hochleistungsfertigungs- verfahren für produkte von · 18–19 hydromill · entwicklung der...
Post on 17-Sep-2018
222 Views
Preview:
TRANSCRIPT
BENCHWERK
Informationsplattform Hochleistungsfertigungsverfahren
für Produkte von morgen
www.benchwerk.de
Hochleistungsfertigungs-verfahren für Produkte von morgenErgebnisse von 14 Verbundprojekten
Inhalt
4–5 Impressum/Vorwort
6–7 Über die Informationsplattform
8–9 ETurbo · Funkenerosive und elektrochemische Hochleistungsendbearbeitung von feingegossenen und generativ hergestellten Turbolader-Turbinenrädern aus Gamma-Titanaluminid für den Automobilbau
10–11 GeWinDe · Effizientes Gewinde-Wirbeln durch synchrones Drehen
12–13 HiPer-LS · Ressourceneffizientes und reproduzierbares Hochleistungs-Laser-Sintern zur Herstellung von Kunststoffbauteilen
14–15 HLProKet · Entwicklung einer Hochleistungsprozesskette für die Großserienfertigung
16–17 HoFePro · Hochleistungsverfahren zur Herstellung von Profilnuten
18–19 HydroMill · Entwicklung der 5-Achs-Abrasivstrahl-Schruppbearbeitung zur effizienten Bearbeitung von Hochleistungswerkstoffen
20–21 IPROM · Innovative Prozesskette zur Massivteilfertigung aus einem neuartigen Leichtbaustahl
22–23 KombiFin · Kombinierte Finishtechnologien für Produkte von morgen
24–25 MultiForm · Entwicklung eines Hochleistungsfertigungsverfahrens zur simultanen Umformung von faserver-stärkten Kunststoffen mit Metallblechen für leichte und zuverlässige Bauteile in Karosserie und Fahrwerk
26–27 PROGEN · Hochproduktive generative Produktherstellung durch laserbasiertes hybrides Fertigungskonzept
28–29 SchwerSpan · Hochleistungsfräsen schwer zerspanbarer Werkstoffe
30–31 SmartStream · Intelligente Bearbeitung durch die Verwendung schaltbarer Fluide
32–33 UltraCaulk · Ultraschallunterstütztes Umformen und Verstemmen
34–35 ULTRASPAN · Hochleistungsbearbeitung von schwer spanbaren Werkstoffen durch hybride ultraschallunter-stützte Zerspanung
Innovative Fertigungstechnologien für neue Produkte
Die globale Wettbewerbssituation stellt deutsche Unternehmen vor immer größere Herausforderungen. Der internationa-
le Markt verlangt nach Produkten, die sowohl kostengünstig und effizient als auch umweltverträglich hergestellt werden.
Innovative Fertigungstechnologien sind dafür eine wesentliche Voraussetzung. Um aber auch zukünftig wirtschaftlich und
wettbewerbsfähig zu produzieren, müssen diese Fertigungstechnologien in ihrer Leistungsfähigkeit stetig gesteigert und
für eine effiziente Produktion weiterentwickelt und optimiert werden.
Der Einsatz von Hochleistungsfertigungsverfahren stärkt die Produktionskompetenz am Wirtschaftstandort Deutschland.
Um die Entwicklung neuer Produktionstechnologien zu unterstützen, hat das Bundesministerium für Bildung und For-
schung (BMBF) mit seiner Bekanntmachung „Hochleistungsfertigungsverfahren für die Produkte von morgen – Technolo-
gieinnovationen auf dem Weg zur intelligenten Fertigung“ vom 28. Februar 2013 einen Ideenwettbewerb initiiert. Gefragt
waren innovative Lösungen und Konzepte, die sich hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit deutlich vom Stand der Technik
abheben. Es wurden insgesamt 14 Verbundprojekte zur Förderung ausgewählt. Der Startschuss für die Projekte, in denen
mehr als 100 Forscher aus Industrie und Wissenschaft zusammengearbeitet haben, fiel am 1. August 2014. Technologi-
sche Weiterentwicklungen in den Bereichen trennender, umformender und generativer Fertigungsverfahren bildeten die
Forschungsschwerpunkte.
Nach mehr als drei Jahren Forschungsarbeit liegen die Ergebnisse nun vor und werden in dieser Broschüre in einem kurzen
und kompakten Überblick präsentiert. Die dargestellten Beispiele für kooperativ entwickelte Fertigungstechnologien
zeigen Lösungen für die Zukunft des Produktionsstandortes Deutschland auf. Wegweisende Ergebnisse wurden insbeson-
dere für Anwendungen im Maschinen- und Werkzeugbau, im Bereich des Automobilbaus und für die Luftfahrzeugtechnik
erzielt. Für Fragen und weitere Informationen sowie einen weiteren Einblick in alle Projektergebnisse stehen Ihnen die
aufgeführten Ansprechpartner gern zur Verfügung.
Impressum
Die in dieser Broschüre aufgeführten Verbundprojekte wurden mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Programms „Forschung für die Produktion von morgen“ im Förderschwerpunkt „Hochleistungsfertigungsverfahren für die Produkte von morgen – Technologieinnovationen auf dem Weg zur intelligenten Fertigung“ gefördert und vom Projekt-träger Karlsruhe betreut. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt beim Autor (Verbundprojektkoordinatoren und rubicondo).
Weitere Informationen zu den Verbundprojekten erhalten Sie unter: www.benchwerk.de
KontaktadresseProjektträger KarlsruheKarlsruher Institut für Technologie (KIT)Standort DresdenHallwachsstraße 301069 Dresden
Ansprechpartnerin für den Förderschwerpunkt:Ulrike Kirsten
Redaktion und Gestaltungrubicondo – Agentur für Kommunikation und ProjektmanagementDr. Claudia WeiseRossertblick 1865817 Eppstein BildnachweisFotolia, Verbundprojekte und Benchwerk
Oktober 2017
4 5
Über die InformationsplattformDie Informationsplattform Benchwerk informiert über die
vom BMBF geförderten Forschungsvorhaben. In den
14 Verbundprojekten arbeiten 84 Unternehmen und 17 For-
schungseinrichtungen zusammen. Das Benchwerk verfolgt
das Ziel, Interesse für die vielfältigen Forschungsarbeiten zu
wecken und einen leichten Zugang zu Informationen und
Ansprechpartnern aus den Projekten zu ermöglichen. Auf
diese Weise trägt die Plattform dazu bei, den Weg von der
Forschung in die industrielle Anwendung zu bereiten.
Die Internetpräsenz dient als Drehscheibe für Informationen
rund um die Forschungsprojekte. Aktuelle Forschungsergeb-
nisse, Pressemeldungen sowie Veranstaltungshinweise und
-berichte sorgen für ein abwechslungsreiches Informations-
angebot. Unter dem Dach vom Benchwerk ist zudem eine
neue Veranstaltungsreihe enstanden – die Tagung „Prozess-
kette im Automobilbau“. Nach zwei erfolgreichen PiA-Tagun-
gen – im Mai 2016 und im Juli 2017 – soll diese Veranstal-
tung auch über die Laufzeit der Projekte hinaus im jährlichen
Rhythmus stattfinden. In den beiden PiA-Veranstaltungen
haben verschiedene Benchwerk-Projekte über ihre Ergebnis-
se berichtet. Dabei standen fertigungsrelevante Themen der
Automobilindustrie im Fokus. Diese Branche stellt einen der
wichtigsten Anwender der Benchwerk-Ergebnisse dar.
Um Interessenten einen schnellen Einstieg in die vielfältigen
Projektthemen zu ermöglichen, sind für jedes Vorhaben die
weiterentwickelten Fertigungsverfahren, die eingesetzten
Materialien sowie die potenziellen Anwender ausgewiesen.
Die Einteilung sieht folgendermaßen aus:
1. nach Fertigungsverfahren:
• Additive Verfahren
• Hybride Verfahren: Trennen + Additiv sowie Umformen +
Additiv
• Trennen/Abtragen
• Umformen
2. nach Werkstoffen
• Aluminium
• CFK (carbonfaserverstärkter Kunststoff)
• Keramik
• Kunststoffe
• Leichtbaustahl
• Metalle
• Nickel
• Stahl
• Titan
3. nach Anwendern des Verfahrens
• Automobilbau
• Energie
• Luftfahrt
• Maschinenbau
• Medizintechnik
• Werkzeugbau
Kontakt
Ulrike Kirsten
Projektträger Karlsruhe (PTKA)
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Standort Dresden
Hallwachsstraße 3
01069 Dresden
Telefon: 0351 463-31411
E-Mail: ulrike.kirsten@kit.edu
Obwohl die 14 Verbundprojekte in den verschiedensten
Bereichen der Fertigungstechnik geforscht haben, sind
einige grundsätzliche Innovationsansätze ähnlich. So spielt
beispielsweise die Prozessintegration eine wichtige Rolle.
Herkömmliche Verfahren werden durch neue, kürzere Pro-
zesse ersetzt. Dazu sind zum einen Weiterentwicklungen
und Kombinationen etablierter Verfahren und zum ande-
ren innovative Prozesskettenregelungen erforderlich. Diese
Regelkonzepte verknüpfen das Verfahrens-Know-how mit
einer intelligenten Analyse von Betriebsdaten und leisten
auf diese Weise auch einen wichtigen Beitrag zur autono-
men Serienfertigung im Sinne von Industrie 4.0.
Zudem spielte der Einsatz von Ultraschall zur Unterstüt-
zung von etablierten Fertigungsverfahren eine wichtige
Rolle. Neue Verfahren zur Bearbeitung von anspruchsvollen
Werkstoffen, wie z.B. Titan- und Nickellegierungen, die
Entwicklung hybrider Verfahren – Integration von additi-
ven Fertigungsverfahren in etablierte Produktionsprozesse
– oder Ansätze für die Umsetzung von Leichtbaukonzepten
bildeten weitere Schwerpunkte.
Weiterführende Informationen sind auf
www.benchwerk.de zu finden.
6 7
Motivation
Durch den Einsatz von Abgas-Turboladern verbrauchen
Verbrennungsmotoren weniger Kraftstoff und produzieren
weniger Abgase. Damit Turbolader-Turbinenräder zukünftig
noch leistungsfähiger sind, sollten sie höheren Temperaturen
standhalten können und noch leichter sein. Intermetallisches
Gamma-Titanaluminid ist hierfür der ideale Werkstoff. Bislang
fehlen aber Fertigungsverfahren, die eine wirtschaftliche
Endbearbeitung von TiAl-Turbolader-Turbinenrädern zulassen.
Die Herausforderungen ergeben sich vor allem aus der schwer
zugänglichen, filigranen Strömungsgeometrie sowie aus den
speziellen Materialeigenschaften.
Innovation
Funkenerosive und elektrochemische Fertigungsverfahren,
die keine mechanische Energieeinkopplung, sondern direkt
elektrische Energie in der Prozesszone für einen Material-
abtrag am Bauteil nutzen, sind nahezu prozesskraftfrei
und können metallische Werkstoffe unabhängig von ihrer
Härte gut bearbeiten. Dies sind, bezogen auf den Anwen-
dungsfall Titanaluminid-Turbinenräder, klare Vorteile ge-
genüber den etablierten spanenden Fertigungsverfahren.
Das Projektziel bestand daher darin, funkenerosive und
elektrochemische Hochleistungsfertigungsverfahren zu
entwickeln, die sich durch eine gesteigerte Leistungsfähig-
keit und eine werkstoffspezifisch optimierte Verfahrens-
technologie auszeichnen. Im Fokus der Entwicklungsarbei-
ten standen dabei 3-D-Senkverfahren für die abtragende
Endbearbeitung der Flügelgeometrie sowie drahtbasierte
Verfahren für die abtragende Außenkonturbearbeitung der
Turbinenräder.
Bei der Herstellung von endkonturnahen Bauteilrohlin-
gen aus Titanaluminid sollten die beiden urformenden
Fertigungsverfahren Feingießen und additive Fertigung
zum Einsatz kommen, um den Bearbeitungsaufwand für
die nachfolgenden abtragenden Fertigungsverfahren auf
ein Minimum zu reduzieren. Diese prozesskettengerechte
Abstimmung von Rohteilfertigung und Endbearbeitung
ebnet den Weg für eine wirtschaftliche Fertigung von Pkw-
Turboladern mit leistungsstarken und energieeffizienten
Turbinenrädern aus Gamma-Titanaluminid.
Kontakt
Dr. Marcus Hlavac
Robert Bosch GmbH
Robert-Bosch-Campus 1
71272 Renningen
Telefon: 0711 811-33689
E-Mail:
marcus.hlavac@de.bosch.com
Funkengarde
ETurbo – Funkenerosive und elektrochemische Hochleistungsend-bearbeitung von feingegossenen und generativ hergestellten Turbola- der-Turbinenrädern aus Gamma-Titanaluminid für den Automobilbau
Verfahren
Anwender
Werkstoffe
Werkzeugbau
Titan
Ti
Trennen
Automobil Energie Luftfahrt
Ergebnisse
Umfangreiche Bearbeitungsversuche gaben Aufschluss
über den Einfluss und die Wechselwirkung von Prozess-
parametern bei der elektrisch-abtragenden Bearbeitung
von Titanaluminid. Die hohe Geometriekomplexität der
Turbinenradflügel stellte eine große Herausforderung für das
Werkzeugdesign dar. Mithilfe von Simulationstechnik gelang
es, diese Komplexität gut zu beherrschen und die Entwick-
lungszeit für die benötigten Werkzeugelektroden deutlich
zu reduzieren.
