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Post on 14-Oct-2019
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Geld für kühle Köpfe Seit wenigen Monaten fördert der Staat noch stärker als bisher Investitionen
in besonders energiesparende Gebäude und Anlagen. Doch viele Unternehmen wissen gar nicht, dass sie selbst Fördermittel in Anspruch nehmen können.
Und das oft schon mit der Anschaffung einer neuen Maschine
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ist Teil des „Nationalen Aktionsplans Energie-
effi zienz“ und damit alles andere als ein Einzelfall.
Es geht um den gesellschaftlichen Anspruch,
dass auch die deutsche Wirtschaft mit beson-
ders energiesparenden Maschinen, Anlagen und
Gebäuden ihren Teil zur Energiewende beiträgt.
Mehr als vierzig Prozent des deutschen Energie-
verbrauchs entfallen auf Industrie und Gewerbe,
ohne die Unternehmen ist die Energiewende nicht
zu stemmen. Und deshalb wird inzwischen mächtig
gefördert: Allein 2014 haben deutsche Unterneh-
men zinsgünstige Kredite aus dem KfW-Energie-
effi zienzprogramm von über drei Milliarden Euro
erhalten. Ab 5. Dezember 2015 müssen alle Unter-
nehmen ab einer bestimmten Größe ein spezielles
„Energieaudit“ vorweisen – und dies dann alle vier
Jahre wiederholen. Das gesetzlich vorgeschriebene
Audit schlüsselt den Gesamtenergieverbrauch des
Unternehmens detailliert auf und zeigt entspre-
chende Einsparpotenziale.
Förderung steht allen offen
Denn auch in der vermeintlich so hochmodernen
deutschen Volkswirtschaft gibt es noch viele
Möglichkeiten, mit der eingesetzten Energie deut-
lich effi zienter umzugehen. So hat die Deutsche
Energie-Agentur (dena) ausgerechnet, dass in der
gesamten Wirtschaft enorme Einsparpotenziale
liegen – bis zu 80 Prozent bei Gebäuden und im-
merhin noch 25 Prozent bei der Lüftungstechnik
(siehe Grafi k Seite 23). Allein für Druckluft benö-
tigt die Wirtschaft jährlich 16 Milliarden Kilo-
wattstunden Strom – das ist rund anderthalb-
mal so viel wie für die gesamte Deutsche Bahn.
Schon länger fördert die KfW Investitionen in
die Energieeffi zienz. Neu ist aber, dass diese För-
derung inzwischen den meisten Unternehmen
offen steht. Gefördert werden Investitionen
Wenn Sven Hofmann zur Arbeit geht, ge-
hen andere erst ins Bett. Der Mann ist
Bäcker, und einen Arbeitsbeginn um
zwei Uhr morgens muss man mögen. Hofmann mag
es, genauso wie vormals Vater und Groß vater. Seit
15 Jahren steht er nun selbst frühmorgens in der
eigenen Backstube im sächsischen Crim mitschau
nördlich von Zwickau. Und während in vielen deut-
schen Großstädten längst die Bäckereiketten mit
ihren Fließbandbrötchen das Bild bestimmen, ist
Hofmann als handwerklich geführter Qualitäts-
betrieb in dritter Generation erfolgreich.
Traditionelle Brotmacherkunst wird hier hoch-
gehalten, und doch mag Hofmann das Neue:
Sein Produkt „Kuchen am Stiel“ schaffte es so-
gar in die „Bild“-Zeitung, und auch beim Thema
Energie versorgung geht der 49-Jährige lieber
neue Wege. Denn eine Bäckerei mit all ihren Öfen,
Kühlmaschinen und Gärautomaten ist ein höchst
energie intensiver Betrieb. Also steigt Hofmann in
die Selbstversorgung ein: Im Sommer 2014 instal-
liert er eine Fotovoltaikanlage, im Juni 2015 folgen
drei Lithium-Ionen-Speicher. Die großen Batterien
puffern über den Tag die gesamte für die Kühlung
benötigte Energie aus eigener Stromproduktion.
