hedwig ausgabe 11
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hedwighedwig newsletter der drK-schwesternschaft Berlin e.V. AUSGABE I/2011
Aus aller Frauen LänderZweite Heimat Deutschland: Vier DRK-Schwestern erzählen Seite 14
Geschichte erzählenNeue Serie zur Ausstellung der Schwesternschaft Seite 12
»Es gibt viele Aufgaben«Jennifer Kirchner, Geschäftsführerin der DRK Kliniken Berlin, im Gespräch Seite 6
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Liebe Leserinnen, liebe Leser, der klassische Gastarbeiter – früher war das der männliche Industrie-arbeiter. Dieses Bild hat sich jedoch gewandelt. Längst suchen immer mehr Frauen aus anderen Ländern ihr Berufsglück hier bei uns in Deutschland, und arbeiten so auch als Krankenschwester oder Alten-pfl egerin für die DRK Kliniken Berlin; Deutschland ist für sie zur zweiten, zur neuen Heimat geworden. Einwanderer, Auswanderer, Migra-tion: Das alles ist für mich gleich-bedeutend mit kultureller Vielfalt. Und ich sehe darin kein Problem, auch keinen Vorzug: Es ist vielmehr eine große Herausforderung, wollen wir doch die Chancengleichheit aller erhalten und das Recht des Einzelnen auf kulturelle Selbst-bestimmung respektieren. In den DRK Kliniken Berlin verpfl ichtet das Leitbild Schwestern und Ärzte, dass sich die Patienten und Bewohner individuell betreut fühlen. Unsere Rot-Kreuz-Schwestern mit Migrations-hintergrund helfen dabei. Sie wissen, wie man sich in eine fremde Kultur einzudenken hat. Auch ihre Mehr-sprachigkeit wird in einer Stadt wie Berlin zu einem Mehrwert, von dem die Kliniken als Unternehmen profi tieren. Das Thema Migrationist ein dauerhaft aktuelles, und damit eines für unsere hedwig.
Viel Freude beim Lesen wünscht
IhreOberin Heidi Schäfer-FrischmannVorsitzende der DRK-Schwesternschaft Berlin e.V.
editorial Schwester Nele aus dem WestendWer Kinder hat, der kennt sie: Conni, Pixi, Petzi und den Ritter Rost. Und natürlich auch die „Lesemaus“:
Der Hamburger Carlsen-Verlag hat mit Unterstützung von Rot-Kreuz-Schwestern der DRK Kliniken
Berlin | Westend das Kinderbuch „Ich habe eine Freundin, die ist Krankenschwester“ herausgeben.
„Geschichten, die die Welt erklären“ ist das Motto der „Lesemaus“-Reihe.
Das Bilderlesebuch für Kinder ab drei Jahren erklärt zum Beispiel: Was passiert
in der Notaufnahme, warum muss es im OP-Saal so sauber sein und was
sind eigentlich Röntgenstrahlen. „Schwester Nele“ beantwortet diese und noch
viele andere Fragen aus dem Arbeitsalltag einer Krankenschwester.
(Ralf Butschkow: „Ich habe eine Freundin, die ist Krankenschwester“,
Carlsen Verlag, Preis 3,90 Euro, ISBN 978-3-551-08941-0)
»das außergewöhnliche geschieht nicht auf glattem, gewöhnlichem Wege.« JOHann WOLFGanG VOn GOEtHE
hedwig
Förderlehrerin hilft ARCHE-Kindern„Geben ist in der heutigen Zeit keine Selbst-
verständlichkeit mehr und darum sind wir voller
Dankbarkeit für Ihre Unterstützung“, beginnen
René Schlüter und Clemens Volber ihr Schreiben
an die DRK-Schwesternschaft Berlin. Beide kommen
von ARCHE, Schlüter ist Leiter der Grundschule,
Volber der Geschäftsführer des Vereins. Seit sechs
Jahren unterstützt die Schwesternschaft die Arbeit
von ARCHE und spendet regelmäßig Geld. Damit finanziert wurde auch die neu geschaffene Stelle einer
Förderlehrerin, die es in dieser Form an keiner anderen Schule gibt. „Diese besondere Zuwendung
für die Schüler bzw. diese Regelmäßigkeit der Förderung zeigt sich ganz deutlich in der Entwicklung
der Kinder“, heißt es im ARCHE-Bericht. Kinder, denen das Vorlesen Probleme bereitet, wurden
mit dem Förderunterricht gezielt trainiert. Wie Tabea, Dario und Anja, Schüler der dritten Klasse,
die an diesem Training teilnehmen und so zum Beispiel Konsonantenverbindungen üben: „Sp“,
„St“ oder „Kr“. „So wie ich die Schüler beobachte, freuen sie sich auf den Förderunterricht und
sehen ihn wie ein Privileg an. (...) Ich bin sehr dankbar, dass die Schüler dank Ihres Engagements
so vielfältige Fördermöglichkeiten erhalten können und bisher erhalten haben“, bedankt sich
auch die Förderlehrerin bei der Rot-Kreuz-Schwesternschaft.
Hier und überall„Menschen helfen Menschen“ ist unser Leitmotiv. Dass Hilfe nicht an Grenzen halt machen
darf, ist uns allen bewusst, als Rot-Kreuz-Schwesternschaft engagieren wir uns auch
international. Egal ob Dritte-Welt-Staat oder Industrienation: Die DRK-
Schwesternschaft Berlin hat nach Haiti und Pakistan nun für Japan
gespendet, für die Opfer von Erdbeben, Tsunami und Super-GAU.Menschenhelfen
Menschen
DRK-SCHWESTERNSCHAFT BERLIN
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Experte für die Lunge
Denn er kennt sich aus mit Atemwegs-
erkrankungen, sehr gut sogar: Professor
Dorow ist dafür einer der bekanntesten
Spezialisten in der Bundesrepublik.
Zu seinen Sprechstunden kommen jeden
Tag unzählige Patienten. Die, die ihn in
den DRK Kliniken Berlin | Mitte aufsuchen,
leiden an gestörter Atemregulation oder
aber unter einem Bronchialkarzinom.
Dass seine Klinik sich zu einem Kom-
petenzzentrum für Bronchialheilkunde
entwickelt hat, ist zum größten Teil auch
sein Verdienst. „Für das gesamte pneumo-
logisch-schlafmedizinische Zentrum sind
wir zertifiziert, wir haben eine spezielle
Zertifizierung für den schlafmedizinischen
Bereich und“ – darauf ist Professor Dorow
besonders stolz – „dem Lungenkrebs-
zentrum hat die Deutsche Krebsgesell-
schaft ihr Zertifikat verliehen.“ Im Mo-
ment sei das auch der Schwerpunkt in der
gesamten Tumordiagnostik und Tu-
mortherapie in den DRK Kliniken Berlin.
Den Wind spüren. Dabei tief und
unbeschwert Luft holen, kräftig einatmen
können. Gerade am Meer genießt man
dieses Gefühl. Peter Dorow kennt es gut,
über viele Jahre lag sein Segelboot vor
Fehmarn und oft war er draußen, auf der
Ostsee. Und Peter Dorow weiß: Die
Fähigkeit des freien Atmens, sie ist nicht
für jeden eine selbstverständliche.
Peter Dorow erinnert sich, „vor etwa
zwölf Jahren begannen wir mit dem
Aufbau einer eigenen Strahlenklinik“.
Dass fast gleichzeitig die Tumorzentren
entstanden, war für ihn nur logisch. Gleich
drei medizinische Spezialisierungen hat
der gebürtige Charlottenburger studiert,
er ist Internist, Kardiologe und natürlich
Pneumologe. Diese Fachgebiete zu verbin-
den war naheliegend, „weil beides zusam-
men hängt, der Herz-Kreislauf und die
Lunge“. So einleuchtend, wie es Professor
Dorow sieht, scheint diese Kombination
nicht zu sein, gibt es doch seines Wissens
nach in Deutschland lediglich zwei
Einrichtungen, die diese Interaktion
Lunge-Herz anbieten: ein Krankenhauses
in Fürth und natürlich die Berliner DRK
Kliniken. Seit 1997 ist Dorow Ärztlicher
Leiter des Weddinger Krankenhaus, „ich
kümmere mich darum, dass unter den
Medizinern Harmonie besteht, dass die
Kommunikation zwischen den Kollegen
funktioniert“, umschreibt er seine Auf-
gabe. Gibt es ein Problem, dann müsse man
miteinander diskutieren und es aus der
Welt schaffen, eben Sorge tragen für ein
„gutes Arbeitsklima im Krankenhaus“. Als
„exzellent“ bezeichnet der Ärztliche Leiter
so die Zusammenarbeit mit Pflegedienst-
leiterin Hannelore Rebien und ihrem
Team, „besser kann es
nicht sein“. Peter Dorow
lebt für seinen Beruf,
die Lungen- und
Bronchialheilkunde ist
für ihn mehr als eine
Passion. In unzähligen
Fachgremien, Arbeits-
gruppen und Verbän-
den arbeitet er mit,
engagiert und mit
Leidenschaft. Wie bei der Deutschen
Gesellschaft für Pneumologie und Beat-
mungsmedizin, „elf Jahre habe ich dort die
Sektion ,kardiorespiratorische Interaktion‘
geleitet“, elf Jahre war Dorow also zustän-
Peter Dorow ist Ärztlicher Leiter der DRK Kliniken Berlin | Mitte. Seit 2005 ist der Professor für Bronchialheilkunde auch Vorstandsmitglied der DRK-Schwesternschaft Berlin
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Bitte tief einatmen
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braucht er auch nicht, „ist doch langwei-
lig“, meint der Professor. Fünf Stunden
Schlaf reichen ihm, „das ist reines Trai-
ning“, gegen sechs Uhr ist er in seinem
kleinen Büro, da ist es noch ruhig, „dann
kann ich die Posteingänge prüfen, E-Mails
lesen und mich vor allem auf den Tagesab-
lauf konzentrieren“. Und selbstverständ-
lich ist für Dorow auch der Samstag ein
„Werktag“. Zeit für seine Frau, einer
Pädagogin für schwerhörige Kinder, hat er
trotzdem. Bei Dorows in Gatow wohnen
noch eine Katze und vier Schildkröten,
„aber um die kümmert sich meine Frau“.
