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Die Kurden: Ewige Unterdrückte oder Terroristen?
Welche Bedeutung haben der Staatsterror, sowie die gewaltsamen Unabhängigkeitskämpfe für das
Selbstverständnis der Kurden?
Maturaarbeit Juli 2009
Simon Grossrieder
Kollegium St. Michael
Seminar: Aufarbeitung von Genozid Leitung: M. Kleinewefers, D. Zunzer
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Maturaarbeit Simon Grossrieder Die Kurden: Ewige Unterdrückte oder Terroristen?
2
Zusammenfassung
Die Kurden sind ein Volk, dessen Siedlungsgebiet sich über Teile der vier Staaten Irak, Türkei, Syrien und Iran erstreckt. Einen eigenen Staat haben sie allerdings nicht. Stattdessen wurden sie von den Besetzerstaaten unterdrückt, verfolgt und ermordet. Es gibt jedoch Widerstandsgruppen, die sich, teilweise auch mit Gewalt, für die Rechte der Kurden und einen unabhängigen Staat Kurdistan einsetzen. So wird das kurdische Volk oft mit Terrorismus in Verbindung gebracht. In meiner Arbeit wollte ich herausfinden, was die Kurden selber von dieser ambivalenten Rolle halten und wie sie sich selber wahrnehmen. Um das Ganze von mehreren Seiten anzugehen, versuchte ich jedoch nicht nur Kurden zu befragen, sondern auch türkische und irakische Vertreter, sowie einen neutralen Experten. Die Kurden distanzierten sich erwartungsgemäss von dem Bild als Terroristen und verwiesen vermehrt auf die Unterdrückungen, die ihr Volk erleiden musste. Hier dominiert klar die Opferrolle. Die Botschafter der Türkei und des Iraks dagegen weigerten sich, meine Fragen zu beantworten. Das zeigt, dass man von dieser Seite viel verschlossener mit dem Thema umgeht, als von kurdischer Seite. Vom Experten für kurdische Geschichte wurde mir bestätigt, dass die Kurden durch die starke Unterdrückung eher zur Opferrolle tendieren. Allerdings sympathisierte die kurdische Bevölkerung in den vergangenen Jahren auch oft mit den Widerstandskämpfern. Der Trend weist jedoch immer mehr von diesem Bild weg in Richtung wehrlose Leidtragende. Es zeigte sich, dass bei den Kurden der Wunsch nach einem eigenen Staat nach wie vor vorhanden ist. Allerdings kann man die Gründung des unabhängigen Kurdistans in nächster Zukunft kaum erwarten. Mit der Bildung der autonomen Region Kurdistan im Nordirak hat man jedoch schon einen entscheidenden Schritt in eine bessere Zukunft für die Kurden getan. Allgemein kann man sagen, dass das Kurdenproblem sicher noch nicht gelöst ist, aber dass sich Verbesserungen, vor allem im Irak zeigen.
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Maturaarbeit Simon Grossrieder Die Kurden: Ewige Unterdrückte oder Terroristen?
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Inhaltsverzeichnis
I Einleitung .........................................................................................5 II Historischer Kontext ...................................................................7
1. Die Kurden...................................................................................7 1.1. Wer sind die Kurden? .............................................................7 1.2. Die Probleme der Kurden................................................................ 7 1.3. Warum gibt es noch keinen Staat Kurdistan?.................................. 8
2. Der Genozid im Irak ................................................................................ 9 2.1. Was ist passiert?............................................................................. 9 2.2. Halabja........................................................................................... 11
3. Kurdische Terroristen............................................................................ 12
3.1. Warum Kurden auch als Terroristen bezeichnet werden........................................................................ 12
3.2. Die PKK......................................................................................... 12 3.2.1. Die PKK und die Gewalt....................................................... 12 3.2.2. Das Ansehen der PKK in der
internationalen Gesellschaft ................................................. 13 3.2.3. Abdullah Öcalan................................................................... 14
4. Die autonome Region Kurdistan ........................................................... 15 4.1. Entstehung der autonomen Region Kurdistan............................... 15 4.2. Innerkurdische Konflikte................................................................ 15
III Eine kurdische Familie in der Schweiz .....................................17
1. Die Familie und ihre Erinnerungen........................................................ 17 1.1. Die Familie wird vorgestellt ........................................................... 17 1.2. Erlebnisse im Irak.......................................................................... 17 1.3. Die Auswanderung........................................................................ 18
2. Analyse des Interviews.......................................................................... 19 2.1. Die Selbstwahrnehmung der Kurden ............................................ 19 2.2. Der Wunsch nach einem eigenen Staat........................................ 20 2.3. Haltung zu den terroristischen Aktionen der PKK ......................... 20 2.4. Umgang mit den Erinnerungen ..................................................... 21
IV Die kurdische Organisation CHAK ...........................................22 1. Die Organisation CHAK, ihre Ziele und Aktivitäten................................ 22 2. Die Zukunft der Kurden ......................................................................... 22
3. Die Identität der Kurden ........................................................................ 24
3.1. Die Wichtigkeit der kurdischen Identität ........................................ 24 3.2. Das Bild der kurdischen Terroristen .............................................. 24 3.3. Die Selbstwahrnehmung von Hiwa Naseh .................................... 25
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Maturaarbeit Simon Grossrieder Die Kurden: Ewige Unterdrückte oder Terroristen?
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V Der Experte für kurdische Geschichte.......................................27 1. Jordi Tejel Gorgas................................................................................. 27 2. Das Bild der Kurden .............................................................................. 27
2.1. Die Selbstwahrnehmung der Kurden ............................................ 27 2.2. Das Ansehen bei den übrigen Völkern.......................................... 27
3. Die Zukunft der Kurden ......................................................................... 28
VI Schlussfolgerungen ................................................................29 VII Danksagung .......................................................................................... 31 VIII Quellenverzeichnis ...............................................................32 IX Anhang ..................................................................................35
1. Interview mit der Familie Muhamad....................................................... 35 2. Fragebogen an Jordi Tejel Gorgas........................................................ 39 3. Fragebogen an CHAK........................................................................... 44
X Eidesstattliche Erklärung..............................................................49
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Maturaarbeit Simon Grossrieder Die Kurden: Ewige Unterdrückte oder Terroristen?
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I Einleitung Zur Vorbereitung der Maturaarbeit studierte ich verschiedene Dokumente über
Völkermord. Dabei stiess ich auf den Genozid an den Kurden. Ich wusste praktisch
nichts über das kurdische Volk, hatte jedoch die vage Erinnerung daran, dass mir ein
Kollege einmal gesagt hat, er sei ein Kurde. Also begann ich mich näher über die
Kurden zu informieren, da ich durch den eben genannten Kollegen möglicherweise
ein Interview organisieren konnte.
Bei den ersten Recherchen wurde mir bald klar, dass die Unterdrückung des
kurdischen Volkes sehr viel Stoff zu bieten hat, und sich daraus ein gutes Thema für
die Maturaarbeit bilden lässt. Bei weiteren Nachforschungen erkannte ich aber, dass
die Opferrolle der Kurden nicht so eindeutig war wie bei anderen Opfern eines
Genozids, wie zum Beispiel die Juden. Stattdessen fand man oft den Begriff
„Terrorist“, der als Folge der gewaltsamen Unabhängigkeitskämpfe viel verwendet
wurde. Aus dieser ambivalenten Rolle, die die Kurden haben, formulierte ich den
Titel und die Leitfrage der Maturaarbeit:
Kurden: Ewige Unterdrückte oder Terroristen?
Welche Bedeutung haben der Staatsterror, sowie die gewaltsamen
Unabhängigkeitskämpfe für das Selbstverständnis der Kurden?
Danach wurde weiter recherchiert, um das Kapitel über den historischen Kontext zu
entwerfen. Weiter habe ich mit den Seminarleitern diskutiert, welche Personen man
zum Thema interviewen könnte. Ein Interview mit der kurdischen Familie meines
Kollegen war von Anfang an geplant. Dazu stiess ich auf die Organisation CHAK, die
sich für kurdische Rechte einsetzt. Diese Stimme wäre sicher auch interessant, da
ich von ihr eine ziemlich prokurdische Antwort erwartete. Als Gegenpol dazu müsste
man auch eine contrakurdische Stimme einbeziehen, die ich mit einem Interview mit
der irakischen oder der türkischen Botschaft erreichen wollte. Um das Ganze von
einem neutralen Standpunkt zu beurteilen, wollte ich noch einen aussenstehenden
Experten befragen.
Die kurdischen Interviewpartner, das heisst die kurdische Familie Muhamad, sowie
Hiwa Naseh, Vertreter von CHAK, erwiesen sich als äusserst offen und hilfsbereit.
Das Ergebnis waren zwei gute und aufschlussreiche Interviews. Die irakische
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Botschaft und das Generalkonsulat des Iraks dagegen meldeten mir, dass sie die
Fragen nicht beantworten können. Von den türkischen Vertretungen erhielt ich
überhaupt keine Rückmeldung. So musste ich einsehen, dass die Beschaffung von
Informationen von der Contraseite bezüglich dieses heiklen Themas recht schwierig
war. Auch bei der Suche nach aussenstehenden Experten traten Probleme auf.
Nachdem ich mehrere Journalisten aus dem nahen Osten, unter anderen den
Korrespondenten Ullrich Tilgner, erfolglos angeschrieben hatte, wendete ich mich an
die Universität. Dort verwies mich Herr Yves Besson, Professor für Geschichte, an
seinen Kollegen Jordi Tejel Gorgas. Auch er Professor für Geschichte und
Soziologie, hat sich auf die Kurdenfrage spezialisiert und hat schon mehrere Bücher
darüber verfasst. Freundlicherweise hat er mir meine Fragen beantwortet, was mir
vor allem beim Theorieteil sehr viel geholfen hat.
Danach musste ich die Ergebnisse aus den Interviews zu Papier bringen. Zu jedem
Interview habe ich ein Kapitel verfasst, in denen ich aber stets ähnliche Themen
behandelte. Diese sind vor allem folgende:
→ Zukunft der Kurden → Haltung zu den gewaltsamen Kämpfen der PKK → Identität der Kurden zwischen Opferrolle und Bild als Terroristen → Persönliche Geschichte im Zusammenhang mit den Kurden
Am Schluss versuchte ich die Resultate zu vergleichen und ein Fazit daraus zu
ziehen.
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II Historischer Kontext 1. Die Kurden
1.1. Wer sind die Kurden?
Das kurdische Volk bevölkert schon seit
vielen Jahrhunderten grössere Teile des
Nahen Ostens. Ihre Siedlungen sind vor
allem in der Türkei, in Syrien, im Irak
und im Iran zu finden. Die Kurden bilden
jeweils eine Minderheit in jenen Staaten,
obwohl es weltweit schätzungsweise 25-
30 Millionen Kurden1 gibt. Das kurdische
Siedlungsgebiet nennt man auch
Kurdistan, auch wenn es kein Staat ist.
Ursprünglich sind die Kurden ein
Nomadenvolk. Die meisten Kurden sind
sunnitische Muslime. Sie sprechen ihre eigene kurdische Sprache.
1.2. Die Probleme der Kurden
Die Kurden bilden weltweit das grösste Volk ohne eigenen Staat. Da jedoch ein
Nationalgefühl und der Wunsch nach einem eigenen Staat vorhanden sind, führt das
zu Konflikten mit den bereits vorhandenen Staaten, die sich mit Kurdistan
überschneiden. Deshalb werden sie in mehreren Staaten, allen voran in der Türkei
und im Irak, unterdrückt, verfolgt, vertrieben und ermordet. Das geht vom Verbot der
kurdischen Sprache über Vertreibung aus ihren Dörfern bis hin zum Völkermord im
Irak.
Dazu kommt, dass es in der Türkei sehr nationalistische Strömungen gibt. Man
möchte einen Staat, in dem es nur Türken gibt. Als Folge daraus wollte man die
gesamte kurdische Identität auslöschen. Auch im Irak wurden die Kurden Opfer der
Arabisierung. So wurde in der irakischen Verfassung bis 2005 festgehalten, dass der
Irak ein arabisches Land ist und alle Nichtaraber folglich keine Bürgerrechte
besitzen. Man siedelte Araber in kurdischen, ölreichen Gebieten an.
