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Physik im Kontext –Ein Programm zur Förderungder naturwissenschaftlichen Grundbildungdurch Physikunterricht
Handreichung für die Unterrichtsentwicklung
Granulare Materie I Schüttgut in Ruhe -ein ungewöhnlicher Festkörper
Sigrid M. Weber
ie Länder
Gefördert durch das Bundesministeriumfür Bildungund Forschung
und d
IPN
Die Autorin dieser Handreichung ist Dr. . Sigrid M. Weber,Didaktik der Physik und Z-MNU, Universität Bayreuth,95440 Bayreuth, sigrid.weber@uni-bayreuth.de
Physik im Kontext wird gefördert durch das BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) und die Länder.
Das Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften (IPN) in Kiel koordiniert das Programm Physik im Kontext und kooperiert mit derHumboldt-Universität Berlin, der Universität Paderborn, der UniversitätKassel und der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg.
Projektleiter: Prof. Dr. Manfred Euler Kontakt: Dr. Christoph Thomas Wodzinski, wodzinski@ipn.uni-kiel.deSekretariat: Marianne Müller, pikosek@ipn.uni-kiel.de, Tel. 0431 880 4539Internet: www.physik-im-kontext.de
Postadresse:Physik im KontextLeibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften(IPN) an der Universität Kiel Olshausenstraße 62 24098 Kiel
Granulare Materie I III
Vorwort
Diese Handreichung handelt von Granulaten, auch unter dem Namen gra-
nulare Medien oder Schuttguter bekannt. Sand ist ein typischer Vertreter –
jedem hinreichend bekannt aus Kindertagen. Auch trockener Sand zeigt den –
wie oft behauptet wird – neuen Aggregatzustand dieser Art von Materie, der
weder fest, noch flussig, noch gasformig ist! Granulare Medien konnen all dies
sein: Fest, wenn Sie in Ruhe sind, flussigkeitsartig, wenn sie in fließender Be-
wegung sind, quasi gasformig, wenn ihnen genugend Energie zugefuhrt wird,
wie beispielsweise in einer Staublawine. Das Gebiet der granularen Materie
ist nicht jung. Bereits Faraday (1831) und Reynolds (1885) haben sich damit
beschaftigt. Es hat jedoch in jungster Zeit bei Physikern eine Renaissance
erfahren. Granulare Systeme sind Themen aktuellster Forschung.
In der Darstellung notwendiger Informationen fur die Lehrkraft, die dieses
faszinierende Gebiet in den Unterricht integrieren will, folgt die Handrei-
chung der fachwissenschaftlichen Systematik: In Teil Granulare Mate-
rie I werden grundlegende Informationen uber ruhende trockene Granulate
vermittelt. Auf diesem notwendigen Basiswissen konnen weitere Teile zum
Thema Granulate in Bewegung aufbauen. Kapitel 2 hat das Ziel, der Lehr-
kraft die Aneignung von logisch aufeinander aufbauenden Wissenselementen
in diesem fur den Unterricht in der Schule absolut neuen Gebiet zu erleich-
tern. Fur eine nur kurze Unterrichtssequenz, die quasi nur hineinschnuppern
mochte in dieses faszinierende Terrain nichtlinearer Effekte, ist eine ahnliche
Reihenfolge der Stoffdarbietung nicht zwingend und auch nicht ratsam. Meh-
rere interessante Pfade durch die Welt der ruhenden Granulate sind zu finden,
wie der in Kapitel 6 vorgestellte Lernpfad beweist.
Man sollte nicht vergessen, dass eine ubertriebene fachwissenschaftliche Sys-
tematik im Unterricht Interesse dampft statt weckt. Manche Effekte besitzen
eine hohe Primarmotivation, die zum Einstieg in das Thema Granulate ge-
nutzt werden sollte. Ist das Interesse entfacht, mag man je nach Altersstufe
mehr oder weniger in die Tiefe steigen, um die erfahrenen Phanomene zu er-
klaren zu suchen. Angepasst an das angestrebte Verstandnisniveau wird man
unterschiedliche Modellierungsschwerpunkte setzen. Die Entwicklung einfa-
cher Modellversuche steht haufig am Anfang des Erkenntniswegs, bei Bedarf
gefolgt von vertiefenden theoretischen Betrachtungen.
Speziell ein solches Vorgehen bietet eine Chance, die Methodik des naturwis-
IV Granulare Materie I
senschaftlichen Arbeitens zu schulen. Ausgehend von interessanten Phano-
menen, kann das Gebiet immer tiefer erschlossen werden. Das tieferschurfen-
de Suchen fordert Kontexte fur althergebrachten Physikstoff zu Tage: Bereits
ruhende Granulate regen an, uber das einfache Teilchenmodell der Sekundar-
stufe hinauszuschreiten, hinein in die Struktur von Metallen oder allgemein
Kristallen; sie bieten Anlasse, sich mit Reibungsphanomenen zu beschaftigen,
dort erlerntes Wissen zu festigen und beziehungsweise oder zu vertiefen. Be-
griffe wie Dichte, Kraft, Druck sind bereits bei Granulaten in Ruhe Voraus-
setzung, um ihre Eigenschaften physikalisch zu fassen. So ist beispielsweise
ohne ein Verstandnis der Druckfortpflanzung in Granulaten die Funktions-
weise einer Sanduhr nicht erklarbar: Pro Zeiteinheit fließt die gleiche Menge
Sand, (fast) unabhangig davon, wie hoch der Sand in der Sanduhr steht. Ein
Anlass den hydrostatischen Druck zu hinterfragen. Lassen Sie es mich noch-
mal betonen: Die Beschaftigung mit Granulaten schafft Anlasse, erworbenes
physikalisches Wissen anzuwenden.1 Mehr noch – sie schafft auch Anlasse
zu erfahren, wie wichtig physikalisches Wissen bei naturlichen und techni-
schen Prozessen ist. Gerade technische Kontexte bringen ins Bewusstsein,
dass Physik alltagsbezogen und berufsrelevant ist. Eine Einschatzung, die
vergangene Schulergenerationen nicht mehrheitlich teilen. Streng genommen
ist jeder in unserer modernen Industriegesellschaft abhangig von physikali-
schen Erkenntnissen und darauf basierenden technischen Entwicklungen. Dies
soll den Beitrag anderer Naturwissenschaften nicht schmalern, aber Physik
ist Basiswissenschaft. Sie kann bereits in der Schule faszinierend sein, wenn
es ihr erlaubt wird. Dies betrifft nicht nur Kontexte, sondern auch die In-
tegration von Aspekten moderner Physik mit ihren Paradigmen und Struk-
turfragen. Methodisch geschickt gewahlte Experimente mit Granulaten – wie
sie in Kapitel 4 zu finden sind – konnen hierzu beitragen.
Damit der Leser dieser Handreichung aufgrund der Stofffulle nicht ein ahn-
liches Motivationsloch erlebt, wie so manche Schulerinnen und Schuler im
Physikunterricht, wird ihm ein Weg durch den Text anempfohlen, der Inter-
esse weckt: Er verschaffe sich als erstes einen Uberblick uber die enthalte-
nen Experimente. Diese sind in Kapitel 4 in eigenen Abschnitten, im Wei-
teren Experimentiermodule (E-Module) genannt, zusammengefasst. Hier ist
zu empfehlen, jeweils mit den Ubersichtsdiagrammen zu Anfang eines jeden
1Im Fall einer integrativen Erarbeitung physikalischer Grundlagen ist auch neues Fach-wissen erschließbar.
Granulare Materie I V
E-Moduls zu beginnen. Jedem Experiment sind Beispiele beziehungsweise
Anregungen fur lebensweltliche Kontexte vorangestellt. Die Experimentier-
anleitungen des Kapitels 4 wenden sich an Lehrkrafte, nicht an Schuler. Auch
wenn ihre Gliederung fur diesen Zweck nicht ublich ist. Totzdem wurde sie
gewahlt, um das Suchen von Informationen innerhalb eines Versuchs zu er-
leichtern. Einige Beispiele fur Schulerarbeitsblatter in Kapitel 5 sind als me-
thodische Vorschlage fur die Sekundarstufe 1 zu verstehen.
Dieser erste Durchgang durch die vorgestellten Experimente sollte genugend
Neugier geweckt haben, um die Abschnitte, die Basisinformationen enthal-
ten, mit Begeisterung zu studieren. Zwischen diesen Abschnitten findet der
Leser immer wieder Abschnitte, die den Vermerk Vertiefungswissen tragen.
Sie konnen beim ersten Lesen ubergangen werden. Die meisten dieser Vertie-
fungstexte eignen sich als Grundlage fur ein den Stoff vertiefendes Schuler-
referat in der Oberstufe.
Auf die Frage, in welcher Jahrgangsstufe die Experimente eingesetzt werden
konnen, wird in Kapitel 6 naher eingegangen. Hier sei nur darauf hingewie-
sen, dass die Mehrzahl der Experimente schon in der Unterstufe2 erfolgreich
durchzufuhren sind, vorausgesetzt den Schulerinnen und Schulern ist vermit-
telt worden, welches konkrete Ziel sich hinter ihren Anstrengungen verbirgt,
weshalb geeigneten lebensweltlichen Kontexten ein extrem wichtiger Stell-
wert zukommt.
Die Autorin
2In den Jahrgangstufen funf bis sieben
VI Granulare Materie I
Inhaltsverzeichnis
1 Granulare Materialien – Orientierung 1
2 Ruhende Granulate – ein attraktives Thema fur den Physik-
unterricht 7
2.1 Packungsdichte und Dilatanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
2.1.1 Das Problem dichter Kugelpackungen – als exemplari-
sche Einfuhrung in den Modellbegriff . . . . . . . . . . 8
2.1.2 Strukturtypen einfachster Packungen – Vertiefungswis-
sen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
2.1.3 Vorgange beim Verdichten, der Begriff der Dilatanz . . 12
2.2 Drucklokalisierung, Kraftbrucken . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2.3 Mikromechanik – Vertiefungswissen . . . . . . . . . . . . . . . 22
2.3.1 Mikromechanik – die Problematik mikroskopischer Mo-
delle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
2.3.2 Reibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
3 Exemplarische Anwendungen des Dilatanzeffekts in der Tech-
nik 29
3.1 Lostfoamverfahren – ein zukunftsweisendes Gussverfahren im
Uberblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
3.2 Gussverfahren – Vertiefungswissen . . . . . . . . . . . . . . . . 30
4 Experimentieranleitungen fur die Hand der Lehrkraft 35
4.1 E-Modul Granulare Packungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
VII
VIII Granulare Materie I
4.1.1 Modellversuch – Packungsdichte bei zweidimensiona-
len Packungen von Scheiben . . . . . . . . . . . . . . . 43
4.1.2 Modellversuch – zweidimensionale idealisierte Packung
von Scheiben und Dilatanz . . . . . . . . . . . . . . . . 45
4.1.3 Modellversuch – dichteste Packungsstrukturen . . . . . 47
4.1.4 Modellversuch – Struktur einfachster dreidimensiona-
ler Packungen aus Kirschen . . . . . . . . . . . . . . . 49
4.1.5 Modellversuch – Koordinationszahl bei einer dichten
Packung von Erbsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
4.2 E-Modul Verdichtung und Dilatanz . . . . . . . . . . . . . . . 53
4.2.1 Verhalten eines kompaktifizierten Granulats . . . . . . 57
4.2.2 Volumenvergroßerung durch Scherkrafte – Variante A . 61
4.2.3 Volumenvergroßerung durch Scherkrafte – Variante B . 63
4.2.4 Zunahme des Hohlraumvolumens durch Scherkrafte . . 65
4.3 E-Modul Bodendruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
4.3.1 Modellversuch – Verteilung des Bodendrucks in einem
Granulat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
4.3.2 Kraft auf den Boden eines Behalters . . . . . . . . . . 77
4.3.3 Maximaler Bodendruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
4.3.4 Sanduhr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
4.4 E-Modul Bruckenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
4.4.1 Gewolbebildung in feinem Sand . . . . . . . . . . . . . 87
4.4.2 Gewolbebildung in einem verstopften Trichter . . . . . 89
4.4.3 Selbsttragender Bogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
4.4.4 Modellversuch – zweidimensionales Kontaktnetzwerk –
Variante A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
4.4.5 Modellversuch – zweidimensionales Kontaktnetzwerk –
Variante B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
5 Arbeitsblatter fur Schuler 97
6 Lernpfade zum Thema Granulate in Ruhe 103
Kapitel 1
Granulare Materialien –Orientierung
Wer konnte je den Pfad eines Molukuls berechnen? Wie wissen wir, dass
die Erschaffung von Welten nicht durch fallende Sandkorner bestimmt wird.
(Victor Hugo, Les Miserables)
Diese Handreichung bringt mit der faszinierenden Welt der Schuttguter in
Beruhrung, die einerseits ein aktuelles Gebiet wissenschaftlicher Forschung
darstellt und die andererseits jedem vertraut zu sein scheint, sowohl aus den
Kindertagen – Sandburgen ... am Strand oder auf dem Spielplatz – als auch
aus dem Alltag – Salz, Zucker oder Reis ... aus Kuche und Supermarkt.
Unter einem Schuttgut oder auch Granulat wollen wir im Folgenden ein Ma-
terial verstehen, das aus einzelnen Kornern besteht. Jedes Korn ist als ma-
kroskopisches Objekt den Gesetzen der klassischen Mechanik unterworfen.
Die einzelnen Korner selbst sind letztendlich aus vielen Molekulen bezie-
hungsweise Atomen aufgebaut. Ihre Große liegt im Bereich von 10 nm bis
zu einigen Metern. In technischen beziehungsweise praktischen Anwendun-
gen treffen wir typischerweise Partikelgroßen im Bereich von wenigen Mi-
krometern bis Zentimetern an. Die Oberflache dieser Partikel kann beliebig
geformt sein, unregelmaßig oder – wie in manchen unserer Modellexperimen-
te – auch regelmaßig. Ist das Granulat trocken, spielt Kohasion zwischen den
Partikeln keine Rolle. Jede Wechselwirkung, d.h. Kraftubertragung, zwischen
zwei Partikeln setzt bei trockenen Granulaten Beruhrung voraus. Damit wird
sie nur durch Reibung (siehe Abschnitt 2.3.1) und beziehungsweise oder in-
elastische Stoße vermittelt. Daher sind Granulate dissipative Systeme. Das
1
2 KAPITEL 1. GRANULARE MATERIALIEN – ORIENTIERUNG
bedeutet, dass die mechanischen Energieformen zu einem betrachtlichen An-
teil in Warmeenergie umgewandelt werden konnen. Der Energieerhaltungsatz
der klassischen Mechanik gilt nicht. Die Existenz und genaue Lage der zur
Kraftubertragung notwendigen Kontaktpunkte bestimmt oft fur den Nicht-
fachmann erstaunliche Eigenschaften von ruhenden Granulaten, von denen
einige in den Experimentiermodulen dieser Handreichung (siehe Kapitel 4)
vorgestellt werden.
Generell sind die makroskopischen Eigenschaften von Granulaten, unter Fach-
leuten oft als Granulare Medien bezeichnet, durch die fur Festkorper,
Flussigkeiten und Gase bekannten Gesetze nicht adaquat beschreibbar. Die
Grunde hierfur sind wohl bekannt: Die große Anzahl von Freiheitsgraden so-
wohl eines einzelnen Korns als auch eines granularen Aggregats fuhrt im All-
gemeinen zu irreversiblen1 und hochgradig nichtlinearen2 Wechselwirkungen
zwischen den Kornern. Aus der Sicht der modernen Physik liefern Granulate
Beispiele Komplexer Systeme fern vom Gleichgewicht.
Damit zeigen Granulare Medien viele neue Effekte, die ein Stoff in ei-
nem definierten Aggregatzustand3 nicht besitzt. Sie konnen Haufen bilden,
durch in der Regel schwache Scherkrafte plastisch verformt werden, aber
auch extrem starre Korper bilden. Letztere Eigenschaft wird insbesondere
beim Sintern und bei Gießverfahren (vgl. Kapitel 3) technisch ausgenutzt.
Experimente wie die an einem Stab hangende Flasche (siehe 4.2.2) oder der
Tischtennisschlager aus einem mit Sand gefullten Luftballon (siehe 4.2.1) de-
monstrieren dies eindrucksvoll. Unter geeigneter Energiezufuhr zeigen Gra-
nulate typisches flussigkeitsartiges Verhalten: Sie konnen durch Rohre und
auf geneigten Oberflachen fließen. Ihre Bewegung ist aufgrund der moglichen
Tangentialkomponente der Kontaktkrafte mit lokalen Rotationen einzelner
Korner verknupft.
Wohlbekannte Beispiele fur Granulate in Bewegung sind Sanduhren und
Schnee-4 beziehungsweise Gerolllawinen. Aber auch Vibrationen konnen zu
einer Fluidisierung5 fuhren, weshalb ein Verstandnis des Verhaltens von Gra-
nulaten u.a. fur erdbebensicheres Bauen wichtig ist.
1Die Wechselwirkungen sind nicht ohne weiteres umkehrbar.2Wechselwirkungen solcher Art sind linear, wenn sie durch ein lineares Kraftgesetz, wie
das Gesetz von Hook, modelliert werden konnen.3d.h. in der festen, flussigen oder gasformigen Phase.4Staublawinen zeigen eher gasformiges Verhalten.5Der Begriff Fluid umfasst Flussigkeiten und Gase.
3
Analysieren wir das diesem Kapitel vorangestellte Zitat von Victor Hugo aus
physikalischer Sicht, so kommen wir zu dem Schluss, dass Strukturen, erzeugt
durch die Bewegung von simplen Sandkornern, Form und Aussehen der Welt,
in der wir leben, zu einem nicht unbetrachtlichen Grad bestimmen sollen.
Diese Behauptung mag weit hergeholt erscheinen, wenn man die synergeti-
schen Eigenschaften Granularer Medien nicht in Betracht zieht. Wenden
wir uns daher kurz dem Gebiet der Synergetik zu, das auch als Lehre vom
Zusammenwirken bekannt ist. Die Synergetik versucht eine theoretische Mo-
dellierung von Systemeigenschaften, z.B. einer Schuttung eines Sandhaufens,
unter Berucksichtigung der Tatsache, dass das Gesamtsystem Eigenschaften
zeigen kann, die auf der Ebene der Teilsysteme, in unserem Beispiel etwa
zwei verschiedenen Korntypen des Schuttungsmaterials, nicht existieren. Ein
auf der Ebene der Untersysteme nicht existierender Effekt ist beispielswei-
se eine Korngroßentrennung beim Schuttvorgang6, die sich je nach System
als totale Separation oder schichtweise Ablagerung der beiden Korntypen
außern kann, wie sie in naturlichem Sandstein zu finden ist. Solche Beispiele
sind typisch fur Granulate in Bewegung. Aufgabe physikalischer Forschung
ist sowohl dieses kollektive (Gesamt-)Verhalten eines granularen Systems zu
untersuchen, was das Bilden neuer Strukturen einschließt, als auch die Statik
und Dynamik auf der Skala einzelner Korner zu klaren. Unterstellen wir also
Victor Hugo, dass er die hoch nichtlinearen Eigenschaften von Sand im Auge
hat. Die damit verbundenen Strukturbildungseffekte sind tatsachlich fur den
Aufbau von materiellen Strukturen wichtig.
Auch wenn zu Zeiten Victor Hugos die europaische Industrialisierung in
Entwicklung war, so konnte er die heutige technische Bedeutung granula-
rer Materialien wohl kaum vorhersehen. Allein ca. 60% der Produkte der
chemischen Industrie sind Granulate und weitere ca. 20% der Produkte ent-
halten pulvrige Bestandteile [2]. Granulare Materialien sind allgegenwartig
im taglichen Leben, nicht nur in der Ernahrung. Sie variieren typischerwei-
se nicht nur in Große und Form, sondern auch in Harte und Dichte. Die
Qualitatsanforderungen an manche Granulate – auch in Bezug auf Homege-
nitat – sind extrem hoch, wie beispielsweise bei Tonern fur Laserdrucker und
Kopierer. Ideale Homogenitat ist ein großes technisches Problem vor allem
bei Mischungen verschiedener Komponenten. Jeder naive Transportvorgang,
6Auch unter dem Begriff kinetisches Sieben gelaufig. Es wird u.a. industriell zur Vor-sortierung von Granulaten eingesetzt.
4 KAPITEL 1. GRANULARE MATERIALIEN – ORIENTIERUNG
jedes Schutteln fuhrt notwendigerweise zur Entmischung, auch granulare Se-
gregation genannt. Es sind verschiedene technische Verfahren im Einsatz, um
Segregation zu verhindern. Ihre Effektivitat korreliert mit den Investitions-
kosten. In vielen Bereichen ist eine extrem gute Homogenisierung unabding-
bar, wie beispielsweise in der Pharmaindustrie. Entmischungsvorgange zu
verstehen, ist daher auch aus wirtschaftlichen Grunden wichtig. Ein zweiter
Problembereich neben der Speziestrennung bei der industriellen Verarbei-
tung von Granulaten sind Verdichtungs-, Verbackungs- und Verstopfungs-
vorgange. Einfullstutzen und Ausfusse von Silos oder anderen Speichern sind
typische Stellen, wo der Massenfluss von Granulaten blockieren kann. Fur
solche Blockaden sind immer Bruckenbildungseffekte verantwortlich, wie sie
in den Abschnitten 2.2 und 4.4 theoretisch und experimentell vorgestellt wer-
den. Aber auch im Innern von Silos konnen sich Brucken bilden, was zu loka-
len Uberlastungen der Silowande und schließlich zum Bersten des Silos fuhren
kann. Abb. 1.1 zeigt einen solchen Unglucksfall. Schon die Konstruktion ei-
ner einfachen Sanduhr (vgl. 4.3.4) kann einen Einblick in diese Problematik
geben.
Neben der Vermittlung einiger typischer Eigenschaften von Schuttgutern ist
ein weiteres Ziel der Handreichung Granulare Materie, einige fundamentale
Begriffe und Konzepte aus der moderneren Physik7 anhand geeignet aus-
gewahlter Experimente beziehungsweise Versuchsfolgen auf phanomenologi-
scher Ebene unter Einbeziehung des spielerischen Elements zu lehren. Aus
dem Themengebiet Schuttguter in Ruhe sind dies wenige Begriffe: Struk-
tur oder Muster, Stabilitat beziehungsweise Instabilitat eines Zustands sowie
Schwellwert. Beispielsweise muss die Reibungskraft zwischen Granulat und
Wand einen Schwellwert uberschreiten, so dass Bruckenbildung mit all ihren
problematischen Folgen in einem Behalter oder Rohr auftreten kann8. Der
Begriff Struktur kann im Experimentiermodul Granulare Packungen (4.1)
anschaulich fundiert werden. Er ist fundamental fur das Gebiet der Struk-
turbildung, einem Teilgebiet der modernen Physik.
Die Physik der granularen Medien hat den Vorteil, dass sie in der Schule be-
reits mit einer relativ billigen Ausstattung und kostengunstigen Geratschaften
betrieben werden kann. Sie verlangt jedoch in der Regel enorm sorgfaltiges
7Genauer handelt es ich um das Gebiet der nichtlinearen Dynamik, ein diszi-plinubergreifendes, aktuelles und immer mehr an Bedeutung gewinnendes Forschungs-gebiet, wo Strukturbildungseffekte untersucht werden.