Seine Leidenschaft war lange Zeit das
Segeln. Jedoch hat er „Gaby“ – die Jolle
hatte er auf den Namen seiner Frau getauft
– vor sechs Jahren abgegeben, der Kapitän
schaffte es zeitlich nicht mehr, der
Liegeplatz der „Gaby“ lag doch zu weit
entfernt. Er ist auf ein Ruderboot umge-
stiegen, statt der Ostsee sind jetzt Havel
und Spree sein Revier. Auch „Rio Bravo“
und „El Dorado“ schaffen ihm einen
Ausgleich zur beruflichen Anspannung
– der Mediziner liebt Westernfilme mit
John Wayne. Zur Zeit werden die DRK
Kliniken Berlin | Mitte „ummodelliert“:
dig für die Organisation der Jahreskon-
gresse, für die sechs Symposien und
vier Postgraduiertenkurse. 1989, gleich
mit dem Fall der Mauer, hat Peter
Dorow übrigens die Berliner pneumo-
logischen Gespräche ins Leben gerufen,
„aber nach 22 Kongressen habe ich mir
gesagt, jetzt ist mal Schluss, sonst läuft
sich das tot.“ Nur um sich gleich
wieder anderen, neuen Projekten
widmen zu können. Die Liste seiner
Mitgliedschaften und ehrenamtlichen
Aktivitäten ist lang, für ihn sind sie
Voraussetzung, ein Lungenkrebszen-
trum und ein pneumologisches
Zentrum führen zu können, „allein
nur mit der Krankenversorgung
erfüllen Sie nicht die Bedingungen für
eine Akkreditierung.“ Die Berlin-Bran-
denburger Gesellschaft für Schlafmedizin
und Schlafforschung hat er gegründet, zu
den Veranstaltungen kommen Besucher
aus ganz Deutschland in die Drontheimer
Straße, „und unsere Patienten mit Schlafap-
noe sind dankbare Patienten, die kommen
mit Tagesmüdigkeit und gehen frisch nach
Hause“, erzählt der Ärztliche Leiter.
Patienten mit Lungenkrebs, deren Krank-
heitsverlauf als Folge moderner Therapie-
verfahren zufriedenstellend verlaufen
kann, manchmal jedoch tragisch endet, die
bedürfen einer besonderen Zuwendung
durch Schwestern und Ärzte – und genau
darin sieht Professor Peter Dorow seine
wichtigste Aufgabe: „Dafür haben wir hier
im Haus eine speziell ausgebildete Onkolo-
gie-Schwester, trainierte Ärzte und die
Psycho-Onkologin“.
Workaholic in weiß
Hunderte Patienten betreuen, ein großes
Krankenhaus leiten und dazu die unzähli-
gen Stunden Verbandsarbeit: Wie schafft
er das? Ein klassischer Acht-Stunden-Tag
reicht ihm dafür jedenfalls nicht, den
»der preis der Größe heißt Verantwortung.« WInstOn CHuRCHILL
hedwig
Seine Leidenschaft war lange Zeit das Segeln. Jedoch hat er sein Segelboot „Gaby“ aus Zeitgründen abgeben müssen.
überall wird gebaut und renoviert,
Abteilungen ziehen um, für den
Ärztlichen Leiter sind das schwierige
Aufgaben. Befindlichkeiten spielen
dabei immer eine Rolle, auf die man
nur wenig Rücksicht nehmen kann,
„der normale Betrieb muss doch
weiter laufen“. Sein Terminkalender
ist voll. Und dennoch hatte er damals
mit seiner Zusage nicht gezögert, für
die DRK-Schwesternschaft Berlin im
Vorstand zu arbeiten, „für mich ist das
eine ehrenvolle Tätigkeit“. Er bringt
sich ein, lässt nur selten Sitzungen
ausfallen; er ist sehr präsent und enga-
giert, loben ihn Vorstandskolle-
ginnen. Dorow wiegelt ab, „die
Schwesternschaft ist doch unser aller
Arbeitgeber“, da sei Einsatz und
Loyalität gefragt – was für ihn aber nicht
heißen muss, immer einer Meinung zu
sein. Seit 2005 ist er Mitglied im Vorstand,
neben Schatzmeister Miloš Stefanovic
und dem Stellvertretenden Vorsitzenden
Peter Kupsch der einzige Mann unter den
gut tausendeinhundert Berliner Rot-Kreuz-
Schwestern. Den Verein kennt Professor
Dorow weitaus länger, die Mutter – Ärztin
wie sein Vater – betreute Paulinenhaus-
Schwestern, oft begleitete sie ihr Sohn ins
Feierabendhaus der Rot-Kreuz-Schwestern-
schaft. Und schon als kleiner Junge stand
für Peter Dorow fest: Ich werde später
auch Arzt; in Berlin, an der Freien Univer-
sität, studiert er Medizin, mit 27 Jahren
promoviert er, mit nicht einmal 40 wird er
zum Professor ernannt. Er wird Facharzt
für Innere Medizin, Facharzt für Kardiolo-
gie, Facharzt für Pneumologie, Facharzt für
Umweltmedizin, Arzt für Schlafmedizin,
Arzt für internistische Intensivmedizin.
„Früher habe ich das Wort „Job“ immer
verdammt“, und wohl noch jetzt hat
Professor Peter Dorow ein ganz besonderes
Verständnis von seinem Beruf mit den
vielen Facetten.
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ne w sl e t t er der drK-sch w e s t ernsch a f t Ber l in e .V. AUSG A BE I /2011 05
rinnen“ in Mitte und Köpenick. Damit
sollten sie die anderen Einrichtungen
des Unternehmens kennenlernen. Die
Teilnehmerinnen aus der entsprechenden
Klinik stellten dann ihr Haus vor und
gemeinsam mit den Pflegedienstleitungen
führten sie ihre Mitschülerinnen durch
die Einrichtung. Bis auf die Wiegmann
Klinik kamen übrigens die Absolventinnen
aus allen Einrichtungen der DRK-Schwe-
sternschaft Berlin. Für den Aufbau des
Managementkurses mussten gesetzliche
Vorgaben zur staatlichen Anerkennung
beachtetet werden, denn „hier greift
neben dem Berliner Weiterbildungsgesetz
die Weiterbildungs- und Prüfungs-
Bereit für noch mehr Verantwortung
ordnung“ erklärt Dagmar Avital, in der
Schwesternschaft verantwortlich für
den Bereich „Fort- und Weiterbildung“.
Vorgeschrieben sind so eintausend
Stunden Theorie und 457 Stunden
Praktika. „Andererseits legen wir im
Rahmen dieser Vorgaben die Schwer-
punkte auf praktische Führungs- und
Managementfähigkeiten mit dem Fokus
auf Qualitäts- und Veränderungsmanage-
ment“, „Lebenslanges Lernen“ und auch
„Work Life Balance“ wurden als Füh-
rungsaufgaben vermittelt. „Deshalb haben
wir die Teilnehmerinnen vor allem
qualifiziert, Aufgaben bei der Mitarbeiter-
führung und des Projekt- und Prozess-
managements – insbesondere im Rahmen
von Veränderungsprozessen – zu über-
nehmen“, erläutert die Weiterbildungs-
beauftragte. Dass die dafür notwendige
Motivation vorhanden ist, hat
Dagmar Avital schon während der
gemeinsamen zwei Jahre bemerkt:
„Die Teilnehmerinnen dieses Kurses
zeichneten sich durch eine hohe Selbst-
management- und Lernkompetenz aus“.
Anfang April bestanden die 17 ihre
Abschlussprüfungen und das mit guten bis
sehr guten Durchschnittsnoten. Fachtheo-
retische und Sozialwissenschaftliche
Grundlagen wurden abgefragt, in den
mündlichen Prüfungen musste
jede der Kursteilnehmerinnen zu beiden
Fächern die Lösung eines Fallbeispiels
präsentieren, mit einer anschließenden
Befragung. Der Unterricht selbst fand
meist im Konferenzraum der DRK-
Schwesternschaft Berlin in der Mozart-
straße statt. Einige Veranstaltungen
wurden jedoch auch im Westend und
in Mariendorf durchgeführt und je ein
Mal trafen sich die angehenden „Manage-
Der Managementkurs wurde abgeschlossen – mit Erfolg
„Staatlich anerkannte Gesundheits- und Krankenpflegerin für Leitungsaufgaben in Einrichtungen
der Pflege im Gesundheits- und Sozialwesen“ – mit diesem Abschluss dürfen sich nun die Teilnehmerinnen
des Managementkurses schmücken. Zu recht, denn gut 1.500 Stunden Theorie und Praxis liegen hinter
den erfolgreichen Absolventinnen.
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»Es sind die Begegnungen mit Menschen, die das Leben lebenswert machen.« Guy dE Maupassant
hedwig
„Es gibt viele Aufgaben. Und genau diese Herausforderung hat mich gereizt. Außerdem genießen die DRK Kliniken Berlin einen exzellenten Ruf in der medizinischen und pfl egerischen Versorgung. Ich arbeite gern hier.“
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Die Berichterstattung über die DRK Kliniken Berlin war vergangenes Jahr alles andere als positiv. Warum dann Ihr Interesse an einem Engagement als Geschäftsführerin der Kliniken,
was genau hat Sie dazu bewogen?
In den DRK Kliniken Berlin wurden in der Vergangenheit in den
medizinischen Versorgungszentren, den MVZ, administrative
Fehler begangen. So gab es keine vollständige Trennung der Ver-
waltung im stationären und ambulanten Bereich. Auch fehlte
eine räumliche Unterscheidung der Bereiche. Deshalb wird die
Administration jetzt erst einmal restrukturiert und auch profes-
sionalisiert. Wir überprüfen die relevanten Unternehmensver-
träge des Unternehmens, ändern und passen an, falls es eine Not-
wendigkeit dazu gibt. Mit der Kassenärztlichen Vereinigung
Berlin wurde vereinbart, dass wir unsere MVZ nach und nach bis
zum 30. Juni 2011 schließen. Wenn wir unsere vielen Hausaufga-
ben erledigt haben, dann können wir darüber nachdenken, wie-
der ambulante Medizin anzubieten. Es gibt viele Aufgaben. Und
genau diese Herausforderung hat mich gereizt. Außerdem genie-
ßen die DRK Kliniken Berlin einen exzellenten Ruf in der medizi-
nischen und pflegerischen Versorgung. Ich arbeite gern hier.
