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GenomforschunG h e u t e – Das NatioNale GeNomforschuNGsNetz
PresseworkshoP 20./21. sePtember 2007
GenomforschunG heute – DAs nAtIonALe GenomforschunGsnetZPresseworkshop des Nationalen Genomforschungsnetzes (NGFN)am 20. und 21. September 2007
INhalt
Programm 1
DasNationaleGenomforschungsnetz 2
KoronareHerzerkrankung/Herzinfarkt–
GenetischeFaktorentragenzurErkennungvonRisikopatientenbei
Prof.Dr.ChristianHengstenberg 3
DerweiteWegvonderpositivenFamilienanamnesezumGen–
MitgenomweitenAssoziationsstudienaufderÜberholspur
PDDr.JeanetteErdmann 4
VonMäusenundMenschen
ExkursionzurDeutschenMausklinik
Dr.HelmutFuchs,Dr.ValérieGailus-Durner,
Prof.Dr.MartinMatthiasHrabédeAngelis 5
NeueZellenfürdaskrankeGehirn–RegenerationsprozessenachSchlaganfall
Prof.Dr.JosefPriller 6
AllesistWechselwirkung–StammzellenundihreNische
Prof.Dr.AnthonyD.Ho 7
DemZappelphilippaufderSpur–DieGrundlagender
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung(ADHS)
Dr.AnkeHinney 8
Epigenetik–Anoderaus?WiedieGenereguliertwerden
Prof.Dr.FrankLyko 9
GrundlagenderGenomforschung 10
Impressum
2
GenomforschunG heute – DAs nAtIonALe GenomforschunGsnetZPresseworkshop des Nationalen Genomforschungsnetzes (NGFN)am 20. und 21. September 2007
ProGramm
moderation: Prof. Dr. martin m. hrabé de angelis, Sprecher des NGFN-Projektkomitees
Donnerstag, 20. September 2007
11.30bis12.00Uhr Mittagssnack
12.00bis12.10Uhr Begrüßung
Prof.Dr.MartinM.HrabédeAngelis,SprecherdesNGFN-Projektkomitees
12.10bis12.55Uhr KoronareHerzerkrankung/Herzinfarkt–
GenetischeFaktorentragenzurErkennungvonRisikopatientenbei
Prof.Dr.ChristianHengstenberg
12.55bis13.40Uhr DerweiteWegvonderpositivenFamilienanamnesezumGen–
MitgenomweitenAssoziationsstudienaufderÜberholspur
PDDr.JeanetteErdmann
13.40bis14.15Uhr Pause
14.15Uhr AbfahrtExkursion
14.45bis18.00Uhr VonMäusenundMenschen
ExkursionzurDeutschenMausklinik,
Dr.HelmutFuchs,Dr.ValérieGailus-Durner,Prof.Dr.MartinMatthiasHrabédeAngelis
ab19.00Uhr gemeinsamesAbendessenimHotel
3
Freitag, 21. September 2007
9.00bis9.45Uhr NeueZellenfürdaskrankeGehirn–RegenerationsprozessenachSchlaganfall
Prof.Dr.JosefPriller
9.45bis10.30Uhr AllesistWechselwirkung–StammzellenundihreNische
Prof.Dr.AnthonyD.Ho
10.30bis10.45Uhr Pause
10.45bis11.30Uhr DemZappelphilippaufderSpur–DieGrundlagender
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung(ADHS)
Dr.AnkeHinney
11.30bis12.15Uhr Epigenetik–Anoderaus?WiedieGenereguliertwerden
Prof.Dr.FrankLyko
12.15bis12.30Uhr Abschlussdiskussion
ab12.30Uhr Mittagssnack
individuelleAbreise
4
DAs nAtIonALe GenomforschunGsnetZ
Seit2001fördertdasBundesministeriumfürBildungundForschung(BMBF)dasNationaleGenomforschungsnetz(NGFN),umdieFunktiondermenschlichenGeneaufzuklären.ImMittelpunktderArbeitenimNGFNstehtdieErforschungdergenetischenUrsachenvonhäufigenKrankheiten.HierfürwurdeeineeinzigartigeNetzwerkstrukturgeschaffen,inderführendeExpertenausdersystematischenGenomforschungundderklinischenForschungengzusammenarbeiten.GemeinsamwollensiedaskomplexeRegelwerkunseresKörpersaufEbenederDNA,RNAundderProteineverstehen,umAnsatzpunktefürdieBehandlungbisherunheilbarerKrankheitenzufinden.
DasNGFNbautaufdemDeutschenHumangenomprojekt(DHGP)auf,indemvon1995bis2004grundlegendegenetischeAnalysenfürdieEntschlüsselungdesmenschlichenGenomsundanschließendFunktionsanalysendurchgeführtwurden.BereitsindererstenFörderphasedesNGFNvon2001bis2004konntendieWissenschaftlereindrucksvolleErgebnisseerzielen.2003wurdendieArbeitendesNFGNvoneineminternationalenExpertengremiumevaluiert.DieErgebnissederBegutachtungwarenAnlassfürdiezweite,aktuelleFörderphase,dienochbisEnde2007andauert.
Krankheitsorientierte und systematische GenomforschungInneunkrankheitsorientiertenGenomnetzenerforschenNGFN-Wissenschaftler,welcheProzesseKrankheitenwieKrebs,Herz-Kreislauf-ErkrankungenundErkrankungendesNervensystemszugrundeliegen.AußerdemuntersuchensieKrank-heiten,dieaufInfektionenundEntzündungensowieUmweltfaktorenberuhen.DiepatientenorientierteForschunggehtimNGFNHandinHandmitdersystematischenAnalysedesGenoms,TranskriptomsundProteoms.UmdenhierfürnötigenKosten-undZeitaufwandaufeinvertretbaresMaßzureduzieren,werdensolchegroßangelegtenUntersuchungenvonden
ArbeitsgruppenderSystematisch-MethodischenPlattformen(SMP)übernommen.InzwölfSMPwendenhochspezialisierte
FachleuteleistungsfähigeTechnologiendermodernenHochdurchsatzforschunganundentwickelndiese
kontinuierlichweiter.AußerdemstellensieallenNGFN-WissenschaftlerneineeffizienteDatenverarbeitungzurVerfügung.Seit2004wurdemitdenExplorativenPro-jekten(EP)darüberhinauseinInstru-mentgeschaffen,dasneueTechnolo-gienundAnwendungsgebietefürdieHumangenomforschungerschließensoll.Ininsgesamt19EPkönnenWissenschaftlerihreinnovativenForschungsideenüberprüfenundumsetzen.
Erkrankungen des Nerven systems*
herz-Kreislauf-Erkrankungen
Umweltbedingte Erkrankungen
Infektion und Entzündung
Krebs*
ExplorativeProjekte
Systematisch-methodische Plattformen
*jeweils drei Genomnetze
5
Standards etablieren und Ergebnisse nutzenEinumfassendesQualitätsmanagementstelltsicher,dassalleNGFN-WissenschaftlernachdengleichenQualitätsstan-dardsarbeiten,diesichaninternationalenRichtlinienorientieren.NebeneinergleichbleibendhohenQualitätallerimNGFNerzeugtenMaterialienundErgebnissewirdsoaucheinoptimalerDatenaustauschinnerhalbdesNetzwerksgewährleistet.AußerdemwurdeimNGFNeineKoordinierungsstellefürdenTechnologietransfereingerichtet.IhreAufgabeistes,wirt-schaftlichinteressanteErgebnisseausdemNGFNzuidentifizierenundmöglichstrascheinerzielgerichtetenVerwertungdurchdieIndustriezuzuführen.DamiterhöhensichauchdieChancenfürPatienten,vonimNGFNentwickeltenneuenThe-rapie-undDiagnoseverfahrenzeitnahzuprofitieren.
Beraten, koordinieren und organisierenDieinhaltlicheAusrichtungunddiewissenschaftlicheStrategiedesNGFNwerdenmaßgeblichvondenMitgliederndesLen-kungsgremiumsgestaltet.EshatdieFunktioneinesunabhängigenundexternenBeraterkreises.Außerdemsteuertundüber-wachtdasLenkungsgremiumdieProgrammumsetzungundunterstütztdamitdieEntwicklungdesNGFN.DemGremiumgehö-renachtPersönlichkeitenausderakademischenundindustriellenForschungsowieausgroßenForschungsorganisationenan,diealleehrenamtlichtätigsind.DieinterneSelbststeuerungdesNGFNerfolgtdurchdasProjektkomitee.EssetztsichausVertreternderSystematisch-MethodischenPlattformen,derneunkrankheitsorientiertenGenomnetzesowieeinemVertreterfürdieExplorativenProjektezusammen.DieMitgliederdesProjektkomiteesüberprüfendenVerlaufderwissenschaftlichenProjekteundkoordinierendieForschungsowiedieÖffentlichkeitsarbeit.DasProjektmanagementunterstütztdasLenkungs-gremiumunddasProjektkomiteebeiihrenKoordinierungs-undSteuerungsaufgaben.EsinformiertdieMitgliederdieserGre-mienregelmäßigüberdieSituationundEntwicklungdesGesamtprojektsundorganisiertwissenschaftlicheTagungen.ÜberMaßnahmenderÖffentlichkeitsarbeitfördertdasProjektmanagementdieAkzeptanzfürdiemedizinischeGenomforschunginderBevölkerung.
ausblickImFebruar2007wurdevomBMBFeineneueAusschreibungfüreinedritteFörderphasedesNGFNveröffentlicht.DieseumfasstzweiFördermaßnahmen.DieersteMaßnahme„IntegrierteVerbündedermedizinischenGenomforschung(NGFN-Plus)“solldasVerständnismolekularbiologischerundpathophysiologischerProzessebeiVolkskrankheitenunterklinischerAusrichtungerweiternundAnsatzpunktefürdieEntwicklunginnovativerVerfahrenundProduktefürdieDiagnoseundThera-pieschaffen.HierfürwerdenmolekularbiologischerSachverstand,einschlägigeklinisch-medizinischeExpertiseundsystema-tischesowiesystembiologischeAnsätzemiteinanderkombiniert.
InderzweitenFördermaßnahme„InnovationsallianzendermedizinischenGenomforschung(NGFN-Transfer)“sollderTransfervonwissenschaftlichenErgebnissenausdermedizinischenGenomforschungindieAnwendungunterstütztwerden.Zielistes,dieErgebnisseausderakademischenForschungschnellerindieindustrielleAnwendungzubringenunddamitdieEntwicklungneuerDiagnostikaundMedikamentezufördern.ForschendeUnternehmen,HochschulenundaußeruniversitäreForschungs-einrichtungensollengemeinsaminengerZusammenarbeitmarktrelevanteundtransfertauglicheInnovationengenerieren.
DerBegutachtungsprozessfürbeideFördermaßnahmenläuftzurzeit.
6
koronAre herZerkrAnkunG/herZInfArkt – GenetIsche fAktoren trAGen Zur erkennunG von rIsIkoPAtIenten beIProf. Dr. Christian hengstenberg
KardiovaskuläreErkrankungensindmitAbstanddiehäufigsteTodesursacheinwestlichenIndustrienationen,vorKrebser-krankungen,chronischenLungenerkrankungenunddenFolgendesDiabetesmellitus.AufgrundderfortschreitendenÜber-alterungunsererGesellschaftwerdendiesechronischenErkrankungenzunehmendanBedeutunggewinnen.Diekardio-vaskulärenErkrankungen–hierstelltderHerzinfarktdie„SpitzedesEisbergs“dar–sindindenletztenJahrzehntenimmerhäufigerdieUrsachefürKrankenhausaufenthalte.EsgibthierbeieinenklarenZusammenhangzwischenHäufigkeitdesAuf-tretenskardiovaskulärerErkrankungenunddemAlter.DieWeltgesundheitsorganisationundlokaleRegierungen,soauchdieBundesregierung,habendahererheblicheAnstrengungenunternommen,umPräventionsprogrammezurVermeidungdieserchronischenErkrankungenaufzusetzen.
risikofaktoren für das auftreten eines herzinfarktsAusgroßenepidemiologischenStudienistbekannt,dassesFaktorengibt,diedasAuftreteneinesHerzinfarktsbegünsti-gen.HierzuzählenderhoheBlutdruck,einerhöhterCholesterinspiegel,derDiabetesmellitusunddasRauchen.IndenletztenJahrenhatsichaberauchherausgestellt,dasseinefamiliäreDispositionerheblicheAuswirkungaufdieEntstehungeinesHerzinfarktshat(sieheAbb.1).Unter„familiärerDisposition“wirddieVererbungeinerReihevonGenenzusammen-gefasst,derenIdentifikationdasZielunserergenetischenArbeitenist.
hyper-cholesterin-
ämie
hypertonie
Diabetesmellitus
FamiliäreBelastungalter
rauchen
adipositas
KörperlicheInaktivität
Abb. 1: Zusammenspiel der verschiedenen kardiovaskulären Risikofaktoren bei der Entstehung der Atherosklerose
7
abschätzung des individuellen risikosDasindividuelleRisikofürdiekoronareHerzerkrankungkannmitverschiedenenTabellenoder„Scoring“-Instrumentenabgeschätztwerden.HierzugehörenderESC-ScoreausEuropaoderderFramingham-ScoreausAmerika,diedieeinzel-nenRisikofaktoreninjeweilsleichtabgewandelterFormberücksichtigen(sieheAbb.2).AnhanddieserTabellenkanndannabgeschätztwerden,wiestarkeinPatientgefährdetist.DieseRisikoeinschätzungistdeshalbbesonderswichtig,dasichhierausEntscheidungenzur(medikamentösen)Behandlungergeben.
A lte r
Ch o le ste r in ( m m o l)
65
60
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50
40
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140
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120
180
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1204 5 6 7 8 4 5 6 7 8 4 5 6 7 8 4 5 6 7 8
150 250200 300 m g /d l
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12
41
2920
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3424
17
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2114
10
7
2417
12
8
2820
14
10
3324
17
12
128
5
4
139
6
4
1611
8
6
1913
9
6
2216
11
8
7
5
3
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8
6
4
3
10
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3
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1
≥ 15%
10–14%
5–9%
3–4%
2%
1%
<1%
Score
Syst
. Blu
tdru
ck (m
mH
g.)
Nichtraucher Raucher Nichtraucher Raucher
Frauen Männer
Abb. 2: ESC-Score der Europäischen Kardiologen-Gesellschaft zur Abschätzung des individuellen Risikos für einen Herztod innerhalb von zehn Jahren
(Quelle: Eur Heart J 2003; 24: 1601)
8
Identifizierung von hochrisiko-IndividuenAusklinischerSichtstelltsichimmerwiederdieFrage,welcherPatientmitwelcherTherapie-Strategieambestenbehan-deltist.DiestrifftinsbesondereaufdiePrimärpräventionzu,alsodieVermeidungdesAuftretenseinerErkrankung(z.B.einesHerzinfarkts).DieseistsehrkostenintensivundohnekritischeSelektionderinFragekommendenIndividuennichtfinanzierbar.DieMedikamentesolltendahervorallembeidenjenigenPersoneneingesetztwerden,diedashöchsteRisikohabenunddaherammeistenvonihrerGabeprofitierenwerden.IndiesemZusammenhangkommenunseregenetischenUntersuchungeninsSpiel:UnserZielwares,MarkerimGenomzuidentifizieren,dieeserleichtern,diejenigenIndividuenherauszufiltern,diedashöchsteRisikofürdasAuftreteneinesHerzinfarktshaben.
Genetische Faktoren
Umwelt-Faktoren
Individuelles risiko
Abb. 3: Das individuelle Risiko setzt sich aus einer Mischung von Umweltfaktoren (Rauchen, Ernährung, etc.) und genetischen Faktoren zusammen.Genetische Untersuchungen bei herzinfarktfamilienKandidatengen-ansatz BeiderUntersuchungvonstarkengenetischenEffektenliegtesnahe,solcheGenezuuntersuchen,diebekanntermaßenstarkeEffekteaufRisikofaktorenhaben,wiezumBeispieldenBluthochdruck(arteriellerHypertonus).HierbeiwurdeindemsogenanntenKandidatengen-AnsatzeineReihevonGenenuntersucht,vondeneneinstarkerEffektaufdenBluthoch-druckbekanntist.InteressanterweisekonntemithilfedesKandidatengen-AnsatzeszwareinEffektaufdenBluthochdruck,jedochnichtaufdenHerzinfarktfestgestelltwerden.
Genomweite analysen mit mikrosatelliten DaherwurdenineinemweiterenSchrittüber1400Familiengesammelt,indenenderHerzinfarktbesondershäufigvor-kam.BeidiesenFamilienwurdedasgesamteGenommit400gleichmäßigverteiltengenetischenMarkernuntersucht.Hier-beizeigtesicheinhochsignifikantesErgebnisaufdemChromosom14,wasdieVermutungnahelegte,dassineinerRegionvonetwa5MillionenBasenpaareneinodermehrereGenevorhandensind,diedasHerzinfarktrisikodeutlicherhöhen.
DieweitereAufarbeitungdieserGenregionaufChromosom14wardasThemafürdieArbeitenimNGFN.HierwurdenFeinkartierungenmitMikrosatelliten,Fall-KontrollstudienundfunktionelleStudienunternommen,die„das“kausaleHerzinfarkt-Genidentifizierensollten.
9
Fall-Kontroll-analysen mit markern für Einzelbasen-austausche (single nucleotide polymorphisms, SNPs) DieseUntersuchungsmethodedientdemZiel,diegenomischeRegiondesHerzinfarkt-LokusweiterimDetailzuuntersu-chenundeventuelldiezugrundeliegendeMutationzuidentifizieren.HierbeiwerdenHerzinfarkt-FällemitKontrollpersonenaufdieMerkmalederEinzelbasen-Austauscheverglichen.SokonnteninunsererStudiemehrals1000SNP-Markerbei1600Personen(800Herzinfarkt-Fälleund800Kontrollpersonen)untersuchtwerden.SiebeinhaltendreisignifikanteRegionen,dieimnächstenSchrittanweiterenPopulationenrepliziertwurden.