8Siehe auch das Problem der Miniaturisierung in den Vorbemerkungen zu Kapitel 4.
5
Abbildung 1.1: Ein berstendes Getreidesilo [7]
Arbeiten. Die vorgeschlagenen Experimentiermedien verfugen uber eine hohe
Primarmotivation, nicht nur wegen ihres Alltagsbezugs, sondern auch wegen
der schnellen Weckung von Sachinteresse aufgrund der Faszination mancher
Fragestellungen in Verbindung mit der Anschaulichkeit vieler Experimente.
Das Thema erscheint daher pradestiniert, Schulerinnen und Schuler in na-
turwissenschaftliche Denk- und Arbeitsweisen einzufuhren.
6 KAPITEL 1. GRANULARE MATERIALIEN – ORIENTIERUNG
Kapitel 2
Ruhende Granulate – einattraktives Thema fur denPhysikunterricht
Ohne irgendeine außere Einwirkung befindet sich ein Haufen trockenen Gra-
nulats in Ruhe. Leichtes Neigen oder Rutteln der Auflageflache andert die
Position der einzelnen Granulatteilchen nicht. Erst wenn solche Storungen zu
groß werden, geraten Teilchen in Bewegung. Prinzipiell lasst dies vermuten,
dass das System nichtlineare Eigenschaften besitzt. Die Existenz von vie-
len metastabilen Zustanden, von Schwellwerten bzw. kritischen Schranken
und Hystereseverhalten zahlen dazu. Im experimentellen Teil dieses Kapi-
tels werden wir einige Experimente kennenlernen, die uns verstehen helfen,
warum und wie ein kompaktifiziertes Granulat1 seine Form bzw. sein Vo-
lumen andert. Was wir dabei zu charakterisieren versuchen, ist die innere
Struktur eines granularen Materials. Die wichtigsten Aspekte bei trockenen
Granulaten sind erstens die Art der Packung der einzelnen Teilchen sowie
der Mechanismus, wie ein Ubergang zwischen verschiedenen Verdichtungs-
zustanden erfolgt, und zweitens der Effekt der Drucklokalisierung, der eine
Folge der packungs- bzw. anordnungsabhangigen Kontaktkrafte zwischen ein-
zelnen ruhenden Teilchen ist. Beide Aspekte sind von technischer Bedeutung.
1Ein typisches Beispiel ist eine Packung vakuumverpackten Kaffepulvers.
7
8 KAPITEL 2. RUHENDE GRANULATE
2.1 Packungsdichte und Dilatanz
Gerade die statischen Eigenschaften eines Sandhaufens sind sehr komplex
und mit einfachsten Methoden nicht exakt zu fassen. Dies beginnt bereitsKomplexe Statik
mit der Verteilung der einzelnen Korner im Innern eines Haufens. In der For-
schung verwendete Methoden wie Neutronenstreuung oder ausgefeilte span-
nungsoptische Verfahren stehen in der Schule nicht zur Verfugung. Man
wird also zu extrem einfachen Modellen bzw. Modellexperimenten greifen
mussen. Dies betrifft sowohl das Studieren idealer Packungen als auch ideali-
sierter Kornformen. Naturliche granulare Medien wie beispielsweise granulare
Boden sind fur gewohnlich durch eine zufallige Anordnung irregular geformter
Teilchen verschiedenster Großen charakterisiert. Heterogenitat ist dabei ein
wesentlicher Aspekt. Insofern sind Schlussfolgerungen, gewonnen aus Expe-HeterogenitatnaturlicherGranulate rimenten mit speziellen Modellgranulaten beziehungsweise mit idealisierten
Packungen gleichgearteter Kugeln nicht in jedem Fall auf naturliche Granu-
late anwendbar, obwohl dies in manchen Fallen auch erfolgreich war (u.a.
bei der Vorhersage von Wellengeschwindigkeiten und Resonanzfrequenzen in
Boden).
2.1.1 Das Problem dichter Kugelpackungen – als ex-emplarische Einfuhrung in den Modellbegriff
Als Einstieg in den Problembereich Packungsdichte und Modellbildung wer-
den Erfahrungen von Schulerinnen und Schulern diskutiert. Die Eigenschaft,VerdichtenAlltagzbezug
dass Granulate verdichtet werden konnen und in manchen Fallen auch mussen,
ist aus dem Alltag wohl vertraut: Nach einem Rohrbruch wird die Aufgrabung
mit einer Ruttelmaschine sorgfaltig verdichtet, da sich ansonsten das wieder
eingefullte Material nach einiger Zeit merklich setzt und unerwunschte Del-
len oder Rinnen entstehen. Wird z.B. trockenes Salz oder Zucker in ein Glas
umgefullt, so dass das Glas nicht nur eben voll ist, sondern ein Schuttkegel
entsteht, der uber den oberen Glasrand hinausragt, so lasst sich das Glas
nach einigem Stauchen trotzdem meist verschließen. Woraus die Problemfra-
ge konstruiert werden kann, inwiefern Volumenangaben bei Rezepturen sei es
in der Kuche oder im Chemiebaukasten sinnvoll sind. Gibt es fur jedes Gra-Volumenangabenin Rezepten
nulat eine maximale Verdichtung, also eine dichteste Packung? Die Losung
dieser Fragen kann durch Untersuchung von Modellgranulaten erfolgen. Mo-
dellexperimente sind in den Versuchen 4.1.2, 4.1.4, 4.1.5 und optional 4.1.3
2.1. PACKUNGSDICHTE UND DILATANZ 9
beschrieben, wo zweidimensionale kreisformige Granulate (Munzen) und re- Erkenntnisge-winnung durchModellexperimentelativ genau spharische sowie annahernd kugelformige Granulate (Kirschen,
Erbsen) eingesetzt werden. Inwieweit die fur diese Spezialfalle gewonnenen
Resultate verallgemeinert werden konnen, ist zu diskutieren.2
2.1.2 Strukturtypen einfachster Packungen – Vertie-fungswissen
Schulerreferat
In der Sekundarstufe 1 wird uber das Teilchenmodell gesprochen, ohne dass
mogliche verschiedene Anordnungen von Teilchen in festen Korpern genauer
diskutiert werden. Regelmaßige Anordnungen von Atomen oder Molekulen,
man spricht in diesem Fall auch von bestimmten Symmetrien, realisiert die
Natur in Kristallen. In der Natur vorkommende Strukturtypen von Kristallen
werden u.a. in der Kristallographie untersucht.
Ein Aggregat von Kugeln identischer Große stellt ein Modell fur Kristalle aus
einer Atomsorte dar. Insofern ist es von Interesse zu klaren, welche einfachen
Packungen von Kugeln gleicher Große theoretisch moglich sind und ob diese
von der Natur realisiert werden.
Werden identische Kugeln auf einer Flache moglichst dicht, also platzsparend
angeordnet, so ergibt sich eine Packung mit folgenden Kennzeichen.
1. Eindimensionale Reihen sich beruhrender Kugeln liegen so nebenein-
ander, dass Kugeln in benachbarten Reihen auf Lucke liegen.
2. Jede Kugel hat sechs Nachbarn.
3. Zwischen je drei sich beruhrenden Kugeln liegt ein Hohlraum bzw. eine
Lucke in der zweidimensionalen Projektion.
4. Die Zahl der Lucken pro Flacheneinheit ist doppelt so groß wie die Zahl
der Kugeln.
Um zu einer dreidimensionalen Packung zu gelangen, wird eine zweite Schicht
auf diese erste gepackt. Die Kugeln dieser zweiten Schicht mussen zwangslaufig
in den Lucken der ersten liegen. Wird wiederum dicht gepackt, so findet man,
dass nur uber jeder zweiten Lucke der ersten Schicht eine Kugel der zweiten
2Eine sinnvolle Moglichkeit, den Modellbegriff im Unterrricht zu vertiefen.
10 KAPITEL 2. RUHENDE GRANULATE
Schicht liegt. Daher gibt es plotzlich zwei unterschiedliche Typen von Lucken
der ersten Schicht: Typ 1 tragt eine Kugel, Typ 2 liegt unter einer Lucke von
Schicht 2. Eine analoge Klassifizierung ergibt sich fur die Lucken der zweiten
Schicht. Soll nun eine dritte Schicht von Kugeln auf die zweite gelegt werden,
so gibt es folglich zwei unterschiedliche Anordnungen:
(hcp) Die dritte Schicht wird identisch zur ersten gebaut, d.h. ihre Kugeln
liegen uber Kugeln der ersten Schicht (Schichtfolge [1 2 1]), oder
(ccp) sie wird so gebaut, dass ihre Kugeln uber den Lucken der ersten Schicht
liegen, die bisher keine Kugeln der zweiten Schicht tragen
(Schichtfolge [1 2 3]).
Im Fall (hcp) kann die ursprungliche Packung aus zwei Schichten [12] iden-
tisch fortgesetzt werden. Die resultierende Packung ist daher durch eine
Schichtenfolge [12 12 12 ...] charakterisiert. Sie wird als hexagonal dichteste
Packung bezeichnet, da sie eine hexagonale (sechszahlige) Symmetyrie be-
sitzt. Die Abkurzung (hcp) stammt aus dem Englischen von hexagonal close
packing. Jede Kugel besitzt sechs Nachbarn aus der gleichen Schicht sowie
jeweils drei aus der darunterliegenden und der daruberliegenden Schicht, was
insgesamt 12 nachste Nachbarn ergibt.
Definition 1 Die Zahl der nachsten Nachbarn wird als Koordinationszahl
bezeichnet.
Die Koordinationszahl der hexagonal dichtesten Packung ist folglich 12.
Die drei Schichten der Packung (ccp) konnen ebenfalls periodisch fortgesetzt
werden, was zu einer Schichtenfolge [123 123 123 ...] fuhrt. Diese Schichtstruk-
tur heißt kubisch dichteste Packung, da sie eine kubische (wurfelformige)
Symmetrie aufweist. Auch in der kubisch dichtesten Packung hat jede Kugel
die Koordinationszahl 12. Die Abkurzung (ccp) stammt aus dem Englischen
von cubic close packing.
Zur Unterscheidung der beiden dichtesten Kugelpackungen, muss man also
die dritten Nachbarn heranziehen. Weitere Details zu diesen und anderen
Packungsstrukturen findet man in Buchern zur Kristallographie, Stichwor-
te bzw. Suchbegriffe dazu sind u.a. Stapelrichtungen, Elementarzelle eines
Kristallsgitters, Raumgruppen,... .
2.1. PACKUNGSDICHTE UND DILATANZ 11
Eine große Anzahl von reinen Metallen kristallisiert in den beiden bisher
diskutierten dichtesten Packungsstrukturen. Gold, Kalzium, Nickel, Kupfer,
Silber und Platin haben die gleiche Struktur (ccp). Magnesium, Beryllium,
Kobalt, Zink und Kadmium besitzen eine (hcp)-Packung. Andere Metall-
strukturen existieren, sind aber nicht mehr dichtest gepackt, wie z.B. Wolf-
ram, in dessen Struktur auch Lithium, Natrium, Kalium, Rubidium, Casium,
Barium und Tantal kristallisieren.
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Abbildung 2.1: Darstellung der in zwei Dimensionen moglichen regelmaßiggeordneten Strukturen von Scheiben mit den Koordinationszahlen drei, vierund sechs
Um in die Problematik verschiedener Packungsarten einzufuhren, konnen
diverse zweidimensionale regelmaßig geordnete granulare Modellkorper aus
Munzen oder Scheiben zusammengesetzt werden (siehe auch Versuch 4.1.1).
Dabei sollte geklart werden, Anregung: Aufgabeals Einstieg
• dass maximal sechs Beruhrpunkte mit benachbarten Scheiben fur eine
Scheibe moglich sind,
• dass es genau drei Packungstypen zweidimensionaler granularer Modell-
korper gibt, die aus regelmaßig angeordneten gleichgroßen Scheiben
aufgebaut und wie folgt charkaterisiert sind:
12 KAPITEL 2. RUHENDE GRANULATE
1. Koordinationszahl drei, Packungsdichte 0,6046,
2. Koordinationszahl vier, Packungsdichte 0,7854,
3. Koordinationszahl sechs, Packungsdichte 0,9069.
Eine Packungsdichte von 1 ergibt sich bei einer vollstandig bedeckten Flache,
d.h. ohne jeden Hohlraum. Die drei moglichen zweidimensionalen Packungen
von Kreisen sind in Abb. 2.1 skizziert.
2.1.3 Vorgange beim Verdichten, der Begriff der Dila-
tanz
2.1.3.1 Verformungseigenschaften idealisierter Granulate
Bereits das zweidimensionale Modellexperiment 4.1.2 zeigt typische Vorgange
beim Verdichten bzw. allgemein bei der Anderung der Packungsdichte, diezweidimensionalesModellexperiment
unabhangig von der speziellen Kornform auftreten:
1. Anderung des Hohlraumvolumens wahrend des Ubergangs von losen zu
dichteren Packungen und als Folge eine Anderung des vom Granulat
eingenommenen Gesamtvolumens,
2. Anderung von Große und Orientierung von Hohlraumen,
3. Gleiten und Rollen an Kontaktpunkten bei Mikrodeformationen.
Dieses im letzten Punkt genannte Gleiten und Rollen macht die Kraftein-
wirkung an Kontaktpunkten offensichtlich. In trockenen Granuaten konnen
Krafte nur an den Stellen ubertragen werden, wo Partikel sich beruhren. Die-
ses sogenannte Kontaktnetzwerk werden wir u.a. im Abschnitt uber Druck-
lokalisierung 2.2 besprechen.
Die Modellexperimente 4.1.1 und 4.1.2 liefern daruber hinaus einen starken
Hinweis auf die Existenz (mindestens) einer dichtesten Packung bei KugelnExistenz einerdichtesten Packung
gleicher Große, die in Versuch 4.1.3 konstruiert werden wird.3
Insbesondere das Vorstellungsvermogen von jungeren Schulerinnen und Schu-
lern kann unterstutzt werden, wenn die dichteste Packung von fast ideal mo-
nodispersen4 Kugeln durch Ausprobieren mit Perlen, Murmeln oder mit Hilfe
3Abhangig von der Vertiefungsabsicht genugt es die Existenz mindestens einer dichtenPackung zu zeigen, eine Typcharakterisierung ist optional.
4d.i. eine gleichmaßige Großenverteilung von Kornern eines Granulats.
2.1. PACKUNGSDICHTE UND DILATANZ 13
eines Molekulbaukastens ermittelt wird (siehe auch den Abschnitt 2.1.2 fur
weitere Details). Alternativ kann das Abtraktionsvermogen durch eine Auf-
gabe so gefordert werden, dass Interesse an einem Modellversuch geweckt
wird: Es ist eine zeichnerische Vorhersage der Zahl der nachsten Nachbarn
eines Korns zu einem der Versuche 4.1.4 oder 4.1.5 zu verlangen. In die-
sen Versuchen wird dann die Koordinationszahl in einem dreidimensiona- Koordinationszahlexperimentellermittelnlen angenahert monodispersen Granulat experimentell ermittelt. Eine Ge-
genuberstellung zwischen idealisierter Packungsstruktur und realen Packun-
gen ist insofern wichtig, da in realen Stoffen nie alle theoretisch zu erwar-
tenden Kontaktpunkte existieren. Grunde liegen in der real nicht existieren-
den idealen Monodispersie verbunden mit der Reichweite der Kontaktkrafte:
Minimale Zwischenraume im Mikrometerbereich ubersteigen bereits deren
Reichweite.
Die Auswertung der Modellversuche 4.1.4 und 4.1.5 mit nur angenahert spha- Unordnung vonKontaktpunktenrischen Kornern fuhrt auf die Problematik der ungeordneten raumlichen Ver-
teilung von Kontaktpunkten bei nicht ideal identischen Kugeln. Eine Diskus-
sion von allgemeinen Eigenschaften von Modellen bietet sich an.
2.1.3.2 Verformungseigenschaften realer Granulate
Nach Absolvieren des Experimentiermoduls Granulare Packungen5 wird
die Frage nach den Verformungseigenschaften eines polydispersen6 Materials, Verformung einesGranulats
wie es realer Sand darstellt, aufgeworfen. Erste Aussagen zu diesem Problem
werden aus Verdichtungsexperimenten mit Sand gewonnen (Versuche 4.2.2
und 4.2.3), die eindrucksvoll zeigen, dass ein stark verdichtetes Granulat, auf
Scherkrafte mit einer Volumenvergroßerung reagiert. Beobachtungen solcher
Art wurden bereits von Reynolds (1885) beschrieben, der dafur den Begriff
Dilatanz gepragt hat. Er experimentierte mit einem nicht dehnbaren Um-
schlag, mangels vakuumverpackten Kaffeepulvers (vgl. die Versuche 4.2.1.A
und 4.2.1.B). Abb. 2.2 zeigt die Versuchsobjekte von Experiment 4.2.1.B,
wo Sand durch die Spannung der Luftballonhaut verdichtet wird. Damit der
eindrucksvolle Versuch gelingt, muss die Spannung der Luftballonhaut nach
dem Werfen des Ballons einen Schwellwert7 uberschreiten, so dass eine Vo-
5Welche Versuche hierbei unabdingbar sind, wird bei den Experimentieranleitungen furdie Hand der Lehrkraft in Abschnitt 4.1 diskutiert.
6d.i. eine ungleichmaßige Großenverteilung von Kornern eines Granulats.7siehe Defintion 5 auf Seite 19.
14 KAPITEL 2. RUHENDE GRANULATE
lumenvergroßerung durch Scherkrafte verhindert wird.
Abbildung 2.2: Ein mit Sand gefullter Luftballon (links) wird zugeknotet undschwungvoll gegen eine glatte Flache geworfen, wobei er sich zu einem relativstarren diskusformigen Objekt (rechts) verformt (Foto S.M. Weber).
Definition 2 Unter Dilatanz verstehen wir die Eigenschaft eines kompakti-
fizierten Granulats, seine Packungsdichte unter der Einwirkung von Scher-Dilatanz
kraften zu verkleinern.
Diesen Effekt kennen Schulerinnen und Schuler vom Wuhlen in einer Kram-
schublade, die nach dieser handfesten Umordnung plotzlich nicht mehr zu
schließen ist. Schulung des Transferdenkens soll dazu fuhren, den Schubla-Alltagserfahrungenintegrieren –Schulung des
Transferdenkens
deneffekt auch in den Versuchen 4.2.4.A und 4.2.4.B wiederzuerkennen. Hier
wird zwar kein trockenes Granulat verwendet, jedoch ist Wasser hier nur ein
Mittel, um die Volumenanderung, speziell in diesem Versuch die Zunahme
des Gesamtvolumens aller Hohlraume, als Folge von Scherung sichtbar zu
machen. Vielen Schulern ist das Phnomen des Trockenlegens nassen Sands
bereits begegnet: Wenn wir am Strand nahe des Wassers in feuchtem Sand
laufen, scheint der Sand um unsere Fussstapfen herum trocken zu werden.
Aufgrund unseres Gewichts hat der Sand unter unseren Fußen sein Volumen
lokal vergroßert, so dass das Oberflachenwasser versickert. Die Volumenzu-
nahme wird als Aufwolbung um die Fußspur sichtbar.
2.2. DRUCKLOKALISIERUNG, KRAFTBRUCKEN 15
Der Reynoldsche Dilatanzeffekt, wie er oft genannt wird, hat technisch wich-
tige Konsequenzen.8 Der Begriff der Dilatanz steht in enger Verbindung mit
dem Begriff der Porositat. Letztere ist in der Praxis ein grobes Maß fur die Porositat
Packungscharakteristik eines granularen Materials.
Definition 3 Unter Porositat verstehen wir den Volumenbruchteil eines gra-
nularen Materials, der aus Hohlraumen besteht.
Definition 4 Die Hohlraume zwischen den Kornern eines granularen Ma-
terials bezeichen wir auch als Poren.
Zur Kontrolle der Eigenschaften realer Materialien sind Charakteristika der
Poren nutzlicher als die reine Angabe der Packungsdichte. So bestimmen Poren kontrollierenwichtigeEigenschaftenPoren bzw. deren Zahl, Form und innere Oberflache beispielsweise wich-
tige Eigenschaften granularer Boden: u.a. Filterkraft, Permeabilitat (d.h.
Durchlassigkeit bzgl. Gasen und Flussigkeiten), Wasseraufnahmevermogen,
Saugfahigkeit durch Kapillareffekt, Abflusseigenschaften bzgl. Flussigkeiten,
thermische Leitfahigkeit sowie die Gesamtoberflache. Hier bieten sich fur den fachubergreifendeBezuge zurGeographieUnterricht viele fachubergreifende Experimente aus dem Gebiet der Geo-
wissenschaften an. Allerdings arbeiten diese Experimente in der Mehrzahl
nicht mit trockenen Granulaten, sondern mit benetzten, was reale Boden-
verhaltnisse eher modelliert.9
2.2 Drucklokalisierung, Kraftbrucken
Experimente mit verdichteten Granulaten zeigen eindrucksvoll die festkor-
perartigen Eigenschaften granularer Materie. Bereits im letzten Abschnitt
auf S. 13 haben wir erfahren, dass in realen Granulaten die Kontaktpunkte
ungeordnet sind. Die Unordnung geht jedoch weiter, sie betrifft auch die Rei- KontaktpunkteundReibungskraftesind ungeordnet
bungskrafte zwischen den einzelnen Teilchen. Zur Erklarung dieser Tatsache
werden wir ein mikroskopisches Reibungsmodell in Abschnitt 2.3.2 verwen-
den.
Wirkt auf ein verdichtetes Granulat eine außere Kraft, so wird diese ins In-
nere der Packung ubertragen. Diese Fortpflanzung ins Innere muss entlang
8siehe auch Kapitel 39Zur Saugfahigkeit von Modellboden stehen einige einfache Experimentiervorschlage
zur Verfugung [6] (mit Downloadmoglichkeit im WWW).
16 KAPITEL 2. RUHENDE GRANULATE
eines zufalligen Pfads erfolgen, da nur uber existierende Kontaktpunkte eine
Kraftubertragung moglich ist und die Kontakte ungeordnet sind. DaruberKontaktnetzwerkubertragt Krafte
hinaus wird ein granularer Korper bei Druckerhohung immer starrer. An-
wendungen fur diese mit Belastung wachsende Steifigkeitheit finden wir in
alltaglichen Situationen. Beispielsweise hat der Schotterunterbau unter Ei-
senbahnschienen hohe nichtlineare Elastizitatseigenschaften: Er wird steifer
durch Kompression.
