sukzessiven Rollenwechsels, der ein‐hergeht mit der zunehmenden Aufweichung der Rolle als Einzelarbeiterin bzw. ‐arbeiter, die oder der auch allein sein oder ihr für den Unterricht benötigtes Ma‐terial erstellt hat. Dennoch habe es auch zu dieser Zeit bereits Ansätze gegeben, Materialien untereinander auszutauschen. Daher habe man Aktenordner ange‐schafft, um ein Medium für den Austausch bereitzustellen. Zum einen wurde diese Möglichkeit aber offensichtlich nur von wenigen Lehrkräften genutzt und zum anderen konnte man nie sicher sein, den Ordner am vorgegebenen Platz zu finden. Auch die befragten Lehrkräfte sind tendenziell bereit, Inhalte mit Kolle‐ginnen und Kollegen auf einer Lernplattform auszutauschen (vgl. Abbildung 25).
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Abbildung 25: Bereitstellung von Inhalten durch die Lehrkräfte via Lernplattform (schulwei-
te Befragung der Lehrkräfte, n=116)
31 Prozent der befragten Lehrkräfte stellen hier gefundene Inhalte bereit, 66 Pro‐zent laden sogar ihre eigenen Materialien hoch. Nur 12 Prozent geben an, dass diese Form des Austausches keine Bedeutung für sie hat. Der Austausch von Materialien auf Edunex bewegt sich auf einem ähnlichen Niveau. Hier geben 24 Prozent der befragten Lehrkräfte (n=47) an, gefundene Inhalte bereitzustellen, 50 Prozent laden eigene Inhalte hoch und zehn Prozent machen sich nichts aus die‐ser Möglichkeit.
Das zweite Problem stellt sich bei der Ablage von Materialien auf einer Lern‐plattform nicht. Solange der Zugang zu den dort abgelegten Materialien nicht aus technischen Gründen unterbrochen ist, kann darauf prinzipiell permanent zugegriffen werden. Mit der Sequenzierung und stärkeren Homogenisierung des Unterrichts scheint sich auch die Beteiligung der Lehrkräfte an der kooperativen Materialerstellung verbessert zu haben. Der Schulleiter lobt in diesem Kontext ausdrücklich die Aktivitäten der Mitglieder der Fachkonferenz Englisch (s.o.) und verweist auf ähnliche Bemühungen im Fach Deutsch, die aber noch nicht so weit vorgeschritten sind. Aufgrund der veränderten externen Vorgaben geht der Schulleiter gleichzeitig davon aus, dass man die beschriebenen Anstrengungen noch weiter intensivieren müsse, um letztlich tatsächlich eine stärkere Binnendif‐ferenzierung zu erreichen.
Während die schulinterne Kooperation, wie dargestellt an beiden Fallstudien‐schulen sehr ausgeprägt ist, arbeitet man kaum mit anderen Schulen zusammen, zumindest nicht mit solchen, mit denen man prinzipiell um dieselben Schülerin‐nen und Schüler konkurriert. Dagegen wird an beiden Schulen auch mit univer‐sitären Einrichtungen kooperiert und diese Form der Zusammenarbeit von bei‐den Schulleitern sehr positiv bewertet.
8.3 Medienkonzept und Schulprogramm
Vielerorts haben Medienkonzepte bzw. deren Entwicklung den Ausschlag dafür gegeben, damit zu beginnen, die digitalen Medien in den Schulen zu etablieren.
31,9%
66,0%
21,3%
12,8%
0,0%
10,0%
20,0%
30,0%
40,0%
50,0%
60,0%
70,0%
Ja, ich lade gefundene Inhalte (z.B. aus dem
Internet, aus Lehrbüchern, etc.) hoch
Ja, ich erstelle selbst Inhalte und lade diese hoch
Nein, würde ich aber gerne Nein, ist für mich nicht von Bedeutung
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Mittlerweile wird der Einsatz dieser Medien ansatzweise auch in den schulischen Lehrplänen festgeschrieben, wie in Kapitel 8.4 noch zu zeigen sein wird. Me‐dienkonzepte für Schulen stellen immer eine Momentaufnahme innerhalb eines Schulentwicklungsprozesses dar und richten sich an alle am Schulleben beteilig‐ten Akteure. Mindestens genauso wichtig wie das Planungsergebnis i.S. des ei‐gentlichen Medienkonzeptes ist der vorausgehende Planungsprozess, der mög‐lichst transparent sein sollte. Ein wichtiger Adressat für die Planungen ist der Schulträger. Eine für die regionale IT‐Planung notwendige genaue Analyse, wel‐che konkreten Bedarfe für die Ausstattung mit Hardware und Netzwerkinfra‐struktur in der jeweiligen Schule bestehen, kann nur aufgrund möglichst detail‐lierter Anforderungen der Schulen, die sich aus den Medienkonzepten ergeben, entwickelt werden. Die Lehrerfortbildung ist ebenfalls Adressat der Medienkon‐zepte. Zu diesem Zweck sollten sie eine möglichst detaillierte Aufstellung des Fortbildungsbedarfes enthalten, der sich aus der Ausstattung und den pädagogi‐schen Anforderungen ergibt. Aus den verschiedenen Anforderungen, die sich für die Akteure an ein schulisches Medienkonzept ergeben, lassen sich drei ver‐schiedene inhaltliche Bereiche ableiten:
1. Die pädagogisch‐didaktischen Zielvorstellungen, die in der Schule mit dem Einsatz neuer Medien verbunden sind,
2. die technische Ausstattung und die technisch‐organisatorischen Rahmen‐bedingungen für den Einsatz im Unterricht und
3. die vorhandenen und benötigten Kompetenzen der Lehrkräfte zum Ein‐satz neuer Medien im Unterricht.
Beide Fallstudienschulen besitzen ein aktuelles Medienkonzept. In der Gruppen‐diskussion betont Herr Ahlbrand die hohe Relevanz des Konzeptes und dessen Entwicklung für die Medienintegration an der Schule. So sei es z.B. für die Eltern der Schülerinnen und Schüler wichtig zu wissen, wie digitale Medien in der Schule eingesetzt werden, um diese Praxis einfordern zu können. Der Entwick‐lungsprozess sei wichtig gewesen, um sich innerhalb des Kollegiums darüber zu einigen, wie die Medienintegration an der Schule zu gestalten ist. Dabei, so der Schulleiter weiter, sei es außerdem wichtig gewesen, möglichst viele Lehrkräfte am Entwicklungsprozess des Medienkonzeptes zu beteiligen, um eine möglichst breite Akzeptanz zu erzielen. Die Dokumentation dieses Prozesses sei u.a. des‐halb wichtig, um die getroffenen Beschlüsse jederzeit nachzuvollziehen und überprüfen zu können. Somit reicht es nicht, die schulische Nutzung der digita‐len Medien ausschließlich in den Lehrplänen festzuschreiben. Gleichzeitig kann diese Entwicklung allerdings auch dazu beitragen, dass die Bedeutung von Me‐dienkonzepten für die Medienintegration herabgesetzt wird, wie der folgende Ausschnitt aus der Gruppendiskussion mit den Edunex‐Koordinatoren zeigt. Dm: Ich lache (.) ja (.) ich war gerade beim Schulamt vor
drei, vier Wochen und habe Medienkonzept vorgeschlagen und vorgestellt (.) gesagt da bräuchten wir jetzt Leute, die da dringend dran arbeiten (.)das braucht man am Gymnasium nicht, das ist überflüssig
Pm: └Das ist genau falsch
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Dm: └Das ist die Aussage
vom Dezernenten Sm: └Richtig (.) und, und Dm: Das ist Zeitverschwendung, brauch man nicht, das würde bei
dem Bildungsstandard schon alles abgedeckt werden (Gruppe Gruppe Hilfe)
Herr Dübeler vom Gymnasium in A‐Stadt berichtet von seinem Versuch, beim zuständigen Schulamt Unterstützung für die Entwicklung eines Medienkonzep‐tes zu bekommen, da man an der Schule zusätzliche personelle Ressourcen benö‐tigt, um eine solches Konzept zu entwickeln. Da es hier um eine Personalfrage geht, kann davon ausgegangen werden, dass es sich um das staatliche Schulamt handelt. Vom zuständigen Dezernenten sei ihm daraufhin beschieden wurden, dass die Entwicklung eines korrespondierenden Prozesses nicht notwendig sei, da die entsprechenden Medienpraxen bereits durch die Bildungsstandards abge‐deckt seien bzw. dort festgeschrieben ist, wie die (digitalen) Medien im Unter‐richt einzusetzen seien. Der prozesshafte Charakter der Medienintegration spielt an dieser Stelle offenbar keine Rolle. Empfehlenswerter wäre der umgekehrte Weg, d.h. die Operationalisierung der externen schulorganisatorischen Vorga‐ben, wie sich z.B. anhand der Vorgaben für den Einsatz der digitalen Medien in den Lehrplänen ergeben.
8.4 Externe schulorganisatorische Vorgaben und Qualitätssicherung
Der Einfluss äußerer Rahmenbedingungen durch gesetzliche Setzungen oder gesellschaftliche Entwicklungen prägt die Arbeit mit digitalen Medien in Schu‐len. So hat z.B. die quantitativ‐empirische ‚Wende’ in der Bildungsforschung (z.B. Weinert 2001) hin zu einer Messung von Schülerleistungen mit psychomet‐rischem Verfahren in Kombination mit der verstärkten Output‐Orientierung in der Bildungspolitik zu einer veränderten Wahrnehmung von Schule in der Öf‐fentlichkeit und unter den Schulpraktikern geführt (z.B. Buchhaas‐Birkholz 2009). Nicht zu vergessen ist in diesem Kontext, dass auch der Einfluss suprana‐tionaler Institutionen wie der OECD (bei PISA) die bildungspolitische Landschaft stark verändert hat (Langer 2008, Martens et al. 2007). In der u.a. daraus mün‐denden Debatte um die Qualität von Schule und Unterricht kamen Medien lange Zeit kaum vor. Die zunehmenden Leistungstests bzw. Vergleichsstudien auf schulischer, regionaler und staatlicher Ebene haben diesen Effekt noch verstärkt. Die Messungen fokussieren in erster Linie auf Kompetenzen in den Kernfächern und weniger auf den Einsatz von Medien jeglicher Art – sie gelten als Mittel zum Zweck und es wurden ihnen keinerlei eigene Gestaltungsmöglichkeiten, weder in der Hand der Schülerinnen und Schüler noch der Lehrkräfte, zugeschrieben. Das hat sich erst in letzter Zeit geändert.