Neues Verfahren punktet mit minimalen Prozesszeiten
Die prototypische Fertigung der Turbolader-Turbinenräder
aus Titanaluminid in der angestrebten Endqualität verlief
erfolgreich. Die erzielten Oberflächenqualitäten und Formab-
weichungen im Bereich weniger Mikrometer unterstreichen
dabei die besonderen Fähigkeiten der elektrochemischen
und funkenerosiven 3-D-Senkbearbeitung. Die Minimierung
der Prozesszeiten vom Stundenbereich in den Minutenbe-
reich macht die entwickelten Verfahren für diesen Anwen-
dungsfall unschlagbar.
Einen wichtigen Beitrag dazu leisten zwei neu entwickelte
Bearbeitungstechnologien auf dem Gebiet der drahtbasier-
ten Verfahren. Die erste Neuentwicklung ist die Multi-Cut-
Technologie. Sie ist eine Weiterentwicklung des bekannten
Drahterosionsverfahrens durch eine Modifikation der Draht-
kontaktierung und des Entladungsgenerators. Mit ihr lassen
sich bis zu drei Werkstücke mit einem Bearbeitungsdraht
parallel erodieren, sodass sich die Prozesszeit pro Bauteil
wesentlich verkürzt. Die zweite Neuentwicklung besteht in
einem elektrochemischen Drahtverfahren, das eine pro-
zesskraftfreie und thermisch unbeeinflusste Schnitt- und
Konturbearbeitung von Werkstücken ermöglicht. Zudem ist
eine Parallelisierung des Prozesses mithilfe dieses elektro-
chemischen Verfahrensprinzips prinzipiell machbar. Auch sie
hätte eine zeitgleiche Bearbeitung mehrerer Werkstücke und
damit eine signifikante Prozesszeitreduzierung zur Folge.
Fehlerfreie Turbinenradflügel mit einer Stärke von unter
einem Millimeter
Die Technologiegrenzen des Feingießens von Gamma-Titan-
aluminid-Werkstoffen konnten ebenfalls deutlich erweitert
werden. So gelang erstmals die fehlerfreie Herstellung von
Turbinenradflügeln mit einer Stärke von deutlich unter
einem Millimeter. Dies bedeutet, dass für die Nachbearbei-
tung nur geringste Aufmaße verbleiben. Im Hinblick auf eine
große Produktvarianz bietet die additive Fertigungstechnik
die höchste Flexibilität. Die durchgeführte Prozessentwick-
lung mit dem Fokus auf der Verarbeitung von Pulverwerk-
stoffen erlaubt nun auch eine wirtschaftliche Herstellung
von Kleinserien mit dieser Technologie.
Zusammenfassend stellt jedes der entwickelten Hoch-
leistungsbearbeitungsverfahren für sich eine Steigerung
der Produktivität dar. Im Zusammenspiel innerhalb einer
Prozesskette entfalten sie jedoch ihr volles Potenzial – eine
Innovation, von der Unternehmen der Automobilindustrie
ebenso wie der Energietechnik, der Luftfahrt und des Werk-
zeugbaus profitieren können.
Projektpartner
- ACCESS e.V.
- EMAG ECM GmbH
- OPS-INGERSOLL Funkenerosion GmbH
- Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule
Aachen – Fakultät für Maschinenwesen
– Werkzeugmaschinenlabor (WZL) – Lehrstuhl für
- Robert Bosch GmbH
- VWH Vorrichtungs- und Werkzeugbau
Herschbach GmbH
8 9
Wirbelwind
Motivation
Beim konventionellen Wirbeln kommt ein Werkzeug mit innen-
liegenden Schneiden zum Einsatz, das sich mit hoher Drehzahl
um die langsam rotierende Schraube dreht. Der Gewindegang
wird durch die innenliegenden Schneiden hergestellt. Der Wir-
belkopf muss dabei das gesamte Material zwischen dem Rohma-
terialdurchmesser und dem Kerndurchmesser des Gewindes
entfernen. Dadurch unterliegen die Schneiden einem sehr hohen
Verschleiß. Ein weiterer Nachteil ist die sehr geringe Drehzahl der
Schraube, da keine parallelen Bearbeitungsoperationen möglich
sind. Drehoperationen wie die Bearbeitung des Schraubenkopfs
müssen der Gewindeherstellung nachgelagert erfolgen.
Innovation
Im Verbundprojekt GeWinDe wurde das neue, synchrone
Dreh-Wirbel-Verfahren entwickelt. Die Innovation besteht in
der signifikanten Erhöhung der Drehzahl des Werkstücks. Im
Gegensatz zum herkömmlichen Wirbeln werden die Werk-
stück- und Werkzeugdrehzahl entsprechend dem Verhältnis
von Gewindegängen und Schneidenanzahl synchronisiert.
Das Werkstück rotiert zwischen zwei Schneideneingriffen mit
einer ganzzahligen Anzahl an Umdrehungen um die eigene
Achse. Das führt zu einer Erhöhung der Werkstückgeschwin-
digkeit, sodass eine parallele Drehbearbeitung möglich ist.
Durch diese parallele Bearbeitung wird das Material zwischen
Rohteildurchmesser und Außendurchmesser des Gewindes
entfernt. Das Wirbelwerkzeug schneidet somit nur noch die
Gewindegänge. Auf diese Weise lassen sich das Spanungsvo-
lumen, die Prozesskräfte und damit der Schneidenverschleiß
am Wirbelkopf deutlich verringern. Zudem umschlingt die
Werkzeugbahn das Werkstück noch enger, der Werkzeugein-
griff wird länger und die Spanungsdicke sinkt. Und während
sich das Spanungsvolumen verringert, steigen die Vorschub-
geschwindigkeiten und die Produktivität. Zusammenfassend
ergeben sich folgende Innovationen durch das Dreh-Wirbeln:
• Parallelisierung von Drehen und Wirbeln
• Reduzierung des vom Wirbelkopf zu entfernenden
Materialvolumens
• Reduzierung von Werkzeugverschleiß am Wirbelkopf
• Produktivitätssteigerung durch Vorschuberhöhung
• geringere kinematische Rauheit durch vergrößerten
Umschlingungswinkel der Schneiden zum Werkstück
Kontakt
Dr. Volker Sellmeier
Index-Werke GmbH & Co. KG
Hahn & Tessky
Plochinger Straße 92
73730 Esslingen
Telefon: 0711 3191-713
E-Mail:
volker.sellmeier@index-werke.de
GeWinDe – Effizientes Gewinde-Wirbeln durch synchrones Drehen
Verfahren
Trennen
Anwender
Maschinenbau WerkzeugbauMedizintechnik
Werkstoffe
Stahl
FeTitan
Ti
Ergebnisse
Das neu entwickelte Dreh-Wirbel-Verfahren weist aufgrund
seiner Effizienz und Robustheit deutliche Vorteile gegenüber
dem konventionellen Wirbeln auf.
Anwendungsbeispiel Medizintechnik:
Herstellung von Knochenschrauben
Zur Implementierung des Dreh-Wirbelns in bestehende Fer-
tigungsanlagen von Knochenschraubenherstellern wurde
ein Programm entwickelt, das die Auslegung der Schrauben-
geometrie und der Prozessparameter ermöglicht.
Eine generelle Voraussetzung für das Wirbeln ist, dass die
resultierende Schnittgeschwindigkeit aus Werkstück- und
Werkzeugbewegungen in Richtung des Gewindeganges
zeigt. Dies ist beim konventionellen Wirbeln der Fall, da der
Anstellwinkel dem Steigungswinkel des Gewindes entspricht.
Beim Dreh-Wirbeln ist die Drehgeschwindigkeit der Schraube
stark erhöht, was die resultierende Schnittgeschwindigkeit
beeinflusst. Daher ist beim GeWinDe-Verfahren eine entspre-
chende Anpassung des Anstellwinkels des Wirbelkopfs erfor-
derlich. Aufgrund dieser neuen Prozesskinematik ergibt sich
eine veränderte Eingriffssituation der Schneiden am Bauteil.
Die überlagerten Rotationen von Werkstück und Werkzeug
beim synchronen Dreh-Wirbeln führen im Vergleich zum
konventionellen Wirbeln zu einer größeren Umschlingung
des Werkstücks. Daraus ergibt sich im Vergleich zum konven-
tionellen Wirbeln ein verlängerter Eingriffsweg der Schnei-
den. Die kinematische Rauheit und die durchschnittliche und
maximale Spanungsdicke sinken signifikant.
Diese Ergebnisse sind mit einer für das Projekt entwickelten
Abtragsimulation abgebildet, die es auch ermöglicht, die
entstehenden Schnittbedingungen zwischen Werkstück und
Werkzeug zeitlich und räumlich zu untersuchen, beispiels-
weise zur Bestimmung der Variation der Spanungsdicke und
der tatsächlichen Span- und Freiwinkel während der Bear-
beitung. Mit diesen Erkenntnissen können weitere Prozess-
optimierungen erfolgen, um möglichst konstante Zerspa-
nungsbedingungen über den gesamten Werkzeugeingriff zu
gewährleisten.
Kürzere Fertigungszeiten und längere Werkzeuglebensdauer
Mit der Implementierung des Prozesses auf einen Lang-
drehautomaten konnten die in den Simulationen ermittel-
ten Erkenntnisse experimentell validiert werden. In diesen
Untersuchungen konnte mit dem Dreh-Wirbeln eine deut-
liche Leistungssteigerung bei der Herstellung von Knochen-
schrauben aus dem schwer zerspanbaren Material Titan
(Ti6Al4V) erzielt werden. Die Vorschübe, die beim synchronen
Dreh-Wirbeln erreicht werden können, sind deutlich größer
als beim konventionellen Wirbeln. Dies ist möglich, ohne die
Schneiden stärker zu belasten oder die kinematische Rauheit
zu erhöhen. Durch die gleichzeitige Drehbearbeitung konn-
te zudem die Prozesszeit weiter verkürzt werden. Daraus
resultieren kürzere Fertigungszeiten bei gleichbleibender
Oberflächenqualität des Werkstücks sowie eine längere
Werkzeuglebensdauer. Das Dreh-Wirbeln bietet daher für die
Herstellung von gewindeartigen Bauteilen deutliche Vorteile,
die sich insgesamt in einer Reduzierung der Fertigungszeiten
und somit auch der Kosten widerspiegeln.
Projektpartner
- Hartmetall-Werkzeugfabrik Paul Horn GmbH
- Index-Werke GmbH & Co. KG Hahn & Tessky
- Karlsruher Institut für Technologie (KIT) – Institut
für Produktionstechnik (wbk)
- Smith & Nephew Orthopaedics GmbH
10 11
Maschinenbau Automobil
Anwender
Werkzeugbau
Werkstoffe
Kunststoffe
Verfahren
Medizintechnik Luftfahrt
AdditiveFertigung
Kraftpaket
Motivation
Das Laser-Sintern (LS) ist ein pulverbasiertes additives Ferti-
gungsverfahren, um industrietaugliche Kunststoffteile ohne
Formwerkzeug zu produzieren. Das Verfahren hat sich ins-
besondere zur Herstellung von Prototypen und Kleinserien
etabliert. Für eine weitere Verbreitung der Technologie sind
eine höhere Produktivität durch höhere Aufbauraten sowie
eine verbesserte Reproduzierbarkeit der Bauteileigenschaften
unabdingbar. Das Ziel von HiPer-LS besteht darin, neue techno-
logische Lösungen zu erarbeiten, um die Produktivität und die
Reproduzierbarkeit des LS zu steigern und das Verfahren damit
für die industrielle Serienfertigung zugänglich zu machen.
Innovation
Bislang kommen beim LS von Kunststoffen CO2-Laser mit einer
maximalen Laserleistung von ca. 70 Watt zum Einsatz. Die
Nutzung von CO2-Lasern mit höherer Leistung verspricht eine
Beschleunigung des Prozesses. Allerdings ist die Ablenkge-
schwindigkeit der Laserscanner begrenzt und die Energiedich-
te im Fokus des Lasers wäre zu hoch. Daher wurde bei HiPer-LS
die Laserleistung durch eine Aufweitung des Laserstrahls in
das Pulverbett erhöht. Auf diese Weise ist es möglich, im Kern-
bereich große Flächen signifikant schneller aufzuschmelzen.
Um dennoch eine hohe Detailauflösung und Oberflächengüte
der Bauteilkontur zu gewährleisten, wurde diese weiterhin mit
einem kleinen Strahldurchmesser belichtet. Ein 3-D-Fokussier-
system ermöglicht eine dynamische und nahezu stufenlose
Variation des Strahldurchmessers.
Wesentliche Innovationen sind die homogenisierte Energie-
einbringung durch neuartige Intensitätsverteilungen des
Laserfokus sowie die auf Thermografie basierenden Regel-
kreise. Mithilfe eines akusto-optischen Modulators (AOM)
lassen sich zudem materialschädigende Leistungsspitzen
vermeiden. Eine Korrektur der ungewollten Temperaturgradi-
enten innerhalb der Bauteile erfolgt durch die Variation von
Lasergeschwindigkeit und -leistung. Diese optimierte Energie-
einbringung geschieht während der Schichtgenerierung und
ist somit die erste Online-Prozesskontrolle, die jedes Bauteil in
Echtzeit prüft.