Dies kann bereits mit Hilfe unseres Wissens uber reale Packungen erklart
werden: Die durch außeren Druck zugefuhrte Energie wird in SpannungenDruck erhohtSteifheit
und Reibungsarbeit umgesetzt, ein Teil im Innern, der Rest in der Wech-
selwirkung mit Gefaßwanden oder anderen Begrenzungen. Angenommen wir
kennen zu einem Zeitpunkt den Weg der Kraftubertragung, also das gesamte
Kontaktnetzwerk. Wird der Druck auf diese Konfiguration nun erhoht, begin-
nen sich die Teilchen durch die wachsende Spannung zu verformen; neue Kon-
taktpunkte bilden sich, wobei neue zusatzliche Wege fur die Kraftubertragung
entstehen. Auch wenn die elastischen Eigenschaften der Teilchen bekannt
sind, ist a priori wegen der Unordnung der Kontakte nicht vorhersagbar,
uber welche Kontakte dies geschehen wird. Infolge der zunehmenden Ver-
zweigung von Kraftlinien bei wachsender Last, nimmt die Starrheit eines
Granulats mit steigender Druckspannung zu, was substantielle Abweichun-
gen vom Hookschen, sprich linearen, Verhalten zur Folge hat.
Solche faszinierenden Effekte sind prinzipiell mit polarisationsoptischen Me-
thoden visualisierbar, wobei der sogenannte photoelastische Effekt ausge-
nutzt wird, d.h. eine spannungsinduzierte Doppelbrechung von im spannungs-
freien Zustand isotropen Materialien. Das geeignete Material ist in SchulenSpannungensichtbar machen
in der Regel nicht vorhanden, wie Scheiben oder Zylinder aus klarem Acryl-
glas, die in einer durchsichtigen quasi zweidimensionalen Scherzelle aus festen
Glasplatten unter Druck gesetzt werden. Die Zelle kann z.B. auf dem Over-
headprojektor zwischen gekreuzten Polarisatoren (Polarisationsfolien) plat-
ziert werden. Ein ahnlicher Versuch ist auch mit Acrylglaskugeln moglich,
wenn Sie in ein flussiges Medium mit identischem Brechungsindex, z.B. ein
geeignetes Glyzerin-Wasser-Gemisch, eingebettet werden. Erfreulicherweise
existieren genugend andere interessante experimentelle Optionen fur den
Schulunterricht, um das Thema Krafte und Spannungen im Inneren eines
Granulats zu erschließen.
Einen moglichen Einstieg in die Thematik Kraftverteilung in einem Granu-
2.2. DRUCKLOKALISIERUNG, KRAFTBRUCKEN 17
lat bietet die Frage, wie hoch man einen Sandhaufen auf eine Betondecke ThemaKraftverteilung –Einstiegeeines Neubaus oder auf den Boden einer Fertiggarage schutten darf, damit
weder die maximal erlaubte Punktbelastung noch die maximale Gesamtlast
uberschritten wird. Typische Werte fur die maximale Punktbelastung liegen
bei 8 kN pro 100 cm2 und 3,5 kN pro m2 sowie von 2,5 t fur die maxima-
le Gesamtlast bei einer Fertiggarage. Vermutlich werden einige Schulerinnen FalscheHypothesen
und Schuler die Hypothesen aufstellen, dass erstens der Druck auf den Bo-
den unter der Spitze bzw. dem Kamm des Haufens am großten sei, da dort
die großte Schichtdicke auf dem Boden liegt, sowie, dass zweitens der Druck
zum Rand zu kontinuierlich abnehme. Dies ist generell nicht der Fall, sondern
hangt im Detail davon ab, wie der Haufen entstanden ist. Genauer heißt dies,
dass der Aufbauvorgang eines Sandhaufens sein Kontaktnetzwerk bestimmt,
weshalb Sandhaufen existieren, die unter dem Kamm ein lokales Minimum
der Bodenkraftverteilung zeigen.
Wenn bereits Lawinen behandelt worden sind, ist es auch moglich, die erlit-
tenen Druckschaden eines unter einem Schneehaufen Verschutteten als Funk-
tion dessen Position abschatzen zu lassen. Es wird eine ahnliche Hypoythese
zu erwarten sein.
Abbildung 2.3: Computersimulation des Kontaktnetzwerkes in einem Granu-lathaufen (nach [5]). Die Starke der Linien kodiert die Große der Kontakt-krafte. Reibungskrafte sind nicht dargestellt.
Entschieden werden muss das Problem experimentell, indem zu messen ver-
sucht wird, welchen Druck ein Sandhaufen auf seine Unterlage ausubt. Eine
Version dieses Experiments, in der Glaskugeln als Granulat sowie Kohlepa-
pier zur Druckregistrierung verwendet werden, findet sich in Versuch 4.3.1.
Die Schwarzung des Kohlepapiers ist ein direktes Maß fur die Hohe des herr- Bodendruckver-teilung sichtbarmachenschenden Bodendrucks durch eine Kugel. Wenn dieser Versuch ohne Pres-
se durchgefuhrt werden muss, ist seine Ausfuhrung relativ diffizil, da bei
18 KAPITEL 2. RUHENDE GRANULATE
unvorsichtigen Hammerschlagen Querkrafte auftreten, die die Messpunkte
verschieben. Das Ergebnis wiederlegt in jedem Fall die oben genannte Hypo-
these. Stattdessen wird die Existenz von stark belasteten und weniger stark
belasteten Kornern der Bodenschicht gezeigt.
Die noch vorlaufige Hypothese der Existenz eines Kontaktnetzwerks kann
den Versuchsausgang erklaren. Um diese Hypothese zu festigen, ist nebenErklarung durchKontaktnetzwerk
der bereits untersuchten Verteilung der Druckkrafte auf die Bodenflache die
Hohe des Bodendrucks als Funktion der Fullhohe eines Behalters zu studieren
(Versuche 4.3.2 und 4.3.3). Da der Druck auf den Boden ab einer gewissen
Fullhohe konstant bleibt, ist dies ein Hinweis, dass die Behalterwande die
Last aufnehmen, was ein weiteres experimentelles Indiz fur die Existenz von
Kraftpfaden bzw. -brucken liefert. Der durch die Gewichtskraft der einzelnenexperimentellerNachweis vonKraftbrucken Korner ausgeubte Druck auf eine Schicht, muss offensichtlich fast rechtwinklig
zur ursprunglichen Belastung umgeleitet werden.
Dies lasst sich auch theoretisch zeigen, z.B. im Rahmen einer Naherung,
die vor mehr als hundert Jahren entwickelt worden ist (siehe z.B. [1] S. 74
ff). Hierbei wird ein Granulat als kontinuierliches Medium behandelt und
Druckanderungen werden differentiell beschrieben, was nur fur sehr große
Teilchenzahlen sinnvoll ist. Da dazu eine zwar einfache Differentialgleichung
gelost werden muss, bleibt auf Schulniveau nur die Messung10. Der vertikale
Druck pv auf eine Granulatschicht in einem zylindrischen Behalter erreicht
ab einer gewissen Tiefe h einen Sattigungswert ps = ρ g c mit geeigneter
Konstante c, deren genauer Wert hier nicht wesentlich ist. Die Dichte des
granularen Materials ist mit ρ und die Erdbeschleunigung mit g bezeichnet.
Der Verlauf des vertikalen Drucks als Funktion der Schutthohe h uber dem
Messort ist in einer Prinzipskizze in Abb.2.4 als durchgezogene Kurve darge-
stellt. Es ist klar zu erkennen, dass assymptotisch ein Sattigungswert erreicht
wird. Die funktionale Abhangigkeit der Druckzunahme von der Hohe lautet:
pv(h) = ρ g c(
1 − exp(−c h)).
Ein solcher Kurvenverlauf lasst sich auch aus Versuch 4.3.3 gewinnen, wenn
genugend genau und sorgfaltig gemessen werden kann. Dieser Versuch eig-
net sich auch, um die Existenz von Schwellwerten in Granularen Medien zuExistenz vonSchwellwerten
verdeutlichen.
10Es sei denn, man weicht in der Oberstufe auf Computeralgebrasysteme aus.
2.2. DRUCKLOKALISIERUNG, KRAFTBRUCKEN 19
vertikaler Druck pv0
Hydro-statischerGrenzfall
Sättigungs-bereich
ps
Höh
e h
Abbildung 2.4: Die Abhangigkeit des vertikalen Drucks in einem Silo alsFunktion der Hohe. Die gestrichelte Linie stellt als Vergleich den hydrostati-schen Druck dar. Der assymptotische Wert fur den vertikalen Druck ist mitps bezeichnet.
Definition 5 Wir bezeichnen einen speziellen Wert eines Systemparame-
ters als Schwellwert oder kritischen Wert, wenn bei stetiger Anderung des
Systemparameters, ab diesem Wert eine Anderung des Systemverhaltens in
Erscheinung tritt.
In unserem experimentellen Beispiel ist die Einfullhohe beziehungsweise die
Hohe der Granulatschicht uber der Messstelle des vertikalen Drucks der zu
variierende Systemparameter. Die Anderung des Systemverhaltens besteht
in der Zunahme der Reibungskraft zwischen Granulat und Gefaßwand sowie
der Kontaktkrafte zwischen einzelnen Kornern. Ab einem gewissen Maß an
Verdichtung oder Kompaktifizierung des Granulats entstehen dadurch Kraft-
ketten in Richtung Seitenwand, so dass ein Teil des Gewichts des granularen
Inhalts von den Seitenwanden aufgenommen werden kann.
20 KAPITEL 2. RUHENDE GRANULATE
Abbildung 2.5: Darstellung der Spannungsverhaltnisse in einem mit Plexi-glaskugeln und einem Glyzerin-Wasser-Gemisch gefullten Behalter (nach [4])
Abb. 2.5 zeigt die Spannungsverhaltnisse in einem mit Plexiglaskugeln geful-
lten Behalter. Es sei angemerkt, dass in der zitierten Publikation die Abbil-
dung auf dem Kopf steht. Die Kugeln werden von oben mit einem Stempel
zusammengepresst. Dunkle Stellen kennzeichnen Orte hoher Spannung und
damit großer wirkender Krafte. Die extreme Belastung bestimmter Stellen
der Behalterwand ist deutlich erkennbar. Die Verzweigung von Kraftlinien
bzw. von Druckkanalen unter wachsender Belastung ist experimentell mehr-
fach gezeigt worden. Die Existenz von Kraftlinien aufgrund von Kontaktket-experimentelleErzeugung von
Gewolben ten kann auch aus einem einfachen Versuch (Versuch 4.4.1) abgeleitet werden,
wo die Gewolbebildung in einem mit sehr feinem trockenen Sand gefullten
Rohr gezeigt wird. Bogenformige Kontaktketten sind fur die Bildung von
Kraftbrucken oder Gewolben notwendig und fuhren unter Umstanden zu ei-
ner großen Kraftubertragung auf Behalterwande.
Definition 6 Unter Drucklokalisierung verstehen wir die Erscheinung ei-
nes erhohten Drucks auf bestimmte Teilchen am Boden oder Rand eines mit
Granulat gefullten Behalters verglichen mit benachbarten Teilchen.
Drucklokalisierung und Bruckenbildung sind Phanomene, die in der Technik
zu vermeiden versucht werden: Drucklokalisierung kann zum Aufbrechen von
Silowanden fuhren (siehe Abb. 1.1 auf S. 5). Einbrechende Gewolbe, z.B. in
2.2. DRUCKLOKALISIERUNG, KRAFTBRUCKEN 21
Abbildung 2.6: Die Ruine des Aquadukts von Maintenon, erbaut unter Lud-wig XIV im Pariser Becken, ist ein Beispiel von Bogen, die Jahrhunderteuberdauert haben.
Getreidesilos, konnen Silos zusammenbrechen lassen (Silobeben). Der Effekt
der Bruckenbildung fuhrt zu verstopften Abfullanlagen und Einfullstutzen fur
Granulate, wenn sie falsch konstruiert sind. Beispielsweise sind als Abhilfe in
Zement- oder Kalksilos von Betonwerken Ruttler eingebaut.11 Verstopfungen Silobeben,Verstopfungensolcher Art sind aus dem Alltag gelaufig, wenn ein Granulat mit Hilfe eines
Trichters umgefullt wird (vgl. Versuch 4.4.2).
In Granulaten experimentell erzeugte dreidimensionale lasttragende Gewolbe
sind domartig, wie auch numerische Simulationen gezeigt haben. Streng zwei-
dimensionale lasttragende Bogen haben bei gleichmaßig verteilter Last Pa-
rabelgestalt (siehe z.B. [1], S. 60ff), wahrend ein realer freier selbsttragender
Bogen die Form einer (umgekehrten) Kettenlinie hat. In Versuch 4.4.3 wird Kettenlinie – dieForm eines freienBogensdie Stabiltat eines freien Bogens untersucht. Diese beeindruckende Stabilitat
von Bogen machen Bilder von zerstorten Kirchen oder Bruckenkonstruktionen
besonders deutlich. Abb. 2.6 zeigt vier einzelne Bogen des Aquadukts von
Maintenon12, das unter der Herrschaft von Ludwig XIV erbaut worden ist.
11An dieser Stelle sollten sich Schuler uber weitere technisch gute Losungen kundigmachen.
12Nahere Informationen u.a. auf den WWW-Seiten der Stadt Maintenonhttp://www.mairie-maintenon.fr/
22 KAPITEL 2. RUHENDE GRANULATE
2.3 Mikromechanik – Vertiefungswissen
Dieser Abschnitt soll u.a. dafur sensibel machen, welche prinzipiellen Pro-
bleme bei einer theoretischen Modellierung granularer Medien auftreten. Im
Unterricht an Schulen wird man sich auf wenige eher phonomenologisch an-
setzende Modelle beschranken, d.h. Beschreibungsversuche des Verhaltens
aller Granulatteilchen im Sinne der Newtonschen Mechanik kommen nicht
in Frage. Trotzdem sollen in dieser Handreichung die Ziele einer solchen Mi-
kromechanik kurz umrissen werden, da sie wesentliche Fragestellungen der
Forschung deutlich machen.
2.3.1 Mikromechanik – die Problematik mikroskopi-scher Modelle
Das Hauptproblem der Mikromechanik in granularen Materialien ist eine Ver-
bindung zwischen dem mikroskopischen Response der einzelnen Korner und
dem makroskopischen Verhalten des Materials herzustellen. Wahrend jedes
der Korner als diskretes Teilchen reagiert, kann das Granulat als Kontinuum
aufgefasst werden.13 Ein typisches Volumenelement eines granularen Materi-
als besteht daher aus einer Menge von einzelnen sich beruhrenden Teilchen so-
wie von Hohlraumen zwischen den Partikeln. Bei nicht trockenen Granulaten
sind diese Hohlraume u.U. mit Flussigkeit gefullt. In dieser Mikrostruktur ist
die Hauptursache fur die makroskopische Energiedissipation zu suchen: Die
Arbeit, die auf mikroskopischer Skala durch die Kontaktkrafte zwischen den
Teilchen verrichtet wird. Die Kontaktkrafte sind Reibungskrafte, die zugege-
benermaßen sehr sehr klein pro Kontaktpunkt sind. Insgesamt kann jedoch
eine relativ große Menge an Energie dissipiert werden, wenn eine große Zahl
von Kontakten involviert ist, wie z.B. beim Rutschen eines Haufens. Zur Mo-
dellierung der mikroskopischen Dynamik sind Impulse, Drehmomente und
wirkende außere Krafte zu analysieren. Letztere bewirken Druckkrafte bzw.
Druckpannungen im Inneren, die bei einer statischen Konfiguration lokal im
Gleichgewicht stehen mussen. Im Rahmen der mikroskopischen Kinematik
wird die Bewegung einzelner Teilchen studiert. Dies spielt in den Kapiteln
dieser Handreichung eine Rolle, wo bewegtes Granulat betrachtet wird. An
dieser Stelle nur soviel: Die gesamte Verteilung aller Granulatteilchen wird
13Dies ist insbesondere bei allen Phanomenen wichtig, wo fließende Granulate auftreten.
2.3. MIKROMECHANIK – VERTIEFUNGSWISSEN 23
durch die Bewegung eines einzelnen (inneren) Teilchens geandert, weshalb
bei energetischen Betrachtungen auch die kinetische Energie von Teilchen
berucksichtigt werden muss.
2.3.2 Reibung
2.3.2.1 Beispiel fur ein phanomenologisches Modell
Ein dem Niveau der Schule angemessenes Modell, ist das der trockenen Rei-
bung. Die makroskopischen Gesetze der Reibung sind erstaunlich einfach und Schulerreferat
prinzipiell Schulstoff. Bereits Leonardo da Vinci betrachtete mehrere Klotze,
die gemeinsam auf einer Unterlage gegen die Reibungskraft zu bewegen wa-
ren, und untersuchte die hierfur notwendige Zugkraft.
Fz Fz
Abbildung 2.7: Leonardo da Vinci’s Zugkraftexperimente nach [1]. In beidenFallen muss eine identische Zugkraft FZ aufgewendet werden, um die dreiKlotze aus der Ruhelage in Bewegung zu setzen.
Weitere Beitrage lieferten u.a. Amonton und Euler. Letzterer fuhrte das Kon-
zept der Haft- und Gleitreibung ein. Heute rangieren diese Gesetze unter dem
Namen von Coulomb, der bereits 1773 einen Aufsatz uber granulare Mate-
rialien publiziert hat. Sie seien hier nochmals fur den Fall des Experiments Coulomb-Reibung
von da Vinci angefuhrt:
• Die Zugkraft, die notwendig ist, um das System (der Klotze) gegenuber
der Unterlage in Bewegung zu setzen, ist proportional zum Gesamtge-
wicht aller Systemteile.
• Die Zugkraft ist unabhangig von der Große der Kontaktflache zwischen
Systemteilen und Unterlage, d.h. fur einen Ziegelstein hangt die not-
wendige Zugkraft, nicht davon ab, auf welcher Seite er aufliegt.
24 KAPITEL 2. RUHENDE GRANULATE
• Haft- und Gleitreibung mussen insofern unterschieden werden, als je-
der Reibungstyp seinen eigenen Reibungskoeffizienten besitzt. Euler
hat gezeigt, dass der Gleitreibungkoeffizient kleiner gleich dem Haftrei-
bungskoeffizienten sein muss.
2.3.2.2 Beispiel fur ein einfaches mikroskopisches Modell
Eine mikroskopische Erklarung dieser Eigenschaften wurde nicht vor 1950
gegeben (nach [1]). Die Oberflache von Festkorpern weist ublicherweise Rau-
higkeiten im μm-Bereich auf. Diese Unebenheiten sind so klein, dass sie be-
reits durch moderate Spannungen inelastisch deformiert werden, d.h. ihr Ver-
haltern ist plastisch und folgt nicht dem Hookschen Gesetz. Liegen nun zwei
Korper mit der Beruhrflache A auf- bzw. aneinander, so ubt der obere Korper
durch seine Gewichtskraft einen konstanten Druck p auf den unteren aus. Un-
ter diesem konstanten Druck werden die erhabenen Unebenheiten so weit ver-
formt, bis die Ruckstellkraft, hervorgerufen durch ihre plastische Deformati-
on, die durch die Belastung erzeugte Normalkraft N , d.h. die Kraft senkrecht
zur (mittleren) Beruhrflache, kompensiert. Ist dieser Gleichgewichtsszustand
erreicht, so gilt
N = p A.
Gleichzeitig leisten diese Unebenheiten einer Scherkraft FZ Widerstand
FZ = s A,
wobei die Konstante s diesen Scherwiderstand charakterisiert. Da der Haft-
reibungskoeffizient als Quotient aus Zugkraft FZ und Normalkraft N definiert
ist, ergibt sich
μs =s
p,
womit der Haftreibungskoeffizient auf die mikroskopischen Großen Druck p
auf eine Unebenheit und Widerstand s dieser Unebenheit gegenuber Scher-
kraften zuruckgefuhrt worden ist. Das Modell erklart die experimentelle Be-
obachtung, dass sich die Kontaktflachen zwischen zwei aufeinander liegenden
Korpern langsam unter dem Gewicht des oberen Korpers verformen, durch
das plastische Verhalten der Unebenheiten.
2.3. MIKROMECHANIK – VERTIEFUNGSWISSEN 25
Allerdings ist unsere obige Aussage den Haftreibungskoeffizienten betreffend
nicht fur anistrope Materialien gultig. Beispielsweise weist Graphit eine la-
mellare Struktur auf. Er zeigt einen großen Widerstand gegenuber Deforma-
tion in Richtungen senkrecht zu den Schichten, jedoch einen extrem geringen
bei Scherung parallel zu einer solchen Schicht. Der Einsatz von Graphit als
Schmiermittel in Schlossern oder anderen mechanischen Teilen ist eine direk-
te Folge.
2.3.2.3 Unbestimmtheit der trockenen ReibungUnordnung derReibungskrafte,MemoryeffektIn diesem Abschnitt wollen wir anhand eines einfachen Modells diskutie-
ren, inwiefern eine Aussage uber den genauen Wert der Haftreibungskraft
zwischen zwei Korpern gemacht werden kann. Tatsachlich wird sich eine Un-
bestimmtheit ergeben, wenn die Historie des Systems unbekannt ist. Diese
Tatsache wird uns zu der Erkenntnis fuhren, dass fur den Fall eines ideal tro-
ckenen granularen Aggregats, dessen Bestandteile sich im Kraftegleichgewicht
befinden, die Kontaktkrafte ungeordnet sind.
S
G
Fs
Abbildung 2.8: Ein auf seiner Unterlage ruhender Ziegelstein befindet sichim Kraftegleichgewicht mit einer gedehnten Feder.
Ein quaderformiger Ziegelstein liegt auf einer ebenen horizontalen Unterla-
ge. Uber eine Hooksche Schraubenfeder ist er an einer Wand befestigt, wie
es Abb. 2.8 zeigt. Seine Gewichtskraft G steht mit der Reaktionskraft der
Unterlage S im Gleichgewicht. Fs bezeichne die Haftreibungskraft (statische
Kraft), die der durch die Feder ausgeubten Ruckstellkraft F = −k x das
26 KAPITEL 2. RUHENDE GRANULATE
Gleichgewicht halt. Damit sind in dieser Konfiguration im Prinzip alle wir-
kenden Krafte genau bekannt. Der genaue Wert von Fs kann jedoch nur an-
gegeben werden, wenn der Spannungs- bzw. Kompressionszustand der Feder
genau bekannt ist. Fur die Elongation der Feder x ist jeder Zustand erlaubt,
solange die Federkraft kleiner als die Haftreibungskraft Fs ist. d.h fur die
Auslenkung x muss gelten
0 ≤ x <μs G
k.
Damit ist die aktuelle Position des Ziegelsteins allein aus den Systempara-
metern G, μs und k nicht bestimmbar. Eine exakte Angabe seiner Position x
erfordert zusatzliche Informationen daruber, wie das System in die aktuelle
Konfiguration gelangt ist.
Da die Federkopplung ein Modell fur Kontaktkrafte zwischen zwei Granulat-
teilchen bzw. Teilchen und Gefaßwand darstellt, konnen wir aus dem Mo-
dell die Hypothese ableiten, das die Reibungskraft zwischen unter Span-
nung stehenden Teilchen in einem granularen Aggregat in weiten Grenzen
variieren kann. Um diese Vermutung zu belegen, sind beliebige Winkel der
Beruhrnormalen zweier Teilchen zur Schwerkraft in die Uberlegung einzube-
ziehen. Dieser allgemeinere Fall ist in Abb. 2.9a dargestellt. Die Unterlage des
Ziegelsteins wird nun um den Winkel α gegen die Horizontale geneigt, womit
der in Abb. 2.9b skizzierte Fall dreier sich beruhrender Teilchen modelliert
wird.