Genomweite analysen mit Einzelbasen-austausch-markern DiesistdiemodernsteallerzurVerfügungstehendengenetischenUntersuchungsmethoden.Mehrals500000SNP-Mar-kerproTestpersonwerdengleichzeitigaufsogenanntenSNP-Chipsuntersucht.AllerdingslieferndieseUntersuchungeneineFülleanBefunden,vondeneneinigelediglichaufgrundderWahrscheinlichkeitsverteilung–alsodurchZufall–positivsind.Diese„falschpositiven“ErgebnissezeigenkeinechtesGenfürdenHerzinfarktan.DieUnsicherheit,obessichum„falschpositive“oder„richtigpositive“Befundehandelt,kanndurchWiederholung(Replikation)derUntersuchungenineinerunabhängigenPopulationbeseitigtwerden.BleibendieErgebnisseweiterpositiv,soistvoneinemechtenEffektaus-zugehen.InsolchengenomweitenFall-KontrollstudienkonntenweitereGenomregionenaufdenChromosomen1,6und9identifiziertwerden.DieRegionaufdemChromosom9erbrachtediestärkstenSignaleundwurdeauchanweiterenKollek-tivendurchandereArbeitsgruppenbestätigt.DieseGenvariantehateinenrelativstarkenEffektunderhöhtdasRisikofürdasAuftreteneinesHerzinfarktsinderBevölkerungum20Prozent.DamitistdieRisikoerhöhungdurchdiesegenetischeVariantemitdenbislangbekanntentraditionellenkardiovaskulärenRisikofaktorenvergleichbar.AktuellsindweitereStu-dienzurAufdeckungderFunktiondieserGeneindenChromosomen-RegionenimGange.
InsgesamtkonntengenetischeFaktorenmitstarkemEffektidentifiziertwerden,dieeinewichtigeRollebeiderEntstehungeinesHerzinfarktsspielen.EswirddieAufgabedernächstenJahresein,dieFunktiondiesergenetischenFaktorenzuver-stehenundsomöglicherweiseprotektiveMedikamentezuentwickeln.Weiterhinistdavonauszugehen,dassdiesegene-tischenInformationendazubeitragen,dieklinischeVersorgungunddiebestehendeRisikoabschätzungvonPatientenzuverbessern.
10
akademische ausbildung und beruflicher Werdegang1981–1983 StudiumderChemie/DiplomanderLudwig-Maximilians-Universität
München1983–1989 StudiumderHumanmedizinanderUniversitätWienundander
Julius-Maximilians-UniversitätWürzburg1989 StaatsexamenanderJulius-Maximilians-UniversitätWürzburg1989–1991 UniversitätMarburg,InnereMedizin–Kardiologie1990 Approbation1990 PromotioninderHumanmedizinüber„ExpressionvonAntigenenund
NeoantigenenbeientzündlichenHerzerkrankungenundbeiAbstoßungs-reaktionennachHerztransplantation“(MedizinischeKlinikundPoliklinikderUniversitätWürzburgbeiProf.Dr.B.Maisch)
1991–1993 AusbildungstipendiumderDeutschenForschungsgemeinschaftamIn-stitutNationaledelaSantéetRechercheMédicale(INSERM)Unité127inParis,Frankreich,beiProf.Dr.K.SchwartzzumThema„MolekulareGenetikderhypertrophischenKardiomyopathie“
1993–1996 UniversitätMarburg,KardiologieIntensivstationseit1996 KlinikumderUniversitätRegensburg,KlinikundPoliklinikfürInnere
MedizinII(Kardiologie,Pneumologie,Nephrologie,internistische IntensivmedizinundPsychosomatik)1999 FacharztfürInnereMedizin2000 TeilgebietsbezeichnungKardiologie2001 OberarztderKlinik2001 HabilitationimFachInnereMedizinanderMedizinischenFakultätder
UniversitätRegensburgüber„GenetischeEinflüssebeiderkoronarenHerzerkrankung.EpidemiologischeundmolekularbiologischeUnter-suchungen“
2002 GeschäftsführenderOberarzt2004 BerufungaufeineC3-Professurfür„KlinischeundMolekulareKardio-
logie“anderKlinikundPoliklinikfürInnereMedizinIIderMedizinischenFakultätderUniversitätRegensburg
seit2005 LeitenderOberarztundständigerVertreterdesDirektorsderKlinik
ProF. Dr. mED. ChrIStIaN hENGStENBErGKlinikundPoliklinikfürInnereMedizinIIKlinikumderUniversitätRegensburgFranz-Josef-Strauss-Allee11,93053Regensburg
Tel.:0941944-7258Fax:0941944-7235E-Mail:christian.hengstenberg@uni-regensburg.de
geborenam12.September1962inEsslingen
11
Forschungsschwerpunkte•BMBF,NGFN-2:„GenomweiteUntersuchungeninHerzinfarkt-Geschwisterpaaren“•Kompetenznetz„Herzinsuffizienz“:PartnerimTeilprojekt5„GenetischeÄtiologiederHerzinsuffizienz“
•EU-Projekt:integriertesProjekt„CARDIOGENICS“•KORA-500K:InitiativederGSF-MünchenzurgenomweitenSNP-AnalysevonNormalpersonen
Stipendien und auszeichnungen1991–1993 AusbildungstipendiumderDFGamInstitutNationaledelaSanté
etRechercheMédicale(INSERM)Unité127inParis,Frankreich,beiProf.Dr.K.SchwartzzumThema„MolekulareGenetikderhypertrophischenKardiomyopathie“
1993 INSERM-Förderung„ScreeningeinergroßenFamiliemithypertrophischerKardiomyopathie“
2002 VerleihungdesJan-Brod-PreisesfürdieArbeit„Acomprehensivelinkageanalysisformyocardialinfarctionanditsrelatedriskfactors“
2002 VerleihungdesFellowshipsderEuropäischenGesellschaftfürKardiologie(FESC)
GutachtertätigkeitInternationale Fachzeitschriften •EuropeanHeartJournal•CardiovascularResearch•JournalofHypertension•JournalofMolecularandCellularCardiology•ClinicalScience•ExperimentalandClinicalEndocrinology&Diabetes•JournalofMolecularMedicine•Pharmacogenetics•Atherosclerosis
Institutionen •AssociationFrançaisecontrelesMyopathies(AFM)•InstitutNationaldelaSantéetRechercheMédicale(INSERM)
12
ausgewählte PublikationenSamaniNJ,ErdmannJ,HallAS,hengstenberg C,ManginoM,MayerB,DixonRJ,Meitin-gerT,BraundP,WichmannHE,BarrettJH,KönigIR,StevensSE,SzymczakS,TregouetDA,IlesMM,PahlkeF,PollardH,LiebW,CambienF,FischerM,OuwehandW,BlankenbergS,BalmforthAJ,BaesslerA,BallSG,StromTM,BraenneI,GiegerC,DeloukasP,TobinMD,Zie-glerA,ThompsonJR,SchunkertH;WTCCCandtheCardiogenicsConsortium.Genome-wideassociationanalysisofcoronaryarterydisease.NEnglJMed.2007Aug2;357(5):443-53.IF51,296
BaesslerA,FischerM,MayerB,KoehlerM,WiedmannS,StarkK,DoeringA,ErdmannJ,RieggerG,SchunkertH,KwitekAE,hengstenberg C.Epistaticinteractionbetweenhaplotypesoftheghrelinligandandreceptorgenesinfluencesusceptibilitytomyocardialinfarctionandcoronaryarterydisease.HumMolGenet.2007Apr15;16(8):887-99.IF8,099
FischerM,BroeckelU,HolmerS,BaesslerA,hengstenberg C,MayerB,ErdmannJ,KleinG,RieggerG,JacobHJ,SchunkertH.Distinctheritablepatternsofangiographiccoronaryarterydiseaseinfamilieswithmyocardialinfarction.Circulation.2005Feb22;111(7):855-62.IF10,940
hengstenberg C,BroeckelU,MayerB,HolmerS,MartinLJ,BlangeroJ,NürnbergP,ReisA,RieggerGAJ,JacobHJ,SchunkertH.Acomprehensivelinkageanalysisformyocardialinfarctionanditsrelatedriskfactors.NatureGenetics.2002Feb;30(2):210-214.IF24,176
hengstenberg C,CarrierL,BeckmannJS,GuicheneyP,DufourC,BercoviciJ,DausseE,Berebbi-BertrandI,WisnewskyC,PulvenisD,FetlerL,VignalA,WeissenbachJ,HillaireD,FeingoldJ,BouhourJB,HagegeA,DesnosM,IsnardR,DubourgO,KomajdaM,SchwartzK.Mappingofanovelgeneforfamilialhypertrophiccardiomyopathytochromosome11.NatureGenetics.1993;4:311-313.IF24,176
13
Der weIte weG von Der PosItIven fAmILIenAnAmnese Zum Gen – mIt GenomweIten AssoZIAtIonsstuDIen Auf Der ÜberhoLsPur PD Dr. Jeanette Erdmann
DiegenetischenUrsachenkomplexerErkrankungen,wiediekoronareHerzerkrankungundderHerzinfarkt,könnenprinzipiellmitzweimethodischenAnsätzenuntersuchtwerden:KopplungsanalysenundAssoziationsstudien.
DerVorteilsolchergenomweitenAnalysenist,dasshierfürvorabkeinehypothetischenAnnahmenbezüglichderPatho-physiologiederErkrankungnötigsind.DurchdieAnalysevongenetischenMarkern,dieengmaschigdasgesamteErbgutüberspannen,könnenRegionenidentifiziertwerden,indeneneinkrankheitsverursachendesGenmithoherWahrschein-lichkeitlokalisiertist.
FürKopplungsuntersuchungenwerden400sogenannteMikrosatelliten-Marker(basierendaufkurzenStreckenvonwie-derholten,aufeinanderfolgendenSequenzmotiven),dieregelmäßigüberdasGenomverteiltvorkommen,inFamilienoderbetroffenenGeschwisterpaarenuntersucht.DerNachteilvonsolchenfamilienbasiertenStudienistunteranderemderenormeRekrutierungsaufwand.
AufgrundderrasantentechnischenEntwicklungsindheuteaberauchgenomweiteAssoziationsstudienunterVerwendungsogenannterSNPs(VariationenvoneinzelnenBasenpaarenineinemDNA-Strang)möglich.ZwarbenötigtmanauchfürgenomweiteAssoziationsstudieneinesehrgroßeAnzahlvonProbanden(mehrals1000),damanaberkeineFamilienver-bändeuntersuchenmuss,gestaltetsichderRekrutierungsaufwanddeutlicheinfacheralsfürKopplungsanalysen.DarüberhinausistheutzutagediemethodischeAnstrengungfürdieGenotypisierungvon1000000SNPsgeringeralsfürdieTypi-sierungvon400Mikrosatelliten-Markern.
herzinfarkt und koronare herzerkrankungWirbeschäftigenunsmitdergenetischenAnalysedesHerzinfarktsundderkoronarenHerzerkrankung.DerHerzinfarktoderMyokardinfarktisteineakuteundlebensbedrohlicheErkrankungdesHerzens,beideresaufgrundeinerDurchblu-tungsstörung(Ischämie)zumGewebsuntergang(Infarkt)vonTeilendesHerzmuskels(Myokard)kommt.DerHerzinfarktistoftdieerste,dabeiaberauchdiedramatischsteManifestationderKoronarenHerzkrankheit(KHK).LautTodesursachen-statistikdesStatistischenBundesamtesstarbeninDeutschlandimJahr2006fast67000MenschenaneinemakutenHerzinfarkt.SomitlagderakuteHerzinfarkt2006anzweiterStellederTodesursacheninDeutschland.
Bedeutung der positiven FamilienanamneseAnfangder1990erJahrekonnteinderFramingham-Studiegezeigtwerden,dassdiepositiveFamilienanamneseelterlicher-seitswieauchgeschwisterlicherseitseinenunabhängigenRisikofaktorfürdieKHKunddenHerzinfarktdarstellt.AußerdemistdasfamiliäreRisikoumsohöher,jejüngerdiebetroffenenFamilienangehörigenbeiderErstmanifestationderErkran-kungwaren.DieschwedischeZwillingsstudievonMarenbergetal.erweitertedasWissenüberdieErblichkeitdesHerzin-farkts,indemdas10-JahresrisikofürzukünftigeInfarktezwischenein-undzweieiigenZwillingenverglichenwurde.Unter-suchtwurdedierelativeRisikoerhöhungfürdengesundenZwillingspartner,wennderandereamHerzinfarktverstorbenwar.WährendfürzweieiigeZwillinge,diegenetischwie„normale“GeschwistervonHerzinfarktpatientenanzusehensind,dasRisikoumdas2,6-facheerhöhtwar,stiegesfüreineiigeZwillingeumdenFaktor8,1an.
Genetisches modell der KhK und des herzinfarkts ImFallderkoronarenHerzkrankheitunddesHerzinfarktsistanzunehmen,dassmehrereprädisponierendegenetischeFaktorenineinemodermehrerenGeneninteragierenundimZusammenspielmitdenentsprechendenUmweltfaktorenineinemschleichendenProzesszurManifestationderErkrankungführen.DamithandeltessichbeimHerzinfarktumeinekomplexeErkrankung.DerEffekteinereinzelnenVarianteistinderRegelgering.DiesesziehtenormeSchwierigkeitenfür
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dieIdentifikationundklinischeGewichtungmöglicherGendefekteoderGenvariantennachsich.ZumeinenmüssendieAnalyseninenormgroßenKollektivendurchgeführtwerden,umauchVariantenidentifizierenzukönnen,diedenHerzin-farktoderdieKHKnuringeringemMaßebeeinflussen.AußerdemerschwertdasindividuellvonProbandzuProbandwech-selndegefäßvaskuläreRisikoprofil(wiez.B.Rauchen,BluthochdruckoderDiabetes)dieAuswertung.Dennesdarfnichtvergessenwerden,dassauchdieseRisikofaktorendurchzahlreichegenetischeFaktorenbeeinflusstwerden.
Genomweite analysen bei herzinfarkt und KhK – Die anfängeFürdenPhänotypHerzinfarktkonnteunsereArbeitsgruppeeinenwesentlichenBeitragmitderErstidentifikationeinesGenlokusfürdenHerzinfarktaufdemChromosom14q32mittelseinerKopplungsanalyseinbetroffenenGeschwister-paarenleisten.Bisheutesindinsgesamt27GenlokifürdieKHKoderdenHerzinfarktinverschiedenenStudienmittelsKopplungsanalysenodergenomweitenAssoziationsstudiennachgewiesenworden(Abb.1).
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
YX22
11 12
212019181716151413
KKHHKK// MMII LLookkii
*
*
*
*
* KKHHKK//MMII GGeennee
KKHHKK//MMII LLookkuuss,, bbeerruuhheenndd aauuff vviieerruunnaabbhhäännggiiggeenn GGWWAAss
Abb. 1
NurfürinsgesamtvierGenregionenkonntenbislangauchdiezugrundeliegendenKrankheitsgeneidentifiziertwerden.AlsBeispielseihierALOX5AP,lokalisiertaufChromosom13q12-13,genannt:ALOX5APkodiertfürdas5-Lipoxygenase-Activating-Protein(FLAP),welchesanderLeukotrien-Synthesebeteiligtist.DieTrägerderdisponierendenALOX5AP-Gen-VariantenschütteneinLeukotrienvermehrtaus,daswahrscheinlichanderEntwicklungvonAtherosklerosebeteiligtist.
Genomweite assoziationsstudien zum herzinfarkt und KhK – Die InnovationIndenvergangenenzehnJahrenhabensichdieMethodengenomweiterAnalysenrasantweiterentwickelt.SosindseitwenigenMonatengenomweiteAssoziationsstudienmitmehrals500000untersuchterSNPstechnischdurchführbar.DiesemethodischenInnovationenhabenindenvergangenenWochenzurIdentifikationetlicherbislangunbekannterGenebzw.GenregionenfürverschiedenekomplexeErkrankungengeführt.AlleinfürdenHerzinfarktsindbislangviergenomweiteAssoziationsstudienhochrangigpubliziertworden(Samani,Erdmannetal.NEJM,2007;WTCCC,Nature,2007;Helgadot-tir,Science,2007;McPherson,Science,2007).DaseuropäischeKonsortiumCardiogenics,unterFührungderUniversitätLübeck,hatdabeidiebislangumfassendsteAnalysezurVererbungdesHerzinfarktsveröffentlicht.DabeiwurdensiebenvölligneueundbesondersrisikobehafteteGenregionenidentifiziert(1p13.3,1q41,2q36.3,6q25.1,9p23.1,10q11.21und15q22.33).ZumgroßenErstaunenwurdeinallenkürzlichpubliziertengenomweitenAssoziationsstudiendieselbeGen-
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regionaufChromosom9p21.3alsUrsachefürdenHerzinfarktidentifiziert.DasErkrankungsrisikokannsichfürhomozy-goteTrägerdesKrankheitsallelsindieserGenregionverdoppeln.DieRisikoerhöhungdurchdiegenetischenVariantenindieserGenregionistdamitmitdenbislangbekanntentraditionellenkardiovaskulärenRisikofaktorenvergleichbar.
DurchdasangewendeteStudiendesign(1.ReplikationderpositivenGenregionenauseinerenglischenineinerzweiten,deutschenFall-Kontrollstudieund2.diekombinierteAnalysederbeidengenomweitenStudien)konntenweiterhinsechsGenregionenidentifiziertwerden,diemiteinerdeutlichenRisikoerhöhungfürdieKHKunddenHerzinfarktassoziiertsind.AufgrundderErgebnisseistdiesdiebislangumfangreichstegenetischeAnalysezurKHKundzumHerzinfarktüberhaupt.
ausblickMittelfristigbestehtdurchdieneuenErkenntnissedieChance,rechtzeitigeinerhöhtesHerzinfarktrisikozuerkennenundpräventiveMaßnahmeneinzuleiten.LangfristiggebendieErgebnisseAnlasszuderHoffnung,dassneueEntstehungsme-chanismenfürdenHerzinfarktgefundenwerdenunddamitzukünftigMedikamenteentwickeltwerdenkönnen,diedieEntstehungderErkrankungverhindern.