Kontakt
Stephan Tenbrink
EOS GmbH Electro Optical Systems
Robert-Stirling-Ring 1
82152 Krailling
Telefon: 089 89336-2613
E-Mail: stephan.tenbrink@eos.info
HiPer-LS – Ressourceneffizientes und reproduzierbares Hochleis-tungs-Laser-Sintern zur Herstellung von Kunststoffbauteilen
Ergebnisse
Es steht ein Optiksystem zur dynamischen und variablen
Anpassung des Strahldurchmessers und der Strahlform zur
Verfügung. Bei Laserleistungen von bis zu 400 Watt (statt der
üblichen 30 bis 70 Watt) wird ein variabler Gauß-Strahldurch-
messer von 0,4 bis 2,5 Millimetern realisiert. Aufgrund der
Trägheit der Gasentladung des längsgeströmten CO2-Lasers
ist die Pulsfrequenz auf ca. 1 Kilohertz limitiert. Um diese
Limitierung aufzuheben, wurde ein AOM in das System inte-
griert. Der AOM ermöglicht kurze Anstiegszeiten von
ca. 10 Mikrosekunden ohne materialschädigende Leistungs-
spitzen. Dies entspricht einer möglichen Pulsfrequenz von
100 Kilohertz. Aufgrund thermischer Linseneffekte, die bei
großen Laserleistungen im Germanium-Kristall des AOM
auftreten, ist die maximal nutzbare Laserleistung mit AOM
auf ca. 130 Watt begrenzt. Neben dem variablen Gauß-Strahl-
profil kann das System auch mit einer linienförmigen Intensi-
tätsverteilung (Abmessung ca. 0,5 Millimeter x 5 Millimeter)
betrieben werden.
Prozesstechnische Ergebnisse zum Versuchsstand
Der neu entwickelte Versuchsstand bietet im Vergleich zum
Stand der Technik viele innovative Ansätze zur Steigerung
von Produktivität, Reproduzierbarkeit und Qualität. Diese
große Flexibilität wird erreicht durch zehn Heizstrahler in
der Baukammer, über 20 Heizkörper und prozessoptimierte
mechanische Baugruppen. Bauteile nahezu beliebiger Kom-
plexität können so sukzessive Schicht für Schicht generiert
werden. Dieser additive Aufbau ist durch das Auftragen vieler
einzelner Pulverschichten gekennzeichnet. Da die Parameter
des Pulverauftrags bislang streng limitiert waren, wurde eine
Walze entwickelt, deren gegenläufige Rotationsgeschwindig-
keit frei einstellbar ist. Dadurch war es möglich, sowohl die
Packungsdichte zu erhöhen als auch die Verarbeitbarkeit von
neuartigen Werkstoffen nachzuweisen.
Eine aktive Beheizung der Walze und eine Wechselvorrich-
tung für alternative Auftragsmechanismen runden das
Konzept ab. Zudem erlauben die optimierten Nebenzeiten
eine Produktivitätssteigerung von bis zu 300 Prozent im Ver-
gleich zu konventionellen Anlagen. Kombiniert mit den neuen
Scanstrategien, die durch das neue Optikkonzept und den
variablen Fokusdurchmesser erreicht werden, sind Produktivi-
tätssteigerungen von mindestens 500 Prozent möglich. Dabei
spielen Synergieeffekte der Produktivität, Ressourceneffizienz
und Reproduzierbarkeit der Bauteile ebenfalls eine wichtige
Rolle.
Zudem wird die Reproduzierbarkeit dadurch verbessert, dass
sich die Echtzeitüberwachung auf Thermografie stützt. Indem
Thermogramme ausgewertet werden, lässt sich der Energie-
eintrag regulieren, sodass Ausschussbauteile sowie lageab-
hängige Prozesseinflüsse vermieden werden. Im Rahmen von
Tests an unterschiedlichen Produktionsstandorten konnte
die Reproduzierbarkeit verschiedener Bauteileigenschaften,
wie z.B. Mechanik, Oberflächenqualität und Detailauflösung,
nachgewiesen werden.
Projektpartner
- Bayerische Motoren Werke Aktiengesellschaft
- Blue Production GmbH & Co. Kommanditgesellschaft
- EOS GmbH Electro Optical Systems
- FESTO AG & Co. KG – Advances Prototyping
Technologies PD-TY
- Fraunhofer-Institut für Lasertechnik (ILT)
- InfraTec GmbH Infrarotsensorik und Messtechnik
- K+K Wissenstransfer e.K.
- Universität Duisburg-Essen – Fakultät für Ingenieur-
wissenschaften – Abt. Maschinenbau und
Verfahrenstechnik – Institut für Produkt Engineering –
Lehrstuhl Fertigungstechnik
12 13
Kettenreaktion
Motivation
Das zunehmende Kundenbedürfnis nach Individualität stellt
die Automobilhersteller vor neue Herausforderungen. Des-
halb muss die Fertigung von Fahrzeugkomponenten nicht
nur höchsten Produktivitätsansprüchen genügen, sondern
auch hochflexibel sein. Derzeit sind die gerade im Bereich der
Komponentenfertigung eingesetzten Prozessketten meist
zulasten der Flexibilität auf höchste Produktivität ausgelegt.
Änderungen sind oft nur mit großen Aufwänden umsetzbar.
Eine wettbewerbsfähige Produktion wird mit diesen Prozess-
ketten immer schwieriger, sodass bei der Auslegung zukünf-
tiger Prozessketten neue Wege gefragt sind.
Innovation
Das Projektziel bestand darin, eine hochflexible und gleich-
zeitig hochproduktive Prozesskette für die Großserien-
fertigung von Fahrzeugkomponenten am Beispiel eines
Kugelkäfigs aus einem Gleichlaufgelenk zu entwickeln. Die
herkömmlichen Prozessschritte zur Herstellung des Kugel-
käfigs umfassen die Schritte Weichbearbeitung, Härten und
Hartfeinbearbeitung. Im neuen Verfahren kommt ein ganz-
heitlicher Ansatz zum Einsatz, der den Wegfall der Hartfein-
bearbeitung möglich macht. Die Voraussetzung hierfür ist,
dass durch geeignete Verfahren in der Weichvorbearbeitung,
durch eine verzugsarme Wärmebehandlung sowie durch
eine intelligente Abstimmung beider Prozesse die notwen-
dige Qualität erzielt wird. Die Weichvorbearbeitung wurde
derart qualifiziert, dass eine spanende Komplettbearbeitung
der Produkte in einer Aufspannung erfolgt. Um die Produk-
tivität der substituierten Prozessschritte zu erreichen, sind
neue Hochleistungsfertigungsverfahren notwendig. Aus
diesem Grund wurden das Drehwalzen – eine Kombination
aus Drehen und Festwalzen – sowie das High-Performance-
Cutting-Fräsen (HPC-Fräsen) weiterentwickelt. Zudem erfolgt
eine Ermittlung der Produkteigenschaften durch spannsyste-
mintegrierte Messungen in jedem Prozessschritt der Weich-
vorbearbeitung. Die Konzeption sieht zudem vor, dass die
Wärmebehandlung direkt in der Fertigungslinie erfolgt. Dazu
war es notwendig, den Härteprozess vom Einsatz- auf das
Induktivhärten umzustellen. Somit ergibt sich eine geschlos-
sene, räumlich zusammenhängende, ganzheitlich geregelte
Prozesskette.
Kontakt
Dr. Wladimir Bickel
Volkswagen AG
Berliner Ring 2
38440 Wolfsburg
Telefon: 05361 9-986855
E-Mail:
wladimir.bickel@volkswagen.de
HLProKet – Entwicklung einer Hochleistungsprozesskette für die Großserienfertigung
Verfahren
Werkstoffe
Stahl
Fe
Trennen Umformen
Anwender
Maschinenbau
Automobil Werkzeugbau
Ergebnisse
Bauteiloptimierung durch Drehwalzen
In der Prozesskette konnte ein innovativer Ansatz zur Kom-
pensation der auftretenden Härteverzüge erfolgreich um-
gesetzt werden. Dazu dient vor allem der in die Weichbear-
beitung integrierte Prozess des Drehwalzens, bei dem eine
simultane Dreh- und Walzbearbeitung des Bauteils mit nur
einem Werkzeug erfolgt. Dadurch ist es möglich, unterschied-
liche Bauteilgeometrien herzustellen. Darüber hinaus lassen
sich durch den integrierten Walzprozess mehrere positive
Effekte erzielen. Ein Effekt resultiert daraus, dass das Bauteil
durch die hydrostatisch gelagerte Walzkugel einer hohen
Passivkraft ausgesetzt ist. Das führt neben einer Erhöhung
der Oberflächengüte aufgrund einer Einebnung der Rauheits-
spitzen zum Einbringen definierter Druckeigenspannungen in
die Randzone. Durch eine gezielte Einbringung und die Steu-
erung des lokalen Eigenspannungszustands kann der später
auftretende Härteverzug im Vorfeld kompensiert werden.
Flexibilität durch HPC-Fräsen
Der herkömmliche Stanzprozess zur Fertigung der Käfigfens-
ter ist zwar höchstproduktiv, erfordert jedoch einen hohen
Rüst- und Werkzeugaufwand. In der neuen Prozesskette
erfolgt daher die Fertigung mittels HPC-Fräsen. Es ermöglicht
eine flexible Bearbeitung sämtlicher Bauteilvarianten ohne
Mehraufwand. Die hohen Anforderungen an die Produktivität
des Zerspanprozesses machten eine anwendungsspezifische
Entwicklung von Werkzeugen und Prozessen notwendig. So
wurde ein mehrstufiges Fräswerkzeug entwickelt, das funkti-
onal verschiedene Teilbereiche für unterschiedliche Prozess-
schritte aufweist. Mit diesem Ansatz ist ein Werkzeugwechsel
in der Bearbeitung nicht mehr erforderlich. In Kombination
mit einer Doppelspindelbearbeitung hat dies sehr kurze Takt-
zeiten zur Folge.
Ganzheitliche Prozesskettenregelung mit
In-Line-Bauteilmessung
Das Entfallen der Hartbearbeitung ist nur durch eine Ab-
stimmung sämtlicher Einzelschritte aufeinander möglich.
Vor allem zwischen der mechanischen Bearbeitung und dem
Härteprozess besteht ein direkter Zusammenhang hinsicht-
lich Bauteilqualität und -funktionalität. Diese Abhängigkeiten
erfordern eine kontinuierliche Bewertung und Anpassung der
einzelnen Prozessschritte. Dieses Ziel wird durch die ganzheit-
liche Prozesskettenregelung erreicht. Letztere übernimmt die
Funktion einer Kopfsteuerung, in der Daten aus allen Stufen
der Prozesskette zusammenlaufen, bewertet und auf deren
Basis die Einzelprozesse geregelt werden. Sollte beispielswei-
se in der End-of-Line-Messung festgestellt werden, dass die
geforderten Bauteiltoleranzen nicht erfüllt sind, so werden
die Schritte Drehwalzen und Induktivhärten nachgestellt. Die
erforderliche Trennung der Einzeleinflüsse auf das Gesamt-
ergebnis erfordert eine Messung des Bauteils vor dem Härten.
Diese Messung erfolgt maschinenintegriert mit einem neu-
artigen sensorischen Spannsystem parallel zur Bearbeitung.
Das System zur Prozesskettenregelung läuft auf einem ge-
trennten Hardwaremodul und bedarf dabei keiner Bediener-
eingriffe. Zudem ermöglicht das Informationsmanagement
der Prozesskettenregelung eine bauteilbezogene Fertigungs-
dokumentation in der Großserie.
Projektpartner
- ARTIS GmbH
- ECOROLL AG Werkzeugtechnik
- EMUGE-Werk Richard Glimpel GmbH & Co. KG
Fabrik für Präzisionswerkzeuge
- FRANKEN GmbH + Co. KG
Fabrik für Präzisionswerkzeuge
- Gildemeister Drehmaschinen GmbH
- Leibniz Universität Hannover – Institut für
Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW)
- Steremat Induktion GmbH
- Volkswagen AG
14 15
Profiler
Motivation
Das Herzstück von Gasturbinen stellen mit Schaufeln bestück-
te Läuferscheiben dar. Die Verbindung zwischen Schaufel und
Scheibe erfolgt formschlüssig über Profilnuten. Derzeit wer-
den diese Schlüsselmerkmale der Turbinenscheiben nahezu
ausschließlich mittels Räumen gefertigt. Beim Räumen han-
delt es sich um ein Sonderverfahren, das hohe Investitionen in
die Maschinen- und Werkzeugausstattung erfordert. Weiter-
hin bedeutet der notwendige Maschinenwechsel einen Bruch
in der Fertigungskette. Das Ziel von HoFePro besteht darin, die
Effizienz des bewährten Räumprozesses zu erhöhen sowie
alternative Prozesse zur Komplementierung zu entwickeln.
Innovation
Im Gegensatz zu den meisten spanenden Fertigungsverfahren
wird beim Räumen von Profilnuten nahezu ausschließlich
Schnellarbeitsstahl als Schneidstoff eingesetzt. Daraus folgen
niedrige Schnittgeschwindigkeiten (vc = 2,5 bis 6 m/min), die
zu langen Prozesszeiten führen. Der Einsatz von Hartmetall als
Schneidstoff ist ein vielversprechender Ansatz, die Schnittge-
schwindigkeit und die Produktivität zu erhöhen. Die Verwen-
dung neuartiger, speziell auf den Räumprozess abgestimmter
Hartmetallsubstrate sowie die Entwicklung unterschiedlicher
Werkzeugkonzepte ermöglichen vor allem beim Schruppen
enorme Produktivitätsgewinne. Die Verwendung von Hartme-
tall beim Schlichten verspricht eine erhöhte Werkzeugstand-
zeit und somit eine Verringerung des Rüstaufwandes.
