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HILFEBEDARF VON MENSCHEN MIT BEHINDERUNG IM BEREICH „WOHNEN“ (H.M.B.-W)
Ursprung – Intentionen – Inhalte - Methodik
DR. HEIDRUN METZLER
„H.M.B.“ BEDEUTET
„Hilfebedarf von Menschen mit Behinderung“� im Lebensbereich „Wohnen und Freizeit“ (H.M.B.-W.)
� im Lebensbereich „Arbeit/Beschäftigung/Tagesgestaltung“(H.M.B.-T.)
URSPRUNG
Gutachtenauftrag 1998:
„Wie können „Gruppen von Hilfeempfängern mit vergleichbarem Hilfebedarf“ gemäß § 93a BSHG gebildet werden?“
(§ 76 SGB XII: „Gruppen für Leistungsberechtigte mit vergleichbarem Bedarf“)
ENTWICKLUNG
1998:erste Fragebogenkonzeption1999:Erprobung in Baden-Württemberg
(n=1.000) – Anpassung des Fragebogens
2000:Erprobung in Rheinland-Pfalz(n=1.000) – Ergänzung durch
ZeiterfassungAnpassung des Fragebogens
2001:Auswertung der Anwendung –Anpassung Fragebogen (5/2001)
UMSETZUNG
-Ab 2000 Einführung nach und nach in vielen Bundesländern
-Basis 1: Landesrahmenverträge mit Leistungstypen und Bedarfsgruppen
-Basis 2: Selbsteinschätzung der Bedarfsgruppenzuordnung durch Leistungserbringer
-Basis 3: „Umrechnung“ der Einrichtungsbudgets
PROBLEMATIK „UMRECHNUNG“
Beispiel:Wohnheim mit 10 PlätzenPro Platz Vergütung von 100.- €/Tag.
�10 Personen Bedarfsgruppe 2: Maßnahmepauschale Gruppe 2: 100.- €
�10 Personen Bedarfsgruppe 5:Maßnahmepauschale Gruppe 5: 100.- €
TEIL 2
FACHLICHE INTENTIONEN� Keine Orientierung an „Behinderung“ im Sinne von „Schädigung/ Beeinträchtigung“
� Grundlage ICF: „Aktivitäten und Teilhabe“
FRAGESTELLUNGEN
�Nicht: „Wie schwer ist die Behinderung?“
�Sondern:
„Inwieweit hat eine Person teil an – gesellschaftlich üblichen –Lebensbereichen und Alltagsaktivitäten?
Was ist zu tun, um ihre Teilhabemöglichkeiten zu erweitern?
FRAGESTELLUNGEN
�Nicht: „Was hat eine Einrichtung oder ein Dienst zu bieten?“
�Sondern:
„Welches Leben möchte die Person führen – was ist ihr wichtig/nicht so wichtig?“
METHODISCHER AUFBAU
Aktivitäts-/ Teilhabebereiche
ÜBERGEORDNETES ZIEL: „VERBESSERUNG DER FUNKTIONALEN GESUNDHEIT“
„Aktivitätsprofil“Erforderliche Unterstützung
Ziele/Wünsche
„AKTIVITÄTEN/TEILHABE“
ICF
Alltägliche Lebensführung Haushalt
Individuelle Basisversorgung Selbstversorgung
Gestalten sozialer Beziehungen Interpersonelle Interaktionen und Beziehungen
Teilnahme am kulturellen und gesellschaftlichen Leben
Gemeinschafts-, soziales und staatsbürgerliches Leben
Kommunikation und Orientierung Mentale FunktionenSinnesfunktionenEmotionale und psychische
Entwicklung
Gesundheitsförderung (auf seine Gesundheit achten)
AKTIVITÄTEN/TEILHABE – BEREICH „WOHNEN“
SKALIERUNGEN: „AKTIVITÄTSPROFIL“ UND „UNTERSTÜTZUNGSBEDARF“
SKALIERUNG: „AKTIVITÄTSPROFIL“
Eine Person
„Kann“
„Kann mit Schwierigkeiten“
„Kann nicht“�Beobachtbares Handeln
�Fähigkeiten/Ressourcen
�Gelegenheiten
BEISPIEL:
Eine Person geht nicht einkaufen („kann nicht“)
-weil sie es nicht „kann“
-weil es keine Einkaufsmöglichkeiten in der Umgebung gibt
-weil sie die Notwendigkeit nicht sieht, ihr das nicht wichtig ist
SKALIERUNG: „UNTERSTÜTZUNGSBEDARF“
Version 5/2001
Keine Unterstützung erforderlich/ gewünscht
Information/Assistenz/ Hilfestellung
Stellvertretende Ausführung/ Begleitung
Intensive Förderung/ Anleitung/ umfassende Hilfestellung
ERGEBNISSE
Feststellung des qualitativen Bedarfs:
„In welchen Bereichen benötigt Herr/Frau X Unterstützung in welcher Form?“
ERGEBNISSE
Feststellung des quantitativen Bedarfs:
„Übersetzung“ der Unterstützungsbedarfe in Punktwerte
GRUPPENBILDUNG
Gruppendifferenzierung:
- 38 Punkte: Gruppe 1
39 - 76 Punkte: Gruppe 2
77 - 114 Punkte: Gruppe 3
115 - 152 Punkte: Gruppe 4
153 - 188 Punkte: Gruppe 5
VORGEHEN
Information des betroffenen Menschen und ggf. der gesetzlichen Betreuer
Einladung zur Teilnahme
Kein „Abarbeiten“ des Fragebogens, sondern Gespräch
Nutzen von/Einbetten in Hilfeplanungen
Sicherung der Objektivität durch Beteiligung mehrerer Personen
Auswertung (Punkte) erst nach Abschluss der Erhebung (Auswertungsraster nicht in Erhebung einbeziehen!)