Rund 30 000 Euro musste Hofmann für die
drei Energiespeicher bezahlen, und das ist auch
für wesentlich größere Betriebe schon ein ech-
tes Investment. Doch Hofmann beantragte mit-
hilfe der Deutschen Bank Mittel aus dem KfW-
Förderprogramm „Erneuerbare Energien“. Das
sollte sich lohnen: Für seine Investition in eine
CO2-neutrale Stromversorgung bekam er rund
9000 Euro als nicht rückzahlbaren Tilgungs-
zuschuss überwiesen. Klingt wie geschenkt? Ist
geschenkt. Die Investition eines Bäckers in ei-
ner sächsischen Kreisstadt derartig großzügig
zu fördern ist politisch gewollt und sinnvoll. Sie
ThesenKredite: Ohne die Unternehmen ist
die Energiewende nicht zu schaffen.
Deshalb fördert der Staat großzügig
die Investitionen der Firmen in
Klima- und Umweltschutz. Allein 2014
vergab die KfW hier zinsgünstige
Kredite für mehr als 8,2 Milliarden Euro
an mittelständische Unternehmen.
Bonus: Jetzt wird die Förderung
ausgeweitet. Nicht nur niedrige Zinsen,
sondern auch Tilgungszuschüsse sol-
len Unternehmern die Investition in
Energieeffi zienz erleichtern. Die Bank
hilft bei der Beantragung der Mittel.
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Bäckerei Hofmann: Strom vom Dach Nachhaltigkeit und Qualität sind für den sächsischen Bäcker Sven
Hofmann wichtige Werte. Auch seine Stromversorgung wollte der
Familienunternehmer nachhaltiger gestalten. Denn Bäckereien sind
höchst energieintensive Betriebe. Jetzt speichern drei große Batterien
den tagsüber von der eigenen Fotovoltaikanlage erzeugten Strom, um ihn
nachts an die Backstube abzugeben. Das CO2-neutrale Energieprojekt
hat auch die KfW überzeugt, Bäcker Hofmann bekam die maximale Förderung. Und noch
einen nicht rückzahlbaren Zuschuss obendrauf.
eine begleitende Hausbank. Ohne die geht es nicht,
denn in allen Fällen bleibt die Hausbank der Kredit-
geber. Deshalb unterhält etwa die Deutsche Bank
bundesweit sechs Expertenteams, die sich nur mit
dem Thema öffentliche Förderung befassen und
ihre Kunden entsprechend beraten.
Welche Heizung welche Förderung bekommt,
das ist oft schon eine Wissenschaft für sich. Da
lohnt es sich, im Dschungel der Vorschriften, För-
derprogramme und Förderbanken professionellen
Rat zu holen. Denn mitunter geht es auch darum,
die richtigen Tipps und Tricks zu kennen, um in den
Genuss der maximalen Förderung zu kommen. „Un-
ser Job ist auch, den Antrag so zu stellen, dass er
bei der KfW ohne Verzögerung durchläuft“, sagt
die Fördermittelexpertin Aurelia Strybny von der
Deutschen Bank in Köln. Und das heißt, dass inner-
halb von zwei Wochen eine Förderzusage auf dem
Tisch liegen kann.
Lange war all dies im deutschen Mittelstand ein
Schiebethema, etwas, worum man sich kümmert,
wenn es mal etwas ruhiger wird. Energieeffi zienz?
Sicher wichtig. Doch wenn die Energiekosten im
Gros der Unternehmen unter zehn Prozent aller
Gesamtkosten ausmachen, ist vieles scheinbar
wichtiger. Das hat sich geändert: „Für das klassische
Mittelstandsunternehmen, das sich meist noch in
Familienbesitz befi ndet, haben die Fragen um den
effi zienten Umgang mit Energie erheblich an Be-
deutung gewonnen“, sagt etwa der Energieberater
Martin Loer vom Bielefelder Bau- und Dienstleis-
tungsunternehmen Goldbeck. „Und das trotz des
aktuell recht günstigen Öls.“ Was plötzlich wieder
in besonders energie effi ziente Gebäude, Pro-
duktionsanlagen und -prozesse. Dabei gilt: Je mehr
die gesetzlichen Grenzwerte zum Energieverbrauch
unterschritten werden, desto höher die Förderung.
Neu sind auch spezielle Tilgungszuschüsse – siehe
Bäcker Hofmann. Bei Immobilienkrediten können
diese Zuschüsse den zurückzuzahlenden Kreditbe-
trag um bis zu 17,5 Prozent reduzieren. Wird eine
Fertigung modernisiert und reduziert sich dadurch
der Endenergieverbrauch um nur zehn Prozent, ist
auch dies schon förderungswürdig.