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akademische ausbildung und beruflicher Werdegang1985–1990 StudiumderBiologieanderUniversitätKöln1991 DiplominBiologie(DiplomarbeitamInstitutfürHumangenetikinBonn)1995 PromotionzumDr.rer.nat.(InstitutfürHumangenetikinBonn)1996–2000 PostdocamDHZBinBerlin(AGProf.Regitz-Zagrosek)2000–2003 WissenschaftlicheAssistentin(C1)amUniversitätsklinikumin
Regensburg(AGProf.Schunkert)2003 Habilitationseit2004 LeiterindesmolekulargenetischenLaborsderMedizinischenKlinikII
amUK-SH,CampusLübeck
Forschungsschwerpunkte•GenetikkomplexerErkrankungen,insbesonderekardiologischePhänotypen•GenomweiteAssoziationsstudien•GenetikderMyokardhypertrophie
laufende Forschungsschwerpunkte•GenomweiteAssoziationsstudienzumHerzinfarktunddiverserSubphänotypen•GenidentifikationfürMorbusEbstein
mitgliedschaften in wissenschaftlichen Gesellschaften•DeutscheGesellschaftfürKardiologie•DeutscheGesellschaftfürHumangenetik
PD Dr. rEr. Nat. JEaNEttE ErDmaNNMedizinischeKlinikIIdesUniversitätsklinikumsSchleswig-HolsteinCampusLübeckRatzeburgerAllee160,23538Lübeck
Tel.:0451500-4857Fax:0451500-6437E-Mail:j.erdmann@cardiogenics.eu
geborenam21.11.1965inKöln
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ausgewählte PublikationenSamaniNJ, Erdmann J,HallAS,HengstenbergC,ManginoM,MayerB,DixonRJ,MeitingerT,BraundP,WichmannHE,BarrettJH,KonigIR,StevensSE,SzymczakS,TregouetDA,IlesMM,PahlkeF,PollardH,LiebW,CambienF,FischerM,OuwehandW,BlankenbergS,BalmforthAJ,BaesslerA,BallSG,StromTM,BraenneI,GiegerC,DeloukasP,TobinMD,ZieglerA,ThompsonJR,SchunkertH;WTCCCandtheCardiogenicsConsortium.Genomewideassociationanalysisofcoronaryarterydisease.NEnglJMed.2007Aug2;357(5):443-53.Epub2007Jul18.
AherrahrouZ,DoehringLC,KaczmarekPM,LiptauH,EhlersEM,PomarinoA,WrobelS,GotzA,MayerB,Erdmann J,SchunkertH.UltrafinemappingofDyscalc1toan80-kbchromosomalsegmentonchromosome7inmicesusceptiblefordystrophiccalcification.PhysiolGenomics.2007Jan17;28(2):203-12.Epub2006Aug22.
LiebW,GrafJ,GotzA,KonigIR,MayerB,FischerM,StritzkeJ,HengstenbergC,HolmerSR,DoringA,LowelH,SchunkertH,Erdmann J.Associationofangiotensin-convertingenzyme2(ACE2)genepolymorphismswithparametersofleftventricularhypertrophyinmen.Re-sultsoftheMONICAAugsburgechocardiographicsubstudy.JMolMed.2006Jan;84(1):88-96.Epub2005Nov11.
MayerB,LiebW,GotzA,KonigIR,AherrahrouZ,ThiemigA,HolmerS,HengstenbergC,DoeringA,LoewelH,HenseHW,SchunkertH,Erdmann J.AssociationoftheT8590CpolymorphismofCYP4A11withhypertensionintheMONICAAugsburgechocardiographicsubstudy.Hypertension.2005Oct;46(4):766-71.Epub2005Sep6.
FischerM,BroeckelU,HolmerS,BaesslerA,HengstenbergC,MayerB,Erdmann J,KleinG,RieggerG,JacobHJ,SchunkertH.Distinctheritablepatternsofangiographiccoronaryarterydiseaseinfamilieswithmyocardialinfarction.Circulation.2005Feb22;111(7):855-62.Epub2005Feb14.
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von mäusen unD menschen ExKUrSIoN zUr DEUtSChEN maUSKlINIK am GSF – ForSChUNGSzENtrUm Für UmWElt UND GESUNDhEIt IN NEUhErBErG
ImAltervonneunWochengehteslos:InderDeutschenMausklinik(GermanMouseClinic,GMC)werdendieMaus-mutantenaufHerzundNierengeprüft.AlsersteswiegenundvermessenKlinik-MitarbeiterdieMäuseunduntersuchen,
obAuffälligkeitenvorliegen.AnschließendtragensiealleErgebnisseunddasGeburtsdatumineineDatenbankein.Dochdamitnichtgenug:Insgesamtvier-zehnStationenwerdendieMäuseindennächstenzweiMonatendurchlaufen.DenndieDeutscheMausklinikisteineDiagnoseklinik,indergenetischverän-derteMäusesystematischphänotypisiertwerden.VerhaltenundLungenfunk-tiongehörendabeiebensozudenUntersuchungsmodulenwieNeurologie,KardiologieundAllergien–keinwichtigerBereichwirdausgelassen.Zielistes,TiermodellefürgenetischbedingtemenschlicheKrankheitenzufinden,umdiesebesserzuverstehenundmitdiesemWissenneueDiagnose-undThera-piemöglichkeitenentwickelnzukönnen.DafürmüssendieMausmutanteneinergründlichenDiagnoseunterzogenwerden.DennnurwenndieWissenschaftlerbisinsletzteDetailverstehen,wasindenMutantenpassiert,könnensiedieGenfunktionenmitmedizinischerundbiologischerRelevanzaufklären.
Diagnose im WochentaktEinManagement-TeamderGMChateinendetailliertenAblaufplanerstellt,nachdemdieeinzelnenMauslinienimwöchent-lichenRhythmusindieverschiedenenUntersuchungsmodulevorrücken.AlleTestssindzeitlichsoaufeinanderabgestimmt,dasssiesichnichtgegenseitigbeeinflussenkönnen.DieMausklinikbietetaußerdemdieweltweiteinzigartigeMöglichkeit,MauslinienandererwissenschaftlicherArbeitsgruppenaufzunehmenundzuuntersuchen.JedeWochewerdendiese„frem-den“,6WochenaltenMausmutantenangeliefert.DieNeuankömmlingehabenersteinmaldreiWochenZeit,sichandieneueUmgebung,dasFutter,dieGerüche,GeräuscheundTierpflegerzugewöhnen,bevorsieuntersuchtwerden.DennalleMäusesollendiegleicheAusgangssituationhaben,sodassdieWissenschaftlersiemiteinandervergleichenkönnen.
320 Parameter pro mauslinieFürdievielfältigenundumfassendenUntersuchungenarbeitetdieMausklinikmitzahlreichenSpezialistenzusammen.SotestenzumBeispielNeurologenderLudwig-Maximilians-UniversitätinMünchenReflexeundMuskelspannung,währendWissenschaftlerderTechnischenUniversitätMünchenBlutprobenderMäuseaufimmunologischeErkrankungenunter-suchen.FürdieDiagnosesetzendieWissenschaftlerGeräteein,diemanauchauseinernormalenKlinikkennt:Elektro-kardiogramm,Röntgen-undUltraschallgerätesowieBlutanalysemaschinen.SieunterscheidensichlediglichinderGröße.SowurdezumBeispieleinMikro-ComputertomographspeziellfürMäuseentwickelt.NachAbschlussdesPrimärscreensliegendenWissenschaftlerndann320unterschiedlicheParametervor.AnhanddieserDatenkönnensiebeurteilen,obessichumeineMausliniemiteinemPhänotyphandelt,dereinermenschlichenErkrankungähnelt.SiebziggenetischveränderteMauslinienhabendieNeuherbergerWissenschaftlerseitdemAufbauderGMCbereitsuntersucht.BeifastallenfandensiezahlreicheAbweichungenimVergleichzudengenetischunverändertenMäusen.ZudenErfolgenzähltzumBeispieldieCra1-Mausmutante,einModellfürAmyotropheLateralsklerose(ALS),eineerblichedegenerativeErkrankungderMotoneuronen.DieMausliniewurdebeieinemeinfachenneurologischenTestentdeckt:WenndieWissenschaftlerdieMaushochhielten,krampftendieHinterbeine.MitzunehmendemAlterver-schlechternsichbeidieserMausliniedanndiemotorischenFähigkeiten.
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UrsacheisteineinzigerAminosäureaustauschindemintrazellulärenTransportproteinDynein,durchdendieMotoneu-ronenimRückenmarkdegenerieren.AberauchMauslinien,dieesbereitsseitJahrengibt,werdeninderGMCnocheinmalgründlichdurchgecheckt.Erstkürzlichzeigtesich,dasssichdieserAufwandlohnt:DieWissenschaftlerentdecktenbeieinerzehnJahrealtenMausliniemiteinerMutationineinemwichtigenCytoskelett-Bestandteileinenausgeprägtenimmu-nologischenPhänotyp.Bislanghattemanvergeblichversucht,herauszufinden,wasdieseMutationbewirkt.EinweiteresBeispielisteineMausmutante,dieeinModellsystemfürdasDown-Syndromdarstellt.BeidiesenschwerzuzüchtendenMäusenkonntenanderGMCnichtnurimmunologischeEffektenachgewiesenwerden,dieauchbeimMenschenbekanntsind,sondernauchVeränderungenamAugeundimVerhalten.
Die Kunst des EinfrierensDochwiebewahrtmaneinewissenschaftlichrelevanteMauslinieauf?Sieimmerweiterzuzüchtenwärezuaufwendig.DieWissenschaftlergreifendes-halbaufdieKryokonservierungzurück:SpermienoderEmbryonendermutan-tenMausliniewerdeninflüssigemStickstoffeingefroren.BeiBedarfkönnensiedannaufgetaut,revitalisiertundweiteruntersuchtwerden.DochnichtalleForschungseinrichtungenbeherrschendiesesaufwendigeVerfahren,daseinhohestechnischesKnow-howerfordert.DeshalbwurdedasEuropäischeMaus-Mutanten-Archiv(EMMA)gegründet,dasallenWissenschaftlerndiekostenloseAufbewahrungihrerMauslinienanbietet.EMMAsetztsichaussiebenInstituteninsechseuropäischenLändernzusammen.AlleArbeitsabläufevomEinfrierenüberdieGesundheitskontrollebishinzurHandhabungunddemTransportderlebendenMäusesowiedesgefrorenenMaterialssindinStandard-OperatingProtokollen(SOP)genauestensgeregelt.SomitentsprichtdieArbeitvonEMMAdenhöchstenQualitätsstandards.AnderGSFinNeuherbergwerdenhauptsächlichSpermieneingefroren,diePartner-instituteinEngland,Frankreich,Italien,PortugalundSchwedenhabensichaufdasEmbryo-Freezingspezialisiert.
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Den mäusen Auf Den fersenErläuterungen zum ablauf der Exkursion
EinführungsvortragProfessorMartinM.HrabédeAngelis,DirektorderGMCundEMMA,stelltdieArbeitenanderDeutschenMausklinikvorunderläutertFragenwie:WozuüberhauptMausmodelleundwelchenNutzenkanndieHumanmedizinausdenErkenntnissenziehen?
Besuch der StationenDieStationenderKlinikwerdenindreiGruppenbesucht.DieeinzelnenGruppenpassierendazuseparateLuftschleusenundjederBesucherbekommteinenSchutzanzug.Hiergehtesnichtdarum,dieBesucherzuschützen,sonderndieMäusevoreventuellenInfektionen.AbhierverfolgenSiedenWegderMäusedurchdieKlinik.
AlleMäusederKlinikwerdenineinerabgestimmtenReihenfolgeandenverschiedenenStationenaufunterschiedlicheSystemegetestet.ImDysmorphologiescreenwerdensieaufauffälligeäußereMerkmalehinuntersucht.ImAnschlusswerdendieMäuseimVerhaltensscreenbeobachtet.DiefolgendenStationensindderNeurologiescreen,derAugen-screenunddieKlinischeChemie.WeiterwerdenBlutuntersuchungenzurImmu-nologie,zuAllergienunddemSteroid-Stoffwechseldurchgeführt.AuchdasHerz-KreislaufsystemunddieLungenfunktionwerdengeprüft.ImGenexpressi-onsscreenwirduntersucht,welcheGeneaktivsind.AnschließendwirdderEnergiehaushaltgetestet.DieletzteStationistdiePathologie.
BeiIhremBesuchderMauskliniklernenSieexemplarischeinigederStationennäherkennenunderfahrenmitwelchenMethodendieMäuseuntersuchtwer-den.Sieerleben,welcheAufgabendieMäusezubewältigenhabenundwiesiesichinderUntersuchungssituationverhalten.
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akademische ausbildung und beruflicher Werdegang1988–1993 StudiumderAgrarwissenschaften,Fachrichtung TierwissenschaftenanderTUMünchen-Weihenstephan 1994–1996 WissenschaftlicherMitarbeiteramLehrstuhlfürTierzuchtderTU
München-Weihenstephan;PromotionmitdemThema„GenetischeIdentifizierungvonFisch-Ökotypen“
seit1997 WissenschaftlicherMitarbeiteramGSF–ForschungszentrumfürUmweltundGesundheitGmbH,Neuherberg
seit2001 Wissenschaftlich-TechnischerLeiterderDeutschenMausklinik
Forschungsschwerpunkte•Mausphänotypisierung•Knochen,KnorpelundDysmorphologie•ENU-Mutagenese
ausgewählte PublikationenLaetitiaMagnol,Marie-ClémenceChevallier,ValérieNalesso,StéphanieRetif,helmut Fuchs,MartinaKlempt,PatriciaPereira,MichelRiottot,SandraAndrzejewski,Bich-ThuyDoan,Jean-JacquesPanthier,AnnePuech,Jean-ClaudeBeloeil,MartinHrabedeAngelisandYannHérault(2007):Loss-of-functionofKitinducefattyliverdiseaseinmouseneonateswithdownre-gulationofLpin1,VldlrandLplgenes-Post-natallethalityinKitmutantcorrelateswithste-atosisanddownregulationofLpin1,VldlrandLplgenes.BMCDevBiol.2007Jul5;7(1):81.
TheEumorphiaConsortium(2005):EMPReSS:standardizedphenotypescreensforfunctionalannotationofthemousegenome.NatGenet.37(11):1155.
Dr. hElmUt FUChSGSF–ForschungszentrumfürUmweltundGesundheitInstitutfürExperimentelleGenetikIngolstädterLandstraße1,85764Neuherberg
Tel.:0893187-3151Fax:0893187-3500E-Mail:hfuchs@gsf.de
geborenam18.Dezember1968inRosenheim
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Gailus-DurnerV,Fuchs h,BeckerL,BolleI,BrielmeierM,Calzada-WackJ,ElvertR,EhrhardtN,DalkeC,FranzTJ,Grundner-CulemannE,HammelbacherS,HolterSM,HolzlwimmerG,HorschM,JavaheriA,KalaydjievSV,KlemptM,KlingE,KunderS,LenggerC,LisseT,MijalskiT,NatonB,PedersenV,PrehnC,PrzemeckG,RaczI,ReinhardC,ReitmeirP,SchneiderI,SchreweA,SteinkampR,ZybillC,AdamskiJ,BeckersJ,BehrendtH,FavorJ,GrawJ,Heldmai-erG,HoflerH,IvandicB,KatusH,KirchhofP,KlingensporM,KlopstockT,LengelingA,MullerW,OhlF,OllertM,Quintanilla-MartinezL,SchmidtJ,SchulzH,WolfE,WurstW,ZimmerA,BuschDH,deAngelisMH(2005):IntroducingtheGermanMouseClinic:openaccessplat-formforstandardizedphenotyping.NatMethods.2(6):403-4.
YuP,ConstienR,DearN,KatanM,HankeP,BunneyTD,KunderS,Quintanilla-MartinezL,HuffstadtU,SchroderA,JonesNP,PetersT,Fuchs h,deAngelisMH,NehlsM,GrosseJ,WabnitzP,MeyerTP,YasudaK,SchiemannM,Schneider-FreseniusC,JaglaW,RussA,PoppA,JosephsM,MarquardtA,LaufsJ,SchmittwolfC,WagnerH,PfefferK,MuddeGC(2005):Autoimmunityandinflammationduetoagain-of-functionmutationinphospholipaseCgamma2thatspecificallyincreasesexternalCa2+entry.Immunity.22(4):451-65.
HafezparastM,KlockeR,RuhrbergC,MarquardtA,Ahmad-AnnuarA,BowenS,LalliG,WitherdenAS,HummerichH,NicholsonS,MorganPJ,OozageerR,PriestleyJV,AverillS,KingVR,BallS,PetersJ,TodaT,YamamotoA,HiraokaY,AugustinM,KorthausD,WattlerS,WabnitzP,DickneiteC,LampelS,BoehmeF,PerausG,PoppA,RudeliusM,SchlegelJ,Fuchs h,HrabedeAngelisM,SchiavoG,ShimaDT,RussAP,StummG,MartinJE,FisherEM(2003):Mutationsindyneinlinkmotorneurondegenerationtodefectsinretrogradetrans-port.Science.300(5620):808-12.
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akademische ausbildung und beruflicher Werdegang1984-1990 StudiumderBiologieanderUniversitätKonstanz1990 DiplomarbeitzumThema„CharakterisierungderAcetolactatsynthase
aushöherenPflanzen“amLehrstuhlfürPhysiologieundBiochemiederPflanzen,UniversitätKonstanz
1991–1994 WissenschaftlicheMitarbeiterinamLehrstuhlfürBiochemie,UniversitätKonstanz,PromotionzumThema„CharakterisierungdesAdsorptions-komplexesdesBakteriophagenfd“
1995–1998 PostdoctoralFellowundResearchAssociate,WaksmanInstituteRutgers,TheStateUniversityofNewJersey;Thema:TranskriptionsregulationvonMeioseinHefe
1998–2001 WissenschaftlicheMitarbeiterinderArbeitsgruppeBioinformatik,InstitutfürSäugetiergenetik,GSF;Thema:TranskriptionsregulationvonGenen
seit2001 KoordinationderDeutschenMausklinik(GMC),InstitutfürExperimen-telleGenetik,GSF
Projekte•KoordinationderDeutschenMausklinik(GMC)•PhänotypisierungvonMausmodellenaufeuropäischerEbene(Eumorphia,Eumodic)•ManagementnationalerundeuropäischerForschungsprogramme
auszeichnungen und Preise1995,1997–1998 CharlesandJohannaBuschPostdoctoralFellowship,RutgersUniversity1995–1997 StipendiatinderDeutschenForschungsgemeinschaft(DFG)
Dr. ValérIE GaIlUS-DUrNEr GSF–ForschungszentrumfürUmweltundGesundheitInstitutfürExperimentelleGenetikIngolstädterLandstraße1,85764Neuherberg
Tel.:0893187-3613Fax:0893187-3500E-Mail:gailus@gsf.de
geborenam19.Dezember1965inWeinheim/Bergstraße
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ausgewählte PublikationenBenderA,BeckersJ,SchneiderI,HölterSM,HaackT,RuthsatzT,Vogt-WeisenhornDM,BeckerL,GeniusJ,RujescuD,IrmlerM,MijalskiT,MaderM,Quintanilla-MartinezL,FuchsH,Gailus-Durner V,HrabedeAngelisM,WurstW,SchmidtJ,KlopstockT.Creatineimproveshealthandsurvivalofmice.NeurobiolAging.2007Aprilonline.
