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Fehlermanagement im
medizinischen Alltag
armin wunder, Institut für Allgemeinmedizin
Frankfurt am Main, 20. Juni 2018
Kasuistik
▪ Patient, 28 Jahre alt, Einzelhandelskaufmann Erstkontakt
▪ Schwindelzustände, Oberbauchbeschwerden
Welche Fragen haben Sie an den Patienten?
Kasuistik
Untersuchung:
▪ DS im Oberbauch
▪ Leichte Blässe
▪ RR bds. 150/90 mmHg
Diagnostik?
Kasuistik
Diagnostik:
▪ Sono Abdomen o. p. B.
▪ Labor
▪ LZ-RR Messung
Kasuistik
Ergebnisse
▪ LZ-RR Durchschnitt 146/88 mmHg
Labor
▪ Hb: 9,8 g/dl
Ursache?
Kasuistik
Medikation:
Aspirin® protect 100 mg 1 – 0 – 0
Kasuistik
Medikation:
Aspirin® protect 100 mg 1 – 0 – 0
Godamed® 500 mg 0 – 0 – 1
Kasuistik
Medikation:
Aspirin® protect 100 mg 1 – 0 – 0
Godamed® 500 mg 0 – 0 – 1
ASS 300 mg 0 – 1 – 0
Noch eine Kasuistik …
Eine Patientin mit Schwindelzuständen …
Noch eine Kasuistik …
Eine Patientin mit Schwindelzuständen …
▪ Glukose im Serum 651 mg/dl
Noch eine Kasuistik …
Eine Patientin mit Schwindelzuständen …
▪ Glukose im Serum 651 mg/dl
▪ Glukose im Serum 159 mg/dl
Was erwartet Sie heute?
Fehler ≠ Fehler?
▪ Unerwünschtes Ereignis
▪ Kritisches Ereignis
▪ Aktive Fehler
▪ Zwischenfall
▪ Behandlungsfehler (juristischer Begriff!)
▪ Kunstfehler
▪ Sorgfaltsmangel
▪ Verschulden
Begriffswirrwarr - Pragmatismus
Im Gesundheitswesen besteht um den Begriff „Fehler“ ein wahres
Begriffswirrwarr.
Pragmatische Definition in der Praxis:
➢ Ein Fehler ist das, was Sie als Fehler empfinden.
➢ Das ist jeder Vorfall, von dem Sie behaupten: Das war eine Bedrohung für das Wohlergehen des Patienten und sollte nicht passieren. Ich möchte nicht, dass es noch einmal passiert.
Unerwünschtes Ereignis
▪ Ein für den Patienten schädliches Ereignis, das durch die
medizinische Versorgung ausgelöst wird und nicht durch die
Erkrankung.
• Ein falscher Plan für ein richtiges Ziel.
• Ein richtiger Plan falsch ausgeführt.
Was ist Patientensicherheit?
Was ist Patientensicherheit?
▪ Die Abwesenheit unerwünschter Ereignisse in der
Gesundheitsversorgung und
▪ alle Aktivitäten zu ihrer Vermeidung
Warum beschäftigen wir uns überhaupt
damit?
▪ „Malpractice crisis“:
− steigende Kompensationszahlungen der Haftpflichtversicherer für
Behandlungsfehler in 1980er Jahren
▪ Harvard Medical Practice Study 1991
▪ To Err Is Human 1999
30.121 Patientenakten in 51 Kliniken gescreent
In 3,7 % der Patientenakten unerwünschtes Ereignis
Davon 13,6 % zum Tode führend
Für die Kliniken des Staates New York geschätzt jährlich
98.609 adverse events, davon 27.179 vermeidbar
Bericht des Institute of Medicine an die Regierung der
USA „To Err Is Human“ (1999):
Schätzung, dass zwischen 44.000 und 98.000 Amerikaner
pro Jahr an adverse events sterben!
Beispiele für fehlende Sicherheitskultur
▪ Händedesinfektion
▪ Regeln sind für die anderen da!
▪ Ein Fehler wird schnell behoben- „geflickt“
▪ Wir neigen dazu, jemanden beschuldigen zu wollen
▪ Wenn ich mich angegriffen fühle, verteidige ich mich
Fehlerentstehung in komplexen Systemen
Komplexe Systeme
Sind dadurch gekennzeichnet,
▪ dass es viele interagierende Teile gibt
▪ dass es schwer bis unmöglich vorherzusagen ist, wie das System
reagiert, wenn man nur die einzelnen Teile kennt
Wie entstehen Fehler in komplexen
Systemen?