Hausbank bleibt Kreditgeber
Schon für eine einzige neue Maschine, so sie denn
nachweislich effi zienter mit der Energie umgeht als
ihr Vorgänger, gibt es Förderung über die KfW. Und
das heißt: Mitunter wird sogar ein neuer Zahnarzt-
stuhl mit besonders günstigen Krediten gefördert.
„Viele Unternehmen ahnen überhaupt nicht, dass
ihre geplanten Investitionen förderwürdig sind“,
sagt etwa Heinz Henning, Experte für öffentliche
Fördermittel bei der Deutschen Bank in Köln. Eine
verpasste Chance, denn Fördermittel können Kredi-
te erheblich vergünstigen. Und zwar so stark, dass
die Kombination aus historisch niedrigen Zinsen
und Fördermitteln dazu führen kann, dass Investi-
tionskredite in Sachen Energieeffi zienz zu einem
Zinssatz von einem Prozent über den Tisch gehen.
Was es für einen entsprechenden Förderkredit-
antrag braucht, ist eigentlich nicht viel: eine Dar-
stellung der erforderlichen Energieeinsparung und
Sogar Zahnarzt-stühle werdengefördert
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Lüftungstechnik
25%
Kältetechnik
30%
Gebäudehülle
80%
Prozesswärme
30%
Druckluft
50%
Informationstechnik
75%
Beleuchtung
70%
Pumpen
30%
Motoren
40%
Die größten EnergiesparpotenzialeIn Unternehmen lässt sich der Energieverbrauch häufi g um zweistellige Prozentwerte reduzieren. Die Grafi k zeigt,
an welchen Stellen nach Berechnungen der Deutschen Energie-Agentur das größte Sparpotenzial liegt.
Unter-nehmensgröße
Investitions -vorhaben
Finanzierungs -volumen
bis 500 Mio. EuroUmsatz
Innovationen im energetischen Bereich (z. B. Entwicklung von Technologien
zur Energieerzeugung, -übertragung, oder -einsparung)
bis 5 Mio. Euro pro Vorhaben im
Durchleitungskredit der Deutschen Bank
ohne Beschränkung
Maßnahmen mit wesentlichen Energieeinspareffekten
(z. B. Beleuchtung, Gebäudehülle, Maschinenpark, Anlagentechnik)
in der Regel bis 25 Mio. Euro pro Vorhaben im
Durchleitungskredit der Deutschen Bank
Erneuerbare Energien wie Sonne, Wind und Biomasse
25 Mio. bis 100 Mio. Euro mit Direktkredit der
Förderbank im Rahmen eines Konsortiums
Förderung für EnergiesparerUnterstützung gibt es für Innovationen und Sparmaßnahmen, darüber hinaus
existieren weitere Programme. Mittelständische Unternehmen zahlen bei der KfW ab ein
Prozent Zinsen (Hilfen der Landesförderinstitute liegen zum Teil noch darunter).
ansteigende Ölpreise bedeuten, hat die KfW einmal
ausgerechnet: Ginge es um nur 20 Prozent nach oben
und ließe sich dieser Anstieg nicht an den Markt
weiterreichen, wäre bundesweit jedes elfte KMU
in roten Zahlen, so das Ergebnis der Förderbank.
210 Tonnen CO2-Einsparung
Loer, studierter Bauingenieur, ist ein Werber und
Berater in Sachen Energieeffi zienz. Er weist die
Kunden von Goldbeck darauf hin, dass nicht nur
der günstigste Baupreis entscheidend ist, sondern
was ein Gebäude in seiner gesamten Lebenszeit für
Kosten produziert. In dieser Betrachtung schlägt
der Baupreis nämlich nur noch mit circa 20 Prozent
zu Buche – der große Rest setzt sich unter anderem
aus Energiekosten, Wartung und Unterhaltung zu-
sammen. Von daher ist ein energetisch optimiertes
Gebäude (Gebäudehülle und Anlagentechnik) auf
jeden Fall lohnenswert.
Einen seiner Kunden, den Osnabrücker Familien-
unternehmer Oliver Runge, musste Energieberater
Loer nicht lange überzeugen. Runge baut Park-
bänke, Mülleimer und anderes sogenanntes
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Stadtmobiliar für den öffentlichen Raum. Die
Wahrscheinlichkeit ist eher hoch, schon mal mit
dem einen oder anderen Runge-Produkt Körperkon-
takt gehabt zu haben. Das über 100 Jahre alte Unter-
nehmen positioniert sich als Premiumanbieter, als
eine Art „industrielle Manufaktur“, Langlebigkeit,
Vandalismusresistenz und Nachhaltigkeit inklusive.