BarrantesIdelB,Montero-PedrazuelaA,Guadano-FerrazA,ObregonMJ,MartinezdeMenaR,Gailus-Durner V,FuchsH,FranzTJ,KalaydjievS,KlemptM,HolterS,RathkolbB,Rein-hardC,MorrealedeEscobarG,BernalJ,BuschDH,WurstW,WolfE,SchulzH,ShtromS,GreinerE,HrabedeAngelisM,WestphalH,NiehrsC.Generationandcharacterizationofdickkopf3mutantmice.MolCellBiol.2006Mar;26(6):2317-26.
Gailus-Durner V,FuchsH,BeckerL,BolleI,BrielmeierM,Calzada-WackJ,ElvertR,EhrhardtN,DalkeC,FranzTJ,Grundner-CulemannE,HammelbacherS,HolterSM,HolzlwimmerG,HorschM,JavaheriA,KalaydjievSV,KlemptM,KlingE,KunderS,LenggerC,LisseT,Mijal-skiT,NatonB,PedersenV,PrehnC,PrzemeckG,RaczI,ReinhardC,ReitmeirP,SchneiderI,SchreweA,SteinkampR,ZybillC,AdamskiJ,BeckersJ,BehrendtH,FavorJ,GrawJ,Heldmai-erG,HoflerH,IvandicB,KatusH,KirchhofP,KlingensporM,KlopstockT,LengelingA,Mul-lerW,OhlF,OllertM,Quintanilla-MartinezL,SchmidtJ,SchulzH,WolfE,WurstW,ZimmerA,BuschDH,deAngelisMH.IntroducingtheGermanMouseClinic:openaccessplatformforstandardizedphenotyping.NatMethods.2005Jun;2(6):403-4.
PascheB,KalaydjievS,FranzTJ,KremmerE,Gailus-Durner V,FuchsH,HrabedeAngelisM,LengelingA,BuschDH.Sex-dependentsusceptibilitytoListeriamonocytogenesinfectionismediatedbydifferentialinterleukin-10production.InfectImmun.2005Sep;73(9):5952-60.
DalkeC,LosterJ,FuchsH,Gailus-Durner V,SoewartoD,FavorJ,Neuhauser-KlausA,PretschW,GekelerF,ShinodaK,ZrennerE,MeitingerT,deAngelisMH,GrawJ.Electrore-tinographyasascreeningmethodformutationscausingretinaldysfunctioninmice.InvestOphthalmolVisSci.200445:601-9.
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akademische ausbildung und beruflicher Werdegang1990 StaatsexameninBiologieundSport,Philipps-UniversitätMarburg
(Prof.Dr.A.Bertsch–mitAuszeichnung)1990 Diplom–AusbildungsehbehinderterundblinderMenschen,
Philipps-UniversitätMarburg(Prof.Dr.Hildebrandt–sehrgut)1990–1994 WissenschaftlicherAssistent,Philipps-UniversitätMarburg1994 PromotioninBiologie,Philipps-UniversitätMarburg
(Prof.Dr.C.Kirchner–summacumlaude)1994 Postdoc,Philipps-UniversitätMarburg1994–1997 Postdoc,JacksonLaboratory,BarHabor,Maine,USA1997–2000 ArbeitsgruppenleiterimDeutschenHumangenomprojektund
KoordinatordesENU-Maus-Mutagenese-Projekts,InstitutfürExperimentelleGenetik,GSF,München
1998 Begründerder„INGENIUMBiopharmaceuticalsAG“seit2000 DirektordesInstitutsfürExperimentelleGenetik,GSF,Münchenseit2000 LeiterundKoordinatordesEuropäischenMaus-Mutanten-Archiv
(EMMA),Monterotondo,Italienseit2001 „IncaricodiRicerca“desNationalenForschungsratesItalien(CNR)2001 GründungderDeutschenMausklinikseit2003 ProfessoranderTechnischenUniversität,Münchenseit2006 SprecherdesProjektkomiteesdesNationalenGenomforschungsnetzes2007 BegründerderNanoReproGmbHseit2007 VorsitzdeswissenschaftlichenBeiratsNanoReproab2008 ESFRI(EuropeanStrategyForumonResearchInfrastructures)BMS-
Projektkoordinator„Infrafrontier–FunctionalGenomicsintheMouseasaModel“
Forschungsschwerpunkte•„Large-scale“Mutagenese•UntersuchungenamMausmodell,umvererbbareKrankheitenimMenschenzuanalysieren
•Delta/Notch-Signalweg•Knochenerkrankungen
ProF. Dr. rEr. Nat. martIN matthIaS hraBé DE aNGElISGSF–ForschungszentrumfürUmweltundGesundheitInstitutfürExperimentelleGenetikIngolstädterLandstraße1,85764Neuherberg
Tel.:0893187-3302Fax:0893187-3500E-Mail:hrabe@gsf.de
geborenam29.Oktober1964inGießen
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mitgliedschaften1997–1998 MitgliedderPatent-undLizenzagenturimDeutschenHuman-
genom-projekt1997–2003 MitglieddesKomiteeszurKoordinationvonPatentenim
DeutschenHumangenomprojekt1999–2004 MitglieddeswissenschaftlichenKoordinierungskomiteesim
DeutschenHumangenomprojekt1999 MitglieddeswissenschaftlichenBeiratsder„INGENIUMBiopharma-
ceuticalsAG“seit1999 Mitglieddes„MutagenesisScientificAdvisoryBoard“(SAB)des
JacksonLaboratory,BarHabor,Maine,USAseit2001 MitglieddesProjektkomiteesdesNationalenGenomforschungs-
netzes1und2seit2002 MitglieddeswissenschaftlichenBeiratsderAcademiaSinicaTaiwan,
Taipeh(Programm„Mausgenetik“)seit2002 VorstandsmitgliedderInternationalMammalianGenomeSociety, MitgliedderDeutschenGesellschaftfürProteomforschung, MitgliedderGesellschaftfürGenetik
herausgebertätigkeiten und Editorial Boards•EditorialBoard:MolecularMedicine•Mitherausgeber:TheScientificWorldJOURNAL•Gutachterfür:Development,MoD,MammalianGenome,DevBiol,TIGs,Genesis,GenomeResearch,WelcomeTrust,DFG,EMBO,CNRS,MRC,EU-Kommission
auszeichnungen und Preise•„summacumlaude“fürdieGesamtleistunginderPromotion(Dr.rer.nat.),PhilippsUniversitätMarburg
•PostdoctoralFellowshipderDeutschenForschunggemeinschaft(DFG)•PostdoctoralFellowshipderJacksonLaboratories,NIHfinanziert•„Bestscientificconsortium“DeutschesHumangenomprojektTreffen–VereinzurFörderungderdeutschenGenomforschung
•„IncaricodiRicerca“CNRItalien•PaulaundRichardvonHertwigPreisfürinterdisziplinäreForschung
ausgewählte Publikationenhrabe de angelis, m. H.,H.Flaswinkel,etal.(2000).„Genome-wide,large-scaleproductionofmutantmicebyENUmutagenesis.“NatGenet25(4):444-7.
Brown,S.D.,Chambon,P.,hrabe de angelis, m.(2005).„EMPReSS:standardizedpheno-typescreensforfunctionalannotationofthemousegenome.“NatGenet37(11):1155.
Gailus-Durner,V.,H.Fuchs,etal.(2005).„IntroducingtheGermanMouseClinic:openaccessplatformforstandardizedphenotyping.“NatMethods2(6):403-4.
Zeiser,S.,H.V.Liebscher,etal.(2006).„NumberofactivetranscriptionfactorbindingsitesisessentialfortheHes7oscillator.“TheorBiolMedModel3(1):11.
Tiedemann,H.B.,SchneltzerE.,Zeiser,S.,Rubio-Aliaga,I.,Wurst,W.,Beckers,J.,Przemeck,G.K.,hrabe de angelis, m.(2007).„Cell-basedsimulationofdynamicexpressionpatternsinthepresomiticmesoderm“.JTheorBiol.May21.
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neue ZeLLen fÜr DAs krAnke GehIrn – reGenerAtIonsProZesse nAch schLAGAnfALLProf. Dr. Josef Priller
DasGehirnisteinaußerordentlichkomplexesOrganundvermagsichnacheinerSchädigungkaumzuregenerieren.Neu-rologischeundpsychiatrischeErkrankungen,diemitVerlustenoderFunktionsstörungenvonNervenzelleneinhergehen,füh-rendeshalbzuschwerenunddauerhaftenFunktionsausfällen,wiemansiezumBeispielvomSchlaganfall(fokalezerebraleIschämie)kennt.
NeuereUntersuchungsbefundeweckenHoffnungenfürSchlaganfallpatienten.ImGehirndesMenschenwerdenbisinshoheAltertäglichneueNervenzellengebildet.DiesesogenannteadulteNeurogeneseistzwarörtlichstrengbeschränkt,imFalleeinerSchädigungdesGehirnskanndieseBeschränkungaberüberwundenunddieneugebildetenNervenzellengezieltindiegeschädigtenHirnarealeumgelenktwerden.BeidiesemProzesswerdensiemöglicherweise,ähnlichwiebeiderEntwick-lungdesGehirns,vonbenachbartenGliazellenunterstützt.NacheinerzerebralenIschämiekommteszueinerausgeprägtenEntzündungsreaktion(Inflammation)undzurgezieltenEinwanderungvonEntzündungszellenausdemBlutindasGehirn.TraditionellwirddieInflammationalseinwesentlicherpathogenetischerFaktorinderSchadenskaskadenacheinerzere-bralenIschämiebetrachtet,allerdingskönntedenEntzündungsprozessenaucheineRollebeiderRegenerationzukommen.WirkonntenimTiermodellzeigen,dassZellenausdemKnochenmarkindasSchlaganfallgebieteinwandernunddortauchlängerfristigEigenschaftenvonortsständigenZellenannehmen.DieRekrutierungvonKnochenmarkszellenindasGehirnistengmitderBildungvonneuenGefäßen(Angiogenese)assoziiert.KörperlicheAktivitäterhöhtdasAusmaßderAngiogeneseunddiePräsenzvonKnochenmarkszellenumdieneugebildetenGefäßeimSchlaganfallgebiet.KörperlicheAktivitätverbes-sertauchdiefunktionelleRehabilitationnachexperimentellemSchlaganfallimTierversuch.Wiruntersuchengegenwärtig,welcheWechselwirkungenzwischenInflammation,AngiogeneseundNeurogenesenachderfokalenzerebralenIschämiebestehen.DieErgebnissedieserUntersuchungenkönntendazubeitragen,dassneue,innovativeTherapieverfahrenentwi-ckeltwerden,dieauchlangenachdemEintrittdesSchlaganfallsWirkungentfalten,indemsieendogeneRegenerationsme-chanismenermöglichenundunterstützen.
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akademische ausbildung und beruflicher Werdegang1988–1990 VorklinischesStudiumderHumanmedizinanderUniversitätBochum1990–1996 KlinischesStudiumderHumanmedizinanderTechnischenUniversität
München,derUniversitédeLausanne(Schweiz),derGeorgetownUniversityundderHarvardUniversity(USA)
1997–1998 ArztimPraktikum,Max-Planck-InstitutfürPsychiatrie,MünchenundKlinikfürNeurologie,Charité,Berlin
1998 ApprobationalsArzt1998 Promotion,Max-Planck-InstitutfürPsychiatrie,Martinsried:„Molekulare
MechanismenderGliazellaktivierungimzentralenNervensystem“(summacumlaude)
1998–2004 WeiterbildunginNeurologie,Charité,Humboldt-UniversitätBerlin1998–2004 WissenschaftlicherAngestellter,KlinikfürNeurologie,Charité,Berlin2002 Habilitation,Charité,Humboldt-UniversitätBerlin:„Gliaundhämato-
poetischeZellenimzentralenNervensystem“2002 WissenschaftlicherAngestellter,KlinikfürPsychiatrieundPsychothera-
pie,Charité,Berlin2002,2004–2007 WeiterbildunginPsychiatrieundPsychotherapie,Charité2004 C3-ProfessurfürPsychiatrie,KlinikfürPsychiatrieundPsychotherapie,
Charité–UniversitätsmedizinBerlinseit2004 ProfessorfürPsychiatrie,KlinikfürPsychiatrieundPsychotherapie,
Charité,Berlinseit2006 Oberarzt,KlinikfürPsychiatrieundPsychotherapie,Charité,Berlin
Forschungsschwerpunkte•RegenerativeMedizin,adulteStammzellen•GentherapiefürneurologischeundpsychiatrischeErkrankungen•NeurogeneseandAngiogenese•MolekulareMechanismenderNeurodegenerationandInflammationimZNS•Neuroprotektion•SerotonergesSystem
ProF. Dr. mED. JoSEF PrIllErCharité–UniversitätsmedizinBerlin,LeiterdesLaborsfürMolekularePsychiatrieArbeitsgruppenleiter,AbteilungfürExperimentelleNeurologieSchumannstraße20/21,10117Berlin
Tel.:030450-617209Fax:030450-517931E-Mail:josef.priller@charite.degeborenam26.September1970inAugsburg
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aktuelle Forschungsprojekte•BMBF/NGFN2: GenexpressionsprofilevonKnochenmarkszellenimGehirnnachIschämie
•DFG: In vivoImagingvonmesenchymalenStammzellennachSchlaganfallinderMaus•BMBF: RegenerativesPotenzialvonneural-induziertenmesenchymalenStammzellennachSchlaganfall
•IBB/PROFIT: InnovativesVerfahrenfürdieHerstellung,ModifizierungundCharakterisie-rungvonneuraldifferenziertenmesenchymalenStammzellen
mitgliedschaften in wissenschaftlichen Gesellschaften2002 MitglieddesWissenschaftlichenBeirats,InstitutfürMensch,Ethikund
Wissenschaft,Berlin2004 MitgliedderJungenAkademie,Berlin-BrandenburgAkademieder
WissenschaftenundLeopoldina
auszeichnungen und Preise1989–1995 StipendiumderStudienstiftungdesdeutschenVolkes1998 Oskar-Karl-ForsterStipendiumfürdieDoktorarbeit2000 MSDStipendiumNeurologie2001 NovartisPreisfürTherapeutischeForschung2002 EMBOStipendium2004–2005,2007 TeachingAwardsimInternationalGraduateProgramMedical
NeurosciencesanderCharité2007 JSPSStipendium
Editorial Boardseit2006 BrainPathology
ausgewählte PublikationenPriller J,FlügelA,WehnerT,BoentertM,HaasCA,PrinzM,Fernández-KlettF,PrassK,Bech-mannI,deBoerBA,FrotscherM,KreutzbergGW,PersonsDA,DirnaglU(2001)Targetingofgene-modifiedhematopoieticcellstothecentralnervoussystem:useofthegreenfluorescentproteinuncoversmicroglialengraftment.NatMed7:1356-1361.
Priller J,PersonsDA,KlettFF,KempermannG,KreutzbergGW,DirnaglU(2001)NeogenesisofcerebellarPurkinjeneuronsfromgene-markedbonemarrowcellsin vivo.JCellBiol155:733-738.
LuttunA,TjwaM,MoonsL,WuY,Angelillo-ScherrerA,LiaoF,NagyJA,HooperA,Priller J,DeKlerckB,CompernolleV,DaciE,BohlenP,DewerchinM,HerbertJ-M,FavaR,MatthysP,CarmelietG,CollenD,DvorakHF,HicklinDJ,CarmelietP(2002)RevascularizationofischemictissuesbyPlGFtreatment,andinhibitionoftumorangiogenesis,arthritisandatherosclerosisbyanti-Flt1.NatMed8:831-840.
HeppnerFL,GreterM,MarinoD,FalsigJ,RaivichG,HovelmeyerN,WaismanA,RülickeT,PrinzM,Priller J,BecherB,AguzziA(2005)Experimentalautoimmuneencephalomyelitisrepressedbymicroglialparalysis.NatMed11:146-152.
HoffmannO*,Priller J*,ProzorovskiT,Schulze-TopphoffU,BaevaN,LunemannJD,AktasO,MahrhoferC,StrickerS,ZippF,WeberJR(2007)TRAILlimitsexcessivehostimmunere-sponsesinbacterialmeningitis.JClinInvest117:2004-2013.
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ALLes Ist wechseLwIrkunG – stAmmZeLLen unD Ihre nIscheProf. Dr. anthony D. ho
StammzellensindAlleskönnerunddieVorläuferderSpezialisten,dieinunseremKörperdenbesonderenAufgabenzumBeispieleinerBlut-,Nerven-oderLeberzellegerechtwerden.ImGegensatzzudiesendifferenziertenZellensindStammzel-leninderLage,einesogenannteasymmetrischeZellteilungzudurchlaufen,dasheißt,auseinerStammzelleentstehenzweiverschiedenprogrammierteTochterzellen.AusdererstenTochterzellegehenidentischeNachkommenzellenzurErhaltungdesZelltypshervor(Selbsterneuerung).DiezweiteTochterzelledifferenziertsichzueinerhochspezialisiertenZelle,zumBeispieleinerBlutzelle.StammzellenwerdenaufgrundihresentwicklungsgeschichtlichenAltersundihrerFähigkeit,ver-schiedeneGewebetypenzubilden(Differenzierungspotenzial),unterschieden.SehrjungeembryonaleStammzellensindnochinderLage,einengesamtenOrganismuszubilden,siesinddahertotipotent.StammzellenetwasältererEmbryonenkönnenimmernochjedeArtvonZelltypausbildenundwerdenalspluripotentbezeichnet.AuchnachderGeburtgibtesimKörperadulteStammzellenalsVorläuferunterschiedlicherGewebetypen.Siesindallerdingsweniger„potent“alsdieembry-onalenStammzellen.MesenchymaleStammzellen(MSC)heißendieStammzellendesunreifen,unspezialisiertenBindege-webes(Mesenchym).MangewinntsieausverschiedenenGewebendesKörperswieKnochenmark,NabelschnurblutoderFettgewebe.AusihnengeheneineVielzahlunterschiedlicherZelltypenhervor(z.B.Muskeln,Knochen,Bindegewebe).Blut-stammzellen(hämatopoetischeStammzellen)tragenwirlebenslanginunseremKnochenmark,siesinddieVorläuferallerZellenunseresBlutes.