Ein weiterer innovativer Ansatz ist die Nutfertigung mittels
alternativer Fertigungsverfahren. Dazu wurden sowohl alter-
native Schruppbearbeitungsverfahren, wie die Vorbearbeitung
der Nut mittels Keramikscheiben- und Schaftfräswerkzeu-
gen, als auch die Schrupp- und Schlichtbearbeitung mittels
Hartmetallfräswerkzeugen untersucht. Bei der Schruppbear-
beitung von hochwarmfesten Nickelbasis-Superlegierungen
erhöht sich durch den Einsatz neuartiger Keramikschneidstof-
fe die Schnittgeschwindigkeit und somit die Produktivität um
den Faktor 20 im Vergleich zu Hartmetallen. Dies ermöglicht
die Substitution der Schruppbearbeitung beim Räumen und
somit eine deutliche Reduzierung der Räumbalkenlänge. Zu-
dem kann dieser Prozess auch als Vorbearbeitung mit Profilfrä-
sen kombiniert werden.
Kontakt
Werner Penkert
Kennametal Shared Services GmbH
Wehlauer Straße 73
90766 Fürth
Telefon: 0911 9735-440
E-Mail:
werner.penkert@kennametal.com
HoFePro – Hochleistungsverfahren zur Herstellung von Profilnuten
Verfahren
Werkstoffe
Nickel
Ni
Trennen
Anwender
Maschinenbau
EnergieLuftfahrt Werkzeugbau Automobil
Ergebnisse
Im Rahmen des Projekts wurden zerspantechnologische
Untersuchungen für die genannten Prozessketten durch-
geführt. Dabei dienten die bei den Endanwendern imple-
mentierten Prozesse zur Profilnutfertigung als Referenz. Die
Bewertung der unterschiedlichen Prozessketten erfolgte auf
multikriterieller Basis. Als potenzialträchtige Prozessschritte
wurden vor allem die Schruppbearbeitung mittels Hart-
metallräumen, Keramik- und Hartmetallfräsen sowie die
Schlichtbearbeitung durch Hartmetallräumen und Hartme-
tallprofilfräsen definiert.
Dabei konnte durch die Schruppbearbeitung sowohl mit-
tels keramischer Scheiben- als auch mittels Schaftfräser ein
erheblicher Produktivitätsgewinn gegenüber dem Standard-
prozess aufgezeigt werden. Die Forschungsergebnisse lassen
sich ohne weiteren Aufwand in potenzielle Anwendungsge-
biete von Schneidkeramiken bei der Fräsbearbeitung, wie z.B.
die Blisk-Fertigung, übertragen. Zudem konnte experimentell
belegt werden, dass eine Bearbeitung von Bauteilen mittels
Keramikfräsen die oberflächennahe Randzone erheblich
beeinflusst, was an den hohen Schnittgeschwindigkeiten
und Temperaturen sowie dem spröden Schneidstoffverhal-
ten liegt. Dies erschwert eine Qualifikation dieses Prozesses
für die Endbearbeitung an sicherheitskritischen Bauteilen.
Jedoch kann auf Grundlage der aus dem Projekt gewonnenen
Erkenntnisse ein Schlichtaufmaß definiert und somit eine
Endbearbeitung der Profilnut mittels Hartmetallfräsen oder
Räumen realisiert werden. Der Einsatz dieser Prozessfolge
erlaubt die vollständige Implementierung der Profilnutferti-
gung auf einem Bearbeitungszentrum. Daher können so auch
Unternehmen, die nicht über eine Räummaschine verfügen,
Profilnuten fertigen. Um die Maßhaltigkeit der Nuten auch
bei voranschreitendem Werkzeugverschleiß am Fräser zu
ermöglichen und den Qualifizierungsaufwand der Profilnut-
fertigung zu verringern, wurde der Räumprozess erfolgreich
in ein Bearbeitungszentrum integriert. Somit ist es möglich,
die finale spanende Bearbeitung mittels Räumen durchzufüh-
ren und daher die Endkontur durch ein etabliertes Verfahren-
sprinzip zu realisieren.
Ein weiterer Schwerpunkt im Rahmen der durchgeführten
Arbeiten war der Ersatz des Schneidstoffes Schnellarbeits-
stahl (HSS) durch Hartmetalle bei der Räumbearbeitung. Auf
Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse konnten Richtli-
nien für die Substratauswahl und die Werkzeuggestaltung
hinsichtlich der Werkzeugmakro- und -mikrogeometrie für
die Bearbeitung von Nickelbasislegierungen definiert wer-
den. Durch den Einsatz von wendeschneidplattenbestückten
Hartmetallräumwerkzeugen für die Schruppbearbeitung
erhöhte sich die Schnittgeschwindigkeit um den Faktor fünf
und auch die Werkzeugstandzeit war größer. Die erzeugte
Beeinflussung der oberflächennahen Randzone lag dabei
deutlich unterhalb des Schlichtaufmaßes. Bei der Erprobung
von Hartmetallräumwerkzeugen zur Schlichtbearbeitung
ließ sich die Werkzeugstandzeit im Vergleich zu Werkzeugen
aus HSS deutlich steigern. Der Untersuchungsschwerpunkt
lag dabei auf dem Einsatz profilierter Werkzeuge zur Nachbil-
dung der bei der Schlichtbearbeitung vorliegenden wechseln-
den lokalen Zerspanbedingungen.
Projektpartner
- AEROTECH Peissenberg GmbH & Co. KG
- DECKEL MAHO Pfronten GmbH
- Forst Technologie GmbH & Co. KG
- Kennametal Shared Services GmbH
- Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule
Aachen – Fakultät für Maschinenwesen –
Werkzeugmaschinenlabor (WZL) – Lehrstuhl für
Technologie der Fertigungsverfahren
- Rolls-Royce Deutschland Ltd & Co KG
- Seco Tools GmbH
16 17
Oben: Prozessfolge zur Fräsbearbeitung der Profilnuten
Unten: Prozessintegration durch Fertigräumen auf einem BAZ
Wasserkraft
Motivation
Hochbelastete Bauteile wie Turbinenschaufeln werden bei
zunehmend höheren Temperaturen eingesetzt, um den
Kraftstoffverbrauch zu reduzieren. Für derartige Belastungen
kommen hochfeste Werkstoffe zum Einsatz, die sich jedoch nur
schwer bearbeiten lassen: Konventionelle Fertigungsverfahren
wie das Fräsen stoßen oft an ihre Grenzen. In der industriellen
Anwendung wird zum Trennen schwer bearbeitbarer Werk-
stoffe bereits das Wasserstrahlschneiden genutzt. Das Ziel von
HydroMill bestand darin, das Anwendungsspektrum dieses
Verfahrens zu erweitern.
Innovation
Das Wasserstrahlschneiden stellt ein flexibles Werkzeug
dar, das eine hohe Schnittleistung ermöglicht und mit dem
man nahezu alle Werkstoffe bearbeiten kann. Zudem führt
sein Einsatz zu keinen thermisch induzierten Veränderun-
gen im Werkstoffgefüge. Im Rahmen des Projekts konnte
das Wasserstrahlschneiden derart weiter qualifiziert
werden, dass es zukünftig für verschiedenste industrielle
Anwendungen einsetzbar ist.
Eine wesentliche Innovation stellte die erfolgreiche Umset-
zung des Hochleistungsverfahrens „Wasserstrahlschneiden
mit 5-achsiger Werkzeugführung und Systemdrücken von
bis zu 6.000 bar“ dar.
Dafür war es erforderlich, die Prozesstechnologie, die
CAM-Module, die Messtechnik und den Anlagenbau
weiterzuentwickeln sowie Konzepte für das Recycling der
verwendeten Materialien zu erarbeiten. Insbesondere das
Wiederverwerten eingesetzten Rohstoffe spielte eine wich-
tige Rolle, um die Nachhaltigkeit des Verfahrens sicherzu-
stellen und Ressourcen zu schonen. Zur Prozessüberwa-
chung kommt eine neu entwickelte optische Sensorik zum
Einsatz, die direkt in die Anlage integriert ist.
Kontakt
Manuel Schüler
Fraunhofer-Institut
für Produktionstechnik (IPT)
Steinbachstraße 17
52074 Aachen
Telefon: 0241 8904-384
E-Mail:
manuel.schueler@ipt.fraunhofer.de
HydroMill – Entwicklung der 5-Achs-Abrasivstrahl-Schruppbear-beitung zur effizienten Bearbeitung von Hochleistungswerkstoffen
Verfahren
TrennenAbtragen
Aluminium Stahl Nickel
Werkstoffe
Al FeTitan
TiKeramik
Energie Luftfahrt
Anwender
WerkzeugbauMaschinenbau
Ni
Automobil Medizintechnik
Ergebnisse
Die Prozessuntersuchungen wurden auf konventionell
schwer zerspanbaren Werkstoffen durchgeführt. Neben ei-
ner technischen Keramik kamen eine Auswahl metallischer
Eisen- und Nichteisenlegierungen – Inconel 718, Titanalu-
minid und ein pulvermetallurgischer Schnellarbeitsstahl –
zum Einsatz. Durch eine bestimmte Anordnung von Schnit-
ten bis zu einer festgelegten Tiefe konnte die Machbarkeit
des 3-D-Abtrags durch konsequente Weiterentwicklung
des Wasserstrahlverfahrens gezeigt werden. Außerdem
ließ sich das Potenzial mehrachsiger Werkzeugführung
und gesteigerter Systemdrücke für die effiziente Bearbei-
tung von Hochleistungswerkstoffen nachweisen. Mit Blick
auf die Integration in bestehende Prozessketten wurde
überprüft, ob eine zuvor durch Wasserstrahl bearbeitete
Oberfläche Einfluss auf den Werkzeugverschließ im nach-
folgenden Fräsprozess hat. Um bisherige Schruppfräspro-
zesse abzulösen, mussten die erforderlichen Schnittstellen
zu den entsprechenden Prozessketten, der Datenaufberei-
tung und der Bahnplanung der Werkzeugwege geschaffen
werden.
Optimierung der CAM-Werkzeuge
Im Forschungsprojekt wurden daher bestehende CAM-
Werkzeuge für das Wasserstrahlabtragen optimiert. In Er-
gänzung zur Bahnplanung und zum Vergleich des Bearbei-
tungsergebnisses mit den Soll-Daten wurde ein optischer
Sensor in die Anlage integriert, der für ein breites Werk-
stoffspektrum geeignet ist und das Bauteil auch unter
schwierigen Umgebungsbedingungen in der Wasserstrahl-
anlage zuverlässig erfasst. Um den Ansprüchen der nach-
haltigen Ressourcenschonung und des Recyclings gerecht
zu werden, konnte das bereits eingesetzte Abrasivmaterial
aufbereitet und teilweise wiederverwendet werden.
Die Ergebnisse haben das Potenzial des Verfahrens für die
effiziente Bearbeitung konventionell schwer zerspanbarer
Werkstoffe aufgezeigt und sind eine Ausgangsbasis für
weitere Entwicklungen des Materialabtrags durch den
Wasser-Abrasivstrahl. Bisher verfügbare Wasserstrahl-
schneidsysteme sind durch ihren ursprünglichen Einsatz-
zweck nur bedingt für das Wasserstrahlabtragen geeignet.
Um das Verfahren für die industrielle Fertigung zugänglich
zu machen, müssen die technologischen Voraussetzungen
für den Abtragprozess geschaffen werden.
Neben geeigneten Werkzeugen zur Bahnplanung der
Werkzeugwege, die bereits die Strahleigenschaften im
Werkstückeingriff berücksichtigen, braucht es auch speziell
angepasste Maschinenkonzepte hoher Dynamik und
Genauigkeit. Ein hoher Automatisierungsgrad wird daher
ebenso benötigt wie benutzerfreundliche Schnittstellen
zur Datenaufbereitung. Im Fokus zukünftiger Forschungs-
vorhaben stehen neben der Anpassung des Maschinensys-
tems besonders die Weiterentwicklung von CAM-Modulen
und die Integration des Verfahrens in bestehende Prozess-
ketten.
Projektpartner
- Carl Zeiss Optotechnik GmbH
- Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik (IPT)
- H. G. Ridder Automatisierungs-GmbH
- Kuhmichel Recycling GmbH
- ModuleWorks GmbH
18 19
Fliegengewicht
Motivation
Leichtbau ist ein vielversprechender Ansatz, um Bauteile und
Produkte ressourceneffizient zu gestalten. Aufgrund ihrer
Eigenschaften, z.B. in Bezug auf Festigkeit und Rohstoffverfüg-
barkeit, haben aluminiumlegierte Leichtbaustähle gerade im
Automobilbau das Potenzial, herkömmliche Hochleistungs-
stähle abzulösen. Die produktive Bearbeitung der Leicht-
baustähle setzt allerdings Hochleistungsfertigungsverfahren
in allen Stufen der Prozesskette voraus. Die Projektpartner
hatten sich daher zum Ziel gesetzt, eine innovative Prozess-
kette zur Fertigung von Massivteilen aus einem neuartigen
Leichtbaustahl zu entwickeln.