Aktive Fehler treffen auf latente Bedingungen
▪ Latente Bedingungen oder latentes Versagen:
− Fehlerprovozierende Umstände oder schwache Sicherheits-barrieren
− Betreffen Personalressourcen, Architektur von Kliniken, Aus-
wahl von Ausrüstung etc. (Patienten-fern)
− Verursachen allein keine unerwünschten Ereignisse
▪ Aktive Fehler:
− Unsichere Handlungen oder echte Fehler
− z. B. der Verzicht auf Sicherheitschecks (Patienten-nah)
− Können unmittelbare Auswirkungen haben
James Reason. Human error: models and management. BMJ 2000;320:768–70
Das Schweizer-Käse-Modell
Schaden
Risiko
Sicherheitsbarriere
äußere Faktoren
Human factors - Einflussgrößen
▪ Sammelbegriff für
− psychische,
− kognitive und
− soziale Einflussfaktoren in sozio-technischen Systemen und Mensch-
Maschine-Systemen
▪ Medizin = sozio-technisches System,
z. B. Anästhesiearbeitsplatz = Mensch-Maschine-System
Medikamentenverwechslung
▪ Ich wollte Adrenalin …
▪ Ich sagte Atropin …
▪ Ich bekam Atosil® …
Verwechslungen – look alike drugs
KCl 7,45 %NaCl 5,85 %
Typische aktive Fehler
▪ Verwechseln!
▪ Versprechen!
▪ Verhören!
▪ Vergreifen!
→ häufig in Routinesituationen, in denen man nicht über den
nächsten Handlungsschritt aktiv nachdenkt
→ häufig in Situationen, in denen man schnell handeln muss
Lernen aus Fehlern
Lernen aus Fehlern
▪ Über unerwünschte Ereignisse sprechen
▪ in Klinik oder Praxis (interdisziplinär!)
▪ in Fallkonferenzen, Teambesprechungen, Qualitätszirkeln
▪ Fehlerberichtssysteme
▪ Unerwünschte Ereignisse analysieren
▪ Maßnahmen entwickeln, um zukünftig ähnliche Ereignisse zu
vermeiden
▪ Maßnahmen umsetzen und prüfen, ob sie wirken
Konstruktiver Umgang mit Fehlern/
hemmende Faktoren:
Konstruktiver Umgang mit Fehlern/
hemmende Faktoren:
▪ Die Illusion, gut ausgebildete Kräfte machen keine Fehler
▪ Furcht vor Kollegen
▪ Scham
▪ Angst vor Sanktionen
Konstruktiver Umgang mit Fehlern/
hemmende Faktoren:
▪ Ausgeprägte Hierarchie
▪ Angst zu versagen
▪ Das Empfinden eines Fehlers als persönliche Schwäche
▪ Der Anspruch perfekt zu sein
▪ Angst vor Haftung
Konstruktiver Umgang mit Fehlern/
fördernde Faktoren:
Konstruktiver Umgang mit Fehlern/
fördernde Faktoren:
▪ Sanktionsverzicht
▪ Achtung vor Fehlereingeständnissen
▪ Wertschätzung im Kollegenkreis
▪ Anonymität der Fehlermeldungen
Konstruktiver Umgang mit Fehlern/
fördernde Faktoren:
▪ Offenheit für Fehler
▪ Systemische Betrachtung von Fehlern
▪ Das Bewusstsein, dass dauernd Fehler gemacht werden
▪ Patientenbeschwerden werden als Hinweis gesehen und geschätzt
Fehlerberichtssysteme in der Praxis
▪ Fehlerbuch
▪ Fehlertabelle
▪ Ein fiktiver Patient in der elektronischen Patientendatenbank
CIRS- „Critical Incidents Reporting System“
Auf Deutsch: Meldesystem für kritische Ereignisse.
