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Jens Rübner
Aufstieg ins
Rampenlicht
Engelsdorfer Verlag Leipzig 2013
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Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.dnb.de abrufbar.
ISBN 978-3-95488-099-7
Copyright (2013) Engelsdorfer Verlag Leipzig Alle Rechte beim Autor
Cover-Illustration: Freizeitmaler Gunter Schmidt Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)
www.engelsdorfer-verlag.de
16,00 Euro (D)
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Inhalt Beschreibung einer Idee.................................................................. 7 Die tun nichts, die wollen nur spielen........................................... 11 Die Frage nach Dilettantismus...................................................... 14 „Adlerschüler“ und Schau-Plätze ................................................. 16 Rolf Anschütz (1932 – 2008)........................................................ 20 Bruno Apitz (1900 – 1979) ........................................................... 25 Arndt Bause (1936 – 2003)........................................................... 28 Christel Bodenstein (* 13. Oktober 1938, München) ................... 31 Else Buschheuer (* 12. Dezember 1965 in Eilenburg)................ 35 Fred Delmare (1922 – 2009)......................................................... 39 Hendrik Alexander Duryn (* 8. Oktober 1967 in Leipzig) .......... 42 Hanns Eisler (1898 – 1962) .......................................................... 47 Heinz Erhardt (1909 – 1979) ........................................................ 51 Hans-Joachim „Fips“ Fleischer (1923 – 2002)............................. 57 Günter Grabbert (1931 – 2010) .................................................... 60 Christa Gottschalk (* 2. Dezember 1927) .................................... 65 Werner Godemann (1924 – 2010) ................................................ 68 Peter Michael Gotthardt (* 22. August 1941)............................... 70 Die Wunderwelt der Brüder Grimm ............................................. 73 Gert Gütschow (* 2. März 1928) .................................................. 77 Ellen Hellwig (* 1946 in Trondheim/Norwegen)......................... 79 Hans-Joachim Hegewald (1930 – 2010)....................................... 82 Günter Junghans (* 14. Juli 1941 in Leipzig)............................... 84 Erich Kästner (1899 – 1974)......................................................... 88 Alice und Ellen Kessler (* 20. August 1936 in Nerchau)............. 92 Freya Klier (* 4. Februar 1950, Dresden)..................................... 96 Rolf Kralovitz (* 15. Juni 1925 in Böhlitz-Ehrenberg) .............. 100 Ingeborg Krabbe (* 13. Juni 1931 in Leipzig)............................ 104 Gottfried Kolditz (1922 – 1982) ................................................. 106
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Kleine Philosophie der Passionen oder Jenseits des Rampenlichts................................................... 112 Koffergeschichten....................................................................... 116 Gustav Albert Lortzing (1801 – 1851) ....................................... 130 Enrico Lübbe (* 9. April 1975 in Schwerin) .............................. 136 Karl May (1842 – 1912) in Leipzig ............................................ 141 Friederike Caroline Neuber (1697 – 1760)................................. 145 Marylu Poolman (1936 – 2004).................................................. 148 Klaus Renft (1942 – 2006) ......................................................... 150 Prof. Helmut Richter (* 30. November 1933 in Freudenthal-Tschechien)................................................................................. 153 Das Pantoffel-Kino des Otto Semmler ....................................... 159 Maria Simon (* 6. Februar 1976, Leipzig) ................................. 162 Manon Straché (* 27. März 1960) .............................................. 166 Helmut Schreiber (1925 – 1995) ................................................ 170 Frank Schöbel (* 11. Dezember 1942 in Leipzig)...................... 173 Margarete Hertha Thiele (1908 – 1984) ..................................... 176 Gisela Uhlen (1919 – 2007)........................................................ 182 Joachim Werzlau (1913 – 2001)................................................. 185 Mary Wigman (1886 – 1973) ..................................................... 189 Woyzeck – Tatort Leipzig .......................................................... 194 Manfred Zetsche (* 10. Februar 1930 in Altenburg).................. 200 Karl Zugowski (* 1939 in Altenburg) ........................................ 201 Zwischen Dichtung und Wahrheit .............................................. 203 Das Wunder, die eigene geistige Arbeit gedruckt zu sehen ....... 207 Freizeitmaler Gunter Schmidt..................................................... 208 Zum Buch und Danksagung ....................................................... 210
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Beschreibung einer Idee
Man hofft ja immer auf einen Einfall und denkt, ich bin bereit, Idee,
bitte besuch mich jetzt!
