förderung sozial-emotionaler kompetenz im … · emotionale probleme hyperaktivität grenzwertig...

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Förderung sozial-emotionaler Förderung sozial-emotionaler Kompetenz im Kindergartenalter

Prof. Dr. Ute Koglin, Lehrstuhl für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, Universität Bremen.

Competence Center KidsHamburg

Argumente für eine frühe Förderung

� Eine relativ große Anzahl von jungen Kindern weist bereits Defizite im Sozialverhalten und Verhaltensprobleme auf (Hölling et al., 2007)

19,2

11

15,8

9,5

Externalisierende

Verhaltensprobleme

Probleme mit Gleichaltrigen

7,3

6,4

6,4

3,4

6,6

8,2

0% 20% 40% 60% 80% 100%

Prosoziales Verhalten

Emotionale Probleme

Hyperaktivität

Verhaltensprobleme

grenzwertig

auffällig

• Kinder und Jugendliche mit externalisierenden Verhaltensproblemen weisen ein hohes Ausmaß an Stress und Beeinträchtigungen in vielen Lebensbereichen auf, verglichen mit unauffälligen Kindern aber auch mit Kindern, die andere psychische Störungen aufweisen (Lambert, Wahler,

Andrade & Bickman, 2001).

Früh auftretende Verhaltensprobleme verursachen eine nachhaltige Beeinträchtigung der Lebensqualität und Entwicklungschancen der Kinder

• Prospektive Studien zeigen auf, dass Störungen des Sozialverhaltens in der Kindheit das Risiko für andere psychische Störungen, für Legalprobleme und sogar einen früheren Tod erhöhen (Laub & Vaillant, 2000).

• Externalisierende Verhaltensprobleme treten selten alleine auf (Nock,

Kazdin, Hiripi, & Kessler, 2006):

• Angststörungen,

• Affektive Störungen,

• Hyperaktivität sowie

• Komorbidität zwischen den Störungen des Sozialverhaltens.

Jungen Mädchen

• kein physisch-aggressives Verhalten

(62,2%)

• moderat-abnehmendes physisch-

• nicht aggressiv (78%)

• 17,3% stabil-gering aggressives

Verhalten

Früh auftretendes aggressives Verhalten ist relativ stabil (Campbel

et al., 2010)

• moderat-abnehmendes physisch-

aggressives Verhalten (16,7%);

• moderat-zunehmendes physisch-

aggressives Verhalten (14,5%);

• stabiles physisch-aggressiv

Verhalten (6,6%);

Verhalten

• variierend hohes physisch-

aggressives Verhalten (4,7%)

• Veröffentlichung der Programmevaluation in einer wissenschaftlichen Zeitschrift

• Nachweis kurz- und langfristiger Programmeffekte durch randomisierte Kontrollgruppenstudie (keine oder alternative

Fields & McNamara (2003):

Anforderungen an Präventionsprogramme

randomisierte Kontrollgruppenstudie (keine oder alternative Behandlung) oder

• durch Studie mit quasie-experimentellem Design und ausreichender Stichprobengröße

Experimentelles Design

25

30

35

25

30

35

.... Ergebnis basiert auf normaler Entwicklung....

0

5

10

15

20 VorherNachher

eine Gruppe

0

5

10

15

20

Programm Vergleich

VorherNachher

zwei Gruppen

• Veröffentlichung der Programmevaluation in einer wissenschaftlichen Zeitschrift

• Nachweis kurz- und langfristiger Programmeffekte durch randomisierte Kontrollgruppenstudie (keine oder alternative

Fields & McNamara (2003):

Anforderung an Präventionsprogramme

randomisierte Kontrollgruppenstudie (keine oder alternative Behandlung) oder

• durch Studie mit quasie-experimentellem Design und ausreichender Stichprobengröße

• Manual in standardisierter Form

• Die aufgezeigten Effekte beziehen sich auf Prädiktoren des zu verhindernden Zielverhaltens (die Inzidenzrate wird gemindert)

Checkliste zur Qualitätsprüfung

� Es gibt eine theoretische und empirische Fundierung (Theorieteil?)

� Das Programm wurde in einer Wirksamkeitsstudie untersucht (Vergleichsgruppe?)

� Die Ergebnisse wurden � Die Ergebnisse wurden veröffentlicht.

� Es konnte gezeigt werden, dass sich das Problemverhalten reduziert hat oder Risikofaktoren abgemildert wurden.

� Das Programm liegt in manualiserterForm vor.