Eine Output‐orientierte Bildungspolitik basiert auf Bildungsstandards, die fest‐schreiben welche Kompetenzen die Lernenden erwerben sollen. In den nationa‐len Bildungsstandards für Deutsch, die erste Fremdsprache, Mathematik und die Naturwissenschaften (Biologie, Physik und Chemie) finden sich zahlreiche Aus‐sagen zu Medien. Darin wird indirekt die Vermittlung von medienbezogenen
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Kompetenzen gefordert. In den Bundesländern finden diese Standards ihren Wi‐derhall in den Lehrplänen für die verschiedenen Fächer.
Eine exemplarische Analyse der hessischen Lehrpläne für die Fächer Deutsch, Mathematik und Englisch in den Jahrgängen 7 und 10 der Haupt‐ und Realschu‐le sowie Jahrgang 8 des Gymnasiums zeigt, dass der Einsatz digitaler Medien durchaus gefordert wird. In allen drei Fächern finden sich für alle Schulformen und die beiden Jahrgangsstufen dezidierte Vorgaben für den Einsatz der digita‐len Medien. So sollen z.B. Hauptschülerinnen und ‐schüler in der 7. Klasse u.a. Texte mit Hilfe des PCs präsentieren und Lern‐ und Übungsprogramme zur Grammatik und Rechtschreibung anwenden können. In der 10. Klasse sollen sie u.a. Schriftsätze am PC erstellen und Arbeitstechniken zur eigenständigen In‐formationsbeschaffung aus unterschiedlichen Medien anwenden können. In der Realschule werden ähnliche Dinge gefordert und weitere Kompetenzen erwartet, wie dass die Schülerinnen und Schüler in der 7. Klasse Internet‐Recherchen zu Sachthemen, Autoren und Werken durchführen können. Erwartungsgemäß sind die Anforderungen am Gymnasium am umfangreichsten. So sollen die Schüle‐rinnen und Schüler z.B. in Klasse 8 die erforderlichen Kompetenzen entwickeln, um sich in dem Angebot des Internets und der fachspezifischen medialen Mög‐lichkeiten (CD‐ROMs etc.) zurechtzufinden, gezielt nach Informationen zu su‐chen (z. B. Recherche im Internet zu Autoren, Epochen, Werken) und die gewon‐nenen Informationen kompetent zu beurteilen, einzuordnen und kritisch zu hin‐terfragen.
Im Fach Englisch sind die Anforderungen ähnlich, aber weniger dezidiert. Im Fach Mathematik sollen die digitalen Medien ebenfalls in den drei Jahrgängen und Fächern zur Informationsbeschaffung eingesetzt werden. Hauptschülerin‐nen und ‐schüler sollen in der 7. Klasse u.a. lernen, Diagramme mit dem Compu‐ter zu erstellen und mit Hilfe des Computers Grafiken zu erarbeiten und zu deu‐ten. In der Realschule heißt es im Lehrplan für die 7. Klasse, dass der Mathema‐tikunterricht die Nutzung der zugänglichen Medien als Hilfen beim Rechnen, Darstellen und Kommunizieren vermittelt und deren Vorteile und Risiken beim Einsatz aufzeigt. In der 10. Klasse sollen die Lernenden u.a. Exponentialkurven mit einem PC‐Programm darstellen und analysieren sowie Wachstumsmodelle am Computer simulieren können. Im Mathematikunterricht der 8. Klasse des Gymnasiums sollen elektronische Werkzeuge und Medien im Unterricht u.a. eingesetzt werden um mathematische Zusammenhänge zu veranschaulichen und darzustellen sowie erhöhten Rechenaufwand zu bewältigen. Genutzt wer‐den sollen sie auch zur Unterstützung entdeckenden und experimentellen Arbei‐tens, zum algorithmischen Arbeiten, zur Informationsbeschaffung im Internet sowie zur Aufbereitung und Präsentation von mathematischem Wissen.
Der Einsatz von Lernplattformen oder die Entwicklung von Medienpraxen, die im engeren Sinne dem E‐Learning zuzurechnen sind, findet in den untersuchten Lehrplänen kaum Berücksichtigung. Eine gewisse Nähe zum E‐Learning weist die Vorgabe für den Deutschunterricht der 7. Klasse auf, in der es heißt, dass die Schülerinnen und Schüler lernen sollen, per E‐Mail zu kommunizieren. Im glei‐chen Jahrgang sollen sie auch lernen, in einem Team ein Projekt durchführen. Dazu bietet sich der Einsatz einer Lernplattform an, ist aber nicht erforderlich. Im
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Fach Deutsch sollen Schülerinnen und Schüler am Gymnasium im Fach Deutsch in der 10. Klasse lernen, Informations‐ und Kommunikationstechnologien zum selbstständigen Lernen sinnvoll zu nutzen. Auch hier liegt der Einsatz von Medi‐enpraxen, die dem E‐Learning zugeschlagen werden können nahe, ist aber nicht zwingend. Hauptschülerinnen und ‐schüler sollen im gleichen Fach berufsrele‐vante Kommunikationsmethoden wie z.B. E‐Mail, Internet und Intranet nutzen können. Hier gilt das Gleiche.
Auch an den beiden Fallstudienschulen spielen die Einführung von Bildungs‐standards und die damit einhergehende Forderung nach einer stärkeren Binnen‐differenzierung und Individualisierung des Unterrichts eine wichtige Rolle und nimmt insbesondere in den Ausführungen der beiden Schulleiter relativ großen Raum ein. Dabei zeigt sich u.a., dass diese Aufgabe viele personelle Ressourcen bindet, die anderweitig nicht mehr zur Verfügung stehen. Am Gymnasium in A‐Stadt wird auch gut deutlich, wie eng der Einsatz von Lernplattformen an die veränderten schulorganisatorischen Vorgaben gebunden ist. Dort hofft man, dass die Schule auch zukünftig unentgeltlich mit Edunex arbeiten kann, u.a. um den Anforderungen der Bildungsstandards gerecht zu werden. Sm: Wir hoffen eigentlich, dass wie in Rheinland-Pfalz oder
Westfalen, dass ein Landesvertrag geschlossen wird (.) und dass wir dann Edunex benutzen können (.) und wenn das nicht wäre, weil, wenn die Bildungsstandards kommen und wir haben keine moderne E-Learningplattform (1) ich soll das alles kopieren und ich soll dann für Binnendifferenzierung da Zettelchen und dort, die Zeit habe ich ja gar nicht, geht nicht (Gruppe Birke)
Herr Schmidt weist in diesem Kontext darauf hin, dass man die Vorgaben der Bildungsstandards ohne den Einsatz einer modernen Lernplattform nicht umset‐zen könne. Das sei u.a. darauf zurückzuführen, dass eine stärkere Binnendiffe‐renzierung mit einem erhöhten Material‐ und Vorbereitungsaufwand einhergeht, um auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler adäquat einzugehen. Man habe auch gar nicht die Zeit, um ohne geeignete Hilfsmittel binnendifferenziert zu unterrichten. In diesem Kontext ist aber zu berücksichti‐gen, wie auch Herr Schmidt im weiteren Verlauf der Diskussion betont, dass da‐für geeignete, nach Alter, Fach und Lernniveau differenzierte Materialien vorlie‐gen müssen. Insofern stehen die externen Vorgaben in einem engen Zusammen‐hang zur ausreichenden Verfügbarkeit digitaler Inhalte (vgl. Kapitel 9). Ganz ähnlich argumentiert der Schulleiter der Gesamtschule in B‐Stadt, wenn er be‐richtet, dass er im Zuge seiner Überlegungen, wie man den Unterricht stärker individualisieren kann u.a. auf lo‐net² aufmerksam wurde und als geeignetes Werkzeug identifizierte, um dieses Ziel zu erreichen.
Die Sicherung der Qualität der hessischen Schulen soll in erster Linie durch die vom Institut für Qualitätsentwicklung durchgeführten Schulinspektionen erfol‐gen. An beiden Fallstudienschulen fanden bereits Schulinspektionen statt. Herr Ahlbrand bestätigt in diesem Kontext den Hinweis des Interviewers, dass der unterrichtliche Einsatz der digitalen Medien im Rahmen der Schulinspektion kaum berücksichtigt wird.