Im Alten Land, dem größten Obstanbaugebiet Europas, wurde im
Frühjahr 2011 mein Grundgedanke geboren. Meine Frau und ich
verbrachten im Monat Mai unseren Jahresurlaub dort. Als einzigarti-
ger Kulturraum erstreckt sich das Alte Land über 30 Kilometer
südlich der Elbe von den Toren der Kreisstadt Stade bis hin zur
Hansestadt Hamburg. Reetgedeckte Bauernhäuser, Apfelbäume und
Kirchen soweit das Auge reicht. Schiffe, Leuchttürme, Deiche, Häfen
– typisch Altes Land.
Apropos Apfel: Äpfel werden sowohl als Nahrungsmittel als auch
zur Zierde angepflanzt. Außerdem wird ihnen eine Wirkung als
Heilmittel zugeschrieben. Vielleicht kennen Sie die englische Rede-
wendung „One apple a day keeps the doctor away“, was auf Deutsch
„ein Apfel pro Tag hält den Doktor fern“ bedeutet. Als die Frucht
schlechthin spielen Apfel und Apfelbaum in vielen Kulturen eine
wichtige Rolle, immerhin steht er als Symbol für die Liebe, Sexualität
und die Fruchtbarkeit des Lebens. Eva schenkte Adam einen Apfel
und auch Schneewittchen konnte ihm nicht widerstehen … – Sie
erinnern sich.
Der Name Altes Land ist irreführend, denn mit „alt“ im sprichwört-
lichen Sinne hat es nichts zu tun, doch dies ist eine andere Geschich-
te. Die Vielfalt macht’s! Ein wunderbarer Landstrich – die Region
Altes Land, in der man sowohl vieles unternehmen, die Seele bau-
meln oder Ideen reifen lassen kann.
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Ein Vorwort könnte von den einst unbekannten Menschen, die im
Laufe ihres Lebens zu Künstlern, Kunstschaffenden wurden und
heute in mancher Hinsicht schon fast vergessen sind, erzählen. Rund
800.000 Menschen sind in Deutschland künstlerisch tätig. Davon
leben können die wenigsten. Statistisch gesehen verdienen sie im
Durchschnitt nur etwa 11.000 Euro im Jahr. Arm, aber frei? Sachsens
Geschichte ist reich an Menschen, die Geschichte machten. Künstler
aller Genres sind darunter, Geistes- oder Naturwissenschaftler, Un-
ternehmer, Schriftsteller, Schauspieler, Komiker und (Film-) Kom-
ponisten. Sie wurden hier geboren, erlebten prägende Jahre hierzulande oder ließen sich - von außerhalb kommend - dies-seits nieder, um dann mit ihrem Schaffen von Sachsen ausge-hend der Nachwelt in Erinnerung zu bleiben. Ob Richard Wag-
ner (1813, Leipzig - 1883, Venedig), der Schauspielersohn, der in
Leipzig und Dresden seine Kinder- und Jugendzeit verbringt, das
Wunderkind Clara Schumann (1819, Leipzig – 1896, Frankfurt am
Main; geborene Wieck), die 1828 als Neunjährige im Leipziger Ge-
wandhaus debütiert und in den folgenden Jahren zur bedeutendsten
Pianistin Europas aufsteigt, oder der „Raubschütz“, „Wildschütz“,
„Sohn der Wälder“, wie die Einheimischen Karl Stülpner (1762 –
1841), gern nennen. Er erlegte das Wild in den Wäldern der Reichen
und gab das Fleisch den Bedürftigen. War er ein sächsischer „Robin
Hood“? Er, der erst im Sommer 1835 in den Gassen von Leipzig
verhaftet wird, weil er als alter Hausierer ein Buch feilbietet. Es ist
seine eigene Lebensgeschichte und so sorgte er noch zu Lebzeiten
für die Legendenbildung.