Innovation
Der Schwerpunkt der Forschungsarbeiten bestand in der Ent-
wicklung maßgeschneiderter umformender und trennender
Hochleistungsfertigungsverfahren. Die Vision ist, aluminium-
legierte Leichtbaustähle künftig großflächig und branchen-
übergreifend am Industriestandort Deutschland anwenden
zu können. Hierzu wurden prozesssichere Richt-, Trenn- und
Prüfverfahren für die Herstellung von Halbzeugen aus ge-
walztem Stabstahl entwickelt. Eine zentrale Innovation ist die
gezielte Wärmebehandlung des Werkstoffs, die ein Schlüssel-
element für die Bearbeitbarkeit des Leichtbaustahls darstellt.
Zudem ist es gelungen, erstmals eine umfassende werkstoff-
wissenschaftliche Charakterisierung eines im industriellen
Maßstab hergestellten Leichtbaustahls durchzuführen. Ein
darauf aufbauendes Materialmodell unterstützte die Prozess-
und Werkzeugauslegung der umformenden und spanenden
Fertigungsverfahren. Der Prozesskette folgend, wurden
Werkzeuge und Prozesse für das Gesenkschmieden und das
Vollvorwärtsfließpressen entwickelt. Für die Herstellung
von Massivteilen müssen in den meisten Fällen spanende
Fertigungsverfahren eingesetzt werden. Mithilfe angepasster
Werkzeuggeometrien, innovativer Schneidstoffe und opti-
mierter Kühlstrategien ließ sich die Produktivität des spa-
nenden Verfahrens weiter steigern. Die Optimierung erfolgte
auch durch Spanbildungs- und CFD-Simulationen. Im Hinblick
auf die Zerspanung mit geometrisch unbestimmter Schneide
wurden hochporöse Schleifscheibenstrukturen untersucht,
die aufgrund der besseren Kühlmittelzufuhr eine gesteigerte
Produktivität erlauben.
Kontakt
Dr. Michael Lahres
Daimler AG
Wilhelm-Runge-Straße 11
89081 Ulm
Telefon: 0731 505-2920
E-Mail:
michael.lahres@daimler.com
IPROM – Innovative Prozesskette zur Massivteilfertigung aus einem neuartigen Leichtbaustahl
Verfahren
Anwender
Maschinenbau
Werkstoffe
TrennenUmformen
Automobil
Leichtbaustahl
FeAl
Ergebnisse
Durch werkstoffwissenschaftliche Untersuchungen gelang
der Nachweis, dass das Gefüge des Leichtbaustahls erheb-
lichen Einfluss auf die Werkstoffeigenschaften besitzt. Das
Gefüge bestimmt insbesondere die Festigkeit und die zuläs-
sige Verformung. Daher ist eine Wärmebehandlung bereits
bei der Halbzeugerstellung im Stahlwerk erforderlich, um ein
prozesssicheres Richten des gewalzten Strangmaterials zu
gewährleisten.
Umfassende Werkstoffbeschreibung als Basis
Im Vergleich unterschiedlicher Trennverfahren stellte sich das
Sägen als kosteneffizienteste Methode heraus. Die Charak-
terisierung des Werkstoffs zeigte, dass die mechanischen
Eigenschaften des wärmebehandelten Werkstoffs vergleich-
bar zu denen von Stählen sind, die derzeit im Automobilbau
Einsatz finden. Allerdings konnte eine mit Titanwerkstoffen
vergleichbare geringe Wärmeleitfähigkeit nachgewiesen
werden, die insbesondere bei der spanenden Bearbeitung
zu hohen thermischen Werkzeugbelastungen führt. Um
konventionell ermittelte Fließkurven auf höhere Dehnungen
und Dehnraten zu erweitern, kommt ein neu entwickeltes
Berechnungsverfahren zum Einsatz. Somit liegt erstmals
eine umfassende Beschreibung des Werkstoffs zur Simulati-
on umformender und spanender Fertigungsverfahren vor.
Testbauteile Pleuel und Kolbenbolzen
Aufbauend auf diesen Erkenntnissen, ließen sich Werkzeuge
und Prozessstellgrößen für das Vollvorwärtsfließpressen und
das Gesenkschmieden ableiten. Im Anschluss an Analogieun-
tersuchungen wurden die Verfahren erfolgreich auf die Geo-
metrie eines Pleuels und eines Kolbenbolzens transferiert. Um
die Produktivität und die Standzeit bei der spanenden Bearbei-
tung des Leichtbaustahls zu steigern, wurden die Werkzeuge
und die Prozessstellgrößen für die Verfahren Drehen, Bohren
und Fräsen eingehend analysiert und angepasst. Bei der Aus-
wertung der Spanbildung zeigte sich, dass der Werkstoff zur
Aufbauschneiden- und Scherspanbildung neigt. Anschließend
wurden die Werkzeuggeometrie angepasst und mehrlagige
Werkzeugbeschichtungen entwickelt.
Aufgrund der hohen thermischen Werkzeugbelastung stel-
len angepasste Kühlschmierstrategien ein hohes Potenzial
zur Produktivitäts- und Standzeitsteigerung dar. Mithilfe
von CFD-Simulationen und einer anschließenden Validie-
rung konnten prozessspezifische Kühlkanalgeometrien der
Werkzeuge entwickelt werden, die die thermische Werk-
zeugbelastung reduzieren und letztlich für eine Leistungs-
steigerung sorgen.
Dies gilt auch für das Schleifen des Leichtbaustahls. Die
Untersuchungen zeigten unter anderem, dass hochporöse
Schleifscheiben die Kühlung von Werkzeug und Werkstück
unterstützen. Durch die verbesserte Kühlmittelzufuhr in die
Kontaktzone lassen sich die Standzeiten erhöhen sowie die
Gefahr von thermisch induzierten Schädigungen auf der
Werkstückoberfläche reduzieren. Als besonders geeigneter
Schneidstoff erwiesen sich Sinterkorunde, wie Schleifversu-
che am neuartigen Material zeigten. Sämtliche Ergebnisse
zur Zerspanung konnten im Rahmen des Projekts auf die
prototypischen Prozessketten zur Fertigung von Pleuel und
Kolbenbolzen erfolgreich übertragen werden.
Projektpartner
- Daimler AG
- Deutsche Edelstahlwerke GmbH
- Hermes Schleifkörper GmbH
- Leibniz Universität Hannover – Fakultät für
Maschinenbau – Institut für Fertigungstechnik
und Werkzeugmaschinen (IFW) und Institut
für Umformtechnik und Umformmaschinen (IFUM)
- MAPAL Fabrik für Präzisionswerkzeuge Dr. Kress KG
- Walter AG
20 21
Bestform
Motivation
Ein Oberflächenfeinstbearbeitungsverfahren wie das Microfi-
nish dient dazu, an Bauteilen und Komponenten Funktionsflä-
chen zu erzeugen, die im Betrieb kritischen Belastungen aus-
gesetzt sind. Bisher erfolgt die Herstellung dieser Flächen vor
allem auf Sondermaschinen, die in der Großserienproduktion
eingesetzt werden. KombiFin zielt darauf ab, eine wirtschaftli-
che Kombination aus Vor- und Endbearbeitung auf modernen
CNC-Bearbeitungszentren (Fräs-, Dreh-, Schleifmaschinen)
zu etablieren. Hierdurch könnten auch kleine Unternehmen
Zugang zu dieser Technologie bekommen und ihre Produkte in
einem neuen Qualitätsstandard anbieten.
Innovation
Die Innovation besteht in der Verflechtung einer neuen Ge-
neration von Aufsatzgeräten, einer Softwarelösung, die alle
Finishvarianten bedienerfreundlich in die Maschine einbindet,
und von Kraftregelstrategien, durch die das Schleifwerkzeug
mit den entsprechenden technologisch idealen Parametern
betrieben werden kann.
Die entwickelten Aufsatzgeräte sind bis zu 80 Prozent kleiner
und deutlich leichter als marktübliche Geräte für den konven-
tionellen Bereich. Dadurch können sie selbst in kleine Werk-
zeugwechsler von CNC-Drehmaschinen integriert werden.
Eine entsprechende Schnittstelle ermöglicht die Versorgung
über die Basismaschine – ein weiterer Aspekt, der eine kleine
Bauform der Aufsatzgeräte ermöglicht. Die Geräte sind mo-
dular aufgebaut und können sowohl für die Band- als auch
für die Steinbearbeitung genutzt werden. Integrierte Kraft-
sensoren werden für die Anschnitterkennung wie auch für die
Prozessführung genutzt.
Mit einer neu entwickelten Softwarelösung werden alle
Finishvarianten (Plan-, Wellen-, Lagerfinish) in übersichtlichen
Bedienermasken zusammengefasst und in Form eines Pro-
grammcodes in die Grundmaschine eingebunden. Ein Eingriff
in die bestehende Struktur des CNC-Bearbeitungszentrums ist
dabei nicht erforderlich.
Kontakt
Prof. Dr. Harald Goldau
Hochschule Magdeburg-Stendal
Breitscheidstraße 2
39114 Magdeburg
Telefon: 0391 886-4410
E-Mail:
harald.goldau@hs-magdeburg.de
KombiFin – Kombinierte Finishtechnologien für Produkte von morgen
Verfahren
Werkstoffe
Stahl
Fe
Trennen
Anwender
Maschinenbau WerkzeugbauAutomobil
Titan
Ti
Medizintechnik
Kunststoffe
Luftfahrt
Aluminium
AlKeramik
Ergebnisse
Es wurden Finisheinheiten entwickelt, die durch ihre geringe
Baugröße direkt in den Werkzeugrevolver einer CNC-Drehma-
schine mit einem Revolverdurchmesser von nur 400 Millime-
tern integriert werden können. Diese geringen Dimensionen
bilden die Grundvoraussetzung für eine kombinierte Bearbei-
tung in einer Aufspannung. Die Weiterentwicklung des ersten
Prototyps beinhaltet ein Schnellwechselsystem und weitere
Kupplungsmöglichkeiten, um der Herstellervielfalt gerecht zu
werden.
Der Bandwechsel lässt sich nun in wenigen Minuten realisie-
ren. Es können auch mehrere Wechselsysteme vorgehalten
werden, um einen mehrstufigen Bearbeitungsprozess mit
unterschiedlichen Schleifwerkzeugen durchzuführen. Die
Finisheinheit kann – umgerüstet für die Steinbearbeitung – in
ihrer Baugröße noch weiter reduziert werden, da die Umlenk-
rollen für das Schleifband entfallen.
Anwendungsbeispiel
Der dargestellte Prototyp wurde für eine Kombinationsbear-
beitung aus Hartdrehen und Bandfinishen im Einstechver-
fahren eingesetzt. Bearbeitet wurden auf 56 HRC gehärtete
Wälzkörper mit einer mikroballigen Geometrie auf der Um-
fangseite in axialer Richtung. Das logarithmische Profil durfte
durch die anschließende Finishbearbeitung nicht eliminiert
werden.
Die Finishbearbeitung erzeugt auf dem Bauteil den typischen
Kreuzschliff, der in diesem Fall zur geforderten Drallfreiheit
auf der Wälzkörpermantelfläche führt. Weiter war eine
Rauheit Rz von unter 1 Mikrometer gefordert. Sowohl die
geforderten Qualitäten konnten eingehalten als auch die
Verfahrenskosten gegenüber der aktuellen Variante um etwa
40 Prozent reduziert werden.
Software
Der Projektpartner KES hat nach Vorgabe der anderen Partner
eine Softwarelösung entwickelt, die es erlaubt, maschinen-
und steuerungsunabhängig diverse Finishoperationen auf
herkömmlichen CNC-Bearbeitungszentren durchzuführen.
Hierzu liest die Software alle relevanten Maschinendaten der
Basismaschine aus und erstellt auf dieser Grundlage einen
entsprechenden Programmcode. Der so generierte Pro-
grammabschnitt kann dann in Form eines Unterprogramms
in die vorhandenen Abläufe integriert werden.
Als Besonderheit ist zu nennen, dass auch verschiedene
Prozessregelstrategien hinterlegt wurden. So ist es beispiels-
weise möglich, die Finishbearbeitung kraftgeregelt über
entsprechende Sensoren zu realisieren. Weitere Alternativen
sind die Anschnitterkennung über das Motorstromsignal oder
Körperschallsensoren.
Projektpartner
- FLP Microfinishing GmbH
- Gleitlager und Metallverarbeitung GmbH Osterwieck
- Hochschule Magdeburg-Stendal
- InKRAFT Ingenieurgesellschaft für kraftgeregelte
adaptive Fertigungstechnik mbH
- Klaus Eichhorn Steuerungstechnik
- PREUSS Metallverarbeitung GmbH
- Sondermaschinen Oschersleben GmbH
- Zorn Instruments GmbH & Co. KG
22 23
Traumpaar
Motivation
Der richtige Werkstoff am richtigen Platz, mit dem richtigen
Verfahren und zu vertretbaren Kosten – dies gilt schon seit
einiger Zeit als Königsweg des wirtschaftlichen Leichtbaus
in der Automobilindustrie. Durch den gemeinsamen Einsatz
von faserverstärkten Kunststoffen und Metallen in einer Mul-
ti-Material-Bauweise ist es möglich, die spezifischen Vorteile
jedes Werkstoffs bestmöglich und somit gewichtsparend zu
nutzen. Gleichzeitig steigt jedoch der Bedarf an neuartigen,
werkstofflich kombinierten und zugleich wirtschaftlichen
Herstellungsverfahren für diese Hybridbauteile, um eine
breite Anwendbarkeit in der Großserie zu ermöglichen.