ANFORDERUNGEN TEILHABEPLANUNG
ZIELPERSPEKTIVE: „INKLUSION“
Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens anerkennen das
gleiche Recht aller Menschen mit Behinderungen, mit
gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der
Gemeinschaft zu leben, und treffen wirksame und geeignete
Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen den vollen
Genuss dieses Rechts und ihre volle Einbeziehung in die
Gemeinschaft und Teilhabe an der Gemeinschaft zu
erleichtern (Art. 19, UN-Behindertenrechtskonvention)
Die Realität:
�Nach wie vor große Bedeutung familiärer Betreuung
�Drei „Säulen“ familienergänzender oder -ersetzender Hilfen: stationäre, ambulante und offene Hilfen
�Vorrang stationärer Betreuung mit bundesweit höchst unterschiedlichen Standards
�Sozialpolitischer Trend zum Ausbau ambulanter Hilfen
STATISTISCHE BEFUNDE – BADEN-WÜRTTEMBERG
KVJS: Fallzahlen und Ausgaben in der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für 2010
STATISTISCHE BEFUNDE – BADEN-WÜRTTEMBERG
KVJS: Fallzahlen und Ausgaben in der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für 2010
STATISTISCHE BEFUNDE
Quelle: Statistisches Bundesamt 2012: Statistik der Sozialhilfe 2009
STATISTISCHE BEFUNDE
Leistungsbereiche der Eingliederungshilfe
STATISTISCHE BEFUNDE
Orte der Leistungserbringung
Interpretation der Befunde:
�„Teilhabe konzentriert sich nach wie vor auf Teilhabe am System der Behindertenhilfe“
(vgl. Gertrud Hanslmeier-Prockl (2009): Teilhabe von Menschen mit geistiger Behinderung)
Wer formuliert „neue Erwartungen an Teilhabe“?
�Sozialhilfeträger:
„effiziente und effektive Leistungserbringung“
�Menschen mit Behinderung:
Selbstbestimmung, individuelle Lebensführung, bürgerrechtliche Anerkennung, „Inklusion“
�Wissenschaft:
verändertes Verständnis von Behinderung:
„Behinderung konstituiert sich im Horizont dynamischer Wechselwirkungen zwischen individuellen Beeinträchtigungen (Gesundheitsproblemen) und sozialen und materiellen Umweltfaktoren“
Politische Akteure/ Verwaltungen
Die ASMK-Prozesse (seit 2007)
ASMK 2007/2008:
Stärkung von Selbstbestimmung , Eigenverantwortung und Selbsthilfepotentialen ,
Annäherung der Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderungen an die allgemeinen Lebensbedingungen (Wohnen in eigener Wohnung, Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, Vorrang ambulanter Leistungen vor stationären Leistungen),
Zielorientierte Gestaltung der Zugänge zum Teilhabesystem durch individuelle Teilhabeplanungen , lokale Koordination und Planung von Teilhabestrukturen
Verbesserte Steuerung und Wirkungskontrolle durch die Kostenträger, um eine am individuellen Bedarf orientierte Hilfe zu sichern,
Leistungsgewährung , die sich am individuellen Teilhabebedarf des Menschen mit Behinderung orientiert und nicht mehr auf Leistungsform, Leistungsort und Leistungsanbieter abstellt,
ASMK 2009
�Entwicklung zu einer personenzentrierten Teilhabeleistungdurch eine stärkere Berücksichtigung der individuellen Bedarfe und Beachtung des Selbstbestimmungsrechtes der Menschen mit Behinderungen,
…
�Da die Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe ihre volle Wirkung nur dann entfalten kann, wenn sie sozialräumlich unterstützt wird, ist … bedeutsam, die inklusive Sozialraumgestaltung zu fördern. Sie beauftragen die Bund-Länder-Arbeitsgruppe, insbesondere mit den Kommunalen Spitzenverbänden Handlungsstrategien zum Auf- und Ausbau eines inklusiven Sozialraumes zu erarbeiten.