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Für beide Lebensbereiche, das Normale wie das Künstlerische, gilt
das Wort vom verborgenen Reiz, und je stärker die Künstler in aller
Öffentlichkeit strahlen, desto befremdlicher wirkt der Grad dieser
Verborgenheit. Gesichter – Menschen aus der Region Leipzig. Gera-
de als Medienstandort gilt „meine“ Region als Heimat von Stars und
Sternchen. Aber auch in filmischer Hinsicht gab es nach dem friedli-
chen Umbruch eine positive Entwicklung. Wir müssen uns also nicht
verstecken, deshalb stelle ich Ihnen unterschiedlich gelagerte Er-
folgsgeschichten von Persönlichkeiten vor, die etwas bewegt haben
beziehungsweise etwas vor unserer Haustür bewegen und damit auch
überregional mehr als Beachtung finden – oder auf dem besten Weg
dahin sind. Persönlichkeiten aus Funk und Fernsehen, aus dem
Schauspiel – und Bühnenbusiness und der (Film) Musikelite. Hier
erhalten waschechte, aber auch „gefühlte“ Leipziger einen Ehren-
platz.
Ich bemühe mich, die langen Spuren der Vergangenheit in das Ge-
genwärtige zu übertragen sowie in die Zukunft zu verlängern. Es ist
viel Bewegung in diesen autorisierten Lebensbilanzen, der lebenden
Persönlichkeiten, die ich für dieses Projekt gewinnen konnte. Das
Buch, es reicht tief hinein in die letzten Winkel, nicht nur für Film-
und Musikinteressierte sowie Kenner der Branchen. Hinein auch in
eine zum Teil nach Jahrhunderten zählende Vergangenheit, deren
Zeugnisse aus der unendlichen Ferne zu uns sprechen. Diese Men-
schen haben beziehungsweise hatten nicht nur eine Geschichte, die
sich in Koffern, Gräbern oder in verlassenen Archiven dokumentiert
wiederfinden, sie haben auch Spuren in der Gegenwart und wirken
bis hinein in die Zukunft. Diese Leseprobe ist Copyright-geschützt!
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Kennen Sie den noch? – „Der Sachse liebt es Reisen sehr – Nu nee,
nich das in Gnochen! Drum fährt er gerne hin und her, in sein drei
Urlaubswochen.“ (Auszug aus dem Lied „Sing, mei Sachse, sing!“)
Mehr als drei Jahrzehnte hat die sogenannte Sachsen-Hymne auf dem
Buckel. Und ist aktueller denn je! Denn der Sachse, im Besonderen
der Leipziger, hinterlässt längst nicht nur mehr reale, sondern auch
die meisten virtuellen Spuren auf unserem Himmelskörper. Von den
Abermillionen weltweit abrufbaren Internetseiten mit der Domain
„de“ haben allein 127 000 einen Leipziger Besitzer. Wir sind damit
das digitale Zentrum der neuen Bundesländer. Wow! Und selbstver-
ständlich habe auch ich einen Internetauftritt, eine Domain mit der
Endung „de“ – www.defa-fan.de. Aber auch andere, viel bekanntere
und erfolgreichere Menschen aus der spielenden Zunft, die aus Leip-
zig kommen (kamen), haben eine. Wie beispielsweise die Schauspiele-
rinnen Franziska Petri, Simone Thomalla, die Komponisten Arndt
Bause und Peter Gotthardt, die Schauspieler und Kabarettisten Tom
Pauls, Manon Straché oder die Regisseurin Franziska Meletzky. Sie
glauben gar nicht, wie viele es sind, die es aus der sächsischen Halb-
millionenstadt in den vergangenen Jahrzehnten in die Annalen der
Filmbranche geschafft haben! Und es sind weiß Gott nicht nur
Schauspieler. Denn zum Film, Fernsehen und Theater gehören mehr
als nur die darstellenden Künste und Künstler. Von einigen durfte
ich ihre Geschichte und Geschichten recherchieren und aufschrei-
ben. Infolgedessen erfahren Sie auch um die Schönheit und den
Wahnsinn einer Persönlichkeit. So möchte ich kommende Ausfüh-
rungen sowohl als einen Rückblick als in mancher Hinsicht auch als
einen Ausblick verstanden wissen.
