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Fallverstehen vs. Falsch-Verstehen
Deutsche Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen e.V.
„… denn sie wissen, was sie tun“3. Bundeskongress der Jugendhilfe im Strafverfahren und der ambulanten sozialpädagogischen Angebote für straffällig gewordene junge Menschen6. bis 8. Mai 2015, Bad Kissingen
Foren-Vortrag Kraimer
(c) Klaus Kraimer 2015
Fall-Verstehen: Beispiel im Bild
"Der muss anhalten. Er wird uns sehen."
"That guy's got to stop. He'll seeus."
(c) Klaus Kraimer 2015
Ausgangsposition
Fall-Verstehen
• ist die Routine des Professionellen
• der wissen sollte, was er tut, wenn er interveniert
Der Fall
• ist die Krise des Jugendlichen
• der – noch – nicht, oder nicht immer weiß, was sein Tun bedeutet oder bewirkt, bewirkt hat oder bewirken könnte
(c) Klaus Kraimer 2015
Ausgangsposition und Ausblick
ArbeitsbündnisZiel: Krisenbewältigung
(c) Klaus Kraimer 2015
Das Modell zwischen
Krise Routine
Fall Fall-Verstehen
Autonomieverlust Autonomiegewinn
Denn sie wissen nicht, was sie tun
− James Dean starb in einem Horrorcrash im Alter von 24 Jahren
−Er ist bis heute ein (latentes) Vor-Bild für männliche Jugendliche und junge Erwachsene in oder kurz nach der Krise der Adoleszenz
−Seine Prognose war falsch, wusste er nicht,
was er tat? Er ist ein „Fall von“
Unfalltoten/Traumatischer Krisentyp
(c) Klaus Kraimer 2015
Fälle als Spurentexte für das Typische
− "Der muss anhalten. Er wird uns sehen." "That guy's got to stop. He'll see us."
− Als überliefert gelten diese letzten Worte desSchauspielers, der 1955 in seinem Porsche550 Spyder mit einem entgegenkommenden
Ford kollidierte. Nach Deans Beifahrer (Rolf Wütherich,ein deutscher Mechaniker, der schwerverletzt überlebte)
− Todes-Fall im Alter von 24 Jahren. „Fall für“ dieSpurensicherung/Statistik? „Fall mit“ …
(c) Klaus Kraimer 2015
James Dean als Typ
− James Dean wird medial als Typ oder Ikone
der Pop-Kultur transportiert: Er repräsentiert den (Edel-) Rebell
− Dieser Typ ist im Sinne von Robert K. Merton eine klassische gesellschaftliche Form
− Typologisches Verstehen korrespondiert mit dem Fall-Verstehen so wie mit dem Verständnis von Ikonen
(c) Klaus Kraimer 2015
Typologisches Verstehen
R. K. Merton nennt in dem gesellschaftlichen Spannungsfeld fünf mögliche Reaktionstypen:
1. Der Konformist erkennt die allgemeinen Werte und Normen an und akzeptiert auch die üblichen Mittel zu deren Erreichung. Dabei ist es gleich, ob er erfolgreich ist oder nicht. Die Mehrzahl der Bevölkerung zählt nach R. K. Merton zu diesem Typ.
2. Der Innovator akzeptiert ebenfalls die allgemeinen Werte und Normen, setzt aber nicht die üblichen Mittel ein. Er handelt illegal oder nicht-legitim mit verbotenen Mitteln.
3. Der Ritualist ordnet sich ebenfalls in die allgemeinen Werte und Normen ein, verliert aber seine ursprünglichen Zielvorgaben und handelt nur noch mechanisch mit immer gleichen Mitteln.
4. Der Aussteiger lehnt sowohl die anerkannten Ziele als auch die Mittel ab. Er schafft sich z. B. in einem Kreis von Gleichgesinnten Möglichkeiten zur Deckung des Eigenbedarfes.
5. Der Rebell ist demgegenüber daran interessiert, die bestehenden Werte, Normen und Mittel zu ersetzen und neue gesellschaftliche Orientierungen zu schaffen.