1 http://www.lehrmittelverlag.ch/downloads/dateien/Seite_12.pdf
Abb.1: Die Lage Kurdistans
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Maturaarbeit Simon Grossrieder Die Kurden: Ewige Unterdrückte oder Terroristen?
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Man kann also feststellen, dass in allen Ländern, die nach dem ersten Weltkrieg auf
kurdischen Gebieten gegründet worden sind, sich eine kurdenfeindliche Haltung
entwickelt hat.
1.3. Warum gibt es noch keinen Staat Kurdistan?
Es gab eine Zeit in der kurdischen Geschichte, in der man sich ernsthafte
Hoffnungen auf einen kurdischen Staat machen konnte. Nach dem Ersten Weltkrieg
wurde im Abkommen von Sèvres bestimmt, wie das ehemalige osmanische Reich
aufgeteilt wurde. Dort hat man auch festgehalten, dass Kurdistan autonom und
später eventuell unabhängig werden könne. Im Artikel 64 des Vertrages steht
geschrieben:
“…if the Council then considers that these peoples are capable of such
independence and recommends that it should be granted to them, Turkey
hereby agrees to execute such a recommendation, and to renounce all rights
and title over these areas.” 2
Doch in den darauffolgenden Jahren setzten sich türkische Rebellen unter Atatürk
gegen die Aufteilung ihrer Heimat durch. So wurde im Abkommen von Lausanne,
drei Jahre nach Sèvres, kein autonomes Kurdistan mehr erwähnt. Noch heute spricht
man unter kurdischen Nationalisten vom „Verrat von Sèvres und Lausanne“.
Auch die geografische Lage Kurdistans hat leider schwerwiegende Konsequenzen
für das kurdische Volk. Da man dort Öl und andere Bodenschätze gefunden hat,
haben die Staaten, auf denen sich Kurdistan befindet, kein Interesse daran, den
Kurden Gebiete abzutreten.
“Kurden haben keine Freunde“, ein kurdisches Sprichwort, das tatsächlich relativ
zutreffend ist. Der kurdische Widerstand ist auf Hilfe von Aussen angewiesen. Diese
musste gezwungenermassen von den Nachbarländern gewährleistet werden, da
Kurdistan keinen Zugang zum Meer hat. Folglich mussten alle Hilfsgüter über die
Besetzerstaaten in die kurdischen Gebiete transportiert werden. Die Kurden haben in
all den Jahren der Unabhängigkeitsbestrebungen zwar immer wieder Unterstützung, 2 Abkommen von Sèvres (Art.64)
http://wwi.lib.byu.edu/index.php/Section_I%2C_Articles_1_-_260
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meistens in Form von Waffen erhalten. Aus reiner Sympathie und Loyalität hat das
allerdings niemand getan. Die Kurden waren eher ein Mittel um den Rivalen zu
schaden. So unterstützte der Iran die irakischen Kurden, damit diese dem Irak
Schaden zufügen konnten. Sobald sich die Situation im Konflikt jedoch änderte,
wurden die Kurden wieder im Stich gelassen, ohne sich weiter um ihre Interessen zu
kümmern. Die Nachbarstaaten wollten keinesfalls, dass die Kurden zu stark werden
und womöglich die Kurden im eigenen Land unterstützen. Deshalb hatten die Kurden
nie einen wirklichen Verbündeten in ihrem Kampf für ihre Ziele. Das hat auch dazu
beigetragen, dass so schreckliche Ereignisse mit dem kurdischen Volk geschehen
konnten.
2. Der Genozid im Irak
2.1. Was ist passiert?
In den Jahren 1987 bis 1988 reagierte das irakische Regime unter Saddam Hussein
auf die kurdischen Aufstände mit äusserster Brutalität. Unter dem Code-Namen
Anfal-Operation führte das irakische Militär einen grausamen Völkermordfeldzug
durch. Das Ziel dieser Aktion war, die ganze Kultur und Identität der Kurden
auszulöschen. Deshalb wurde vor allem die kurdische Zivilbevölkerung Opfer dieser
Kampagne. Zu dieser Tatsache äusserte sich Saddam Hussein gegenüber einem
ranghohen Militärmitglied folgendermassen:
„We attack those who live there, we do not differentiate between who has
weapons or not, or who is civilian or not. They are saboteurs.”
Saddam Hussein3
Die Arabisierungspolitik der Baath-Partei im Irak erreichte so den brutalen
Höhepunkt, indem man die nichtarabischen Kurden systematisch ermorden wollte.
Die ganze Operation wurde vom Militär organisiert und durchgeführt. Die
Vorgehensweise der irakischen Armee war äusserst brutal. Kurdische Dörfer wurden
dem Erdboden gleichgemacht und die Bevölkerung deportiert und ermordet. Mit
Hubschraubern bombardierte man die Siedlungen. Vermehrt wurde auch Giftgas
eingesetzt. Insgesamt wurden im kurdischen Teil des Iraks über 4000 Dörfer zerstört.
Dieses Vorgehen erläuterte der Militärkommandeur Ali Hasan Al-Majid, besser
3 Broschüre von CHAK „Anfal, the Iraqi State’s Genocide Against the Kurds”, Februar 2007, S.64
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bekannt als Chemie-Ali, in einer geschlossenen Versammlung mit regionalen
Sicherheitschefs, folgendermassen:
„Ja, ich werde mich schon (um die Kurden) kümmern. Ich tue dies, indem ich
sie mit Bulldozern begrabe. Genau so werde ich es tun.“
Ali Hasan Al-Majid4
Man nimmt an, dass ungefähr 182’000 Kurden umgekommen sind und bis zu einer
Million Menschen verschleppt wurden5. Nach dem Fall des Baath-Regimes hat man
rund 300 Massengräber gefunden, in denen die deportierten und ermordeten Kurden
begraben waren. Auch Hamdia Muhamad, meine Interviewpartnerin, berichtete von
den brutalen Massnahmen des irakischen Militärs:
„Saddam hat ein grosses Loch gemacht, wie hier für eine Baustelle, und hat alle
zusammen genommen, hinein geworfen und das Loch wieder zugemacht. So
sind sie gestorben.“
Hamdia Muhamad6
Der Begriff Anfal stammt aus dem Koran und bedeutet Beute. Da er aus der heiligen
Schrift stammt, galt er als Legitimation der Operation.
Die Anfal-Operation ist heute international noch nicht als Genozid akzeptiert. Im Irak
wurde der Völkermord jedoch offiziell anerkannt. Dieser Anerkennung hat das
irakische Parlament im Jahre 2008 zugestimmt. Ein solcher Entscheid trägt sicher
zur Verbesserung der Lage im Irak bei. Dazu wurden die hauptverantwortlichen
irakischen Behörden im Sommer 2007 vom Iraqi High Criminal Court (IHCC) für
schuldig befunden7. Unter anderen wurde der damalige Verteidigungsminister und
Militärkommandeur Ali Hasan Al-Majid zum Tod verurteilt. Weitere Beteiligte wurden
mit lebenslangem Freiheitsentzug bestraft.
4 http://www.medico.de/kurdakt/halabj2.htm 5 Broschüre von CHAK „Anfal, the Iraqi State’s Genocide Against the Kurds”, Februar 2007, S.78 6 Hamdia Muhamad, Mutter einer kurdischen Flüchtlingsfamilie (siehe Interview im Anhang) 7 CHAK (2008). The Iraqi High Criminal Court and the Iraqi Parliament’s recognition of genocide
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2.1.1. Halabja
Die Stadt Halabja ist eine jener kurdischen Siedlungen, die von den irakischen
Giftgasangriffen schwer getroffen wurde. Am 16. März 1988 warfen mehrere
Flugzeuge Giftgasbomben auf Halabja. Bei diesem Angriff verloren 5000 Menschen,
die meisten kurdische Zivilisten, ihr Leben. Weiter litten über 10'000 unter den Folgen
des Giftgases oder den Verletzungen8. Es wurden vor allem Nervengifte eingesetzt,
die einen qualvollen Tod, Nervenlähmungen, Hautkrankheiten, Tumorbildungen,
Lungenschäden und Fehlgeburten als Folge hatten. Ali Hasan Al-Majid hat den
Einsatz von Giftgas mutmasslich angeordnet, deshalb auch sein Übername Chemie-
Ali. Er begründete diese Gräueltat damit, dass er die Kurden dafür bestraft hatte,
dass sie die iranischen Truppen nicht am Einmarsch in den Irak gehindert hätten9. In
der Tat hatten die Kurden während der Zeit des Iran-Irakkrieges mit dem Iran
zusammengearbeitet10. Allerdings wird das wohl kaum die Zivilbevölkerung Halabjas
gewesen sein, die nun auf grausamste Weise bestraft wurde.
Der Angriff auf Halabja steht heute symbolisch für die Kurdenverfolgung im Irak,
obwohl er eigentlich gar nicht Teil der Anfal-Kampagne war. Der 16. März 1988 ist so
auf grausame Art und Weise in die Geschichte
eingegangen und erinnert die Welt an die
brutale Vorgehensweise des Iraks. Dazu
beigetragen haben auch die Medien. Zu dieser
Zeit waren zufällig Journalisten und Wissen-
schaftler in der Gegend, die dieses schreckliche
Ereignis dokumentieren konnten11.
8 Broschüre von CHAK „Anfal, the Iraqi State’s Genocide Against the Kurds”, Februar 2007, S.28 9 http://de.wikipedia.org/wiki/Giftgasangriff_auf_Halabdscha 10 http://de.wikipedia.org/wiki/Anfal-Operation 11 http://www.kurdica.com/News-sid-Der-Giftgasangriff-auf-Helebce-Halabja--399.html
Abb.2: Unzählige Opfer in Halabja
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3. Kurdische Terroristen
3.1. Warum Kurden auch als Terroristen angesehen werden
Die Kurden werden nicht immer eindeutig als bemitleidenswerte Opfer
wahrgenommen. Häufig werden sie in Verbindung mit Terrorismus gebracht. Das
kommt daher, dass es Gruppierungen gibt, die mit Waffengewalt für die Rechte der
Kurden kämpfen. Solche Unabhängigkeitskämpfer führen in den Bergen Kurdistans
einen Guerillakrieg gegen die Staaten, von denen sie unterdrückt werden. Als Folge
davon wird ihr Ansehen in ein schlechtes Licht gerückt und mit Terrorismus in
Verbindung gebracht. Eine dieser Gruppen, die für Kurdistan kämpfen, ist die
Arbeiterpartei Kurdistans (PKK).
3.2. Die PKK
Die PKK, die Arbeiterpartei Kurdistans (kurd.: Partiya
Karkerên Kurdistan) ist eigentlich eine marxistisch-
leninistisch orientierte Organisation, mit einem
sozialistischen Kurdistan als Ziel12. Sie erstrebt
Autonomie in der Türkei, die so weit geht, dass man
praktisch von Unabhängigkeit sprechen kann. Auch in
anderen Teilen Kurdistans ausserhalb der Türkei unterstützt die PKK Gruppierungen,
die für ähnliche Ziele kämpfen. So führt sie also einen Kampf für die Unabhängigkeit
Kurdistans. Allerdings versuchen die Mitglieder der Partei dies auch mit
Waffengewalt und Krieg zu erreichen.
Die Arbeiterpartei wurde im November 1978 formal gegründet, obwohl sie vorher
schon ca. fünf Jahre inoffiziell existiert hatte13. Einer der wichtigsten Funktionäre der
Partei war Abdullah Öcalan. Er war die Symbolfigur des kurdischen Widerstandes.
3.2.1. Die PKK und die Gewalt
Die PKK ist wohl die populärste kurdische Partei, die für die Unabhängigkeit
Kurdistans kämpft. Das ist vor allem eine Folge des bewaffneten Widerstandes. Die
PKK scheut keine Mittel um ihre Ziele zu erreichen.
12 http://de.wikipedia.org/wiki/PKK#Ideologie 13 http://de.wikipedia.org/wiki/PKK#Geschichte_der_Organisation
Abb.3: Logo der PKK
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So heisst es im Programm der PKK, das 1977 verfasst wurde:
“Die Methoden des Kampfes basieren notwendig in weitem Umfang auf Gewalt.