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Die tun nichts, die wollen nur spielen
Monika Woytowicz, Renate Geißler, Claudia Wenzel, Manon Straché
oder Julia Jäger. Sowohl Karl Zugowski, Uwe Steimle, Udo Schenk,
Jörg Schüttauf, Tom Pauls als auch Ulrich Mühe. Sie alle hat es
erwischt. Sie wollen beziehungsweise wollten nur spielen. Sie alle
waren Absolventen der Theaterhochschule „Hans Otto“ in Leipzig.
Heute nennt sich die Lehranstalt Hochschule für Musik und Theater
„Felix Mendelssohn Bartholdy“.
Was sind die gängigsten und oft falschen Klischees? Jeden Tag das
Geld hin und her schaufeln, damit es nicht schimmelt? Waschkörbe
voller Fanpost empfangen? Zahlreiche Ehrungen erhalten und im
Monat mehrmals über die roten Teppiche der Welt stolzieren? Oder
warum versuchen erwachsene Menschen andauernd, jemand anders
zu sein? Und warum will man immer wieder an der Rampe stehen,
obwohl man die Hose gestrichen voll hat vor lauter Lampenfieber?
Haben sie Probleme mit der Realität, diese Menschen? Sind sie schi-
zophren? Sind sie psychisch krank, hatten eine komplizierte Kindheit
oder leiden sie etwa an Größenwahn? Warum geben sie ständig vor,
jemand zu sein, der sie nicht sind, nie sein werden – um etwa eine
Rolle zu spielen? Warum lassen sie sich unaufhörlich anfassen, an
sich herumziehen, sprechen gar geschminkt und verkleidet Sätze, die
nicht ihnen gehören?
Heute hier, morgen dort … Knacki, Lustmolch, Proll, Heirats-
schwindler, melancholischer Schönheitschirurg oder schwuler Metz-
ger – und warum brauchen sie dafür Zuschauer, Publikum?
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Die Antwort liegt so nah: Es ist die Welt der Schauspieler, die oft
von Klischees und Vorurteilen bestimmt wird. Es ist der Beruf der
Leinwandgrößen und Bühnenkünstler, der die voran genannten
Möglichkeiten erlaubt, der diesen Berufszweig derart ungewöhnlich
und interessant macht, dass ihn viele selbst nach zig Jahrzehnten
noch mögen und begeistert sind von dieser faszinierenden Art zu
arbeiten.
Doch ein bestimmtes Talent, eine gehörige Portion Disziplin und
eine Menge Energie sollte man unwiderruflich besitzen – um diese
‘Hass-Liebe’ zu diesem schrecklich schönen Beruf aushalten zu
können. Die Schauspielerei ist unheimlich komplex, was man von
außen nicht unbedingt sieht. Einige von ihnen sind als ‘Filmkinder’
mit dem Beruf aufgewachsen, waren schon als Kind oft an Theatern
und haben gesehen, wie viel Arbeit wirklich dahinter steckt. Andere
wiederum haben die Hingabe zur Schauspielerei von ihren Eltern
geerbt. Doch Vorsicht – Berühmtsein kann definitiv auch eine Belas-
tung sein, zur Belastung werden. Wenn die Menschen einen umrin-
gen, hat man plötzlich keine Kraft mehr, etwas auszustrahlen. Es soll
Menschen geben, die im Mittelpunkt stehend begannen, aufzuleben.