(c) Klaus Kraimer 2015
Literatur
Merton, Robert. K. (1979): Sozialstruktur undAnomie. In: Sack, Fritz/René König, (Hg.):Kriminalsoziologie. Wiesbaden 1979, S. 283-313.
Oberwitter, D./Karstedt, S. (Hg) (2004): Soziologie der Kriminalität(Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, SonderhefteBd. 43). Wiesbaden.
Kraimer, Klaus (2013): Devianz-Pädagogik. Kinder und Jugendliche inKrisen. Ibbenbüren: Münstermann.
(c) Klaus Kraimer 2015
Gliederung
I. Einleitung: Fall, Typ, Ikone: James Dean als Beispiel
II. Fallverstehen: Geschichtliche Entwicklungslinien
III: Methodologie: Das Fall-Verstehen einer sozialwissenschaftlichen Hermeneutik
IV: Fazit: Aus Fällen lernen
heißt: a) methodisch verfahren und b) im Modus stellvertretender
Krisenbewältigung handeln
(c) Klaus Kraimer 2015
Literatur
Die Literaturangaben beziehen sich stets auf weiterführende Arbeiten. Sie können hier teils nur angedeutet werden.
Alle Quellen finden sich auf meiner homepage: http://htwsaar.de/sowi/fakultaet/personen/professoren/Prof.%20Dr.%20Klaus%20Kraimer
(c) Klaus Kraimer 2015
Sozialwissenschaftliche Hermeneutik
− ist ein anspruchsvolles Verfahren, das aus Texten und aus der Interpretationspraxis
erworben werden kann. Dazu dienen die
Literaturhinweise
− Es dient dem Verstehen von Gründen und Folgen von Devianz, Delinquenz und Kriminalität
(c) Klaus Kraimer 2015
Wissen wir, was wir tun?
Stefan Busse, Susanne Ehmer (2010) (Hg.): Wissen wir, was wir tun? Beraterisches Handeln in Supervision und Coaching, Reihe: Interdisziplinäre Beratungsforschung, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Darin z. B. Liebermann, Sascha/Loer, Thomas: Autonomie in der Beratung - fördern, hemmen oder erodieren? Überlegungen zum besonderen Charakter des Arbeitsbündnisses in der Beratung von Organisationen, S. 166 ff.
(c) Klaus Kraimer 2015
Einleitung: Fall, Typ, Ikone
Was ist der Fall?
(c) Klaus Kraimer 2015
Fallverstehen Die Kunst, ein Geschehen oder eine (Lebens-)Geschichte in
der Entstehung, Ausgestaltung und Potenzialität zu erkennen; kurz: Einen Fall zu identifizieren und zu charakterisieren
Rekonstruktion Aus der Analyse des Falls erwächst ein Verständnis für allgemeinesoziale Zusammenhänge und fallspezifische Eigenarten.
Habitus Das Fall-V. erwächst aus dem Spannungsverhältnis zwischen
a. theoretischenWissensbeständen (die für einen Fall relevant sind)
b. fallspezifischen
Wissensbeständen (die sich aus der methodisch kontrollierten Aufschließung einer je konkreten
Lebenspraxis (Fall) aktuell ergeben).
− Diese Frage ist grundlegend.
Die Logik der stellvertretenden Krisenbewältigung nach Oevermann
Defizitäre AutonomieExplizites Mandat
Problematik des MandatsParadoxale Handlungskonstellation
Nicht-Standardisierbarkeit
Professionelle Expertise
Theorie-VerstehenFähigkeit zum Verständnis abstrahierten Wissens
Fall-VerstehenFähigkeit zum Verständnis von Typik und Spezifik
Habitus
ArbeitsbündnisGleichzeitigkeit von Diffusität und Spezifität
Engagierte Rollendistanz: Aufforderung zur Selbsttätigkeit
(Wiederhergestellte) Autonomie
(c) Klaus Kraimer 2015
Einleitung: Fall, Typ, Ikone
Entstehungslinien
(c) Klaus Kraimer 2015
(c) Klaus Kraimer 2015
Einleitung: Fall, Typ, Ikone
Typologie - hermeneutischTypologie von gr. Τύπος, týpos = Urbild, Vorbild –auch Präfiguration genannt− steht in einer hermeneutischen Auslegungstradition (der
Bibel oder der Mythologie)
− die Inbezugsetzung einer Person oder eines Geschehens aus dem Alten Testament oder aus antiken Legenden, des Typos, mit einer Person oder einem Ereignis aus dem Neuen Testament, oder aus der neueren Zeit, dem Antitypos.