Meta-Analytische Befunde zur Wirksamkeit von

Präventionsprogrammen bei Kindern

• bei jüngeren Kindern wurden die höchsten Effekte erzielt

• bessere Effekte bei Kindern mit Risikostatus

• höhere Effekte bei intensiveren und längeren Programmen

• gute Effekte bei guter Umsetzung (in der Regel durch die Forschergruppe) - geringere Effekte bei geringerer Programmtreue

(Wilson et al., 2003)

Bei 16% der Vergleiche schnitt die die Kontrollgruppe nach dem Programm besser ab, als die Präventionsgruppe; unter anderem auch durch

Wirksamkeit präventiver Programme zur Förderung der sozialen Kompetenz

Präventionsgruppe; unter anderem auch durch negative Effekte (Beelmann, 2006)

Guter Wille ist nicht ausreichend!

Im Fokus kindbezogener Präventionsmaßnahmen steht häufig eine Förderung in folgenden Bereichen:• emotionale Kompetenzen (wie z.B. Emotionserkennung,

Emotionsregulation, Selbstregulation, Einfühlungsvermögen),

• sozial-kognitive Fähigkeiten (z.B. Wahrnehmung von

Kindbezogene Präventionsmaßnahmen

• sozial-kognitive Fähigkeiten (z.B. Wahrnehmung von Konflikten, Auswahl von Handlungsalternativen),

• Einüben sozialen Verhaltens in Modell- und Rollenspielen und

• die Förderung schulischer Kompetenzen.

Konzepte emotionaler Kompetenz

Nach Carolyn Saarni (2002) äußert sich emotionale Kompetenz

durch Selbstwirksamkeit in emotionsauslösenden sozialen

Interaktionen.

Selbstwirksamkeit besteht, wenn:

• Kinder sich darüber bewusst sind, dass ihr eigener

Konzepte emotionaler Kompetenz

• Kinder sich darüber bewusst sind, dass ihr eigener

Emotionsausdruck die Reaktionen anderer

Personen beeinflusst und

• sie gelernt haben, ihr Verhalten strategisch zu

steuern, um gewünschte Reaktionen

hervorzurufen.

Schlüsselfertigkeiten emotionaler Kompetenz nach Saarni

1. Bewusstheit über den eigenen emotionalen Zustand.

2. Die Fähigkeit, Emotionen anderer wahrzunehmen und zu 2. Die Fähigkeit, Emotionen anderer wahrzunehmen und zu verstehen.

- Das Ausdrucksverhalten anderer erkennen

- Situationsbedingte Ursachen für Emotionen verstehen

- Begreifen, das andere Menschen eigene „innere Zustände“ haben.

ZKPR Universität Bremen - Dr. Ute Koglin

3. Die Fähigkeit, das Vokabular der Gefühle und Ausdruckswörter für Emotionen zu benutzen.

Schlüsselfertigkeiten emotionaler Kompetenz nach Saarni

4. Die Fähigkeit, empathisch auf das emotionale Erleben von anderen Menschen einzugehen.

5. Die Fähigkeit zu merken, dass ein innerlich erlebter emotionaler Zustand nicht notwendiger Weise dem nach außen gezeigten Ausdrucksverhalten entspricht.

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ZKPR Universität Bremen - Dr. Ute Koglin

7. Die Fähigkeit, sich der

6. Die Fähigkeit, mit negativen Emotionen und anderen Stresssituationen umzugehen.

Schlüsselfertigkeiten emotionaler Kompetenz nach Saarni

7. Die Fähigkeit, sich der emotionalen Kommunikation in sozialen Beziehungen bewusst zu sein.

8. Fähigkeit zur emotionalen Selbstwirksamkeit.

ZKPR Universität Bremen - Dr. Ute Koglin

Emotionale Entwicklung und Sozialverhalten

Ergebnisse empirischer Studien zum Zusammenhang zwischen emotionaler Entwicklung und Sozialverhalten

Geringes Emotionsvokabular

-> Erhöhtes Risiko für

externalisierende

Verhaltesstörungen

Geringe Fähigkeit zum

Erkennen von Angst und

Traurigkeit ->

Erhöhtes Risiko für

emotionale Probleme und

VerhaltensstörungenTraurigkeit -> Verhaltensstörungen

Umfangreiches

Emotionswissen ->

Prädiktor für Beliebtheit bei

Gleichaltrigen, weniger

aggressives Verhalten

Fähigkeit zum Erkennen von

Emotionen im Klang der

Stimme -> Höhere Akzeptanz durch

Gleichaltrige

Fähigkeit zum Erkennen von

Emotionen im mimischen

Ausdruck -> Häufigere Sozialkontakte,

höhere soziale Kompetenz

(zur Übersicht Wiedebusch & Petermann, 2008)

Wahrnehmung von Reizen

InterpretationAusführung des

Verhaltens

Datenbasis

Modell der sozialen Informationsverarbeitung (nach Crick & Dodge, 1994)

18

Zieleklärung

Handlungsalternativen suchen

Entscheidungsauswahl

DatenbasisGedächtnisSoziale SchemataErlernte RegelnSoziales Wissen

• Sie nehmen weniger Reize wahr; Konzentration auf potentiell feindselige Reize.