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Am: Das fällt in der Tat weitgehend hinten runter, auch bei
Schulinspektion werden solche Dinge gar nicht Y1: └Ja Am: abgefragt, ja Y1: └Ja (1) würden sie sich das wünschen? Am: Äh, natürlich, auf jedem Fall (.) erhöht ja die Qualität
des eigenverantwortlichen Lernens, ja (.) und was ich schade finde ist, das wir (.) auf ´nem Bereich riesig punkten könnten, äh, den die gar nicht vorgesehen haben, das heißt, äh, es viel schöner, dass wir (elfenholzig) Stühle, Klassenräume oder weiss der Teufel, Bücher haben, das was wirklich 'ne moderne Schule ausmacht, das ist noch gar nicht angekommen in der statistischen Erfassung, derjenigen, die Schulen inspizieren (Gruppe Birke)
Herr Ahlbrand würde es begrüßen, wenn der Einsatz digitaler Medien zukünftig im Rahmen der Schulinspektion berücksichtigt würde, u.a. da der Medieneinsatz dazu beitrage, die Qualität des eigenverantwortlichen Lernens zu erhöhen. Gleichzeitig würde die Schule bei der Schulinspektion deutlich besser abschnei‐den, da der unterrichtliche Einsatz digitaler Medien an der Schule einen hohen Stellenwert besitzt, bei der Bewertung der Schule aber so gut wie nicht berück‐sichtigt wird. Gleichzeitig impliziert seine Kritik, dass im Zuge der Schulinspek‐tion zumindest teilweise Kriterien die Beurteilung der Schulen mitbestimmen, die für eine moderne Schule, d.h. für eine Schule, die sich selbst als progressiv und richtungsweisend versteht, wenig Gewicht besitzen. Darunter fällt z.B. die Möblierung der Schule. Insofern scheint insbesondere was die staatliche Quali‐tätssicherung betrifft, gerade im Bereich der Medienintegration noch erheblicher Entwicklungsbedarf zu bestehen, um die Unterstützung der Schulen in diesem Feld zu verbessern.
8.5 Die spezifische Funktion der Edunex-Koordinatoren
Um die Erprobung und Integration von Edunex an den Pilotschulen möglichst erfolgreich zu gestalten, wurde an jeder der Projektschulen eine Schulkoordina‐torin bzw. ein Schulkoordinator bestimmt. Zehn dieser Koordinatoren übernah‐men darüber hinaus noch die Funktion des sogenannten Edunex‐Koordinators, der jeweils rund zehn Pilotschulen beraten und unterstützten sollte. Die zehn Koordinatoren erhielten für diese Tätigkeit jeweils zwei Entlastungsstunden.
An einer der beiden Fallstudienschulen, dem Gymnasium in A‐Stadt haben sich Herr Dübeler und Herr Schmidt die Aufgabe des Schul‐ und des Edunex‐Koordinators geteilt. Laut den beiden Lehrern hat diese Doppelbesetzung erheb‐lichen Anteil am gelungenen Projektverlauf an der Schule. Denn als alleiniger Schulkoordinator hätte Herr Schmidt die Rolle vorzeitig aufgegeben. Die Edunex‐Koordinatoren scheinen in ihren Schulen zu den Lehrkräften zu gehören, die eine besonders große Nähe zu den digitalen Medien aufweisen, damit in ihren Kolle‐gien aber offenbar nicht nur auf Anerkennung stoßen. Herr Zacharias habe z.B. das Problem, dass seine Vorschläge zur Weiterentwicklung der Mediennutzung in der Schule prinzipiell auf Ablehnung stießen, sodass er diese Reaktion an‐
8 Schulkulturelle und -organisationale Einbettung von Lernplattformen 88
satzweise als schicksalhafte Fügung betrachtet, die insofern nicht abwendbar ist. Die Edunex‐Koordinatoren sollten auch versuchen, die Pilotschulen innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs miteinander zu vernetzen. Wie bereits in Kapitel 4.1 angedeutet und von mehreren der Koordinatoren bestätigt, hatten viele der Pro‐jektschulen aber offenbar kein Interesse daran, sich mit anderen Projektschulen zu vernetzen und zusammenzuarbeiten. Das könnte u.a. darauf zurückzuführen sein, dass der Beschreibung der Edunex‐Koordinatoren zufolge viele der Schul‐administratoren vor Ort einen sehr schweren Stand hatten und sich im Kollegi‐um kaum durchsetzen bzw. Nutzerinnen und Nutzer für die neue Lernplattform finden konnten.
Die Edunex‐Koordinatoren zeigen aber auch Ansätze auf, wie man ein ähnliches Projekt erfolgreicher durchführen könnte. So wäre es laut Herrn Schmidt z.B. denkbar, dass Schulen, die bereits erfolgreich mit Lernplattformen arbeiten ande‐re Schulen dabei unterstützen, den gleichen Schritt zu tun. Gleichwohl deuten die Hinweise aus dem Kapitel 8.2 darauf hin, dass in vielen Fällen die latente Konkurrenzsituation zwischen Schulen eine solche Zusammenarbeit verhindern würde, es sei denn man bringt gezielt Schulen zusammen, die nicht um die glei‐chen Schülerinnen und Schüler konkurrieren.
9 Die Bedeutung von Lern- und Lehrmaterialien für den Einsatz von Lernplattformen 89
9 Die Bedeutung von Lern- und Lehrmaterialien für den Einsatz von Lernplattformen
Qualitativ hochwertige digitale Lern‐ und Lehrmaterialien sind für die Arbeit mit Lernplattformen unverzichtbar. Solche Inhalte kommen zum einen von professi‐onellen Anbietern (z.B. Schulbuchverlage). Zum anderen fungieren wahrschein‐lich die meisten Lehrkräfte selber als Inhaltsproduzentinnen und ‐produzenten. Dafür spricht alleine schon, dass von den befragten Lehrkräften etwas mehr als Hälfte (51%) ihre eigenen Materialien über eine Lernplattform zur Verfügung stellt (vgl. Kapitel 8.2). Es reicht aber nicht, ohnehin vorhandene Inhalte für die Nutzung über ein LMS aufzubereiten, indem man z.B. Arbeitsblätter einscannt und über die Lernplattform distribuiert. So ändert sich lediglich die Art und Weise, wie Inhalte zu den Schülerinnen und Schülern transportiert werden. Spe‐ziell für die Online‐Nutzung entwickelte Inhalte nutzen die besonderen Mög‐lichkeiten der digitalen Medien und verfügen z.B. über audio‐visuelle und/oder interaktive Elemente oder bedienen sich kollaborativer Softwarewerkzeuge, um Lernprozesse besser zu unterstützen. An verschiedenen Stellen unserer Untersu‐chung wurde bereits deutlich, dass qualitativ hochwertige digitale Inhalte auch benötigt werden, um die an das Schulsystem gestellten externen Erwartungen zu erfüllen. Eine stärkere Binnendifferenzierung des Unterrichts ist z.B. ganz beson‐ders auf solche Materialien angewiesen (vgl. Kapitel 8.4).
Den Gruppendiskussionen und Interviews zufolge, wurde u.a. versucht, Schulen zur Teilnahme an dem Pilotprojekt mit dem Versprechen zu gewinnen, dass den Lehrkräften über Edunex hochwertiger Content von renommierten Schulbuch‐verlagen unentgeltlich zur Verfügung gestellt würde. Aus der Sicht der Lehrkräf‐te wurden von den beteiligten Verlagen allerdings nur relativ wenige und teil‐weise veraltete bzw. keine aktuellen Inhalte bereitgestellt. So berichtet z.B. Herr Ulmenbach von der Gesamtschule in B‐Stadt.
Um: Ja also zusammengefasst war es so, dass die Kollegen die
jetzt, die große Hoffnung hatten (.) dass sie dort sehr gute Materialien finden würden, dann einfach enttäuscht waren (1) und von daher ist es dann schnell darauf hinaus gelaufen, dass wir gesagt hatten, wir haben ein erprobtes System mit lo-Net und dabei möchten wir dann auch bleiben, es gibt, äh, nicht erkennbar, die großen Vorteile die uns Edunex bieten könnte (Interview Ulmenbach)
In der Befragung der Lehrkräfte wird deutlich, dass die Mehrheit der Materia‐lien, die auf Edunex bereitgestellt bezüglich Umfang und Qualität nach Fach oder jahrgangsstufe tendenziell nur ausreichend bis ungenügend bewertet wer‐den (vgl. Abbildung 26).
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Abbildung 26: Beurteilung der Inhalte auf Edunex (schulweite Befragung der Lehrkräfte)
Der Erzählung von Herrn Ulmenbach zufolge herrscht unter den Lehrkräften ein signifikanter Bedarf an qualitativ hochwertigen digitalen Unterrichtsmaterialien. Da Edunex diese Erwartungen aber offensichtlich nicht erfüllen konnte, erlahmte das Interesse der Lehrkräfte an dem System sehr schnell und man entschied sich, weiter mit dem bereits etabliertem LMS zu arbeiten. Zwei weitere zusammen‐hängende Aspekte, die von Herrn Volmer, einem der Edunex‐Koordinatoren, thematisiert werden, sind die fehlende Passung der digitalen Materialien mit den eingesetzten Lehrbüchern sowie die Erhöhung des externen Anpassungsdrucks.