Was ist hier, in den DRK Kliniken Berlin, anders als
zum Beispiel bei Helios, Ihrem früheren Arbeitgeber?
Die Helios GmbH ist ein deutschlandweit agierender Klinikkon-
zern. Die DRK Kliniken Berlin sind ein mittelständisches Unter-
nehmen in Berlin mit Krankenhausstandorten, die über die
Stadt verteilt sind. Unser Unternehmen ist mit der Stadt ver-
wurzelt und die Kliniken bieten eine gute, wohnortnahe Ver-
sorgung an. Eine tragende Säule der DRK Kliniken Berlin ist zu-
dem das Leitbild der Schwesternschaft, des Trägers, „Menschen
helfen Menschen“. So finde ich es ganz wichtig, dass sich jeder
Mitarbeiter als Teil des Ganzen versteht und dass Verhalten von
Verlässlichkeit, Respekt und Toleranz geprägt ist. Die Würde
des Menschen steht im Mittelpunkt. Im Vergleich zu den großen
Klinikkonzernen haben wir den Vorteil, noch wesentlich
schneller agieren zu können. Somit können wir schnell auf
Chancen reagieren, die sich aufgrund veränderter Situationen
im Gesundheitsmarkt in Berlin ergeben.
Was würden Sie als Ihre Stärken bezeichnen?
Als gelernte Kauffrau habe ich zunächst ein Jahr in der Pflege
gearbeitet und durfte die Abläufe in den Krankenhäusern aus
pflegerischer Sicht kennen lernen. Ich habe dann im Manage-
mentbereich mein Handwerk zunächst als Trainee erworben.
Seit zwölf Jahren bin ich nun in der Leitung von Krankenhäu-
sern tätig. Ich habe lange in Berlin gearbeitet, ich kenne also den
umkämpften Berliner Gesundheitsmarkt sehr gut.
Wo sehen Sie Ihre größten Herausforderungen?
Die DRK Kliniken Berlin haben sich in der Vergangenheit – was
die MVZ anbelangt – nicht regelkonform verhalten und die KV-
Regularien nicht korrekt umgesetzt. Diese systemischen Pro-
bleme der Vergangenheit müssen behoben werden. Dies ist ein
Kraftakt für alle Mitarbeiter im Unternehmen. Zudem haben
wir durch Personalveränderungen in der Verwaltung die
Grundlage für eine Professionalisierung der Administrations-
systeme gelegt.
Was haben Sie sich als Geschäftsführerin vorgenommen? Gibt es eine Zieldefinition?
Es gibt langfristige Ziele. Zum Beispiel, dass die DRK Kliniken Ber-
lin, die auf einer soliden Geschäftsgrundlage stehen, auch nach
außen wieder besser dastehen. Das Image der DRK Kliniken Ber-
»Es gibt viele Aufgaben«
»Es sind die Begegnungen mit Menschen, die das Leben lebenswert machen.« Guy dE Maupassant
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Die Herausforderung habe sie gereizt, meint Jennifer Kirchner, nun ist sie seit
Dezember 2010 Geschäftsführerin der DRK Kliniken Berlin. Über ihre Eindrücke aus den
ersten sechs Monaten sprach die neue Geschäftsführerin mit hedwig
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»nur der Mensch, der sich verstanden fühlt, ist bereit, sich verstehen und führen zu lassen.« EMIL OEsCH
hedwig
lin hat ein Stück weit gelitten unter den administrativen Proble-
men der Vergangenheit. Hier gilt es einen Neuanfang zu wagen.
Und dafür stehe ich auch als Person.
Wie bewerten Sie die Zusammenarbeit mit Ralf Stähler?
Ich kenne Herrn Stähler noch aus der Zeit, als ich als Regionalleite-
rin bei dem bayerischen Klinikkonzern Rhön Kliniken AG war. Er
war im Vorstand der Rhön Kliniken AG und zudem zuständig für
die MVZ. Ich schätze die konstruktive, transparente, die ehrliche
und direkte kommunikative Zusammenarbeit.
Besteht zwischen Ihnen eine Aufgabenteilung?
Ich bin vor allem für die Klinikstandorte Westend, Mitte und Ma-
riendorf verantwortlich. Zudem kümmere ich mich um den wich-
tigen Bereich „Personal“.
Wie gut – oder schlecht – geht es nun den DRK Kliniken Berlin?
Die DRK Kliniken Berlin haben eine solide wirtschaftliche Basis.
Geplante Investitionen und Ausbauten werden vom Träger getä-
tigt. Auch das Land Berlin unterstützt unser Klinikunternehmen.
So haben wir zum Beispiel am 14. Mai am Standort Mitte einen
hochmodernen OP-Trakt mit einem Hybrid-OP-Saal und einer
neuen Rettungsstelle eröffnet: Diese Einheit hat etwa zehn Millio-
nen Euro gekostet, finanziert zur Hälfte aus Landesmitteln.
Hat der Ruf der Kliniken gelitten?
Die DRK Kliniken Berlin genießen in der medizinischen und pfle-
gerischen Versorgung nach wie vor einen hervorragenden Ruf.
Das belegen auch die Patientenzahlen, die sich durch die Ereig-
nisse im vergangenen Jahr nicht verändert haben.
MVZ mussten geschlossen werden, in der „Brabanter Straße“ gab
es personelle Änderungen: Sind weitere Umstrukturierungen geplant?
Wir werden weiter die Prozesse in allen Verwaltungsbereichen
überprüfen und – wenn nötig – neu strukturieren.
Welche Maßnahmen werden aktuell umgesetzt?
Wie mit der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin vereinbart, wer-
den die MVZ an allen Standorten in Mitte, Westend und Köpenick
geschlossen. Für einige Fachgebiete, zum Beispiel die Kinderheil-
kunde und die Strahlenheilkunde im Westend, konnten bereits
Anschlusslösungen entwickelt werden. In ausgewählten medizi-
nischen Bereichen – wie unter anderem der Kardiologie, der Radi-
ologie oder der Neurologie – suchen wir in den DRK Kliniken Ber-
lin | Köpenick nach neuen ambulanten Versorgungsmöglichkeiten.
Sind für die DRK Kliniken Berlin Kooperationen mit
Partnern wie Helios oder Vivantes denkbar?
Konkrete Planungen gibt es zum jetzigen Zeitpunkt im medizi-
nischen oder pflegerischen Bereich nicht. Was jedoch nicht bedeu-
tet, dass wir nicht für Kooperationen aufgeschlossen sind.
Welche Rolle spielt für Sie der Träger, die DRK-Schwesternschaft Berlin?
Der Träger ist zum einen der Eigentümer der Kliniken. Zum ande-
ren werden die Krankenschwestern in unseren Häusern ausgebil-
det, wodurch wir unseren Patientinnen und Patienten eine her-
vorragende pflegerische Versorgung anbieten können. Die
Schwesternschaft versteht sich zudem als moderne, innovative
Einrichtung im Gesundheitswesen – unternehmerisches Handeln
und Gemeinnützigkeit sind Prämissen, mit denen ich mich sehr
gut identifizieren kann.
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ne w sl e t t er der drK-sch w e s t ernsch a f t Ber l in e .V. AUSG A BE I /2011 0 9
2011 ist das „Jahr der Pflege“, auch das „Jahr des Patienten“. Für uns als
Rot-Kreuz-Schwestern und Mitarbeiter der DRK Kliniken Berlin bedarf es an sich
keiner solchen politischen Botschaften: Die Pflege der Patienten in den Kliniken
und die der Bewohner des Pflegeheims ist unsere tägliche Arbeit, damit verbrin-
gen wir den größten Teil des Tages. Wozu ich nun aber diese Proklamation eines
„Jahr der Pflege“ nutzen möchte, ist für einen Appell: Wir alle haben uns auf
das zu konzentrieren, was zählt, nämlich den uns anvertrauten Menschen zu
helfen. Ich möchte damit nicht zu verstehen geben, dass die Qualität der Arbeit
aufgrund der Ereignisse im Juni und September gelitten hat. Ich habe es schon
oft betont: Sie als Mitglieder der DRK-Schwesternschaft Berlin verdienen meinen
Respekt und das Lob der Geschäftsführung. Ihnen ist es gelungen, - durchaus
nachvollziehbare - Vorbehalte und Ängste einiger Patienten zu nehmen. Auch
wenn dies alles Vergangenheit zu sein scheint: die Aufarbeitung wird andauern,
und sie ist keine ausschließlich juristische. Aber sie darf sich auch künftig unter
keinen Umständen auf gewohnte und bewährte berufliche Abläufe auswirken. Im
Unternehmen „DRK Kliniken Berlin“ gibt es unter der neuen Geschäftsführung
Änderungen, strukturell und in der personellen Besetzung. Es sind notwendige
Veränderungen, wir als dafür Verantwortliche prüfen jeden Schritt, wir wägen
jede einzelne Maßnahme gründlich ab. Es geht nicht mehr um die Interessen
Einzelner, sondern um die des gesamten Unternehmens. Es ging und geht noch
immer um die Zukunft der DRK Kliniken Berlin und damit auch um die der DRK-
Schwesternschaft Berlin. Das muss an dieser Stelle in aller Deutlichkeit betont
werden. Wir – und damit spreche ich auch für die Geschäftsführung der Kliniken
– können nicht absehen, welche Entwicklungen uns in den nächsten Wochen
bevorstehen, ob Unternehmen und Schwesternschaft wieder zum Thema der
medialen Berichterstattung werden. Fakt ist, dass wir mit allen relevanten
Stellen in Justiz und Gesundheitsverwaltung kooperieren. Denn auch wir sind
selbstverständlich an der Aufklärung ausnahmslos aller Vorwürfe interessiert.