Umwandlungskunst von adulten Stammzellen – Nur fauler zauber?MitBeginnderForschunganmenschlichenembryonalenStammzellenhabenvieleForscherbehauptet,dassdieausdemerwachsenenKörpergewonnenenadultenStammzellengenausoleistungsfähigseien.ImGegensatzzuranfänglichenEupho-riesindinletzterZeitjedocherheblicheZweifelanderBeweisführungfürdas„Plastizitätspotenzial“vonadultenStammzel-lengeäußertworden.BesondersinregenerativenGewebenfusionierendifferenzierteZellendesEmpfängersmitinjiziertenStammzellen,wasalseineUmwandlungderadultenStammzellenfehlinterpretiertwurde.
mesenchymale Stammzellen – Pluripotent oder impotent?MesenchymaleStammzellenlassensichausKnochenmark,NabelschnurblutsowieausFettgewebeisolierenundin vitrovermehren.DieForschunghattedieHoffnung,dassmesenchymaleStammzellenauchpotentsind,Zellenzubilden,dienor-malerweisenichtausdemMesenchymentstehen(Transdifferenzierung),zumBeispielLeberzellenoderLungengewebe.AberauchhieristdieBeweisführungderUmwandlungsfähigkeitinsZwielichtgeraten.NachunsereneigenenUntersuchungenunddenenvielerandererAutorenbeschränkensichMSCinihremEntwicklungspotenzialaufeinemöglicheDifferenzierunginKnochen,Knorpel,Muskeln,BindegewebeoderFettgewebe,alsodieGewebetypenmesenchymalenUrsprungs.Versuche,dieaufeineUmwandlungdieserZelleninLeber-oderNervengewebehindeuten,lassensichnichtreproduzieren.
regenerationskräfte stimulierenInHeidelbergbefassenwirunsbesondersmitdenGrundlagenderSteuerungderobenbeschriebenenStammzelleigen-schaftenSelbsterneuerungundVerwandlungskunst.StammzellenliegennichtalsisolierteInselnvor,sondernsindumge-benvonanderenZellenundProteinen.DieseUmgebungwirdStammzellnischegenannt.AlsModellsystemfürdieseNischehabensichfürBlutstammzellendieobenerwähntenmesenchymalenStammzellenalsgeeigneterwiesen.WirkonntensodieRollederWechselwirkungzwischenadultenStammzellenundihrerNischefürdieSelbsterneuerungsfähigkeitbeweisen.DieWechselwirkungwirddurcheinenvölligneuen,bishernichtbeschriebenenKommunikationswegübersogenannteJunctionszwischenMSCsowiezwischenBlutstammzellenundMSCbewerkstelligt.DieCharakterisierungdieserWechselwirkungaufmolekularerEbeneistmitdemErlernenderSprachezwischenStammzellenundihrenNischenvergleichbar.
DasAusgangsmaterial„Stammzelle“,sowohlembryonaleralsauchadulterHerkunft,istbisherqualitativsehrheterogen.DiegenetischeAnalysehatdazubeigetragen,einheitlicheLeitlinienzurDefinitionundCharakterisierungderStammzell-
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präparationenzuetablieren.DurchdieGenomuntersuchungsowohlderBlutstammzellenalsauchderMSChabenwirgrund-legendeKenntnisseüberdieSteuerungsmechanismenderSelbsterneuerungversusDifferenzierunggewonnen.Wirhabennachweisenkönnen,dasssowohldieSteuerungderSelbsterneuerungsfähigkeitalsauchdeslangfristigenDifferenzierungs-programmsvonStammzellenganzentscheidenddurchdieWechselwirkungmitderzellulärenNischebestimmtwird.DiegenetischenundmolekularenKonsequenzendieserWechselwirkungwurdendefiniert.AlsFolgeprojektvonderNGFN-2-För-derunghabenwireininterdisziplinäres,überregionalesKonsortium(START-MSC)aufgebaut,dassichzumZielgesetzthat,einepräziseStandardisierungundCharakterisierungderStammzellenunterEinsatzdermodernenMethodenderGenom-undProteomforschungundeineVereinheitlichungderPräparations-undDifferenzierungsprotokollefürdieklinischeAnwen-dungvorzunehmen.
UnsereUntersuchungendeutendaraufhin,dassdieVerwendungvonStammzellenwahrscheinlichnichtdereinziggangbaretherapeutischeWegfürdieregenerativeMedizinist.DenkbarwäreebenfallsderEinsatzvonFaktoren,dieeineSelbster-neuerungderStammzellenauslösenoderdieReprogrammierungpräexistenterKörperzellensteuern.SolcheKenntnissekönnennurdurchfundierteGrundlagenforschungundmithilfederGenom-undProteomforschunggewonnenwerden.Ent-sprechendeFaktorenkönntenbeimMenscheninFormvonMedikamentenzurAnwendungkommen,umsodieinunseremKörperverborgenenJungbrunnen–dieadultenStammzellen–zumLebenzuerweckenundtherapeutischzunutzen.
Abb.1 : Mesenchymale Stammzellen (MSC), gewonnen aus dem menschlichen Knochenmark, die unter entsprechenden Kulturbedingungen Muskel-, Knochen-, Knorpel- oder Fettzellen produzieren und klinisch eingesetzt werden können. Sie sind miteinander durch bemerkenswerte zytoplasma-tische Fortsätze, Junctions und Junction complexes verbunden, sodass ein charakteristisches Netz-werk von MSC gebildet wird.
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Beruflicher WerdegangBundesrepublik Deutschland1975–1980 WeiterbildungInnereMedizin,HämatologieundOnkologie,
MedizinischeKlinikV,UniversitätHeidelberg1983 Habilitation,UniversitätHeidelberg1989–1992 AußerplanmäßigerProfessorderMedizin,UniversitätHeidelberg
Vereinigtes Königreich (UK)1980–1981 Forschungsaufenthalt(HonoraryLecturer)amRoyalFreeHospitaland
SchoolofMedicine,Hampstead,London(StipendiatderDeutschenKrebshilfe,Bonn)
Kanada1990–1992 FullProfessor,DepartmentofMedicine,FacultyofMedicine,University
ofOttawa;DirectorofResearch,NortheasternOntarioRegionalCancerCenter,Sudbury,Ontario
Vereinigte Staaten (USa)1992–1998 ProfessorofMedicine,DivisionofHematology/Oncology,
DepartmentofMedicine,UniversityofCalifornia,SanDiego,California1996–1998 Co-Division-Chief,DivisionofHematology-Oncology,
UniversityofCaliforniaSanDiego,SanDiego,California
Bundesrepublik Deutschlandseit6.3.1998 OrdinariusundÄrztlicherDirektorderAbteilungInnereMedizinV,
UniversitätHeidelberg
Forschungsschwerpunkte•BiologieundTeilungderBlutstammzellen–ZellteilungderadultenStammzellen,AsymmetrischeZellteilung,SteuerungderSelbsterneuerungversusDifferenzierungderStammzellen
•WechselwirkungzwischenStammzellenundihrenNischen,UmschulungderadultenStammzellendurchdasMicroenvironment,BotenstoffezwischenStammzellenunddenumgebendenZellen
ProF. Dr. mED. aNthoNy D. hoOrdinarius,ÄrztlicherDirektorderMedizinischenKlinikVSchwerpunktHämatologie,OnkologieundRheumatologie,UniversitätHeidelbergImNeuenheimerFeld410,69120Heidelberg
Tel.:0622156-8000Fax:0622156-5813E-Mail:anthony_dick.ho@urz.uni-heidelberg.de
geborenam1.Juli1948inHongKong
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aktuelle Forschungsprojekte•Koordinator des Verbundprojekts„START-MSC”,N1GN0532(StandardizationforRegenerativeTherapy–MesenchymalStemCells),Mitglieder:1.Klüter,Mannheim;2.Ho,Heidelberg;3.Besser,Berlin;4.Franke,Heidelberg;5.AlbrechtMüller,Würzburg;6.Stamm,Rostock;7.Ott,Hannover;8.Dresel,Heidelberg
•DFG 914/2-1:AsymmetrischeZellteilungalsParameterfürSelbsterneuerunghäma-topoetischerStammzellen
•DFG 914/3-1:Plasticitypotentialandasymmetricdivisionsofhematopoieticstemcells•BMBF Förderungskennzeichen 01GN0107:PlastizitätspotenzialsomatischerStammzellenausfötalerLeber,demNabelschnurblutundausErwachsenenknochenmarkfürneutraleDifferenzierung(Plasticityandengraftmentpotentialsofstemcellsderivedfromfetalliver,umbilicalcordbloodandadultmarrowforneuronaldifferentiation)
•BMBF: NGFN-2:EP-S19T01:GenotypischeCharakterisierungderMesenchymalenStammzellen
•Karl- und Maria-Biesinger-Stiftung:GenomanalysedersymmetrischversusasymmetrischgeteiltenBlut-Stammzellen
•Joachim-Siebeneicher-Stiftung: SelbsterneuerungsfähigkeitsomatischerundleukämischerStammzellen
mitgliedschaften in wissenschaftlichen Gesellschaftenseit2002 MitgliedderZentral-Ethik-KommissionfürStammzellforschungdes
RobertKoch-Instituts,Berlinseit2003 MitgliedderHeidelbergerAkademiederWissenschaftenseit2003 Ehrenprofessor,Tongji-UniversitätinWuhan,China
Patente und auszeichnungenUSPatent „HIV-specificRibozymes“PatentNumber5,670,361of23.09.971996,1997,1998 BestdoctorsinAmerica,USA
ausgewählte PublikationenLuftT,RodionovaE,MaraskovskyE,KirschM,HessM,BuchholtzC,GoernerM,SchnurrM,SkodaR,ho aD.Adaptivefunctionaldifferentiationofdentriticcells–integratingthenetworkofextra-andintracellularsignals,Blood107:4763-4769,2006.
MunderM,SchneiderH,LucknerC,GieseT,LanghansCD,FuentesJM,KropfP,MuellerI,KolbA,ModolellM,&ho aD.SuppressionofT-cellfunctionsbyhumangranulocytearginase.Blood,108,1627-1634,2006.
WagnerW.SaffrichR,WirknerU,EcksteinV,BlakeJ,AnsorgeA,SchwagerC,WeinF,MiesalaK,AnsorgeW,ho aD.HematopoieticProgenitorCellsandCellularMicroenvironment:BehavioralandMolecularChangesuponInteraction,StemCells,23:1180-1191,2005.
WagnerW,AnsorgeA,WirknerU,EcksteinV,SchwagerC,BlakeJ,MiesalaK,SeligJ,SaffrichR,AnsorgeW,ho aD.Molecularevidenceforstemcellfunctionoftheslow-dividingfractionamonghumanhematopoieticprogenitorcellsbygenome-wideanalysis,Blood104:675-686,2004.
HuangS,LawP,FrancisK,PalssonBO,ho aD.Symmetryofinitialcelldivisionsamongprimitivehematopoieticprogenitorsisindependentofontogenicageandregulatorymolecules,Blood94:2595–2604,1999.
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Dem ZAPPeLPhILIPP Auf Der sPur: DIe GenetIschen GrunDLAGen Der AufmerksAmkeItsDefIZIt-/hyPerAktIvItätsstörunG (ADhs)Dr. anke hinney
WirhabeninunsererArbeitsgruppeumProfessorJohannesHebebrandanderUniversitätDuisburg-Essendreigene-tischeVariantenidentifiziert,dieanderEntwicklungderAufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung(ADHS),auchZappelphilippsyndromgenannt,beteiligtsind.
DieADHSistdiehäufigstepsychiatrischeStörungbeiKindernundJugendlichen.Jungensinddavondrei-bisviermalsohäufigbetroffenwieMädchen.DiePatientensindhäufigunaufmerksam,unruhig,impulsivundhabeneinenerhöhtenBewe-gungsdrang.AufgrundvonZwillings-,Adoptions-undFamilienstudiengehtmandavonaus,dassADHSzucirca80Prozentgenetischmitbedingtist.DieErforschungderUrsachenvonsolchenkomplexenErkrankungen,dieausgelöstwerdendurchdasZusammenwirkenverschiedenerFaktoren,wirdseit2001vomBundesministeriumfürBildungundForschungimRah-mendesNationalenGenomforschungsnetzesgefördert.
GemeinsammitForschernausMarburg,Aachen,Berlin,HomburgundWürzburguntersuchtenwir329Familien,indenenmindestenseinKindvonderADHSbetroffenwar.SoermitteltenwirfürdensogenanntenDopamintransportereineKombi-nationvondreiVeränderungenimGen,dieengmitdiesemSyndromverbundenist.Personen,diedieseKombinationinbei-denKopiendesGensbesitzen,habenein2,5-facherhöhtesRisiko,anADHSzuerkranken.BeiPersonen,diedieseVariantenureinmalbesitzen,istdasRisikonochknapp2-facherhöht.Dasheißtnatürlichnicht,dassjeder,derdiesegenetischenVariantenträgt,automatischADHSbekommt.DieseVariantenwurdenbeicirca70ProzentallerBetroffenengefunden.AberauchbeiGesundenkommendieseVeränderungenimDopamintransporter-Genvor.Mangehtheutedavonaus,dassnochmehrGenveränderungenzusammenkommenmüssen,damitADHSentsteht.
DerDopamintransporterbringtdenimGehirnfreigesetztenBotenstoffDopaminzurückindieNervenzelle,woerbiszurnächstenFreisetzunggelagertwird.VerschiedeneUntersuchungenweisendaraufhin,dassderDopaminstoffwechselundmöglicherweiseauchdieFunktiondesDopamintransportersbeiADHS-Patientenverändertsind.Methylphenidat,deramhäufigstenverschriebeneWirkstoffbeiderADHS,bindetandenDopamintansporterundblockiertihn.DergenaueWirk-mechanismusvonMethylphenidatistjedochnochnichtvollkommenaufgeklärt.
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akademische ausbildung und beruflicher Werdegang1984–1990 StudiumderBiologie:UniversitätBielefeld;Eberhard-Karls-Universität
Tübingen;UniversityofSussex,EnglandalsStipendiatindesDeutschenAkademischenAustauschdienstes,DiplomarbeitbeiProf.Dr.M.H.L.Green,CellMutationUnit,MedicalResearchCouncil;Eberhard-Karls-UniversitätTübingen,Diplom
1990 WissenschaftlicheMitarbeiterinamKoreaInstituteofScienceandTechnology(KIST),Seoul,Süd-Korea
1990–1993 WissenschaftlicheMitarbeiterinamInstitutfürAnthropologieundHumangenetikderEberhard-Karls-UniveritätTübingen(Leiter:Prof.Dr.Dr.H.Ritter);Promotion
1993–1995 WissenschaftlicheMitarbeiterininderKnochenmarkspender-ZentralederHeinrich-HeineUniversitätDüsseldorf(LeiterProf.Dr.P.Wernet)
1995–2004 WissenschaftlicheMitarbeiterindervonderDeutschenForschungsge-meinschaftgefördertenKlinischenForschergruppe„GenetischeMe-chanismenderGewichtsregulationunterbesondererBerücksichtigungvonEssstörungenundAdipositas”(Leiter:Prof.Dr.J.Hebebrand)inderKlinikfürPsychiatrieundPsychotherapiedesKindes-undJugendaltersderPhilipps-UniversitätMarburg(Leiter:Prof.Dr.Dr.H.Remschmidt);LeitungdesmolekulargenetischenLabors
seitOkt.2004 WissenschaftlicheMitarbeiterinderKlinikfürPsychiatrieundPsycho-therapiedesKindes-undJugendaltersderUniversitätDuisburg-Essen(Leiter:Prof.Dr.J.Hebebrand);LeitungdesmolekulargenetischenLabors
Forschungsschwerpunkte•Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom•Essstörungen•Adipositas
Dr. rEr. Nat. aNKE hINNEyKlinikfürPsychiatrieundPsychotherapiedesKindes-undJugendaltersRheinischeKlinikenEssen,UniversitätDuisburg-EssenVirchowstraße174,45147EssenTel.:02017227-251oder02019597-025Fax:02017227-302oder-311E-Mail:anke.hinney@uni-duisburg-essen.de
geborenam17.Dezember1964inBielefeld
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aktuelle Forschungsprojekte•MolekulargenetischeAnalysenzurfrühmanifestenAufmerksamkeitsdefizit-/Hyper-aktivitätsstörung,AdipositasundEssstörungen
•IdentifikationvonGenvarianten,diezuÜbergewichtdisponieren•FunktionelleCharakterisierungderGenvarianteninin vitro-undin vivo-Systemen•UntersuchungenderAuswirkungderGenvariantenaufkomorbideStörungen(z.B.BluthochdruckundTypIIDiabetesmellitus)
mitgliedschaft in wissenschaftlichen Gesellschaften•GesellschaftfürImmungenetik•DeutscheAdipositasgesellschaft•DeutscheGesellschaftfürHumangenetik•DeutscheLipidliga
auszeichnungen und Preise2002 DeutscherAdipositasForschungspreisderDeutschen
Adipositas-Gesellschaft,Dresden
Editorial Boardab2008 ObesityFacts
ausgewählte PublikationenFriedelS,SaarK,SauerS,DempfleA,WalitzaS,RennerT,RomanosM,FreitagC,SeitzC,PalmasonH,ScheragA,Windemuth-KieselbachC,SchimmelmannBG,WewetzerC,MeyerJ,WarnkeA,LeschKP,ReinhardtR,Herpertz-DahlmannB,LinderM,hinney a,RemschmidtH,SchaferH,KonradK,HubnerN,HebebrandJ.AssociationandlinkageofallelicvariantsofthedopaminetransportergeneinADHD.MolPsychiatry.2007Apr10;[Epubaheadofprint].
SchimmelmannBG,FriedelS,DempfleA,WarnkeA,LeschKP,WalitzaS,RennerTJ,Roma-nosM,Herpertz-DahlmannB,LinderM,SchaferH,SeitzC,PalmasonH,FreitagC,MeyerJ,KonradK,hinney a,HebebrandJ.NoevidenceforpreferentialtransmissionofcommonvalinealleleoftheVal66Metpolymorphismofthebrain-derivedneurotrophicfactorgene(BDNF)inADHD.JNeuralTransm.2007Apr;114(4):523-6.Epub2007Jan15.