− Das, was im Alten Testament angekündigt wird, vollendet sich im Neuen Testament oder: Das was im Typos liegt, vollendet sich in einer individuellen Biografie
(c) Klaus Kraimer 2015
Einleitung: Fall, Typ, Ikone
Typologisches Verstehen
−Bedeutet nicht: Schubladendenken sondern
−Re-Konstruktion des Typischen im Individuellen
Also die Dialektik von Allgemeinem und Besonderen (im Sinne einer widersprüchlichen
Einheit des Selbst)
(c) Klaus Kraimer 2015
Einleitung: Fall, Typ, Ikone
Ikonografisches Verstehen
− von griechisch εἰκών eikón ‚Bild' und γράφειν gráphein‚ schreiben‚ als Methode der Hermeneutik
− Ursprünglich bezeichnete der Begriff die klassische Porträtkunde der Antike. Die „Ikonografie Caesars“ beispielsweise ist die Sammlung aller Porträts, die ihn darstellen.
− Dieser Begriff spielt heute in Fall-Portraits eine Rolle.
(c) Klaus Kraimer 2015
Einleitung: Fall, Typ, Ikone
LiteraturRobert, Carl (1919): Archäologische Hermeneutik. Anleitung zurDeutung klassischer Bildwerke. Berlin: Weidmann 1919.Büttner, Frank/Gottdang, Andrea (2006): Einführung in dieIkonographie. Wege zur Deutung von Bildinhalten. C.H.Beck, München2006,
Panofsky, Erwin (1975): Sinn und Deutung in der bildenden Kunst.Köln: Dumont.Heinrich Krauss/Eva Uthemann: Was Bilder erzählen. Die klassischenGeschichten aus Antike und Christentum in der abendländischenMalerei. 3. Auflage, München 1993.Sabine Poeschel (Hrsg.): Ikonographie. Neue Wege der Forschung.Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2010Brigitte Riese: Seemanns Lexikon der Ikonografie. Religiöse und profaneBildmotive. E. A. Seemann Verlag, Leipzig 2007,
(c) Klaus Kraimer 2015
II. Fallverstehen:
Entwicklungslinien
(c) Klaus Kraimer 2015
II. Fallverstehen: Mary E. Richmond (1861-1928)
(c) Klaus Kraimer 2015
II. Fallverstehen: Mary E. Richmond
− Zentrale Werke »Social Diagnosis« (1917) und »What issocial Case Work?« (1922)
− Grundprinzipien der Fallarbeit entstehen aus einerVerknüpfung ihrer praktischen Erfahrungen und dentheoretischen Ausführungen amerikanischerSozialphilosophen
− entwickelte einen spezifischen Stil der Fallanalyse unterdem Einfluss der Chicago School
− gekennzeichnet durch ethnografische und analytischeInhalte, die für die Entwicklung der Disziplin folgenreichwaren.
(c) Klaus Kraimer 2015
II. Fallverstehen: Alice Salomon (1872-
1948)
(c) Klaus Kraimer 2015
II. Fallverstehen: Alice Salomon
− Erste Direktorin der Sozialen Frauenschule Berlin(gegründet 1908)
− Wie schon Mary E. Richmond, geht Salomon davon aus,dass einer verantwortlichen Tätigkeit in der Sozialen Arbeitmit einer Verberuflichung verbunden sein sollte.
− Ihr Werk »Soziale Diagnose« (1927) ist inspiriert von MaryRichmonds »Social Diagnosis« (1917) und »The Art ofHelping People out of Trouble« (1924) von Karl v.Schweinitz.