Oberin Heidi Schäfer-Frischmann
In eigener Sache
ZuwachschsOrdentliche Mitglieder der
DRK-Schwesternschaft seit dem
2. Dezember 2010:
DRK Kliniken Berlin
KöpenickKathleen Beer (1. April)
Christin Henkel (1. April)
Anika Lothert (1. April)
Marleen Ramp (1. April)
Andrea Stabenow (1. April)
Alice Harzmann (1. Mai)
Cornelia Rockstroh (1. Mai)
Nastassja Sallmann (1. Mai)
Pflege &Wohnen MariendorfJennifer Gericke (15. Januar)
Nicole Bayerlein (1. Mai)
Beata Roppel (1. Mai)
MitteStefanie Stüß (1. Januar)
Martina Sander (1. März)
Kathleen Vierck (1. März)
Manja Senf (12. April)
Josefine Winckler (15. April)
Katja Lewetzki (1. Mai)
Melinda Müller (1. Mai)
Marleen Ruske (1. Mai)
Park-Sanatorium DahlemAstrée Oberländer (1. Mai)
WestendJulia Holm (1. April)
Silvia Kagerl (1. April)
Michéle Kluge (1. April)
Sabrina Langner (1. April)
Anusche Riazati (1. April)
Burcu Ugur (1. April)
Eva Decker (1. Mai)
Maria Klemt (1. Mai)
Yasemin Neubauer (1. Mai)
Franziska Sila-Trakoon (1. November)
Beatrice Skalla (1. November)
Anne-Sophie Waider (1. Dezember)
BildungszentrumMartina Kenzler (1. Januar)
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»Eigentlich sollte man einen Menschen nicht bemitleiden, besser ist es, ihm zu helfen.« MaXIM GORKI
hedwig
Kriegsküche, Kinderhort, OP-Saal
Ehrengard von Graevenitz wurde am
15. Juni 1895 in Posen als Tochter eines
preußischen Rittmeisters geboren. Ihre
Kindheit verbrachte sie in Gnesen, später
in Hannover, Oldenburg und schließlich in
Kassel. Im Ersten Weltkrieg half Ehrengard
von Graevenitz in der Kriegsküche und im
Kinderhort, engagierte sich in der kirch-
lichen Gemeindearbeit und führte den
durch die Aufnahme von Kriegsinvaliden
vergrößerten Haushalt. Am 15. Oktober
1931 trat Ehrengard von Graevenitz in den
Gräfin-Rittberg-Schwesternverein vom
Roten Kreuz ein, gleichzeitig begann ihre
Ausbildung zur Krankenschwester, die sie
am 10. September 1934 mit „sehr gut“
abschloss. Danach arbeitete sie zwei Jahre
lang als OP-Schwester im Städtischen
Krankenhaus Fürstenwalde/Spree, bevor
sie 1936 Hausschwester im Rittberghaus
wurde. Als drei Jahre später der Zweite
Weltkrieg ausbrach, wurden viele Schwe-
stern in die Kriegs- und Feldlazarette
abgegeben. Im Auftrag des Roten Kreuzes
wurde Ehrengard von Graevenitz zunächst
als Revierschwester im „Regiment Göring“
in Berlin-Reinickendorf eingesetzt. Später
reiste sie in das Luftwaffen-Lazarett
Elichy-Paris in Frankreich, zwischen
1941 und 1942 mit dem Lazarettzug in den
Balkan und nach Russland. 1944 kehrte
sie ins Berliner Mutterhaus zurück und
übernahm die Stelle der Oberschwester.
Oberin wider Willen
Nach dem Krieg setzte die Alliierte
Militärverwaltung die Oberin des Rittberg-
Schwesternschaft, Ruth Hecker, ab; im
Oktober 1945 übernahm Ehrengard von
Graevenitz kommissarisch dieses Amt,
in das „ich mich nicht gedrängt habe“.
Sie gab sich alle Mühe, der gewachsenen
Verantwortung gerecht zu werden.
Ehrengard von Graevenitz war jedoch
bekümmert, dass es „mir nicht so gelingt,
wie es sein muss. (...) Bei uns hat sich aber in
letzter Zeit in zunehmendem Maße ein
Eigenleben herausgebildet, das zum
Schaden des Ganzen ist. (...) Ich habe oft
darum gebeten, in Ernst und Dringlichkeit,
mich (...) zu unterstützen – Da ich nichts
erreiche, habe ich eingesehen, dass es
keinen Zweck hat und bin deshalb zu dem
Entschluss gekommen, von meinem Posten
zurückzutreten.“ Der Hauptvorstand des
Roten Kreuzes im Amerikanischen Sektor
von Berlin wollte Ehrengard von Graeve-
nitz jedoch nicht einfach ziehen lassen: „Sie
haben unter sehr schwierigen Umständen
seiner Zeit die Leitung des Mutterhauses
übernommen und in den vergangenen
Jahren in dankeswerter Weise die Schwe-
Besucher der Ausstellung der DRK-Schwesternschaft Berlin haben sich bestimmt auch den Film „Ich habe
einen Beruf“ angeschaut, der dort gezeigt wird. Und vielleicht wurde sie auch erkannt, denn in dem Film
hat Ehrengard von Graevenitz einen kleinen Auftritt, bei dem die Oberin sich selbst spielt.
„Und dass ich mich nicht zu dem Amt gedrängt habe“
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ne w sl e t t er der drK-sch w e s t ernsch a f t Ber l in e .V. AUSG A BE I /2011 11
sternschaft geführt. Wir bitten Sie nun-
mehr dieses Amt als die vom Hauptvor-
stand bestätigte Oberin weiter zu führen
und wünschen Ihnen und der Schwestern-
schaft auch fernerhin gutes Gelingen in
dem weiteren Aufbau Ihrer Arbeit“, heißt
es in einem Schreiben vom 8. Januar 1949.
Bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 1963
führte Oberin von Graevenitz die Rittberg-
Schwesternschaft. Dann zog sie in eine eige-
ne Wohnung, von dort aus hielt Ehrengard
von Graevenitz Kontakt zu den Schwestern
des Rittberghauses. Als 1977 das Kranken-
heim am Rittberg-Krankenhaus einge-
weiht wurde, war sie eine der ersten
Bewohnerinnen. „In bewundernswerter
Selbstbeherrschung ertrug sie es, dass ihre
körperlichen Kräfte immer geringer
wurden und sie zeigte bis in die letzten
Lebensstunden Strenge mit sich selber und
Güte gegen die, die sie in dieser Zeit
begleiteten“, heißt es in ihrer Traueranzei-
ge: Vor genau zwanzig Jahren, am 26. Mai
1991, verstarb Ehrengard von Graevenitz.
Ihre letzte Ruhestätte fand sie auf dem
Lichterfelder Parkfriedhof.
In der Reihe „Oberinnen im Porträt“ sind bereits erschienen:
hedwig 01.2007: Elsbeth von Keudellhedwig 02.2007: Anna Maria Luise Scheldhedwig 01.2008: Rose Zirngiblhedwig 02.2008: Hedwig von Rittberghedwig 01.2009: Hertha Jankehedwig 02.2009: Cläre Porthedwig 01.2010: Gerda von Freyholdhedwig 02.2010: Alexandrine von Üxküll-Gyllenband
Hedwig-Newsletter 11 V5.indd 11 04.05.2011 16:20:48
Geschichte erzählen
»Was ein Mensch an Gutem in die Welt hinausgibt, geht nicht verloren « aLBERt sCHWEItZER
hedwig
Seit einem halben
Jahr ist sie geöffnet,
Schwesternschaftsjahre
1875 bis heute. Die Ausstel-
lung der DRK-Schwestern-
schaft Berlin. Einige
hundert Besucher zählte
sie schon, noch immer
ist das Interesse an der
Dauerausstellung spürbar.
Im Eingangsbereich, an
prominenter Stelle, steht
erhöht auf einem Podest
die markante Büste einer
Rot-Kreuz-Schwester.
In der hedwig werden
Geschichten und Hinter-
gründe zu ausgewählten
Exponaten erzählt.
In dieser Ausgabe ist
es die Büste.
Hedwig-Newsletter 11 V5.indd 12 04.05.2011 16:20:51
Von Mutterhaus zu Mutterhaus
Renate Lawrenz wirkte mit an den beiden großen Projekten
„Buch“ und „Ausstellung“ der DRK-Schwesternschaft Berlin.
Die pensionierte DRK-Schwester hat die Geschichte dieses
Schwesternkopfes recherchiert: „Die Rot-Kreuz-Schwesternbüste,
der „Schwesternkopf“, ist als „Anonyme Rotkreuzschwester“
in vielen DRK-Schwesternschaften
zu finden. Der in der Daueraus-
stellung gezeigte Schwesternkopf
stammt aus dem Besitz der
DRK-Schwesternschaft Märkisches
Haus für Krankenpflege, die ihren
Sitz seit 1949 auf dem Gelände der
ehemaligen Werner-Schule vom
Roten Kreuz in Berlin-Lankwitz
hatte, in der Frobenstraße 75-78.
Die Büste war auf einem dunklen
Holzsockel im Empfangs- und
Wartebereich für Gäste und
Besucher aufgestellt und sie stand dort bis zum August 1987.
Nach Fertigstellung des Umbaus und mit dem Umzug der
Schwesternschaft auf das Gelände der ehemaligen DRK-Schwe-
sternschaft Luisen-Cecilienhaus in die Mozartstraße 37 wurde
der Schwesternkopf in der Empfangshalle der Schwesternschaft
wieder aufgestellt. Nach der Renovierung der Eingangshalle, um
2004, verwahrte man die Büste dann an anderer Stelle. Die Büste
wurde von Oberin Ottilie Schäfer modelliert, die von 1934 bis
1946 Oberin der DRK-Schwesternschaft Lübeck war. Das Original
in Bronze befindet sich auf dem Gedenkstein für Generaloberin
Elisabeth Tomitius (1889 bis 1945) auf dem Schwesternfeld der
Düsseldorfer Schwesternschaft auf dem Stoffelner Friedhof.