HerbertA,GerryNP,McQueenMB,HeidIM,PfeuferA,IlligT,WichmannHE,MeitingerT,HunterD,HuFB,ColditzG,hinney a,HebebrandJ,KoberwitzK,ZhuX,CooperR,ArdlieK,LyonH,HirschhornJN,LairdNM,LenburgME,LangeC,ChristmanMF.Acommongeneticvariantisassociatedwithadultandchildhoodobesity.Science.2006Apr14;312(5771):279-83.
hinney a,BetteckenT,TarnowP,BrummH,ReichwaldK,LichtnerP,ScheragA,NguyenTT,SchlumbergerP,RiefW,VollmertC,IlligT,WichmannHE,SchaferH,PlatzerM,BiebermannH,MeitingerT,HebebrandJ.Prevalence,spectrum,andfunctionalcharacterizationofmela-nocortin-4receptorgenemutationsinarepresentativepopulation-basedsampleandobeseadultsfromGermany.JClinEndocrinolMetab.2006May;91(5):1761-9.Epub2006Feb21.
HebebrandJ,DempfleA,SaarK,ThieleH,Herpertz-DahlmannB,LinderM,KieflH,Rem-schmidtH,HemmingerU,WarnkeA,KnolkerU,HeiserP,FriedelS,hinney a,SchaferH,NurnbergP,KonradK.Agenome-widescanforattention-deficit/hyperactivitydisorderin155Germansib-pairs.MolPsychiatry.2006Feb;11(2):196-205.
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ePIGenetIk – An oDer Aus? wIe DIe Gene reGuLIert werDenProf. Dr. Frank lyko
DieEpigenetikisteinrelativneuesForschungsgebiet,dasnachdemAbschlussdererstenGenomforschungsprojektewesentlichanBedeutunggewonnenhat.DieEpigenetikbeschäftigtsichmitderInterpretationdergenetischenInformationundmitdenMechanismen,diedenAktivitätszustandvonGenenregulieren.EpigenetischeRegulationresultiertineinerspezifischenProgrammierungdesGenoms,welchediecharakteristischenEigenschaftenvonZellenbestimmt.Epigene-tischeProgrammelegenbeispielsweisefest,dassinHautzellenandereGeneausgeprägtwerdenalsinLeber-oderinMuskelzellen,obwohldiegenetischeInformationinnerhalbeinesOrganismusinalldiesenZelltypenidentischist.
EinewesentlicheRolleinderepigenetischenProgrammierungimmenschlichenGenomspieltdieMethylierungderCytosin-Basen.HierbeiübertragenspezifischeEnzyme–dieMethyltransferasen–MethylgruppenaufdieCytosin-BasenderDNA.Eskonntegezeigtwerden,dasseineHäufungvonmethyliertenCytosin-BaseninderRegeldazuführt,dassdiebetroffenenGenestillgelegtwerden.MitderDNA-MethylierungstehtdemmenschlichenGenomdamiteinwichtigerMechanismuszureffizientenSteuerungvonGenenzurVerfügung.
DieForschungderletztenJahrehatgezeigt,dassdieDNA-MethylierungauchfürdieEntstehungvonKrebsvonentschei-denderBedeutungist.SoistdieHypermethylierungvonGenen,diedieZellteilungkontrollieren,einederbekanntestenundambestenuntersuchtenepigenetischenMutationeninKrebspatienten.DabeiwerdendieCytosin-BasendieserGenedurcheineabnormeAktivitätvonDNA-Methyltransferasenmethyliert.AlsFolgekanneszurStilllegungderbetroffenenGenekommen.DerartigeEpimutationensindinzwischeninderMehrzahlvonKrebspatientenbeschriebenwordenundspieleneinewichtigeRolleinderEntwicklungmolekularerDiagnoseverfahren.
DieEntwicklungvonDNA-Methyltransferase-InhibitorenbieteteineattraktiveMöglichkeit,diesenProzessumzukehrenunddieEpimutationenvonKrebszellenzubeeinflussen.InZusammenarbeitmitPartnernausderKlinikundderPharmain-dustriebemühenwirunsdarum,denEinsatzvonetabliertenDNA-Methyltransferase-Inhibitorensozuoptimieren,dassdieepigenetischenUmprogrammierungseffekteimTumoreinemaximaleWirkungentfalten.DazuidentifizierenundvalidierenwirepigenetischeBiomarker,mithilfedererwirdenmolekularenTherapieverlaufimPatientenmaterialbeobachtenkönnen.DieseAnsätzehabeneserlaubt,grundlegendeFragenzurmolekularenWirkweisevonDNA-Methyltransferase-InhibitoreninderBehandlungvonLeukämiepatientenzubeantwortenunddieklinischeAkzeptanzderepigenetischenKrebstherapiezurerhöhen.IneinemweiterenSchwerpunktentwickelnwirniedermolekulareVerbindungenalsspezifischeDNA-Methyl-transferase-Inhibitoren.DamitwerdendieVoraussetzungenfüreineneuartigeFormderChemotherapievonKrebserkran-kungengeschaffen,dieaufeinergezieltenepigenetischenUmprogrammierungvonTumorzellenberuht.
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akademische ausbildung und beruflicher Werdegang1990–1994 Biologiestudium,UniversitätHeidelberg1994 DiplomandbeiProf.Dr.B.Dobberstein,UniversitätHeidelberg DiplommitAuszeichnung1995–1998 DoktorandbeiProf.Dr.R.Paro,UniversitätHeidelberg Promotionsummacumlaude1998–2000 PostdoktorandbeiProf.Dr.R.Jaenisch WhiteheadInstituteforBiomedicalResearch,Cambridge,USA2001–2004 LeiterderArbeitsgruppeEpigenetik DeutschesKrebsforschungszentrum,Heidelbergseit2004 Abteilungsleiter,AbteilungEpigenetik DeutschesKrebsforschungszentrum,Heidelbergseit2006 Professor(W3)fürEpigenetik, FakultätfürMedizin,UniversitätHeidelberg
Forschungsschwerpunkte•Molekularbiologie,Epigenetik•TranslationaleForschung•Medikamentenentwicklung
Preise und auszeichnungen1999–2004 EmmyNoether-StipendiatderDeutschenForschungsgemeinschaft2002 HeinzMaier-Leibnitz-PreisdesBundesministeriumsfürBildungund
ForschungundderDeutschenForschungsgemeinschaft2003 Karl-Freudenberg-PreisderHeidelbergerAkademiederWissenschaften2004 TechnologyReviewMagazineTR100YoungInnovator2007 Novartis-PreisfürtherapierelevantepharmakologischeForschung
ProF. Dr. rEr. Nat. FraNK lyKoDeutschesKrebsforschungszentrum(DKFZ)ImNeuenheimerFeld58069120Heidelberg
Tel.:06221423-800Fax:06221423-802E-Mail:f.lyko@dkfz-heidelberg.de
geborenam16.Juli1970inHeidelberg
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ausgewählte PublikationenSchaefer,M.,Meusburger,M.,andlyko, F.(2007).Non-mammalianmodelsforepigeneticanalysesincancer.HumanMol.Genet.16,R1-6.
Barreto,G.,Schafer,A.,Marhold,J.,Stach,D.,Swaminathan,S.K.,Handa,V.,Doderlein,G.,Maltry,N.,Wu,W.,lyko, F.,andNiehrs,C.(2007).Gadd45apromotesepigeneticgeneactivationbyrepair-mediatedDNAdemethylation.Nature445,671-675.
Brueckner,B.,Stresemann,C.,Kuner,R.,Mund,C.,Musch,T.,Meister,M.,Sultmann,H.,andlyko, F.(2007).Thehumanlet-7a-3locuscontainsanepigeneticallyregulatedmicroRNAgenewithoncogenicfunction.CancerRes.67,1419-1423.
Stresemann,C.,Brueckner,B.,Musch,T.,Stopper,H.,andlyko, F.(2006).FunctionaldiversityofDNAmethyltransferaseinhibitorsinhumancancercelllines.CancerRes.66,2794-2800.
lyko, F.,andBrown,R.(2005).DNAmethyltransferaseinhibitorsandtheestablishmentofepigeneticcancertherapies.Natl.CancerInst.97,1498-1506.
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4
5
3
Phosphatgruppe
Zucker
Base
2
1
GrunDLAGen Der GenomforschunG
DnA – Der stoff Aus Dem DIe Gene sInD
BisAnfangdervierzigerJahrewarnichtbesondersvielüberdieVererbungbekannt.Manwusste,dassbestimmteMerkmalevonderMutterunddemVateraufdieKindervererbtwerdenundnanntedieStoffe,diefürdieseVererbungzuständigwaren,„Gene“.AberworausdieseGenebestehenundwiesie„arbeiten“,warlangeungeklärt.DannaberentdecktendieamerikanischenForscherGeorgeBeadleundEdwardTatum,dassGenedieHerstellungvonEiweißstoffendirigierenunddieEiweißstoffewiederumfürdieAus-prägungvonMerkmalen(z.B.Körpergröße,HaarfarbeoderNasenform)verantwortlichsind.1944bewiesderChemikerOswaldAvery,dassdieDNAfürdieVererbungzuständigist–einStoff,derausZucker,PhosphatenundviersogenanntenBasenaufgebautist.DochdiemeistenForscherwarennochskeptisch.ErstachtJahrespäterkipptedieMeinung.DieDNAwurdealsErbsubstanzanerkannt.JetztbeganneinbisdahinbeispiellosesWettrennen:Manwolltemöglichstschnellherausfinden,wiedieErbsubstanzeigentlichaussieht.1951gelangenderRöntgenexpertinRosalindFranklindieerstenRöntgenstruktur-AufnahmenderDNA,diewichtigeInformationendarüberlieferten,wiedieDNAaussehenkönnte.1953sahenzweijungeForscher–JamesWatsonundFancisCrick–dieRöntgenstruktur-AufnahmenvonRosalindFranklin.IhreGedankenkreistendaraufhinimmeröfterumdasThemaDNA.Undsiebeschlossen,dieStrukturderDNAmithilfevonPappstückenundModellbausteinenauszutüfteln.Alssiediesehin-undherschoben,wurdeihnenplötzlichklar,wiedieBausteinemiteinanderverbundenseinmüssten,damitalleInformationenausdenRöntgenstruktur-Bildernzusammenpassten:DieStrukturderDNAgleichteinerspiralförmigverdrilltenStrickleiter.DieSeilederStrickleiterbestehenimmerabwechselndauseinemZuckerundeinerPhosphor-säure.DieSprossenderspiralförmigenLeiterbestehenausdenBasenAdenin(A),Thymin(T),Cytosin(C)undGuanin(G) .
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Ideale EigenschaftenDieDNAerfülltalleAnforderungen,diesicheinemTrägervonInformationenstellen.SiekannInformationenverschlüsseln.InderComputertechnikwirdeinCodeausdenZiffern0und1verwendet.DasMorsealphabet,dieBlindenschriftoderunserBuchstabenalphabetverwendeneinegrößereAnzahlvonZeichen.InderDNAwirddieErbinformationdurchvierverschie-deneZeichen(dieBasenA,T,G,C)codiert.DieBasenabfolgeinnerhalbeinesEinzelstrangs(=Basen-oderNukleotidse-quenz)verschlüsseltdieErbinformation,sowieaneinandergereihteBuchstabeneinWortergebenkönnen.AußerdemistdieDNAsehrstabilundkannselbstständigReparaturvorgänge(beischadhafterDNA)durchführen.DiesenEigenschaftenisteszuverdanken,dassdiegenetischeInformationüberGenerationenmitnurgeringenVeränderungenweitergegebenwird.
„Verpackung“ der DNaDiegenetischeInformationeinerZelleistsehrumfangreich.InjedermenschlichenZellebeträgtdieDNA-LängeknappzweiMeter(mitrundsechsMilliardenBasenpaaren).DieDNAmussbeidieserLänge„verpackt“werden(=Kondensierung).DabeiwickeltsichdieDNAzweimalumsogenannteHistonkomplexe,diewie„Lockenwickler“wirken.DieseStrukturwirdNukle-osomgenannt .SieistdieGrundeinheitderChromosomen.JedesChromosomenthältdurchschnittlich675000solcherNukleosomen,dieimElektronenmikroskopwiePerlenaneinerSchnurerkennbarsind.DieDickederDNAbeträgthieretwaelfNanometer(nm=ca.1/100000mm).DadurchwirdderStrangaufrundeinSechstelverkürzt.DerNukleoso-menstrangwirdnochmalsregelmäßigzueiner30NanometerdickenFaseraufgewunden, diedurchandereProteineweiterzuSchleifengeordnetwird .DiesewerdenwiederumbeieinerZellteilungumeinzentralesProteingerüstzueiner700NanometerdickensogenanntenChromatidekondensiert .
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DIe IDentIsche DnA-rePLIkAtIon: Aus eIns mAch ZweI
NachTeilungvonKörperzellenhabendiebeidenTochterzellendiegleicheErbinformationwiedieMutterzelle.DieDNAwurdealsoidentischkopiert.DieserVorgangläuftimZellkernabundwirdauchalsReplikationbezeichnet.
Die replikation verläuft bei allen lebewesen ähnlich: 1. DerDNA-Doppelstrang(=Doppelhelix)besitztimmereinenStartpunktfürseineVerdopplung.Dortwird
dieHelixzuerstentschraubtunddanndurchein„Helixtrennungs“-Enzym(Helicase)indiebeidenEinzel-strängeaufgetrennt.DiekomplementärenTeile(Basen)werdenvoneinandergetrennt.Eshandeltsichdabeium:Adenin(A)undThymin(T)sowieGuanin(G)undCytosin(C).
2. DamitdiebeidenSträngenichtgleichanschließendwieder„verkleben“,lagernsichunmittelbarhinterderTrennungsstelleEiweißmoleküle(Proteine)andienununverbundenen„ZähnedesReißverschlusses“an.
3. Ein„Verknüpfungs“-Enzym(DNA-Polymerase)wandertinkurzerEntfernunghinterdervorrückendenHelicaseherundbautanbeidenfreigewordenenHalbsträngendieentsprechendpassendenBausteine(Nukleotide=ZuckerDesoxyribose+Phosphatgruppe+Base)an.DabeilagertdieDNA-PolymerasenursolcheBausteinean,diezudenentsprechendenNukleotidendesOriginalstrangskomplementärsind:ZumBeispielpasstderGen-BuchstabeAimmernurzuTundGimmernurzuC.
AllerdingserfolgtdieReplikationderbeidenEinzelstränge,ausdenendieDNAbesteht,nichtaufdiegleicheWeise.Dashängtdamitzusammen,dassjederderbeidenEinzelsträngeeineeigeneRichtunghat,diedurchdasZucker-Phosphat-Rückgrat(siehe„DNA–derStoffausdemdieGenesind“)vor-gegebenist:
JedePhosphatbrückeverknüpftimmerdasKohlenstoffatomanPosition5deseinenZuckersmitdemKohlenstoffatomanPosition3desfolgendenZuckers.DerEinzelstrangbekommtdadurchzweiverschiedeneEnden:Das3'-Ende,andemdasdritteKohlenstoffatomdesZuckerskeinePhosphatgruppeträgt,unddas5'-Ende,andemdasfünfteKohlenstoffatomdesZuckermolekülskeinePhosphatgruppeträgt.EineDNA-DoppelhelixbestehtauszweiSträngenmitumgekehrterOrientierung,sodassdas5'-EndedeseinenStrangsmitdem3'-EndedesanderenStrangszusammenfällt.MansprichtauchvomVorwärts-undvomRückwärtsstrang.
=Thymin(T)
=Cytosin(C)
=Adenin(A)
=Guanin(G)
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DieDNA-PolymerasekanndieEinzelsträngenurineineRichtungverdoppeln,dennsiebenötigtphosphatfreie3'-Enden,umdenneuentstehendenStrangzuverlängern.WährendsiealsodenVorwärtsstrangindieRichtungverdoppelt,indieauchdieHelicasewandert,kannsiedenRückwärtsstrangnurvonderHelicasewegverdoppeln–alsoentgegenderAufwindungsrichtung.
DieReplikationerfolgthäppchenweise:DiePolymeraselagertsichanderAufwindungsstelleanundverdoppeltimmernureinkurzesDNA-Stückvoncirca1000Nukleotid-Bausteinen.DannlöstsichdiePolymeraseab,springtzurückindieNähederinzwischenweitergewandertenAufwindungsstelleundproduziertwiedereinenkurzenDNA-Abschnitt.DieDNA-PolymerasebenötigtfürdiesewiederholtenAnlagerungenkleineStartermoleküle,sogenanntePrimer,diedas3'-Endebereitstellen,dasdiePolymerasezumAnknüpfenvonNukleotid-Bausteinenbenötigt.EshandeltsichhierbeiumkurzeRNA-Stücke,dieüberdiekomplementärenBasenandenDNA-Einzelstranggebundensind.DieRNA-StückewerdenspäterdurcheinEnzymausdementstehendenStrangentferntunddieLückengeschlossen.Diesoentstehen-denStückedesneuenDNA-StrangswerdendannübereinweiteresEnzym,dieLigase,zueinemdurchgängigenStrangverbunden.
4. AlsErgebniserhältmanimneuenDoppelstrangdieselbe„Bausteinsequenz“(Basensequenz)wieinderursprünglichenDoppelhelix.DadurchwirddieIdentitätdergenetischenInformationgewahrt.
KopierfehlerbeiderReplikationkönnenschwereSchädenfürdieentstehendenTochterzellenbedeuten.DeshalbistdieKopiergenauigkeitsehrhoch:SieliegtbeietwaeinemFehlerproeineMilliarde(109)Bausteinverbindungen.Dasent-sprichtinetwaeinemTippfehleraufca.500000Schreibmaschinenseiten.DieZelleverfügtüberbesondereEnzyme,diehinterderReplikationsgabel„Korrekturlesen“undnichtpassendeBausteinedurchdie„richtigen“ersetzen.
Schnellgehtesdarüberhinausauchnoch:NimmtmanzumBeispielfürdasDarmbakteriumE.coli(verfügtüberrund4,2MillionenBasenpaare)einenReplikationszyklusvonrund20Minutenan,errechnetsichdarauseineReplikations-geschwindigkeitvon7000VerknüpfungenproSekunde.