Innovation
Das im Projekt MultiForm entwickelte Fertigungsverfahren
namens Verbundpressen kombiniert das Tiefziehen von Me-
tallblechen mit dem Fließpressen langfaserverstärkter Ther-
moplaste (LFT) in einem gemeinsamen Werkzeug und durch
einen simultanen Umformschritt (Ein-Schritt-Verfahren).
Dabei verhält sich der plastifizierte Kunststoff wie ein Wirkme-
dium in hydromechanischen Prozessen und ist somit maß-
geblich für die Ausformung des Metallblechs verantwortlich.
Die stoffschlüssige Verbindung zwischen Metall und LFT wird
durch den Einsatz eines Haftvermittlers auf Co-Polyamid-Basis
als Vorbeschichtung auf dem Metallblech direkt im Prozess
realisiert.
Langfaserverstärkte Thermoplaste mit einer Faserlänge von
bis zu 50 Millimetern zeichnen sich vor allem durch eine hohe
spezifische Festigkeit aus und ermöglichen als optimierte
Rippenstrukturen im Verbund mit Metallen eine Reduzierung
der Metallblechdicke. Unter Beibehaltung der mechanischen
Bauteileigenschaften liegt die zu erzielende Gewichtsersparnis
je nach Anwendungsfall bei ca. 20 Prozent im Vergleich zu rei-
nen Stahlbauteilen. Die entstehenden Hybridbauteile weisen
zudem ein gutmütiges Versagensverhalten auf – nach einem
Bruch im LFT kann das außenseitige Metallblech eine Resttrag-
fähigkeit garantieren. Dieses sogenannte Fail-Safe-Verhalten
ist vor allem in Fahrwerkanwendungen unabdingbar. Zusätz-
lich können Verstärkungselemente, wie z.B. Organobleche, in
den Fertigungsprozess integriert werden und somit zu einer
belastungsgerechten Auslegung beitragen.
Kontakt
Björn Sonnenstädt
Weber Fibertech GmbH
Daimlerstraße 5
88677 Markdorf
Telefon: 07544 963-6304
E-Mail:
b.sonnenstaedt@weber-fibertech.com
MultiForm – Entwicklung eines Hochleistungsfertigungsverfahrens zur simultanen Umformung von faserverstärkten Kunststoffen mit Metall- blechen für leichte und zuverlässige Bauteile in Karosserie und Fahrwerk
Anwender
WerkzeugbauAutomobil Maschinenbau Luftfahrt
Aluminium Stahl
Werkstoffe
Al FeKunststoffe
Verfahren
Umformen Hybride Verfahren
Ergebnisse
Im Vordergrund des Projekts stand, die simultane Umfor-
mung von Metallblechen mit langfaserverstärkten Ther-
moplasten in einem gemeinsamen Werkzeug und damit
ein innovatives Fertigungsverfahren für Hybridbauteile zu
entwickeln. Zur Nutzung des plastifizierten LFTs als Druck-
medium für die Metallumformung mussten vor allem die
entsprechenden Werkzeugkonzepte inklusive Abdichtung
und Temperierung entwickelt werden. Dazu wurden zwei
unterschiedliche Dichtkonzepte sowohl für offene (U-Pro-
fil) als auch für geschlossene Profile (Wannengeometrie,
siehe Bild) erarbeitet. Diese müssen einerseits ein Austre-
ten des LFTs im Prozess verhindern und dürfen andererseits
den erforderlichen Blechfluss zur Metallumformung nicht
beeinträchtigen. Während das Werkzeug der Wannengeo-
metrie eine umlaufende Ziehstufe und eine wegabhängige
Niederhalterkraft als Dichtkonzept nutzt, gestaltete sich
die Abdichtung des U-Profils als deutlich komplexer. Die
finale Lösung basiert auf vorauseilenden und federgelager-
ten Dichtelementen sowie einer geometrischen Ausfor-
mung an den offenen Profilenden.
Zur Analyse der Verbindungseigenschaften zwischen
Metall, Haftvermittler und LFT wurden Scher- und Kopfzug-
proben hergestellt und in den anschließenden Zugversu-
chen Festigkeitswerte im Bereich von 13 bis 18 Megapascal
ermittelt. Anhand der Ergebnisse konnte ein Materialmo-
dell zur FE(Finite Elemente)-Simulation und Abbildung des
Versagensverhaltens entwickelt werden.
Demonstratoren
Für die Auslegung der Hybridbauteile, die durch das
Verbundpressen entstehen, wurde eine eigene Opti-
mierungsmethode entwickelt. Diese ermittelt zunächst
anhand vorgegebener Lastfälle eine minimal erforderliche
Blechdicke für das Metallblech und empfiehlt im Anschluss
die optimale Form der LFT-Rippenstruktur mithilfe einer
Topologie-Optimierung. Als Projekt-Demonstratoren und
zur Bauteilprüfung wurden sowohl ein Quer- als auch ein
Längslenker aus dem Fahrwerkbereich (Vorder- und Hinter-
achse) ausgewählt. Deren Blechdicken konnten durch die
Optimierungsmethode signifikant reduziert werden, was
in beiden Fällen zu Gewichtseinsparungen von mehr als
20 Prozent gegenüber den jeweiligen Serienbauteilen
führte. Fahrwerkbauteile aus Stahl weisen einerseits hohe
Blechdicken auf, wodurch ein tendenziell hohes Leichtbau-
potenzial durch das neue Fertigungsverfahren vorliegt.
Andererseits machen die verschiedenen Bauteilanforde-
rungen der Fahrzeughersteller hinsichtlich Schwingfestig-
keit, Lebensdauer, Versagensverhalten, Lackierbarkeit und
Korrosionsbeständigkeit eine umfangreiche Prüfung nötig.
Je nachdem wie die Anforderungen in den abschließenden
Realversuchen erfüllt sind, eröffnet das neue Verfahren
vielfältige Anwendungsmöglichkeiten im automobilen
Leichtbau, so z.B. in der Karosserie. Denkbar scheint zudem
eine Kombination von LFT mit höherfesten Aluminium-
Legierungen, da die Schmelztemperatur von z.B. Polyca-
prolactam im Bereich der Warmumformung von Alumi-
nium liegt und somit eine verbesserte Umformbarkeit zu
erwarten ist.
Projektpartner
- SimpaTec Simulation & Technology Consulting GmbH
- Sprick Technologies GmbH & Co. KG
- Universität Siegen − Fakultät IV − Department
Maschinenbau − Lehrstuhl für Fahrzeugleichtbau
- voestalpine Polynorm GmbH & Co. KG
- Weber Fibertech GmbH
24 25
Lichtgestalt
Motivation
Das hybride Fertigungskonzept, bestehend aus der Kombina-
tion von additiv-auftragenden und spanend-abtragenden Pro-
zessen mit Robotertechnik, stellt einen innovativen Ansatz in
der Fertigungstechnik dar. Es ermöglicht, funktionale Produkte
ressourcenschonend und ökonomisch herzustellen. Beschrän-
kende Faktoren für den industriellen Einsatz waren bisher
die geringe Produktivität der additiven Fertigung, die einge-
schränkte Verarbeitbarkeit metallischer Werkstoffe sowie die
gegenüber einer Werkzeugmaschine schlechtere Qualität der
robotergestützten spanenden Nachbearbeitung. Auch Limitie-
rungen beim Bauteildesgin galt es zu überwinden.
Innovation
Die Projektpartner haben ein generatives Hochleistungsfer-
tigungsverfahren erarbeitet, das generative und abtragende
Fertigungsprinzipien miteinander kombiniert. Für die laser-
basierte generative Herstellung wurde ein Hochleistungs-
diodenlaser mit höchster Strahlqualität und einem verbes-
serten energetischen Wirkungsgrad entwickelt. Er dient
als Energiequelle für eine speziell auf den Laser ausgelegte
koaxiale Drahtbearbeitungsoptik, bei der metallische Drähte
zentrisch in der resultierenden Laserstrahlachse zugeführt
werden. Mithilfe dieses innovativen Prinzips ist es möglich,
anwendungsspezifisch optimierte Eisen- und Nickel-Basis-
Fülldrähte für den generativen Prozess einzusetzen. Zudem
verspricht es vor allem bei schwer zerspanbaren Legierungen
eine erhebliche Verkürzung der Fertigungsdauer – ein Effekt,
der sich durch die zusätzlich integrierte elektrische Draht-
vorwärmung noch verstärken lässt. Durch den Einsatz eines
prozessspezifischen CAM-Tools sowie durch ein zwischenge-
lagertes Laserlinienscanning ist es möglich, die Bauteile in
verbesserter endkonturnaher Geometrie und damit ressour-
censchonend herzustellen. Für die spanende Nachbearbei-
tung wurden neue Schneidwerkzeuge und Bearbeitungs-
methoden qualifiziert. Mithilfe dieser Werkzeuge lassen sich
die werkstoffseitige Einsatzbreite für die roboterbasierte
Fräsbearbeitung erweitern und die Bearbeitungsgenauigkeit
signifikant erhöhen.
Kontakt
Stefan Rupp
robot-machining GmbH
Am Sandborn 10
63500 Seligenstadt
Telefon: 0170 8164788
E-Mail: s.rupp@robot-machining.de
PROGEN – Hochproduktive generative Produktherstellung durch laserbasiertes hybrides Fertigungskonzept
Ergebnisse
Die systemtechnischen Komponenten und Teilprozesse
sind in eine roboterbasierte Fertigungszelle integriert
worden, sodass eine hybride Bauteilbearbeitung in einer
Aufspannung möglich ist. Die geeignete Kombination von
Schweißen, Fräsen und iterativer Bauteilvermessung führt
zu einer hohen Bearbeitungsgenauigkeit in Bezug auf
Geometrie und Oberflächengüte. Die Prozesskette wurde
exemplarisch für zwei Anwendungsfälle erprobt.
Tragende Strukturen für den Flugzeugbau
Bedingt durch die offene kinematische Kette besitzt ein
6-Achs-Vertikalknickarmroboter höhere Nachgiebigkeits-
werte als ein Bearbeitungszentrum. Dieses Roboterdesign
begünstigt eine hohe Auslenkung des Werkzeugs und
führt zu Instabilitäten in Form von regenerativem Rattern
während des Spanprozesses. Zerspanungsversuche dienten
dazu, die bestmögliche Position und optimale Schnittwerte
für aufgebaute Strukturen aus der Nickellegierung Inconel 718
herauszufinden. Zur Ermittlung der geeigneten Bearbei-
tungsposition wurden für die Bauteile charakteristische
Bahnen an unterschiedlichen Positionen eines fest instal-
lierten Nullspannsystems im Arbeitsraum des Roboters
gefräst und anschließend auf ihre Maßhaltigkeit geprüft.
Durch intelligente Bahnplanung und Digitalisierung lässt
sich die Bearbeitungsgenauigkeit in Bezug auf Geometrie-
abweichungen auf durchschnittlich ±0,18 Millimeter erhö-
hen und die gemittelte Rautiefe auf Ra = 2,5 Mikrometer
verbessern.
Presswerkzeuge für den Automobilbau
Für die Kaltumformung von Blechen im Automobilbau
kommen zumeist Presswerkzeuge aus Grauguss oder
Werkzeugstahl zum Einsatz. Durch Verschleiß oder ge-
wünschte Geometrieänderungen an diesen Werkzeugen
ist es notwendig, lokale Aufschweißungen an Kanten,
Formelementen oder frei geformten Flächen vorzunehmen.
Bei der hybriden Bearbeitung ist der Ausgangszustand
durch das Scanning erfassbar, sodass eine angepasste
Schweißstrategie mittels computerbasierter Bahnpla-
nung unmittelbar umgesetzt werden kann. Dazu wurden
verschiedene Drahtwerkstoffe auf Eisen- und Nickel-Basis
für die Schweißungen qualifiziert und Schichtsysteme aus
Puffer- und Decklagen realisiert. Typische Schichtdicken für
den Automobilbau-Anwendungsfall liegen im Bereich von
3 bis 5 Millimetern mit einer Härte in der obersten Lage
von bis zu 700 HV (Vickers). Die hohe Härte des Werkstoffs
stellte eine besondere Herausforderung für die Planung
des Zerspanungsprozesses mit dem Industrieroboter dar.
Durch angepasste Roboterposen – die Pose setzt sich aus
der Position und der Richtung des Roboters zusammen
– ließen sich auch hier die gemittelte Rautiefe und die
Geometrieabweichungen auf die gleichen Werte wie beim
Flugzeugbau-Anwendungsfall anpassen.
Projektpartner
- Adam Opel AG
- Airbus Defence and Space GmbH
- BCT Steuerungs- und DV-Systeme GmbH
- DURUM Verschleißschutz GmbH
- Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik
(IWS)
- ISG Industrielle Steuerungstechnik GmbH
- Laserline Gesellschaft für Entwicklung und
Vertrieb von Diodenlasern mbH
- robot-machining GmbH
- Technische Universität Darmstadt − Fachbereich
Maschinenbau − Institut für Produktionsmanage-
ment, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW)
Verfahren
Additive FertigungTrennen Hybride Verfahren
Anwender
Maschinenbau MedizintechnikEnergieLuftfahrt
Aluminium Stahl Nickel
Werkstoffe
Al Fe Ni
26 27
Hot Spot
Motivation
Die Endbearbeitung großer und komplexer Integralbauteile in
der Luft- und Raumfahrtindustrie erfolgt vornehmlich durch
spanabhebende Verfahren aus geschmiedetem Block- oder
Rundmaterial. Hierbei stellen die Integralbauteile eine Heraus-
forderung für die Fertigungstechnik dar, denn sie bestehen aus
schwer zerspanbaren Werkstoffen, die schon nach geringen
Zerspanungsvolumina zu einem hohen Werkzeugverschleiß
führen. Als Gegenmaßnahme werden in der industriellen
Praxis für die Schruppbearbeitung von schwer zerspanbaren
Werkstoffen niedrige Technologieparameter verwendet, die
in einem geringen Zeitspanvolumen resultieren.