Oberin Ottilie Schäfer (1889 bis 1971) arbeitete anfangs als
Bildhauerin, wahrscheinlich hat sie dann um 1920 den Weg in
den Pflegeberuf gesucht. Sie war später in leitenden Funktionen
in Städtischen Krankenanstalten tätig, bevor sie Mitglied in einer
DRK-Schwesternschaft wurde. Ottilie Schäfer musste 1946 aus
politischen Gründen ihr Oberin-Amt abgeben und wurde als
„Ruhestandsoberin“ in der Liste des Verbandes der DRK-Schwe-
sternschaften geführt. Sie lebte in Frankfurt/Main, dort ist wohl
auch die Schwesternbüste entstanden. Weitere der von ihr
geschaffenen Plastiken befinden sich in der Werner-Schule in
Göttingen und in der DRK Schwesternschaft Lübeck. Zudem
schuf Oberin Schäfer Ende 1939 gemeinsam mit Georg Kolbe den
Steinaufbau für das Ehrenmal der Lübecker Schwesternschaft
auf dem Friedhof Lübeck-Vorwerk. Auch in der DRK-Schwestern-
schaft Georgia-Augusta findet sich ein Exponat, wahrscheinlich
als ein persönliches Geschenk der Künstlerin an Maliese von
Bechtholsheim, die ab 1954 als Oberin diese Schwesternschaft
leitete. Weitere Werke Ottilie Schäfers wurden 1986 dem
Max-Kolbe-Museum in Berlin von
einer Bekannten der Künstlerin
geschenkt, auch in der Hand-
schriftenabteilung der Staatsbib-
liothek Berlin finden sich Teile
des Nachlasses von Ottilie Schäfer.
Die Büste zeigt die DRK-Schwester
Hertha tom Suden (1913, verstorben
wahrscheinlich als Pensionärin in
der DRK-Schwesternschaft „Über-
see“ Marburg). Sie war ab 1930
Schwesternschülerin, heiratete
nach dem Examen, die Ehe wurde
geschieden und Hertha tom Suden trat 1936 wieder in die
Rot-Kreuz-Schwesternschaft ein. Sie war in Lübeck ab 1945
Unterrichtsschwester im Krankenhaus Süd, wechselte in die
DRK-Schwesternschaft „Übersee“e.V. und übernahm als Oberin
die Leitung im Prinz Ruprecht Heim in Swakopmund, Namibia.
Später war Herta tom Suden in Bonn beim Generalsekretariat
für die Ausbildung der Schwesternhelferinnen zuständig.“
Ernst Barlach, einer derbekanntesten deutschen Bildhauer,
wurde übrigens gebeten, den künstlerischen Wert dieses
Schwesternbüste zu beurteilen. Sie solle sich besser dem Kranken-
schwesterberuf widmen, beschied Barlach Ottilie Schäfer.
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in den DRK Kliniken Berlin | Westend, Haus S, Eingang Nord Zugang über Spandauer Damm 130 oder Fürstenbrunner Weg. Weitere Informationen zur Ausstellung finden Sie im Internet unter www.drk-schwesternschaft-berlin.de
Schwesternschaftsjahre 1875 bis heute. Die Ausstellung der DRK-Schwesternschaft Berlin
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1875
BIS HEUTE
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»Ein Ziel ist ein traum mit termin« HaRVEy MaCKay
hedwig
Oder es gibt Mutter oder Vater, auf die
eines dieser Kriterien zutrifft. 15 Millionen
von über 80 Millionen – bunte Republik
Deutschland. Gut jeder sechste Bürger ist
demnach einer mit Migrationshintergrund.
In den Großstädten gerade im Westen der
Republik ist das Verhältnis „mit – ohne“
ein anderes als zum Beispiel in der Prignitz
oder auf Rügen. Berlin selbst, die deutsche
Hauptstadt, war und ist nicht erst seit dem
Großen Kurfürsten ein Schmelztiegel der
Kulturen; der Berliner Dialekt ist nur ein
Ergebnis dieser Mischung. Holländer,
Franzosen, später Polen und Russen zog es
in die Stadt. Heute stammen die Vorfahren
vieler Berliner aus der Türkei, den Balkan-
staaten, aus dem Nahen Osten oder
Nordafrika. Aus nahezu jedem UNO-Mit-
gliedsstaat kommen die Bewohner der
Stadt, fast 900.000 Einwanderer leben laut
Migrationsbericht des Statistischen
Landesamtes hier, vor allem in Neukölln,
Kreuzberg, Wedding und Spandau.
Natürlich besitzen auch in der DRK-Schwes-
ternschaft Berlin viele Mitglieder einen
Migrationshintergrund. Vor mehr als
vierzig Jahren wurden die ersten Mit-
glieder aus anderen Kulturkreisen auf-
genommen. Damals waren es Schwestern,
die auf den Philippinen geboren wurden.
Mittlerweile tragen bei uns in den DRK
Kliniken Berlin Schwestern aus Amerika
und Afrika, Asien und aus vielen Ländern
Europas die Rot-Kreuz-Brosche. Ist unsere
Schwesternschaft ein „Multikulti-Verein“?
Es ist nahezu unmöglich, allein mit den
verfügbaren Personaldaten eine Zuord-
nung zu treffen. Hier zum Beispiel den
Nachnamen als Indikator zu verwenden,
ist schwierig und würde zu falschen
Ergebnissen führen - Frau Maier kann
ihren Familiennamen ebenso durch Heirat
bekommen haben wie ihre Kollegin Frau
Sahin. Nehmen wir die Berlin-Statistik,
so können wir dennoch davon ausgehen,
dass ein Fünftel der aktiven Mitglieder
„Multikulti“ sind; von rund achthundert
Rot-Kreuz-Schwestern wären es demnach
mehr als einhundert.
Die bekannten Probleme im Neben- und
Miteinander der Kulturen, die gibt es in der
Schwesternschaft nicht. Spannungen, die
im täglichen Beisammensein entstehen,
haben immer eine andere Ursache als in
den Unterschieden im Glauben oder der
Kultur. Entscheidend für den Erfolg im
Beruf sind bei uns nicht Herkunft und
Religion, sondern Engagement und Einsatz
– bei gleicher Chancenverteilung. Die
Integration im Verein funktioniert, die
Gemeinschaft „Rot-Kreuz-Schwestern-
schaft“ ist intakt. Nicht, weil sich alle
Mitglieder zur Satzung der Schwestern-
schaft und natürlich den Grundsätzen
des Roten Kreuzes bekennen (sollen).
Es geht vielmehr um das gleiche Ziel,
nämlich den Menschen zu helfen, die
Pflege und Zuwendung brauchen. Pflege
ist universell, jedoch mit Unterschieden
in den einzelnen Kulturen.
Dass die DRK-Schwesternschaft von ihrer
kulturellen Vielseitigkeit profitieren kann,
liegt auf der Hand. Inter- und transkultu-
relle Pflege der Patienten wird in den
DRK Kliniken Berlin längst praktiziert.
Die Schwestern erkennen und respektieren
kulturelle Besonderheiten des ihnen
anvertrauten Menschen, er wird auf
Wunsch anders versorgt als sein Zimmer-
nachbar – aber nicht besser, nicht
schlechter, eben nur anders.
Aus aller Frauen Länder
15 Millionen Bewohner unseres Landes haben einen „Migrationshintergrund“ – sie sind also nicht in Deutschland geboren, besitzen nicht die bundesdeutsche Staatsangehörigkeit oder sie wurden eingebürgert
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ne w sl e t t er der drK-sch w e s t ernsch a f t Ber l in e .V. AUSG A BE I /2011 15
Wer bin ich? Ihre Heimat ist Deutschland. Ihre Wurzeln haben sie in Polen, Togo, Schottland und Bulgarien.
Die vier Rot-Kreuz-Schwestern leben seit vielen Jahren in Deutschland, hier in Berlin. Sie kommen aus unter-
schiedlichen Kulturkreisen, aber eines verbindet sie: Sie fühlen sich geteilt zwischen der alten und ihrer neuen
Heimat. Als Deutsche wollen sich die Vier nicht unbedingt bezeichnen, sie verstehen und fühlen sich vielmehr
als Europäerinnen. Mit Vorbehalten wegen ihrer Herkunft gehen sie alle gelassen um. Sie wissen genau,
dass letztendlich die Qualität ihrer Arbeit entscheidend ist für die Anerkennung im Beruf und nicht, wo das
Land ihrer Vorfahren liegt: „Letztendlich ist es doch egal, ob man aus dieser Ecke der Welt kommt oder
aus einer anderen“, meint eine der DRK-Schwestern.
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»Es gibt nichts Wichtigeres auf der Welt, als die Menschen zum nachdenken zu bringen.« sIGMund GRaFF
hedwig
Wo andere Urlaub machen
Vitscheva. Das ist der Mädchenname von
Kalinka Guder, ihren deutschen Nachna-
men hat sie vom Ehemann angenommen.
Vor dreizehn Jahren verließ sie für ihn die
bulgarische Heimat und lebt seitdem in
Berlin. „Als ich hier ankam, da wurde ich so
liebevoll aufgenommen – von der Familie,
von Freunden und Bekannten meines
Mannes“, erinnert sich Kalinka Guder. Sie
nennt es eine „wunderschöne Chance“, ihre
Ausbildung zur Krankenschwester an den
DRK Kliniken Berlin | Köpenick.
Auch hier war die Bulgarin willkommen,
„alle haben sich Mühe gegeben, dass ich
mich schnell integriere“. Vieles erschien
so anders als in Varna, ihrer alten Heimats-
stadt, einiges fiel der Neu-Berlinerin schwer.
Knapp zwei Jahre nach dem Umzug kam
die Tochter zur Welt, „alle haben mir
geholfen“. Nicht nur die Familie und
die Freunde, auch die neuen Kollegen im
Krankenhaus unterstützten sie. In dieser
für Kalinka Guder schwierigen Anfangszeit
sagte keiner zu ihr „wenn es so ist, dann
gehen Sie doch wieder zurück“. Sie begann
schnell, sich wohl zu fühlen, heimisch eben.
Ihre alte Heimat besucht sie so oft wie
möglich, drei Mal im Jahr fliegt sie ans
Schwarze Meer. Aber Kalinka Guder muss
zugeben: „Dort ist es anders geworden“, als
ob man nicht mehr so richtig dazugehört.