Aber empfindsame Seelen, Neulinge, Anfänger in der Branche haben
es zuweilen schwer, sich im grellen Rampenlicht zu orientieren.
Ehre, wem Ehre gebührt. Schön sein wollen wir alle, alt werden
wollen die wenigsten. Das ist heute ein Trend in unserer Gesellschaft.
Damit wird auch Geld verdient. Nicht nur die Schönheitschirurgen,
sondern auch andere clevere Leute entdeckten das Geschäft mit der
Eitelkeit. So gibt ein Schweizer Verlag beispielsweise „jedermann“
das Gefühl, prominent zu sein, und verdient mit dieser Masche gutes
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Geld. Die sogenannten Bauchpinsler spielen, ja rechnen mit der
Eitelkeit der Menschen. So erhält angeblich Hinz und Kunz kosten-
frei die Möglichkeit, zur Elite zu zählen, prominent und damit wich-
tig zu sein. Nach dem Motto: Wer drin steht, hat es geschafft, ist in.
Das zumindest suggerieren gerissene Strategen und sehr geschulte
Telefonistinnen. Das „Geschäft mit der Eitelkeit“ läuft also weiterhin
blendend. Doch zurück zum Ursprünglichen.
Das Laute, das Licht und die Größe sind wichtig beim Theater. Ein
altbewährter Theatermann sagte einmal: „Erstens, wenn man auf die
Bühne kommt, muss man immer laut sein. Hat man keinen Text,
dann huste, wirf die Tür oder stampfe auf! Zweitens, stelle dich
immer dahin, wo das Licht ist, ganz gleich, was der Regisseur sagt!
Drittens, auf dem Theater musst du entweder groß oder dick sein!“
(Vgl. Vera Oelschlegel, „Wenn das meine Mutter wüsst …“, Seite
14/15).
Aber es kann und muss ja nicht jeder Schauspieler werden, auch
wenn oft auf den roten Teppichen und in den Medien so getan wird,
als ob dieser Beruf das „Who is Who“ ist. Er kann nämlich auch
verdammt hart und deprimierend sein. Zum Beispiel, wenn der
Erfolg, die Anerkennung ausbleiben, man schlecht behandelt, nicht
wahrgenommen und obendrein noch schlecht bezahlt wird. Ja, dann
kann dies einer der traurigsten und einsamsten Berufe der Welt sein.
Erlauben Sie mir zum Abschluss noch ein paar persönliche Anmer-
kungen. Mich stört, dass sich viele so wichtig nehmen. Dabei machen
die Schauspieler doch alle nur Unterhaltung. Ob Tatort, Pilcher oder
Politthriller. Und sie sind kein besserer Schauspieler und Star, schon
gar nicht, weil sie in einem Tatort mimen!
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Die Frage nach Dilettantismus
Dilettant – ein ungeliebter Begriff, der heutzutage nur negativ ver-
wendet wird, obwohl er einst positiv besetzt war.
Kürzlich erhielt ich von einem Leser aus Düsseldorf eine Art Stel-
lungnahme/Reaktion auf meine publizistische und dokumentarische
Arbeit in Bezug auf mein „Rotznasen“ – Buch. Es war eine Art
Anmerkung in Verbindung zum Wort Dilettantismus, bezüglich auf
dessen ursprünglich positive Bedeutung.