• Handlungen anderer wird vermehrt Absicht unterstellt.

• Es werden Handlungsziele gewählt, die auf Rache abzielen oder dem eigenem Vorteil dienen.

Defizite der sozial-kognitiven Informationsverarbeitung bei

Kindern mit oppositionell aggressivem Verhalten (Crick & Dodge, 1994)

dem eigenem Vorteil dienen.

• Ihnen fallen weniger Handlungsalternativen und vermehrt aggressive Lösungen ein.

• Die Kinder bewerten die Folgen aggressiver Handlungen positiver.

• Sie schätzen ihre Fähigkeit, aggressive Handlungen umsetzen positiv ein.

• Sie entscheiden sich häufiger für aggressive Handlungen.

• Sie nehmen weniger Reize wahr; Konzentration auf potentiell bedrohliche Reize.

• Ereignisse werden vermehrt dem eigenen Versagen zugeschrieben.

• Es werden Handlungsziele gewählt, die mit passivem Verhalten oder sozialen Rückzug einhergehen.

Defizite der sozial-kognitiven Informationsverarbeitung bei Kindern mit sozial unsicherem Verhalten (Burges et al., 2006; Prinsteinet al., 2005; Wichmann et al., 2004)

Rückzug einhergehen.

• Ihnen fallen weniger Handlungsalternativen ein.

• Die Kinder bewerten ihre Fähigkeit Handlungsziele zu erreichen geringer ein.

• Sie entscheiden sich häufiger für vermeidende oder passive Handlungen.

� Führen zu geringen sozialen Fertigkeiten: Kontakt aufbauen und aufrechterhalten; gemeinsames Spielen, Teilen oder Abwechseln.

Universelles Präventionsprogramm für Kindergruppen im Alter von vier bis sechs Jahren

Ziele:

Das „Verhaltenstraining im Kindergarten“ (Koglin & Petermann, 2006)

• Förderung sozial-emotionaler Kompetenzen

• Verhinderung und Reduktion häufiger Erlebens-und Verhaltensprobleme bei Kindern

- oppositionell-aggressives Verhalten

- sozial unsicheres Verhalten

Das Training besteht aus 25 aufeinander aufbauenden

Einheiten à ca. 30 Minuten.

Es findet über einen Zeitraum von 13 Wochen

(2 x pro Woche) im Kindergarten statt.

Übersicht - Rahmenhandlung

Kindergarten statt.

Es ist eingebettet in eine Geschichte über eine kleine

Meerjungfrau und ihren Freund, die gemeinsam Abenteuer

erleben.

Handpuppe: Der Delfin Finn begleitet die Kinder als Handpuppe durch den Kurs.

• leitet die Kinder an,

• motiviert sie und

Finn:

Methoden

• motiviert sie und

• unterstützt sie bei den

Übungen.

Dazu werden kindgerechte Methoden eingesetzt wie

• Bilder

• Geschichten

• Gesprächsrunden

• Rollenspiele

• Spiele: Brettspiel („Gefühlsspirale“), Puzzle, Bewegungsspiele u.v.m.

Verstärkung kursbezogenen Verhaltens

•Sammelbild mit 15 Aufklebern, die die Kinder für kursbezogenes Verhalten erhalten

•Erinnerungskarten, die das Zielverhalten •Erinnerungskarten, die das Zielverhalten zeigen

•Verstärkung zunächst in jeder Einheit, später in jeder zweiten Einheit

Förderung emotionaler Kompetenz

Förderbereiche des Trainings

Förderung emotionaler Kompetenz

Förderung sozial-kognitiver Problemlösung

Aufbau sozialer Fertigkeiten

Förderung emotionaler Kompetenz• Basisemotionen und die Emotion „Scham“ erkennen und

ausdrücken (mimisch, gestisch) können.