Als ob sie weder Bulgarin wäre, noch eine
Deutsche. „Wir bleiben auf der Strecke“,
beschreibt sie dieses Gefühl, ohne dabei
traurig oder resigniert zu wirken. Dafür
fühlt sie sich hier einfach zu gut aufgeho-
ben. Eine wohl typisch deutsche Eigenart
hatte sie im Klinikalltag bald kennen
gelernt, „wenn die Patienten merken, dass
sie vor fünf Minuten ihre Tabletten hätten
bekommen müssen, dann klingeln sie
sofort“. Alles in Deutschland müsse perfekt
geregelt sein, erklärt sie lachend, auch die
Arbeit einer Krankenschwester. Die es
in Bulgarien übrigens so nicht gibt, denn
dort haben die Angehörigen die Pflege des
Patienten zu übernehmen – rund um die
Uhr, 24 Stunden am Tag.
Die Schwestern in einer bulgarischen
Klinik erledigen nur den medizinischen
Teil der Behandlung, sie nehmen zum
Beispiel Blut ab oder verabreichen
Infusionen.
Dass deutsche Patienten ihr wegen der
Herkunft ausweichen, komme zwar vor,
„aber ich nehme die Menschen so wie sie
sind, gibt es Probleme, schicke ich eine
Kollegin, die übernimmt für mich.“ Und
Kalinka Guder weiß: Die meisten ihrer
Patienten interessiert es nicht, wer sie
pflegt, sie wollen einfach nur gesund
werden. Dennoch seien viele neugierig,
sie fragen nach, woher die Rot-Kreuz-
Schwester komme. Und oft bekommt
Kalinka Guder dann zu hören: „ach
Bulgarien, da war ich schon im Urlaub“.
Schwester Kalinka 46 Jahre, geboren in Varna, Bulgarien
Krankenschwester in den
DRK Kliniken Berlin | Köpenick
Die meisten ihrer Patienten interessiert es nicht, wer sie pfl egt, sie wollen einfach nur gesund werden.
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ne w sl e t t er der drK-sch w e s t ernsch a f t Ber l in e .V. AUSG A BE I /2011 17
Ehrengard von Graevenitz (1895 bis 1991), Oberin der Rittberg-Schwesternschaft
Häuptling mit Rot-Kreuz-Brosche
Immer, wenn sie ihre Familie in Afrika
besucht, dann spürt Jeanne-Ayoko Abbey:
„ich bin fast eine Deutsche“. Und dann fehlt
ihr die deutsche Gemütlichkeit, auch das
Alleinsein und Ausspannen ist dort fast
unmöglich. Schwester Jeanne nämlich
wurde vor gut fünf Jahren zum Häuptling
ihres Heimatdorfes gewählt. Für sie war
es eine große Überraschung, und sie merkte
schnell, welche große Verantwortung ihr
mit dem Amt übertragen wurde. Hier
in Berlin sind es die Patienten, deren Pflege
der Rot-Kreuz-Schwester anvertraut wird.
Fünftausend Kilometer weiter südlich
leben ihre Angehörigen und Freunde;
Dorfbewohner, um deren Sorgen und
Wünsche sich der Häuptling Jeanne-Ayoko
zu kümmern hat, ist sie dort zu Besuch.
Drei Mal im Jahr fliegt sie nach Westafrika.
Sie ist zur Pendlerin zwischen zwei sehr
unterschiedlichen Kulturen geworden,
und doch ähneln sich die Probleme der
Menschen in Deutschland und Togo.
„Wir sind immer bei dir, in deinem
Herzen“, bekommt Jeanne Abbey zu hören,
wenn sie die afrikanische Gelassenheit und
Fröhlichkeit vermissen lässt, weil ihre
Gedanken bei der anderen Heimat sind.
Vor fast vierzig Jahren kam sie nach Berlin,
zusammen mit der Schwester fand Jeanne
Abbey Arbeit in einem Krankenhaus in
Moabit. Aber sie spürte die Ablehnung.
Es war das „Anderssein“, was einigen der
deutschen Kollegen missfiel, auch ihre
direkte Art kam nicht immer gut an.
Die Afrikanerin litt darunter sehr.
Ihre Cousine stellte sie eines Tages im
Rittberg-Krankenhaus vor. Oberin Liesel
Scheld nahm sich viel Zeit für ein Gespräch,
sie interessierte sich sehr für die Probleme
der Migrantin. Beide einigten sich auf
ein Probehalbjahr, dann begann die
Ausbildung zur Krankenpflegehelferin.
Jeanne Abbey bestand das Examen, „mit
der Sprache: das war gar nicht so einfach“.
Die lernte sie dann doch und sie absolvierte
ab 1981 ihre Ausbildung in Allgemeiner
Krankenpflege. „Überall wurde ich gut
aufgenommen, habe ich etwas nicht
verstanden, dann hat mir jeder geholfen“,
erinnert sie sich an die Zeit damals.
Aber nicht alle ihre Patienten scheinen
so tolerant und aufgeschlossen zu sein
wie die Kollegen in den DRK Kliniken.
„Eine Patientin war sehr abweisend, die
wollte nicht von mir angefasst werden“.
Die Krankenschwester akzeptiert es, es
gäbe nun mal Sympathie und Antipathie.
Nur wenn es um ihre Hautfarbe geht,
„dann verstehe ich keinen Spaß“.
Sie kann nichts dafür, dass sie so aussehe,
„der liebe Gott hat mich so geschaffen“.
Und das zu begreifen, sollte doch nicht
so schwer sein.
Schwester Jeanne 57 Jahre, geboren in aného, togo
Krankenschwester in den
DRK Kliniken Berlin |Westend
„Eine Patientin war sehr abweisend, die wollte nicht von mir angefasst werden“.
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Ehrengard von Graevenitz (1895 bis 1991), Oberin der Rittberg-Schwesternschaft
»persönlichkeiten werden nicht durch schöne Reden geformt, sondern durch arbeit und eigene Leistung.« aLBERt sCHWEItZER
hedwig
Spree-Athen statt Down Under
1988 hieß Beata Roppel noch Beata
Stankiewicz, sie war Aussiedlerin, kam aus
der polnischen Hafenstadt Danzig nach
West-Berlin. Die geteilte Stadt sollte für die
21Jährige eigentlich nur eine Zwischen-
station bleiben „ich wollte nach Adelaide,
aber für die Ausreise nach Australien fehlte
mir das nötige Geld“. Für ihren Traum hätte
Beata Roppel 200.000 Australische Dollar
vorweisen müssen. Oder einen in Down
Under gefragten Abschluss, zum Beispiel
den einer Fachfrau für Konditorei oder in
Informatik. Das konnte sie nicht, „und da
habe ich mir gesagt: okay, ich bleibe in
Berlin“. An den DRK Kliniken Berlin | Mitte,
die damals noch DRK Krankenhaus Mark
Brandenburg-Abteilung Drontheimer
Straße hießen, begann sie eine Ausbildung
zur Krankenpflegehelferin.
Gleich nach dem Abschluss bekam
Beata Roppel eine Stelle im Krankenheim
Mariendorf, nebenbei absolvierte sie nun
die Altenpflegeausbildung. Mit ihrer
polnischen Herkunft passte sie gut in das
Mariendorfer „Multikulti-Team“ – hier
arbeiteten Kollegen, die aus Frankreich
kamen, aus Italien, Afrika und Asien.
Vorbehalte und Ressentiments, die
bekommt sie von den Mitarbeitern nie
zu spüren. Natürlich gab und gibt es
Reibereien, „aber das hat doch zwischen-
menschliche Ursachen und nichts damit
zu tun, dass man aus dieser Ecke der Welt
kommt oder einer anderen“, meint die
Rot-Kreuz-Schwester und sie ergänzt:
„jeder von uns hat seine Meinung“.
Mit ihren Kollegen in den DRK Kliniken
Berlin Pflege & Wohnen Mariendorf hat die
gebürtige Polin nie Schwierigkeiten, anders
als mit einigen Bewohnern. Wie mit dem
älteren Mann.
Als der erfuhr, dass Beata Roppel aus
Polen kommt, „war er nicht mehr nett
zu mir“. Sie akzeptiert es einfach, und
wenn jemand ausfallend werden sollte,
dann schickt sie eben die Kollegin.
Nach zwei Jahrzehnten Deutschland
ist die Sehnsucht nach der ersten Heimat
noch immer groß, „dort wurde ich
sozialisiert, bin zur Schule gegangen,
habe erste Freunde gefunden und bekam
als Kind Normen und Werte vermittelt“.
Und hält sie es dann überhaupt nicht
mehr aus, dann steigt Beata Roppel ins
Auto, in nur sechs Stunden ist sie an der
polnischen Ostsee. Zwei Jahrzehnte
Deutschland haben „ihre Spuren“
hinterlassen, besucht sie zum Beispiel
Danzig, so stört sie dort einiges – „ich bin
doch schon ein bisschen deutsch gewor-
den“. Pünktlichkeit, Genauigkeit, das
manchmal Überkorrekte der Deutschen.
Es ist ansteckend, „aber nicht im
negativen Sinne“.
Schwester Beata43 Jahre, geboren in danzig, polen
Altenpflegerin in den DRK Kliniken Berlin
Pflege & Wohnen Mariendorf
Und hält sie es dann über-haupt nicht mehr aus, dann steigt Beata Roppel ins Auto, in nur sechs Stunden ist sie an der polnischen Ostsee.
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ne w sl e t t er der drK-sch w e s t ernsch a f t Ber l in e .V. AUSG A BE I /2011 19
Jenseits von Schottland
Schon Schwester Evas Nachname klingt
multikulturell: Wilson-Kheri, Gälisch in
Kombination mit Kisuaheli. Den zweiten
Teil des Namens hat sie vom Ehemann,
einem Kenianer. Ihr erster Familienname
verrät die Herkunft – Britannien, Schott-
land. Eva Wilson-Kheri kann man durchaus
als Weltensammlerin bezeichnen.
Der Vater, ein Botschafter, nahm seine
Familie mit auf seine Dienstreisen
rund um den Globus.