Charakteristika effektiver Meldesysteme:
▪ Unabhängigkeit
▪ Sanktionsfreiheit
▪ Anonymität bzw. Vertraulichkeit
▪ Grundhaltung: Dank statt Tadel
▪ Einfacher Zugang
▪ Erfassung von Beinahe-Fehlern
▪ Feedback-Funktion
Klinikinternes Fehlerberichtssystem
z. B. Universitätsspital Zürich
▪ 800 Betten, 42 Kliniken
▪ 2008: in 21 Kliniken Berichtssystem eingerichtet
▪ große Akzeptanz der Mitarbeiter/innen
▪ > 300 Berichte in < 1 Jahr
▪ Zentrales Risikomanagement wertet Berichte mit den Kliniken
zusammen aus
Internetbasiertes überregionales
Fehlerberichtssystem
▪ www.jeder-fehler-zaehlt.de
Fallanalyse:
fehlerbegünstigende Faktoren suchen
▪ … Flüstergruppe
Fallanalyse: fehlerbegünstigende Faktoren
▪ Patientenfaktoren
▪ Faktoren der Tätigkeit
▪ Individuelle Faktoren des Mitarbeiters
▪ Teamfaktoren
▪ Arbeitsbedingungen
▪ Organisations- und Managementfaktoren
▪ Kontext der Institution
▪ Mangelnde Sicherheitsbarrieren
Fallanalyse: fehlerbegünstigende Faktoren
▪ Patientenfaktoren
− Krankheitszustand
− Soziale, körperliche, psychische Bedingungen
− Sprache, Ausdrucksfähigkeit
− Beziehung zwischen Patient und Praxis/Station/Team
− Persönlichkeit
Fallanalyse: fehlerbegünstigende Faktoren
▪ Faktoren der Tätigkeit
− Gestaltung des Prozesses/Ablaufs
− Gibt es Protokolle?
− Sind Standards vorhanden?
Fallanalyse: fehlerbegünstigende Faktoren
▪ Individuelle Faktoren des Mitarbeiters
− Wissen
− Fähigkeiten
− Ausbildung
− Stress
− Gesundheit
− Motivation
Fallanalyse: fehlerbegünstigende Faktoren
▪ Teamfaktoren
− Verbale/geschriebene Kommunikation
− Teamstruktur
− Supervision
− Hierarchie
Fallanalyse: fehlerbegünstigende Faktoren
▪ Arbeitsbedingungen
− Personalausstattung/Qualifikation
− Arbeitsbelastung
− Geräteausrüstung/Design/Wartung
− Umgebungsbedingungen wie Lärm, Licht, Ablenkungen
Fallanalyse: fehlerbegünstigende Faktoren
▪ Organisations- und Managementfaktoren
− Ressourcen
− Beschränkungen
− Vorhandensein und Umgang mit Regeln
− Vorschriften
− Sicherheitskultur
− Prioritäten
Fallanalyse: fehlerbegünstigende Faktoren
▪ Kontext der Institution
− Wirtschaftliche Situation
− Vorgaben durch Gesetzgeber
− Vorgaben durch BG
− Vorgaben durch Versicherer
− QM
Fallanalyse: fehlerbegünstigende Faktoren
▪ Mangelnde Sicherheitsbarrieren
− Sind Sicherheitsbarrieren vorhanden?
− … zuverlässig?
− … bekannt?
− Hätten diese das Ereignis verhindern können?
Fallanalyse
▪ Bekannter Patient, Myasthenia gravis
▪ Jetzt akuter Atemwegsinfekt, reduzierter AZ
▪ Entscheidung für Antibiotikatherapie
▪ Hausarzt und Patient gehen gemeinsam in Praxis-EDV
„Beipackzettel“ durch, ob eine Kontraindikation gegen
Roxithromycin besteht
▪ Keine gefunden, also Verschreibung von Roxithromycin
▪ Patient holt sich Medikament in einer Apotheke
▪ 1 Std. nach Einnahme akuter Anfall Muskelschwäche
Finden keinen Hin-weis
auf Myasthe-nie als KI.
Kein Check auf
Gegenanzeigen.
Beipackzettel nicht
gelesen (wurde in
Praxis schon gemacht)
Keine Info über seine
Erkrankung.
Apotheke kennt Patient
nicht.
Unvollständige
Information über
Gegenanzeigen
(Herstellerabhängigwird
nicht systema-tisch
überprüft), trotz
aktualisierter Version.
Mangelndes Wis-sen
beim Pat.:
• Welche Medika-
mente darf ich
nehmen, welche
nicht?
• Was muss ich
machen, wenn mir
jemand ein
Medikament
verschreiben will?
-> Auf Myasthenie
hinweisen!
Denkt vom Medi-
kament aus, nicht
von Erkrankung.