Das heißt nicht, dass keine anderen Methoden des Kampfes unter
entsprechend günstigen konkreten Bedingungen angewandt werden.“14
Den Unabhängigkeitskampf führt die PKK in Form eines Guerillakrieges. Die PKK-
Kämpfer haben ihre Lager in den Bergen versteckt. Von dort aus kämpfen sie vor
allem gegen das türkische Militär. Die bergige Geografie Kurdistans ist eine optimale
Plattform für einen Guerillakrieg und unterstützt so den Widerstand der PKK. So
schreibt Albrecht Metzger in seinem Buch zum Beispiel Kurden:
“…wäre Kurdistan so flach wie Nordfriesland, dann wäre den Kurden einiges
Leid erspart geblieben. Zwar wäre dann der kurdische Widerstand längst tot
[…], aber auch die schaurigen Nebeneffekte, nämlich Deportation und
Vertreibung der Zivilbevölkerung, wären höchstwahrscheinlich ausgeblieben.“15
So führen die beiden Kriegsparteien aber einen erbitterten Kampf, aus dem kein
Ausweg und keine Lösung in näherer Zukunft in Sicht ist. Seit Mitte der 90er Jahre
benützen PKK-Kämpfer vermehrt auch Selbstmordattentate als Mittel, den Gegnern
Schaden zuzufügen. Solche Kämpfer werden in der PKK als Märtyrer verehrt16.
3.2.2. Das Ansehen der PKK in der internationalen Gesellschaft
Die PKK hat den gewaltsamen Weg eingeschlagen, um ihre Ziele zu erreichen. Der
einzige Weg, der möglich ist, wie einige Kurden meinen.
“…wir sollen auch die Bedingungen und Situationen von den Parteien
verstehen, sollte eine Partei keine Chance für einen demokratischen und
friedlichen Kampf haben, dann denken sie an einen anderen Weg.“
Hiwa Naseh17
14 PKK-Programm http://www.nadir.org/nadir/initiativ/isku/hintergrund/programm_1/index.htm 15 Albrecht Metzger: Zum Beispiel Kurden, Lamuv-Verlag, Seite15 16 http://de.wikipedia.org/wiki/PKK#Selbstmordattentate_und_Selbstt.C3.B6tungen 17 Hiwa Naseh, Vertreter von CHAK (siehe Interview im Anhang)
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International ist das Ansehen der Partei aber sehr tief. Viele Länder verurteilen den
gewaltsamen Widerstand. Die PKK ist in verschiedenen Ländern, wie zum Beispiel in
Deutschland, verboten. Man findet die kurdische Partei auch auf diversen Listen, wie
zum Beispiel auf der Liste der terroristischen Organisationen in den USA. Das führt
leider auch dazu, das viel verallgemeinert wird und alle Kurden in ein schlechtes
Licht gerückt werden.
3.2.3. Abdullah Öcalan
Abdullah Öcalan war für viele Kurden ein Symbol des
Kampfes gegen die
Unterdrückung und für einen unabhängigen Staat. Er war
Mitgründer und Oberhaupt der PKK bis in das Jahr 2002.
Während seines Studiums der Politikwissenschaften
Anfang der 70er Jahre kam er mit sozialistischen Ideen in
Kontakt. Das führte dann letztendlich zur Gründung der
PKK 1978. Als deren Vorsitzender organisierte er
Ausbildungscamps und militärische Aktionen der
Guerillakämpfer. In dieser Zeit geniesst er eine personen-
kultartige Verehrung.
Am 15. Februar 1999 wurde Abdullah Öcalan in Kenia vom türkischen Geheimdienst
gefasst und in die Türkei ausgeliefert. Dort wurde er wegen Hochverrat und Bildung
einer terroristischen Organisation zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde vor allem als
Folge des internationalen Drucks nicht vollzogen und in lebenslange Haft
umgewandelt18.
Noch heute hat Öcalan ein hohes Ansehen in der kurdischen Bevölkerung. Auch
Hamdia Muhamad beschreibt die Situation folgendermassen:
“Abdullah Öcalan ist seit zehn Jahren im Gefängnis. Für was? Das ist eine
grosse Frage ohne Antwort. Er hat nur gesagt, dass er leben möchte wie ein
Mensch!“
Hamdia Muhamad 19
18 http://de.wikipedia.org/wiki/Abdullah_%C3%96calan#Festnahme_und_Verurteilung 19 Hamdia Muhamad, Mutter einer kurdischen Flüchtlingsfamilie (siehe Interview im Anhang)
Abb.4: Abdullah Öcalan
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4. Die autonome Region Kurdistan
4.1. Entstehung der autonomen Region Kurdistan
Trotz der Unterdrückung, die
phasenweise grössere und kleinere
Ausmasse annahm, konnte man im Irak
erste Schritte in Richtung kurdische
Autonomie machen. 1970 gelang es
Mustafa Barzani mit dem Irak, unter der
Führung von Saddam Hussein, ein
Abkommen auszuhandeln, das den
nördlichen Regionen des Iraks, die
hauptsächlich von Kurden bevölkert
war, teilweise Autonomie gewährte.
Darin wurde festgehalten, dass
mindestens fünf irakische Minister
Kurden sein müssen. Dazu wurde ein kurdisches Parlament gegründet, das die
autonomen Gebiete regieren sollte. Faktisch wurde dieses Parlament aber vom Irak
kontrolliert20.
In den zwanzig Jahren danach folgte die dunkle Zeit der Kurden im Irak mit der
Verschleppung von 8000 Kurden aus dem Stamm Barzanis, der Anfal-Operation und
dem Giftgasangriff auf Halabja. Der kurdische Widerstand kam erst 1991 im
Golfkrieg wieder auf. Danach wurde mit Hilfe der USA ein Flugverbot über den
kurdischen Gebieten im Norden verhängt. Das gewährte der Region erstmals
tatsächliche Autonomie. Ein Jahr später wurde das kurdische Parlament gewählt und
die Regierung gebildet21.
4.2. Innerkurdische Konflikte
Statt einer nun erstarkten kurdischen Bevölkerung, waren die folgenden Jahre aber
geprägt von Konflikten zwischen den Kurden. Bei den Parlamentswahlen hatten die
KDP (Kurdische Demokratische Partei) um Massud Barzani und die PUK
(Patriotische Union Kurdistans) um Dschalal Talabani fast gleich viele Sitze
errungen. Da sich diese Parteien jedoch grundsätzlich widersprechen, war eine
funktionierende Regierung unmöglich. Der Konflikt endete im Bürgerkrieg 1994. Erst 20 http://de.wikipedia.org/wiki/Autonome_Region_Kurdistan#Teilautonomie_ab_1970.2F74 21 http://www.wienerzeitung.at/DesktopDefault.aspx?TabID=4871&Alias=Dossiers&cob=310378
Abb.5: Die autonome Region Kurdistan
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im Washington-Abkommen 1996 konnte man sich versöhnen. Natürlich war Saddam
Hussein auch interessiert daran, dass keine kurdische Einheit entstehen konnte.
Eine innerlich zerstrittene Widerstandsbewegung gegen den Irak war weniger effektiv
und gefährlich. Deshalb förderte Hussein diese Uneinigkeit, indem er über die
autonome Region ein Handelsembargo zwischen 1991 und 1996 verhängte22. Das
hatte zur Folge, dass sich die Situation in den kurdischen Gebieten noch
verschlimmerte, was den Konflikt zwischen den kurdischen Parteien noch ankurbelte.
Im Irakkrieg 2003 kämpfte die kurdische Armee, die Peschmerga, gegen Saddam
Hussein. 2006 folgte dann die Zusammenlegung der Administrationen der beiden
Parteien KDP und PUK, die zuvor jahrelang getrennt und gegeneinander gearbeitet
hatten. Von da an wurde die autonome Region wieder zusammen regiert, mit Molla
Mustafa Barzani als Präsidenten.
In diesem Konflikt wurde die autonome Region Kurdistans nahe an den Abgrund
getrieben. Nun, da die kurdischen Parteien wieder zusammenarbeiten, haben die
Kurden wieder eine Möglichkeit, für Autonomie und vielleicht sogar Unabhängigkeit
zu arbeiten, indem sie zeigen, dass sie sich selber verwalten und versorgen können.
Das wird ihnen sicher helfen, die Vergangenheit zu verarbeiten und weitere Schritte
in Richtung Freiheit zu machen.
22 Interview mit Jordi Tejel Gorgas (siehe Anhang)
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III Eine kurdische Familie in der Schweiz 1. Die Familie und ihre Erlebnisse
1.1. Die Familie wird vorgestellt
Die fünfköpfige Familie Muhamad ist eine von vielen kurdischen Familien, die ihre
Heimat verlassen haben, um im Ausland Zuflucht zu suchen. Omar Muhamad hatte
mit seiner Frau Hamdia und seinen beiden Söhnen Rewan und Hajan in Chwarqurna
in der Nähe von Slemani (Sulaymaniah) im Irak gelebt. Nachdem die Situation im
Irak für die kurdische Familie unerträglich wurde, sind sie in die Schweiz
ausgewandert. Hier, in der Schweiz kam auch die erste Tochter Kani zur Welt. Die
Familie hat sich bereit erklärt, von ihren Erlebnissen im Irak, sowie von ihrem Leben
als Kurden zu berichten.
1.2. Erlebnisse im Irak
Zur Zeit, als Omar und Hamdia im Irak aufgewachsen sind und eine Familie gründen
wollten, herrschte das grausame Regime von Saddam Hussein über dem Irak. Das
Leben der Kurden war sehr schwer. Die Angst vor dem Regime war der ständige
Begleiter der Kurden.
„Kein Tag war Ruhe. Jeden Morgen sagte ich mir, jetzt kommt Saddam und
nimmt mich mit und ich weiss nicht wohin und ob ich zurückkehre.“
Hamdia Muhamad23
Man wusste von den Tausenden, die schon verschleppt und vertrieben worden
waren, und musste dasselbe Schicksal befürchten. So wurden auch vier kurdische
23 Hamdia Muhamad, Mutter einer kurdischen Flüchtlingsfamilie (siehe Interview im Anhang)
Abb.6: Familie Muhamad: Hajan, Hamdia, Kani und Omar (v.l.n.r.) (es fehlt Rewan)
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Cousins (alle zwischen 12 und 18 Jahren) von Hamdia verschleppt. Sie hat nie mehr
von ihnen gehört oder ein Lebenszeichen erhalten. Bestürzt berichten sie auch von
den Massengräbern, die zur Vernichtung der Kurden in dieser Zeit gemacht wurden.
Im Irak durfte man sich in keiner Art und Weise gegen Saddam Hussein wenden.
Falls man seine Partei nicht unterstützen wollte, wurde man als Feind angesehen.
„Ich bin kurdisch und möchte nicht mit Saddam zusammenarbeiten. Wenn man
in der Schweiz nicht mit einer Partei arbeiten will, geht man in eine andere
Partei. Im Irak ist das verboten! Warum?“
Hamdia Muhamad24
Da Hamdia Muhamad aber Kurdin ist, wollte sie Saddam Hussein nicht unterstützen.
Daraufhin wurde sie ihrer Familie weggenommen und einen Monat in einem
Militärlager an der Grenze zu Syrien festgehalten. Ihre Erlebnisse schildert sie
folgendermassen:
„Meine Eltern hatten keine Ahnung wo ich bin. Ich wurde in einem Zimmer
festgehalten, ich konnte nur den Himmel sehen. Es gab kein richtiges Wasser
zum Trinken. Die Militärs kommen und werfen dir ein Stück Brot wie einem Tier
hin. In diesem Monat habe ich nie geduscht und hatte immer die selbe Kleidung
an. Das alles nur weil ich Kurdin bin.“
Hamdia Muhamad25
Auch Omar Muhamad musste einige Tage im Gefängnis verbringen. Er und Hamdia
betonen mehrmals, dass man zu dieser Zeit als Kurde im Irak nicht wie ein Mensch
leben konnte.
1.3. Die Auswanderung
All die Probleme und die schwierigen Lebensumstände im Irak bewog die Familie im
August 2000 zum Auswandern. In der Schweiz gewährte man ihnen Asyl. Hier haben
die fünf gefunden, was sie im Irak vermisst hatten: Ruhe, man lässt sie leben wie
normale Menschen. Hier können sie öffentlich dazu stehen, dass sie Kurden sind.
24/21 Hamdia Muhamad, Mutter einer kurdischen Flüchtlingsfamilie (siehe Interview im Anhang)
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Allerdings vermissen sie ihre Heimat. Obwohl die Situation im Irak so schwierig war,
prägt vor allem die beiden Eltern eine starke Verbundenheit zu ihrem Heimatland.