S
G
Fs
α
?
?
G
Abbildung 2.9: (a) Ein auf seiner Unterlage ruhender Ziegelstein befindetsich im Kraftegleichgewicht mit einer gedehnten Feder (links). (b) Ein ku-gelformiges Partikel ruht auf zwei anderen (rechts).
2.3. MIKROMECHANIK – VERTIEFUNGSWISSEN 27
Zwischen zwei Teilchen sind die Reaktionskrafte normal zur Tangentialebene
durch den Beruhrpunkt wohl bestimmt, falls keine plastische Deformation der
Mikrokontakte vorliegt, ist deren Große durch einfache Vektorzerlegung der
Gewichtskraft G gegeben. Die Krafte in Richtung der Tangentialebene hin-
gegen, d.h. der Reibungswiderstand gegen seitliches Gleiten, ist unbestimmt.
Sein Wert liegt irgendwo zwischen 0 und μs N , wobei N die wirkende Nor-
malkraft bezeichnet. Eine obere Schranke fur die Normalkraft ist sicherlich
diejenige Kraft, die das Teilchen zum Bersten bringt.
28 KAPITEL 2. RUHENDE GRANULATE
Kapitel 3
Exemplarische Anwendungendes Dilatanzeffekts in derTechnik
Technische Anwendungen und Problemstellungen sind vorzugliche Mittel, um PraxisrelevanzphysikalischerFragestellungendie Praxisrelevanz physikalischer Fragestellungen ins Bewusstsein zu heben.
Sie bieten sich sowohl als Einstieg bzw. Motivierung als auch als Vertiefung
fur den Abschnitt Dilatanz von Granulaten an. Die zu losende Problemfrage
kann in diesem Fall lauten: Wie kann aus ungebundenem Sand eine Gussform
hergestellt werden.
3.1 Lostfoamverfahren – ein zukunftsweisen-
des Gussverfahren im Uberblick
Eine zukunftsweisende Technologie insbesondere zur Herstellung von Rohren
und Fahrzeugteilen ist ein spezielles Gussverfahren, das sog. Lostfoamverfah-
ren, das den Dilatanzeffekt zur Stabilisierung der Gussform ausnutzt. Seine
Vorteile gegenuber dem althergebrachten Sandguss und Kokillenguss liegen
sowohl in der Wirtschaftlichkeit als auch in der großeren Umweltfreundlich- wirtschaftlich,umweltfreundlichkeit des Prozesses1:
• Reduzierte Herstellungskosten pro Gussteil und hohere Durchsatzraten
im Vergleich zu konventionellen Methoden,
1Eine Erklarung einiger wichtiger Fachbegriffe findet sich in Abschnitt 3.2
29
30 KAPITEL 3. ANWENDUNGEN IN DER TECHNIK
• verringertes Gewicht der Gussteile vor allem durch die Moglichkeit ge-
ringerer Wandstarken (Materialeinsparung),
• variablere Modellformen, durch Reduzierung der Endformschragen2 (Ver-
zicht auf Bindemittel im Formstoff)
• Integration von Details des fertigen Werkstucks bereits in die Gusspha-
se, wie z.B. Bolzenlocher,
• Moglichkeit der Vermeidung jeglichen Nachbearbeitens der Gussstucke,
• Wiederverwendung des Formsandes zu 95% bis 99% (hohe Umwelt-
freundlichkeit der modernsten Verfahren).
Das Verfahren ist in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts auf der
Basis von Polystyrolmodellen entwickelt und seither weiter verbessert wor-
den. Der Prozess beginnt mit der Herstellung eines Modells des Gussstucks
aus speziellen Kunststoffgranulaten. Mehrere solche Modelle werden zusam-
mengefasst, mit einer feuerfesten Schlichte beschichtet und nach Trocknung
in ungebundenen Quarzsand eingebettet. Die Stabilisierung dieser Sandform
erfolgt allein durch Verdichten mittels Vibrationen (Dilatanzeffekt). Nach
dem Guss ist die Entnahme aus der Gussform relativ einfach, der Form-
sand wird herausgeschuttelt und kann nach Entfernen von Schlichte- und
Kunststoffruckstanden wiederverwendet werden. Wie der Name Lostfoamver-
fahren bereits zeigt, wird das Kunststoffmodell beim Giessvergang zerstort,
dabei werden die flussigen und gasformigen Zersetzungsprounkte des Poly-
merschaums durch die Schlichte kontrolliert in den Formsand abgefuhrt, was
Gussfehler vermeidet.
Das Lostfoamverfahren unterscheidet sich vom herkommlichen Sandguss we-
sentlich, der hohe Mengen an Quarzsanden mit Ton- oder Harzbindemitteln
erfordert. In Abhangigkeit vom verwendeten Bindemittel ist die Wiederauf-
arbeitung des Altsandes kosteninstensiv und nur teilweise moglich.
3.2 Gussverfahren – VertiefungswissenSchulerreferat
Herstellungsverfahren metallischer Korper wohlbestimmter Geometrien sind
fur unser hochtechnisiertes Leben extrem wichtig (u.a. auch im Atomobil-
2Notwendige Schragen des Werkstucks, um es schadlos aus der Form losen zu konnen.
3.2. GUSSVERFAHREN – VERTIEFUNGSWISSEN 31
und Flugzeugbau). Sie zahlen zu den Aufgaben der Fertigungstechnik. Ein
wichtiges Teilgebiet ist die Gießereitechnik. Moderne Gießverfahren und Guss-
werkstoffe ersetzen zunehmend Schweiß-, Niet- und Schraubkonstruktionen
und fuhren zu hohen Material- und Energieeinsparungen. Um die enormen
Moglichkeiten der Gusstechnik zu verdeutlichen, betrachten wir das Beispiel
einer Airbus-Passagiertur, die aus 64 Frasteilen mit mehr als 500 Nietverbin- integrale Airbus-Passagiertur
dungen gefertigt wird. Aufgrund des spanerzeugenden Herstellungsverfahrens
ist mehr als das Vierfache des Eigengewichts des fertigen Turrahmens an Alu-
miniumlegierung notwendig, was ca. 30 GJ Primarenergie pro Turrahmen
verschlingt. Eine Losung als Integralgussteil ist moglich, d.h. eine einteilig
gegossene Passagiertur fur ein Großraumflugzeug. Eine Studie ergab eine
Materialeinsparung von 56% und eine Energieeinsparung von 51% [3].
Definition 7 Unter Gießen verstehen wir die Herstellung eines metallischen
Festkorpers definierter Geometrie aus einer Metallschmelze. Dabei wird die
Gestalt des Gussstucks durch Formen erzwungen (Formguss).
Definition 8 Eine Form ist ein Negativ eines Gussteils, d.h sie enthalt den
auszugießenden Hohlraum, der ein Abbild des zu erstellenden Gussteils ist.
Sie wird mit Hilfe eines Modells aus dem sog. Formstoff hergestellt.
Definition 9 Ein Modell ist ein Positiv des zu fertigenden Gussstucks, d.h.
ein dreidimensionales Abbild. Es besteht je nach Gussverfahren aus Holz,
Kunstharz, Metall, Polystyrolschaumstoff bzw. einem anderen Spezialkunst-
stoff oder Wachs.
Die Gusstechnik besitzt eine Reihe von Vorteilen, u.a.
• reduzierter Herstellungsaufwand im Vergleich zu spanerzeugenden Ver-
fahren wie Drehen oder Frasen,
• kaum Materialverlust verglichen mit spanabhebenden Verfahren,
• hohe Formvariabilitat,
aber auch Nachteile, die vor allem die Herstellung von Einzelstucken unren-
tabel machen. Dazu zahlen
32 KAPITEL 3. ANWENDUNGEN IN DER TECHNIK
• die Notwendigkeit eines Modells fur jedes Gussteil sowie
• die u.U. hohen Herstellungskosten des Modells.
Bei den verschiedenen Gussverfahren wird zwischen wiederverwendbaren und
einmal verwendbaren Formen unterschieden. Fur die ersteren sind die Be-
zeichnungen Dauerformen oder auch Kokillen (aus dem Franzosischen fur
Schale) gebrauchlich, die letzteren heißen auch verlorene Formen, da sie nach
der Erstarrung des Gussstucks zerstort werden mussen.
Dauerformen werden in der Regel aus metallischen Werkstoffen gefertigt.
Sie konnen auf sehr unterschiedliche Arten mit Schmelze gefullt werden: Ge-
brauchliche Verfahren arbeiten ohne Druck nur mit der Hilfe der Schwerkraft
(Kokillenguss), mit sehr geringem Druck (Niederdruckkokillengießverfahren)
oder mit relativ hohen Drucken von 100 bis 1200 bar, wobei typische Stro-
mungsgeschwindigkeiten der Schmelze von 10 bis 150 m/s und Formfullzeiten
von 50 bis 200 ms auftreten.
Bei der Gussteilfertigung mit verlorenen Formen bestehen die Formen bis
auf wenige Ausnahmen aus Formstoffen auf Sandbasis, also einem Granu-
lat. Diese Gussverfahren werden daher haufig als Sandgießverfahren bezeich-
net. Beim herkommlichen Sandguss wird die eigentliche Form aus dem sog.
Formgrundstoff mit Hilfe von Bindemitteln erstellt. Ein gut geeigneter Form-
grundstoff ist Quarzsand, der jedoch in diesem Fall mit anorganischem (Ton
und Wasser) oder organischem (z.B. Phenol-Formaldehyd-Harz) Bindemittel
verfestigt wird.
Bei der anorganischen physikalischen Bindung geschieht die Verfestigung rein
mechanisch durch Verdichtung des feuchten Gemisches aus Formgrundstoff
und Bindemittel. Der Guss erfolgt in noch feuchtem Zustand. Die Formstoff-
verdichtung wird durch folgende technische Varianten erreicht
• Rutteln,
• Pressen,
• Vibrationsverdichten,
• Schieß- und Blasverdichtung,
• Vakuumverdichtung,
3.2. GUSSVERFAHREN – VERTIEFUNGSWISSEN 33
• Luftstrompressen,
• Impulsverdichten mit Luftimpuls- und Gasdruckverdichten.
Bei allen diesen Verfahren werden typische Eigenschaften granularer Mate-
rie ausgenutzt oder versucht gezielt zu steuern. Beispielsweise wird bei der
Schieß- und Blasverdichtung lockerer Formstoff mit Druckluft (0,2 bis 0,3
MPa beim Blasen und 0,4 bis 0,5 MPa beim Schießen) fluidisiert, beschleu-
nigt und mit hoher Geschwindigkeit in den Formkasten geblasen, wodurch
er verdichtet wird. Ein weiteres Beispiel: Beim Verdichten durch Vibrieren
ist die sich einstellende Konvektion3 des Granulats zu berucksichtigen. Die-
se fuhrt u.a. zu einem aufsteigenden Nettofluss des Formstoffs im mittleren
Bereich des Formkastens. Bei ungeeigneten Modellwerkstoffen oder Modell-
formen wird der Druck auf die Modelltrauben im Extremfall so hoch, dass
die Trauben brechen und der Guss misslingt. Dies war ein zu uberwindendes
Problem bei der Entwicklung des Lostfoamverfahrens.
Bei den Verfahren mit chemischer Bindung erfolgt die Verfestigung des Form-
stoffs von Sandformen und Sandkernen durch chemische Reaktionen – ent-
weder kalt oder heiß mit anorganischen oder organischen Bindemitteln. Der
Gießzustand der Form ist trocken. In beiden Fallen ist die Form nur ein-
mal verwendbar. Der Formstoff kann teilweise wiederaufbereitet werden, was
aber Prozesskosten sowie nicht recyclebare Abfallstoffe, wie Filterstaube, ver-
ursacht. Unter gunstigsten Umstanden – zumindest, was die Regeneratmenge
betrifft, – sind dies mehr als 95%. Ein Vergleich der Mengenbilanz der in der
Schmelzerei (Metalle) und in der Formerei (Formen) und Kernmacherei (Ker-
ne) eingesetzten Stoffmengen zeigt, dass das Gesamtvolumen an eingesetz-
ten Formstoffen das umgesetzte Metallvolumen um ein Vielfaches (Beispiel:
Faktor 7) ubersteigt. Einen typischen Formstoffkreislauf fur tongebundene
Formstoffe zeigt Abb. 3.1. Der bei der mechanischen Regeneration dem Kreis-
lauf entzogene Staub ist nicht berucksichtigt. Als Verwertungsmoglichkeiten
von nicht regeneriertem Altsand kommen neben der Deponie noch Wegebau,
Bergbau, wo stillgelegte Schachte verfullt werden, und in beschranktem Ma-
ße Betonherstellung in Frage. Mogliche Verwertungsarten sind eng an die im
Altsand vorhandenen Restverunreinigungen gekoppelt. Metallreste und ge-
gebenenfalls eingelegte Kuhlkokillen werden z.B. beim Eisengussverfahren in
3siehe auch im Teil uber fließende Granulate
34 KAPITEL 3. ANWENDUNGEN IN DER TECHNIK
Aufbereitung
Formherstellung
Gießen GusskühlungTrennen derStoffkreisäufe
Sandüberlauf
Zerkleinern
mechanischeRegeneration
Bunker
Sieben
Kühlen
Befeuchten
Bunker
flüssiges Metall Verwertung
KaufKauf
Was
ser
Ben
ton
it
Stei
nko
hen
stau
b
Neu
san
d
Reg
ener
at
Kerne
Regenerat
Umlaufsand
AltsandAltsand
Abbildung 3.1: Vereinfachte Darstellung eines Formstoffkreislaufs fur tonge-bundene Formstoffe nach [3]
der Regel durch Magnetabscheider entfernt (siehe Kasten Trennen der Stoff-
kreislaufe). Beim Absieben (siehe Kasten Sieben) werden verbackene Brocken
und eventuell eingesetzte Keramikkorper und exotherme Einspeiser aus dem
Umlaufsand entfernt und dem Regeneratkreislauf zugefuhrt.
Aufbereitungsanlagen fur die Herstellung von harzgebundenen Formstoffen
haben anlagetechnisch bedingt nur eine Regenerationsrate von maximal 70%.
Kapitel 4
Experimentieranleitungen zustatischen Eigenschaften vonGranulaten fur die Hand derLehrkraft
35
36 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
Vorbemerkungen zu den Versuchsanleitungen fur Lehrkrafte
Dieses Kapitel enthalt Versuchsanleitungen fur die Hand der Lehrkraft. Sie
sind nach fachwissenschaftlichen Kriterien in vier Klassen gegliedert, die in
den folgenden Ubersichtstabellen mit Experimentiermodul, kurz E-Modul,
bezeichnet werden. Abb. 4.1 zeigt die vier E-Module zur Thematik Schuttgut
in Ruhe. Nahere Details zu den Experimenten werden in den einzelnen E-
Modulen gegeben.
E-Module zur Thematik Schuttgut in Ruhe
GranularePackungen
(4.1)
Verdichtungund
Dilatanz(4.2)
Bodendruckin
Granulaten(4.3)
Brucken-bildung
(4.4)
Abbildung 4.1: Ubersicht uber alle experimentellen Module (E-Module) zumThema Schuttgut in Ruhe. In Klammern sind die Abschnitte angegeben, wodie entsprechenden Experimentieranleitungen enthalten sind.
Generell sind Experimente aufgenommen, die mit Mitteln der Schule oder
zumindest mit einfachsten Mitteln oder Gegenstanden aus dem Alltag durch-
fuhrbar sind. Die statischen Eigenschaften von Granulaten sind anhand dieser
Versuche auf der Ebene der Phanomene erfahrbar. Manche Experimente sindDurch Phanomenelehren
so einfach und verbluffend, dass sie bereits in der Primarstufe mit Erfolg ein-
gesetzt werden konnen. Ziel ist auf dieser Stufe vor allem ein Anfachen des
Erkenntnisstrebens sowie ein erstes Auseinandersetzen mit mikroskopischen
Ursachen makroskopischer Phanomene. Passende Beispiele sind das Werfen
von sandgefullten Luftballons (Versuch 4.2.1) oder das Trockenlegen einer
feuchten Sandoberflache durch Verformen des Aufbewahrungsgefaßes (Ver-
such 4.2.4). Die Einfachheit dieser Experimente bedeutet nicht, dass sie fur
37
die Sekundarstufen zu primitiv sind. Im Gegenteil – die Ursachen dieser Ef-
fekte zu erforschen, ist eine Herausforderung. Eine Herausforderung insofern,
als bereits erlerntes physikalisches Wissen zur Konstruktion von Hypothesen
und Modellvorstellunge eingesetzt werden muss. Ein typisches Beispiel ist ein
Erklarungsversuch der Gewolbebildung in trockenem Sand (Versuch 4.4.1).
Abbildung 4.2: Zur Erhohung des Reibungskoeffizienten bei miniaturisiertenVersuchen kann ein glattes Kunststoffrohr mit einer Silikonmatte ausgeklei-det werden.
Ein generelles Problem bei Modellexperimenten mit Granulaten sei noch an-
gesprochen, die Miniaturisierung. Einige Versuche fur das Klassenzimmer Das Problem derMiniaturisierung
sind um ein bis zwei Großenordnungen skalierte Versionen realer Probleme.
Bei einer solchen Skalierung gilt leider kein exaktes Ahnlichkeitssgesetz wie
in der Hydrodynamik, wo man z.B. die Luftstromungen um einen Jet anhand
eines verkleinerten Modells im Windkanal genau studieren kann. Schuld tra-
gen nichtlineare Effekte, die zur Ausbildung von Schwellwerten fuhren. Dies
hat Konsequenzen fur die Gelingsicherheit mancher Modellversuche mit Gra-
38 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
nulaten: Es ist nicht immer moglich, einen Effekt in der Technik an einem
maßstablich verkleinerten Modell zu zeigen, ohne den Granulattyp zu tau-
schen. Er muss so gewahlt werden, dass auch der Reibungskoeffizient der
Miniaturisierung angepasst ist. Betrachten wir als Beispiel eine Skalierung
aller Langendimensionen auf ein Zehntel. Das Volumen und auch das Ge-
wicht werden auf ein Tausendstel vermindert, Oberflachen auf ein Hunderts-
tel. Bei genugend großer Belastung bleibt der Reibungskoeffizient gleich, die
Kontaktkrafte reduzieren sich auf ein Tausendstel. Die sich einstellenden Ori-
entierungen der Kraftketten sind jedoch belastungsabhangig. Bei geringen
Belastungen und ungeandertem Reibungskoeffizienten sind eher horizontal
verlaufende Kraftlinien im Kraftnetzwerk extrem unwahrscheinlich. Dies ist
auch die Hauptursache dafur, dass die Unabhangigkeit des Bodendrucks von
der Fullhohe in einem mit Granulat gefullten Gefaß erst ab einer gewissen
Mindestfullhohe gegeben ist.1 Erfolgreiche Experimente zur Bruckenbildung
in Granulaten sind jedoch an die Existenz von Kraftketten geknupft, die auf
die Behalterwand unter gewolbetypischen Winkeln zulaufen. Experimentelle
Auswege sind nun
• eine Erhohung des Reibungskoeffizienten,
• eine Erhohung der Verdichtung und damit der Spannung im Granulat
oder
• eine Anderung des Aspektverhaltnisses des Modells.
Ein gangiger Weg ist der erste, der auch in einigen Versuchen des E-Moduls
Bruckenbildung (4.4) beschritten wird.
Vorbemerkungen zu den Arbeitsblattern fur Schulerinnen und Schu-
ler
Die Versuchsanleitungen bzw. Arbeitsblatter fur die Hand der Schulerinnen
und Schuler sind je nach Adressatenkreis zu differenzieren. Prinzipiell kann
jedes Experiment auf jede Schulstufe beziehungsweise jedes Alter reduziert
werden.
Ein Leitmotiv sollte alle Anleitungen beherrschen, die schopferische Tatigkeit
der Experimentierenden. Prinzipielle Freiheit bei der eigenstandigen Ver-
1Siehe S. 18 beziehungsweise die Versuche 4.3.2 und 4.3.3.
39
suchsplanung und dosierte Hilfen bzw. Anstoße bei Ratlosigkeit sind pro-
bate Mittel, um den forschenden Geist zu wecken und zu erziehen. Ein ge-
dankenloses Arbeiten nach Anleitung ohne Verstandnis fur das eigene Tun,
ohne Kenntnis des Ziels der Bemuhungen rechtfertigt den Zeitbedarf fur
Schulerexperimente oft nicht. Freude am Experimentieren gewinnen, am Su-
chen, Basteln und Tufteln ist ein Ziel, das mit faszinierenden Experimenten
auch aus den nachsten Kapiteln erreicht werden kann. Mit Experimenten, Freude am Suchen,Basteln undTuftelndie Erfahrungen aus der Sandkastenzeit wieder aufgreifen, wo vielleicht der
Sandkuchen wegen des Effekts der Bruckenbildung nicht aus seiner Form zu
losen war.
Einige Ideen zu Arbeitsblattern fur Schulerversuche sind auf den Seiten 99–
101 zu finden.
40 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
4.1 Experimentiermodul Granulare Packun-
gen
Der fachliche Leitgedanke aller Experimente in diesem E-Modul ist heraus-
zufinden, wie Informationen uber den inneren Aufbau von granularen Ag-
gregaten, sprich Granulathaufen, erhalten werden konnen. Es ist ein Ding
der Unmoglichkeit in einen Haufen aus naturlichem trockenen Sand hinein-
zuschauen, ohne seinen Aufbau zu storen beziehungsweise zu verandern. Es
ist folglich nach Systemen zu fahnden, bei denen dies gelingt. Damit liegt ein
Schwerpunkt des Unterrichts beim Prozess der Strategievermittlung natur-
wissenschaftlichen Erkundens und Arbeitens:
Wenn ich nicht weiß, wie ich ein Problem losen soll, versuche ich verwand-
te Probleme zu finden. Von diesen suche ich mir diejenigen aus, die ich
bewaltigen kann.
Dieser erste Schritt eines Modellbildungsprozesses ist typisch fur naturwis-
senachftliches Arbeiten; er beinhaltet eine Analyse des interessierenden Ob-
jekts: Welche Eigenschaften eines Systems – in unserem Fall z.B. Sandhaufen
im Sandkasten – stehen weiteren Erkenntnissen entgegen? Wohl die meisten
Schulerinnen und Schuler werden darauf einige Antworten zu geben wissen,
die aus physikalischer Sicht wie folgt klassfizert werden konnen.
1. Fehlende Durchsicht zwischen den einzelnen Sandkornern, infolge einer
ungeordneten Packung sowie der
2. Dimension (Kleinheit) der einzelnen Sandkorner,
3. geringer Zusammenhalt des Haufens (aufgrund extrem geringer Kohasion
von trockenem Sand)
Der Modellbildungsprozess wird genau hier ansetzen und Modellsysteme wah-
len, die wenigstens eines der genannten Hindernisse nicht besitzen. Im Ex-
perimentiermodul vorgestellte Maßnahmen sind
• zweidimensionale Modellreduktion (Aggregate aus Munzen oder Schei-
ben),
• geordnete Packungen (aus identischen Kornern),
4.1. E-MODUL GRANULARE PACKUNGEN 41
• Vergroßern der einzelnen Korner auf das Funfzig- bis Hundertfache,
• Erhohung der Kohasion (durch Druck oder Einbettung).