− Ihr Werk ist von großer Bedeutung für die methodische undfachliche Ausgestaltung der Sozialen Arbeit
(c) Klaus Kraimer 2015
II. Fallverstehen: Auszug aus Salomon (1927): Soziale Diagnose
(c) Klaus Kraimer 2015
II. Fallverstehen: Klaus Mollenhauer (1928-1998)
(c) Klaus Kraimer 2015
II. Fallverstehen: Klaus Mollenhauer
− entwickelt enge biografische Züge zurFallorientierung und arbeitet während seinerLehrtätigkeiten (Kiel, Frankfurt und Göttingen) einefallbezogene Beratung und Diagnostik heraus, die inder Tradition der Kritischen Pädagogik steht.
− systematische Berücksichtigung der Lebenslage undder biografischen Verfasstheit, einschließlich derSelbstdeutung in der Fallorientierung.
− Die enge Verbindung von Theorie und Praxis wirddurch hermeneutische Falldiagnosen hergestellt.
(c) Klaus Kraimer 2015
II. Fallverstehen: Hans Thiersch
(c) Klaus Kraimer 2015
II. Fallverstehen: Hans Thiersch
− verbindet Theorie und Praxis in seiner»Lebensweltorientierten Sozialen Arbeit«.
− Der Begriff der Authentizität ist nebenBegrifflichkeiten wie Alltag ein wesentlichesMerkmal, welches seine Fallorientierungcharakterisiert.
− Begründet seine »Lebensweltorientierung«beispielswiese anhand des Stanser Briefes(Johann Heinrich Pestalozzi).
(c) Klaus Kraimer 2015
II. Fallverstehen: Burkhard Müller (1939-2013)
(c) Klaus Kraimer 2015
II. Fallverstehen: Burkhard Müller
− Modell »Fall von«, »Fall für« und »Fall mit«
− Entwickelt und diskutiert Arbeitsregeln, die fürdie professionelle Tätigkeit von Bedeutung sind z.B.:
(1) Eingreifendes Handeln (Machtgebrauch)
(2) Illegitmität erniedrigender Eingriffe
(3) Eingriffe dürfen das Potenzial der Selbstbestimmung nicht zerstören
(c) Klaus Kraimer 2015
Fall-Verstehen: Der Ursprung
»Wer nicht gewahr werden kann, dass ein Fall oft Tausende wert ist,
und sie alle in sich schließt, wer nicht das zu fassen
und zu ehren imstande ist, was wir Urphänomene genannt haben,
der wird weder sich noch anderen jemalsetwas zur Freude und zum Nutzen
fördern können«(Goethes Farbenlehre aus dem Jahr 1810)
(c) Klaus Kraimer 2015
Entstehung rekonstruktiver Ansätze I: Bedeutungs-Rekonstruktion
Mead1863-1931
Blumer1900-1987
Strauss1916-1996
Schütze*1944
Ethnomethodologie
Die Entstehung von Methoden zur Erfassung von Bedeutungen
Bielefelder und Kasseler Schule
GroundedTheory
(c) Klaus Kraimer 2015
Entstehung rekonstruktiver Ansätze II:
Hermeneutik
Schleiermacher 1768-1834
Dilthey1833-1911
Oevermann*1940
Bedeutungs-rekonstruktion
Die Entstehung der Hermeneutik
Objektive Hermeneutik
Hermeneutische Erfahrungs-wissenschaft als Grundlage rekonstruktiver Methoden
(c) Klaus Kraimer 2015
Entstehung rekonstruktiver Ansätze III:
Soziale Diagnose
Soziale Diagnose
Die Entstehung der Diagnostik
Sozial-Pädagogische Diagnose
Struktur-RekonstruktiveDiagnostik
Sozialer Sinn Richmond1861-1928
Salomon1872-1948
Mollenhauer1928-1998
(c) Klaus Kraimer 2015
Teil III: Methodologie der Fall-Rekonstruktion
− steht in der Tradition der Objektiven Hermeneutik (Ulrich Oevermann ) und der Soziolinguistischen Prozessanalyse (Fritz Schütze )− Die Objektive Hermeneutik ist eine Methodologie, welche
»auf wenig erforschten Gebieten und bei neuen, noch wenig bekannten Entwicklungen und Phänomenen“ (Oevermann 2002: 1) Anwendung findet