ASMK 2010
Grundanliegen des Reformvorhabens ist es,
Teilhabemöglichkeiten und Leistungen der
Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen und
deren Angehörige in Übereinstimmung mit der VN-
Konvention weiterzuentwickeln. Es ist nicht Ziel des
Reformvorhabens, Teilhabemöglichkeiten und Leistungen der
Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen und deren
Angehörige einzuschränken, zu ihrem Nachteil zu kürzen oder
wegfallen zu lassen.
Ziele:
�Bedarfsermittlung und Hilfeplanung zugunsten einer teilhabeorientierten und personenzentrierten Eingliederungshilfe weiterentwickeln
�den Konversionsprozess von einem an Leistungsformen orientierten zu einem personenzentrierten Unterstützungssystem voran zu treiben
�Auflösung der Grenzen zwischen stationär und ambulant
http://www.deutscher-verein.de/05-empfehlungen/behinderung-Teilhabe/Empfehlungen_zur_Bedarfsermittlung_und_Hilfeplanung_in_der_Eingliederungshilfe_fuer_Menschen_mit_Behinderungen/
Empfehlungen des Deutschen Vereins zurBedarfsermittlung und Hilfeplanung in der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen(Juni 09)
(DEUTSCHER VEREIN)
Grundsätze:
�Ergebnisoffene Bedarfsfeststellung und Hilfeplanung (Personenzentrierung)
�Zielorientierung (des betreffenden Menschen)
�ICF- Bezug (insbesondere Kontext, der bedarfserhöhend oder -mindernd wirken kann)
�Ressourcenorientierung
DEFINITION „BEDARF“
„Ein Bedarf besteht, wenn erwünschte und angemessene
Teilhabeziele behinderungsbedingt nicht ohne Hilfe erreicht
werden können“.
Erforderlich für Bedarfsfeststellungen sind Instrumente, die
„die Lebenslage des jeweiligen Menschen mit einer Behinderung
zumindest in den für die Feststellung des Hilfebedarfs in der
Eingliederungshilfe relevanten Bereichen abbilden.“
DEFINITION „HILFE-/ TEILHABEPLANUNG“
„In dem Verfahren der Hilfeplanung, das in einen Hilfeplan
mündet, werden Leistungen anhand festgestellter Bedarfe
festgelegt. Der Hilfeplan dient den Leistungsträgern als
Grundlage einer Entscheidungsfindung über individuelle
Hilfeleistungen in quantitativer und qualitativer Hinsicht. “
…HILFEPLANUNG SETZT AN
� an Kontextfaktoren: � lassen sich Kontextfaktoren beeinflussen?� lassen sich Kontextfaktoren nutzen?
.. und beschreibt teilhabeorientierte Leistungen
� Persönliche Unterstützung
� Unterstützung des Umfelds
� Sicherstellen von Rahmenbedingungen der Unterstützung
RELEVANT SIND FÜR HILFE-/ GESAMTPLANVERFAHREN …
die persönliche Einbeziehung des Leistungsberechtigten
die Analyse der individuellen lebensfeldbezogenen Fähigkeiten als Ausgangspunkt für Bedarfsermittlung
eine lebensfeldbezogene Darstellung der Bedarfe als Grundlage der Leistungsempfehlung
die Berücksichtigung vorrangiger Leistungsansprüche und die Vernetzung der Leistungen
die Vereinbarung und Überprüfung individueller lebensfeldbezogener Ziele
die Eingruppierung in Bedarfsgruppen
die Auswahl des geeigneten Anbieters
eine Verknüpfung mit den Sozialberichten zur einzelfallbezogenen Steuerung und Qualitätsprüfung und als Grundlage für Folgebewilligungen
(BAGüS 2007)
ANFORDERUNGEN I
Prozessstandards der Bedarfsfeststellung/Hilfeplanung: � Partizipation der Leistungsberechtigten
� Zielorientierung („lebensfeldbezogene Ziele“)
� Regelmäßige Evaluation
„Vorbilder“: LVR, Rheinland-Pfalz, Hessen
ANFORDERUNGEN IILebensfeldbezug:
� Kategorien der „Aktivitäten und Teilhabe“ (ICF)
FAZIT
Hilfe-/Teilhabeplanung erfordert einen erweiterten Blickwinkel:
Nicht nur die Behinderung/Einschränkung der Person spielt eine Rolle, sondern auch ihre gesamte Lebenssituation (soziales Netzwerk, materielle und immaterielle Ressourcen, persönliche Haltung etc.)
Kontakt bei Fragen:
Dr. Heidrun MetzlerUni TübingenForschungsstelle Z.I.E.LKeplerstr. 272074 TübingenHeidrun.metzler@uni-tuebingen.de
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