kunsthistorisches museum - eine auswahl der ......sog. olifant graf alberts iii. des reichsog....
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DES KAISERS ELFENBEINDES KAISERS ELFENBEINDES KAISERS ELFENBEINDES KAISERS ELFENBEIN Meisterwerke aus Habsburgs KunstkammernMeisterwerke aus Habsburgs KunstkammernMeisterwerke aus Habsburgs KunstkammernMeisterwerke aus Habsburgs Kunstkammern
EINE AUSWAHL DER WICEINE AUSWAHL DER WICEINE AUSWAHL DER WICEINE AUSWAHL DER WICHTIGSTEN OBJEKTEHTIGSTEN OBJEKTEHTIGSTEN OBJEKTEHTIGSTEN OBJEKTE
HL. GREGOR MIT HL. GREGOR MIT HL. GREGOR MIT HL. GREGOR MIT SCHREIBERNSCHREIBERNSCHREIBERNSCHREIBERN
Meister der Wiener Gregorplatte
Karolingisch, 9. Jh.
© Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv.-Nr. KK 8399
Papst Gregor der Große gilt als Autor der liturgischen Texte zur Feier der hl. Messe nach
römisch-katholischem Ritus. Später hat Kaiser Karl der Große im Hl. Römischen Reich
deren Gebrauch verbindlich vorgeschrieben. Der Legende nach beobachtete ein Schreiber
heimlich, wie die Taube des Hl. Geistes dem lauschenden Papst Gregor diese
Messformulare ins Ohr flüsterte, bevor der Heilige sie ihm dann mit lauter Stimme diktierte.
Der geniale Elfenbeinschnitzer behält zwar das Motiv der göttlichen Eingebung bei, doch
zeigt er den Papst als einen selbst schreibenden Autor, der kurz innehält, um auf die
Stimme der Inspiration zu hören. Die darunter wiedergegebenen Mönche werden seinen
Text dann abschreiben. Die auf zwei Geschoße erweiterte Szene spielt sich im Inneren des
Lateranspalastes ab. Wir werden zu Augenzeugen bei der Verschriftlichung des göttlichen
Wortes und seiner Vervielfältigung in Buchform.
SOG. OLIFANT GRAF ALSOG. OLIFANT GRAF ALSOG. OLIFANT GRAF ALSOG. OLIFANT GRAF ALBERTS III. DES REICHBERTS III. DES REICHBERTS III. DES REICHBERTS III. DES REICHEN VON HABSBURGEN VON HABSBURGEN VON HABSBURGEN VON HABSBURG
Unteritalien (Amalfi oder Salerno), 11. Jh. oder 1. Hälfte 12. Jh.
Widmungsinschrift datiert 1199
© Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv.-Nr. KK 4073
Aus dem Mittelalter haben sich nahezu hundert Jagdhörner aus Elfenbein erhalten. Die
ältesten Exemplare stammen aus dem byzantinischen Kunstkreis, bei anderen weisen der
Dekor und einige Inschriften auf eine sarazenische Herkunft hin. Unter „Sarazenen“
verstand man Muslime, die im Bereich des Mittelmeer-Beckens lebten und dem islamisch-
arabischen Kulturkreis angehörten. Als sarazenisches (fatimidisches) Exportgut wurden
solche Jagdhörner hauptsächlich für den europäischen Adel produziert. Sie waren hoch
begehrt, weil man sie mit Rolands Horn in Verbindung brachte, in welches dem populären
Rolandslied zufolge der sterbende Held stieß, um Karl den Großen vor dem
Sarazenenheer zu warnen. In ihrer überwiegenden Mehrzahl wurden die Olifante aber in
Unteritalien hergestellt, wo sich ab dem 10. Jahrhundert konkurrierende lateinisch-
christliche Werkstätten etablierten, die fatimidisch-sarazenische Vorbilder kopierten. Dieser
Olifant ist das älteste bekannte Kunstwerk aus habsburgischem Besitz: Graf Albert III.,
Landgraf des Elsaß, hat ihn 1199 dem Schweizer Kloster Muri geschenkt, das Horn war
damals mit Reliquien gefüllt.