Guckt daher nicht in
Leitlinie „Myasthenia
gravis“
In Praxis wegen
Atemwegsinfekt
Patient
Indikation:
Antibiotikum
Arzt
Wahl des AB:
Roxithromycin
Arzt
Software:
z. B. 1A Pharma
Arzt
Apotheke ->
Rezept
Patient
Gibt Medikament
aus
Apotheke
Muskel-schwäche
Patient
Verordnung
Roxithromycin
Arzt
Lesen
Beipackzettel
Arzt + Patient
= Hier sind mögliche, aber in diesem
Fall löcherige Sicherheitsbarrieren
Empfehlungen
▪ Patient kennt die Medikamente, die er verträgt bzw. die, die er
nicht bekommen darf
▪ Patient informiert jeden Behandler aktiv von seiner Myasthenia
gravis
▪ Patient nutzt eine Stammapotheke
▪ Ärztin/Arzt kennt die Leitlinie zur Therapie bei Myasthenia gravis
(…oder www…)
Empfehlungen
▪ Ärztin/Arzt prüft die Anwendungsbeschränkungen
▪ Hersteller der Praxissoftware nutzt eine vollständige
Arzneimitteldatenbank
▪ Apotheke prüft bei Myasthenia gravis die Arzneimittel-
informationen noch zusätzlich
Die „traditionelle“ personenorientierte
Perspektive
Ein kritisches Ereignis tritt auf:
▪ „Es gibt eben Einzelpersonen, die Fehler machen” – bestimmte
Einzelpersonen sind „nachlässig, leicht-sinnig und schuld“
▪ Die Einzelperson wird beschuldigt, bestraft und fort-gebildet sowie
ermahnt, „besser aufzupassen“
▪ Die so „optimierte Einzelperson“ soll die Sicherheit verbessern
(nach Fletcher, NPSA 11/2003 und Reason 1994)
Die systemorientierte Perspektive
▪ Menschen machen Fehler!
▪ Fehlerträchtige Situationen und schlechtes organisato-risches
Design verursachen Fehler
▪ Der Schwerpunkt liegt auf allen verursachenden Fak-toren, nicht
nur auf den Handlungen einzelner
▪ Geräte und Prozesse (das System) müssen verändert werden, um
die Sicherheit zu verbessern
(nach Fletcher, NPSA 11/2003 und Reason 1994)
Was hilft nicht gegen Fehler?
▪ Besser aufpassen!
▪ Dran denken!
▪ Mehr Konzentration!
▪ Aufmerksamer sein!
▪ Klüger sein!
▪ …
Wer war es?
Ein Hotelbesuch …
Zirkel des klinischen Risikomanagements
(pdca-Zirkel)
act:
Risiken
überwachen
check:
Risiken
vermindern
plan:
Risiken
erkennen
do:
Risiken analy-
sieren/bewerten
Surgical safety checklist
▪ 8 Kliniken weltweit
▪ Komplikationsrate bis 30 Tage postoperativ
▪ Vor und nach Einführung der Checkliste
▪ Jeweils knapp 4.000 Patienten (Kontroll/Intervention)
Ergebnisse
▪ Vorher
− Todesrate 1,5 %
− Komplikationsrate 11%
▪ Nachher
− Todesrate 0,8 %
− Komplikationsrate 7 %
Ergebnisse
▪ Gründe?
− Zuverlässigere präoperative Antbiotikagabe
− Zuverlässigere Tupferzählung
− Zuverlässigere Patientenidentifikation
− Beobachtung?
− Checkliste erzwang verändertes Verhalten von Individuen und Teams
Medikationssicherheit verbessern
Was nimmt mein Patient?
Daten aus einer Studie
▪ Abweichungen in der ärztlichen Dokumentation gegenüber den
Angaben des Patienten:
− 144/153 Patienten (94,1%)
− pro Patient: Median 3 (0 bis 13 Abweichungen)
▪ Abweichungen der Patientenangaben gegenüber der
Arztdokumentation:
− 111/153 Patienten (72,5%)
− pro Patient: Median 1 (0 bis 23 Abweichungen)
Medikationsabgleich - brown bag review
▪ Klinik: Bei Aufnahme und bei Verlegung innerhalb einer Klinik wird
geprüft, welche Medikamente der Patient bisher genommen hat
▪ Praxis: In regelmäßigen Abständen wird überprüft, ob und wie der
Patient die verordneten Medikamente und welche frei-
verkäuflichen Arzneimittel er nimmt
▪ Anzahl nicht korrekter Medikationspläne reduziert
▪ Anzahl Medikationsfehler insgesamt reduziert
Kommunikation nach einem unerwünschten
Ereignis
Wie reagieren Patienten auf Fehler?
▪ Patient (first victim): Unsicherheit, Angst, Trauer, Depression, Wut,
Verlassenheit
▪ Welche Reaktion auf einen Fehler wünschen sich Patienten?
− Entschuldigung / Bestätigung / Erklärung
dass Fehler aufgetreten ist 52 %
− Zusicherung, dass alles getan wird,
damit es nicht noch einmal passiert 31 %
− Sanktionen gegen Beteiligte 8 %
(Healthcare Commission 2007. Spotlight on complaints)
Wie reagieren irrende Menschen auf Fehler?