Vm: Ich hab Lehrer angesprochen, Mathelehrer haben mir gesagt,
es wäre für den Unterricht nicht geeignet, sie könnten´s nicht brauchen (.) weil´s viel Englisch gab, hab´ ich den Englischfachbereich angesprochen und hab die Rückmeldung bekommen, es ist nicht geeignet, es passt überhaupt nicht zum Lehrbuch (.) mit einer Kollegin hab´ ich mich länger unterhalten, von der ich auch weiß, dass sie zum Beispiel auf der Moodle Plattform arbeitet (.) die hat mir gesagt, dass, äh, sie in Englisch so unter Druck sind, dass sie den Unterricht gar nicht schaffen können und sie könnte ein Programm nur einsetzen, dann, wenn es auch passend wäre zum Lehrbuch, das sie behandeln muss und könnte sich nicht erlauben, noch nebenher zu arbeiten (.) das würde zu viel Zeit kosten (.) das ist aber die Situation in Hessen, wir sind furchtbar unter Druck und haben (.) wenig Möglichkeiten, noch sonst etwas zu machen (.) da wird immer der Prüfungs- und Leistungsdruck erhöht (Gruppe Hilfe)
Von den Mathematiklehrern seiner Schule erhielt Herr Volmer die Rückmeldung, dass sie die verfügbaren Materialien für ihren Unterricht nicht gebrauchen könn‐ten. Die Reaktionen aus dem Fachbereich Englisch deuten an, dass diese Zu‐rückweisung u.a. auf der fehlenden Passung mit dem im Fach eingesetzten Lehr‐buch gründet. Dazu kommt, dass die Lehrkräfte so unter Bedrängnis bzw. Hand‐lungszwang stünden, dass sie sich ohnehin schon außer Stande sehen, die an den Unterricht formulierten Erwartungen zu erfüllen. Daher könne sie z.B. Lernpro‐gramme nur einsetzen, wenn die Passung zum eingesetzten Lehrbuch gewähr‐leistet ist. Ist dies nicht der Fall, müsste sie zusätzliche Zeit aufwenden, die ihr dann nicht zur Verfügung stünde, um die an den Unterricht formulierten Ziele
2,9
2,7
22,9
10,8
24,3
15,4
8,6
18,9
10,8
7,7
40,0
35,1
32,4
28,2
5,7
16,2
10,8
28,2
20,0
18,9
18,9
20,5
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Inhalte nach Jahrgangsstufe Qualität (n=35)
Inhalte nach Jahrgangsstufe Umfang (n=37)
Inhalte nach Fach/Berufsfeld Qualität (n=37)
Inhalte nach Fach/Berufsfeld Umfang (n=39)
sehr gut gut befriedigend ausreichend mangelhaft ungenügend
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zumindest ansatzweise zu erreichen. Das sei aber kein Phänomen einer einzelnen Schule, sondern betreffe alle Lehrkräfte in Hessen, die in enormen Ausmaß be‐drängt würden bzw. sich größten Handlungszwängen ausgesetzt sehen, die ih‐nen wenig Spielräume für alternative Unterrichtspraxen offen lassen. Die ange‐sprochenen Zwänge konkretisieren sich im „Prüfungs‐ und Leistungsdruck“, d.h. den am Output bemessenen externen Anforderungen, die aus der Sicht des Lehrers kontinuierlich erhöht werden (vgl. Kapitel 8.4).
In seiner Funktion als Edunex‐Koordinator kritisiert auch Herr Schmidt, dass von den Verlagen veraltete Lernprogramme in Edunex bereitgestellt wurden. Sein Kollege Herr Volmer geht noch einen Schritt weiter und vermutet, dass die Verla‐ge Materialien zur Verfügung gestellt haben, die für den schulischen Gebrauch nicht geeignet sind. Denn sie wollten nicht riskieren, qualitativ hochwertige In‐halte bereitzustellen, die die Eltern der Schülerinnen und Schüler eventuell dazu veranlasst hätten, weniger Geld für die private Anschaffung von Lernmaterialien auszugeben. Herr Dübeler vom Gymnasium in A‐Stadt adressiert in seinen Aus‐führungen ebenfalls den Mangel an qualitativ hochwertigen digitalen Inhalten.
Dm: Ich bin ein ganz großer Freund von digitalem Lernen, ja,
ich bin im Moment noch ein ganz großer Gegner von äh, von Notebook-Klassen (.) weil ich den Mehrwert noch nicht sehe, solange es noch keine guten Mathematikbücher komplett digital gibt (.) habe ich keinen Mehrwert, weil dann müssen sie das Notebook mitbringen
Sm: └Ja, aber, Henne und Ei Dm: und das Mathebuch und müssen ständig mit Dings und Dings
machen, ja Sm: Es wird eine Übergangszeit geben, aber wenn die Industrie
sieht, das man damit Geld verdienen kann, wir des relativ Dm: └Nee, nee Sm: bald Dm: Das Problem ist, die Industrie hat Angst vor dem Kopieren,
und deshalb gibt es da noch nichts, also ich habe mich ja mit Cornelsen, Klett und allen möglichen unterhalten (.) die Konzepte sind da, die sagen, wir setzen das noch nicht um, weil überhaupt nicht klar ist, wie man das ist, äh, äh, wie man diese Sachen mit dem Besen, ja, also, das ist schon lange (...) gewesen (Gruppe Zypresse)
So sei Herr Dübeler nach eigenem Bekunden ein großer Anhänger vom Lernen mit digitalen Medien, steht einzelnen Methoden aber skeptisch bis ablehnend gegenüber. Er sei z.B. strikt gegen die weitere Einführung von Notebook‐Klassen, da für ihn darin kein Mehrwert zu erkennen sei, solange es keine voll‐ständig digitalisierten Mathematikbücher von hoher Qualität gibt. Die Arbeit mit Notebook‐Klassen ist demnach nur dann sinnvoll, wenn dadurch ein zusätzli‐cher Nutzen entsteht, der in diesem Fall auf engste an das Vorhandensein von Inhalten für den Mathematikunterricht gebunden ist, die für die Nutzung mit Notebooks aufbereitet wurden. Im Umkehrschluss schränken Medienbrüche, die durch das Fehlen digitalisierter Inhalte hervorgerufen werden, die Nützlichkeit der digitalen Medien erheblich ein. Herr Schmidt glaubt, dass diese Situation cha‐rakteristisch für eine Übergangszeit sei, während der es offenbar unvermeidlich ist, inhaltlich ähnliche analoge und digitale Medien gleichermaßen im Unterricht
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einzusetzen. Eine nachhaltige Veränderung dieser Situation sei erst dann zu er‐warten, wenn die Content‐Produzenten davon ausgehen, dass sie ihre Gewinne durch die Produktion und Vermarktung entsprechender Inhalte ausdehnen kön‐nen. Herr Dübeler teilt die Einschätzung seines Kollegen nicht und weist darauf hin, dass viele Content‐Hersteller Angst hätten, dass einmal in Umlauf gebrachte Inhalte umgehend vervielfältigt und unentgeltlich weiterverbreitet würden. Kor‐respondierende Informationen habe er auch von Mitarbeiterinnen und Mitarbei‐tern von Schulbuchverlagen erhalten. Es gebe demnach zwar Konzepte für die Umsetzung digitaler Lehrbücher, es mangelt aber aus Sicht der Verlage offen‐sichtlich an verlässlichen Rahmenbedingungen, um solche Materialien zu publi‐zieren und zu vermarkten.
Neben Materialien, die von kommerziellen Unternehmen entwickelt und vertrie‐ben werden, erstellen die meisten Lehrkräfte auch eigene Materialien. Dabei kann nicht ausgeschlossen werden, dass es auch zu Urheberrechtsverletzungen kommt. Herr Sauer, der als Edunex‐Koordinator am Projekt beteiligt ist, berichtet von seiner Schule, dass sich seine Kolleginnen und Kollegen, von denen rund die Hälfte mit Moodle arbeitet, dieser Problematik durchaus bewusst seien. Man gehe aber offenbar davon aus, dass sich niemand außerhalb der Schule für die über die Lernplattform bereitgestellten Inhalte interessiere und daher auch Ur‐heberrechtsverletzungen vernachlässigt werden können. Wenn man sich dage‐gen für die Nutzung von Edunex entscheiden würde, wäre nicht mehr nachvoll‐ziehbar, ob dort abgelegte Inhalte u.U. auf mögliche Urheberrechtsverletzungen überprüft würden und die Verantwortlichen ggf. zur Rechenschaft gezogen würden. Bezüglich der Produktion und Bereitstellung von qualitativ hochwerti‐gem Content in ausreichender Zahl scheint demnach also noch ein erheblicher Handlungsbedarf zu herrschen.
10 Fazit und Handlungsempfehlungen 93
10 Fazit und Handlungsempfehlungen Ziel der vorliegenden Evaluation war es, die bisherige Nutzung von Lernplatt‐formen im Allgemeinen und die von Edunex im Besonderen empirisch valide zu rekonstruieren und kritische Erfolgsfaktoren für eine nachhaltige Integration in den Schulalltag zu identifizieren sowie Nutzungsszenarien zu finden, die einen pädagogisch sinnvollen und im Aufwand vertretbaren Einsatz von E‐Learning im und außerhalb des Unterrichts beschreiben.
Die Evaluation bestätigt den Trend, dass immer mehr Lehrkräfte die digitalen Medien im Rahmen ihrer Unterrichtsvorbereitung und ‐durchführung nutzen (Breiter et al. 2010: 155f). Fast 80 Prozent der befragten Lehrkräfte setzen den Computer mindestens gelegentlich in ihrem Unterricht ein, davon 44 Prozent sogar häufig. Ähnlich intensiv fällt die Nutzung des Internets aus. Aus Sicht der befragten Schülerinnen und Schüler an den beiden Fallstudienschulen dominiert die Internetrecherche den unterrichtlichen Medieneinsatz. Beide Schülergruppen zeigen außerdem regelmäßig Referate mit Computer und Beamer. Der Computer wird außerdem häufig zum Schreiben von Texten eingesetzt. Bild‐ oder Videobe‐arbeitung sowie das Erstellen von Internetseiten oder Blogbeiträgen kommt im Rahmen des Unterrichts dagegen kaum vor. Insgesamt arbeiten rund 85 Prozent der befragten Schülerinnen und Schüler gerne mit den digitalen Medien und ähnlich viele würden die Intensivierung des Medieneinsatzes begrüßen. Aller‐dings finden sich bei den etwas älteren Schülerinnen und Schüler aus A‐Stadt (durchschnittlich 16 Jahre alt) noch 36 Prozent, die lieber auf Papier als am Com‐puter schreiben. Bei den etwas jüngeren Schülerinnen und Schülern aus B‐Stadt (durchschnittlich 13 Jahre alt) sind es dagegen nur noch 19 Prozent, die das Schreiben auf Papier dem Schreiben am Computer vorziehen. Tendenziell weisen die jüngeren Schülerinnen und Schüler eine deutlich höhere Affinität zu den di‐gitalen Medien auf als die älteren.