VENUS UND AMORVENUS UND AMORVENUS UND AMORVENUS UND AMOR
Nikolaus Pfaff (1556? – 1612)
Prag, um 1601/07
© Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv.-Nr. KK 4658
Die Elfenbeinschnitzerei verdankt ihre Blüte der spezifischen Sammlungsform der
Kunstkammer, die den genießenden Kenner und Sammler voraussetzt. Am genuin
kosmopolitisch geprägten Hof Kaiser Rudolfs II. entstanden Elfenbeinarbeiten Pfaffs, die
diesen im Wettstreit mit der spätmanieristischen Tradition von Sustris und Spranger zeigen
– der Hofantiquarius Daniel Fröschl listet im Inventar der Prager Kunstkammer aus den
Jahren 1607/11, neben zahlreichen Drechselarbeiten insgesamt vier „von Helfenbain
geschnitzte Bildlein von Ihr May: bildtschnitzer Niclaus Pfaff“ auf. Aus dem kreativen
Wechselspiel zwischen dem Anspruch des kaiserlichen Auftraggebers und dem
ausgereiften Potenzial des Künstlers entstanden Elfenbeinarbeiten, deren zarter Ausdruck
mit der subtilen Komposition korrespondiert und im verfeinerten Raffinement der virtuosen
Schnitzerei kulminiert.
FURIEFURIEFURIEFURIE
"Furienmeister"
Salzburg?, um 1610/20
Aus der fürsterzbischöflichen Residenz in Salzburg
© Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv.-Nr. KK 3727
Aus der ungeheuer dynamischen Figur spricht die Kraft der Zeit um 1600, einer Welt im
Umbruch. Geboren aus einer spätgotischen Expressivität, wird der dürre Leib durch das
Furioso der Bewegung schier auseinander gerissen. In den Zwischenräumen baut sich eine
ungeheure Spannung auf. Die Intensität des Ausdrucks kulminiert in dem schmerzver-
zerrten Gesicht der Furie.
In der Betonung der Silhouettenwirkung nehmen die Werke des Furienmeisters die
Reiterfiguren des Matthias Steinl vorweg. Die Furie zählt zu den reifen Hauptwerken des
Furienmeisters, die eine höchst ungewöhnliche Vermischung von Motiven aus Skulptur und
Malerei, Graphik, Goldschmiede- und Drechselkunst aufweisen. Aus der ehemalige
Konzentration der Werke des Furienmeisters in der Kunstkammer der Salzburger
Fürsterzbischöfe kann auf eine längere Tätigkeit an der Salzachstadt geschlossen werden.
HESPERIDE, DEN DRACHHESPERIDE, DEN DRACHHESPERIDE, DEN DRACHHESPERIDE, DEN DRACHEN LADON FÜTTERNDEN LADON FÜTTERNDEN LADON FÜTTERNDEN LADON FÜTTERND
"Furienmeister"
Salzburg?, um 1610/20
Aus der fürsterzbischöflichen Residenz in Salzburg
© Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv.-Nr. KK 4559
Ovid erzählt in den Metamorphosen von den Hesperiden, die am Westufer des Weltmeeres
im Garten der Götter die goldenen Äpfel bewachen, welche als Früchte der Unsterblichkeit
wie ein Schatz gehütet werden. Weil Hera an der Zuverlässigkeit der Hesperiden zweifelt,
gesellt sie den Drachen Ladon als Wächter dazu. Herkules sollte als seine zwölfte Tat dem
König Eurystheus die goldenen Äpfel überbringen.
Die aus einem einzigen Stück geschnittene Gruppe ist ein technisches Bravourstück. Das
spannungsgeladene Spiel von Körper und Draperie zeigt das Ringen des Künstlers um
Form und Raum. Die gegenseitige räumliche Durchdringung der beiden Körper steigert
wirkungsvoll den Gegensatz zwischen dem glatten Menschenleib und dem buckligen
Drachenpanzer.