Abbildung 4.3 gibt einen Uberblick uber die fachlichen Inhalte, die im Expe-
rimentiermodul Granulare Packungen erarbeitet werden konnen. Insbeson-
dere der Lerninhalt Packungsdichte ist zur Erklarung der Experimente des
E-Moduls Kompaktifizierung und Dilatanz (4.2) notwendig.
Fachlicher Leitgedankedes E-Moduls Granulare Packungen:
Informationen uber den inneren Aufbauvon Granulathaufen gewinnen
Hauptprozesse:Vereinfachte Modellsysteme
finden und untersuchenVariation
der Packungs-dichte
(4.1.1, 4.1.2)
StrukturdichtesterPackungen
(4.1.2, 4.1.3)
Anzahlnachster
Nachbarn(4.1.4, 4.1.3)
Lagevon Kontakt-
punkten(4.1.5, 4.1.4)
Abbildung 4.3: Ubersicht uber wesentliche fachliche Inhalte im E-Modul Gra-nulare Packungen (Abschnitt 4.1). In Klammern sind die Abschnitte ange-geben, wo die entsprechenden Experimentieranleitungen zu finden sind.
Ein moglicher Einstieg in die Versuchsreihe ist bereits im Theorieteil (Ab-
schnitt 2.1.1, S. 8f) angesprochen worden, die Frage, ob Volumenangaben
beim Abmessen von Rezepturen prinzipiell zu reproduzierbaren Mischungen
fuhren konnen. Einen alternativen Einstiegskontext bietet die Tatsache, dass
nach einer Aufgrabung wegen Rohrbruchs oder anderen Arbeiten sehr oft
die Straßenoberflache nach einiger Zeit an der Stelle des zugschutteten Gra-
bens eine eingesunkene Delle aufweist. Der Volksmund spricht davon, dass
sich das Erdreich gesetzt hat oder abgesackt ist. Mit beiden Kontexten kann
42 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
die Frage nach der inneren Struktur eines Granulats initiiert werden, was
den fachlichen Leitgedanken aus Abb. 4.3 in den Raum stellt. Abb. 4.4 zeigt
die experimentellen Basistatigkeiten im E-Modul Granulare Packungen, die
uber die oben angesprochenen Modellbildungsprozesse aus dem Leitgedanken
entwickelt werden.
Leitkontexte des E-Moduls Granulare Packungen:Bodenverdichtung durch eine Ruttelmaschine
Volumenangaben bei Rezepturen(Stauchen eines frisch mit Zucker oder Salz gefullten Glases)
Angestrebte Schulertatigeiten:Erleben, Formulieren von Fragen, Untersuchen, Knobeln, Entdecken;
Systematisch Experimentieren, Konstruieren;
Entwickeln von Hypothesen,Testen von Vorhersagen,
Modellieren;Munzen zu2-dim.
Aggregatenanordnen
(4.1.1, 4.1.2)
Murmelnsukzessive
stapeln(4.1.3)
Kirschgeleedurch-
schneiden(4.1.4)
GetrockneteErbsen in
starrem Gefaßaufquellen
(4.1.5)
Abbildung 4.4: Ubersicht uber Leitkontexte und experimentelle Basisaktivi-taten im E-Modul Granulare Packungen (Abschnitt 4.1). In Klammern sinddie Abschnitte angegeben, wo die entsprechenden Experimentieranleitungenzu finden sind.
4.1. E-MODUL GRANULARE PACKUNGEN 43
4.1.1 Modellversuch – Packungsdichte bei zweidimen-
sionalen Packungen von ScheibenAnleitungLehrkraftversion:Uberdeckungenmit Scheiben
LebensweltlicheKontexte
1. Quizfrage: Wieviele Centstucke passen maximal ne-
beneinander auf dieses Kassentablett?
2. Quizfrage: Wieviele Stempelabdrucke (eines kreis-
formigen Bilderstempels) passen maximal auf diese
Postkarte?
3. Ausschnitt aus einer rasterelektronenmikroskopischen
Aufnahme eines Facettenauges einer Mucke regt die
Frage nach dem Vorteil der Anordnung der Ein-
zelaugen (Omatidien) an.
Versuchsziel Zeigen, dass die Anzahl von gleich großen Scheiben, die
benotigt wird, um eine F�lache angenahert mit nur einer
Schicht Scheiben zu uberdecken, von der Art der Anord-
nung der Scheiben abhangt.
Versuchsidee Munzen in einen Dosen- oder Schachteldeckel legen
Gerateliste1 ebener Dosen- bzw. Schachtelde-ckel oder 1 kleines Tablett
Munzen, z.B. Centstucke, Pfennigeoder Spielpfennige
Arbeitsauftrag
Aufbau Munzen einer Sorte werden in verschiedenen Variationen
(Packungsstrukturen) – ungeordnet und geordnet – in
einen Dosendeckel nebeneinander gelegt, so dass er gefullt
erscheint. Der Fall, dass Munzen keinen Kontakt zum
Nachbarn haben, sollte vermieden werden.
Versuchs-durchfuhrung
Es werden einige ungeordnete Strukturen sowie die drei
platzsparenden Anordnungen aus Abb. 2.1 ausgelegt. Die
Anzahl der Munzen im Deckel wird pro Packungsstruktur
gezahlt.
44 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
Versuchs-auswertung
1. Die (Innen-)Flache des Deckels sowie die (Seiten-)Fla-
che einer Munze werden bestimmt.
2. Pro Packungsstruktur wird die von den Munzen ab-
gedeckte Flache ermittelt und das Verhaltnis dieser
Flache zur Flache des Deckels berechnet. Dieses Er-
gebnis wird fachwissenschaftlich als Packungsdichte
der jeweiligen Struktur bezeichnet. Der Begriff Pa-
ckungsdichte muss nicht eingefuhrt werden.
3. Die Packungsdichte wird in Relation zur Anordnung
der Munzen gebracht. Hier bietet sich ein Digitalfoto
der jeweiligen Struktur an.
Versuchsergebnis 1. Die Packungsdichte der regelmaßigen Struktur mit je
drei Nachbarn, d.h. der Koordinationszahl drei, ist in
etwa 0,6.
2. Die Packungsdichte der regelmaßigen Struktur mit je
vier Nachbarn, d.h. der Koordinationszahl vier, ist in
etwa 0,8.
3. Die Packungsdichte der regelmaßigen Struktur mit je
sechs Nachbarn, d.h. der Koordinationszahl sechs, ist
in etwa 0,9.
4. Die Packungsdichte einer ungeordneten Struktur ist
immer kleiner als 0,9.
Fachinformation Siehe Abschnitt 2.1.2, insbesondere S. 11 sowie Abschnitt
2.1.3.1, dort S. 11.
4.1. E-MODUL GRANULARE PACKUNGEN 45
4.1.2 Modellversuch – zweidimensionale idealisierte Pa-
ckung von Scheiben und DilatanzAnleitungLehrkraftversion:Scherung vonScheiben
LebensweltlicheKontexte
Frage 1: Steckt in gleich großen Spardosen, die alle mit
Centstucken total gefullt sind, jeweils gleich viel Geld?
Frage 2: Bleibt Zucker ubrig, wenn man ein bis zum Rand
gefulltes und gut gestauchtes Glas Haushaltszucker in ein
gleich großes Glas umfullt?
Versuchsziel 1. Zeigen, dass ein zweidimensionaler granularer Mo-
dellkorper aus einer festen Anzahl von gleichgroßen
Scheiben unterschiedlich dicht gepackt werden kann.
2. Zeigen, dass eine Verformung der dichtesten Packung
durch Scheren, eine Volumenvergroßerung zur Folge
hat.n
Versuchsidee Ein Aggregat von Munzen verformen
Versuchsaufbau
Foto derStartkonfiguration
Gerateliste 2 Lineale oder Leisten Klebstoff, Tesafilm oder doppelsei-tiges Klebeband
Munzen, z.B. Centstucke, Pfennigeoder Spielpfennige
ebene Unterlage
Schreibkarton (Blockruckseite)oder Folie
46 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
Arbeitsauftrag
Aufbau Eine Reihe Munzen wird auf einem Karton2 entlang ei-
nes Lineals aufgereiht und gegen Verrutschen fixiert (z.B.
festgeklebt). Die restlichen Munzen werden auf dem Kar-
ton uber dieser Basislinie so liegend angeordnet, dass eine
Munze jeweils sechs Nachbarn hat (dichteste Packung).
Als Form des gesamten Aggregats ist ein Parallelogramm
gunstig. Der Umriss der durch die Munzen bedeckten
Flache wird auf dem Schreibkarton eingezeichnet. An-
schließend wird der Schreibkarton angekippt bzw. auf ei-
ne schiefe Ebene gelegt, so dass die Reihe festgeklebter
Munzen am weitesten hangabwarts zu liegen kommt.
Versuchs-durchfuhrung
Die Anordnung wird geschert, indem das zweite Lineal an
eine an die Basislinie angrenzende Kante angelegt wird.
Die Scherung erfolgt schrittweise, dabei wird jeweils der
Umriss des Aggregats markiert. Idealerweise kann die Pa-
ckungsstruktur bei jedem Scherschritt mit einer Digital-
kamera festgehalten werden.
Versuchs-auswertung
1. Die jeweils, d.h. pro Scherschritt, von den Munzen
bedeckte Flache wird ermittelt. Falls sorgfaltig ge-
schert worden ist, sind nur Parallelogrammflachen zu
bestimmen.
2. Der jeweilige Flacheninhalt wird in Relation zu der
Anordnung der Munzen gebracht.
3. Die maximal mogliche mit den Munzen zu bedecken-
de Flache wird in Bezug zu der Anordnung der Mun-
zen gebracht.
Versuchsergebnis 1. Gleiten und Rollen an Kontaktpunkten,
2. Anderung der Große einzelner Hohlraume,
3. Anderung des gesamten Hohlraumvolumens von Scher-
schritt zu Scherschritt,
4. Anderung des vom Granulat eingenommenen Gesamt-
volumens (Bruttovolumens).
2am besten horizontal liegend
4.1. E-MODUL GRANULARE PACKUNGEN 47
4.1.3 Modellversuch – dichteste Packungsstrukturen
von kristallinen MetallenAnleitungLehrkraftversion:Kugeln stapelnLebensweltliche
Kontexte1. Eine Rastertunnelmikroskop-Aufnahme einer Metall-
oberflache regt die Frage nach der Umgebung ei-
nes Metallatoms im Metallinnern an. Wie kann ein
Realmodell eines Metallgitters aus Kugeln aufge-
baut werden?
2. Ein Sußwarenladen spendiert zum funfundzwanzig-
jahrigen Bestehen jedem Kunden ein Schalchen eben
voll mit Schokohaselnussen. Wie bekommt man die
meisten Nusse in die Schale?
Versuchsziel Die Nachbarschaftsverhaltnisse (Packungsstruktur, An-
zahl von Kontaktpunkten) dreidimensional dicht gepack-
ter Kugeln herausfinden.
Versuchsidee Uber einer Schicht dichtgepackter Kugeln mindestens zwei
weitere Schichten aufbauen.
Versuchsaufbau
Foto der erstenSchicht
Geratelistemindestens 100 Stahlkugeln, Mur-meln oder Perlen vorzugsweise indrei Farben
weiche oder leicht klebrige Unterla-ge, Modelliermasse oder Sandbett
48 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
Arbeitsauftrag
Aufbau Eine Schicht Kugeln moglichst dicht anordnen, so dass
jede an ihrem Ort fixiert ist.
Versuchs-durchfuhrung
Eine zweite und danach dritte Lage von Kugeln auf die
erste Schicht stapeln.
Versuchs-auswertung
1. Die Lage der Hohlraume jeder Schicht werden in Be-
ziehung zu den Hohlraumen in den anderen Schichten
gesetzt.
2. Die beiden grundsatzlich verschiedenen Stapelmog-
lichkeiten fur die dritte Lage werden beschrieben.
3. Optional: Ein Stapel in hcp-Packungsstruktur wird
mit einem in ccp-Packungsstruktur verglichen (vgl.
S. 10).
4. Die Anzahl der nachsten Nachbarn einer Kugel (op-
tional: pro Struktur) wird ermittelt.
5. Optional: Die Durchsicht durch das Aggregat wird
gepruft, was zur Ermittlung der Stapelrichtung(en)
fuhrt (s. S. 10).
Fachinformation Siehe Abschnitt 2.1.2.
4.1. E-MODUL GRANULARE PACKUNGEN 49
4.1.4 Modellversuch – Struktur einfachster dreidimen-
sionaler Packungen aus Kirschen (Schnitte undAbdrucke von Hohlraumen)
AnleitungLehrkraftversion:Kirschgeleeaufschneiden
LebensweltlicheKontexte
1. Kirschgelee: Ein Realmodell zum Aufessen.
2. Superkirschtorte: Arbeitsanleitung erstellen, wie man
moglichst viele Kirschen zu einem Belag vorgegebe-
ner Dicke verarbeitet.
Versuchsziel Kontaktpunkte zwischen Partikeln einer dreidimensiona-
len Packung herausfinden
Versuchsidee Die Hohlraume eines Modellgranulats ausgießen sowie einen
Schnitt durch ein Modellgranulat ausfuhren.
Versuchsaufbau
Geratelistefeste Kirschen roh oder gekocht Wasser
Tortenguss oder Gelatine (eventu-ell Zucker, falls das Produkt aufge-gessen werden soll)
Topf
Form mit ebenem Boden oder Tor-tenring oder kleine Springform
Kochloffel oder Schneebesen
ebene Unterlage Essloffel
Elektroplatte oder Gasflamme breites scharfes Messer
Arbeitsauftrag
Aufbau Kirschen werden moglichst dicht in mindestens sechs La-
gen in die Form geschichtet, ohne sie zu zerquetschen.
Versuchs-durchfuhrung
Das Aggregat von Kirschen wird mit einem steifen Tor-
tenguss oder Gelatine ubergossen. Nach dem Erkalten
(Kuhlung ist zu empfehlen) wird das Kirschgelee zer-
legt: Erstens werden Kirschen vorsichtig lagenweise ent-
fernt und die Gelatine- bzw. Geleematrix studiert. Zwei-
tens wird das Aggegat (mit einem angefeuchteten Messer)
in Scheiben geschnitten. Nach dem ersten Schnitt wird
50 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
uberlegt, wo die nachsten Schnitte gunstigerweise zu set-
zen sind, um Aussagen uber Kontaktpunkte, Koordinati-
onszahl (Zahl der nachsten Nachbarn) und Packungsart
gewinnen zu konnen.
Versuchs-auswertung
1. Die Nachbarschaftsverhaltnisse der Modellgranulat-
teilchen (Kirschen) werden abgezeichnet, eventuell
auch fotografiert.
2. Es wird die Anzahl der Lucken und die Zahl von
Kirschen pro Schicht bzw. Flacheneinheit bestimmt.
3. Es wird die Anzahl der nachsten Nachbarn ermittelt.
4. Die Ergebnisse verschiedener Messungen werden ver-
glichen.
Fachinformation Siehe Abschnitt 2.1.2.
4.1. E-MODUL GRANULARE PACKUNGEN 51
4.1.5 Modellversuch – Koordinationszahl bei einer dich-
ten Packung von ErbsenAnleitungLehrkraftversion:Erbsen aufquellenLebensweltliche
Kontexte1. Historisches: Heraussprengen von Felsblocken durch
Einpressen von trockenen Hulsenfruchten in Risse
und Bohrlocher und anschließendes Quellenlassen
2. Sprengung eines Reagenzglases - vgl. Sicherheitshin-
weise zu diesem Versuch
Versuchsziel Alle Kontaktpunkte zwischen Partikeln einer dreidimen-
sionalen Packung herausfinden
Versuchsidee Ein Modellgranulat zerlegen Diffiziler Versuch
Versuchsaufbau
Gerateliste getrocknete ganze Erbsen Wasser1 Topf oder 1 Dose aus Metall odersehr stabilem Kunststoff alternativ1 Rohr mit Eimer
1 großer Stein
1 Holzloffel Uhr
Arbeitsauftrag
Aufbau Getrocknete ganze Erbsen werden moglichst dicht ge-
packt in ein Gefaß gefullt. Bei Bedarf wird durch Rutteln
verdichtet.
Versuchs-durchfuhrung
Die Erbsen werden mit sauberem Wasser ubergossen und
mit einer Platte und eventuell zusatzlich mit einem Stein
beschwert. Nachdem die Erbsen aufgequollen sind, wer-
den einzelne vorsichtig entnommen und die Anzahl der
Druckstellen durch Nachbarerbsen gezahlt.
Versuchs-auswertung
Es wird eine Statistik der Anzahl der Kontaktpunkte pro
Erbse aufgestellt, was die mittlere Anzahl von nachsten
Nachbarn (Koordinationszahl) sowie die Streuung der Ko-
ordinationszahl liefert.
52 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
Fachinformation Siehe Abschnitt 2.1.2. Der Versuch geht ursprunglich auf
Reynolds zuruck.
Versuchs-alternative
Alternativ kann ein Rohr verwendet werden, dass vertikal
in einen Wassereimer gestellt und randvoll mit Erbsen
gefullt wird. Eine Beschwerung mit einer Betonplatte ist
notwendig.
Sicherheits-hinweis
Quellende Hulsenfruchte konnen eine beachtliche Spreng-
kraft entwickeln, insbesondere wenn die Zwischenraume
mit unelastischem Material gefullt werden. Glasbehalter
wie Reagenzglaser konnen bersten. Der ubliche Modell-
versuch zur Sprengwirkung verwendet mit Quarzsand ver-
fullte Sojabohnen und dunnwandige Reagenzglaser (ca.
15 - 20 Min. Wartezeit bis zur Rissbildung im Glas).
4.2. E-MODUL VERDICHTUNG UND DILATANZ 53
4.2 Experimentiermodul Verdichtung und Di-
latanz
Der fachliche Leitgedanke aller Experimente in diesem E-Modul ist heraus-
zufinden, inwiefern die Verformung eines granularen Aggregats dessen innere
Struktur andert. Dabei soll die Information vorwiegend aus makroskopischen
Großen (siehe unten) erschlossen werden, da bei realen dreidimensionalen
Aggregaten ein Einblick ins Innere mit Schulmitteln nicht moglich ist. Ein-
fach ist dies bei einem zweidimensionalen Modellsystem, wie im E-Modul
Granulare Packungen der Modellversuch 4.1.2 zur Dilatanz eines quasi-
zweidimensionalen trockenen Granulats gezeigt hat.
Fachlicher Leitgedankedes E-Moduls Verdichtung und Dilatanz:
Informationen uber die Wirkung einer Verformungauf den inneren Aufbau eines granularen Aggregats gewinnen
Makroskopisch bestimmbare Parameterder granularen Beispielsysteme:
NettovolumenBruttovolumen
HohlraumvolumenPackungsdichte
Variation desVerdichtungsgrads,Existenz kritischer
Verdichtung(4.2.1,4.2.2, 4.2.3)
Bruttovolumen-zunahme durch
Scherkraft ab kriti-scher Verdichtung
(4.2.2, 4.2.3)
Hohlraumvolumen-zunahme durch
Scherkraft ab kriti-scher Verdichtung(4.2.4A, 4.2.4B)
Verdichtungs-verfahren,
Existenz kritischerVerdichtung
(4.2.1, 4.2.2, 4.2.3)
Abbildung 4.5: Ubersicht uber wesentliche fachliche Inhalte im E-Modul Ver-dichtung und Dilatanz (Abschnitt 4.2). In Klammern sind die Abschnitteangegeben, wo die entsprechenden Experimentieranleitungen zu finden sind.
Abb. 4.5 zeigt die fachlichen Inhalte des E-Moduls Verdichtung und Dilatanz.
Leicht zugangliche makroskopischer Parameter eines granularen Systems sind
dessen Nettovolumen und das eingenommene Bruttovolumen, das sich aus
Nettovolumen plus Volumen aller Hohlraume zusammensetzt. Alle in diesem
54 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
E-Modul enthaltenen Versuche sind durch eine Zunahme des Hohlraumvo-
lumens durch Scherung des Granulats erklarbar. Sie verdeutlichen sehr gut
technische beziehungsweise praktische Anwendungen dieses Effekt bei realem
Sand.
Leitkontexte des E-Moduls Verdichtung und Dilatanz:Bodenverdichten
(u.a. Aufstellen eines Zaunpfostens in blankem Erdreich)Fußspuren am Sandstrand
Angestrebte Schulertatigeiten:Erleben, Formulieren von Fragen, Untersuchen, Knobeln, Entdecken;
Systematisch Experimentieren, Konstruieren;
Entwickeln von Hypothesen,Testen von Vorhersagen,
Modellieren;Verdichten
durch Steigerndes Gefaßdrucks(Luftballonhaut)
(4.2.1B)
Verdichtendurch Rutteln(4.2.2, 4.2.3)
Scherkrafteausuben
(4.2.1A/B, 4.2.2,
4.2.3, 4.2.4A/B)
Wasserstandverandern
(4.2.4A, 4.2.4B)
Abbildung 4.6: Ubersicht uber Leitkontexte und experimentelle Basisaktivi-taten im E-Modul Verdichtung und Dilatanz (Abschnitt 4.2). In Klammernsind die Abschnitte angegeben, wo die entsprechenden Experimentieranlei-tungen zu finden sind.
Bevorzugt man sofort mit dem fachlichen Leitgedanken, Verformung eines
Aggregats, in das E-Modul einzusteigen, so bietet sich Versuch 4.2.1B als
beeindruckender Einstiegsversuch an. Alternativ kann mit einem der vorge-
schlagenen Leitkontexte begonnen werden:
• Das Problem des stabilen Aufstellen eines Zaunpfahls wird mit Ver-
such 4.2.2 modelliert. Insbesondere wird der Einfluss von Querkraften
(Umwerfen eines Zauns) vermessen.
4.2. E-MODUL VERDICHTUNG UND DILATANZ 55
• Eine Fußspur im feuchten Strand wird etwa anhand eines Fotos pro-
blematisiert und eventuell im Klassenzimmer nachgestellt. Anschließen
konnen die Modellversuche 4.2.4A und 4.2.4B.
Abb. 4.6 zeigt die moglichen experimentellen Basisaktivitaten im E-Modul
Verdichtung und Dilatanz, die notwendig sind, um eine Verstandnis der Prin-
zips der Dilatanz (vgl. Abschnitt 2.1.3.2, S. 13) zu entwickeln.
Einen Vorschlag fur eine Einbettung der Experimente aus den E-Modulen
Granulare Packungen sowie Verdichtung und Dilatanz in einen Lernpfad fin-
det sich in Kapitel 6 auf S. 103.
56 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
4.2. E-MODUL VERDICHTUNG UND DILATANZ 57
4.2.1 Verhalten eines kompaktifizierten GranulatsAnleitungLehrkraftversion:Luftballon alsTT-Schlager
LebensweltlicheKontexte
1. Wette: Ein sandgefullter Luftballon als Tischtennis-
schlager (vgl. Versuchsvariante B).