Innovation
Das Ziel von SchwerSpan war es, das Zeitspanvolumen um
bis zu 100 Prozent zu erhöhen. Zu diesem Zweck erfolgte
die Zerspanung unter Verwendung eines Induktors zur pro-
zessparallelen Erwärmung des Materials. Die Erwärmung
entfestigt das zu bearbeitende Material und reduziert
somit die mechanische Belastung auf die Schneide, wo-
durch sich die Einsatzdauer der Fräswerkzeuge verlängert.
Folglich können die Technologieparameter und somit die
Produktivität erhöht werden.
Die Forschungsarbeiten konzentrierten sich auf die Aus-
legung des induktiven Prozessverfahrens und auf die Ent-
wicklung eines neuen Kühlschmierverfahrens. Bei der Pro-
zessauslegung ging es um eine Kalibrierung der benötigten
Prozessparameter in Abhängigkeit von der Werkzeug-
technologie. Um das Prozessfenster um eine zusätzliche
Dimension zu erweitern, wurde die induktive Bearbeitung
mit der kryogenen Kühlung des Werkzeugs kombiniert.
Dadurch steigt einerseits die Flexibilität hinsichtlich der
Werkzeugtechnologie und der Bearbeitungsstrategie, an-
dererseits aber auch die Komplexität des Parameterfelds.
Kontakt
Markus Kannwischer
Hartmetall-Werkzeugfabrik
Paul Horn GmbH
Unter dem Holz 33–35
72072 Tübingen
Telefon: 07071 7004-3010
E-Mail:
markus.kannwischer@phorn.de
Verfahren
Anwender
Maschinenbau Werkzeugbau Energie
Werkstoffe
Titan
TiNickel
Ni
Trennen Hybride Verfahren
Luftfahrt
SchwerSpan – Hochleistungsfräsen schwer zerspanbarer Werkstoffe Ergebnisse
Mithilfe der innovativen Zerspanung konnte das Zeitspanvo-
lumen um 100 Prozent erhöht werden. Das neue Verfahren
basiert auf der induktiven Erwärmung des Werkstoffs und
der kryogenen Kühlung des Werkzeugs. Für die Anwendung
der induktiven/kryogenen Zerspanung ist eine auf den
Prozess abgestimmte Werkzeugtechnologie essenziell.
Deren Entwicklung stand daher im Mittelpunkt des Projekts
und basierte auf der Auslegung von Schneidstoffen.
Induktive Erwärmung und kryogene Kühlung
Der auftretende Effekt einer Werkstoffentfestigung durch
eine vorgewärmte Zerspanstelle verursacht einen erhöhten
Wärmeeintrag in die Wendeschneidplatten. Diesem Effekt
wirkt die kryogene Kühlung der Wendeschneidplatten entge-
gen. Die Auswirkungen der induktiven Erwärmung und der
kryogenen Kühlung auf die Zerspanzone wurden in Form von
Werkzeugverschleißanalysen der eingesetzten Schneidstoffe
dokumentiert. Da es sich um ein neues Verfahren handelt,
war vor der Versuchsauslegung eine Kalibrierung der Induk-
tionsanlage notwendig. Dabei wurden der Wärmeeintrag
und die Werkzeugtechnologie berücksichtigt. Dieser Schritt
diente zur Einstellung der Temperatur in der Zerspanzone
und somit zur Bestimmung eines Prozessfensters, innerhalb
dessen die Bearbeitungsstrategie zu wählen ist. Bei der
Kalibrierung erwies sich eine Zustelltiefe von 6 Millimetern
beim Fräsprozess als am geeignetsten. Zudem wurde festge-
legt, dass die Temperatur in der Zerspanzone ca. 150 bis 200°C
betragen sollte. In diesem Bereich liegt eine ausreichende
Entfestigung des Materials bei einer gleichzeitig geringen
thermischen Belastung der Schneiden vor.
Bearbeitung mit Hartmetallschneidplatten
Auf Basis der Prozessdefinition erfolgten Zerspanversuche
mit Wendeschneidplatten unterschiedlicher Schneidstof-
fe als Werkzeugtechnologie. Es zeigte sich deutlich, dass
die hybride Bearbeitung von Titan und Superlegierungen
Hartmetallschneidplatten erfordert, die sich von denen der
konventionellen Bearbeitung mit Kühlschmierstoff unter-
scheiden. Diese Feststellung wurde anhand des Einsatz-
verhaltens der Werkzeuge und einer Charakterisierung
des Werkzeugverschleißes abgeleitet. Hierbei zeigte sich
deutlich, dass sich der Wärmeeintrag in den Schneidstoff
aufgrund der geringen Wärmeleitfähigkeit des Schneidstoffs
unterbinden lässt. Darüber hinaus führte eine Überlast in
Form von Schneidkantenausbrüchen zum Standzeitende –
sie wurde als Versagenskriterium definiert.
Fazit
Den Projektpartnern ist es gelungen, die Standzeit schneid-
stoffabhängig zu steigern und damit das Zeitspanvolumen
zu erhöhen – das Projektziel „Verdoppelung des Zeitspan-
volumens in Titan und Superlegierungen“ wurde erreicht.
Höhere Technologieparameter und die induktive/kryogene
Bearbeitung leisteten einen wichtigen Beitrag dazu. Der
gezielte Wärmeeintrag führte zu einer Materialentfestigung
und sorgte aufgrund der verringerten mechanischen Belas-
tung auf das Fräswerkzeug für eine Produktivitätssteigerung.
Projektpartner
- CemeCon AG
- Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und
Systeme (IKTS)
- Hartmetall-Werkzeugfabrik Paul Horn GmbH
- H. C. Starck GmbH
- Oemeta Chemische Werke Gesellschaft mit
beschränkter Haftung
- Petzinger GmbH
- Rolls-Royce Deutschland Ltd & Co KG
- Technische Universität Darmstadt – Fachbereich
Maschinenbau – Institut für Produktionsmanage-
ment, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW)
- VDM Metals GmbH
28 29
Feinschliff
Motivation
Strömungsschleifen und Hydroerosiv(HE)-Verrunden sind Ver-
fahren, um funktionelle Oberflächen im Inneren von Bauteilen
zu bearbeiten. Damit grenzen sie sich signifikant vom beste-
henden Stand der Technik der mechanischen Bearbeitung ab,
der oftmals durch die Zugänglichkeit zu den Funktionsflächen
limitiert ist. Aufgrund der Gesetzmäßigkeiten der Strömungs-
mechanik unterliegen jedoch auch das Strömungsschleifen
und das HE-Verrunden Begrenzungen. SmartStream verfolgte
daher das Ziel, bisher geltende strömungstechnischer Verfah-
rensgrenzen zu überwinden und auf diese Weise die beiden
Verfahren weiterzuentwickeln.
Innovation
Um die Zerspanungsleistung an spezifischen Bearbeitungs-
stellen lokal zu verändern, wurden die Abrasivmedien durch
ein externes elektromagnetisches Feld beeinflusst. Vorausset-
zung für eine punktuell steuerbare Prozessführung war eine
zweistufige Prozessadaption. Dazu war es notwendig, das
Medium zu magnetisieren und mithilfe des angelegten Mag-
netfeldes zu steuern. Auf diese Weise lassen sich strömungs-
mechanisch ungünstig gelegene Bereiche des Werkstücks
bearbeiten, aber auch bei vermeintlich einfachen Strukturen
die Abtrennleistung der Prozesse lokal gezielt steuern.
Die Zusammensetzung der schaltbaren, abrasiven Suspension
erfolgte auf Basis einer physikalischen Prozesssimulation. Zu-
dem wurden die werkstückspezifischen, elektromagnetischen
Feldverläufe vorab numerisch simuliert und anhand konkreter
Demonstratoruntersuchungen validiert.
Ein Verfahren zur Abtrennung der Partikel vom Basismedium
und zu deren Aufbereitung ermöglicht einen wirtschaftlichen
Produktlebenszyklus, da die genutzten Partikel erfolgreich
extrahiert und je nach Bedarf und Beschaffenheit wiederholt
eingesetzt werden.
Kontakt
Christian Schmiedel
Fraunhofer-Institut für Produktionsanagen und
Konstruktionstechnik (IPK)
Pascalstraße 8–9
10587 Berlin
Telefon: 030 39006-267
E-Mail:
christian.schmiedel@ipk.fraunhofer.de
SmartStream – Intelligente Bearbeitung durch die Verwendung schaltbarer Fluide
Verfahren
Werkstoffe
Stahl
Fe
Trennen
Aluminium
AlNickel
NiTitan
Ti
Anwender
Maschinenbau WerkzeugbauAutomobil
AdditiveFertigung
Luftfahrt
Ergebnisse
Mit Blick auf Smart Fluids wurden zwei unterschiedliche
Medien-Typen untersucht:
• Typ A mit Abrasivpartikeln und zusätzlich magnetisierba-
ren Partikeln, die sich im homogenen Magnetfeld ausrich-
ten, Strukturen bilden und das Medium somit versteifen
• Typ B mit magnetisierbaren Abrasivpartikeln, die im
inhomogenen Magnetfeld an die Werkstückoberfläche
gelenkt werden und somit größere Zerspankräfte aufbrin-
gen können
Die Trägermedien für das HE-Verrunden – Morlina 5,
Morlina 10 und Flowgrind 32 – wurden mit Carbonyl-
eisen und B4C-Partikeln versetzt und magnetorheologisch
untersucht. Die Suspensionen zeigten scherverdünnendes
Verhalten. Die Fließgrenze ist abhängig vom Eisengehalt
sowie von der Stärke des Magnetfeldes. Zusätzlich ist mit
dem Eisengehalt die Viskosität bei gleichen magnetischen
Flussdichten regelbar – höhere Viskositäten sind durch
eine höhere Eisenzugabe möglich. Die polymeren Basis-
medien für das Strömungsschleifen – MF14 und MF18 –
wurden mit Siliziumkarbid und Carbonyleisen versetzt und
im homogenen Magnetfeld rheologisch analysiert. Auch
hier zeigte sich mit steigendem Eisengehalt ein Anstieg
der Viskosität über der Flussdichte. Bei bisher in Versuchen
gemessenen Flussdichten von 215 bis 350 Millitesla (mT)
ist der Anstieg der Viskosität allerdings nur moderat. Aus
diesem Grund wurden weitere Magnetpartikel mit höhe-
rer initialer Permeabilität als Alternative zu Carbonyleisen
untersucht, z.B. Cobalt und Superpermalloys.
Für die Magnetfeldsimulation wurden geeignete Modelle
entwickelt. Unter Verwendung der Materialdaten der ma-
gnetorheologischen Fluide und der Anwenderwerkstoffe
ist es möglich, die Magnetfelder im Strömungskanal zu
berechnen und somit die Vorrichtungen für die Bearbei-
tungsversuche auszulegen. Die partikelbasierte Abtrennsi-
mulation auf der Längenskala individueller Abrasivkörner
wurde erfolgreich entwickelt und bereits anhand von
Prozesssimulationen demonstriert.
Beim HE-Verrunden von Einspritzdüsen mit Smart Fluid
Typ A zeigte sich keine signifikante Erhöhung des Zeitspan-
volumens, wenn ein elektromagnetisches Feld zugeschal-
tet war. Eine potenzielle Ursache dafür könnte die hohe
Strömungsgeschwindigkeit in Kombination mit noch zu
geringer Flussdichte (350 Millitesla) sein. Versuche mit ei-
nem Array aus Permanentmagneten – mit Feldstärken von
bis zu 1,2 Tesla – sollen weitere Erkenntnisse bringen.
Beim Strömungsschleifen von Referenzbauteilen aus Edel-
stahl, Grauguss sowie additiv hergestellten Aluminium-,
Nickelbasis- und Titanlegierungen steigt bei maximalen
Feldstärken von bis zu 215 Millitesla das Zeitspanvolumen
um bis zu 30 Prozent. Es laufen noch weitere Versuche auf
einer Produktionsanlage, bei denen Realbauteile der indus-
triellen Anwender unter simulationsbasiert optimierten
Magnetfeldern bearbeitet werden.
Projektpartner
- Bosch Rexroth AG
- citim GmbH
- Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien
und Systeme IKTS
- Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und
Konstruktionstechnik (IPK)
- Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM
- Perfect Finish GmbH
- Robert Bosch GmbH
- Rolls-Royce Deutschland Ltd & Co KG
- SiC Processing Deutschland GmbH
- Vollstädt-Diamant GmbH
- Zeller+Gmelin GmbH & Co. KG
30 31
Wellenreiter
Motivation
Der globale Wettbewerb und hohe Kundenansprüche erfor-
dern kürzere Produktlebenszeiten, eine höhere Typenzahl der
Produkte und sinkende Stückkosten bei steigender Qualität.