Die befragten Lehrkräfte setzen Lernplattformen vorrangig dazu ein, den Ler‐nenden Materialien zur Verfügung zu stellen. 63 Prozent tun dies mindestens gelegentlich. Knapp die Hälfte nutzt Lernplattformen auch zur Kommunikation mit den Schülerinnen und Schülern und etwas weniger (43%) setzt sie auch für Recherchezwecke ein. Genauso groß ist der Anteil derjenigen, die angeben, dass die Lernenden Lernplattformen außerhalb des Unterrichts mindestens gelegent‐lich zum selbstständigen Lernen einsetzen. Die Befragung der Schülerinnen und Schüler an den Fallstudienschulen bestätigt die Beobachtung, dass Lernplattfor‐men von den Lehrkräften vor allem zur Verteilung von Materialien verwendet werden. Selber laden sie dagegen deutlich seltener etwas hoch. Rund ein Viertel der Lernenden nutzt Lernplattformen auch, um mit von ihren Mitschülerinnen und ‐schülern bereitgestellten Dokumenten zu lernen oder um mit ihnen ge‐meinsam Aufgaben zu bearbeiten. Die Befragung deutet auch darauf hin, dass sich die Arbeit mit Lernplattformen momentan noch auf einzelne Fächer konzen‐triert. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass Lernplattformen noch nicht schulweit verbreitet sind. Meist sind es – vor allem in der Anfangsphase – zu‐nächst engagierte Einzelpersonen oder kleine Gruppen, die den Einsatz von Lernplattformen an ihrer Schule initiieren und vorantreiben.
10 Fazit und Handlungsempfehlungen 94
Ansatzweise wird deutlich, wie durch E‐Learning‐Angebote, spezifisch auf die Schülerinnen und Schüler zugeschnittene Lernprozesse besser gefördert werden, indem z.B. der Einsatz einer Lernplattform einen differenzierteren Unterricht erleichtert. Allerdings ist die Verfügbarkeit qualitativ hochwertiger digitaler Ma‐terialien deutlich verbesserbar. Unter anderem aufgrund dieses Mankos scheint es vielen Lehrkräften noch sehr schwer zu fallen, Lernprozesse mit einfachen Mitteln und ohne wesentlichen Zusatzaufwand zu begleiten. Dieses Manko fällt doppelt ins Gewicht, da auch versucht wurde, Schulen zur Teilnahme an dem Pilotprojekt mit dem Versprechen zu gewinnen, dass den Lehrkräften über Edunex hochwertiger Content renommierter Schulbuchverlagen unentgeltlich zur Verfügung gestellt würde. Aus der Sicht der Lehrkräfte wurden von den be‐teiligten Verlagen allerdings nur relativ wenige und teilweise veraltete bzw. kei‐ne aktuellen Inhalte bereitgestellt. Materialien sind umso attraktiver, je höher ihr Passungsverhältnis mit den eingesetzten Lehrbüchern ist.
Allerdings haben einige der Pilotschulen offensichtlich auch schon vor Projekt‐beginn mit Lernplattformen gearbeitet, sodass die Bereitschaft auf ein neues Sys‐tem zu wechseln in vielen Fällen eher gering war. Im Juni 2010 gaben nur 37 Pro‐zent der befragten Lehrkräfte an, dass an ihrer Schule Edunex genutzt wird. Lo‐net2 und Moodle wurden von 32 bzw. 23 Prozent genutzt. Die befragten Lehr‐kräfte und IT‐Beauftragten sind mit Edunex auch deutlich unzufriedener als mit anderen Lernplattformen. Dazu mag beigetragen haben, dass insbesondere die Einführung von Edunex offensichtlich von technischen Systemmängeln begleitet wurde. Neben der anfänglichen Instabilität der Lernplattform und Defiziten in der technischen und infrastrukturellen Ausstattung einiger Schulen, stellte insbe‐sondere die Benutzerverwaltung eine Hürde dar. Teile der Beeinträchtigungen gingen offenbar auch auf Mängel der LUSD zurück. Aber gerade wenn an Schu‐len ein bereits etablierte LMS von einem neuen System ersetzt werden soll, muss dieses zum einen technisch absolut einwandfrei funktionieren und zum anderen deutliche Vorteile gegenüber dem etablierten System bieten, die außerdem nach kürzester Zeit für alle Beteiligten erkennbar werden. Die beschriebenen Probleme haben eventuell dazu beigetragen, dass die Lehrkräfte Edunex nur mit einer No‐te von 3,8 und die IT‐Beauftragten mit 3,6 bewerten. Andere Lernplattformen werden dagegen von den IT‐Beauftragten durchschnittlich mit 2,4 bewertet. Un‐abhängig vom eingesetzten System wird immer wieder die Inkompatibilität und fehlende Interoperabilität der verschiedenen in der Schule eingesetzten Informa‐tions‐ und Kommunikations‐ und Lernmanagementsysteme kritisiert.
Die Nutzung von LANIS als ‚Lernplattformersatz’ deutet außerdem darauf hin, dass die Lehrkräfte u.U. sogar eher bereit sind, mit einem technischen System mit verringertem Funktionsumfang zu arbeiten, wenn es sehr zuverlässig und nut‐zerfreundlich ist. Solche Kompromisse sind aber auch ein Zugeständnis an die medientechnische Basisausstattung der Pilotschulen. So verfügen offensichtlich nicht alle Schulen über eine Internetanbindung, mit der Edunex jederzeit rei‐bungslos genutzt werden kann. Wenn zukünftig von Seiten des Kultusministeri‐ums weitere Aktivitäten zur Förderung von E‐Learning und der Arbeit mit Lernplattformen ergriffen werden sollen, ist es unverzichtbar, sich mit den Schul‐trägern abzustimmen, um die für solche Praxen erforderliche technische Infra‐
10 Fazit und Handlungsempfehlungen 95
struktur sukzessive in der Breite aufzubauen. Die Eltern sind aber kaum bereit, sich an der Finanzierung von (auch) in der Schule zu nutzenden Laptops zu be‐teiligen. Rund 40 Prozent der befragten Eltern lehnen dies ganz ab und ein weite‐res Drittel ist eher dagegen.
Gerade für E‐Learning ist es außerdem wichtig, dass die Schülerinnen und Schü‐ler auch Zuhause Zugang zu einem Computer und zum Internet haben. Das kann nicht stillschweigend vorausgesetzt werden. In manchen ländlichen Regio‐nen fehlt es z.B. immer noch an flächendeckend verfügbaren breitbandigem In‐ternetzugang. Auch die Befragung der Eltern an den Fallstudienschulen zeigt, dass nicht in jedem Haushalt (ca. 6 bis 7%) ein Computer steht, an dem auch ihre Kinder das Internet benutzen können.
Das Handeln der Schulleitung ist von zentraler Relevanz für jegliche Form schu‐lischer Innovationsprozesse. Für jene war für die Teilnahme am Pilotprojekt hes‐sen.eEducation das generelle Interesse an der Arbeit mit Lernplattformen im Un‐terricht sowie das Interesse an einem verbesserten Zugang zu (digitalen) Lern‐ und Lehrmaterialien ausschlaggebend. Des Weiteren erhofften sie sich eine Ver‐besserung der eigenen technischen Ausstattung. Nur rund ein Viertel nahmen an dem Projekt teil, weil sie sich speziell für Edunex interessierten. Das könnte auch ein Grund dafür sein, dass es nicht gelang, die Pilotschulen wie geplant regional zu vernetzen und zur Zusammenarbeit zu motivieren. Damit ist das Modell der Edunex‐Koordinatoren, die jeweils ca. zehn lokal mehr oder weniger eng ver‐bundene Schulen bei der Integration der Lernplattformen unterstützten sollten, gescheitert.
Im Kontext der Integration von Lernplattformen in den Schulalltag stehen der Schulleitung verschiedene Mittel zur Verfügung, diesen Prozess zu unterstützen und zu steuern. Über die Unterrichtsverteilung kann sie gezielt Innovatorinnen und Innovatoren zusammenführen, um deren Praxis zu verstärken und ihr so eine höhere Sichtbarkeit im Kollegium zu verschaffen. Die Schulleitung kann außerdem Frei‐ und Handlungsspielräume öffnen, um innovativen Praxen mög‐lichst gute Entwicklungsvoraussetzungen einzuräumen. Auch der Einsatz von Steuerungsgruppen kann helfen, solche Prozesse zu unterstützen. Die Schullei‐tung kann den Einsatz von Lernplattformen teilweise auch erzwingen, wie z.B. im Zuge der alternativlosen Buchung von Ressourcen über ein solches System oder der Entscheidung für ein LMS als primäres Medium, Informationen im Kol‐legium zu verteilen. Bestimmte Formen der Unterrichtgestaltung (z.B. stärkere Sequenzierung in den Fächern) können ebenfalls dazu beitragen, bestimmte Handlungspraxen (hier die engere Zusammenarbeit zwischen den Lehrkräften) zu verstärken. Darüber hinaus kann die Schulleitung mittels einer aktiven Perso‐nalpolitik gezielt Einfluss darauf nehmen, solche Lehrkräfte an die Schule zu holen, die ein überdurchschnittliches Interesse an der Medienintegration haben.
Zur Personalpolitik gehören auch Fortbildungen, die eine wichtige Säule bilden, um das für den Einsatz der digitalen Medien erforderliche Wissen zu erwerben das zum einen auf Kompetenzen und Fähigkeiten basiert, die man für die Arbeit mit Medien benötigt. Diese werden primär im Austausch mit Kolleginnen und Kollegen sowie auf der Basis interner Fortbildungsveranstaltungen erworben.