2. Es gelingt relativ leicht, ein in Folie gepacktes, gut
gekuhltes Stuck Butter zu verformen; ein wirklich
dicht verschlossenes Paket vakuumverpackten Kaf-
feepulvers bleibt formstabil.
3. Packungen von vakuumverpackten Hulsen- oder Kor-
nerfruchten sind in fest verschlossenem Zustand nicht
verformbar.
4. Die Herstellung von Gussteilen ist mit einem Ver-
fahren moglich, wo loser Sand ohne Bindemittel als
Gussform eingesetzt wird (vgl. Kapitel 3, insbeson-
dere Abschnitt 3.1). Die hohe Stabilitat einer sol-
chen Form mag unerwartet sein.
Versuchsziel Zeigen, dass ein kompaktifiziertes, d.h. stark verdichtetes
Granulat, formstabil ist.
Versuchsidee Ein stark verdichtetes Granulat verformen.
Versuchsaufbau
Foto der Start-konfiguration
B
58 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
Gerateliste A Versuchsvariante A1 Paket gemahlenen Rostkaffee
Gerateliste B Versuchsvariante Bfeiner Sand gesiebt (ohne spitzeSteine oder Splitter), z.B. Seesand
1 stabiler, großer Luftballon (Par-tyballon)
Arbeitsauftrag
Variante A –Versuchsdurch-
fuhrung
Ein gut verschlossenes, vakuumverpacktes Paket gemah-
lenen Rostkaffees wird zuerst mit den Handen und dann
durch schwungvolles Werfen auf einen glatten Boden zu
verformen gesucht.
Variante A –Versuchs-
auswertung
Das Paket ist nicht verformbar, ohne es zu zerstoren.
Variante B –Aufbau
Ein Luftballon wird so weit mit Sand gefullt und ver-
knotet, dass die Gummihaut der Fullung nicht nur dicht
anliegt, sondern unter Spannung steht.
Variante B –Versuchsdurch-
fuhrung
Der Luftballon wird kraftvoll auf einen glatten Boden
oder an eine glatte Wand geworfen, so dass er abgeplattet
wird.
Variante B –Versuchs-
auswertung
Ergebnis VarianteB
4.2. E-MODUL VERDICHTUNG UND DILATANZ 59
Das Verhalten des entstandenen diskus- bzw. fladenfor-
migen Objekts erinnert an eine starre holzerne Scheibe,
deren Stabilitat untersucht wird. Wenn der Versuch gut
gelungen ist, ist der platte sandgefullte Luftballon prinzi-
piell als Tischtennisschlager einsetzbar. Ein Problem da-
bei: Der Knoten ist in der Regel nicht lange luftdicht,
so dass bei Gebrauch als Schlager die Festigkeit schnell
abnimmt.
Alle Varianten –Fachinformation
Siehe Abschnitt 2.1.3, dort insbesondere 2.1.3.2, S. 13.
Die Spannung der Luftballonhaut, d.h. die herrschen-
de Ruckstellkraft dieser Membran, bzw. die Festigkeit
der Pakethulle ist der die Stabilitat begrenzende Fak-
tor. Solange die Haut beziehungsweise die Hulle eine Vo-
lumenvergroßerung durch Scherkrafte verhindern kann,
bleibt der platte sandgefullte Luftballon oder das Paket
Kaffeepulver formstabil. Seine Harte hangt neben dem
Druck in Ballon oder Packung auch vom erzielten Ver-
dichtungsgrad ab und damit insbesondere beim Ballon
vom Verhaltnis von Volumen zu Oberflache. Bei angena-
hert kugelformiger Startform gilt, je platter desto fester.
Variante B –Sicherheits-
hinweis
Bei alteren Luftballons, Ballons mit Produktionsmangeln,
einem zu spitzen Steinchen in der Fullung oder einer
scharfkantigen Unebenheit auf der Aufschlagflache des
geworfenen Ballons kann der Ballon platzen. Als Full-
material ist feiner See- oder Flusssand gut geeignet.
60 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
4.2. E-MODUL VERDICHTUNG UND DILATANZ 61
4.2.2 Volumenvergroßerung durch Scherkrafte – Vari-
ante AAnleitungLehrkraftversion:SchwebendeFlasche
LebensweltlicheKontexte
1. Eine Flasche wird an ihrem Inhalt (Sand) aufgehangt.
Das Vorfuhren der schwebenden Flasche (Versuchs-
variante A) spricht fur sich.
2. Aufstellen einer Zaunsaule oder eines Mastes in blan-
kem Erdreich verlangt sehr gute Verdichtung des
Bodens
3. Bei Einschlagen eines Pfahls in gut verdichteten Sand
oder Split - falls dies gelingt - wolbt sich der Boden
um den Pfahl auf.
Versuchsziel Zeigen, dass ein stark verdichtetes trockenes Granulat,
auf Scherkrafte mit einer Volumenvergroßerung reagiert.
Versuchsidee Die Kontaktkrafte zwischen Granulat und einem Testkor-
per durch Scherkrafte stark erhohen.
Versuchsaufbau
Foto derangehobenen
Flasche
62 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
Gerateliste A Versuchsvariante A1 leere Glasflasche trockener feiner Sand (ohne Staub)1 Rundholz
Arbeitsauftrag
Variante A –Aufbau
Der Holzstab wird bis zum Boden in die mit Sand gefullte
Flasche gesteckt.
Variante A –Versuchs-
durchfuhrung
Der Sand in der Flasche wird erst durch sanftes Stauchen,
dann durch mehrmaliges Klopfen stark verdichtet. Man
beachte dabei, dass der Verdichtungsvorgang exponentiell
verlauft. Der Stab wird langsam angehoben, wobei ein
Drehmoment auf die Sandfullung der Flasche ausgeubt
wird.
Variante A –Ergebnis
Die gesamte Flasche kann – den Stab als Handgriff be-
nutzend – gehoben werden, ohne dass der Holzstab her-
ausrutscht.
Variante A –Versuchs-
auswertung
Der Effekt wird erklart.
Die Gewichtskraft der mit Sand gefullten Flasche muss
durch die Reibungskraft zwischen Stab und Sandfullung
kompensiert werden. Dazu ist eine Erhohung des Drucks
auf den Stab und damit der Normalkraft notwendig. Wirkt
eine Scherkraft auf ein inkompressibles stark verdichtetes
Granulat, so verursacht sie entweder eine Vergroßerung
des Hohlraumvolumens im Granulat oder, falls dies nicht
moglich ist, eine Zunahme des Drucks im Granulat. Die-
ser Druck muss von den Begrenzungswanden (Flasche
und Stab) aufgenommen werden. Die notwendige Scher-
kraft wird leicht erreicht, wenn beim Hebevorgang die
Langsachse des zylindrischen Stabs nicht parallel zur Rich-
tung der Gewichtskraft verlauft.
Fachinformation Siehe Abschnitt 2.1.3, dort insbesondere 2.1.3.2, S. 13.
Sicherheits-hinweis
Bei zu heftigem Stauchen konnen Sprunge in der Flasche
auftreten.
4.2. E-MODUL VERDICHTUNG UND DILATANZ 63
4.2.3 Volumenvergroßerung durch Scherkrafte – Vari-
ante BAnleitungLehrkraftversion:SchwebendesGlaschen
LebensweltlicheKontexte
Ein im Erdreich fest steckender Pfahl kann nach sukzes-
siver Vergroßerung des Lochdurchmessers – etwa durch
Rutteln oder Drehen – leicht per Hand herausgezogen
werden. Dies ist fur nicht maximal kompaktifiziertes Erd-
reich oder durch eine entsprechende Aufwolbung der Erde
moglich. Ist die Verdichtung und damit der Druck nicht
reduzierbar, wie etwa in einem Betonfundament, wird in
der Regel der Pfahl samt Betonkegel mit Hilfe von Bau-
maschinen aus dem Boden gehoben.
Versuchsziel Zeigen, dass ein stark verdichtetes trockenes Granulat,
auf Scherkrafte mit einer Volumenvergroßerung reagiert.
Versuchsidee Die Kontaktkrafte zwischen Granulat und einem Testkor-
per durch Scherkrafte stark erhohen.
Versuchsaufbau
Foto eineshangenden
Rollrandglases
64 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
Gerateliste B Versuchsvariante B1 Reagenzglas oder 1 Rollrandglas trockener feiner Sand (ohne Staub)1 starker Draht (z.B. Stahldrahtmit 3mm ©/ )
Arbeitsauftrag
Variante B –Aufbau
Ein rechtwinklig oder V-formig abgewinkelter Draht wird-
leicht schrag bis zum Boden in ein mit Sand gefulltes
Reagenzglas eingefuhrt.
Variante B –Versuchs-
durchfuhrung
Der Sand im Reagenzglas wird durch mehrmaliges sanf-
tes Klopfen stark verdichtet. Der Draht wird langsam
angehoben, wobei automatisch ein Drehmoment auf die
Sandfullung des Glases ausgeubt wird.
Variante B –Ergebnis
Das gefullte Glas kann mittels des Drahtes hochgehoben
oder an einem Bolzen aufgehangt werden, ohne dass der
Draht herausrutscht. Auch ein Schaukeln des Glases soll-
te moglich sein.
Variante B –Versuchs-
auswertung
Wie bei Variante A (siehe Versuch 4.2.2).
Fachinformation Siehe Abschnitt 2.1.3, dort insbesondere 2.1.3.2, S. 13.
Sicherheits-hinweis
Eine gepolsterte Unterlage unter das hangende Glas le-
gen.
4.2. E-MODUL VERDICHTUNG UND DILATANZ 65
4.2.4 Zunahme des Hohlraumvolumens durch Scher-
krafteAnleitungLehrkraftversion:(A) Sandstrand(B) Steigrohr imSand
LebensweltlicheKontexte
1. Fußspuren am feuchtem Sandstrand erscheinen tro-
ckener als der umgebende Sand.
2. Nach Verdichten einer feuchten Mortelschicht mit
der Kelle erscheint die Oberflache glanzend naß.
Versuchsziel Zeigen, dass bei einem kompaktifizierten, d.h. stark ver-
dichteten Granulat, sich bei Verformung (durch Einwir-
kung von Kraften) das Gesamtvolumen seiner Hohlraume
erhoht.
Versuchsidee Mit Wasser gefullte Hohlraume nehmen bei Volumenver-
großerung zusatzliches Wasser auf.
Versuchsaufbau
Skizze
Gerateliste A Versuchsvariante A1 opake PE-Chemikalienflascheoder eine weiche Getrankeflasche
Sand
Wasser
Gerateliste B Versuchsvariante B1 PE-Chemikalienflasche mit pas-sendem Stopfen, alternativ 1 sta-biler, großer Luftballon
Wasser
1 Steigrohr oder ein Reagenzglas
66 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
Arbeitsauftrag
Variante A –Aufbau
Eine (halb)durchsichtige weiche Flasche wird zur Halfte
mit Sand gefullt. Es wird Wasser in die Flasche gefullt,
bis der Wasserspiegel ganz knapp oberhalb der Sandober-
flache steht.
Variante A –Versuchs-
durchfuhrung
Zusammendrucken der Seitenwande der Flasche mit den
Fingen lasst den Wasserspiegel in der Flasche soweit sin-
ken, dass die Oberflache trocken liegt.
Variante A –Hinweis
Dieser Versuch ist ein typischer Schulerversuch. Als De-
moversuch eingesetzt ist eine Videokamera zur Sichtbar-
machung des Effekts notwendig.
Variante A –Blick in die
Flaschevor (oben) und
nach (unten) demPressen
4.2. E-MODUL VERDICHTUNG UND DILATANZ 67
Variante B –Aufbau
Eine PE-Chemikaienflasche wird fast randvoll mit Sand
gefullt. Der Sand ist durch Stauchen der Flasche zu ver-
dichten. Danach wird Wasser eingegossen, bis es fast bis
zum Rand steht. In einen durchbohrten Gummistopfen
wird ein Steigrohr eingefuhrt. Anschließend wird die Fla-
sche mit dem Stopfen so dicht verschlossen, dass keine
Luftblase in der Flasche zuruckbleibt. In das Steigrohr
wird mit einer Spritzflasche soviel Wasser nachgefullt,
dass die Wassersaule im Steigrohr mindestens 10 cm hoch
ist.
Variante B -Versuchs-
durchfuhrung
Zusammendrucken der Seitenwande der Flasche mit den
Fingen lasst den Wasserspiegel im Steigrohr sichtbar ab-
sinken.
Variante B –Modifikation
Statt einer Flasche kann auch eine Gummiblase (starker
Luftballon) verwendet werden.
Alle Varianten –Versuchs-
auswertung
Das Sinken des Wasserspiegels bei Pressdruck wird als
Volumenzunahme der Hohlraume interpretiert.
Fachinformation Siehe Abschnitt 2.1.3, dort insbesondere 2.1.3.2, S. 13.
68 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
4.3. E-MODUL BODENDRUCK 69
4.3 Experimentiermodul Bodendruck in Gra-
nulaten
Die E-Module Bodendruck und Bruckenbildung beschaftigen sich beide mit
der Thematik Kraftverteilung in einem Granulat. Der E-Modul Bodendruck
beschrankt sich auf Experimente zur Bestimmung von Kraften auf den Bo-
den eines mit Granulat gefullten Behalters. Allein aus Messungen zum Bo-
dendruck kann bereits die Existenz von Kraftbrucken in einem Granulat
postuliert werden. Insofern legt der E-Modul Bodendruck Grundlagen fur
den folgenden E-Modul Bruckenbildung 4.4, in dem dann das Phanomen der
Gewolbebildung genauer untersucht wird.
Fachlicher Leitgedankedes E-Moduls Bodendruck in Granulaten:Informationen uber Druckverhaltnisse und innere Krafte
in granularen Aggregaten gewinnen
Hauptprozesse:Vereinfachte Modellsysteme finden
und losbar scheinendeFragestellungen untersuchen
Bodendruck-verteilung
(4.3.1)
Kraft aufBoden kleiner
als Gewichtskraft(4.3.2)
Fullstands-abhangigkeit
des Bodendrucks(4.3.3)
Indikator:Ausflussrate
eines Granulats(4.3.4)
Abbildung 4.7: Ubersicht uber wesentliche fachliche Inhalte im E-Modul Bo-dendruck in Granulaten (Abschnitt 4.3). In Klammern sind die Abschnitteangegeben, wo die entsprechenden Experimentieranleitungen zu finden sind.
Abzielend auf den fachlichen Leitgedanken, Informationen uber Druckver-
haltnisse und innere Krafte in granularen Aggregaten zu gewinnen, ist ein
moglicher Einstieg in die Versuchsreihe im Theorieteil (Abschnitt 2.2, S. 16f)
angesprochen worden, die – mit einfachen Mitteln experimentell nur pauschal
70 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
beantwortbare – Frage, ob die Hohe eines Sandhaufens einen Einfluss auf die
Punktbelastung der Unterlage hat. Neben der Frage der Uberlebenschancen
Verschutteter fuhrt auch das Beobachten einer fließenden Sanduhr zu einer
Problematisierung des Leitgedankens. Im Rahmen der Intention dieses E-
Moduls, nur die notwendigen Grundlagen fur Abschnitt 4.4 zu legen, sind
mogliche quantitative Messungen der Bodendruckverteilung3 nicht notwen-
dig.
Abb. 4.7 gibt eine Ubersicht uber die fachlichen Inhalte, die im E-Modul
Bodendruck experimentell erschlossen werden. Dabei genugt es, diese nur
grob quantitativ – im Sinne von Großenverhaltnisangaben – zu erarbeiten.
Experiment 4.3.3 bietet sich zur genaueren Quantifizierung an.
Leitkontexte des E-Moduls Bodendruck in Granulaten:Uberlebenschancen von Verschutteten
Zeitmessung mit Sanduhr
Angestrebte Schulertatigeiten:Erleben, Formulieren von Fragen, Untersuchen, Knobeln, Entdecken;
Systematisches Experimentieren, Konstruieren;
Entwickeln von Hypothesen,Testen von Vorhersagen,
Modellieren;Granulatlangsam/schnell
zusammenpressen(4.3.1)
maximale Kraftauf Boden
messen(4.3.2)
momentane Kraftauf Boden
messen(4.3.3)
Ausfluss-geschwindigkeit
messen(4.3.4)
Abbildung 4.8: Ubersicht uber Leitkontexte und experimentelle Basisaktivi-taten im E-Modul Bodendruck in Granulaten (Abschnitt 4.3). In Klammernsind die Abschnitte angegeben, wo die entsprechenden Experimentieranlei-tungen zu finden sind.
3Prinzipiell Miniaturkraftsensoren zur Bestimmung der lokalen Bodenbelastung.
4.3. E-MODUL BODENDRUCK 71
Abb. 4.8 zeigt die experimentellen Basistatigkeiten im E-Modul Bodendruck
in Granulaten.
Einen Vorschlag fur eine Einbettung der Experimente aus den E-Modulen
Granulare Packungen, Verdichtung und Dilatanz sowie Bodendruck und Bru-
ckenbildung in einen Lernpfad gibt Kapitel 6 auf S. 103.
72 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
4.3. E-MODUL BODENDRUCK 73
4.3.1 Modellversuch – Verteilung des Bodendrucks in
einem GranulatAnleitungLehrkraftversion:Bodendruckver-teilung
LebensweltlicheKontexte
1. Das Problem der Uberlebenschancen eines unter ei-
nem Sandhaufen verschutteten Kleintieres regt die
Frage nach den Stellen großten Druckes am Boden
eines Sandhaufens an.
2. Die Frage, wie hoch ein Sandhaufen auf einer Beton-
decke eines Neubaus oder ein Kieshaufen auf dem
Boden einer Fertiggarage geschuttet werden darf,
damit die maximal erlaubte Punktbelastung nicht
uberschritten wird, regt eine Diskussion uber die
Ubertragung der Gewichtskraft auf den Boden an.
Versuchsziel Die Druckverteilung am Boden einer Granulatschicht auf
ihre Unterlage herausfinden.
Versuchsidee Den Druck einzelner Granulatteilchen auf die Unterlage
mittels ihres Abdrucks auf Kohlepapier abschatzen. Variante B –Diffiziler Versuch
Versuchsaufbau
Foto Variante APresse mit Rohr
74 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
Gerateliste A Versuchsvariante A1 Rohrabschnitt ca. 10cm lang, miteiner plan geschliffenen Seite (z.B.HTEM),
1 Blatt Kohlepapier oder anderesDurchschlagpapier
1 Presse mit Stempel SchreibpapierGlaskugeln (©/ 1–2mm) odergesiebter Quarzsand oder andereshartes Granulat, von moglichstgleichmaßiger Große (monodis-pers)
feste ebene Unterlage, z.B. Kunst-stoffplatte mit fester Kartonaufla-ge
Gerateliste B Versuchsvariante B1 Rohrabschnitt ca. 10 – 30cmlang, mit einer plan geschliffenenSeite (z.B. HTEM),
1 Blatt Kohlepapier oder anderesDurchschlagpapier
1 Stempel mit ebenem Boden, derin das Rohr passt, hilfsweise ei-ne dickere Holzscheibe mit einemStuck Kantholz als Schlagbolzen
Schreibpapier
Glaskugeln (©/ 1–2mm) oder ge-siebter Quarzsand oder andereshartes Granulat, von moglichstgleichmaßiger Große
feste ebene Unterlage, z.B. Kunst-stoffplatte mit fester Kartonaufla-ge
1 Holzhammer Stativmaterial bei Bedarf
Arbeitsauftrag
Vorversuch Das Rohr wird mit der planen Seite dicht auf eine durch-
sichtige Platte gesetzt und mit Granulat gefullt. Die Struk-
tur der Fullung wird von unten betrachtet.
Vorversuch –Ergebnis
Kugeln oder Korner liegen dicht gepackt in der untersten
Schicht. Bei Kugeln ist die Packung hexagonal.
Variante A –Aufbau
Mit einer Presse ist der Versuch sicher und einfach durch-
zufuhren. Auch eine kleinere Kasepresse aus Metall mit
zusatzlich eingelegter Bodenplatte eignet sich. Das Rohr
wird mit der planen Seite dicht aufliegend in die Presse
gesetzt, in die zuvor ein Sandwich aus Karton, Schreib-
papier und Kohlepapier gelegt worden ist.
Variante A –Versuchs-
durchfuhrung
Das Rohr wird vorsichtig mit dem Granulat gefullt, der
Stempel der Presse in das Rohr eingefuhrt und langsam
abgesenkt.
4.3. E-MODUL BODENDRUCK 75
Variante B –Aufbau
In der Regel kann auf Stativmaterial verzichtet werden.
Das Rohr wird mit der planen Seite dicht auf die Un-
terlage gesetzt, auf die zuvor ein Sandwich aus Karton,
einem Blatt Schreibpapier und einem Blatt Kohlepapier
gelegt worden ist. Das Aufsetzen des Rohrs kann durch-
aus mit Druck geschehen. Es wird mit einer Hand oder
Stativmaterial fixiert.
Variante B –Versuchs-
durchfuhrung
Das Rohr wird vorsichtig mit dem Granulat gefullt, der
Stempel aufgesetzt und mit sanftem Druck des Stempels
vorverdichtet. Ein gezielter Schlag mit dem Hammer auf
den Stempel erzeugt einen Abdruck der untersten Lage
Granulat mittels des Kohlepapiers auf dem Schreibpa-
pier.
Alle Varianten –Versuchsergebnis
Bei genugend hohem Druck ergeben sich punktuelle Dun-
kelfarbungen unterschiedlicher Intensitat auf dem Schreib-
papier, d.h. die Druckverteilung ist nicht homogen.
Variante B –Sicherheits-
hinweis
Man weise die Schuerinnen und Schuler gegebenenfalls
darauf hin, keine Glasflasche als Stempel zu verwenden.
Fachinformation Siehe Abschnitt 2.2, dort insbesondere S. 17.
76 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
4.3. E-MODUL BODENDRUCK 77
4.3.2 Modellversuch – Kraft auf den Boden eines mit
Granulat gefullten BehaltersAnleitungLehrkraftversion:Kies aufschuttennLebensweltliche
Kontexte1. Ein Bericht uber ein geborstenes4 Silo, dessen Sei-
tenwand aufgerissen ist, regt die Frage an, welcher
Teil des Gesamtgewichts des Inhalts von den Si-
lowanden aufgenommen werden muss.
2. Die Aufgabe, Zeit mit einer Sanduhr zu messen,
zeigt, dass die Zeitskala linear ist. Ein Vergleich mit
einer Auslaufuhr (Wasseruhr) fuhrt zum Problem
des auf dem Ausfluss lastenden Gewichts und damit
zur Abhangigkeit des Bodendrucks eines Granulats
von der Fullhohe (siehe auch Versuch 4.3.4).
Versuchsziel Die Kraft messen, die ein in ein Gefaß gefulltes Granulat
auf den Gefaßboden ausubt.
Versuchsidee Eine Waagschale als Boden eines Gefaßes verwenden.