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Gene unD ProteIne
EinGenisteineFunktionseinheitaufderDNA.IndenGenenstehendieAnweisungen,wiedieBestandteiledesKör-pershergestelltwerden.DiemeistenGeneenthaltendieAnleitungzurHerstellungeinesProteins(=Eiweiß).EsgibtaberauchGene,diedieBauanleitungfürmehrereProteinetragen.EinigeGeneenthaltendieErbinformationzurHerstellungeinersogenanntenRibonukleinsäure(engl.Ribonucleicacid=RNA).AbernureinkleinerTeilderDNAenthältGene.Zwi-schendiesenliegenDNA-Abschnitte,derenFunktionbislangunbekanntist.MancheWissenschaftlerglauben,dassdieseAbschnitte–dieimmerhinetwa98ProzentdesmenschlichenErbgutesausmachen–garkeineFunktionhaben.
ProteinesinddiewichtigstenBaustoffedesKörpers.SiebewerkstelligenalleAufgaben,diezurLebenserhaltungundFunk-tionunseresKörpersnotwendigsind.ProteinesindzumBeispielfürdieAusbildungvonMuskeln,Haaren,Augenfarbe,Kör-pergrößeoderNasenformverantwortlich.AllerdingsreichteinProteinindenmeistenFällennichtaus,umeinbestimmtesMerkmalzuproduzieren.VielmehristeinZusammenspielvielerverschiedenerProteinenötig.MancheProteinebildenkleineMiniaturwerkzeugeineinerKörperzelle,dieman„Enzyme“nennt.
Proteinesindwinzigklein,mankannsienochnichteinmalmitdenbestenMikroskopensehen.AberesgibtspezielleTech-nikenundComputerprogramme,mitdenenmaneinModellderProteinstrukturerstellenkann.ProteinebestehenauskleinerenBausteinen,denAminosäuren,dieinFormeinerlangenKetteaneinandergeknüpftsind.DieunglaublicheVielfaltanProteinformenkommtdadurchzustande,dassdieseBausteineinunterschiedlicherKombinationmiteinanderverbundensind.
Schema der Informationsübertragung vom Gen zum Merkmal
Vom Gen zum Merkmal (Übersicht)
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trAnskrIPtIon – DIe GenetIsche InformAtIon wIrD beweGLIch
DieTranskriptionistdasAbschreibenderDNA-Information.DochwarummüssenGeneüberhauptabgeschriebenwerden?
DieBauplänefürdieProtein-BestandteileeinerZellebefindensichaufsehrlangenDNA-FädenimZellkern,währenddieRibosomen(=„Montagewerke“derProteine)sichaußerhalbdesZellkernsbefinden.IrgendwiemüssenalsodieProtein-BaupläneausdemZellkernherauszudenRibosomentransportiertwerden.DiesgeschiehtdurchdasUmschreibenderInformationvomlangenDNA-FadenaufeinenbeweglichenÜberträgerstoff.DasTransportmolekülfürdiegenetischeInfor-mationisteineRibonukleinsäure(RNA).DieseRNAnenntmandieBoten-RNA(engl.messenger-RNA=mRNA),weilsiediegenetischeBotschaftzudenRibosomenträgt.DieRNAbestehtimVergleichzurDNAauseinemEinzelstrang,istsehrvielkürzer(sieträgtjanurdieInformationeinesGens),verfügtüberRibosealsZuckerbausteinundweistanstellevonThymineineandereBase(U=Uracil)auf.
DieTranskriptionverläuftineinigenPunktenähnlichwiedieReplikationderDNA:DieDNA-SpiralewirdaneinerStelleauf-getrenntundteiltsichinzweiStränge.Diepassenden(komplementären)RNA-NukleotidewerdennachdenGesetzenderBasenpaarungangelagertundzueinemRNA-Einzelstrang,dermRNA,mithilfeeinesEnzyms(RNA-Polymerase)verbunden.
BevordiemRNAdenZellkernverlässt,werdennichtinformationstragendeAbschnitte(sog.Introns)herausgeschnitten,sodassnurdieAbschnitte,diewichtigeInformationentragen(Exons),denZellkerndurchdieKernporenverlassenundzuimZellzytoplasmabefindlichenRibosomengelangen.DieVeränderungenandermRNAwerdenProcessinggenannt,das„Herausschneiden“derIntronswirdalsSplicingbezeichnet.
Transkriptionsvorgang (schematisch)
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Der GenetIsche coDe – wörterbuch Des Lebens
DieBasenabfolgedermRNAenthältdieInformationfürdenBaueinesProteins.Die„Protein-Montagewerke“derZelle–dieRibosomen–stellenanhanddiesermRNA-BauanleitungeinProteinher.WieeinCodebuchdieÜbersetzungverschie-denerSchriftenerlaubt,zumBeispieldiedesMorsealphabetsinnormaleBuchstaben,soistdergenetischeCodeeinedirekteÜbersetzungsvorschriftfürdiesenProzess.JedreiNukleotidedermRNA–zumBeispielAGT–bildeneinCode-Wort(=CodonoderTriplett).DieRibosomenerkennen,dassjedesDrei-Buchstaben-Wortfüreinevoninsgesamt20Ami-nosäuren(=BausteinederProteine)steht.DieInstruktiondes3er-Codes„AGT“bedeutetzumBeispiel,dassSerinalsnächsterBausteinandiebereitszusammengesetzteBausteinkettegefügtwerdensoll.DannfolgenweitereCodesundsowirdBausteinumBausteinzueinemProteinzusammengefügt.ZumSchlusskommteinCodonandieReihe,dasdemRibo-somsignalisiert,dassdieProteinkettefertiggestelltist.
DieCodesonnegibtan,welchesCodondermRNAandenRibosomeninwelcheAminosäure„übersetzt“wird.DasersteNukleotid
desCodonsstehtinnen;dieCodonswerdenvoninnennachaußengelesen.DieBasenabfolgeGCCstehtzumBeispielfürdieAminosäureAlanin(=Ala),UCAfürdieAmino-säureSerin(=Ser).DerCodeistredundant,dasheißteinigeAminosäurenwerdenvonmehrerenTriplettscodiert.DieeinzelnenCodonshabenbeinahezuallenLebewesendiegleicheBedeutung.EinebestimmtemRNAwirdalsoinfastallenOrganis-menindasgleicheProteinübersetzt.DamitistdergenetischeCodebisaufwenigeAusnahmenuniversell.
Codesonne
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trnA – vermIttLer ZwIschen rnA unD AmInosäurenDergenetischeCodegibtan,welcheBasendreiergruppe(Basentriplett)dermRNAinwel-cheAminosäureübersetztwird.DieverschiedenentRNAs(transfer-RNAs)agierendabeialsVermittlermoleküle,diedieBasentriplettsunddiezugehörigenAminosäurenmiteinanderinVerbindungbringen(wieeinDolmetscher,derzweiSprachenspricht).AufgrundihresAus-sehensbezeichnetmandieStrukturdertRNA-MolekülealsKleeblatt.
AneinerspeziellenStellebesitztdastRNA-MoleküleinBasentriplett,daszueinemmRNA-Basentriplett(Codon)passt.EswirdauchAnticodongenannt.AnderdemAnticodongegenüberliegendenStellebefindetsichdieVerbindungsstellezwischentRNAundderzutransportierendenAminosäure.AuchdieseitlichherausragendenSchleifenhabenspezifischeFunktionen.ZumBeispielalsAnlagerungsregionfürdasRibosomoderErkennungsregionenfürbesondereEnzyme,diedieSubstanzenmiteinanderverbindenunddierichtigenbioche-mischenVorgängegewährleisten.Rund50verschiedenetRNA-Artensindbekannt–genug,umjeweilseineder20Aminosäurenspezifischzubinden.
tRNA Molekül
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trAnsLAtIon – eIn ProteIn wIrD „montIert“
DurchdieTranskriptionwirddieInformationeinesGensvonderDNAaufmRNAübertragen.NachdieserInformationwirdeinProteinmiteinerbestimmtenAminosäu-reabfolgezusammengebaut.DieserVorgangwirdalsTranslationzusammengefaßt.DieTranslationerfolgtandenRibosomen,denMontagewerkenfürProteine.Mitrund25Nanometern(=1/40000mm)sindsiesoklein,dasssieselbstimElektronenmikroskopnurschwerdarzustellensind.SiebestehenimmerauseinerkleinenundeinergroßenUntereinheit.DiekleineUntereinheithatprimärdieAufgabe,mRNAundtRNAzusam-menzuführenundsofürdierichtigeReihenfolgederAminosäurenimProteinzusorgen.DiegroßeUntereinheitistfürdiechemischeVerknüpfungderAminosäurenzuständig.DiemRNAunddieRibosomentreffenimZytoplasma,derZellflüssigkeit,aufeinander.
DieRibosomenlagernsichzunächstamStartcodondermRNAzumfunktionsfähigenRibosom(aufgebautausdenbeidenUntereinheiten)zusammen.DasStarter-BasentriplettdermRNAistimmerAUG.DasAnticodondertRNAistentsprechenddemPrinzipderkomplementärenBasenpaarungUACundträgtdieAminosäureMethionin(siehe„Codesonne“).NebendiesererstenBindungsstelle(sog.P-Stelle)verfügtjedesRibosomübereineweitereBindungsstelle.AndiesezweiteBindungsstelle(sog.A-Stelle)wirdnundasnächstemiteinerAminosäurebeladenetRNA-Molekülangelagert(1.und2.Schritt).IhrAnticodon(inderAbbildungGAC)kommtmitdemzweitenCodondermRNA(hierCUG)inKontaktundwirdfestverbunden.NunwerdendiebeidenAminosäurenchemischmiteinanderverknüpft.DieAminosäurekettewirdnachVorgabedesnächstenCodonsdermRNAverlängert.DabeirücktdietRNAanderP-StelleausdemRibosomheraus.IhreAminosäurebleibtaberandasentstehendeProteingebunden(3.Schritt).DietRNAder
A-StellerücktzurP-Stellevor,dieA-StellewirdfreiundkanneineneuetRNAmitpassendemAnticodonbinden(4.Schritt).DurchdieWiederholungdiesesVorgangswirddasangefangeneProteinjeweilsumeineAminosäurever-längert.Undzwarexaktso,wieesdieCodonsdermRNAvorschreiben.
Ribosom mit seinen beiden Untereinheiten
Translationsvorgang (schematisch)
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WenndasRibosomeinigeCodonsweitergerücktist,kannsichandasfreigewordeneStartcodonderselbenmRNAbereitsdasnächsteRibosomanlagern.SokönnenzeitgleichmehrereProteinesynthetisiertwerden.DieAminosäureketten„wach-sen“,bisdasbenötigteProteinfertigist.KommtdasRibosomaneinsogenanntesStopp-CodondermRNA(UAA,UAGoderUGA),wirdderTranslationsprozessabgebrochenunddasRibosomzerfälltinseineUntereinheiten.DasgebildeteProteinwirdfreiundnimmtseinefunktionsfähigeStrukturein.
zusammenfasssung DieProteinbiosyntheseumfasstTranskriptionundTranslation.NachderÜbersetzungderDNAindieRNAwirddiesenochanmehrerenStellenverändert(prozessiert,engl.processing).NureinigeAbschnittederRNA,dieExons,enthaltendieInformationenfürdasProtein.NichtinformationstragendeAbschnitte(Introns)werden„herausgeschnitten“(spleißen,engl.splicing).„Kappe“und„Schwanz“schützendiemRNAanihrenEndenvoreinemungewolltenAbbau.Diesoverän-dertemRNAverlässtdenZellkernundkannihreFunktionimZytoplasmaandenRibosomenaufnehmen.Dieentstehen-denProteinekönnenihreFunktioninderZellebeziehungsweiseimOrganismusübernehmen.
Proteinbiosynthese: beteiligte Stoffe und Aufgaben
Zusammenfassende Gesamtübersicht zur Proteinbiosynthese
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methoDen Der GentechnIk
DieGentechnikumfasstsämtlicheMethoden,diesichmitderIsolierung,Charakterisierung,VervielfältigungundNeukombi-nationvonGenenbefassen.GentechnischeVerfahrenhabenauchindermodernenMedizinEinzuggehalten.SiewerdendortbeiderEntwicklungundHerstellungvonArzneimitteln,inderGendiagnostikundinderGentherapieeingesetzt.
Einige grundlegende gentechnische VerfahrenMithilfegentechnischerVerfahrenwerdenbestimmteAbschnitteausdemimZellkernbefindlichenTrägerderErbsubstanz(DNA)„herausgeschnitten“undindasGenomeinesanderenOrganismuseingesetzt.FolgendeSchrittesinddazunotwendig:
Erbgut gewinnenDasgenetischeMaterialkannmitrelativeinfachenchemischenMethodenausZellenisoliertundvonanderenZellbestandteilenabgetrenntwerden.
Fragmente erzeugen und abschnitte kopierenUmeinenbestimmtenAbschnittderDNAzuerhaltenunduntersuchenzukönnen,wirddiegewonneneDNAmitsogenanntenRestriktionsenzymenbehandelt.RestriktionsenzymesindausBakteriengewonneneProteine,dieals„molekulareScheren“dieDNAindefinierteTeilstücke(Fragmente)zerschneiden.
MitderPCR(=PolymeraseChainReaction,dt.Polymerase-Kettenreaktion)wirdeinehoheKopienzahlderFragmenteerzeugt.DieVervielfältigungerfolgtdurcheinEiweiß,das(inhitzeliebendenBakterien)dieFunktionderDNA-Verdopplung(identischeReplikation)erfüllt.
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DiedurchdiebeidenVerfahrenerhaltenenFragmentewerdendannmittelsderGel-ElektrophoresederGrößenachaufge-trennt:DabeidurchwanderndieFragmenteineinemGel(eineArt„molekularesSieb“)einelektrischesFeld.AbschließendwerdensiezumBeispielmitFarbstoffensichtbargemacht,wodurchsichVerlaufundErgebnisdesExperimentsüberprüfenundvergleichenlassen.DiemarkiertenundnachGrößeaufgetrenntenDNA-Fragmentekönnennunisoliertundweiterverar-beitetwerden.BereitsbekannteGeneundVeränderungen(Mutationen)lassensichmittels„DNA-Sonden“nachweisen.EineendgültigeAnalysedergesuchtenGeneoderihrerMutationenwirddurchdie„Sequenzierung“,dasheißtdieBestimmungderBasenabfolgeaufderDNAvorgenommen.
Fragmente klonierenIsolierteDNA-FragmentekönneninverschiedeneOrganismenübertragenwerden.HäufigwerdenhierfürBakterienausge-wählt.Wennsiesichteilen,vermehrensiegleichzeitigdasübertrageneDNA-Fragment.SofernessichdabeiumeinGenhan-delt,produzierensieaußerdemdasentsprechende(gewünschte)Protein.ZurÜbertragungundVermehrungvonGenenoderGenabschnittenwerdenhäufigPlasmideundVirenals„Träger“(=Vektoren)verwendet.Erbmaterial,indasDNAauseinemanderenOrganismuseingefügtwurde,nenntmanrekombinant.Organismen,deneneinodermehrereGeneauseinerande-renArteingesetztwurden,nenntmantransgen.
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Pcr: AutomAtIsIertes koPIeren von DnA-AbschnItten
KaumeineMethodehatdiebiologischeWissenschaftsoschnellundumfassendrevolutioniertwiediePCR(Polymerase-Kettenreaktion).DiePCRisteinKopierverfahren,beidemwinzigeMengenanDNAinkürzesterZeitvervielfältigtwerden,sodassgenügendMaterialfürweitereUntersuchungenzurVerfügungsteht.TheoretischgenügtfürdiePCReineinzigesDNA-Molekül–diePCRistdamiteinederempfindlichstenbiologischenTechnikenüberhaupt.MithilfederPCRkönnenzumBeispielKrankheitserregeroderkrankheitsrelevanteGen-Veränderungennachgewiesenwerden.WeitereAnwendungsge-bietenebendermedizinischenDiagnostiksind:Archäologie,Gerichtsmedizin,Vaterschaftsnachweise,genetischeundbio-logischeForschung.
DasGrundprinzipderPCRisteinfach:DieAnzahlderkopiertenDNA-MolekülewirdineinerKettenreaktionimmerundimmerwiederverdoppelt,sodassauseinemDNA-Molekülnach20Verdopplungsrunden(=PCR-Zyklen)etwaeineMillionMoleküleentstehen.DieDNA-Strang-VerdopplungwirdvoneinembestimmtenProtein,derTaq-DNA-Polymerase,durchge-führt.EshandeltsichdabeiumeinEnzym,dasauseinerBakterienartstammt,dieinHeißwasserquellenlebt.DeshalbistdiesePolymerasebesondershitzebeständig.DasisteinewichtigeVoraussetzung,daeinzelneSchrittederPCRbeihohenTemperaturen(biszu95°C)durchgeführtwerdenmüssen.BeidiesenTemperaturenwerdenProteinenormalerweisezer-stört.DieTaq-DNA-PolymeraseverbindeteinzelneNukleotid-BausteinezulangenDNA-Molekülsträngen.Siebenötigtdafür•dieBausteinederDNA–dieNukleotidemitdenBasenAdenin,Thymin,CytosinoderGuanin(A,T,CoderG).•einkleinesStückDNA,andassiedieBausteineanbauenkann(diesogenanntenStartermoleküle,engl.Primer).•einigeExemplaredesDNA-Moleküls,vondemeindefinierterAbschnittkopiertwerdensoll.DieseDNA-MoleküledienensozusagenalsSchablone(=Matrize)fürdenZusammenbauderneuenStränge.