Sie weisen aber darauf hin, dass eine allfällige Rückkehr vor allem für die Kinder
schwierig sein würde.
2. Analyse des Interviews
2.1. Die Selbstwahrnehmung der Kurden
Bei der Befragung liessen die kurdischen Interviewpartner stets einen gewissen
Stolz auf ihre Identität durchblicken. Ihr Wunsch ist, öffentlich sagen zu können: “Wir
sind Kurden!“ Das wurde ihnen unter dem Regime von Saddam Hussein im Irak
verwehrt und das ist es auch, was sie an der Schweiz schätzen. Dieser Stolz auf die
kurdische Identität zeigt sich auch darin, dass Omar Muhamad über ein relativ
grosses Wissen über die kurdische Geschichte verfügt.
Allerdings nahmen sie als Kurden eher eine demütige Haltung ein. Es wird mehrmals
erklärt, wie schlimm im Irak mit ihnen umgegangen worden ist. In diesem Fall
dominiert ganz klar die Opferrolle über diejenige vom stolzen
Unabhängigkeitskämpfer. Von dieser einen kurdischen Familie also ein
allgemeingültiges Fazit zu ziehen wäre falsch, doch zeigt sich auch in Kurdistan ein
Trend, der in diese Richtung geht (siehe Interview mit Jordi Tejel Gorgas).
Was sich jedoch auch gezeigt hat, ist, dass sie froh sind, dass ich meine Arbeit über
Kurden schreibe. Die Kurden fühlen sich hilflos und alleingelassen, da hier in der
Schweiz und allgemein im Westen relativ wenig über die schreckliche Vergangenheit
der Kurden bekannt ist. Zum Vergleich ist der Holocaust ja ziemlich gut dokumentiert
und viele Leute wissen davon. Seit dem Sturz von Saddam Hussein habe sich die
Situation jedoch verbessert. Es gelangen seither viel mehr Informationen über die
Kurdenverfolgung an die Öffentlichkeit im Westen. Diese Entwicklung hänge mit den
Beziehungen zwischen den USA mit dem Irak und der Türkei zusammen, so Omar
Muhamad. Als Saddam Hussein mit Amerika zusammengearbeitet hatte, wollte man
all die grausamen Taten vor dem Westen verstecken und vom Kurdenproblem lieber
wegsehen. Nachdem sich die USA aber gegen Hussein wendete, wurde das Ganze
ans Licht gebracht. Dass ihre Probleme nun auch von anderen wahrgenommen
werden, hilft den Kurden sicher bei der Verarbeitung der schlimmen Vergangenheit.
Deshalb sind auch Omar und Hamdia Muhamad froh, dass sie sich irgendwie Gehör
verschaffen können für ihre Probleme und Wünsche.
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2.2. Der Wunsch nach einem eigenen Staat
Die Sehnsucht nach einem eigenen Staat ist auch in dieser kurdischen Familie sehr
gross. Einerseits haben sie eine grosse Verbundenheit zu ihrer Heimat, andererseits
werden sie dort verfolgt und können nicht wie andere Menschen ein normales Leben
führen. Deshalb wünschen sie sich einen Staat mit einer eigenen Regierung, damit
sie in ihrer geliebten Heimat als Kurden leben können.
„Wir Kurden sind da auf der Welt. Aber wir möchten auch ein Land, wie zum
Beispiel Bosnien. Sie haben jetzt Land und Freiheit. Kurden möchten auch nur
das, nicht mehr.“
Hamdia Muhamad26
Sie bestätigen auch ohne zu zögern, dass sie im Fall der Gründung eines kurdischen
Staates dorthin zurückkehren würden. Obwohl sie hier in der Schweiz gut leben
können, ihre Heimat sei immer noch in Kurdistan, sagen sie.
2.3. Haltung zu terroristischen Aktionen der PKK
Omar und Hamdia Muhamad sind sich einig, dass es falsch sei, die PKK als
Terroristen zu bezeichnen. Sie sehen einen grossen Unterschied zwischen
terroristischen Aktionen und der Tätigkeit der PKK. Dieser Unterschied ist vor allem
bei den Motiven und dem Umfeld der Täter zu finden. Was die Kurden wollen ist
Land und Frieden, wie andere Nationen auch. Das wird ihnen verwehrt, stattdessen
werden sie unterdrückt und verfolgt. Dann ist es die logische Konsequenz, dass sich
Gruppierungen wie die PKK gewaltsam ihre Rechte sichern wollen. Die Gewalt ist
dann der letzte Weg, den man einschlagen kann, um die Ziele, die ja legitim sind, zu
erreichen. Aus diesem Grund darf man die PKK aber nicht als Terroristen
bezeichnen.
„Kurden machen nichts schlechtes, wegen einem anderen Land, oder weil sie
kolonialisieren wollen. Sie wollen nur selbstständig sein. Warum sagt man
dann, Kurden, und besonders die PKK, sind Terroristen?“
Hamdia Muhamad27
26 Hamdia Muhamad, Mutter einer kurdischen Flüchtlingsfamilie (siehe Interview im Anhang) 27 Hamdia Muhamad, Mutter einer kurdischen Flüchtlingsfamilie (siehe Interview im Anhang)
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Schuld daran, dass man Kurden als Terroristen bezeichnet, sind laut Omar
Muhamad die USA und Grossbritannien. Vor allem die USA haben gute
Beziehungen zur Türkei. Deshalb setzt man in den USA die PKK auch auf die
Terroristenliste. Wer nicht mit den USA zusammenarbeitet ist automatisch Terrorist.
„Kurden sind meiner Meinung nach keine Terroristen. Es gibt Terroristen in
verschiedenen Ländern, die Krieg machen wegen Religion, zum Beispiel
Osama Bin Laden. Aber Kurden sind keine Terroristen.“
Omar Muhamad28
2.4. Umgang mit den Erinnerungen
Die Familie hat im Irak viel Schlimmes erlebt, von dem sicher viele Erinnerungen
bleiben. Es fragt sich nun, wie man solche Erinnerungen verarbeiten kann.
Man könne die Erinnerungen nicht vergessen oder verstecken, so Hamdia
Muhamad. Wenn man in ein Umfeld mit solchen Problemen geboren wird, sind die
Erinnerungen unauslöschbar. Jeden Tag denken sie an die schwere Zeit im Irak.
Da die Tochter Kani jedoch erst in der Schweiz geboren wurde und der jüngere Sohn
Hajan zur Zeit der Auswanderung noch sehr klein war, haben sie praktisch keine
Erinnerung an die Zeit im Irak. Deshalb sprechen die anderen Familienmitglieder mit
den beiden Jüngsten nicht über die Probleme im Irak. Man will nicht, dass sie mit
einem solch schlimmen Umfeld vertraut gemacht werden. Hier in der Schweiz
können sie ein normales Leben führen, dann sollen sie sich nicht mit anderen
Problemen beschäftigen. Beim ältesten Sohn wird eine Ausnahme gemacht, da er
zur Zeit der Auswanderung immerhin schon acht Jahre alt war.
„Ich möchte nicht, dass meine Kinder leben, wie ich gelebt habe. Darum erkläre
ich ihnen nichts. Das ist nur eine traurige Sache. Ich möchte nicht, dass sie mit
solchen Problemen aufwachsen.“ Hamdia Muhamad29
28 Omar Muhamad, Vater einer kurdischen Flüchtlingsfamilie (siehe Interview im Anhang) 29 Hamdia Muhamad, Mutter einer kurdischen Flüchtlingsfamilie (siehe Interview im Anhang)
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IV Die kurdische Organisation CHAK
1. Die Organisation CHAK, ihre Ziele und Aktivitäten
CHAK (The Center of Halabja against Anfalisation and Genocide of the Kurds) wurde
im Jahre 2002 von Exilkurden als unabhängige, nichtpartei-gebundene Organisation
gegründet. Sie setzt sich grundsätzlich für die Rechte der Kurden ein. Als Hauptziel
wird die internationale Anerkennung des Genozides an den Kurden angegeben.
Weiter will man die Verursacher der Kurdenverfolgung und des Völkermordes vor
Gericht bringen, damit diese gerecht bestraft werden und das kurdische Volk
entschädigt wird. Zudem hilft man den Opfern des Genozides und deren
Angehörigen. CHAK kämpft aber auch noch heute gegen die
Menschenrechtsverletzungen in kurdischen Gebieten. Schlussendlich setzt man sich
bei CHAK auch für die Dokumentation der Massaker ein30.
Ihre Ziele erreichen sie unter anderem durch die Organisation von Kundgebungen,
Seminaren und friedlichen Demonstrationen. CHAK hat auch schon Broschüren über
die Kurdenverfolgung veröffentlicht. Es werden auch viele Kampagnen durchgeführt,
wie zum Beispiel Unterschriftensammlungen von Abgeordneten in verschiedenen
europäischen Ländern, für die Anerkennung der Massaker an den Kurden als
Genozid.
2. Die Zukunft der Kurden
Die Zukunft der Kurden ist noch ungewiss und sie haben es noch heute nicht
einfach. Wie schätzt aber eine Organisation wie CHAK, die ja für eine bessere
Zukunft für die Kurden kämpfen, die Aussichten ein?
Hiwa Naseh, Vertreter von CHAK, ist der Meinung, dass sich die Situation
verbessern wird. Er erklärt das damit, dass das politische System in der Welt in
Richtung Demokratie und Frieden läuft, totalitäre Diktaturen und faschistische
Regime immer mehr entmachtet werden.
Andererseits betont er auch, dass die Kurden nie aufhören werden für Freiheit und
Frieden zu kämpfen, bis sie ihre Ziele erreicht haben. Es stellt sich nun aber die
Frage, wie lange das noch dauern soll.
30 Diese Informationen entsprechen den Angaben von Hiwa Naseh, Vertreter von CHAK (siehe Interview im Anhang)
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23
Über die Zukunft der Kurden hat sich Hiwa Naseh folgendermassen geäussert:
„Ich bin Optimist für die Zukunft der Kurden, weil ich finde, es ist ein
ungeschriebenes Gesetz der Natur, dass die Gerechtigkeit und Richtigkeit
siegen werden.“
Hiwa Naseh31
CHAK will gewaltlos ihren Teil für eine friedliche Zukunft der Kurden beitragen. In
Kurdistan nehmen sie eine Beobachterrolle ein. So können sie einerseits das
System, andererseits auch die oppositionellen Parteien überblicken, und dort Kritik
anbringen, wo Menschenrechte verletzt werden. Durch das können sie das
Kurdenproblem auch im Ausland zum Thema machen. So werden viele Leute auf die
Situation aufmerksam und das Bild der kurdischen Bevölkerung wird in der
internationalen Gesellschaft verbessert.
Kann es aber jemals zur Gründung eines kurdischen Staates kommen? Hiwa Naseh
weist darauf hin, dass jedes Volk gemäss internationalen Abkommen und Gesetzen
Recht auf Selbstbestimmung hat. Die Kurden wollen auch nicht ein fremdes Land
besetzen, sondern nur auf ihrer Heimat, die sie seit Tausenden von Jahren
besiedeln, einen Staat gründen. Aus diesen Gründen sollte es eigentlich möglich
sein, dass Kurdistan unabhängig wird.
Realistisch gesehen sieht Hiwa Naseh aber keine Staatsgründung in näherer
Zukunft. Kurdische Politiker im Irak haben sich für eine föderalistische Regierung
eingesetzt, was zu diesem Zeitpunkt sicher angemessener ist. Allerdings gibt es
auch viele Gruppierungen, die friedlich zu einer kurdischen Staatsgründung gelangen
wollen. So wird man in ferner Zukunft vielleicht auch dieses Ziel erreichen können.
„…einen kurdischen Staat gründen, das ist ein Wunsch und ein schöner Traum
von fast allen Kurden, in allen Teilen von Kurdistan.“ Hiwa Naseh6
3. Die Identität der Kurden
3.1. Die Wichtigkeit der kurdischen Identität
31 Hiwa Naseh, Vertreter von CHAK (siehe Interview im Anhang)
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24
Die kurdische Sprache und Kultur sind wichtige Teile der kurdischen Identität. Sie
sind das Gemeinsame der Kurden und bewahren sie vor ethnischer Säuberung. Die
Türkei jedoch wollte die gesamte kurdische Identität ausrotten. Deshalb wurde auch
die Sprache verboten. Man durfte sie weder sprechen, noch in der Schule
unterrichten. So wurde die Erhaltung der kurdischen Kultur erheblich erschwert.