„Der langjährige und vielseitig interessierte DEFA/DDR-Filmfreund
Jens Rübner aus Sachsen-Leipzig hat es geschrieben. Dieses Werk
beschäftigt sich mit „Rotznasen“ – Filmkindern, mit den kleinsten
und jüngsten Darstellern der DEFA-DDR-Filmgeschichte und was
aus ihnen geworden ist. Jens Rübner nennt sich selbst Hobbyautor,
der das Schreiben, das Sich-Mitteilen in erster Linie aus Spaß an der
Freude betreibt. Dann ist er wohl ein Dilettant?“ (Uwe Malchin,
Leser aus Düsseldorf)
Ein Dilettant ist laut freier Enzyklopädie-Wikipedia ein Nicht-
Fachmann, Amateur oder Laie. Der Dilettant übt eine Sache um
ihrer selbst willen aus, also aus privatem Interesse oder zum Vergnü-
gen. Dabei mag er durchaus vollendete Kenntnisse und Fähigkeiten
erlangt haben. Solange er aber die Tätigkeit nicht professionell aus-
übt, um also seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, oder eine entspre-
chende anerkannte Ausbildung absolviert hat, gilt er als Dilettant.
Soweit so gut. Doch die wenigsten wissen, was die Bedeutungswand-
lung des ursprünglich wohlgemeinten Begriffs ‘Dilettant’ betrifft. So
findet man heutzutage fast nur noch in alten Lexika dieses Wort in
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dieser einst positiven Bedeutung erklärt: Es steht nämlich als die
Bezeichnung für einen Menschen, der sich als Laie, aber mit Freude
und Leidenschaft den Dingen der Kunst, der Wissenschaft oder des
Schreibens zuwendet. Was einst ein Prädikat war für die ‘Liebhaberei’
an einer Sache, ist inzwischen ganz und gar ins Negative verkehrt
worden. Das könnte eventuell seinen Grund darin haben, dass es
manch einem dieser sich gern als ‘Dilettant’ Hervortuenden dann
doch zu mühsam geworden ist, der von ihm behaupteten ‘Liebhabe-
rei’ auch eine gewisse Qualität zu verleihen. Lieber gab er sich mit
Oberflächlichem zufrieden, weshalb sich daraus bald der Vorwurf
entwickelte, diese sich gern als ‘Dilettanten’ ausgebenden „Kunst-
liebhaber“ würden sich letztlich ja doch nur als Pfuscher und Stüm-
per erweisen. „Aber, wer so wie du mit so viel Herzblut und Ambiti-
on an sein Werk herangeht, darf sich gern mit Stolz einen ‘Dilettan-
ten’ im klassischen Sinne nennen.“ (So lautet zumindest die Meinung
von Uwe Malchin.) Dazu fällt dem Schreiber spontan noch folgendes
ein: Jean-Jacques Rousseau, der nie studiert hat, interessierte sich als
Autodidakt mit Leidenschaft für Kunst, Musik, Botanik, Politik und
anderes und er gewann sogar den Preis der Akademie für einen
politischen Aufsatz. Berühmt wurde er für seine reformpädagogi-
schen Gedanken sowie auch als Opernschreiber und nicht zuletzt
durch seinen „Contract sociale“, welcher die Menschen seiner Zeit
einstimmte auf die längst notwendig gewordenen gesellschaftlichen
Veränderungen, was dann ja letztendlich in der Französischen Revo-
lution seinen umwälzenden Ausdruck fand.
„Also, lass dir deinen Eifer nicht nehmen, vor allem mit so viel
interessantem Material im Hintergrund. Nur wenn du es unter die
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Leute bringst, können sich deine und andere Zeitgenossen an den
Ergebnissen deiner Mühen erfreuen.“ In diesem Sinne …
„Adlerschüler“ und Schau-Plätze
Preisfrage: Was haben Albert Garbe, Eberhard Esche und Man-fred Uhlig gemeinsam? Sie sind männlichen Geschlechts – richtig,
sie sind Unterhaltungskünstler – auch richtig, und weiter? Sie alle
waren einst Schüler der Schule in Kleinzschocher „Am Adler“ in der
Leipziger Antonienstraße 24. Der Schule, die ihren Namen von
der einstigen Gaststätte „Der goldene Adler“, bekam. Heute, 113
Jahre später nach ihrer Gründung, sind es Mittelschule, Grundschule,
Hort und Schulclub, die sich das Schulgebäude teilen.