10 Fazit und Handlungsempfehlungen 96
Beide Modi sind eng miteinander verbunden. Über die Hälfte der befragten Schulleitungen (61%) gibt an, regelmäßig u.a. Fortbildungen zur Nutzung von Lernplattformen zu veranlassen. Korrespondierend haben 52 Prozent der befrag‐ten Lehrkräfte angeben, in den letzten zwölf Monaten mindestens eine Fortbil‐dung zur Arbeit mit Lernplattformen besucht zu haben. Auch an den beiden Fallstudienschulen sind interne Fortbildungen das Mittel der Wahl, da sie (zu‐mindest für die Schule) günstiger sind, der Inhalt absehbarer, und die Fortbil‐denden auch im Anschluss an die Veranstaltung für die Teilnehmenden an‐sprechbar sind.
Zum anderen prägen mehr oder weniger unbewusste Orientierungen und Ein‐stellungen das Medienhandeln der Lehrkräfte. Letztere sind häufig widersprüch‐lich und weisen auf die dem Handeln mit den digitalen Medien in der Schule innewohnende hohe Ambivalenz hin, d.h. das Medienhandeln birgt in gleicher Weise positive und negative Aspekte, die mit und gegeneinander wirken. So sol‐len an den Schulen digitale Medien z.B. auch eingesetzt werden, um die steigen‐de Zahl an Informationen, die den Schulbetrieb begleitet und zu einer anhalten‐den Verdichtung des schulischen Alltags führt, leichter zu bewältigen. Gleichzei‐tig ließe sich ein großer Teil dieser Informationen ohne digitale Medien gar nicht erzeugen und/oder an die Schulen kommunizieren. Ambivalent ist auch die Kon‐trolle des Schülerhandelns. Selbstlernprozesse unter Einsatz eines LMS, die ten‐denziell nicht mehr an die gemeinsame Handlungspraxis im Klassenraum ge‐bunden sind, verringern sukzessive die direkten Kontrollmöglichkeiten der Lehrkräfte. Gleichzeitig eröffnen die Lernplattformen aber auch neue Möglich‐keiten zur Kontrolle des Schülerhandelns.
Die Lehrkräfte assoziieren den Einsatz von Lernplattformen in der Schule immer wieder mit der Frage nach mit der Nutzung korrespondierenden positiven Ra‐tionalisierungseffekten. Diese entstehen, wenn sich durch den Einsatz der digita‐len Medien bestimmte Handlungspraxen mit weniger Zeit‐ und Arbeitsaufwand umsetzen lassen. Gerade technische Probleme kehren diesen Effekt regelmäßig ins Gegenteil um. Die digitalen Medien in Schülerhand führen ebenfalls immer wieder zur Überstrapazierung des Rationalisierungspotenzials der digitalen Me‐dien. Bestes Beispiel dafür ist die Nutzung des Internets als Informationsquelle unter der Prämisse von ‚Copy und Paste’. In solchen Momenten wird nicht selten das traditionelle Arbeiten mit Büchern als positiver Gegenhorizont bemüht. Gleichzeitig verweisen solche Orientierungen auf die ungebrochen hohe Rele‐vanz der materiellen Anteile der Handlungspraxis sowohl auf Lehrer‐ als auch auf Schülerseite, die das Medienhandeln erheblich mitbestimmen. Neben der Arbeit mit Büchern steht hier vor allem das Schreiben auf Papier als dominieren‐de Praxis. Es ist schwer zu sagen, wie sich das Zusammenspiel von analogen und digitalen Handlungspraxen weiterentwickeln wird. Die Arbeit mit Lernplattfor‐men wird aber wohl auf absehbare Zeit u.a. immer wieder zu Medienbrüchen führen, die das Arbeiten mit den digitalen Medien erschweren. Das ist z.B. der Fall, wenn die Lernenden einen Teil ihrer Unterlagen digital auf dem Computer und einen Teil in Papierform in Mappen ablegen und auf Schwierigkeiten stoßen, wenn sie beide Informationsbestände z.B. zum Lernen zusammenführen müssen.
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Das Projekt hessen.eEducation zielte u.a. darauf ab, neue Wege unter Einsatz digitaler Medien zu finden, um das eigenständige und individuelle Lernen bes‐ser zu fördern. Auch an den beiden Fallstudienschulen spielen die Einführung von Bildungsstandards und die damit einhergehende Forderung nach einer stär‐keren Binnendifferenzierung und Individualisierung des Unterrichts eine wichti‐ge Rolle und nehmen insbesondere in den Ausführungen der beiden Schulleiter relativ großen Raum ein. Diese Aufgabe bindet viele personelle Ressourcen, die anderweitig nicht mehr zur Verfügung stehen. Der Einsatz von Lernplattformen wird dabei als Möglichkeit gesehen, den im Zuge der stärkeren Binnendifferen‐zierung erhöhten Material‐ und Vorbereitungsaufwand zu bewältigen. Umso wichtiger ist in diesem Kontext die Verfügbarkeit geeigneter, nach Alter, Fach und Lernniveau differenzierter digitaler Unterrichtsmaterialien. Die Lehrkräfte sind dabei immer wieder gefragt, Lernziele und für deren Realisierung geeignete Methoden bzw. Medien in ein adäquates Passungsverhältnis zu bringen.
Die Lernziele werden vor allem in den Lehrplänen festgeschrieben. Eine exemp‐larische Analyse der hessischen Lehrpläne für die Fächer Deutsch, Mathematik und Englisch in den Jahrgängen 7 und 10 der Haupt‐ und Realschule sowie Jahr‐gang 8 des Gymnasiums zeigt, dass der Einsatz digitaler Medien durchaus ge‐fordert wird. Der Einsatz von Lernplattformen oder die Entwicklung von Medi‐enpraxen, die im engeren Sinne dem E‐Learning zuzurechnen sind, findet in den untersuchten Lehrplänen kaum Berücksichtigung. Das wäre aber auch nicht sinnvoll, handelt es sich beim E‐Learning doch um eine Lernform im weitesten Sinne und nicht um eine zu erwerbende Fähigkeit oder Kompetenz. Gleichwohl fördert jede Lernform auch den Erwerb bestimmter Fähigkeiten und Kompeten‐zen.
Insgesamt fehlt noch eine Einbindung von E‐Learning und Lernplattformen in den Schulentwicklungsprozess, um eine breite Verankerung in der Schule zu erreichen. Die Initiative einzelner Promotoren reicht nicht aus, um die Potenziale schulweit zu nutzen.
Vor dem Hintergrund der Ergebnisse der Evaluation des Pilotprojektes formulie‐ren wir folgende Handlungsempfehlungen:
1. Integration von E‐Learning in die Lehrerausbildung und Lehrerfortbildung sowie die Personalentwicklungsmaßnahmen für Schulleitungen: Nur wenn die Lehrkräfte selbst mit Hilfe von E‐Learning Wissen erwerben, können sie ermessen, wel‐chen Beitrag z.B. der Einsatz von Lernplattformen für die Initiierung unter‐schiedlicher Bildungsprozesse pädagogisch‐didaktisch zu leisten vermag. Gleiches gilt für interne und externe Fortbildungsveranstaltungen sowie für die Personalentwicklungsmaßnahmen für Schulleitungen.
2. Verbesserung der infrastrukturellen Voraussetzungen für E‐Learning in den Schulen (und in den Haushalten): Um E‐Learning im Allgemeinen und den Einsatz von Lernplattformen im Besonderen in den Schulen weiter zu intensivieren, müs‐sen die technisch‐organisatorischen Voraussetzungen in den Schulen weiter verbessert werden. Neben dem Zugang für die Schülerinnen und Schüler ist auch der Infrastrukturzugang für die Lehrkräfte auszubauen. Neue techni‐sche Entwicklungen (z.B. die zunehmende Verbreitung von Tablets) sind zu
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beobachten und ggf. hinsichtlich ihrer Eignung für den schulischen Einsatz zu erproben. Da die Intensivierung von E‐Learning auch davon abhängt, in‐wieweit es möglich ist, außerhalb der Schule von diesen Möglichkeiten Ge‐brauch zu machen, bedarf es zusätzlicher Anstrengungen, um sicherzustel‐len, dass alle Schülerinnen und Schüler gleiche Zugangsmöglichkeiten erhal‐ten. Neben dem Kultusministerium und den Schulträgern sind weitere rele‐vante Akteure (z.B. Unternehmen) zu beteiligen.
3. Integration von E‐Learning in die Beratungs‐ und Unterstützungssysteme für Schu‐len und Verbesserung des technischen Supports: Die Möglichkeiten der Edunex‐Koordinatoren haben offensichtlich nicht ausgereicht, um die Integration von Edunex in den Projektschulen nachhaltig zu verankern. Unabhängig von der möglichen Einführung einer zentralen Lernplattformlösung sollten die Schu‐len bedarfsweise bei der Einführung und Arbeit mit solchen Systemen bera‐ten werden. Vorgehalten werden sollten dafür Kompetenzen bezüglich der technisch‐organisatorischen Einbettung von Lernplattformen, dem metho‐disch‐didaktischem Einsatz sowie zu Urheberrechts‐, Persönlichkeitsrechts‐ und Datenschutzfragen. Außerdem ist eine nachhaltige Verbesserung des technischen Supports erforderlich, um Lehrkräfte für ihre pädagogischen Aufgaben zu entlasten. Hierfür kann eine zentral bereitgestellte Systemlö‐sung ein effektiver Ansatz sein.