Aber gerade in solch schwierigen Situationen wird die Identität eines unterdrückten
Volkes umso wichtiger. Hiwa Naseh sagt dazu:
„Wenn die Identität für Nationen, welche einen Nationalstaat haben, schon
wichtig ist, ist es für ein betrogenes und aufgeteiltes Volk wie die Kurden noch
viel wichtiger. Deshalb versuchen die Besetzer und kolonialistischen Regime
immer die Identität des unterdrückten Volkes auszurotten.“
Hiwa Naseh32
3.2. Das Bild der kurdischen Terroristen
In diesem Punkt ist auch Hiwa Naseh ähnlicher Meinung wie die Familie Muhamad.
Er ist zwar für einen gewaltlosen Kampf und setzt sich mit CHAK auch dafür ein,
doch er versteht auch Organisationen wie die PKK. Wenn eine Organisation keine
Möglichkeit zum friedlichen Kampf hat, geht diese den letzten Weg, den der Gewalt.
Solche Gruppierungen als Terroristen zu bezeichnen sei jedoch grundsätzlich falsch.
Hiwa Naseh erklärt das folgendermassen:
„Wenn eine Zentralregierung in einem Land, wo es solche Organisationen gibt,
den friedlichen und politischen Kampf einer solchen Partei erlaubt, und diese
Gruppen dann immer noch auf den Bergen bleibt, dann sind es Terroristen, die
nicht an Demokratie und gewaltlosen Kampf glauben.“
Hiwa Naseh33
Er weist aber darauf hin, dass der PKK kein anderer Weg bleibt, als in den Bergen
den Guerillakrieg zu führen, da man sie in der Stadt nicht mit friedlichen Mitteln
agieren lässt. Die PKK habe im vergangen Jahr auch mehrmals zum Waffenstillstand
aufgerufen. Sie wurden jedoch von der türkischen Regierung nicht ernst genommen,
und man hat die Massnahmen gegen die PKK sogar noch verstärkt. Unter diesen 32/20 Hiwa Naseh, Vertreter von CHAK (siehe Interview im Anhang)
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25
Bedingungen könne man keinen gewaltlosen Kampf führen. In diesem
Zusammenhang zitiert Hiwa Naseh ein kurdisches Sprichwort:
„Man kann nicht mit einer Hand applaudieren.“ Kurdisches Sprichwort
Deshalb möchte man sich vom Begriff Terrorist distanzieren. Weder die PKK noch
andere kurdische Parteien seien Terroristen, sondern Freiheitskämpfer. Dass sich
viele Kurden auch als Unabhängigkeitskämpfer sehen, liegt an der Vergangenheit
der Kurden.
„PKK ist eine Kurdische Partei, die für Freiheit kämpft, sie beeinflusst teilweise
die Kurden, besonders in der Türkei und im Ausland, aber ich persönlich glaube
nicht, dass nur wegen dieser Partei dieses Bild formuliert wurde, sondern es ist
wie ein Ergebnis von der Situation, die die Kurden seit hundert Jahren erlebt
haben.“
Hiwa Naseh34
Auch dass Kurden in der internationalen Gesellschaft als Terroristen wahrgenommen
werden bestreitet Hiwa Naseh. Dieses Bild wird nur von einigen Nationen gefördert.
Hierbei gehe es aber nur um wirtschaftliche und politische Interessen, und nicht um
Gerechtigkeit und Richtigkeit.
3.3. Die Selbstwahrnehmung von Hiwa Naseh
Die Opferrolle scheint auch bei Herrn Hiwa Naseh durch. Er beschreibt viel, wie die
Kurden unterdrückt wurden und inwiefern ihnen Unrecht angetan wurde. Auf die
Frage, was es seiner Meinung nach für einen Kurden bedeute, ein Kurde zu sein,
antwortet er:
„Ein Kurde zu sein bedeutet, ein Mensch zu sein, der eine besetzte und
aufgeteilte Heimat hat, der zu einem Volk gehört, das noch im 21. Jahrhundert
34 Hiwa Naseh, Vertreter von CHAK (siehe Interview im Anhang)
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Maturaarbeit Simon Grossrieder Die Kurden: Ewige Unterdrückte oder Terroristen?
26
kein eigenes Land hat und in allen Teilen seiner Heimat als Bürger zweiten
Grades gerechnet wird.“
Hiwa Naseh35
Allerdings kommt bei ihm auch der Wille zum Vorschein, für die Rechte der Kurden
zu kämpfen. Er bevorzugt jedoch den gewaltfreien Weg, und arbeitet deshalb auch
für eine Organisation wie CHAK. Die Aktionen der PKK verurteilt er zwar zum Teil
auch, doch er hat Verständnis dafür, wenn man die Situation begutachtet.
„…die Kurden kämpfen stets für ihre Freiheit und ihren Frieden. Sie hören nicht
auf, so lange sie diese Ziele nicht erreichen.“
Hiwa Naseh36
35/23 Hiwa Naseh, Vertreter von CHAK (siehe Interview im Anhang)
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27
V Der Experte für kurdische Geschichte 1. Jordi Tejel Gorgas
Jordi Tejel Gorgas ist Doktor für Geschichte und Soziologie. Zurzeit arbeitet er an der
Universität Fribourg am Departement für Geschichte. Er hat sich auf die Geschichte
der Kurden spezialisiert und hat auch schon mehrere Bücher und Artikel darüber
verfasst. Freundlicherweise hat er mir meine Fragen über die Kurden beantwortet.
2. Das Bild der Kurden
2.1. Die Selbstwahrnehmung der Kurden
Bis in die 1990er Jahre dominierte in der kurdischen Bevölkerung das Bild des
Kämpfers. Man sympathisierte mit Gruppen wie der PKK, die auch mit Gewalt für die
kurdischen Recht kämpften. Das war auch eine Folge der starken Unterdrückung,
der die kurdische Bevölkerung hilflos gegenüberstand.
„La répression contre les Kurdes est tellement forte que lorsque le PKK lance la
guérilla en 1984, il va gagner peu à peu la sympathie des Kurdes.“
Jordi Tejel Gorgas37
Allerdings kann man beobachten, dass danach die Opferrolle immer mehr
Bedeutung zugeschrieben bekam. Die Kurden wollten, dass sie als Opfer identifiziert
und somit von den anderen anerkannt werden. Das sei aber ein übliches Phänomen,
dass man auch bei anderen Minderheiten wie Schwarzen, Juden, Homosexuellen
usw. erkennen könne, so Dr.Tejel Gorgas. Dieses Phänomen trifft auch auf Familie
Muhamad zu, die sich eindeutig als Opfer fühlen.
2.2. Das Ansehen bei den übrigen Völkern
Schon im Interview mit der Familie Muhamad konnte man heraushören, dass sich
Kurden von den anderen Nationen im Stich gelassen fühlen. Tatsächlich ist die
Opferrolle der Kurden für die internationale Gemeinschaft weniger eindeutig als zum
Beispiel die der Juden nach dem zweiten Weltkrieg. Dafür gibt Jordi Tejel Gorgas
folgende drei Gründe an:
37 Jordi Tejel Gorgas, Professor für Geschichte und Soziologie, Experte für kurdische Geschichte (siehe Interview im Anhang)
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Maturaarbeit Simon Grossrieder Die Kurden: Ewige Unterdrückte oder Terroristen?
28
→ La lutte armée fait des Kurdes moins „innocents“.
→ Les Kurdes mettent en danger l’équilibre régional et des Etats-nations,
ce qui est délicat pour beaucoup d’Etats avec de fortes minorités à
l’intérieur.
→ Les proportions de la Shoa. Il est difficile de trouver des exemples
comparables au drame des Juifs en Europe.
In den Staaten, auf denen sich Kurdistan befindet, ist sowieso eine anti-kurdische
Stimmung verbreitet, die sich je nach Spannungen verstärkt oder abschwächt. Im
Irak hat sich die Stimmung seit dem Sturz von Saddam Hussein jedoch wesentlich
verbessert. Seit 2005 ist in der irakischen Verfassung festgehalten, dass Irak ein
binationaler Staat ist. Somit werden die Kurden offiziell als Bevölkerungsteil des Iraks
akzeptiert. Ein grosser Schritt in diese Richtung war sicher auch, dass man im Irak
den Genozid an den Kurden offiziell anerkannt hat.
3. Die Zukunft der Kurden
Für Jordi Tejel Gorgas ist klar, ein kurdischer Staat auf allen kurdischen Gebieten
Kurdistans, das heisst in der Türkei, im Irak, Iran und Syrien, ist unmöglich.
Allerdings sollte man die Entwicklungen im Nordirak beobachten. Dort könnte
vielleicht ein kurdischer Staat entstehen, der sich aber klar auf das heutige Gebiet
der autonomen Region Kurdistans beschränkt. Eine solche Entwicklung ist sicher
realistischer als der Traum eines Staates, der das gesamte Kurdistan einschliesst.
Trotzdem wäre das ein grosser Schritt für die kurdische Bevölkerung.
Sicher ist auch, dass sich aus Sicht der Kultur das Leben der Kurden verbessern
wird. Sie werden sicher mehr Rechte erhalten, was ja mit der Gründung der
autonomen Region im Nordirak auch schon teilweise geschehen ist. Ob sich das
Leben der Kurden aber tatsächlich verbessert hängt aber auch von den politischen
und wirtschaftlichen Bedingungen der Region ab.
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29
VI Schlussfolgerungen Die Kurden haben eine schlimme Vergangenheit, geprägt von Verfolgung und
Unterdrückung. Bei den Kurden, die mir bei der Maturaarbeit geholfen haben,
dominiert infolgedessen auch die Opferrolle und eine gewisse Hilflosigkeit. Sie
bedauern, dass ihre Grundrechte und Wünsche, nämlich Freiheit und ein eigenes
Land, ihnen von den anderen Staaten verwehrt werden. Dass die Opferrolle je länger
je mehr über das Bild der Widerstandskämpfer zu dominieren beginnt, bestätigt auch
der Experte für kurdische Geschichte, Jordi Tejel Gorgas. Das sei ein Phänomen,
das auch bei anderen Minderheiten zu beobachten sei.
Allerdings war dieses Bild des Widerstandkämpfers bei den Kurden sehr ausgeprägt,
oder ist es zumindest in der internationalen Gesellschaft noch immer. Das ist eine
Folge des Guerillakrieges, den die PKK gegen die Besetzerstaaten, allen voran die
Türkei, führt. Durch diesen Kampf wurden die Kurden, und vor allem die PKK immer
wieder mit Terrorismus in Verbindung gebracht. Das jedoch bestreiten die kurdischen
Interviewpartner vehement. Zwar finden sie nicht alle Aktionen der PKK richtig. Es
sei aber ungerechtfertigt, die PKK als Terroristen zu bezeichnen, weil die Besetzer
ihnen die Möglichkeit zum friedlichen Kampf verweigern. Dazu kommt, dass die PKK
für „gute und legitime Ziele“ kämpft. Dass die Kurden in anderen Ländern als
Terroristen angesehen werden, sei die Schuld der USA und anderer Länder, die eng
mit der Türkei (und früher mit dem Irak) zusammenarbeiten. So wird aus politischen
Gründen ein Bild vom kurdischen Terroristen geschaffen. Die Massaker an den
Kurden dagegen wurden bis zum Sturz von Saddam Hussein so gut wie möglich
versteckt.
Die Familie Muhamad und Herr Hiwa Naseh, meine kurdischen Interviewpartner,
gingen sehr offen mit ihren Erinnerungen um. Ihnen schien es wichtig, dass auch
andere Leute etwas über das Schicksal der Kurden erfahren. Auch hier kommt aber
die Opferrolle zum Vorschein. Sie rücken sehr oft den Genozid und das Massaker in
Halabja in den Vordergrund. Von der Gegenseite, der irakischen Botschaft und dem
Generalkonsulat, wurde leider nicht so viel Hilfe entgegengebracht. Man könne leider
nicht behilflich sein, ich solle mich an die Behörden im Irak wenden, wurde mir
mitgeteilt. Einerseits war das angesichts der Fragen verständlich, andererseits kann
man klar davon ausgehen, dass man von der irakischen Seite verschlossener mit
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30
dem heiklen Thema umgeht als von Seite der Kurden. Auch von den türkischen
Vertretungen in der Schweiz habe ich keine Rückmeldungen auf meine Fragen
erhalten. Dies bestätigte meine These, dass die Besetzerstaaten weniger offen mit
dem Konflikt umgehen.