− Die Narrationanalyse ist eine Methodologie, welche »im Sinne einer sequenziellen Entfaltungs- und Strukturierungsordnung« (Schütze 2000: 79) für Prozessanalysen nutzbar gemacht wird
(c) Klaus Kraimer 2015
Protokoll/Ausdrucksgestalt
−Alle Daten, die in den Sozial-, Erziehungs-,
und Kulturwissenschaften im Zuge einer hermeneutischen Erfahrungswissenschaft
protokolliert werden, sind als Ausdrucksgestalten zu verstehen
(c) Klaus Kraimer 2015
Protokoll/Ausdrucksgestalt
− Erst ein Protokoll macht eine Beobachtung zu einer Operation der Erkenntnisgewinnung im Zuge der Datenerhebung und der -auswertung
(c) Klaus Kraimer 2015
Fazit: Aus Fällen lernen
heißt:
- a) methodisch verfahren
und
- b) im Modus stellvertretender Krisenbewältigung handeln
(c) Klaus Kraimer 2015
Fazit: Aus Fällen lernen
a) Methodisch verfahren: Eine Anleitung
Quelle: Kraimer, Klaus: Fallrekonstruktive Soziale Arbeit. Münstermann 2014
(c) Klaus Kraimer 2015
Forschungsvorgehen/-design Vorgehensweise und Tätigkeit Produkt und Ergebnis
1.
(a) Eingrenzung des Gegenstandbereiches (›was‹)Was ist der Fall?
Fallbestimmung
(b) Konkretion des ForschungsinteressesWelche Fallstruktur soll untersucht werden?
Forschungsfrage
2.
Operationalisierung durch Methoden (›wie‹)Welches Ausdrucksmaterial ist relevant und welche Methoden kommen zum Tragen?
Anhand eines Falles begründete Methodenwahl zur Erhebung und Auswertung
3. Erhebung und Sicherung von Datenmaterial Protokolle
(c) Klaus Kraimer 2015
Forschungsvorgehen/-design Vorgehensweise und Tätigkeit Produkt und Ergebnis
4.
Rekonstruktion des Ausdrucksmaterials
Interpretation des Materials: Bestimmung von Erzeugungs- und Auswahlparametern. Bildung von Lesarten
Schrittweises Aufdecken der Fallstruktur
4.1. Rekonstruktion der objektiven Daten Fallstrukturhypothese
4.2Rekonstruktionslogische
Datenauswertung des FallsFallstrukturhypothese
4.2.1 Segmentierung Einteilung in Segmente
(große Sinneinheiten)
4.2.2
Rekonstruktion der ersten Sequenz: Sequenzielle
Vorgehensweise zur Bestimmungen von ›kleinen
Sinneinheiten‹ innerhalb des ersten Segmentes
Auswahl von Sequenzen (kleinen
Sinneinheiten)
Lesarten, Fallstrukturhypothese
(c) Klaus Kraimer 2015
Forschungsvorgehen/-design Vorgehensweise und Tätigkeit Produkt und Ergebnis
4.2.3Überprüfung der Fallstrukturhypothese an weiteren
SequenzenFallstrukturhypothese
4.3.
Ergebnissicherung/
Falldarlegung
Zusammenführung der Fallstrukturhypothesen aus
4.1 und 4.2 zu einer Fallstruktur
Explikation wesentlicher
Struktureigenschaften und
Strukturgeneralisierung
4.4
Bei weitergehendem Forschungsinteresse
Rekonstruktion von minimal und maximal anders
gelagerten FällenFallkontrastierung
5.
Diskussion der Fallstruktur mit Blick auf die
Fragestellung und Theorie (Theorie- und Empirie-
Verbund)
Strukturerschließung eines
Gegenstandbereiches und
Beantwortung der Fragestellung
Typen-/Theoriebildung
(c) Klaus Kraimer 2015
Fazit: Aus Fällen lernen
b) Modus stellvertretende Krisenbewältigung
(c) Klaus Kraimer 2015
Stellvertretende Krisenbewältigung
− bezieht sich im ›Modus der Vermittlung‹ (zwischen Theorie, Empirie und Praxis) auf Unterstützungsleistungen in Krisen auf der Grundlage einer Expertise durch ein Mitglied einer Profession.