Ihr Krankenpflege-Examen legte Eva
Wilson-Kheri noch in Schottland ab, die
Bundesrepublik erkannte dies erst nach
langem bürokratischen Kampf an, trotz
der Mitgliedschaft beider Staaten in der
Europäischen Gemeinschaft. Die Kranken-
schwester ging nach Frankreich, sie
arbeitete im British Hospital in Paris und
musste hier dennoch ausschließlich auf
Französisch sprechen, wie auch im nächsten
Krankenhaus, das sich im schweizerischen
Lausanne befand. Westeuropa kannte Eva
Wilson-Kheri nun gut, jetzt stand sie vor
der Wahl: in die Vereinigten Staaten, nach
Texas, weiterzuziehen oder in die andere
Richtung, nach Südafrika.
Sie entschied sich für den südlichsten
Rand des afrikanischen Kontinents.
Südafrika im Jahr 1973, mitten in der Zeit
der Apartheid. Hautfarbe und Herkunft
unterteilten die Südafrikaner in Bürgern
mit unterschiedlichen Rechten. Für vier
Jahre wurde das Land trotzdem zur neuen
Heimat, „das Schicksal hat mich nach
Afrika geführt“, denn hier lernte sie ihren
Mann kennen. Afrika, das ist für Schwester
Eva ihr Ort der Sehnsucht, „der Menschen-
schlag gefällt mir sehr gut, dort fühle ich
mich aufgehoben“. Sie will später dorthin
zurückkehren, – „so Gott will“ – sie möchte
sich in der Entwicklungshilfe engagieren
und ist schon jetzt für „Operation Smile“ –
einer weltweit tätigen Kinderhilfsorganisa-
tion – auf dem Schwarzen Kontinent aktiv.
Aus dem Apartheidstaat kam sie ins geteilte
Berlin. Eva Wilson-Kheri bewarb sich bei
alliierten Krankenhäusern, ohne Erfolg,
„die brauchten keine erfahrene OP-
Schwester“. Anders als deutsche Kliniken.
Jedoch um dort zu arbeiten, musste sie
Deutsch lernen, „mir fehlten anfangs
die richtigen Vokabeln, aber ich konnte
alles gut verstehen und mich auch
verständigen“. Heute fällt es ihr manch-
mal schwer, von der deutschen in die
englische Sprache „umzuschalten“.
Ihre Mehrsprachigkeit wird gern in
Anspruch genommen, den Surveyern
von der Joint Commission zum Beispiel
half sie als Dolmetscherin. „In Berlin hört
man oft alle möglichen Sprachen, nur
Deutsch nicht. Das finde ich gut, das
fasziniert mich so an dieser Stadt“.
Haben Sie ähnliche Erfahrungen gemacht?
Wie ist Ihre Meinung zum Thema
„Schwesternschaft und Migration“?
Schreiben Sie uns, Auszüge aus
Ihren Mails veröffentlichen wir in der
nächsten Ausgabe der hedwig.
hedwig@drk-schwesternschaft-berlin.de
Schwester Eva60 Jahre, geboren in Edinburgh, Großbritannien
Krankenschwester in den DRK Kliniken Berlin | Mitte
„In Berlin hört man oft alle möglichen Sprachen, nur Deutsch nicht. Das finde ich gut, das fasziniert mich so an dieser Stadt“.
Hedwig-Newsletter 11 V5.indd 19 04.05.2011 16:21:52
»Ich kann nicht zu anderen ufern vordringen, wenn ich nicht den Mut habe, das alte zu verlassen.« andRÉ GIdE
hedwig
Jetzt aberPerfektion verhindert die Vollendung, heißt es. Jede inhaltliche Formulierung wurde kritisch geprüft,
alle Motive genau unter die Lupe genommen. Jetzt aber ist sie endlich gedruckt - die Broschüre
der DRK-Schwesternschaft Berlin. Etwas vorschnell wurde in der letzten hedwig das Erscheinen der
Publikation verkündet - es gab eben dann doch noch Änderungen. Aber die Mühe hat sich gelohnt,
entstanden ist eine hochwertige Broschüre, die dem Leser die Rot-Kreuz-Schwesternschaft
vorstellt und auch über die Einrichtungen informiert. Im Juni bekommt jedes Mitglied der DRK-
Schwesternschaft Berlin ein Exemplar zugesandt. Bestellt werden kann die Broschüre
auch unter info@drk-schwesternschaft-berlin.de oder 3035-5450.
Musterschüler MariendorfPlötzlich standen sie vor der Tür, die MDK-Prüfer, die sich kurz vor Ostern
die DRK Kliniken Berlin | Pflege & Wohnen Mariendorf ansehen wollten.
Es sollte jedoch mehr als nur ein kurzer Besuch werden. Denn der
„Medizinische Dienst der Krankenkassen“ untersuchte und bewertete die
Betreuungs- und Lebensqualität in der Einrichtung. Nach einem festen
Bewertungssystem vergaben die Prüfer Pflegenoten. Geprüft wurden die
„Pflege und medizinische Versorgung“, der „Umgang mit demenzkranken
Bewohnern“, die „soziale Betreuung und Alltagsgestaltung“, „Wohnen,
Verpflegung, Hauswirtschaft und Hygiene“. Zusätzlich befragten die MDK-
Mitarbeiter die Bewohner des Pflegeheims. Die Ergebnisse aller dieser Prü-
fungen waren mehr als zufriedenstellend: Drei Mal gab es ein „1,0“,
je ein Mal ein „1,1“ und „1,2“. Mit der Gesamtnote „1,1“ schloss Pflege
& Wohnen Mariendorf die MDK-Prüfung ab und lag damit deutlich über dem
Notendurchschnitt von über zweihundert geprüften Pflegeheimen Berlins.
Alles neu macht der MaiJetzt wurde er auch offiziell eröffnet - einer der modernsten OP-Trakte
Berlins. Zu finden ist er in der Drontheimer Straße, in den DRK Kliniken Berlin
Mitte. Am 14. Mai begrüßte Oberin Heidi Schäfer-Frischmann als Vorsitzende
des Trägers der DRK Kliniken Berlin die ersten Gäste. Gemeinsam mit Klinik-
Geschäftsführer Ralf Stähler und Peter Dorow, dem Ärztlichen Leiter des
Weddinger Krankenhauses, hielt sie ihre Eröffnungsrede. Auch die Politik
hatte sich zur Feier angemeldet, Senatorin Katrin Lompscher und Bezirks-
bürgermeister Christian Hanke freuten sich wie auch all die anderen Gäste
über das neue OP-Zentrum. Mit dem OP-Trakt öffnete übrigens nun auch die
Erste Hilfe offiziell. Eine ausführliche Berichterstattung zur Eröffnungsfeier
finden Sie in der zweiten Jahresausgabe der hedwig.
Hedwig-Newsletter 11 V5.indd 20 04.05.2011 16:22:02
Nach 31 Jahren für die DRK Kliniken Berlin ging Ursula Völz in den RuhestandWenn die gesamte Familie den Arbeitsplatz der Mutter
aufsucht, dann muss der Anlass dafür ein ganz besonderer
sein. Und das war er auch: Kinder, Schwiegersöhne und die
Enkeltochter kamen ins Westend, um mit Ursula Völz den
Beginn eines neuen Lebensabschnittes zu feiern. Denn nach
über dreißig Jahren beendete sie Ende März 2011 ihre Karrie-
re in den DRK Kliniken Berlin. Jetzt wartet auf Ursula Völz
der wohlverdiente Ruhestand.
Mit Überredungskunst zur Schwesternschaft
Die DRK Kliniken Berlin
Westend waren ihre letzte
berufliche Station, hier empfing
die Bald-Pensionärin ihre Gäste
zur offiziellen Verabschiedung.
Nicht nur die Angehörigen
erschienen, auch viele der nun
ehemaligen Kollegen wollten
sich persönlich bei Ursula Völz
für die gemeinsame Zeit
bedanken. Einige von ihnen
kennen sie seit ihrem ersten
Arbeitstag. Der war im April
1980, erst wenige Monate zuvor
war Ursula Völz mit dem Mann
und den beiden Töchtern aus
der DDR nach West-Berlin
ausgereist. Eher zufällig stieß sie
kurz nach der Ankunft auf eine
Anzeige in der B.Z., das DRK-
Krankenhaus Jungfernheide
schrieb dort die Stelle einer
Krankenschwester aus. Die
ne w sl e t t er der drK-sch w e s t ernsch a f t Ber l in e .V. AUSG A BE I /2011 21
Ein Abschied mit vielen Geschenken und einigen Tränen
Neu-Bundesbürgerin bewarb
sich, und sie wurde angenom-
men. Drei Jahrzehnte „DRK
Kliniken Berlin“ folgten, für
Ursula Völz eine berufliche
Erfolgsgeschichte. Zwei Jahre
nach ihrer Festanstellung trat
sie in die DRK-Schwesternschaft
Berlin ein: „Gut kann ich mich
erinnern, wie viel Überredungs-
kunst ich brauchte, um sie, liebe
Schwester Ursula, zum Eintritt
in den Verein zu bewegen“,
verriet eine der Weggefähr-
tinnen der „ersten Stunde“,
Oberin Heidi Schäfer-Frisch-
mann. Mit ihrer Rede eröffnete
die Vorsitzende der Berliner
Rot-Kreuz-Schwesternschaft die
Abschiedsveranstaltung, das
Verhältnis zu ihrer Kollegin ist
über die Jahre zu einem ganz
besonderen geworden. „Wir
haben gerechnet, beraten,
geplant, wir waren fröhlich,
verärgert, wir haben uns
Ernannte Ursula Völz zum Ehrenmitglied im „Förderverein Kunst in den DRK Kliniken Berlin | Westend“: Professor Ernst Kraas
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gestritten, uns wieder vertra-
gen, waren oft der gleichen
Meinung, manchmal auch
nicht“, beschrieb die Oberin
ihre Beziehung. Beide, Oberin
und PDL, lernten sich im
Oktober ´80 kennen, da über-
nahm Heidi Schäfer-Frisch-
mann die Leitung des Pflege-
dienstes in der „Jungfernheide“.