Zur ambivalenten Identität der Kurden kann man also abschliessend sagen, dass
immer mehr die Opferrolle dominiert. Die Kurden selber bestreiten das Bild als
Terrorist ganz klar, und weisen oft auf die schreckliche Lage der Kurden hin. Auch
international verbessert sich das Ansehen seit dem Sturz Saddam Husseins
langsam.
In Zukunft wird sich das Leben der Kurden wahrscheinlich verbessern, das heisst, sie
werden mehr Rechte erhalten. Kurdistan als Staat über alle heutigen kurdischen
Gebiete ist jedoch mit grösster Wahrscheinlichkeit Utopie, obwohl das ein sehnlicher
Wunsch von vielen Kurden ist. Allerdings kann sich die Situation in der autonomen
Region Kurdistan im Norden des Iraks vielleicht in Richtung unabhängiger Staat
entwickeln. Das Problem besteht jedoch darin, dass sich in diesem Gebiet grosse
Ölfelder befinden. Deshalb ist es sicher nicht im Interesse des Iraks, diese Region
loszuwerden.
In der Türkei steht noch keine Lösung des Problems in Aussicht. Die Kämpfe mit der
PKK nehmen leider kein Ende. Hier zeigt sich die Türkei aber auch wenig
verhandlungsbereit.
Zum Abschluss kann man sagen, dass es sehr interessant war, das Thema zu
erarbeiten. Da mein Wissen über Kurden zuvor ziemlich beschränkt war, erwiesen
sich die Recherchen als echte Herauforderung. Die Interviews waren sehr
bereichernd und interessant, und haben mich wirklich weiter gebracht.
Schlussendlich kann man sagen, dass sich die Erarbeitung des Themas gelohnt hat.
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31
VII Danksagung An dieser Stelle möchte ich mich bei all den Personen bedanken, die mich während
der Erarbeitung meiner Maturaarbeit in irgend einer Weise unterstützt, beraten oder
mir geholfen haben. Ein ganz besonderer Dank geht an meine Interviewpartner:
§ Herr Hiwa Naseh
§ Familie Muhamad Omar und Hamdia mit Hajan und Kani (und Rewan, der den
Kontakt herstelllte, aber selber nicht dabei sein konnte)
§ Herr Jordi Tejel Gorgas
Ohne die aufschlussreichen Antworten und Auskünften dieser Personen wäre die
Durchführung meiner Arbeit nicht möglich gewesen.
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32
VIII Quellenverzeichnis
1. Internet
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signed at Sèvres August 10, 1920. Section I, Articles 1-260.
http://wwi.lib.byu.edu/index.php/Section_I%2C_Articles_1_-_260 (01.07.09)
- Wêsanen Serxwebûn (1977/deutsch: 1984). Arbeiterpartei Kurdistan PKK,
Programm.
http://www.nadir.org/nadir/initiativ/isku/hintergrund/programm_1/index.htm
(01.07.09)
- Lehrmittelverlag. Die Kurden und ihre Geschichte.
http://www.lehrmittelverlag.ch/downloads/dateien/Seite_12.pdf (01.07.09)
- Kurdistan Regional Government (KRG) (2007). Contemporary History.
http://www.krg.org/articles/detail.asp?lngnr=12&smap=03010600&rnr=143&a
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- Wiener Zeitung (2009). Autonome Region Kurdistan.
http://wienerzeitung.at/default.aspx?tabID=4871&alias=dossiers (01.07.09)
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http://de.wikipedia.org/wiki/Kurden (01.07.09)
- Wikipedia. Anfal-Operation.
http://de.wikipedia.org/wiki/Anfal-Operation (01.07.09)
- Wikipedia. Giftgasangriff auf Halabja.
http://de.wikipedia.org/wiki/Giftgasangriff_auf_Halabdscha (01.07.09)
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- Wikipedia. Abdullah Öcalan.
http://de.wikipedia.org/wiki/Abdullah_%C3%96calan (01.07.09)
- 20 Minuten. Die Kurden: Volk ohne Staat.
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33
- KURDICA - Die kurdische Enzyklopädie (2009). Der Giftgasangriff auf
Helebce (Halabja).
http://www.kurdica.com/News-sid-Der-Giftgasangriff-auf-Helebce-Halabja--3
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- 16.03.1998: 10. Jahrestag Giftgasangriff auf die Stadt Halabja, Der Tag
danach
http://www.medico.de/kurdakt/halabj2.htm (05.07.09)
2. Literaturverzeichnis
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- Metzger, Albrecht (1991). Zum Beispiel Kurden. Göttingen: Lamuv Verlag
- The Center of Halabja against Anfalization and Genocide of the Kurds
CHAK (2007). Anfal The Iraqi State’s Genocide Against The Kurds.
(Erscheinungsort/Verlag unbekannt)
- The Center of Halabja against Anfalization and Genocide of the Kurds
CHAK (2008). The Iraqi High Criminal Court and the Iraqi Parliament’s
recognition of genocide. (Erscheinungsort/Verlag unbekannt)
3. Filme
- Ahmed Alauddin (1991). Die Kurden: unterdrückt, verfolgt, ermordet. DRS
- Mano Khalil. Al-Anfal Erinnerungen an den irakischen Krieg gegen die
Kurden. SF1 (2006)
4. Bildnachweis
- Titelblatt: http://gdb.rferl.org/36927249-69A5-4D3C-8493-
E6FB6DCE91C6_mw800_mh600.jpg (06.07.2009)
- Titelblatt: http://www.zaxo.at/photos/halabja.gif (06.07.2009)
- Abb.1: http://schema-root.org/region/middle_east/kurdistan/kurdistan.gif
(06.07.2009)
- Abb.2: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a7/Halabja1.jpg
(06.07.2009)
- Abb.3:
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:PKK2.svg&filetimestamp=20060
929125617 (06.07.2009)
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- Abb.4: http://www.hpg-online.net/ger/serok_new/serok_2.jpg (06.07.2009)
- Abb.5: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Autonome_Region_
Kurdistan_(Karte).png&filetimestamp=20080922170239 (06.07.2009)
- Abb.6: Eigenproduktion
5. Interviews
Interviews mit Familie Muhamad, Hiwa Naseh, Jordi Tejel Gorgas. Die Interviews
befinden sich im Anhang.
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IX Anhang 1. Interview Familie 08.März 09 (Zusammenfassung)
Interviewte Personen: Omar Muhamad (Vater) Hamdia (Mutter) Hajan (Sohn) Kani (Tochter) Nicht anwesend Rewan (ältester Sohn)
1. Situation im Irak:
1.1. Wo lebten Sie im Irak (allgemeine Umstände)?
• Chwarqurna in der Nähe von Slemani (Sulaymaniyah)
1.2. Wie waren die Lebensumstände der Kurden?
• Keine Regierung • Kurdistan aufgeteilt zwischen verschiedenen Staaten als Türkei gegründet • Türkei hat Beziehungen zu USA, GB usw. (Nato) • Ca. 6 Mio Kurden im Irak • Neue Regierung nach Saddam besser für Kurden • Vorher Saddam macht viele Kriege mit Kurden. Will alleine regieren. • Bomben von Halabja GiftgasàLand immer noch vergiftet • 4500 kurdische Dörfer zerstörtàdeportiert in Stadt mit schlechten
Verhältnissen • In die Bergen gehen verboten
1.3. Was waren die direkten Auswirkungen des Regimes von Saddam Hussein vor dem Genozid?
2. Erlebnisse:
2.1. Was für Erinnerungen haben Sie an den Genozid im Irak (Giftgasangriffe)? 2.1.1. Direkte Auswirkung (evt. Bekannte unter Opfern)
• 4 Cousin (12-18 Jahre) von Hamdia weggenommen. Weiss nicht wo sie jetzt sind
• Auch andere in Anfal-Operation deportiert (182 000) • Junge, Alte usw. • Massengräber • Im Irak darf man nicht gegen Saddam arbeiten. • Wenn man nicht mit Saddam arbeitetàbestraft • Hamdia: einen Monat weggenommen an Grenze zu Syrien
(Militärlager) • Eltern wissen nicht wo.
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• Festgehalten in einem Raum • Schlechte Bedingungen: kein Duschen, immer gleiche Kleidung,
schlechtes Wasser, wenig Essen (gefüttert wie Tiere, hingeworfen) • Nur weil sie Kurdin ist
2.1.2. Umgang danach (Medien, Kurden untereinander) • Damals Verbreitung verboten • In Europa weiss man nicht viel davon • Europa und USA sagen nicht ihr Problem • Viele wissen bis 2003 nichts von Halabja obwohl gleich wie Hiroshima • 16. März ist trauriger Tag für Kurden • noch heute will man Kurden nicht • Kurden wollen nur leben und Freiheitàaber niemand hilft den Kurden • Rassistisches System in Iranàhängen junge Kurden • Man lässt Kurden nicht leben wie Menschenàwerden wie
Tiereàwerden als Terroristen bezeichnet. • Als Saddam mit USA zusammengearbeitet hatteàKurdenverfolgung
verschwiegen • Erst beim Sturz von Saddam werden Dinge bekannt.
3. Auswanderung:
3.1. Warum sind Sie ausgewandert?
• Seit August 2000 • Kein Leben dort, viele Probleme, Mann 2 Tage im Gefängnis • In der Schweiz endlich Ruhe aber Heimweh.
3.2. Wie ging man in der Schweiz mit Kurden um?
• Gut aufgenommen • Kein Kontakt zu Verwandten • Dürfen nicht aus der Schweiz wegen Asyl (zum Beispiel Verwandte
besuchen) • Wäre schwierig für Kinder wenn sie zurückkehren
4. Umgang mit den Erinnerungen:
4.1. Haben Sie oft über den Genozid gesprochen? 4.1.1. Mit wem? Ab wann?
4.2. Wie werden Erinnerungen an die Kinder weitergegeben? 4.2.1. Sind die Kinder an der Situation der Kurden interessiert?
• Hajan: Keine Erinnerungen (zu klein) • Spricht über kleine Erinnerungen aber nicht über allgemeine Probleme • Hamdia: möchte den Kindern nicht erzählen wie das Leben dort war. • Möchte nicht dass Kinder gleiches Leben haben wie sieà nicht
erklären • Will nicht, dass Kinder mit solchen Problemen aufwachsenàsollen wie
Menschen leben, nicht wie sie damals • Damals nie Ruheà ständige Angstà jeden Tag Angst vor Deportation • Leben wie Menschenàgute Sachen hörenàdeshalb wenig Ahnung • Spricht höchstens mit ältestem Sohn darüber
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• Unter den Eltern: Man ist mit diesen Problemen geborenàkann sie nicht verstecken oder verdrängen
4.3. Spielen die Erinnerungen noch eine grosse Rolle oder hat sich das Leben einigermassen normalisiert?
5. Unabhängiger Staat Kurdistan:
5.1. Sollte es Ihrer Meinung nach einen unabhängigen Staat Kurdistan geben? Ist das überhaupt möglich?
• Ihr Wunsch (sehnsüchtig)
5.2. Würden Sie zurückziehen, falls es ihn geben würde? Warum?
• Ja natürlich, immer noch die Heimat • Dankbar der Schweiz gegenüber, endlich ruhig. Aber Heimatland ist ein
anderes.
6. Unabhängigkeitsbestrebungen von Organisationen wie z.B. PKK 6.1. Finden Sie es wichtig, dass Organisationen für die Unabhängigkeit Kurdistans
kämpfen? 6.2. Was sagen Sie dazu, dass diese auch mit Waffengewalt ihre Interessen
durchzusetzen versuchen? 6.3. Wie stehen Sie zum Vorwurf, die PKK sei eine terroristische Organisation?