Versuchsaufbau
Foto des Aufbaus
4Stichwort fur Suchmaschine: silo burst, silo rupture oder bin collapse
78 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
Gerateliste 1 elektronische Waage,Wagebereich 2 – 3,5 kg, z.B.Mettler
feiner Kies oder anderes grobesGranulat, z.B. Glaskugeln
1 Rohr ca. 30cm lang aus PVCoder Glas, mit einer plan geschlif-fenen Seite
1 großer Hubtisch
1 Silikonmatte zum Auskleiden desRohres, z.B. eine Backmatte
Stativmaterial
Arbeitsauftrag
Vorversuch In einem Vorversuch wird das Gesamtgewicht des zu ver-
wendenden Granulats (mindestens eine halbe Rohrful-
lung) bestimmt. Gleichzeitig sollte die Strecke gemessen
werden, um die sich die Waagschale bei dieser Belas-
tung absenkt. Ist diese Absenkung großer als der hal-
be Durchmesser der verwendeten Korner, ist die Wagge
schlecht geeignet. Eventuell hilft es, ein groberes Material
zu wahlen.
Aufbau Die elektronische Waage wird auf einen Hubtisch gestellt.
Das Rohr wird mit Hilfe von Stativmaterial so befes-
tigt, dass die plane Offnung die Waagschale gerade nicht
beruhrt. Dabei sollte eine Verformung des Rohres am un-
teren Ende vermieden werden. Die Silikonmatte muss in
das Rohr eingelegt werden, um die Haftreibung zwischen
Granulat und glatter Rohrwand zu erhohen.
Versuchs-durchfuhrung
Bei festgehaltener Waagschale wird die Gesamtmenge des
Granulats eingefullt. Anschließend wird die die Waag-
schale belastende Masse bestimmt und notiert. Der Hub-
tisch wir nun in kleinen Schritten bis zu einem halben
Durchmesser eines Granulatteilchens abgesenkt, wobei je-
desmal die Anzeige der Waage abgelesen wird.
Versuchs-auswertung
Aus dem Vergleich bzw. dem Diagramm der Messwerte
geht hervor, dass die Kraft auf die Waagschale bei Ab-
senkung des Hubtisches abnimmt.
Fachinformation Siehe Abschnitt 2.2, dort insbesondere S. 17.
4.3. E-MODUL BODENDRUCK 79
4.3.3 Modellversuch – Momentaner Bodendruck in ei-
nem mit Granulat gefullten BehalterAnleitungLehrkraftversion:Flummies stapelnLebensweltliche
KontexteDie Fragestellung, warum Zeit mit einer Sanduhr gemes-
sen werden kann, fuhrt zum Problem des auf dem Aus-
fluss lastenden Gewichts und damit zur Abhangigkeit der
Bodenlast in einem mit Granulat gefullten Behalter von
der Fullhohe (siehe auch Versuche 4.3.3 und 4.3.4).
Versuchsziel Die Kraft messen, die ein in ein Gefaß gefulltes Granulat
in Abhangigkeit von der Fullhohe auf den Gefaßboden
ausubt.
Versuchsidee Eine Waagschale als Boden eines Gefaßes verwenden.
Versuchsaufbau
FotoGroßenverhaltnis
von Rohr undFlummies
80 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
Gerateliste 1 elektronische Waage,Wagebereich 2 kg
Flummies mit weicher, sich kleb-rig anfuhlender Oberflache (durch-sichtiges Material erfullt z.Z. dieseKriterien) alternativ Silikonkugeln
1 Kunststoffrohrabschnitt ca.30cm lang (optimaler Innendurch-messer genau zwei Balldurchmes-ser, z.B. 7 cm HTEM und 35 mmFlummies (30 Stuck))
1 großer Hubtisch
Stativmaterial
Arbeitsauftrag
Vorversuch In einem Vorversuch wird das Gewicht einer Rohrfullung
aus Ballen bestimmt.
Aufbau Die elektronische Waage wir auf einen Hubtisch gestellt.
Das Rohr wird mit Hilfe von Stativmaterial so befes-
tigt, dass die plane Offnung die Waagschale gerade nicht
beruhrt.
Versuchs-durchfuhrung
Das Granulatwird stuckweise eingefullt und nach jedem
Ball das die Waagschale belastende Gewicht bestimmt
und notiert.
Versuchs-auswertung
Aus dem Diagramm der Messwerte wird die Fullhohe be-
stimmt, ab der sich die Kraft auf die Waagschale nicht
mehr andert. Man vergleiche insbesondere die Gewichts-
zunahme pro Ball fur eine ungerade und eine gerade Ge-
samtzahl von Ballen im Rohr.
Versuchs-erganzung
Nachdem das Rohr mit Ballen gefullt ist, wird der Hub-
tisch in kleinen Schritten bis zu einem ganzen (!) Durch-
messer eines Balles abgesenkt, wobei jedesmal die Kraft
auf die Waagschale abgelesen wird.
Fachinformation Ein Teil der Gewichtskraft wird aufgrund der Reibung
zwischen Granulat und Behalterwand auf die Behalterwan-
de ubertragen, was eine hier horizontale Kraftkompo-
nente (Kraftumleitung) voraussetzt. Siehe Abschnitt 2.2,
dort insbesondere S. 17.
4.3. E-MODUL BODENDRUCK 81
4.3.4 Sanduhr versus WasseruhrAnleitungLehrkraftversion:SandauslaufuhrLebensweltliche
Kontexte1. Historische Auslaufuhren verwenden Wasser oder Sand
als Fullung. Wie misst eine Sanduhr die Zeit im Ver-
gleich zu einer Wasseruhr?
2. Wie sieht die Zeitskala einer Sanduhr aus (siehe auch
Versuche 4.3.2 und 4.3.3)?
Versuchsziel Untersuchen, inwieweit bei einer Sanduhr, die Ausflussra-
te unabhangig von der noch nicht durchgeflossenen Sand-
menge ist.
Versuchsidee Durchgeflossenen Sand wiegen
Versuchsaufbau
Gerateliste 1 Trichter ohne Ausflussrohroder ein Papierkegel mit Aus-flussoffnung, alternativ aucheine mittig zerbrochene großeSanduhr mit kunstlich erzeugterEinfulloffnung oben (z.B. eineSaunauhr).
feiner Sand oder Glaskugeln (100 –300 μm), falls keine fertige Sand-uhr verwendet wird.
1 elektronische Waage 1 AuffangbecherStativmaterial
Arbeitsauftrag
Vorversuch In einem Vorversuch wird das Gewicht einer Trichterful-
lung voll Sand bestimmt und die Waage entsprechend
gewahlt.
Aufbau Der Trichter bzw. der Kegel wird uber der elektronische
Waage fixiert (z.B. in einem Kolbenring). Der Sand wird
eingefullt, wobei die Ausflussoffnung mit einem Finger
verschlossen wird.
Versuchs-durchfuhrung
Gleichzeitig mit dem Freigeben der Ausflussoffnung wird
die Stoppuhr gestartet. In konstanten Zeitabstanden (in
der Regel Minuten abhangig vom Durchmesser der Aus-
flussoffnung) wird das Gewicht der ausgeflossenen Sand-
menge abgelesen und notiert.
82 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
Versuchs-auswertung
Aus dem annahernd linearen Diagramm der Messwerte
kann auf die Konstanz der Ausflussrate geschlossen wer-
den. Bei genugend kleinen Messintervallen kann versucht
werden, zu zeigen, dass dies erst ab einer Mindestfullhohe
gilt.
Versuchs-erganzung
Eine Auslaufuhr (Wasseruhr) wird als Vergleich vermes-
sen. Dazu kann ein (Kunststoff-)Becher oder ein kleiner
Kunststoffeimer mit Bohrung im Boden sowie ein Mess-
becher verwendet werden.
Fachinformation Siehe Abschnitt 2.2, dort insbesondere S. 17. Die vor-
ausgehenden Versuche des E-Moduls Bodendruck (4.3.2,
insbesondere 4.3.3) erlauben eine Erklarung des Effekts.
4.4. E-MODUL BRUCKENBILDUNG 83
4.4 Experimentiermodul Bruckenbildung in Gra-
nulaten
Fachlicher Leitgedankedes E-Moduls Bruckenbildung in Granulaten:
Informationen uber das Weiterleiten von Kraften bzw.die Umleitung einer belastenden Kraft in granularen Aggregaten gewinnen
Hauptprozesse:Vereinfachte Modellsysteme
finden und untersuchenGewolbe-bildung inGranulaten
(4.4.1, 4.4.2)
Existenz vonKraftketten(4.4.1, 4.4.2,4.4.4, 4.4.5)
Kraftumleitungauf
Seitenwande(4.4.1, 4.4.2, 4.3.3)
Form einesselbsttragenden
Bogens(4.4.3)
Abbildung 4.9: Ubersicht uber wesentliche fachliche Inhalte im E-Modul Bru-ckenbildung in Granulaten (Abschnitt 4.4). In Klammern sind die Abschnitteangegeben, wo die entsprechenden Experimentieranleitungen zu finden sind.
Der fachliche Leitgedanke der in diesem Modul zusammengefassten Experi-
mente ist, Informationen daruber zu gewinnen, wie Krafte im Innern eines
mit Granulat gefullten Behalters weitergeleitet werden. Diese Fragestellung
ergibt sich zwanglos aus den Experimenten zum Bodendruck, weshalb der
E-Modul Bruckenbildung in enger Verbindung mit dem E-Modul Boden-
druck in Granulaten (4.3) steht: Experimente aus beiden Modulen sollten
bearbeitet werden. Zusatzlich sind als Voraussetzungen fur diesen E-Modul
Grundkenntnisse uber Kontaktkrafte 5 bzw. zumindest das Bewusstsein der
Existenz von Kontaktnetzwerken in granularen Aggregaten notwendig. Zwei
Varianten eines zweidimensionalen Modellversuchs zum Kontaktnetzwerk in
5Einblicke in die Problematik von Kontakten zwischen einzelnen Kornern werden imE-Modul Packungen 4.1 vermittelt (siehe dort insbesondere Versuch 4.1.5).
84 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
ungeordneten Packungen (Versuche 4.4.4 und 4.4.5) sind daher in diesen E-
Modul aufgenommen.
Die experimentellen Resultate des Abschnitts 4.3 ergeben eindeutig, dass
die durch die Schwerkraft erzeugte Last auf den Boden eines mit Granu-
lat gefullten Behalters ab einer Mindestfullhohe kleiner als die Gewichtskraft
ist.6 Folglich sind horizontale Kraftkomponenten im Innern zu postulieren, so
dass ein Teil der Gewichtskraft von den Behalterwanden aufgenommen wer-
den kann. Diese Tatsache kann durch die Existenz von Kraftketten im Innern
eines Granulats erklart werden, die nicht senkrecht zum Boden verlaufen. Die
experimentellen Aktivitaten im E-Modul Bruckenbildung verfolgen das Ziel,
die Form dieser Kraftketten einsichtig zu machen. Diese Forminformation
kann nur aus der Untersuchung geeignet praparierter miniaturisierter Syste-
me gewonnen werden.
Abb. 4.9 gibt einen Uberblick uber die fachlichen Inhalte, die mit Hilfe der
Experimente des E-Moduls Bruckenbildung relativ schnell erarbeitet werden
konnen. Gunstig ist es, mit der Betrachtung kunstlich erzeugter Materialab-
risse in feinen Granulaten zu beginnen, da die Existenz horizontaler Kraft-
komponenten zum Verklemmen von Granulat in einem Behalter fuhren kann.
Als Leitkontext bietet sich daher die Idee an, den Grenzfall relativ stark ver-
dichteter, und damit verklemmter Granulate zu studieren. Verstopfte Aus-
lassoffnungen von Silos in industriellen Fertigungsanlagen sind typische prak-
tische Beispiele.
Manche Erfahrungen aus der Sandkastenzeit oder aus der Kuche sind eben-
falls durch Kraftumleitungseffekte erklarbar: Der Sandkuchen, der nicht aus
seiner Form zu losen ist, oder der Napfkuchen bzw. ein Pudding, der in seiner
Form abreisst, da er zu stark an der Form haftet.7
Abb. 4.10 zeigt die experimentellen Basistatigkeiten im E-Modul Brucken-
bildung in Granulaten. Sie fuhren uber die Einsicht der Existenz von Kraft-
6An dieser Stelle ist das bereits diskutierte Problem der Miniaturisierung (vgl. S. 37) zubeachten. Kraftumleitung setzt nur ein, falls ein bestimmter Minimalwert (Schwellwert)der Reibungskraft zwischen Granulat und Behalterwand uberschritten wird. Dabei istzu beachten, dass die Große der Reibungskraft auch von der Spannung abhangt, die imGranulat herrscht. Folglich ist der Schwellwert der Mindestfullhohe von der Historie desSystems abhangig, d.h. u.a. vom Einfullvorgang selbst.
7Kuchen oder auch Pudding sind keine Granulate, sie zeigen, dass der Effekt derKraftumleitung auch bei bestimmten viskosen Medien, wie Emulsionen oder Dispersio-nen, auftritt. Viskosiatseffekte spielen bei ruhenden trockenen Granulaten keine Rolle,jedoch bei bewegten.
4.4. E-MODUL BRUCKENBILDUNG 85
Leitkontexte des E-Moduls Bruckenbildung:
Verstopfung von SilosAbrissflache eines Sandkuchens
Angestrebte Schulertatigeiten:Erleben, Formulieren von Fragen, Untersuchen, Entdecken;
Zielgerichtet Experimentieren, Konstruieren;
Entwickeln von Hypothesen,Testen von Vorhersagen,
Klassifizieren;Abrisszone einesverdichtetenGranulats
klassifizieren(4.4.1, 4.4.2)
Abrisszoneauf Stabilitatuntersuchen(4.4.1, 4.4.2)
Bauteile furselbsttragendenBogen fertigen
(4.4.3)
SelbsttragendenBogen aus
vorgefertigtenTeilen bauen
(4.4.3)
Abbildung 4.10: Ubersicht uber Leitkontexte und experimentelle Basisaktivi-taten im E-Modul Bruckenbildung in Granulaten (Abschnitt 4.4). In Klam-mern sind die Abschnitte angegeben, wo die entsprechenden Experimentier-anleitungen zu finden sind.
brucken zu einem Verstandnis der Gewolbebildung in Abrisszonen.
86 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
4.4. E-MODUL BRUCKENBILDUNG 87
4.4.1 Gewolbebildung in feinem SandAnleitungLehrkraftversion:VerstopftesGlaschen
LebensweltlicheKontexte
1. Ein Bericht uber einen Steinbruch, der Steinmehl
zum Verkauf in Silos lagert, fuhrt auf das Problem
verstopfter Auslassoffnungen in Silos.
2. Ein Sandkuchenformchen wird entweder mit feinem
Pulver oder nicht ganz trockenem8 Sand gefullt. An-
schliessend wird so stark verdichtet, dass ein Teil des
Sandkuchens beim Umsturzen des Formchens an der
Form haften bleibt.
Versuchsziel Zeigen, dass ein Granulat in einem Behalter stabile Ge-
wolbe bilden kann.
Versuchsidee Sand in ein durchsichtiges Rohrchen fullen.
Versuchsaufbau
Foto einesReagenzglases
Gerateliste feiner Sand (100 μm) oder Pulver 1 dunnes Reagenzglas oder 1Testrohrchen
1 Auffangschale 1 Stricknadel alternativ 1 Draht, 1Holzspieß oder ein Glimmspan
8um den Schwellwert der Mindestfullhohe fur diesen Effekt abzusenken
88 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
Arbeitsauftrag
Aufbau Das Reagenzglas bzw. das Rohrchen wird mit Sand gefullt.
Der Sand wird durch mehrmaliges Stauchen verdichtet.
Versuchs-durchfuhrung
Das Rohrchen wird uber der Schale umgedreht, so dass
der Sand herausfallen kann. Bei Bedarf leicht gegen das
Rohrchen klopfen.
Versuchs-auswertung
1. Die Abrissflache des Sandes wird betrachtet und ab-
gezeichnet.
2. Die Stabilitat des Gewolbes wird mit einer Nadel un-
tersucht.
Fachinformation Bei kleinen Kraften bleibt das Gewolbe stabil, bei große-
ren erfolgt ein erneuter Abriss, der wiederum gewolbear-
tig geformt ist.
4.4. E-MODUL BRUCKENBILDUNG 89
4.4.2 Gewolbebildung in einem verstopften TrichterAnleitungLehrkraftversion:VerstopfterGlastrichter
LebensweltlicheKontexte
1. Ein relativ dunnes undurchsichtiges Kunststoffrohr
wird entweder mit feinem Pulver oder Sand gefullt.
Anschließend wird so stark verdichtet, dass nach An-
heben des Rohres ein Teil der Fullung im Rohr haf-
ten bleibt. Die Frage nach der Ursache der Verstop-
fung liegt auf der Hand.
2. Ein undurchsichtiger Trichter wird mit einem Pulver
verstopft. Das Vorfuhren des verstopften Trichters
regt die Frage nach der Ursache an.
Versuchsziel Zeigen, dass ein Granulat in einem Rohr stabile Gewolbe
bilden kann.
Versuchsidee Durchsichtigen Trichter verstopfen.
Versuchsaufbau
Foto einesTrichters
Gerateliste feiner Sand (100 μm) oder Pulver 1 Glastrichter1 Auffangschale 1 Stricknadel alternativ 1 Draht, 1
Holzspieß oder ein Glimmspan
90 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
Arbeitsauftrag
Aufbau Der Trichter wird mit einem Finger am Auslauf verschlos-
sen und randvoll mit Sand gefullt. Bei Bedarf wird der
Sand mit einem Loffel verdichtet, so dass der Trichter
verstopft.
Versuchs-durchfuhrung
Der Trichterausfluss wird uber der Schale freigegeben, so
dass ein Teil des Sands aus dem Ausflussrohr herausfallen
kann. Eventuell leicht gegen den Trichter klopfen.
Versuchs-auswertung
1. Die Abrissflache des Sandes wird betrachtet und ab-
gezeichnet.
2. Die Stabilitat des Gewolbes wird mit einer Nadel un-
tersucht, indem von unten und oben im Trichter her-
umgestochert wird.
Versuchs-alternative
Feinstes Pulver, z.B. Mehl, oder leicht feuchter Sand kon-
nen als Notbehelf dienen, wenn kein trockener feiner Sand
zur Verfugung steht.
Fachinformation Bei kleinen Kraften bleibt das Gewolbe stabil, bei großeren
erfolgt ein erneuter Abriss, der wiederum gewolbeartig
geformt ist.
4.4. E-MODUL BRUCKENBILDUNG 91
4.4.3 Selbsttragender BogenAnleitungLehrkraftversion:SelbsttragenderBogen
LebensweltlicheKontexte
1. Ein Foto einer zerstorten Kirche wird gezeigt.9 Die
Bedeutung der Bogenkonstruktionen als lasttragen-
de Elemente wird problematisiert.
2. Ein Foto eines selbsttragenden Bogens aus Bauklot-
zen wird gezeigt.
Versuchsziel Zeigen, dass aus geeignet geformten Bauklotzen ein selbst-
tragender Bogen gebaut werden kann.
Versuchsidee Bogen in Form einer umgedrehten Kettenlinie bauen. Bastellarbeit
Versuchsaufbau
Bauplanskizze
Gerateliste 1 Seil oder 1 Absperrkette von ca.2 m Lange
1 Kantholz gehobelt, ca. 3–4 cmstark, etwas langer als der fertigeBogen wegen des Verschnitts, al-ternativ auch dunner und kurzer
1 großer Bogen Zeichenpapier 1 feine Sage1 Filzstift 1 Schere1 feines Schleifpapier 1 großer starker Karton oder 1
Platte
Arbeitsauftrag
Aufbau Falls bereits fertige nummerierte Bauklotze zur Verfugung
stehen, werden diese auf einer horizontalen Platte ohne
irgendeinen Kleber zu einem Bogen zusammengefugt.
9z.B. Dom zu Xanten http://www.xanten-web.de/Domstadt/Geschichte2/Zerstoerung03.html
92 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
Versuchs-durchfuhrung
Die Platte wird langsam vertikal aufgerichtet und dann
weggenommen, wobei die untersten Klotze so fixiert sein
sollten, dass sie nicht zur Seite wegrutschen. Der Bogen
bleibt unter seinem eigenen Gewicht stabil.
Versuchsmaterial– Herstellung
Eine Kooperation mit dem Werk- oder Kunstunterricht
wird empfohlen. In manchen Fallen bietet sich auch eine
praktische Hausarbeit zu einem Schulerreferat an.
1. Ein frei aufgehangtes Seil dient als Vorlage fur einen
Bogen in Form einer Kettenlinie.
2. Die Form des hangenden Seils wird auf Zeichenpapier
oder Karton ubertragen.
(Ein Bogen von 80 – 100 cm Hohe wird als Demons-
trationsversuch empfohlen.)
3. Die Starke des Musterbogens auf dem Zeichenpa-
pier wird an die Starke des zur Verfugung stehenden
Kantholzes angepasst.
4. Der gezeichnete Musterbogen wird achsensymmetrisch
in einzelne Segmente von ca. 10 cm Lange aufgeteilt.
5. Jedes Segment wird durch ein Prisma approximiert,
dessen Hohe der Kantholzdicke entspricht. Es wird
auf dem Plan als Trapez eingezeichnet. Es ist darauf
zu achten, dass benachbarte Trapeze nahtlos anein-
ander grenzen.
6. Die einzelnen Trapeze werden durchnummeriert und
als Schablonen fur prismenformige Bauklotze verwen-
det. Die zurechtgesagten Klotze werden am besten
mit einem Bandschleifer sukzessive passend in die
Endform geschliffen.
4.4. E-MODUL BRUCKENBILDUNG 93
4.4.4 Modellversuch – Kontaktnetzwerk bei einer un-
geordneten zweidimensionalen Packung von Schei-ben – Variante A
AnleitungLehrkraftversion:Kontaktnetzwerk ALebensweltliche
Kontexte1. Quizfrage: Auf diesem Kassentablett liegen in etwa
gleich viele Eincent- und Zwanzigcentstucke unge-
ordnet nebeneinander? Wieviele der Munzen beruh-
ren sich?
2. Quizfrage: Diese Folie ist mit Abdrucken zweier un-
terschiedlich großer kreisformigen Bilderstempel be-
stempelt. Wieviele der Stempelabdrucke beruhren
sich?
Versuchsziel Zeigen, dass die Verbindungslinien zwischen den Mittel-
punkten zweier sich beruhrender Scheiben ein Netzwerk10
bilden.
Versuchsidee Zwei Sorten unterschiedlich großer Munzen moglichst dicht
nebeneinander in einen Schuhschachteldeckel legen
GeratelisteVersuchsvariante A
1 ebener Dosen- bzw. Schachtelde-ckel oder 1 kleines Tablett
2 Sorten Munzen, z.B. Eincent-und Zwanzigcentstucke
1 Overheadfolie 2 Folienstifte unterschiedlicherFarbe
Arbeitsauftrag
Aufbau Munzen zweier Sorten werden in verschiedenen Variatio-
nen (Packungsstrukturen) – vorzugsweise ungeordnet –
in einen Dosendeckel nebeneinander gelegt, so dass er
gefullt erscheint. Der Fall, dass Munzen keinen Kontakt
zum Nachbarn haben, sollte nicht vermieden werden.