Gesundheitsberufe (second victim):
▪ negative Folgen für das Privatleben (17%)
▪ Beschuldigungen durch Patienten/Angehörige (32 %)
▪ keine Unterstützung durch Kollegen (22 %)
(Aalsand OG et al. Qual. Saf. Health Care 2005;14:13-17)
▪ reduzierte Lebensqualität, mehr depressive Symptome
(West CP et al. JAMA 2006;296:1071-8)
Über Fehler sprechen – mit Patienten?
Was tun nach einem Zwischenfall?
▪ Weiteren Schaden verhüten!
▪ Empathie!
▪ „Es tut uns leid!“
▪ Erklären WAS passiert ist, keine Vermutungen
▪ Medizinische Folgen erklären und Unterstützung anbieten
Was tun nach einem Zwischenfall?
▪ Ursachenanalyse und glaubwürdig versichern, dass die Akteure
aus dem Fehler lernen
▪ Beziehung zum Patienten aufrecht erhalten, ggfs. neues
Behandlungsteam anbieten
▪ Wer?
EINE Person, zu der Patient/Angehörige Vertrauen hat
➢ Schwere Zwischenfälle sind Chefsache!
Fallanalyse in der Praxis - SAFE
SAFE
▪ Situation: Was ist eigentlich passiert?
▪ Akteure: Wer war beteiligt?
▪ Folgen: Welche Folgen hatte das Ereignis?
▪ Erklärung: Was hat zu dem Ereignis und dem Ergebnis
beigetragen?
SAFE - Situation
Situation: Was ist eigentlich passiert?
▪ „nackte“ Tatsachen aufführen
▪ chronologische Reihenfolge
▪ wenn es ein komplexes Ereignis ist: nehmen Sie Papier und Stift zur
Hand
SAFE - Akteure
Akteure: Wer war beteiligt?
▪ Was wussten die beteiligten Personen zu welchem Zeitpunkt?
▪ Wer hat was wann und wie verstanden?
▪ Welche Handlungsmöglichkeiten hatten die beteiligten Personen?
SAFE - Folgen
Folgen: Welche Folgen hatte das Ereignis?
▪ Müssen wir jetzt sofort etwas tun
(z. B. weiteren Schaden vermeiden)?
▪ Für den Patienten (oder Angehörige)?
▪ Für die beteiligten Personen, für die Einrichtung?
SAFE - Erklärung
Erklärung: Was hat zu dem Ereignis und dem Ergebnis beigetragen?
▪ Welche aktiven Handlungen haben beigetragen?
▪ Was waren die inneren Rahmenbedingungen
(innerhalb der Einrichtung)?
▪ Was waren die äußeren Rahmenbedingungen?
Benutzen Sie dafür die Checkliste für die Fallanalyse und
gehen Sie systematisch alle beitragenden Faktoren durch.
Fallanalyse: ein Beispiel
Situation: Was ist passiert?
▪ Hektischer Tag, 2 von 3 Helferinnen sind krank bzw. in Urlaub. Bei
einem Patienten soll die wöchentliche i.v.-Gabe von MTX erfolgen.
▪ Eine Spritze (ohne Label u.ohne beiliegende Ampulle) liegt parat
und wird dem Patienten i.v. verabreicht.
▪ Es handelte sich aber nicht um MTX, sondern um eine für die i.m.-
Gabe vorbereitete Spritze mit Vitamin B-Komplex 2 ml + Novocain
2% 2 ml (gleiche Farbe).
Akteure: Wer war beteiligt?
▪ Arzt, MFA, Patient
Folgen: Welche Folgen hatte das Ereignis?
▪ Patient blieb nach Aufklären über den Fehler für zwei Stunden in
der Praxis zur Überwachung. Keine Rhythmusstörungen oder
Bradykardie aufgetreten.
(Beispielbericht: www.jeder-fehler-zaehlt.de)
Das Ergebnis der Fallanalyse
Erklärung: Was hat zu dem Ereignis und dem Ergebnis beigetragen?
▪ Unterschiedliche Personen für Vorbereitung des Medikaments
und Gabe der Spritze.
▪ Vorbereitete Spritze nicht beschriftet!
▪ Der Inhalt der Spritze sieht aus wie das Medikament,
das gegeben werden soll.
Das Ergebnis der Fallanalyse
Erklärung: Was hat zu dem Ereignis und dem Ergebnis beigetragen?
▪ Person, die injiziert, vergewissert sich nicht, was die Spritze
enthält.
▪ Hohe Arbeitsbelastung durch fehlendes Personal!
thanks and take care…
Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt am Main
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