Am 25. Mai 1904 erblickte in Leipzig im südöstlichsten Ortsteil
Liebertwolkwitz Albert Garbe das Licht der Welt. Ein Blick in ein
fast unantastbares Heiligtum, das Klassen-Zensuren Buch soll dies
belegen.
Ein harmloser Name für etwas, das für die persönliche Perspektive
und die weitere schulische Entwicklung nicht selten auf tragische
Weise formte und gutes Wissen wie schlechte schulische Leistungen
mittels der obligatorischen Zensuren dokumentierte. Es enthielt alle
Eintragungen von Loben und Tadeln, wer wann und wie oft zu spät
kam, oder freudeauslösende Einsen sowie gefürchtete Fünfen oder
Sechsen. Aber nun genug davon.
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Dieses Foto des Zensuren Auszuges wurde von Lothar Thiel-
Leipzig, einem ehemaligen Schüler besagter Schule geschossen.
Grund genug, um in seine Geschichte einzutauchen. Garbe wurde zu
Ostern 1911 in beschriebener Schule eingeschult. Damals, zur Zeit
des Deutschen Kaiserreichs, begann das Schuljahr noch zu Ostern.
Der gelernte Bankangestellte nahm in Leipzig Schauspielunterricht
und kam danach zum Ensemble des Leipziger Schauspielhauses.
Während seiner ‘Leipziger Zeit’ wohnte er in der Ludwig-Beck-Straße 12 in der Nähe des Leipziger Coppiplatzes. Trotz Angeboten
von Hilpert und Gründgens aus Berlin blieb er Leipzig 25 Jahre treu,
ehe er 1951 zum Ensemble des Theaters am Schiffbauerdamm, mit
dem er später auch an der Berliner Volksbühne auftrat, wechselte.
Sein Können: Schwere und Grazie, Behäbigkeit und Nervosität,
Verlegenheit und Eleganz, Derbheit und Zartheit darstellen zu kön-
nen, eben in seiner typisch Garbschen Unnachahmlichkeit. Auch die
DEFA lässt sich diesen außergewöhnlichen Schauspieler nicht entge-
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hen und besetzt ihn vielfach in kraftvollen, proletarischen und ko-
mödiantischen Rollen. Das verurteilte Dorf (1952), Hexen (1954)
oder Mazurka der Liebe (1957) seien hier stellvertretend aufgeführt.
Verheiratet war der Mime mit seiner Berufskollegin Ilse Kuklinski,
auch Kuki Garbe genannt. Am 1. Februar 1975 starb Garbe in Ber-
lin.
Ein weiterer Bub, aus dem ein großer, angesehener und erfolgreicher
Künstler wurde, ist Eberhard Esche, der am 25. Oktober 1933 in
der Sophienstraße, die sich heutzutage Shakespearestraße nennt, zur
Welt kam. Seine Kindheit verbrachte er in Kleinzschocher und Plag-
witz rund um den ‘Adler’. Dort besuchte er auch diejenige Schule, die
sich zu dieser Zeit 50. Volksschule nannte. Während seiner Schulzeit
wohnte er gegenüber dieser in der Zschocherschen Straße 97. Die
Großeltern wohnten ganz in der Nähe in der Gießer-, Ecke Siemens-
straße. In der Firma KFZ-Zubehör am Fleischerplatz absolvierte
Esche eine kaufmännische Lehre.
Aus der Schauspielschule Leipzig, an der er von 1952 studierte,
entstand 1953 die erste Theaterhochschule Deutschlands, die seit
1992 zur Hochschule für Musik und Theater in der Grassistraße
gehört. Nach Besuchen an den Bühnen in Meinigen, Erfurt und
Karl-Marx-Stadt ging er nach Berlin an die Volksbühne und später
ans Deutsche Theater. Unvergessen seine Darstellung des Lanzelot
in Schwarz’ „Drachen“. Schon damals grandios und augenfällig seine
stark gestische Begabung, seine intensive sprachliche und mimische
Ausdrucksfähigkeit. Vielfältige Aufgaben bei Film und Fernsehen
ließen daher nicht lange auf sich warten. Hervorheben möchte ich
insbesondere seine Rollen als Manfred Herrfurth in Der geteilte
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Himmel (1964), seinen Werner Horrath in Spur der Steine (1966)
oder seinen Johann Christian von Hennicke im Fernsehepos Sach-
sens Glanz und Preußens Gloria (1985/87).