− greift immer dann, wenn primäre Lebenspraxen nicht mehr allein mit einer Krise fertig werden und somit auf eine fremde Expertise angewiesen sind (vgl. Oevermann 2009).
(c) Klaus Kraimer 2015
Stellvertretende Krisenbewältigung
− Zentrale Schaltstellen im Modus der stellvertretenden Krisenbewältigung der Sozialen Arbeit sind Anamnese, Diagnose, Befund, Intervention und Evaluation
− Ziel: Autonomie
(c) Klaus Kraimer 2015
Literatur
Kraimer, Klaus (2012): Devianzpädagogik. Kinder und Jugendliche in Krisen. Ibbenbüren: Münstermann.
(c) Klaus Kraimer 2015
Sozialpädagogisches Verstehen verstehen
Niemeyer, Christian (2015): Sozialpädagogisches Verstehen verstehen. Eine Einführung in ein Schlüsselproblem Sozialer Arbeit. Weinheim: Beltz Juventa
(c) Klaus Kraimer 2015
Literatur
Rätz, Regina/Völter, Bettina (Hg.) (2015): Wörterbuch Rekonstruktive Soziale Arbeit. Berlin: Budrich.
Rekonstruktive Forschung in der sozialen Arbeit, Bd. 11
(c) Klaus Kraimer 2015
Sozialpädagogisches Verstehen
Auf diese Weise kann einem Verfall dessozialpädagogischen Verstehens, das ChristianNiemeyer (2015) beklagt, entgegengetretenwerden. Er erinnert an die Narration von derpädagogischen Kultformel Hermann Nohls (vgl.Nohl 1926), wonach die Schwierigkeiten, die dasKind/der Jugendliche hat, handlungsleitend füreine Intervention sind, nicht aber solcheSchwierigkeiten, die das Kind/der Jugendlichemacht.
(c) Klaus Kraimer 2015
Anhang/Diskussion
Optionen einer
sozialwissenschaftlichen Bild-Hermeneutik
(c) Klaus Kraimer 2015
Das Medium ›Bild‹ als soziales Protokoll
− enthält Bedeutungen, die gleichsam still gestellt sind
− Diese gilt es auf Grundlage der hermeneutischen Erfahrungswissenschaft
− a) im Sinne von Spurentexten in ihren Sinnzusammenhängen zu rekonstruieren
− b) in Bild-Erzählungen (Narrationen) zum Ausdruck zu bringen bzw. bildlich weiterzudenken
(c) Klaus Kraimer 2015
Aus Bildern lernen
− Bilder als Unterstützung des pädagogischen Prozesses/der ästhetischen Bildung
− Bilder in ihrer Inszenierung und ihrer Bedeutung für die Habitus-Bildung erkennen
− ›Einmassierung‹ des Realitäts- bzw. Bildungsprinzips durch methodisch kontrolliertes Vorgehen (Bilder aufnehmen, erinnern, durcharbeiten)
(c) Klaus Kraimer 2015
Folgende Beispiele
Bilder die einen Autonomieverlust zeigen, der später – im professionellen Handeln/Arbeitsbündis – in Rede steht
Beispiel 1 Kinderfoto
Beispiel 2 Jugendzimmer/Jugendliche
Beispiel 3 Der Tatort als ein durch ein Ereignis markierter Ort
(c) Klaus Kraimer 2015
Beispiel: Ein typologisch-ikonografisches Bild
(c) Klaus Kraimer 2015
Kinderbild Franz Kafka (aus Nitsche 2010, S. 232)
− Der hier drapierte etwa sechsjährige Knabe ist in eineSituation gestellt, die ein Bild der Fremdbestimmungzeichnet, die in den unermesslich traurigen Augen desProtagonisten einen stummen Protest aufscheinen lässt
− »Benjamin erinnert das diffuse Gefühl des Unwohlseins,der Entstellung, des gescheiterten Ähnlichwerdens, dessenUrsache ihm als Kind nicht bewusst werden konnte
− Der Eindruck, den eine solche traumatisierende Situationaus der Kindheit hinterlassen hat, wird aktualisiert, derText entwickelt ein Bild davon; es ist die »arme kurzeKindheit«, die sich in den Ateliers des neunzehntenJahrhunderts dokumentiert. Wo sich das Selbst derFotografie verweigert, werden Erinnerungsspuren im Textlesbar«
(c) Klaus Kraimer 2015
Beispiel: Pädagogische Praxis/ Jugendzimmer
(c) Klaus Kraimer 2015
Aus Neulinger 2006
(c) Klaus Kraimer 2015
Aus Bildern lernen
− bedeutet für diesen Kontext, dass Kinder und Jugendliche in die Lage versetzt werden, ›andere Bilder‹ in sich aufzunehmen, die das Erlebte kontrastieren – im Rahmen einer bildbasierenden Interventionsform.