• Benennen der Emotionen

• Erwerb von Emotionswissen (Wissen über Ursachen von • Erwerb von Emotionswissen (Wissen über Ursachen von Emotionen, Wissen über Regulationsstrategien)

• Sprachlicher Emotionsausdruck (Beschreiben, warum und welche Emotion erlebt wird)

• Unterscheiden eigener Emotionen von denen anderer

• Einüben von Empathie

Vermittlung von Emotionswissen und

Emotionsverständnis

Bild 16. Gefühlspuzzle-Sina ist traurig

� Mimik

� Gestik

� StimmlageBild 17. Gefühlspuzzle-Sina ist wütend

� Emotionsvokabular

� Ursachen

� Empathie

Bild 11. Gefühlspuzzle-Benny ist fröhlich

Bild 10. Gefühlspuzzle-Benny hat Angst

Förderung emotionaler Kompetenz

Förderbereiche des Trainings

Förderung sozial-kognitiver Problemlösung

Aufbau sozialer Fertigkeiten

Förderung der sozialen Problemlösung

• Konflikte und deren Ursachen erkennen und interpretieren (was ist passiert, wie fühlen sich die Beteiligten)

• Handlungsalternativen erarbeiten

• Nachdenken über die Konsequenzen eigener Handlungen

• Bewertung der Handlungskonsequenzen

• Entscheidung für eine Handlungsalternative

Bild 30. Benny und Sina malen

Beide Kinder erleben

das Gleiche, aber sie

fühlen sich ganz Bild 29. Hugo der Maulfisch

fühlen sich ganz

verschieden!

Klärung von Situationen – Was ist passiert?

Handlungsalternativen finden und bewerten

Jo Kids, macht alle mit!Wir kenn die Gefühle,

denn wir sind fit.

Fröhlich ist toll,da springen wir umher.Doch sind wir traurig,

das macht uns ganz schwer.

Jo Kids, macht alle mit!

Gefühls-Rap

Jo Kids, macht alle mit!Wir kenn die Gefühle,

denn wir sind fit.

Bin ich in Wut, dann stampf ich ganz fest.

Doch hab ich Angst, dann zittert der Rest.

Jo Kids, macht alle mit!Wir kenn die Gefühle,

denn wir sind fit.

Ergebnisse zur Wirksamkeit des Verhaltenstrainings im Kindergarten

Wer hat mitgemacht?

• 20 Kindergärten aus Bremen und Niedersachsen mit jeweils einer Kindergruppe

• 311 Kinder im Alter zwischen drei und sechs Jahren• 311 Kinder im Alter zwischen drei und sechs Jahren• 11 Kindergruppen nahmen am Training teil; 9 gehörten zur

Kontrollgruppe• 39 Pädagogische Fachkräften schätzen das Sozialverhalten der

Kinder vor und nach dem Training mittels Fragebögen ein• Fragen zu Verhaltensstärken und –schwächen (SDQ, Goodman,

1997), Fragebogen zu emotionalen Kompetenzen (FEEK, Koglin & Petermann, 2004)

6

7

8

Prosoziales Verhalten

Über Kinder der Trainingsgruppe wird nach dem Training mehr prosoziales Verhalten berichtet

0

1

2

3

4

5

Kontrollgruppe Trainingsgruppe

Messzeitpunkt 1

Messzeitpunkt 2

Zeit; F (1,254)= 103,03***Gruppe, F (1, 254)=0,27Interaktion, F (1,254)=4,84*

Trainingseffekte nach Verhaltensbereiche

Positive Effekte für • Prosoziales

Verhalten• Probleme mit

Gleichaltrigen

Keine Effekte für• Emotionale

Probleme• Externalisierende

VerhaltensproblemeGleichaltrigen • Emotionsausdruck• Empathie• Anpassung

Verhaltensprobleme• Hyperaktivität• Ärgerregulation

Trainingseffekte bei Risikokindern (Defizite im prosozialen Verhalten)

123456789

Messzeitpunkt 1

01 Messzeitpunkt 1

Messzeitpunkt 2

Trainingsgruppe

Zeit F(1,31)=107,09***Gruppe F(1,131)=3,29Interaktion F(1,131)=5,55*

Trainingseffekte bei Risikokindern:• Externalisierende

Verhaltensprobleme• Hyperaktivität• Prosoziales Verhalten• Emotionsausdruck

Trainingseffekte bei Nicht-Risikokindern:• Emotionsausdruck• Empathie

Trainingseffekte nach dem Risikostatus der Kinder

• Emotionsausdruck• Empathie

Förderung

Förderung und Reduktion von Problemverhalten

Ausblick:

• Frühe Prävention ist notwendig und wirksam• Es profitieren besonders Kinder mit ersten

Verhaltensproblemen von universellen PräventionsmaßnahmenPräventionsmaßnahmen

• Es gibt keine „totale Prävention“

Vorbeugen ist besser als heilen!

Tipp: Bremer Präventionsforumhttp://www.zrf.uni-bremen.de/zkpr/BPF/index.html

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