Die junge Holländerin Cox Habbema begann 1969 auf Kosten der
niederländischen Regierung ein Regie-Praktikum in Ostberlin. Dar-
aus wurde ein 20 Jahre andauerndes Engagement als Schauspielerin
am Deutschen Theater in Berlin. Mit dem Märchenfilm Wie heiratet
man einen König? spielte sie sich nicht nur in die Herzen der Zu-
schauer, sondern eroberte auch das ihres Filmpartners und späteren
Ehemannes Eberhard Esche.
Neben seiner Arbeit am Theater, bei Film und Fernsehen trat er auch
mit Vortragsreihen auf, unter anderem mit Heinrich Heines
„Deutschland. Ein Wintermärchen“ und Goethes „Reineke Fuchs“.
Im besten Sinne brillant und volkstümlich war in der DDR seine
geniale Interpretation des Gedichts „Der Hase im Rausch“ von
Sergei Michalkow. Sehr zu empfehlen auch seine Werke als Autor
„Wer sich grün macht, den fressen die Ziegen“ sowie „Der Hase im
Rausch“: autobiografische Geschichten.
Esche starb im Alter von 72 Jahren am 15. Mai 2006 in einem Berli-
ner Krankenhaus an einem Krebsleiden und wurde auf dem Franzö-
sischen Friedhof beerdigt. Er hinterlässt – neben seiner bereits er-
wachsenen Tochter – auch einen jüngeren Sohn, Jonathan. Er ist
Vollwaise, denn seine Mutter, Oertels Tochter Annette, starb am 13.
Januar 2008 ebenfalls an Krebs.
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Rolf Anschütz (1932 – 2008) ‘Konnichi Wa’, Geishas & Kimonos
‘Konnichi Wa’ ist japanisch und bedeutet frei übersetzt „Hallo –
Herzlich Willkommen!“ Japan ist das Land des Morgens, das Land
der Kirschblüten, der ewig lächelnden Menschen, und die beste
Technik soll auch aus Japan kommen, sagt man. Die Japaner nennen
ihr Land Nihon (Nippon), was aus zwei Wörtern besteht: Ni – ‘Son-
ne’ und Hon ‘Ursprung’, deswegen ist es auch als das „Land der
aufgehenden Sonne“ bekannt. Doch um ein klein wenig das Aben-
teuer Japan kennen lernen und genießen zu können, musste man
früher im kleinen Arbeiter- und Bauernstaat DDR gar nicht weit
reisen. Die Erfahrung mit Japan begann Am Rennsteig in Suhl, in
einer kleinen Straße gleich beim Suhler Markt.
Niemand hatte die Absicht, in der DDR ein japanisches Restaurant
zu errichten – niemand, außer ihm – Rolf Anschütz! Es war kein
leichter Start für ihn. Denn Exotik und Selbstverwirklichung standen
nicht gerade hoch im Kurs in der DDR der 70er Jahre. Doch der
Kellner/Koch gibt nicht auf, ist besessen von seiner Idee, ließ sich
gar für 10.000 DDR-Mark auf eigene Kosten ein japanisches Koch-
buch übersetzen. Fortan kochte er nach, probierte, experimentierte,
improvisierte und eröffnet später mitten in der thüringischen Provinz
ein japanisches Restaurant und wird auf diese Weise weltbekannt.
Erlebnisgastronomie war in den 70er Jahren bei uns ein Fremdwort.
Anschütz war ein Wegbereiter, ja, ich denke, das ist das passende
Wort.
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