FürdiePCRwerdenzweiStartermolekülebenötigt.DiesePrimerkannmansynthetischherstellen.IhreBasenabfolgewirdsogewählt,dassdieSequenzdeseinenPrimerskomplementärzurStartsequenzeinesStrangsderDNA-Doppelhelixist,währenddiedesanderenzurStartsequenzdeszweitenStrangsderselbenDNA-DoppelhelixdesjeweiligenDNA-Abschnittspasst,denmanvervielfältigenmöchte.DiebeidenStartermolekülelagernsichdeshalbgenauandieFlankendesinteres-sierendenDNA-Bereichsan,dereineamerstenEinzelstrangundderandereamkomplementärenzweitenEinzelstrang.DieTaq-DNA-PolymerasebautnunandieStartereinenzumMatrizenstrangjeweilspassendenNukleotid-Bausteinan.EnthältdasnächsteNukleotidderMatrizebeispielsweiseeinA,dannbekommtderStartereinT-Nukleotidangehängt,beieinemGisteseinC-Nukleotid.AufdieseWeisekanndiePolymerasedenPrimerbiszumEndederMatrizeverlängern.InderNaturerfolgteinähnlicherVorgangbeiderZellteilung,wenndieDNA-PolymerasedasErbgutverdoppelt(=Replikation,siehe„DieidentischeDNA-Replikation“).DerDNA-DoppelstrangwindetsichaufunddieBasenpaarelösensichvoneinander.JederderbisherigenDNA-EinzelsträngebildetdieVorlagefürdenneuzubildendenkomplementärenStrang.AllerdingswirdbeiderReplikationdergesamteDNA-Strangverdoppelt,undnicht–wiebeiderPCR–nureinAusschnittvonmehrenhundertBasenpaarenvervielfältigt.
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PCr-ablaufDiePCRberuhtaufeinemmehrfachwiederkehrendenZyklusausdreiSchritten:
Denaturierung („auftrennung“)ZunächstwirdderDNA-DoppelstrangdurchErhitzenaufüber90°CindiebeidenEinzelsträngegetrennt(=denaturiert).
Primer-anlagerungImzweitenSchrittwirddieTemperaturaufca.37bis65°Cabgekühlt,sodasssichdiebeidenPrimerandenDNA-Stranganlagernkönnen.
VerlängerungImdrittenSchrittwirddieTemperaturwiedererhöht,diesmalauf72°C.DasistdieidealeArbeitstemperaturfürdiever-wendeteTaq-DNA-Polymerase.DiePolymerasebautNukleotideandiePrimeranundverlängertdiesesozuDNA-Strängen.
EndproduktEndproduktedeserstenPCR-ZyklussindzweiDNA-Stränge(PCR-Fragmente).
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rnA-Pcr
AuchRNA-MolekülekannmanmithilfederPCRvervielfältigen.AllerdingskanndasRNA-MolekülselbstnichtfürdiePCRverwendetwerden,denneswirdvonderTaq-DNA-PolymerasenichtalsMatrizeakzeptiert.DieRNAistmitderDNAzwarengverwandt,sieunterscheidetsichjedochinzweiwesentlichenPunkten:•DerZuckerbestandteilderRNAistRibose(anstellevonDesoxyribose).•StattThyminenthältsiedieBaseUracil.
UmdennochdasRNA-MolekülübereinePCRvervielfältigenzukönnen,wirddieBasenabfolgederRNAineineDNA-Se-quenz„umgeschrieben“.DazuverwendetmaneinProteinnamens„ReverseTranskriptase“(einePolymerase,dieauseinemRNA-Virusstammt).LagertsicheinStartermolekülandasRNA-Molekülan,dannwirddiesesdurchdieReverseTranskrip-taseverlängert.DabeihängtdasEnzymallerdingsDNA-Nukleotid-BausteineandenPrimeran,sodasseinDNA-Einzel-strangentsteht,derkomplementärzurRNA-Sequenzist.DasProduktenthältalsodieselbegenetischeInformationwiedasRNA-Molekül,istaberausDNA-Bausteinenaufgebaut.
MithilfederRNA-PCRkönnenbestimmteVirennachgewiesenwerden,denndasErbgutetlicherklinischrelevanterViren(z.B.HI-Virus,Hepatitis-C-Virus)bestehtausRNA.AußerdemistdieRNA-PCReinwichtigerSchrittbeiderHerstellungvoncDNA-Bibliotheken.
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cDnA-bAnken unD kLonsAmmLunGen
cDNa-BankWirkennenheutedieBuchstabenabfolgederErbinformationvielerOrganismen–einschließlichderdesMenschen.DerFokusderWissenschaftrichtetsichnundarauf,dieGeneundGenproduktezuanalysierenundihreFunktionenzuentschlüsseln.ObwohlalleZelleneinesOrganismusdiegleicheErbinformationbesitzen,wirdineinerZellezueinembestimmtenZeitpunktimmernureinkleinerAnteilabgelesenundumgesetzt.DadurchentstehteingenetischesMuster,dasdieZellecharakterisiertundihreFunktionenfestlegt.EineLeberzelleweistzumBeispieleinanderesMusteraufalseineNervenzelle.DieKenntnisinwelchenGewebenundwannbeziehungsweisewieofteinGenabgelesenwird,kanndeshalbHinweiseaufdieFunktiondesGenproduktsgeben.EinwichtigesInstrumentfürdieFunktionsanalysensindsoge-nanntecDNAs.cDNAistdieAbkürzungfürcomplimentary-DNA.EshandeltsichumDNA-KopiendermRNA,diealsmobi-lerÜberträgerstoffzwischenderimZellkernfixiertenDNAunddemSyntheseortderGenprodukte(Proteine)außerhalbdesZellkernsdient.SiewirdnurvondenGenenangefertigt,dieimFolgendeninProteineübersetztwerdensollen.NimmtmanallemRNA-MoleküleeinerZellezusammen,hatmanalsoKopienallerGene,dieindieserZelleindiesemMomentinProteineübersetztwerden(mansprichthierauchvonaktivenGenen).EinedirektebiochemischeAnalysediesermRNA-Moleküleistallerdingsnurschwermöglich,damRNAinstabilistundschnellabgebautwird.ZurbesserenHandhabungwirddeshalbzunächsteineDNA-KopiedermRNAerstellt.DiesgeschiehtüberdiesogenannteRNA-PCR,diesichnurinwenigenPunktenvonderDNA-PCRunterscheidet(siehe„RNA-PCR“).DieentstandenencDNA-Fragmentewerdendanninkleine,ringförmigeDNA-Moleküle(=Vektoren)eingebaut.DieseVektorendienensozusagenalsTransportvehikel:Durchsiekön-nendiecDNA-FragmenteleichtinWirtszelleneingeschleustunddortvermehrtwerden.Zellen,dievonderselbenMutter-zelleabstammenunddemnachalleeinenVektormitdemselbencDNA-Fragmentbesitzen,bezeichnetmanalsKlone–siesindgenetischidentisch.IndiesemFallsprichtmanauchvoncDNA-Klonen.EineSammlungvonunterschiedlichencDNA-Klonen,diedieabgeleseneundumgesetzteErbinformationeinerZelle(odereinesGewebes)repräsentieren,bezeichnetmanalscDNA-BankoderBibliothek.
Genomische BankenGenomischeBankenstelltmanher,indemzunächstdieErbgut-DNAderZellenisoliertunddanndurch„molekulareSche-ren“(Restriktionsenzyme)inkleinereStückezerlegtwird.DieseDNA-FragmentewerdeninVektoreneingefügt,inWirts-zelleneingeschleustunddortvermehrt.ImUnterschiedzurcDNA-BankbeinhalteteineVielzahldersoentstandenenKon-struktekeinevollständigenGene,sondernbestehtausGen-Bruchstückenund/oderausSequenzbereichen,dienichtfürProteinekodieren.DieKloneeinergenomischenBankrepräsentierenzusammengroßeBereicheodersogardiegesamtegenomischeSequenz(dasgesamteGenom)einesOrganismus.
EinenbesonderenServicebietetdieKlonsammlungdesDeutschenRessourcenzentrumsfürGenomforschung(RZPD)inBerlin:Über35Millionenverschiedene,einzelnadressierbarecDNA-undgenomischeKlonestehendenWissenschaftlernzurVerfügung.AlleKlonebefindensichinMikrotiterplatten.DassindLochplattenmit96beziehungsweise384Löchern.DieseLöchersindregelmäßigangeordnet(12x8=96):12Spalten(NummerierungaufderPlatte:1–12),8Reihen(Num-merierungaufderPlatte:A–H).JedesLocheinerjedenPlatte–diePlattensindebenfallsfortlaufenddurchnummeriert–gehörtzueinerbestimmtenBibliothek.DieBibliothekentragenebenfallseinzigartigeNummern.DieAdresseeinesjedenLochseinerjedenPlatteunddesdarinlebendenKlonsistdamiteindeutig.DiesesumfassendeAngebot,dasübereinebenutzerfreundlicheSuchmaschineaufderWebseitedesRZPDzugänglichist,isteinzigartig–dasRZPDbesitztdiegrößteöffentlicheKlonsammlungweltweit.
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ArrAys
BeiderArray-TechnologiehandeltessichumeinHochdurchsatzverfahren,dasdiegleichzeitigeAnalyseeinergroßenAnzahlvonGenenoderGenproduktenermöglicht.SokannzumBeispielmithilfeeinessogenanntenDNA-Chipsschnellundeffektivuntersuchtwerden,welcheGeneinwelchenGewebenoderzuwelchemZeitpunktabgelesenwerden.DerDNA-ChipistnichtvielgrößeralseineMünzeundbestehtausGlasoderauseinerMembran.EristinvielekleineFelderunterteiltundaufjedemdieserkleinenFelderisteinbestimmtesGenfixiert,sodassdessenPositionaufdemChipgenaufestgelegtist.DaherwirdeinsolcherChipauchDNA-Arraygenannt(engl.array=Anordnung).MancheChipshabenbiszu1,3MillionenFelder,sodassesmöglichist,zehntausendevonGenengleichzeitigzuuntersuchen.
InteressierteinenWissenschaftler,welcheGenenurineinerTumorzelle–undnichtineinergesundenZelle–inEiweißeübersetztwerden,sokannerdasmithilfeeinesDNA-Arraysbestimmen.FürdiesenAnsatzwerdenzunächstdiemRNA-Mo-lekülederbeidenZelltypenisoliertundincDNAübersetzt(siehe„cDNA-BankenundKlonsammlungen“).DieentstandenencDNA-FragmentewerdenmiteinemFluoreszenzfarbstoffmarkiert.ZumBeispieldiecDNA-FragmentederKrebszellenrotunddiedergesundenZellengrün.DiebeidenAnsätzewerdenimfolgendenSchrittgemischt,undPipettier-RoboterimpfenkleineTröpfchendiesesGemischesaufjedesFelddesDNA-Arrays.WennesindemGemischeincDNA-Fragmentgibt,dasgenauzudemGendesjeweiligenChip-Feldespasst(=komplementärist),dannbindetdiesesFragmentandasGen.Auf-grundderFluoreszenzmarkierungleuchtetdasentsprechendeFelddannunterLaserlichtfarblichauf.Gene,diespezifischfürKrebszellensind,würdenindiesemAnsatzrotleuchten,währendGene,dienuringesundenZellenabgelesenwerden,grüneSignaleergeben.EinGenwiederum,dasinbeidenZellartenaktivist,würdeaufgrundderFarbüberlappunggelbdar-gestelltwerden.EinVergleichdieserFarbsignaledecktdieUnterschiededergenetischenAktivitätderbeidenZelltypenauf.
affymetrix GeneChip®
DieFirmaAffymetrixverwendeteineandereTechnik,umGensequenzenzuuntersuchen.EswerdennichtDNA-FragmenteoderWirtszell-KolonienaufdenChipaufgebracht,sondernkurzecharakteristischeSequenzenvon25Nukleotiden(Oligo-nukleotide)direktaufderTrägersubstanzsynthetisiert.HierbeisetztAffymetrixeinVerfahrenein,dasauchbeiderHer-stellungvonComputerchipsverwendetwird:dieFotolithographie.DieExpressions-ArraysvonAffymetrixrepräsentierenallebekanntenGeneeinesOrganismus.
EineandereVariantederGeneChips®–diesogenanntenMappingArrays–ermöglichtdenVergleichvonmehrals116000einzelnenBaseninunterschiedlichenAbschnittendesmenschlichenGenoms.UnterscheidetsicheinedieserBasenzwi-schenzweiMenschen,sohandeltessichhierbeiumeinederhäufigstengenetischenVariationenimmenschlichenGenom,diealle500bis1000Basenpaareauftritt(Einzelnukleotid-Sequenzvariationen,engl.SingleNukleotidePolymorphism,SNP).MithilfedieserSNPskönnenWissenschaftler„Krankheitsgene“lokalisieren.
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rnAi – DAs schweIGen Der Gene
RNA-Interferenz–eineneueWunderwaffe?DieHoffnungenvielerWissenschafterruhenaufdieserTechnik.DabeibegannalleszunächstmiteinemRückschlag:Forscherversuchten,PetunienmitbesondersviolettenBlütenzuzüchten,indemsieindiePflanzeneinzusätzlichesGeneinschleusten,dasdieProduktionderviolettenBlütenfarbstoffeverstärkensollte.DochdasExperimentschlugfehl,herauskamenPflanzenmitgefleckten,zumTeilsogarganzweißenBlüten.ErsteinigeJahrespäterkammanderUrsachediesesrätselhaftenPhänomensaufdieSpur:DiePflanzenzellenerkannten,dasseineungewöhnlichhoheMengeanFarbstoff-mRNAproduziertwurdeundsetzteneinenMechanismusinGang,umdiezusätzlicheRNAabzu-bauen.HierbeiwurdedieeinzelsträngigemRNAzunächstvoneinemEnzymzueinerdoppelsträngigenRNAumgebautunddannüberdasRNA-Interferenz-Verfahrenschnellabgebaut.
Heuteweißman,dassRNA-InterferenzeinnatürlichvorkommenderMechanismusderZelleist,derinvielenOrganismenvonderPflanzebiszumMenschenabläuft.ErwehrtAngriffevonVirenabundreguliertzelluläreProzessewieWachstumundEntwicklung.AusgelöstwirderzumBeispieldurchdoppelsträngigeRNA(dsRNA),eineFormderRNA,dieentsteht,wennsichbestimmteVirenvermehren.DasProteinDicererkenntdiesedsRNAundzerschneidetsieinkleinecharakteristischeStücke.DerMultiproteinkomplexRISCerkenntwiederumdieseRNA-Stückeundbindetsie.IhmdientdaskleineStückalsMatrize,uminderZellegezieltnachRNAzusuchen,diezudiesemStückpasst.FindetereineRNA,sozerstörtersie.
ÜberdiesenMechanismuslässtsichnahezujedesGenineinerZellezielgerichtetausschalten.Alles,wasdafürbekanntseinmuss,istdieSequenzdesGens.DieWissenschaftlerkönnendanneinedsRNAherstellen,dieinihrerSequenzeinTeildesGensenthält,dasabgeschaltetwerdensoll.Diesynthetischproduzierten,kurzenMolekülewerdenindieZelleeingeschleustundvernichtenallemRNAs,diediegleicheSequenztragen.DiesenAblaufkannmanfürTherapiennutzen.SowollenÄrzteinZukunftdieVermehrungvonVirenimKörperverhindern,KrebszellenstoppenoderKrankheitenbehandeln.TherapienaufderBasisvonRNA-InterferenzsindbislangallerdingsnochimForschungsstadium.AlsbesondersschwieriggilteszumBeispiel,gezieltdiekrankenZellenzutreffen.
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GenfALLen-mutAGenese: mAusGene In Der fALLe
EinStückKäse,einbisschenSpeck–schonsitztdieMausinderFalle.GanzsoeinfachmachenesdieGenederkleinenNagerdenWissenschaftlernnicht.DochForscherdesDeutschenGenfallenkonsortiums(engl.GermanGeneTrapConsortium,GGTC)kennenvieleTricks,umdieErbmerkmalezuerwischen.MithilfesogenannterGenfallen(genetrap)verändernsiedieGeneembryonalerMausstammzellen.HierfürschleusensiespezielleVektoren(=ringförmigeDNA-Konstrukte)indieZelleein.WennsichbeiderGenfallen-MutagenesedieVektorenineinGeneinfügen,zerstörensieseineSequenz.DadurchkanndasvomGencodierteProteinnichtmehrgebildetwerden,wasschwereAuswirkungenfürdieZellehabenkann.
UmeineMutagenesedesgesamtenGenomszuerzielen,benötigtmaneinganzesRepertoireanGenfallen-Vektoren.EinshabenaberalleGenfallen-Vektorengemeinsam:SiebesitzeneinGen,dasMilchzuckerabbauenkann–einsogenanntesReportergen.SobaldderVektorineinGengesprungenist,wirddasReportergenvondenSteuerungselementendesGensabgelesen.DasentstehendeReporterproteinkönnendieWissenschaftlerübereineFarbreaktionnachweisen.SokönnendieForscherkontrollieren,obderVektorineinGengesprungenistodernicht.WurdeeinfüreinemenschlicheKrankheitwichtigesGenerwischt,werdenausdenembryonalenMausstammzellenMäusegezüchtet.DieseMäusetragendasverän-derteGeninallenZellenihresKörpersundsindwertvolleModellefürdieentsprechendeKrankheit.IhreEntwicklungundihrVerhaltenwerdengenauestensuntersucht,umdieRolledesverändertenGensbeiderEntstehungunddemVerlaufdieserKrankheitverstehenzukönnen.
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ImPressum
herausgeberNationalesGenomforschungsnetz(NGFN)ProjektmanagementProjektträgerimDLRHeinrich-Konen-Straße153227BonnTel.:02283821-331Fax:02283821-332E-Mail:pm@ngfn.deInternet:www.ngfn.de
Projektmanagement NGFNDr.UtaStraßer,Dr.AnjaHillekamp
redaktionProjektmanagementNGFNMasterMediaPublicRelations
GestaltungMasterMediaPublicRelations
DruckereiHamburgerDigitaldruckGmbH
Bildnachweis•Kapitel3:Abbildung1EurHeartJ2003;24:1601•Kapitel4:ErdmannundSchunkert,MedizinischeGenetik2007•Kapitel5:ForschungszentrumfürUmweltundGesundheit(GSF)•Kapitel7:Wuchter,P.etal.,CellTissueRes(2007)328:499-514•Kapitel10:©ErnstKlettVerlagGmbH,Stuttgart.EineVervielfältigungderAbbildungenbedarfdervorherigenGenehmigungdesErnstKlettVerlages.
•Referentenfotos(ausgenommenFuchs,Gailus-Durner,PrillerundHinney):Privat•AlleanderenBilderundGrafiken:NationalesGenomforschungsnetz
StandSeptember2007
TeiledesKapitels„GrundlagenderGenomforschung“entstammendemBMBF-Presseordner„Gentherapie“vom15./16.Mai2001,derimInternetheruntergeladenwerdenkann:www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/80.php
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