DECKDECKDECKDECKELPOKAL MIT BACCHANAELPOKAL MIT BACCHANAELPOKAL MIT BACCHANAELPOKAL MIT BACCHANALLLL
Georg Petel (1601/02 - 1634)
Andreas I. Wickert (1600 - 1661)
Augsburg, 1629
Elfenbein, Silber vergoldet
im Auftrag von Ottheinrich Graf Fugger entstanden
© Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv.-Nr. KK 4519
Das in heidnischen Mysterien wurzelnde Thema des trunkenen Silen wurde gerne als
moralisierender Kommentar zu den im Schatten bacchantischen Vergnügens lauernden
Gefahren von Trunksucht, Wollust und Dummheit verwendet. Die sehr drastische
Schilderung einer dem Trunk ergebenen, ausgelassenen Gesellschaft geht in den
Grundzügen auf Peter Paul Rubens zurück, der selbst Entwürfe für Elfenbeinarbeiten
angefertigt hat. Georg Petel, eine der führenden Bildhauerpersönlichkeiten des 1. Drittel
des 17. Jahrhunderts hat es verstanden, die Motive seines flämischen Malerfreundes in
eine überzeugende skulpturale Komposition von kraftvoller Anschaulichkeit zu übersetzen.
Im Auftrag von Graf Ottheinrich Fugger entstand die einfache Metallfassung, die aus der
Skulptur schließlich ein funktionales Trinkgefäß machte, das allerdings vermutlich nie als
solches benutzt wurde.
SATYR UND DIE NYMPHESATYR UND DIE NYMPHESATYR UND DIE NYMPHESATYR UND DIE NYMPHE CORISCA CORISCA CORISCA CORISCA
Adam Lenckhardt (1610 - 1661)
Wien, 1639
signiert und datiert
Nach einer Szene aus dem Schäfermelodram Il Pastor fido von Giovanni Battista Guarini
© Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv.-Nr. KK 4564
Der närrische Satyr nähert sich seiner ehemaligen Geliebten von hinten, um ihre Untreue
zu rächen. Als er die üppige Nymphe an den Haaren packen will, ist er erneut betrogen,
denn es bleibt ihm nur die Perücke in der Hand. Verblüfft droht er nach hinten umzufallen,
während Corisca entflieht, wobei sie den gefoppten Lüstling mit obszönen Gesten
verspottet. Die Schärfe der Auffassung, der ungeschönte Realismus in der Körper-
modellierung und die narrative Kraft der szenischen Gruppe machen die originelle
Komposition unverwechselbar. Lenckhardts Kleinplastiken in Elfenbein und
Rhinozeroshorn belegen den Einfluss der zeitgenössischen venezianischen und
süddeutsch-österreichischen Plastik. Er war ab 1642 Kammerbildhauer von Karl Eusebius
von Liechtenstein in Wien.
APOLL UND DAPHNEAPOLL UND DAPHNEAPOLL UND DAPHNEAPOLL UND DAPHNE
Jakob Auer (um 1645 - 1706)
Wien, um 1688/90
© Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv.-Nr. KK 4537
Ovid erzählt in den Metamorphosen, wie sich die Nymphe Daphne dem begehrlichen
Zugriff des Apoll entzieht, indem sie von Diana in einen Lorbeerbaum verwandelt wird.
Ausgehend von Berninis berühmter Marmorgruppe scheint Jakob Auer das Thema
vornehmlich als Vorwand für ein schnitztechnisches Virtuosenstück interessiert zu haben.
Die glatte Makellosigkeit der beiden Körper sowie die aufwändige Schnitzarbeit des
Laubwerkes und der Draperie unterstreichen die dekorativen Qualitäten des
Virtuosenstücks, das nahezu perfekt die Auflösung der natürlichen Form des
Elefantenzahns vorführt.
In verschiedenen Reiseberichten des späten 17. und des 18. Jahrhunderts wird die Gruppe
stets aus der Fülle der Elfenbeinarbeiten in der kaiserlichen Schatzkammer hervorgehoben.
DECKELPOKAL MIT BLUMDECKELPOKAL MIT BLUMDECKELPOKAL MIT BLUMDECKELPOKAL MIT BLUMENAUFSATZENAUFSATZENAUFSATZENAUFSATZ
Süddeutsch, 1. Drittel 17. Jh.
© Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv.-Nr. KK 4777
Aus einer für Künstler wie Sammler gleichermaßen ungebrochenen Faszination für die
Maschine entstanden ab dem ausgehenden 16. Jahrhundert genuine Kunstkammerstücke,
in denen die Natur nach dem Motto „Ars naturam superat“ durch den menschlichen
Schöpfungsakt überwunden wurde. Dieser Deckelpokal ist ein charakteristisches
Drechselkunststück des frühen 17. Jahrhunderts, als die schrittweise Ablöse von einfachen
stereometrischen Großformen mit ungestalteten Leerflächen durch wesentlich komplexere
Formspekulationen eingeleitet wurde.