− Darin kommt die Methode des Live-Space-Fotointerviews im Zuge einer stellvertretenden Krisenbewältigung zum Tragen.
− Diese zielt auf eine Veränderung des Erlebens im Sinne einer ästhetischen Bildung und Erziehung, nicht aber auf eine Verhaltensänderung, die der Dressur ähnelt (vgl. Kraimer2013). Eine narrative Selbst-Bild-Intervention ermöglicht es, eine andere Geschichte mit sich selbst zu verbinden, in der man nicht der Sündenbock der Erwachsenen ist.
(c) Klaus Kraimer 2015
Der Tatort als Quelle hermeneutischen Fall-Verstehens
Nitsche, Jessica (2012): Potentialität des Unsichtbaren. Ästhetische und diskursive Dimensionen des Tatorts nach Walter Benjamin und in künstlerischen Strategien der Gegenwart.
In: Nebulosa – Zeitschrift für Sichtbarkeit und Sozialität 1, S. 88-104.
(c) Klaus Kraimer 2015
Literatur zur Vertiefung
Barthes, Roland (1985): Die helle Kammer. Bemerkungen zur Photographie. 2. Auflage. Frankfurt am Main: Suhrkamp. (orig. 1980).
Barthes, Roland (1990): Die Fotografie als Botschaft. In: Ders.: Der entgegenkommende und der stumpfe Sinn. Kritische Essays III.Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 11-27. (orig.: Essais critiques, 1964).
Bohnsack, Ralf (2011): Qualitative Bild- und Videointerpretation. Die dokumentarische Methode. 2. Auflage. Stuttgart. UTB.
Breckner, Roswitha (2010): Sozialtheorie des Bildes. Zur interpretativen Analyse von Bildern und Fotografien. Bielefeld: transcript.
Breckner, Roswitha (2014): Offenheit – Kontingenz – Grenze? Interpretation einer Portraitfotografie. In: Müller, Michael J. (u.a.) (Hg.):Grenzen der Bildinterpretation. Wiesbaden: VS-Verlag, S. 123-153.
Burda, Hubert (2004): Iconic Turn weitergedreht – Die neue Macht der Bilder. In: Maar, Christina/Burda, Hubert (Hg.): Die neue Machtder Bilder, Köln: DuMont, S. 9-13.
Dörner, Klaus u. a. (Hg.) (2004): Virtual und Augmented Reality (VR/AR): Grundlagen und Methoden der Virtuellen undAugmentierten Realität. Springer Vieweg, 2014
Goffman, Erwing (1969): Wir alle spielen Theater. München: Piper.
Imdahl, Max (1980): Giotto. Arenafresken. Ikonographie, Ikonologie, Ikonik. München: W. Fink.
Imdahl, Max (1996): Reflexion, Theorie, Methode. Gesammelte Schriften Band 3. Frankfurt am Main. Suhrkamp.
Karallus, Christine (2000): Staatsanwälte, Kriminalisten und Detektive. In: Kunstforum International, 153, S. 132-143.
Kraimer, Klaus (2011): Soziale Diagnostik. Von der Fremdheit zur Konkretheit. In: Sozialer Sinn, Jg. 12, H. 2, S. 219-246.