Die spätere Vorsitzende der
Schwesternschaft war es auch,
die der Kollegin die Weiterbil-
dung zur PDL vermittelte. Vor
genau zwanzig Jahren konnte
Ursula Völz dann das im
PDL-Lehrgang Gelernte in der
Praxis anwenden, sie wurde
Stellvertretende Pflegedienst-
leitung im Krankenhaus
Jungfernheide. Als dann die
DRK-Schwesternschaft Berlin
das Westend übernahm, da
durfte Ursula Völz sich mit dem
Arbeitsplatz vertraut machen,
an dem sie bis März 2011 zu
finden war: Hier arbeitete sie
zunächst als stellvertretende
Pflegedienstleitung, dann
kamen kurze Intermezzi in
gleicher Position im Rittberg-
Krankenhaus und der Kinderkli-
nik. In Köpenick, im Osten der
Stadt, wartete auf Ursula Völz
eine besondere Aufgabe: Nach
der Übernahme der Salvador-
Allende-Klinik durch die
Berliner Schwesternschaft
„konnten nur Sie hier die
entscheidende Integrationsfigur
sein, Ursula Völz als Vermittle-
rin zwischen Ost und West
sozusagen“ erinnerte sich Oberin
Heidi Schäfer-Frischmann; ein
Vierteljahr blieb Ursula Völz
übrigens in Köpenick. 1996
schließlich wurde Ursula Völz
für den Standort Westend
– inklusive der „Pulsstraße“ –
die Pflegedienstleitung übertra-
gen. Knapp zehn Jahre später
kam eine weitere Aufgabe
hinzu, die pflegerische Leitung
der neu erworbenen Wiegmann
Klinik, 2007 dann noch ein
weiteres Krankenhaus – das
Park-Sanatorium Dahlem. Für
Ursula Völz stellte die gewach-
sene Verantwortung kein
Problem dar, nur selten habe sie
sich aus der Ruhe bringen
lassen, verriet die Oberin den
knapp hundert gekommenen
Gästen.
»Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe.«
hedwig
„Als ich 1980 meine Tätigkeit in diesemUnternehmen aufnahm, hätte ich mir nicht träumen lassen, einmal so einen Tag hier zu erleben“
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Zehn von 372 Monaten DRK Kliniken
Nach Frau Oberin Schäfer-
Frischmann sprach mit Ralf
Stähler ein Kollege, der noch
kein Jahr mit ihr zusammenar-
beitete. Zehn Monate waren es
ganz genau, „was sagenhafte 2,7
Prozent sind, also ein margina-
les und zu vernachlässigendes
Nichts“, rechnete der Kliniken-
Geschäftsführer mit einem
Augenzwinkern vor. Aber trotz
der kurzen gemeinsamen Zeit
ließ er es sich nicht nehmen, als
Redner aufzutreten. Einerseits
sah es Ralf Stähler in seiner
Funktion als Geschäftsführer als
Verpflichtung an, eine ver-
diente Mitarbeiterin, die
zugleich noch im Vorstand des
Gesellschafters sitzt, öffentlich
zu danken. Nichts habe er in der
Zeit aus dem Bereich Pflege im
Westend gehört. Für ihn war es
ein sehr gutes Zeichen, denn „es
bedeutet nur, dass die überall
auftauchenden Probleme gelöst
wurden und dies offenkundig
so, wie ich Sie kennen gelernt
habe – nämlich ruhig, verläss-
lich und professionell“. Und
auch das war Ursula Völz:
fröhlich, zugewandt, neugierig.
So beschrieb sie der dritte
Redner, Ralph Schoeller, er ist
Chefarzt an der Klinik für
Innere Medizin. Vor 15 Jahren
lernten sich beide kennen,
schon vor dem Eintreffen ins
Westend eilte ihr damals der
gute Ruf voraus, „die Oberin
schickt eine ihrer besten Kräfte
im Stall“, erinnerte sich der
Mediziner. Und die Neue sollte
die Erwartungen auch erfüllen,
Ralph Schoeller schilderte den
Zuhörern, wie sehr ihn das
Auftreten und die Arbeit der
Westend-PDL beeindruckt
haben. Trotz der vielen großen
Projekte und mancher Pro-
bleme: „unsere Ursula Völz habe
ich in dieser Zeit immer
freundlich, zugewandt, nie
hektisch oder überfordert
erlebt, vor allem aber außeror-
dentlich gut informiert,
geradezu detailliert informiert“.
Wegen Menschen wie Ursula
Völz arbeite er so gern hier in
den DRK Kliniken, bekannte
Doktor Schoeller, und fügte hin-
zu, „darum bin ich stolz darauf,
für diese Schwesternschaft tätig
zu sein“.
„Ich beginne jetzt meinen neuen Lebensweg“
Dagmar Meinhardt, Abteilungs-
leiterin der Stationen 26/29 wie
auch der Kardiologischen
Funktionsdiagnostik im
Westend, ihre unmittelbare
Vorgesetzte ist die PDL, bislang
also Ursula Völz. Für alle
Pflegekräfte in den DRK
Kliniken Berlin | Westend, der
Wiegmann Klinik
und für die des
Park-Sanatorium
Dahlem übernahm
Dagmar Meinhardt
die Verabschie-
dung von der
Kollegin und
Chefin; eine
Aufgabe, die sie
gern erfüllte.
„Abschiedsworte
müssen so kurz
sein wie eine
Liebeserklärung“,
zitierte sie Fontane.
Und sollte sich
dennoch nicht an die selbstge-
stellte Vorgabe halten. Die
Rot-Kreuz-Schwester fand nur
Lobendes, „Man kann mit Fug
und Recht sagen, dass Du einen
richtig guten Job gemacht hast“.
Nicht immer sei der Alltag in
der Klinik ein Spaziergang,
zitierte Dagmar Meinhardt ihre
Kollegin, „aber zum Glück
hatten wir Dich an unserer
Seite“, den „Fels in der Bran-
dung“. „Mach´s gut und bleib uns
stets wohlgesonnen“ gab sie
ihrer „Ursel“ mit auf den Weg.
Ganz zum Schluss trat dann sie
an das Rednerpult, für die
dieser Empfang am 23. März aus-
gerichtet wurde. „Als ich 1980
meine Tätigkeit in diesem
Unternehmen aufnahm, hätte
ich mir nicht träumen lassen,
einmal so einen Tag hier zu
erleben“, verkündete sichtlich
bewegt Ursula Völz. Und sie
wusste, bei wem sie sich zu
bedanken hatte: „Danke an Sie,
Frau Oberin, die das Vertrauen
in mich setzte, Leitungstätig-
keiten der verschiedenen
Ebenen zu übernehmen“, und
ergänzte: „wie wäre es aber
geworden, ohne meine Wegbe-
gleiter, den Schwestern und
Pflegern, den Ärzten, den
Verwaltungsmitarbeitern, der
Geschäftsleitung bis hin zu den
technischen und hauswirt-
schaftlichen Mitarbeitern und
nicht zu vergessen, meiner
Sekretärin“. Im Hörsaal der DRK
Kliniken Berlin | Westend
finden fast täglich Veranstal-
tungen statt. Aber es gab bislang
nur sehr wenige, die so emotio-
nal waren wie die Verabschie-
dung von Ursula Völz. Viele
Geschenke bekam sie, es flossen
aber auch einige Tränen.
„Tschüss, ich beginne jetzt
meinen neuen Lebensweg“, so
verabschiedete sie sich offiziell
von ihren Kollegen.
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Über das Frühjahr
Lange bevor
Wir uns stürzten auf Erdöl, Eisen und Ammoniak
Gab es in jedem Jahr
Die Zeit der unaufhaltsam und heftig grünenden Bäume.
Wir alle erinnern uns
Verlängerter Tage
Helleren Himmels
Änderung der Luft
Des gewiss kommenden Frühjahrs.
Noch lesen wir in Büchern
Von dieser gefeierten Jahreszeit
Und doch sind schon lange
Nicht mehr gesichtet worden über unseren Städten
Die berühmten Schwärme der Vögel.
Am ehesten noch sitzend in Eisenbahnen
Fällt dem Volk das Frühjahr auf.
Die Ebenen zeigen es
In aller Deutlichkeit.
In großer Höhe freilich
Scheinen Stürme zu gehen:
Sie berühren nur mehr
Unsere Antennen.
Herausgeber:DRK-Schwesternschaft Berlin e.V.Mozartstraße 37, 12247 BerlinTelefon 030-3035-5450Telefax 030-3035-5473www.drk-schwesternschaft-berlin.dehedwig@drk-schwesternschaft-berlin.de
Verantwortlich:Doreen FuhrDRK-Schwesternschaft Berlin e.V.
Redaktion und Gestaltung:Brille und Bauch Agentur für Kommunikationwww.brilleundbauch.de
Bildnachweis: DRK-Schwesternschaft Berlin e.V. Brille und Bauch Agentur für KommunikationDRK Kliniken Berlin Daniel FlascharHolger GroßPixelio.de
BERTOLT BRECHT wurde am 10. Februar 1898 in Augsburg als Sohn eines Fabrikdirektors geboren. Nach dem Abitur studierte er in München Medizin. 1923 wurde Brecht Dramaturg an den Münchener Kammer-spielen, ein Jahr später am Deutschen Theater. Noch im gleichen Jahr ließ er sich als freier Schriftsteller in Berlin nieder.
1928 wurde seine „Dreigroschenoper“ uraufgeführt – mit großem Erfolg, dieses Stück ließ ihn weltberühmt werden. Nach der Machtergreifung der Nazis floh er über Österreich in die Schweiz, nach Dänemark, England, Schweden, in die Sowjetunion und die USA. Seine Jahre im Exil erwiesen sich als erfolgreichste Schaf-fungsperiode, in der er viele wichtige Stücke wie „Der kaukasische Kreidekreis“ schrieb.
Brecht kehrte 1947 nach Europa zurück. Zunächst blieb er in der Schweiz. Da ihm die Einreisegenehmigung nach Westdeutschland von den alliierten Behörden verweigert wurde, übersiedelte Brecht nach Ost-Berlin. Dort gründete er das Berliner Ensemble unter der Leitung Helene Weigels. 1949 bis 1956 inszenierte er eigene Stücke und errang internationalen Ruhm. Bertolt Brecht starb am 14. August vor 55 Jahren. Bei der Beerdigung wurde, wie er es sich gewünscht hatte, nicht gesprochen. Zusammen mit seiner 1971 verstorbenen Frau Helene Weigel liegt er auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof begraben.
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