10das sogenannte Kontaktnetzwerk
94 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
Versuchs-durchfuhrung
Es werden einige ungeordnete Strukturen ausgelegt. An-
schließend wird eine Overheadfolie uber jede Struktur
gedeckt. Die Mittelpunkte aller Munzen werden farblich
markiert, die Kontaktpunkte andersfarbig.
Versuchs-auswertung
1. Die Mittelpunkte je zweier sich beruhrender Munzen
werden mit einem Lineal verbunden.
2. Pro Folie wird das sich ergebende Netzwerk betrach-
tet.
3. Es wird in Bezug auf die Versuche 4.4.1 und 4.4.2 dis-
kutiert, dass eine Ubertragung von Kraften nur uber
Kontaktpunkte moglich ist. Hier bietet sich zusatzlich
ein Digitalfoto der jeweiligen Struktur an.
Fachinformation Siehe Abschnitt 2.2.
4.4. E-MODUL BRUCKENBILDUNG 95
4.4.5 Modellversuch – Kontaktnetzwerk bei einer un-
geordneten zweidimensionalen Packung von Schei-ben – Variante B
AnleitungLehrkraftversion:Kontaktnetzwerk BLebensweltliche
KontexteAls Anregung kann ein Modell eines zweidimensionalen
Sandlagers vorgefuhrt werden: Zwischen Glasplatte und
Ruckwand eines als quasi-zweidimensionale Kiste prapa-
rierten rahmenlosen Bilderhalters werden unterschiedlich
große Scheiben (Spielpfennige) ungeordnet hineingewor-
fen? Drucken die Scheiben gegen die Wande? Wieviele
der Scheiben beruhren sich?
Versuchsziel Zeigen, dass die Verbindungslinien zwischen den Mittel-
punkten zweier sich beruhrender Scheiben ein Netzwerk11
bilden.
Versuchsidee Zwei Sorten unterschiedlich großer Scheiben moglichst
dicht nebeneinander in eine quasi-zweidimensionale Zelle
fullen.
GeratelisteVersuchsvariante B
1 rahmenloser Bilderhalter (ca.20cm mal 30cm) oder 2 Glasschei-ben
2 Sorten kleine Munzen, alternativSpielpfennige oder selbst gestanztePappscheiben
Papp-, PVC- oder Sperrholzstrei-fen als Abstandshalter
Laubsagezwingen alternativ starkeBastelklammern oder Plattenhal-ter aus der Physiksammlung
Bastelfilz oder dunner Mossgummi bei Bedarf Gewebeband
1 Overheadfolie alternativ eine Di-gitalkamera
2 (Folien-)Stifte unterschiedlicherFarbe
Arbeitsauftrag
Aufbau Aus den beiden Glasscheiben wird eine zweidimensiona-
le Zelle (Kiste) gebaut, die an einer Schmalseite offen
11das sogenannte Kontaktnetzwerk
96 KAPITEL 4. EXPERIMENTIERANLEITUNGEN
ist. Der Abstand der Platten ist etwas weiter zu wahlen
als die Dicke der verwendeten Munzen. Die Zelle wird
vertikal aufgestellt. Munzen beziehungsweise Spielpfen-
nige werden ungeordnet hineingeworfen, so dass die Zelle
gefullt erscheint. Der Fall, dass Munzen keinen Kontakt
zum Nachbarn haben, darf vorkommen.
Versuchs-durchfuhrung
Es werden einige solcher ungeordneter Packungen erzeugt.
Jede Packung wird mit einer Digitalkamera fotografiert.
Alternativ kann eine Overheadfolie auf die Glasplatte ge-
legt werden. Die Mittelpunkte aller Munzen werden farb-
lich markiert, die Kontaktpunkte andersfarbig.
Versuchs-auswertung
1. Die Mittelpunkte je zweier sich beruhrender Munzen
werden mit einem Lineal verbunden.
2. Pro Packung wird das sich ergebende Netzwerk be-
trachtet.
3. Es wird verfolgt, auf welchem Weg eine Kraft auf die
Rander der Zelle ubertragen werden kann.
4. In Bezug auf die Versuche 4.4.1 und 4.4.2 wird dis-
kutiert, dass eine Ubertragung von Kraften nur uber
Kontaktpunkte zwischen Granulatteilchen moglich ist.
Fachinformation Siehe Abschnitt 2.2.
Kapitel 5
Anregungen zu Arbeitsblatternfur Schuler
97
98 KAPITEL 5. ARBEITSBLATTER FUR SCHULER
99
Dichteste Packung zu 4.1.3 –Niveau beginnendeSekundarstufe 1
Versuchsziel Herausfinden, wie dicht gepackte Kugeln angeordnet sind,
insbesondere von wievielen fremden Kugeln eine Kugel
beruhrt wird.
Versuchsidee Uber einer Schicht dichtgepackter Kugeln mindestens zwei
weitere Schichten aufbauen.
Versuchsaufbau
Skizze
Geratelistemindestens 100 gleich große Stahl-kugeln, Murmeln oder Perlen inverschiedenen Farben
flache Schale mit ebenem Boden,Modelliermasse oder feiner Sand
Arbeitsauftrag
Aufbau Lege gleichartige Kugeln moglichst dicht nebeneinander,
so dass sie nicht wegrollen. Falls Du Schwierigkeiten hast,
lies die Tipps zum Aufbau auf der Ruckseite.
Versuchs-durchfuhrung
Uberlege, was du nacheinander tun konntest, um das Ver-
suchsziel am besten zu erreichen. Falls Du Schwierigkei-
ten hast, lies die Tipps zur Versuchsdurchfuhrung auf der
Ruckseite.
100 KAPITEL 5. ARBEITSBLATTER FUR SCHULER
Tipps zumAufbau
Damit die Kugeln nicht wegrollen, kannst du sie in ei-
ne dunne Schicht aus feinem Sand oder Modelliermasse
pressen. Suche dazu eine flache Schale mit ebenem Boden
oder einen Schuhkartondeckel und fulle feinen Sand so
hoch ein, dass eingedruckte Kugeln noch zur Halfte sicht-
bar sind. Eine Schicht aus Modelliermasse kann dunner
sein.
Tipps zurVersuchs-
durchfuhrung
Markiere eine Kugel A in der ersten Schicht, indem du
z.B. eine andere Farbe wahlst. Sie dir an, wieviele Nach-
barn aus der ersten Schicht diese Kugel beruhren. Lege
eine zweite am besten andersfarbige Kugel B auf die ers-
te Schicht. Sieh nach, wieviele Kugeln diese eine Kugel
beruhrt. Baue die zweite Schicht fertig und vergleiche die
Anzahl der Nachbarn von Kugel B mit der von Kugel A.
Lege dann eine dritte Lage von Kugeln auf und bestimme
die Gesamtzahl aller Nachbarn von Kugel B.
Versuche zu beschreiben und aufzuzeichenen, wie die Ku-
geln angeordnet sind. Halte deine Ergebnisse schriftlich
fest.
Tipps zumVersuchsprotokoll
Falls deine Mitschuler andere Ergebnisse erzielen sollten,
musst du beweisen, dass du dich nicht geirrrt hast. Dafur
ist es gunstig genau aufzuschreiben, wie du vorgegangen
bist, z. B. in der folgenden Tabelle:
101
Mein Versuchsprotokoll zur Durchfuhrung
KugelnMaterial
Durchmesser
Anzahl der Nachbarneiner Kugel
in derselben Schicht
in der darunter liegenden Schicht
in der daruber liegenden Schicht
insgesamt
Packung Nr. 1: Lage der Lucken zwischen den Kugeln
Lucken der
2. Schicht liegen uber
3. Schicht
4. Schicht
Packung Nr. 2: Lage der Lucken zwischen den Kugeln
Lucken der
2. Schicht liegen
3. Schicht
4. Schicht
Meine Ergebnisse kurz zusammengefasst
Die Packungen 1 und 2 unterscheiden sich in der .
102 KAPITEL 5. ARBEITSBLATTER FUR SCHULER
Kapitel 6
Beispiele von Lernpfaden zurPhysik Granularer Materie inRuhe
Die Versuche der einzelnen Experimentiermodule sind in Kapitel 4 nach fach-
logischen Gesichtspunkten angeordnet. Diese Reihenfolge ist fur eine Un-
terrichtssequenz zu Granulaten in Ruhe nicht zwingend, insbesondere dann
nicht, wenn eine Auswahl aus den Versuchen getroffen werden soll.
Es ist im Prinzip moglich, zur Auflockerung des Physikunterrichts das The-
ma Granulare Materie zu streifen und nur einige der spektakularsten Ver-
suche mit Schulerinnen und Schulern durchzufuhren, wie etwa das Werfen
von Luftballons (4.2.1B) oder das Heben einer sandgefullten Flasche an ei-
nem hineingesteckten Stab (4.2.2). Ein solches Vorgehen eignet sich vor allem
fur die Primarstufe, da es erlaubt, physikalische Neugier zu wecken und das
Staunen zu schulen. So konnen physikalische Lerninhalte auf der Ebene der
Phanomene geschickt mit Faszination durch Neues verknupft werden.
Diese Handreichung hat primar jedoch die Schulung naturwissenschaftli-
chen Arbeitens in den Sekundarstufen zum Ziel. Dies bedingt nicht nur
die Durchfuhrung einzelner Versuche, also das rein experimentelle Hantie-
ren, sondern eine logische Entwicklung der Eigenschaften von ruhenden Gra-
nulaten mittels einer Sequenz oder Sequenzen von Experimenten. In den
Vorbemerkungen zu den einzelnen Experimentiermodulen wird dies genauer
erlautert. Prozessziele, wie beispielsweise Strategien naturwissenschaftlichen
Arbeitens erfahren, bilden einen Schwerpunkt. Vereinfachte Modellsysteme
oder gar Ersatzsysteme finden und untersuchen sind Tatigkeiten, die der
103
104 KAPITEL 6. LERNPFADE ZUM THEMA GRANULATE IN RUHE
Schulung bedurfen. Dies kann exemplarisch anhand der Thematik Granulare
Medien erfolgen. Sie hat zudem den Vorteil des Neuen fur wohl die meis-
ten Schulerinnen und Schuler. Sie fuhrt weg von einem Naturverstandnis,
dass bereits bei Je-desto-Aussagen lineare Zusammenhange stillschweigend
antizipiert: Doppelte so starke Ursache, hat doppelte Wirkung. Bereits die
Einsicht in die Existenz eines einzigen Schwellwerts fuhrt dieses lineare Den-
ken ad Absurdum.
Abb. 6.1 zeigt einen fur die Sekundarstufe 1 geeigneten Einstieg in die The-
matik der Schuttguter in Ruhe in Form eines Lernpfads. Bei einem Lernpfad
handelt es sich um eine Art Flussdiagramm durch die experimentellen The-
men des Kapitels 4. Der Lernpfad der Abb. 6.1 steigt mit Experimenten aus
dem Experimentiermodul 4.2, Verdichtung und Dilatanz, in die Thematik
ein. Dies ist nicht der einzig mogliche Weg. Er hat jedoch den Vorteil be-
reits durch den Einstiegsversuch zum Thema Dilatanz Neugierde zu wecken.
Besteht die Absicht, das Verstandnis des inneren Aufbaus Granularer Medi-
en zu vertiefen, bietet sich ein Ubergang zum E-Modul Granulare Packun-
gen 4.1 an. Dies wird nach dem unabdingbaren Versuch zur Scherung eines
zweidimensionalen Modellgranulats (4.1.2) empfohlen, wo die Existenz unter-
schiedlicher Packungsdichten bewusst gemacht wird. Der Begriff selbst ist in
der Sekundarstufe 1 nicht einzufuhren. Werden geeignete Interesse erzeugen-
de Kontexte aus der Lebenswelt der Schulerinnen und Schuler aufgegriffen
beziehungsweise angeboten, sind Experimente aus dem E-Modul Granulare
Packungen bereits in der Primarstufe bzw. in den ersten Jahrgangsstufen der
Sekundarstufe 1 einsetzbar.
Der Lernpfad kann durch eine geeignete Struktur der Schulerarbeitsblatter1
so angelegt werden, dass keine besonderen Lernvoraussetzungen notwendig
sind. Dies hilt dem Lehrer die Inhomogenitat bei den experimentellen Vor-
erfahrungen insbesondere aus der Grundschule auszugleichen.
In Abb. 6.2 wird ein Lernpfad zu den Experimentiermodulen Bodendruck
(4.3) und Bruckenbildung (4.4) vorgeschlagen. Wichtige Ziele sind einmal
die Einsicht in das Bestehen eines Kontaktnetzwerks, uber das Krafte auf
Behalterwande umgeleitet werden konnen, und zum andern die Erkenntnis
der Existenz von Schwellwerten, am Beispiel der horizontalen Kraftumlei-
tung. Lernpfad II kann zeitlich direkt an Lernpfad I angeschlossen werden.
1Beispiele siehe das Kapitel 5
105
Lernpfad I zu E-Modul Verdichtung und Dilatanz (4.2)
Wette:Luftballon alsTT-Schlager
(4.2.1B)
VakuumpackKaffeepulver
(4.2.1A)
SchwebendeFlasche(4.2.2)
Steigrohrim Sand(4.2.4B)
Scherung vonMunzen(4.1.2)
SchwebendesGlaschen(4.2.3)
Sandstrand
(4.2.4A)
Leitgedanke E-Modul 4.2:Wirkung einer Verformung auf den
inneren Aufbau eines Granulats
Leitgedanke E-Modul 4.1:Innerer Aufbau
eines Granulathaufens
Wo noch?
entwickelnLeitgedanken
Modellgranulat verformen
Hohlraume verandern
Wie messbar?
Abbildung 6.1: Lernpfad zu E-Modul 4.2 mit Ubergangsmoglichkeit zu 4.1.Angegeben sind die Kurznamen der entsprechenden Versuche sowie in Klam-mern die Abschnitte, wo die entsprechenden Experimentieranleitungen ent-halten sind.
106 KAPITEL 6. LERNPFADE ZUM THEMA GRANULATE IN RUHE
Lernpfad II zu den E-Modulen Bodendruck (4.3) undBruckenbildung (4.4)
Sand(auslauf)uhr– Ausflussrate
messen(4.3.4)
Bodendruck-verteilung
(4.3.1)
Flummiesstapeln(4.3.3)
Kiesaufschichten
(4.3.2)
Leitgedanke E-Modul 4.4:Weiter-/Umleiten
einer belastenden Kraft
Bau einerSanduhr, die
verstopft(4.4.2)
VerstopfterGlastrichter
(4.4.2)
Kontakt-netzwerk A
(4.4.4)
Kontakt-netzwerk B
(4.4.5)
Selbst-tragender
Bogen(4.4.3)
VerstopftesGlaschen(4.4.1)
VorbereitungWerken,
Hausarbeit,...(4.4.3)
Leitgedanke E-Modul 4.3:Druckverhaltnisse und Krafte
in granularen Aggregaten
Leitgedanken entwickeln
Hypothese
Leitgedanken entwickeln
Granulatvariieren
Wer nimmt Teil derGewichtskraft auf?
Reale Bogen in Bauwerken
Detailsklaren
Abbildung 6.2: Lernpfad zu den E-Modulen 4.3 und 4.4. Angegeben sind dieKurznamen der entsprechenden Versuche sowie in Klammern die Abschnitte,wo die entsprechenden Experimentieranleitungen enthalten sind.
107
Ebenso ist es moglich ihn als eigenstandige Unterrichtseinheit durchzufuhren,
vorausgesetzt eventuell auftauchende, uber den Inhalt der Versuche 4.4.4 und
4.4.5 hinausgehende Fragen uber den inneren Aufbau von Granulaten werden
geklart.
Besteht die Absicht, die Thematik Granulare Medien in der Sekundarstufe 2
zu behandeln, ist es moglich viele Experimente im Zuge von Schulerreferaten
zu absolvieren. Beispiele fur einige vertiefende Referatthemen finden sich in
Kapitel 2.
108 KAPITEL 6. LERNPFADE ZUM THEMA GRANULATE IN RUHE
Literaturverzeichnis
[1] Duran, J., Sands, Powders and Grains, (New York: Springer, 2000)
[2] Ennis, B.J., Unto dust shalt thou return, in: Behringer R.P. and Jenkins,
J.T. (eds.), Powders and Grains 97, (Rotterdam: Balkema, 1997), p.13.
[3] Herfurth, K., Ketscher, N. und Kohler, M., Giessereitechnik kom-
pakt, Werkstoffe, Verfahren, Anwendungen, (Dusseldorf: Giesserei-
Verlag GmbH, 2003)
[4] Jaeger, H.M., Nagel S.R. and Behringer, R.B., (1996), Phys. Today,
April, p. 32, The Physics of Granular Media.
[5] Luding, S., (1997) Phys. Rev. E 55, p. 4720, Stress distribution in static
two dimensional granular model media in the absence of friction.
[6] Weber, S.M. (2005), Wasser als Grundlage des Lebens, Fachbezug
Physik, Modellexperimente zum Wassertransport, Polyskript zur Leh-
rerfortbildung in Natur- und Technik des Z-MNU an der Unversitat
Bayreuth, 27. Januar 2005. Download unter http://didaktik.phy.uni-
bayreuth.de/download/naturundtechnik/wasser grundlage/ablauf.html
[7] Zu finden auf vielen Webseiten zur Thematik Granulare Medien, siehe
auch http://www.phy.duke.edu/ bob/images/bincollapse.gif
109
110 LITERATURVERZEICHNIS
Abbildungsverzeichnis
1.1 Ein berstendes Getreidesilo [7] . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
2.1 Darstellung der in zwei Dimensionen moglichen regelmaßig ge-
ordneten Strukturen von Scheiben mit den Koordinationszah-
len drei, vier und sechs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
2.2 Ein mit Sand gefullter Luftballon (links) wird zugeknotet und
schwungvoll gegen eine glatte Flache geworfen, wobei er sich zu
einem relativ starren diskusformigen Objekt (rechts) verformt
(Foto S.M. Weber). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
2.3 Computersimulation des Kontaktnetzwerkes in einem Granu-
lathaufen (nach [5]). Die Starke der Linien kodiert die Große
der Kontaktkrafte. Reibungskrafte sind nicht dargestellt. . . . 17
2.4 Die Abhangigkeit des vertikalen Drucks in einem Silo als Funk-
tion der Hohe. Die gestrichelte Linie stellt als Vergleich den
hydrostatischen Druck dar. Der assymptotische Wert fur den
vertikalen Druck ist mit ps bezeichnet. . . . . . . . . . . . . . 19
2.5 Darstellung der Spannungsverhaltnisse in einem mit Plexiglas-
kugeln und einem Glyzerin-Wasser-Gemisch gefullten Behalter
(nach [4]) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
2.6 Die Ruine des Aquadukts von Maintenon, erbaut unter Lud-
wig XIV im Pariser Becken, ist ein Beispiel von Bogen, die
Jahrhunderte uberdauert haben. . . . . . . . . . . . . . . . . 21
2.7 Leonardo da Vinci’s Zugkraftexperimente nach [1]. In beiden
Fallen muss eine identische Zugkraft FZ aufgewendet werden,
um die drei Klotze aus der Ruhelage in Bewegung zu setzen. . 23
111
112 ABBILDUNGSVERZEICHNIS
2.8 Ein auf seiner Unterlage ruhender Ziegelstein befindet sich im
Kraftegleichgewicht mit einer gedehnten Feder. . . . . . . . . . 25
2.9 (a) Ein auf seiner Unterlage ruhender Ziegelstein befindet sich
im Kraftegleichgewicht mit einer gedehnten Feder (links). (b)
Ein kugelformiges Partikel ruht auf zwei anderen (rechts). . . 26
3.1 Vereinfachte Darstellung eines Formstoffkreislaufs fur tonge-
bundene Formstoffe nach [3] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
4.1 Ubersicht uber alle experimentellen Module (E-Module) zum
Thema Schuttgut in Ruhe. In Klammern sind die Abschnitte
angegeben, wo die entsprechenden Experimentieranleitungen
enthalten sind. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
4.2 Zur Erhohung des Reibungskoeffizienten bei miniaturisierten
Versuchen kann ein glattes Kunststoffrohr mit einer Silikon-
matte ausgekleidet werden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
4.3 Ubersicht uber wesentliche fachliche Inhalte im E-Modul Gra-
nulare Packungen (Abschnitt 4.1). In Klammern sind die Ab-
schnitte angegeben, wo die entsprechenden Experimentieran-
leitungen zu finden sind. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
4.4 Ubersicht uber Leitkontexte und experimentelle Basisaktivi-
taten im E-Modul Granulare Packungen (Abschnitt 4.1). In
Klammern sind die Abschnitte angegeben, wo die entsprechen-
den Experimentieranleitungen zu finden sind. . . . . . . . . . 42
4.5 Ubersicht uber wesentliche fachliche Inhalte im E-Modul Ver-
dichtung und Dilatanz (Abschnitt 4.2). In Klammern sind die
Abschnitte angegeben, wo die entsprechenden Experimentier-
anleitungen zu finden sind. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
4.6 Ubersicht uber Leitkontexte und experimentelle Basisaktivi-
taten im E-Modul Verdichtung und Dilatanz (Abschnitt 4.2).
In Klammern sind die Abschnitte angegeben, wo die entspre-
chenden Experimentieranleitungen zu finden sind. . . . . . . . 54
ABBILDUNGSVERZEICHNIS 113
4.7 Ubersicht uber wesentliche fachliche Inhalte im E-Modul Bo-
dendruck in Granulaten (Abschnitt 4.3). In Klammern sind
die Abschnitte angegeben, wo die entsprechenden Experimen-
tieranleitungen zu finden sind. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
4.8 Ubersicht uber Leitkontexte und experimentelle Basisaktivi-
taten im E-Modul Bodendruck in Granulaten (Abschnitt 4.3).
In Klammern sind die Abschnitte angegeben, wo die entspre-
chenden Experimentieranleitungen zu finden sind. . . . . . . . 70
4.9 Ubersicht uber wesentliche fachliche Inhalte im E-Modul Bru-
ckenbildung in Granulaten (Abschnitt 4.4). In Klammern sind
die Abschnitte angegeben, wo die entsprechenden Experimen-
tieranleitungen zu finden sind. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
4.10 Ubersicht uber Leitkontexte und experimentelle Basisaktivi-
taten im E-Modul Bruckenbildung in Granulaten (Abschnitt
4.4). In Klammern sind die Abschnitte angegeben, wo die ent-
sprechenden Experimentieranleitungen zu finden sind. . . . . . 85
6.1 Lernpfad zu E-Modul 4.2 mit Ubergangsmoglichkeit zu 4.1.
Angegeben sind die Kurznamen der entsprechenden Versuche
sowie in Klammern die Abschnitte, wo die entsprechenden Ex-
perimentieranleitungen enthalten sind. . . . . . . . . . . . . . 105
6.2 Lernpfad zu den E-Modulen 4.3 und 4.4. Angegeben sind die
Kurznamen der entsprechenden Versuche sowie in Klammern
die Abschnitte, wo die entsprechenden Experimentieranleitun-
gen enthalten sind. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
Die Abbildungen aus den Experimentieranleitungen in Kapitel 4 sind nicht
aufgenommen.
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