Kraimer, Klaus (2015): Fotoanalyse. In: Rätz-Heinisch, Regina/Völter, Bettina (Hg.): Wörterbuch Rekonstruktive Soziale Arbeit.Leverkusen, Opladen: Barbara Budrich.
Lindner, Burkhardt (2006): Benjamin-Handbuch. Leben, Werk, Wirkung. Stuttgart: J.B. Metzler.
Mannheim, Karl (1989): Die Strukturen des Denkens. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Neulinger, Heidi (2006): Ich und meine neue Familie. Fotografien. In Zusammenarbeit mit Kinder- und Jugendhilfe tibb. Mit Beiträgenvon Dr. Anne Frommann und Esther Frommann. Zeichnungen und grafische Gestaltung: Andrey Gradechtliev, Ibbenbüren,Eigenpublikation der Kinder- und Jugendhilfe tibb
(c) Klaus Kraimer 2015
Literatur zur Vertiefung
Nitsche, Jessica (2012): Potentialität des Unsichtbaren. Ästhetische und diskursive Dimensionen des Tatorts nach Walter Benjamin undin künstlerischen Strategien der Gegenwart. In: Nebulosa – Zeitschrift für Sichtbarkeit und Sozialität 1, S. 88-104.
Nitsche, Jessica (2015): „Aber es war kein Porträt mehr. Was war es?“ Bildpolitische Betrachtungen des Porträts in Literatur, Fotografieund Malerei (Walter Benjamin, August Sander, Gerhard Richter, Marlene Dumas). In: Kraimer, Klaus (Hg.): Aus Bildern lernen. Bd.II, 2015 (im Erscheinen).
Oevermann, Ulrich (2014): »Get Closer«. Bildanalyse mit den Verfahren der objektiven Hermeneutik am Beispiel einer Google-Earth-Werbung. In: Kraimer, Klaus (Hg.): Aus Bildern lernen. Optionen einer sozialwissenschaftlichen Bild-Hermeneutik. Ibbenbüren,Münstermann-Verlag, S. 38-75.
Opitz, Michael/Wizisla, Erdmut (Hg.) (2000): Benjamins Begriffe. Band 2. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Panofsky, Erwin (1979): Ikonographie und Ikonologie (1939). In: Kaemmerling, Ekkehard (Hg): Ikonographie und Ikonologie. Köln.DuMont, S. 36-67.
Panofsky, Erwin (2006): Ikonographie und Ikonologie. Bildinterpretation nach dem Dreistufenmodell. Köln: DuMont.
Pilarczyk, Ulrike/Mietzner, Ulrike (2005): Das reflektierte Bild. Die seriell-ikonografische Fotoanalyse in den Erziehungs- undSozialwissenschaften. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
Sontag, Susan (2011): Über Fotografie. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag.
Straub, Jürgen (Hg.) (1998): Erzählung, Identität und historisches Bewußtsein. Die psychologische Konstruktion von Zeit undGeschichte. Erinnerung, Geschichte, Identität 1. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Walter, Benjamin (1963): Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. In: Tiedemann, Rolf/Schweppenhäuser,Hermann (Hg.) (1974): Gesammelte Schriften von Walter Benjamin. Band 1.2. Frankfurt am Main: Suhrkamp .
Walter, Benjamin (2013): Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, Hg. v. Burkhardt Lindner unter Mitarbeitvon Simon Broll u. Jessica Nitsche (Walter Benjamin: Werke und Nachlass. Kritische Gesamtausgabe, Bd. 16). Frankfurt am Main:Suhrkamp.
(c) Klaus Kraimer 2015
Literatur
Kraimer, Klaus (Hg.) (2014): Aus Bildern lernen. Grundlagen und Anwendungsfelder der objektiv-hermeneutischen Bildanalyse. Ibbenbüren: Münstermann.
(c) Klaus Kraimer 2015
Literatur
Kraimer, Klaus (Hg.) (2015): Aus Bildern lernen. Rekonstruktion und Narrativität. Band 2 Ibbenbüren: Münstermann.
(c) Klaus Kraimer 2015
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