4. Entwicklung, Einkauf und Bereitstellung von digitalen Lehr‐ und Lernmaterialien: Die (Weiter‐)entwicklung digitaler Materialien, die zum einen die technisch sinnvollen Möglichkeiten dieser Medien ausschöpfen und zum anderen ein enges Passungsverhältnis zu den Lehrplänen aufweisen, muss unterstützt werden. Das gilt zum einen für professionell produzierte Angebote u.a. auf der Basis landesweiter Rahmenverträge mit Schulbuchverlagen und anderen Inhaltsanbietern. Zum anderen sollten Lehrkräfte, die selbst qualitativ hoch‐wertige Materialien erstellen, bei ihrer Arbeit unterstützt werden und solche Produkte allen Lehrkräften in Hessen zugänglich gemacht werden. Um Sy‐nergieeffekte nutzen zu können, sollte bezüglich der Bereitstellung von digi‐talem Content der enge Schulterschluss mit anderen Bundesländern gesucht werden. Außerdem sind offene Fragen des Urheberrechts so schnell wie möglich zu klären.
5. Verbindung des Lernplattformeinsatzes mit schulorganisatorischen und unterricht‐lich‐inhaltlichen Aspekten: Neben dem Einsatz von Lernplattformen für Lern‐ und Lehrzwecke sollten systematisch Möglichkeiten geschaffen werden, um diese auch für schulorganisatorische Belange einzusetzen (z.B. Terminpla‐nung, Dokumentenmanagement etc.). Die effektive Verknüpfung mit beste‐henden Datenbanken wie der Lehrer‐ und Schülerdatenbank (LUSD) oder Schulinformationssystemen (wie bspw. Edunite) ist dafür unerlässlich. Dann ließen sich auch ggf. die in der Schule genutzten Systeme u.a. von beliebigen Orten aus mit den gleichen Login‐Daten nutzen (Single‐Sign‐On). Für die Entwicklung solcher Prozesse in der Schule gilt es auch, die Schulleitungen als zentrale Promotoren systematischer und intensiver als bisher zu unter‐stützen.
6. Stärkere Berücksichtigung von E‐Learning und Lernplattformnutzung in der Quali‐tätssicherung und ‐entwicklung: Die Schulinspektion als zentrale Säule der
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Qualitätssicherung und ‐entwicklung sollte explizit um die Themen E‐Learning und Einsatz von Lernplattformen erweitert werden. E‐Learning lie‐ße sich auch besser an den Schulen verankern, wenn deutlicher würde, wie sich unter Einsatz dieser Lernform bestimmte Kompetenzen, die in den Lehr‐plänen festgeschrieben sind, leichter oder besser als auf anderem Wege er‐werben lassen. Gegenstand der Schulinspektionen sollte daher auch der pä‐dagogisch‐didaktisch sinnvolle Umgang mit digitalen Medien im Unterricht sein und hierbei werden Lernplattformen in Zukunft eine größere Rolle spie‐len.
Die Erfahrungen aus dem evaluierten Projekt unterstreichen dabei auch, dass für den Erfolg jedes ähnlichen Vorhabens ein gutes Projektmanagement, ein adäqua‐ter Informationsfluss, Transparenz der Entscheidungen und ausreichende Unter‐stützung vor Ort unverzichtbar sind. Die formative Evaluation (intern oder ex‐tern) solcher Vorhaben sollte daher schon in der Planungsphase beginnen.
Wir gehen davon aus, dass aufgrund neuer pädagogisch‐didaktischer Konzepte zur Förderung individueller Lernprozesse, technologischer Innovationen (wie Virtualisierung und Cloud Computing) und organisatorischer Notwendigkeiten (Verdichtung der Aufgaben des Schulmanagements, sowie Finanzierung und Folgekosten für Support) die Nutzung von zentral bereitgestellten Lernplattfor‐men in den nächsten Jahren in den Schulen zunehmen wird. Das Land Hessen hat mit dem Pilotprojekt einen ersten Schritt getan – dies muss nun in enger Ko‐operation mit den Schulen und den kommunalen Schulträgern in einen länger‐fristigen Schulentwicklungsprozess eingebettet werden.
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Anhang 1: Fragebögen 102
Anhang 1: Fragebögen
A.1 Lehrkräfte
Anhang 1: Fragebögen 103
Anhang 1: Fragebögen 104
Anhang 1: Fragebögen 105
Anhang 1: Fragebögen 106
Anhang 1: Fragebögen 107
Anhang 1: Fragebögen 108
Anhang 1: Fragebögen 109
Anhang 1: Fragebögen 110
Anhang 1: Fragebögen 111
Anhang 1: Fragebögen 112
Anhang 1: Fragebögen 113
Anhang 1: Fragebögen 114
A.2 Schulleitungen
Anhang 1: Fragebögen 115
Anhang 1: Fragebögen 116
Anhang 1: Fragebögen 117
Anhang 1: Fragebögen 118
Anhang 1: Fragebögen 119
Anhang 1: Fragebögen 120
A.3 Eltern
Anhang 1: Fragebögen 121
Anhang 1: Fragebögen 122
A.4 Schülerinnen und Schüler
Anhang 1: Fragebögen 123
Anhang 1: Fragebögen 124
Anhang 1: Fragebögen 125
Anhang 2: Leitfäden 126
Anhang 2: Leitfäden Leitfaden für Interviews mit IT‐Beauftragtem
1. E‐Learning im Unterricht
• Einsatz von LMS im Unterricht (welches, Häufigkeit)
• Beurteilung der Funktionalitäten des eingesetzten LMS
• Techn. Voraussetzungen für E‐Learning in der Schule (Zugang) (inkl. Bewer‐tung der Qualität)
• Stellenwert des Einsatzes mobiler Endgeräte (Notebooks, Netbooks, Handys) / Einsatz eigener Geräte durch die Schüler
• Einsatz der digitalen Medien, um über die Schule hinaus zu lernen (z.B. mit anderen Schulen)
• Einsatz von digitalen Medien zur schulinternen Kooperation
• Kenntnisstand der Lehrkräfte im Umgang mit digitalen Medien (allgemein und E‐Learning im speziellen).
• Nutzung der Schulinfrastruktur (LMS, Server,…) durch die Schüler, um au‐ßerhalb der Schule mit digitalen Medien zu lernen
• Akzeptanz von E‐Learning im Kollegium / Umgang mit den Kollegen
• Akzeptanz von E‐Learning bei den Schülern / Umgang mit den Schülern
• Mehrwert von E‐Learning für den Unterricht
• Schwierigkeiten beim E‐Learning im Unterricht
• Verfügbarkeit digitaler Materialien für den Unterricht (fremd‐ & selbstpro‐duziert)
• Unterstützung bei der (Weiter‐)Entwicklung von E‐Learning in der Schule (intern/extern)
• Beteiligung der Eltern am E‐Learning
2. E‐Learning und Schulorganisation
• Beschreibung der eigenen Rolle für die Integration von E‐Learning in den Schulalltag
• Entscheidungsprozess für bestimmte LMS / Einführung in den Unterrichtsbe‐trieb
• Einbindung von LMS in die techn. Infrastruktur der Schule
• Leistung und Qualität der externen techn. Unterstützung (Akteure, Reakti‐onszeiten)
• Leistung und Qualität der medienpädagogischen Unterstützung (Akteure, Reaktionszeiten)
• Relevanz von E‐Learning für FoBi (z.B. Online‐ od. Blended‐learning FoBis)
Anhang 2: Leitfäden 127
• Gestaltung und Organisation von (internen und externen) Fortbildungen zum Thema E‐Learning
• Programmatische Verankerung von E‐Learning / LMS‐Nutzung in Schulpro‐gramm, Medienkonzept etc.
• Relevanz von E‐Learning für schulorganisatorische Zwecke (z.B. Info‐Weitergabe)
• Kooperation der Lehrkräfte unter Einsatz digitaler Materialien
• Verbindung der Arbeit mit dem LMS mit anderen Anwendungen (z.B. LUSD)
• Organisation und Qualität der Benutzerverwaltung
• Aufgaben im Rahmen der technischen Administration von E‐Learning‐Plattformen an ihrer Schule (Umfang und Aufwand, Was wird extern über‐nommen?)
• Kooperation der Schule mit externen Akteuren in Bezug auf E‐Learning
• Zusammenarbeit mit dem Schulträger im Bereich E‐Learning
Leitfaden für die Gruppendiskussion mit Lehrkräften
1. E‐Learning im Unterricht
• Einsatz von LMS im Unterricht (welches, Häufigkeit)
• Beschreibung der Funktionalitäten des eingesetzten LMS
• Sonst. Nutzung digitaler Medien im Unterricht
• Techn. Voraussetzungen für E‐Learning in der Schule (Zugang) (inkl. Bewer‐tung der Qualität)
• Einsatz digitaler Medien, um über die Schule hinaus zu lernen (z.B. mit ande‐ren Schulen)
• Nutzung der Schulinfrastruktur (LMS, Server,…) durch die Schüler, um au‐ßerhalb der Schule mit digitalen Medien zu lernen
• Stellenwert des Einsatzes mobiler Endgeräte (Notebooks, Netbooks, Handys) / Einsatz eigener Geräte durch die Schüler
• Akzeptanz von E‐Learning im Kollegium / Umgang mit den Kollegen
• Akzeptanz von E‐Learning bei den Schülern / Umgang mit den Schülern
• Mehrwert von E‐Learning für den Unterricht
• Schwierigkeiten beim E‐Learning im Unterricht
• Wissenserwerbspraxis und Fortbildung
• Verfügbarkeit digitaler Materialien für den Unterricht (fremd‐ & selbstpro‐duziert)
Anhang 2: Leitfäden 128
• Unterstützung bei der (Weiter‐)Entwicklung von E‐Learning in der Schule (intern/extern)
• Einschätzung der eigenen Medienkompetenz
• Beteiligung der Eltern am E‐Learning
2. E‐Learning und Schulorganisation
• Relevanz von E‐Learning für schulorganisatorische Zwecke (z.B. Info‐Weitergabe)
• Umfang und Qualität der techn. Unterstützung intern/extern (Akteure, Reak‐tionszeiten)
• Umfang Qualität der medienpädagogische Unterstützung intern/extern (Ak‐teure, Reaktionszeiten)
• Programmatische Verankerung von E‐Learning / LMS‐Nutzung in Schulpro‐gramm, Medienkonzept etc.