• PKK wollen auch Regierung, Land und Freiheit - wollen das gleiche wie andere auch
• Alle Probleme bei USA und GB • Türkei hat grosses Militär und ist in der NATOàgute Beziehungen zu USA
und GB • àUSA tut PKK auf Terroristenliste • PKK sind keine Terroristen! • Kurden haben auch Recht auf Land • Kurden arbeiten nur für Land und Freiheit. • Sie wollen nicht kolonialisieren, gegen ein anderes Land oder ähnliches,
kämpft nur für eigene Rechte, die den Kurden zustehenàkeine Terroristen • PKK sagt: Wir sind auch da! • Öcalan ist seit 10 Jahren im Gefängnis, nur weil er sagte, dass er leben
möchte wie ein anderer (normaler) Mensch (z.B wie Bosnien) • Schade dass PKK so als Terroristen bezeichnet werden. • Wer nicht mit USA zusammenarbeitet =Terrorist • Keine andere Möglichkeit als Weg der Gewalt
7. Das Selbstverständnis der Kurden:
7.1. Was ist Ihnen für Ihr Selbstverständnis als Kurde wichtig?
• Wollen nur Land haben und Leben wie Menschen. • (Ewige Unterdrückte, nicht stolze Kämpfer)
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• Dankbar, dass etwas über Kurden gemacht wird • Zeigen, was Kurden wirklich für Menschen sind.
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2. Fragebogen an Herrn Jordi Tejel Gorgas Questions à Monsieur Jordi Tejel Gorgas
1. Wie war die Situation der Kurden im Irak vor den Giftgasanschlägen Ende der
80er Jahre? Inwiefern wurden sie schon damals unterdrückt?
Comment est-ce que la situation était pour les Kurdes en Iraq avant les bombardements toxiques en 1988? Est-ce qu’ on les a déjà dominé (comment) ?
Antwort/réponse: Il n’y a pas d’histoire linéaire dans les relations entre les groupes minoritaires et les Etats. Donc, les relations dépendent à chaque moment des rapports de forces, du contexte local mais aussi international... Depuis la création de l’Etat irakien en 1920, il y a eu des moments de forte tension (1930-1931/1961-1970/ 1975/1983-1988)et des moments de rapprochement (1931-1945/1958-1960/1970-1974). Il faut penser aussi que les segments kurdes qui se révoltent ne sont pas forcément les mêmes en même temps. Donc, parfois ce sont des tribus d’une région spécifique qui se soulèvent et d’autres qui restent neutres. Rarement, on a été témoins d’un soulèvement général. Toutefois, l’Etat a appliqué depuis la création de l’Etat des mesures discriminatoires vis-à-vis des Kurdes: Exemples: Pendant le mandat britannique (1920-1932), le gouvernement de Bagdad ne veut pas construire des écoles, des routes et des instrastructures dans les régions kurdes. La constitution irakienne établit (jusqu’en 2005) que l’Irak est un pays arabe, excluant donc ceux qui ne sont pas Arabes des droits comme citoyens à part entière. Années 1970, politique d’arabisation de Kirkouk, Khanaqin,... et remplacement des populations par des Arabes afin de changer l’équilibre démographique dans des régions riches en pétrole....
2. Wie ging man im Irak mit den Kurden nach dem Genozid um?
Comment on a traité les Kurdes après le génocide?
Antwort/réponse: Après 1988, le mouvement kurde est vaincu. Ils doivent se réfugier et attendre que la situation se calme. Le gouvernement irakien pousuit sa politique d’arabisation forcée jusqu’aux années 1990. La situation change en 1991 avec la guerre du golfe, l’intervention américaine, et le soulèvement des Kurdes qui aboutit à une autonomie kurde dès 1992, avec un parlement, un gouvernement régional. Dès lors, nous avons deux types de régions kurdes: d’une part, une région kurde autonome et d’autre part, des provinces sous le contrôle de Saddam Hussein (Kirkouk, Khanaqin, Sindjar). Cette dernière vit une politique répressive (notamment l’arabisation forcée).De plus, si l’Irak se voit appliquer un embargo international (voté par l’ONU), Saddam applique à son tour un embargo économique sur la région autonome kurde entre 1991 et 1996. La conséquence est que la situation économique de la région kurde est très précaire, ce qui explique en partie la guerre civile intra-kurde entre 1994-96.
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3. Was hat sich für die Kurden seit dem Sturz von Saddam Hussein verändert? Haben sie nun mehr Rechte? Wie sind die Amerikaner mit den Kurden umgegangen?
Il y avait des changements pour les Kurdes après que Saddam Hussein a été renversé? Est-ce qu’ ils on plus de droits maintenant ? Comment les américains ont traité les Kurdes?
Antwort/réponse: Depuis 2003, les Kurdes ont pu renforcer leur autonomie dans les régions qu’ils contrôlent et en même temps devenir des acteurs incontournables de l’équilibre politique à Bagdad. C’est-à-dire, il y a un double mouvement. D’une part, le Kurdistan irakien est de plus en plus autonome, et donc les Kurdes se sont „kurdisés“(kurde à l’école et oubli de la langue arabe, TV, presse, relations avec les autres kurdes...) d’avantage. D’autre part, ils se sont „irakisés“ davantage car ils se sont impliqués pleinement dans les affaires du gouvernement irakien (président Jalal Talabani, ministres clés comme Hushiar Zebari, ministre des Affaires étrangères...) Evidemment, ils ont plus de droits maintenant. Et la constitution de 2005 définit l’Irak comme un Etat fédéral et bi-national (kurde-arabe). Les Américains ont „trahi“ en deux occasions les Kurdes (1975 et 1991). Cette fois, les Kurdes et les Américains semblent avoir des liens plus forts, mais les contraintes internes aux EUA peuvent conduire Washington à sacrifier à noveau les Kurdes s’il le faut.
4. Wie gehen kurdische Organisationen wie die PKK vor, um die Unabhängigkeit
Kurdistans zu erreichen? Warum versuchen sie es mit Gewalt und Terror? Gibt es auch andere Gruppen mit ähnlichen Zielen?
Comment les organisations comme la PKK veut arriver à l’indépendance de Kurdistan ? Pourquoi ils le font avec la violence et terreur ? Il y a encore des autres groupes avec des buts pareils ?
Antwort/réponse: Le PKK avait en 1978 comme objectif un Etat kurde et socialiste. Depuis les choses ont changé. Le PKK ne se déclare plus un parti marxiste-léniniste, et parfois dit vouloir uniquement une autonomie en Turquie. Les objectifs du PKK sont très ambigus ce qui lui permet d’attirer des personnes d’horizons très différents. Pourqoui la violence? Il faut retourner aux années 1960-1970. La Turquie vit deux décennies de radicalisation politique, avec la violence politique (5’000 morts entre 1975-1980) et une bipolarisation droite-gauche, kurde-turc, sunnites-alévis très importante. C’est dans ce contexte que le PKK est fondé. Comme d’autres mouvements d’extrême-gauche, le PKK vise à obtenir ses objectifs par la voie „révolutionnaire“. C’est aussi à travers la violence qu’il s’impose comme le principal référent kurde (il élimine les autres partis kurdes de Turquie). Au début, le PKK a mauvaise presse parmi les Kurdes à cause de ces actions, mais la dictature militaire (1980-1983) va aider au PKK. La répression contre les Kurdes est tellement forte que lorsque le PKK lance la
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guérilla en 1984, il va gagner peu à peu la sympathie des Kurdes. La politique de terre brûlée appliqué par le gouvernement turc au Kurdistan durant les années 1990 ne feront que renforcer le PKK comme les seuls capables de résister à la terreur de l’Etat (40'000 morts, 3 millions de déplacés, 3'000 villages détruits, 2'000 disparus, des milliers de prisonniers, des milliers d’hectares de forêt brûlées...).
5. Inwiefern wirkt sich der bewaffnete Wiederstand auf die kurdische Bevölkerung aus? Was haben die “anderen“ Kurden für eine Meinung zu diesem Kampf? Hat die PKK eine hohes Ansehen in der kurdischen Bevölkerung?
Qu’est-ce que les „autres“ Kurdes pensent du combat de la PKK ? Est-ce que la PKK a un grand prestige dans la population kurde ? Antwort/réponse: Veuillez lire ma réponse précédente. Ajouter que les perceptions chez les Kurdes varient beaucoup. En Turquie, il y a aussi des Kurdes qui aimeraient que le PKK dépose les armes afin de vivre en paix. Mais, même les critiques, reconnaissent que sans un accord entre le PKK et le gouvernement, il n’y aura pas de paix au Kurdistan turc. Dans les autres régions kurdes, on trouve aussi des opinions opposées sur le PKK. De plus, la légitimité aussi bien de l’Etat que du PKK ne sont jamais acquises. Il y a des hauts et des bas...
6. Wie gehen die Kurden mit ihrer Opferrolle um? Wie ist ihre Selbstwahrnehmung? Sehen sich die Kurden eher als bemitleidenswerte, wehrlose Opfer oder als legitime, ehrenswerte Unabhängigkeitskämpfer? Hat sich dieses Selbstverständnis im Laufe der Zeit verändert?
Comment les Kurdes se voient/ s’identifient ? Est-ce que le rôle de la victime où le rôle du combattant domine ?
Antwort/réponse: Jusqu’aux années 1990, les Kurdes engagés tenaient un discours de combattant, les peshmergas (ceux qui affrontent la mort) ou combattant kurdes en est un exemple. À partir des années 1990, et comme tous les groupes „minoritaires“ ou „exclus“ (Noirs, Juifs, homosexuels, ...), les Kurdes adoptèrent un discours plus victimiste. Le chapitre de Halabja aida dans cette direction. On cherche à être identifié en tant que victime afin d’être reconnu par les autres. C’est un phénpmène contemporain et universel. Il y a des livres d’histoire qui parlent de ce phénomène assez particulier...
7. Wie ist das Bild der Kurden in der übrigen Bevölkerung im Irak?
Comment est-ce que les autres habitants d’Iraq voient les Kurdes ?
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Comment est la réputation des Kurdes ?
Antwort/réponse: La perception chez les autres varie également en fonction du contexte. Dans un contexte de tension, il est clair que les Arabes et les Turcmans prennent leurs distances vis-à-vis des Kurdes et vice-versa. Toutefois, il faut signaler qu’en Irak tous les groupes reconnaissent l’existence des Kurdes en tant que groupe „national“, ce qui n’est pas le cas dans les autres pays où habitent les Kurdes.
8. Warum wird der Genozid im Irak noch nicht international anerkannt? Wird dies
bald geschehen?
Pourquoi est-ce que le génocide en Iraq n’est pas encore internationalement reconnu ?
Antwort/réponse: On verra. Mais il est vrai qu’il y a une opposition à reconnaître des génocides partout car cela implique des conséquences politiques et juridiques. Donc, on tient à une définition restreinte de la définition de génocide pour le moment. D’autre part, il ne faut pas oublier la question de rapports de forces politiques...
9. Weshalb haben die Kurden in der internationalen Gesellschaft nicht eine eindeutige Opferrolle wie vergleichsweise die Juden nach dem 2. Weltkrieg?
Pourquoi les Kurdes n’ont pas un rôle du victime sans équivoque dans la société internationale (comme peut-être les juifs)?
Antwort/réponse: 1.La lutte armée fait des Kurdes moins „innocents“. 2.Les Kurdes mettent en danger l’équilibre régional et des Etats-nations, ce qui est délicat pour beaucoup d’Etats avec de fortes minorités à l’intérieur. 3.Les proportions de la Shoa. Il est difficile de trouver des exemples comparables au drame des Juifs en Europe.
10. Gibt es auch schon autonome Zonen in gewissen Gebieten. Wie weit geht die Autonomie dort? Il y a des zones autonomes pour les Kurdes dans quelques régions ? Est-ce que cette autonomie peut changer quelque chose pour les Kurdes ?
Antwort/réponse: Veuillez lire mes réponses précédentes
11. Wie sehen Sie die Zukunft der Kurden? Haben sie Chancen auf einen eigenen Staat? Werden die Unterdrückungen eines Tages aufhören? Sieht es heute schon besser aus als zur Zeit des Genozids?
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Comment vous voyez le futur des Kurdes? Est-que il auront une fois leur état de Kurdistan ? Est-ce que la vie des Kurdes sera mieux ? Est-ce que il a déjà changé quelque chose jusqu’ à maintenant?