Vielleicht stammt der Pokal aus dem Besitz Rudolfs II., dessen Inventar einige
vergleichbare „becherlin“ oder „blumenkrug mit vilen blumen“ auflistet.
ENSEMBLE VON DRECHSEENSEMBLE VON DRECHSEENSEMBLE VON DRECHSEENSEMBLE VON DRECHSELKUNSTSTÜCKENLKUNSTSTÜCKENLKUNSTSTÜCKENLKUNSTSTÜCKEN
Marcus Heiden (tätig 1618 - 1664)
Johann Eisenberg (1600 - 1640)
Coburg, um 1630/37
© Wien, Kunsthistorisches Museum,
Inv.-Nr. KK 4671, KK 4676, KK 4772, KK 4777
Gegen Ende des 16. Jahrhunderts kam an einigen Fürstenhöfen die Mode auf, Kunststücke
aus Elfenbein zum Geschenk zu machen. Die Auswahl an Drechselarbeiten in dieser
Ausstellung zeigt die stilistische Vielfalt, komplizierte Geometrie und bizarre Künstlichkeit
der auf der Drehbank gefertigten Kunststücke aus Elfenbein. Diese Meisterwerke
menschlicher Handwerkskunst wurden als Beispiele für eine höchst geglückte materielle
Umsetzung von Prinzipien der Geometrie angesehen. Als solche hatten die kostbaren
Schöpfungen im Zusammenhang mit dem enzyklopädischen Sammeleifer der Zeit ihren
sinnvollen Bestimmungsort in der Kunstkammer, die alle Wissensgebiete des Menschen zu
veranschaulichen suchte. Die auch kunsttheoretisch bedeutsame Ausübung des
Drechselns stellte für die Kunsthandwerker eine ständige Herausforderung dar, an die
Grenzen des fragilen Materials zu gehen.
Die Arbeit an der Drehbank war Teil der fürstlichen Erziehung.
KONTERFETTENKUGELKONTERFETTENKUGELKONTERFETTENKUGELKONTERFETTENKUGEL
Lorenz Zick (1594 - 1666)
Nürnberg, 2. Drittel 17. Jh.
Elfenbein, Muschelkameen, Gouache auf Papier
© Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv.-Nr. KK 4503
Zu den schwierigsten Kunstdrechselarbeiten zählen die auf umfangreichen
mathematischen Berechnungen basierenden so genannten Konterfettenkugeln. Sie riefen
wegen ihrer Virtuosität und Raffinesse bei den Zeitgenossen der Auftraggeber Staunen und
Bewunderung hervor und galten als begehrte fürstliche Geschenke. Diese
Drechselkunststücke haben im Inneren der Hohlkugel weitere geometrische Formen oder
eine Kapsel mit Miniaturbildnissen. Sie konnte mit Hilfe der seitlich nach außen geführten
Schnüre geöffnet werden, sodass die Porträts sichtbar wurden. Die Muschelkameen auf
der Weltkugel, die auf den Schultern von Herkules ruht, zeigen in Anspielung auf die weit
gespannten Grenzen des Reiches die habsburgische Genealogie von Rudolf I. bis
Ferdinand III.
BACCHANALBACCHANALBACCHANALBACCHANAL
Johann Ignaz Bendl (tätig vor 1682 - 1730)
Wien, signiert und datiert Ignati bendl f. 1684
© Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv.-Nr. KK 3655
Die in die Innenwandung des Zahns geschnittenen Darstellungen einer in Kasten-
rahmungen gefassten Folge von zwölf Elfenbeinreliefs mit mythologischen Themen aus
dem Jahre 1684 gelten als früheste datierte Arbeit von Johann Ignaz Bendl. Eine vollrund
geschnittene männliche Aktfigur, die kunstreich einen Handstand vorführt, unterstreicht das
virtuose Moment der auf einen dekorativen Gesamteindruck abzielenden Reliefs. Derartige
Elfenbeinbildchen entstanden zumeist als zweckfreie Kunstkammerstücke und wurden
zusammen mit Gemälden präsentiert; fallweise dienten sie auch als in ein Prunkmöbel
eingelassene Dekorelemente.