Und dabei ist Runge recht erfolgreich: Der Umsatz
hat sich innerhalb eines Jahrzehnts verdoppelt. Das
heißt: Der Standort platzt aus allen Nähten.
Runge entschloss sich zum Neubeginn auf der
grünen Wiese, im gut fünf Kilometer entfernten
Bissendorf. Seit April 2015 wird gebaut, Produk tion,
Lackiererei, Bürogebäude, Lager, Ausstellung – alles
neu. Und es wäre kein Runge-Bau, wenn hier der
Bauherr selbst nicht ökologisch gedacht hätte, fast
bis zur Grenze des technisch Machbaren: Die zu-
künftigen Produktionshallen sind dreifach verglast
und erfüllen die hohen „KfW-Effi zienzhaus 55“-
Vorgaben. Das heißt, Runge benötigt weniger als
55 Prozent der gesetzlich zulässigen Energie; in
einem Fertigungsbetrieb muss man so etwas lan-
ge suchen. Jährliche CO2-Einsparung: 210 Tonnen.
Ab 2016 werden die gesetzlichen Vorgaben für
den maximalen Energieverbrauch pro Quadratme-
ter verschärft, und Runge liegt dann mit gerade mal
34 Kilowattstunden um ein Vielfaches unter diesem
Limit. Geheizt wird mit Holzresten aus der Produk-
tion, der Strom kommt aus der eigenen Fotovoltaik-
anlage. „Bis auf ein paar dunkle Wintertage“, sagt
der Chef, „sind wir energetisch bald völlig unabhän-
WEITERE INFORMATIONEN
Kontakt: Ihr Kundenbetreuer.
Infos zu Fördermitteln und Expertenteams bei
der Deutschen Bank unter www.deutsche-
bank.de/ oeffentliche-foerdermittel
Merkblatt des Bundesamts für Wirtschaft und Aus-
fuhrkontrolle zu Energieaudits: www.bafa.de
Überblick über Fördermittel der EU, des Bundes
und der Länder: www.foerderdatenbank.de
Runge: Neubau als Chance Oliver Runge „möbliert“ Parks und Plätze mit Bänken, Stühlen, Liegen
oder Abfalleimern. Damit ist der Familienunternehmer so erfolgreich,
dass der alte Standort in Osnabrück aus allen Nähten platzte. Runge errich-
tete nicht nur alles neu, er baute Produktion, Lager und Verwaltung
auch nach den höchsten ökologischen Standards. So wurde das gesamte
Unternehmen fast schon zum Selbstversorger in Sachen Energie. Die
Belohnung für so viel Effi zienz: Praktisch das gesamte Neubauvorhaben wurde zinsgünstig
von der KfW Bankengruppe gefördert.
gig.“ Auch Oliver Runges ökologisches Engagement
wird belohnt: Praktisch sämtliche Investitionen in
den neuen hochmodernen Standort fi nanziert der
Unternehmer mit besonders zinsgünstigen Kondi-
tionen aus dem KfW-Energieeffi zienzprogramm.
Natürlich muss jeder Unternehmer abwägen
zwischen Aufwand und Ertrag, zwischen Ökolo-
gie und Ökonomie. „Der bürokratische Aufwand
ist schon hoch“, sagt etwa Bäcker Hofmann, doch
„am Ende hat sich das gelohnt.“ Auch Oliver Run-
ge hat hin und her gerechnet, gefragt und dis-
kutiert. Und sich nicht abschrecken lassen vom
zusätzlichen Aufwand. Als Familienunternehmer
mit über 100-jähriger Geschichte denkt er beim
„Payback“ ohnehin in Jahrzehnten: „Langfristig
rechnet sich jede Investition in Energieeffi zienz.“
Sein Rat an alle Unternehmer: „Kreativ jede Inves-
tition hinterfragen, ob sie nicht förderungswür-
dig ist. Macht das unbedingt!“
STEPHAN SCHLOTE
Büro-kratischer Aufwand lohnt sich am Ende
Finanzierung_Energieeffi zienz24 Deutsche Bank_r e s u l t s
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