Diesen Herausforderungen müssen Hersteller durch flexiblere
Fügeprozesse begegnen – beispielsweise durch modularisierte
Systeme, bei denen ein breites Spektrum an Fertigungsprozes-
sen, Materialien und Bauteilen eingesetzt werden kann. Um
die Prozessgrenzen beim Fügen durch Umformen zu erwei-
tern, bieten sich ultraschallunterstützte Fügetechnologien an.
Diese ermöglichen die notwendige Flexibilisierung der Füge-
anlagen und -prozesse bei verbesserter Qualität der Fügestelle.
Innovation
Das Fügen durch Umformen und Verstemmen ist ein
etabliertes Verfahren. Jedoch führen hohe Prozesskräfte,
Einschränkungen bezüglich hochfester Werkstoffe und
fehlendes wissenschaftliches Detailverständnis dazu,
dass der Einsatz dieses Fügeverfahrens begrenzt ist. Ältere
Studien zeigen, dass durch Schwingungsüberlagerung mit
Ultraschall eine Kraftreduktion von bis zu 60 Prozent bei
Drahtziehen, Tiefziehen und Scherschneiden möglich ist. Das
Projektziel bestand daher darin, den Einfluss der Ultraschall-
unterstützung auf das Stauchen und das Verstemmen zu
untersuchen. Das auf diese Weise erzielte wissenschaftliche
Prozessverständnis ermöglicht eine Qualitätsverbesserung
der Fügeverbindung sowie eine deutliche Verringerung der
Prozesskräfte. Dadurch entstehen größere Spielräume bei der
Bauteilauslegung.
Eine wesentliche Innovation besteht darin, hochfeste,
konventionell schwer zu fügende Werkstoffe mithilfe des
neuen Verfahrens fügen zu können. Verringerte Prozesskräfte
ermöglichen eine Neuauslegung und Miniaturisierung der
Bauteile. Dies führt auch zur Einsparung von Ressourcen. Die
optimierte laserbasierte Messtechnik zur Schwingungsana-
lyse, Schwingsysteme für eine optimierte Verfahrensführung
und Maßnahmen zur Minimierung der Ultraschall-Emissi-
onen sind neben dem Fügeprozess weitere wichtige Ent-
wicklungen. Dazu zählt auch die simulative Abbildung der
ultraschallüberlagerten Prozesse, die die Prozessauslegung
unterstützt.
Kontakt
Dr. Elmar Kroner
Robert Bosch GmbH
Robert-Bosch-Campus 1
71272 Renningen
Telefon: 0711 811-10503
E-Mail:
elmar.kroner@de.bosch.com
UltraCaulk – Ultraschallunterstütztes Umformen und Verstemmen
Verfahren
Umformen
Werkstoffe
Stahl
Fe
Anwender
Maschinenbau Automobil Luftfahrt
Aluminium
Al
Hybride Verfahren
Ergebnisse
Zwei Versuchsanlagen dienten zur Untersuchung des Ein-
flusses von Ultraschall auf das Stauchen und das Verstem-
men. Die Ultraschall-Schwingsysteme einschließlich der
Generatoren stellten neben den eigentlichen Pressen die
wesentlichen Bestandteile der Anlagen dar. Da es sich bei
den ultraschallunterstützten Fügeverfahren um hochdyna-
mische Prozesse handelt, waren entsprechende Messtech-
niken essenziell. Zur Charakterisierung der Prozessführung
kam ein Laservibrometer zum Einsatz, das zeitlich und
räumlich hochauflösende Echtzeitmessungen ermöglichte.
Erfolgreicher Nachweis der Kraftreduktion
Es konnte gezeigt werden, dass der Einsatz von Ultraschall
zu einer Kraftreduktion von bis zu 55 Prozent beim Stau-
chen und – je nach Prozessführung – von 60 bis 80 Prozent
beim Verstemmen führt. Zur Erklärung der kraftreduzieren-
den Effekte wurden die in der Literatur gängigen Theorien
untersucht: Reibungsreduktion durch Ultraschall, Mate-
rialerweichung durch Temperatureintrag, Kraftreduktion
durch Superposition sowie der sogenannte Blaha-Effekt,
bei dem der Ultraschall zu einer hohen Beweglichkeit von
Materialdefekten und somit einer Materialerweichung
führt. Die durchgeführten Versuche haben gezeigt, dass
der wesentliche Beitrag zur Kraftreduktion beim Verstem-
men durch das Superpositionsprinzip, also die Kräfte-
überlagerung der statischen und dynamischen Kräfte,
verursacht wird. Die auf den Testanlagen gewonnenen
Erkenntnisse wurden anschließend auf Produktionsan-
lagen übertragen. Erste Ergebnisse zeigten sowohl eine
deutliche Reduktion der Prozesskraft als auch verbesserte
Eigenschaften der Fügestelle. So konnte im Prozess die
Verstemmkraft um 75 Prozent reduziert werden, wobei die
Festigkeitswerte der Verstemmung im Berstdruckversuch
signifikant erhöht wurden.
Um Mitarbeiter und Umwelt vor hoher Lärmemission zu
schützen, haben die Projektpartner eine Schallschutzhaube
entwickelt. Sie ist in der Lage, die Schallabstrahlung von
über 120 Dezibel auf 65 Dezibel zu senken und damit das
gefahrlose Arbeiten ohne Gehörschutz zu ermöglichen.
Simulationsmodelle zur Prozessunterstützung
Ein weiterer Schwerpunkt bestand in der Simulation des
Schwingungsverhaltens der Prüfeinrichtungen. Die neu
entwickelten Finite-Elemente-Modelle zeigten, dass die
Kontaktbedingungen sowie die Elastizität des Gesamt-
systems eine hohe Relevanz für ultraschallunterstützte
Fügeverfahren haben. Mithilfe neuer elastoplastischer Ma-
terialmodelle ist es zudem möglich, das Fließverhalten der
Werkstoffe während der Umformprozesse nachzubilden.
Damit sind die Grundlagen zur simulativen Unterstützung
der Prozessführung geschaffen.
Projektpartner
- Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg −
Institut für Maschinenbau − Lehrstuhl für Fertigungs-
technologie
- MATFEM Partnerschaft Dr. Gese & Oberhofer
- Metal-Con GmbH
- POLYTEC GmbH
- Robert Bosch GmbH
- Telsonic GmbH
32 33
Good Vibrations
Motivation
Im Automobilbau setzt man zunehmend auf innovative
Verbundwerkstoffe, um die Fahrzeuge leiser, leichter und
sparsamer zu gestalten. Beispiele für diese Werkstoffe sind
faserverstärkte Keramiken oder Kunststoffe. Ihre schwere
Zerspanbarkeit ist ein wesentlicher Grund dafür, dass sie
noch nicht uneingeschränkt in der Serienfertigung zum
Einsatz kommen. Mit den Entwicklungen innerhalb des
Verbundes ULTRASPAN könnte sich das ändern.
Innovation
Der technologische Ansatz besteht im Zusammenwirken
von einem innovativen Werkzeug und Ultraschallschwin-
gungen. Es kommt vor allem darauf an, das Zusammenspiel
beider Faktoren – Werkzeug und Ultraschall – zu optimieren.
Erforderlich sind dazu neuartige Werkzeug- und Fertigungs-
konzepte sowie Schwingungsaktoren für eine robuste und
reproduzierbare Zerspanung mit Ultraschallüberlagerung
bei erhöhten Schnittgeschwindigkeiten, besseren Werkzeug-
standzeiten und höherer Bauteilqualität. Für eine serien-
taugliche Entwicklung der ultraschallunterstützten Zerspa-
nung wurden zwei neuartige modulare Schwingsysteme und
Zerspanungswerkzeuge entwickelt.
Das Schwingsystem erzeugt zum einen longitudinale
Ultraschallschwingungen mit großen Schwingamplituden.
Zum anderen überlagern Schwingsysteme die rotatorische
Hauptschnittbewegung beim Bohren oder Fräsen mit einer
gleichartigen Schwingbewegung. Konzepte zur Hochleis-
tungsabsaugung schützen nicht nur den Bediener und die
bewegten Komponenten der Werkzeugmaschine, sondern
entfernen auch effektiv hochabrasive Faserstäube aus der
Zerspanzone. Letzteres führt zu einer deutlichen Erhöhung
der Werkzeugstandzeit. In die neuen technologischen
Lösungen sind Erkenntnisse über die im ultraschallunter-
stützen Prozess auftretenden Belastungen an Bauteil und
Werkzeug eingeflossen.
Kontakt
Dr. Jens Ketelaer
SAUER GmbH
Gildemeisterstraße 1
55758 Stipshausen
Telefon: 06544 99199-67
E-Mail: jens.ketelaer@dmgmori.com
ULTRASPAN – Hochleistungsbearbeitung von schwer spanbarenWerkstoffen durch hybride ultraschallunterstützte Zerspanung
Verfahren
Trennen
Keramik
Werkstoffe
Luftfahrt
CFK
Automobil
Anwender
Maschinenbau
Metalle
Ergebnisse
Zur Bearbeitung von Faserverbundwerkstoffen mittels Ultra-
schallunterstützung wurden einerseits die bisherigen Grenzen
longitudinaler Schwingungssysteme erweitert und anderer-
seits Systeme auf der Basis von Torsionsschwingungen entwi-
ckelt. Damit sind künftig deutlich mehr Bearbeitungsprozesse
im Bereich der Ultraschall-Zerspanung möglich.
Hinsichtlich der Werkzeugentwicklung hat die Anwendung
keramischer Werkzeugsubstrate den Vorteil, dass keine auf-
wendigen Vorbehandlungsverfahren notwendig sind, um eine
ultraschallbelastungsgerechte Schicht-Substrat-Anbindung
zwischen Werkzeug und CVD(Chemical Vapor Deposition)-
Diamant zu erzeugen. Allerdings besteht die Herausforde-
rung darin, verschleißbeständige Schneidstoffe in präzise
Werkzeugmikro- und -makrogeometrien zu überführen,
um ein ideales Zerspanverhalten des Fräsers zu generieren.
Die Untersuchungen mit unbeschichteten sowie mit CVD-
diamantbeschichteten Siliziumnitriden zeigen positive Effekte
auf die Fasertrennung und daraus resultierend auf die erzeug-
ten Bauteilqualitäten. Hauptgrund hierfür ist die im Vergleich
zu Hartmetall unterschiedliche Schneidkantenverschleißaus-
bildung der keramischen Schneidstoffe.
Eine neu entwickelte, hocheffiziente Staubabsaugung
ermöglicht eine schnelle Absaugung der Stäube. Sie gibt die
Maschinentüren erst dann frei, wenn der Bediener sie gefahr-
los öffnen kann. Das auf einer Raumabsaugung basierende
System wurde mithilfe einer CFD(Computer Fluid Dynamics)-
Simulation ausgelegt.
Die neu entwickelten Longitudinal- und Torsions-Ultraschall-
aktoren verfügen über piezoelektrische Hochleistungswerk-
stoffe mit sehr hoher Leistungsdichte und hohem Wirkungs-
grad für die Wandlung von elektrischer Energie in Ultraschall-
schwingungsenergie. Weiterhin dienen Schrumpfaufnahmen
als Schnittstelle zum angeregten Werkzeug. Diese garantiert
aufgrund des spielfreien Übergangs zwischen Werkzeug und
Booster eine maximale Energieübertragung ohne Reibungs-
verluste. Damit können deutlich höhere Schwingamplituden
erreicht werden, was die Einstellmöglichkeiten des utraschall-
unterstützten Bearbeitungsprozesses erheblich erweitert.
Ein weiteres Ergebnis ist ein variables vakuumunterstütztes
Werkstückspannsystem, mit dem sich faserverstärkte Rah-
menkomponenten aus dem Automobilbereich sicher fixieren
lassen. Dieses System kann schnell an die zu bearbeitende
Bauteilkontur angepasst werden.
Bei der Prozessentwicklung für die qualitätsorientierte Bear-
beitung von faserverstärkten Kunststoffen lag der Fokus auf
der Entwicklung von geeigneten Werkzeuggeometrien und
Prozessstrategien. Es zeigte sich, dass eine Hochgeschwindig-
keitsstrategie mit Schnittgeschwindigkeiten jenseits von
1.600 Metern pro Minute zu einer signifikanten Verbesserung
des Bearbeitungsergebnisses führt. Zudem hat die Ultraschall-
überlagerung gerade bei der Zerspanung von faserverstärkten
Kunststoffen Einfluss auf die entstehenden Staubfraktionen,
das Bearbeitungsergebnis, den Werkzeugverschleiß und die
Zerspankräfte. Mittels eines neu entwickelten zweistufigen
Werkzeugs, das über eine drückende und eine ziehende
Schneidkantengeometrie verfügt, konnte die Zerspanung
weiter verbessert werden.
Projektpartner
- Bayerische Motoren Werke Aktiengesellschaft
- Brembo SGL Carbon Ceramic Brakes GmbH
- CeramTec GmbH
- FCT Ingenieurkeramik GmbH
- Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und
Umformtechnik (IWU)
- Hufschmied Zerspanungssysteme GmbH
- Oerlikon Balzers Coating Germany GmbH
- Ott-Jakob Spanntechnik GmbH
- SAUER GmbH
- Technische Universität Berlin – Institut für Werkzeug-
maschinen und Fabrikbetrieb, Fachgebiet Werkzeug-
maschinen und Fertigungstechnik
34 35
www.benchwerk.de
top related