KAISER LEOPOLD I. ZUKAISER LEOPOLD I. ZUKAISER LEOPOLD I. ZUKAISER LEOPOLD I. ZU PFE PFE PFE PFERDRDRDRD
Matthias Steinl (1643/44 - 1727)
Wien, um 1690/93
© Wien, Kunsthistorisches Museum,
Inv.-Nr. KK 4662
KÖNIG JOSEPH I. ZU PKÖNIG JOSEPH I. ZU PKÖNIG JOSEPH I. ZU PKÖNIG JOSEPH I. ZU PFERDFERDFERDFERD
Matthias Steinl (1643/44 - 1727)
Wien, 1693 signiert und datiert
© Wien, Kunsthistorisches Museum,
Inv.-Nr. KK 4663
Die Reiterstatuette Kaiser Leopolds I. als Sieger über die Türken und Franzosen bildet
zusammen mit ihrem Gegenstück, das König Joseph I. als Triumphator über den Furor
zeigt, ein allegorisches Doppeldenkmal. Weniger die Verherrlichung des Kaisers und
seines älteren Sohnes als Einzelpersonen als vielmehr die Veranschaulichung der
gottgewollten Herrschaft des Hauses Habsburg sowie der Kontinuität und Erneuerung des
Imperium Romanum unter dem damaligen und dem zukünftigen Regenten des Heiligen
Römischen Reiches bildete das Anliegen dieses ambitionierten Projekts. Eine Umsetzung
ins große Format wurde jedoch niemals angestrebt; die Saalmonumente waren von Anfang
an für eine Aufstellung in der kaiserlichen Schatzkammer gedacht, wo sie erstmals 1715 in
einem Reisebericht als Rarität unter den Sehenswürdigkeiten der Stadt hervorgehoben
wurden. Als unmittelbarer Anlass für das Doppeldenkmal sind wohl die im März 1690 in
Augsburg erfolgte Wahl und Krönung Josephs I. zum Römischen König und der daran
anschließende triumphale Einzug von Vater und Sohn in Wien anzusehen.
Der kaiserliche Kammerbeinstecher Steinl hat hier mit eminenter Virtuosität zwei
kleinplastische Reiterstandbilder von monumentalem Charakter geschaffen, die durch die
minutiöse Gestaltung der Details mit starken Aushöhlungen und Unterschneidungen
bestechen. Durch den unerhört komplexen politisch-historischen Anspruch erfährt dieses
Werk jedoch über formale Belange hinaus noch eine weitere Steigerung – es wird zu einem
einzigartigen Monument imperialer Selbstdarstellung. Leopold ist als siegreicher Feldherr
und Imperator sowie als Verteidiger seiner Länder und des christlichen Glaubens, sein
Sohn ist als himmlischer Reiter der Apokalypse charakterisiert. Die Elfenbeinstatuetten sind
die einzigen Reiterstandbilder der beiden Herrscher, die während der Regierungszeit
Leopolds I. in der kaiserlichen Residenzstadt geschaffen wurden.
SIEG DES HL. MICHAELSIEG DES HL. MICHAELSIEG DES HL. MICHAELSIEG DES HL. MICHAEL ÜBER DEN SATAN ÜBER DEN SATAN ÜBER DEN SATAN ÜBER DEN SATAN
Johann Schnegg (1724 - 1784)
Bayreuth (?), um 1740/60
Elfenbein, Holz
© Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv.-Nr. KK 4572
Kombinationsfiguren, die teils in Elfenbein, teils in Holz ausgeführt sind, wurden in der
Kleinplastik des Spätbarock zu einer Modeerscheinung.
In der von jesuitischer Spiritualität durchdrungene Komposition werden einander
Bescheidenheit und Hochmut didaktisch gegenübergestellt. Der hl. Michael erscheint im
strahlenden Weiß des Elfenbein als Repräsentant des Guten, dem der gefallene Erzengel
Luzifer als Verkörperung des Bösen und der finsteren Mächte in dunklem Holz unterliegt.
Die elfenbeinernen Wolken über der Erdkugel unterstreichen den Sieg der himmlischen
Mächte.
In ihrer kühlen Glätte verweist die stark typisierte Figurengruppe bereits auf die
Porzellanplastik des fortschreitenden 18. Jahrhunderts, die in der Folge das Elfenbein als
bevorzugtes Material für kleinplastische Arbeiten ablösen sollte.
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