• Entscheidungsprozess für bestimmte LMS / Einführung in den Unterrichtsbe‐trieb
• Kooperation der Schule mit anderen Akteuren
• Kooperation unter Einsatz digitaler Materialien
• Gestaltung und Organisation von (internen und externen) Fortbildungen zum Thema E‐Learning
• Relevanz von E‐Learning für FoBi (z.B. Online‐ od. Blended‐learning FoBis)
• Verbindung, die Arbeit mit LMS mit anderen Anwendungen zu verbinden (z.B. LUSD)
• Leitfaden für die Durchführung von Interviews mit Schulleitungsmitgliedern
1. E‐Learning im Unterricht
• Einsatz von LMS im Unterricht (welches)
• Beurteilung der Funktionalitäten des eingesetzten LMS
• Techn. Voraussetzungen für E‐Learning in der Schule (Zugang) (inkl. Bewer‐tung der Qualität)
• Stellenwert des Einsatzes mobiler Endgeräte (Notebooks, Netbooks, Handys) / Einsatz eigener Geräte durch die Schüler
• Einsatz der digitalen Medien, um über die Schule hinaus zu lernen (z.B. mit anderen Schulen)
• Nutzung der Schulinfrastruktur (LMS, Server,…) durch die Schüler, um au‐ßerhalb der Schule mit digitalen Medien zu lernen
• Beteiligung der Eltern am E‐Learning
Anhang 2: Leitfäden 129
• Akzeptanz von E‐Learning im Kollegium
• Akzeptanz von E‐Learning bei den Schülern
• Mehrwert von E‐Learning für den Unterricht
• Schwierigkeiten beim E‐Learning im Unterricht
• Verfügbarkeit digitaler Materialien für den Unterricht (fremd‐ & selbstpro‐duziert)
• Unterstützung bei der (Weiter‐)Entwicklung von E‐Learning in der Schule (intern/extern)
• Kenntnisstand der Lehrkräfte im Umgang mit digitalen Medien (allgemein und E‐Learning im speziellen).
2. E‐Learning und Schulorganisation
• Rolle der Schulleitung für die Integration von E‐Learning in den Schulalltag
• Entscheidungsprozess für bestimmte LMS / Einführung in den Unterrichtsbe‐trieb
• Relevanz von E‐Learning für schulorganisatorische Zwecke (z.B. Info‐Weitergabe)
• Programmatische Verankerung von E‐Learning / LMS‐Nutzung in Schulpro‐gramm, Medienkonzept etc. (alt./ergänzend digitale Medien allg.)
• Evaluation von E‐Learning
• Beteiligung der Steuergruppe an Aktivitäten rund um E‐Learning
• Umfang und Qualität der techn. Unterstützung (Akteure, Reaktionszeiten)
• Umfang und Qualität der medienpädagogische Unterstützung (Akteure, Reaktionszeiten)
• Kooperation der Schule mit anderen Akteuren
• Zusammenarbeit mit dem Schulträger in puncto E‐Learning/Medienintegration
• Kooperation der Lehrkräfte unter Einsatz digitaler Materialien
• Gestaltung und Organisation von (internen und externen) Fortbildungen zum Thema E‐Learning
• Einbindung von LMS in die techn. Infrastruktur der Schule
• Relevanz von E‐Learning für FoBi (z.B. Online‐ od. Blended‐learning FoBis)
• Einsatz eigener Budgets für E‐Learning
Verbindung des LMS‐Einsatzes mit anderen datengestützten Anwendungen (z.B. LUSD)
Anhang 3: Transkriptionshinweise 130
Anhang 3: Transkriptionshinweise Die Transkription der geführten Gruppendiskussionen erfolgte nach folgenden Regeln:
└ Beginn einer Überlappung, d. h. gleichzeitiges Sprechen von zwei
DiskussionsteilnehmerInnen. Ebenso wird hierdurch ein direkter Anschluss beim Sprecherwechsel markiert.
(3) Pause. Dauer in Sekunden
(.) Kurzes Absetzen, kurze Pause
Ja::: Dehnung. Je mehr Vokale aneinandergereiht sind, desto länger die Dehnung
nein Betonung
nein gehobene Lautstärke
(kein) Unsicherheit bei Transkription, z.B. aufgrund schwer verständli‐cher Äußerung
(....) Äußerung ist unverständlich, die Länge der Klammer entspricht ungefähr der Länge der Äußerung
[...] Auslassungen im Transkript
@(.)@ kurzes Auflachen
@(Text)@ Text wird lachend gesprochen
@(3)@ drei Sekunden Lachen
„gestern“ leise gesprochen
Anhang 4: Hinweise zu den Gruppendiskussionen und Interviews 131
Anhang 4: Hinweise zu den Gruppendiskussionen und Interviews Am Gymnasium in A‐Stadt wurde eine Gruppendiskussion mit der Gruppe Birke geführt. Der Schulleiter, Herr Ahlbrand (Am) ist seit 33 Jahren im Schuldienst tä‐tig, davon 30 Jahre an dem Gymnasium. Er fungiert seit 14 Jahren als Schulleiter und war die ganze Zeit am Gymnasium in A‐Stadt tätig. Er unterrichtet nicht. Er ist 60 Jahre alt und schätzt seine Kenntnisse im Umgang mit den digitalen Medi‐en im Rahmen der Unterrichtsvorbereitung, ‐durchführung und ‐nachbereitung als ausreichend ein. Herr Schmidt (Sm) ist ca. Ende 40/Anfang 50 und unterrichtet u.a. Englisch und Deutsch in der Oberstufe. Sein Kollege Herr Dübeler ist schät‐zungsweise etwas jünger und unterrichtet u.a. das Fach Chemie.
An der Gesamtschule in B‐Stadt wurde ein Interview mit dem Schulleiter Herrn Lachmann geführt. Herr Lachmann ist 65 Jahre alt und seit 42 Jahren im Schul‐dienst tätig. Er ist seit 28 Jahren an der Gesamtschule in B‐Stadt tätig und dort als Schulleiter eingestiegen. Er unterrichtet neben seiner Tätigkeit als Schulleiter nicht. Seine Kenntnisse im Umgang mit den digitalen Medien im Rahmen der Unterrichtsvorbereitung, ‐durchführung und ‐nachbereitung schätzt er als um‐fangreich ein.
Ein weiteres Interview wurde mit Herrn Ulmenbach geführt. Herr Ulmenbach ist 59 Jahre alt, und seit 32 Jahren im Schuldienst. Er ist bereits seit 30 Jahren an der Gesamtschule in B‐Stadt tätig, wo er wöchentlich 19 Schulstunden unterrichtet. Neben seiner Lehrtätigkeit in den Fächern Deutsch und EDV ist er der Leiter des Realschulzweiges, hat die Fachbereichsleitung für das Fach EDV – Neue Medien inne, ist für die Betreuung von Computern und Technik zuständig und Klassen‐lehrer einer neunten Klasse. Herr Ulmenbach schätzt seine Kenntnisse im Umgang mit den digitalen Medien im Rahmen der Unterrichtsvorbereitung, ‐durchführung und ‐nachbereitung als umfangreich ein.
Außerdem wurde in der Gesamtschule in B‐Stadt eine Gruppendiskussion mit der Gruppe Kastanie geführt. An dieser nahmen Herr Anberger, Herr Bauer und Herr Cordes teil. Herr Anberger (Am) ist 41 Jahre alt und seit 14 Jahren im Schul‐dienst, davon 11 Jahre an der Gesamtschule in B‐Stadt. Er unterrichtet pro Woche 27 Schulstunden. Seine Fächer sind Biologie, Erdkunde und EDV. Er hat die Fachbereichsleitung für das Fach Biologie inne, ist Klassenlehrer in einer fünften Klasse und für die Betreuung von Computern und Technik zuständig. Seine Kenntnisse im Umgang mit den digitalen Medien im Rahmen der Unterrichts‐vorbereitung, ‐durchführung und –nachbereitung schätzt er als sehr umfangreich ein. Sein Kollege Herr Bauer (Bm) ist seit zehn Jahren im Schuldienst und seit sie‐ben Jahren in der Gesamtschule in B‐Stadt tätig. Er ist 37 Jahre alt und unterrich‐tet pro Woche 27 Schulstunden in Chemie und Sport. Er hat die Fachbereichslei‐tung für das Fach Chemie inne, ist Klassenlehrer in einer 9. Klasse und ebenfalls für die Betreuung von Computern und Technik zuständig. Herr Bauer schätzt seine Kenntnisse im Umgang mit den digitalen Medien im Rahmen der Unter‐richtsvorbereitung, ‐durchführung und ‐nachbereitung als umfangreich ein. Der
Anhang 4: Hinweise zu den Gruppendiskussionen und Interviews 132
dritte Teilnehmer der Diskussion, Herr Cordes (Cm), ist 35 Jahre alt und seit acht Jahre im Schuldienst, davon fünf Jahre an der Gesamtschule in B‐Stadt. Er unter‐richtet pro Woche 27 Schulstunden. Seine Fächer sind Englisch (Hauptfach), Erd‐kunde und Politikwissenschaft (Nebenfächer). Er hat die Fachbereichsleitung für das Fach Erdkunde inne, ist Klassenlehrer in einer achten Klasse und für die Be‐treuung von Computern und Technik, insbesondere Starboards, zuständig. Au‐ßerdem ist er Mitglied des Steuerungsausschusses. Seine Kenntnisse im Umgang mit den digitalen Medien im Rahmen der Unterrichtsvorbereitung, ‐durchführung und ‐nachbereitung schätzt Herr Cordes als umfangreich ein.
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