Antwort/réponse: Un Etat kurde réunissant les 4 régions kurdes de la Turquie, l’Irak, l’Iran et la Syrie est impossible. En revanche, il faudra suivre ce qui se passe en Irak, car selon l’évolution de l’Irak, on pourrait voir naître un Etat kurde, petit et limité à l’actuelle région kurde du nord de l’Irak. Ce serait une solution similaire à la création d’un Etat palestinien, limité à la Cisjordanie, par exemple. Vivre mieux? Ça dépend. D’un point de vue culturel, certainement. D’un point de vue politique et économique, ils doivent faire face aux même problèmes que tous les autres peuples de la région: comportement autoritaires des élites politiques, chômage, ....
Jordi Tejel Gorgas est docteur en histoire et sociologie. Actuellement, chargé de cours à l'Université de Fribourg (département d'histoire)
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3. Fragebogen an CHAK
1. Was will CHAK für die Kurden erreichen? Was tut CHAK für die Kurden? Antwort: CHAK ist eine Unabhängige und Nichtparteigebundne Organisation, sie wurde im Jahre 2002 durch Kurden im Exil gegründet, der Zeit gibt es ein Komitee in Kurdistan des Irak (Süd Kurdistan) und in fast allen West Europäschen Ländern darunter die Schweiz, sowie eine Vertretung in USA. Sie engagiert sich für einige Ziele, das Haupt Ziel ist die Internationale Anerkennung des Genozids am Kurdischen Volk, so wie andere Ziele wie: die Täter der Massenmorde und Völkermord (wie Halabja und Anfal Operation) vor Gericht zu bringen, Hilfe für die Opfer, die an Krankheit und Behinderung leiden als Folge der Massenmorde und Völkermord, Hilfe für die Familienangehörigen der Opfer wie die Witwen und Kinder. Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen in den besetzten Kurdistan Regionen in Türkei, Iran, Syrien, und auch in anderen Teilen der Welt. Wir versuchen alle Staaten und Privatfirmen, die an jenem Massenmord beteiligt waren, vor nationale und internationale Gerichte zu bringen, weil die beschuldigten Staaten und die Firmen Grund-Rohstoffe an das Saddam Regime verkauft haben, welche in der Produzierung von Vernichtungswaffen (ABC Waffen) genützt werden können, damit Sie unser Volk und die Angehörigen von Opferfamilien entschädigen und die faire Strafe gemäss den internationalen Gesetzen bekommen. Die Dokumentierung jener Massaker auch ein Ziel von uns. Wir möchten die Giftgasverletzten zur Behandlung ins Ausland schicken. CHAK macht Viele Kampagnen, wie Unterschriften Sammlung von Abgeordneten in Verschiednen Europäschen Ländern, für die Anerkennung von dieser Massaker Als Genozid, Wir nehmen den Genozid an den Armenien in der Türkei und den Holocaust als Beispiel. Wir publizieren Statements über Menschenrechtsverletzungen gegenüber Kurdistan Volks (d. h. Kurden und alle Minderheiten, die in Kurdistan Siedeln), Wir Organisieren Kundgebungen, Seminare, Friedliche Demonstrationen in verschiednen Ländern im Ausland so wie im irakischen Kurdistan, um unsere Ziele zu erreichen.
2. Was hat sich für die Kurden seit dem Genozid im Irak verändert? Antwort: Wenn ich in meiner Antwort Genozid erwähne, meine ich hier Als Genozid: das Barzanische Massaker 1983, welche bei über 8000 Zivilkurden aus dem Stamm der Barzani mit unbekanntem Ziel verschleppt wurden, die Bombardierung der Kurdischen Stadt Halabja 1988 mit Giftgasbomben, wobei ca. 5000 Menschen getötet wurden, die Anfal Operation 1988, bei der 182.000 kurdische Menschen umgekommen sind. Dass sind alle drei wurden von Saddam Regime begangen. Seit dem Genozid im Irak ist viel verändert, z.B. wurde der Internationalen Gesellschaft klar, dass Saddam Hussein, die Kurden Vernichten wollte, wie Brutal die Vernichtungswaffen wie Chemischen Waffen gegen eigene Volk benützt, Halabja wurde ein Symbol für die Zusammenarbeit des Einsatz von Chemischen Waffen. Leider hat nicht die Kurdistan Regional Regierung Viel für die Massaker-Ort wie Halabja getan, z. B. Wiederaufbau der Infrastruktur, es herrschen Armut und Arbeitslosigkeit…usw., Wir merken nun, dass wir zwar keinen Völkermord mehr erleiden, aber wir brauchen Hilfe, die Giftgasverletzten
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leiden noch an Verschiedenen Krankheiten, ab und zu hören wir, dass einer von ihnen stirbt. Die Internationalen Gesellschaft hat die Kurden im Irak nicht genug Unterstützt. Halabja und Anfal wurden im letzten Jahr von dem irakischen Regierung und Nationalrat als Genozid anerkannt.
3. Wie sind die Kurden mit der Situation nach dem Genozid umgegangen? Wie haben sie die Erinnerungen verarbeitet?
Antwort: Die kruden haben bittere Situationen erlebt, dieser Genozid hat Viele Spuren bei den Kurden hinterlassen. Es wurden leider bis heute nicht alle Massengräber gefunden, bisher wurden davon ca. die hälfte der sterblichen Überreste der Opfer von Kurdistan regional Regierung zum begraben in ihre Region zurück gebracht. Es gibt viele Opfer, die bis heute an verschiednen Krankheiten leiden, wie Krankheiten der Atmung, Augen, Unfruchtbarkeit, Missbildungen Neu geborner, Hautkrankheit und Leukämie…usw. Als Spätfolgen von den Massakern gibt es Viele Soziale und Psychische Probleme zwischen Angehörigen von den Opfern. Leider konnten die Kurden bis heute die Erinnerungen nicht vergessen. Zwar es gibt ein Ministerium in Kurdistan Regierung (Minister für Märtyrer und Opfer der Anfal) leider es ist nicht sehr Aktiv.
4. Kann es jemals einen kurdischen Staat geben? Wie könnte das erreicht werden?
Antwort: Ja, warum nicht, gemäss die Internationalen Abkommen und Gesetze, jede Volk hat Recht, auf ihr Selbstbestimmung, die Kurden wollen nicht ein anderes Land besetzen und dort einen Staat gründen, sie möchten nur auf ihrer Heimat, die sie seit tausenden Jahren besiedeln, ein Staat Bauen. Die Kurden haben genug Von Arabern, Türken, Persern, die immer im Namen der Religionsbruderschaft die Kurden betrogen und unterdrücken. Obwohl der zeit haben die Kurdischen Führer im Irak ein Föderalistischen Regierung entschieden, aber ich glaube wenn die Situation geeignet ist, können die Kurden auch einen Kurdischen Staat gründen dies ist ein Wunsch und schöner Traum für fast alle Kurden, in alle Teilen Von Kurdistan.
Ich persönlich denke, ist es schwierig der Zeit ein solche Land für die Kurden gegründet werden, wegen viele Faktoren (Ursachen), vor allem die schlechte Geopolitik von Kurdistan, Aber fast alle die Kurdischen Parteien und Gruppen möchte Politisch und friedlich dies Ziel Erreichen, kann eine Föderalistischen System für heute eine realistischen Ziel sein, aber für die Zukunft finde ich, kann in ein Freie und demokratischen Abstimmung erklärt werden, ob die kruden von jene Land mit dem Zentraleregierung bleiben oder Unabhängig werden.
5. Was halten Sie davon, dass es auch kurdische Organisationen gibt, die die Unabhängigkeit mit Waffengewalt erreichen wollen?
Antwort: Wie ich vorher erwähnt habe, gibt es selten eine kurdische Partei oder Gruppe, die für die kurdischen Volksrechte an Gewalt glauben, aber wir sollten
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auch die Bedingungen und Situationen von diesen Parteien verstehen: Sollte eine Partei keine Chance für einen demokratischen und friedlichen Kampf haben, dann denken sie an einen anderen Weg. Wenn eine Zentralregierung in einem Land, wo es solche Organisationen gibt, den friedlichen und politischen Kampf einer solchen Partei erlaubt, und diese Gruppen dann immer noch auf den Bergen bleibt, dann sind es Terroristen, die nicht an Demokratie und gewaltlosen Kampf glauben. Wenn sie gut die Geschichte vom kurdischen Aufstand und Revolution lesen, finden Sie keinen Kurden, der ein Flugzeug entführt od. durch Zivilleute eine Selbstmordattentat durchgeführt hat.
6. Warum werden die Kurden in der internationalen Gesellschaft nicht nur als Opfer, sondern auch als rücksichtslose Terroristen wahrgenommen. Was halten Sie davon?
Antwort: Ich entschuldige mich bei Ihnen, weil ich nicht in Ihrer Meinung bin, ich finde nicht, dass alle internationalen Gesellschaft die Kurden als Terroristen wahrnehmen, sondern einige Länder und es werden nur ein paar Parteien von den Kurden so genommen, es geht hier auch um die wirtschaftlichen und politischen Interessen, nicht um die Gerechtigkeit und Richtigkeit. Ausserdem, die PKK als Beispiel haben keinen anderen Weg in der Stadt zu kämpfen, sonst würden sie nicht auf die Berge gehen, d. h. sie wurden gezwungen auf die Berge zu gehen und mit den Waffen zu kämpfen. Im vergangnen Jahr hat die PKK viel mal Waffenstillstand aufgerufen und durchgeführt, damit die kurdischen Frage in der Türkei friedlich gelöst wird, aber die Türkischen Regierung hat sie nicht ernst genommen und diese Gelegenheit nicht genützt. Im Gegenteil, ihre Operationen gegen Kurdischen Guerilla Innerland und Ausser (über)grenze sind angestiegen. In dieser Situation kann Frieden nicht siegen, weil wie ein kurdischen Spruchwort sagt: Mann kann nicht mit einer Hand Applaudieren. Weder PKK noch andere Kurdische Parteien sind Terroristen, sie sind Freiheitskämpfer. Sie kämpfen für Kulturelle und Soziale Rechte der Kurden. Vielleicht macht diese od. jene Partei einige Fehler aber d. h. nicht, dass diese Partei od. Gruppe Terroristen sind.
7. Warum wird der Genozid im Irak international noch nicht anerkannt? Antwort: Wie ich oben genannt (erwähnt) habe, wurde im letzten Jahr Anfal und Halabja vom Irakischen Sondertribunal und Nationalrat als Genozid anerkannt, aber vielleicht haben wir, die Kurden, nicht genug gearbeitet od. es ist uns nicht gelungen, diese Massaker und Völkermorde als Genozid für die internationalen Gesellschaft zu erklären. Oder wir haben vielleicht nicht alles dokumentiert, um sie zu überzeugen. Ich habe persönlich am 2. Juni im letzten Jahr in dem schweizerischen Bundeshaus bei einem Gespräch mit Herrn Karlo Somaruga, dem Präsidenten der schweizerischen Parlamentariern für Beziehung mit dem kurdischen Volk vorgeschlagen, noch an einem anderen mal, am 1. Oktober in einer Sitzung im Bundeshaus zwischen schweizerischen Parlamentariern und Vertretern von verschiednen kurdischen Parteien und Organisationen wiederholt, dass Nationalrat der Schweiz diesen Völkermord als Genozid anerkennen sollte. Ich glaube wir sollen weiter kämpfen und daran arbeiten, damit die schweizerische Nationalräte und Parlamentarier von anderen Ländern dafür
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überzeugen werden. Weil es leider noch viele Leute im Ausland von Irak gibt, die das Saddam Regime nicht richtig kennen, od. mindestens wissen sie nicht was dieser Diktator mit dem Kurden gemacht hat .
8. Wie sieht die Zukunft für die Kurden aus? Wird sich die Situation für die Kurden verbessern? Was will CHAK dazu beitragen?
Antwort: Ich bin Optimist für die Zukunft der Kurden, weil ich finde, es ist eine ungeschriebenes Gesetz der Natur, dass die Gerechtigkeit und Richtigkeit siegen werden. Ausserdem kämpfen die Kurden stets für ihre Freiheit und ihr Frieden, sie hören nicht auf, so lange sie diese Ziele nicht erreichen. Auf der anderen Seite, im neuen System der Welt läuft die Welt in Richtung Demokratie und Frieden. Die Totalitären, Diktatoren und faschistischen Regime werden entmacht. Der Zeit, trotz mancher Korruption und Missbrauch von Verwaltung, gibt es eine kurdischer Regional Regierung und ein kurdischer Nationalrat im Nord Irak, und in der Türkei ist Hauch Verbesserung spürbar, leider existiert aber im Iran und Syrien überhaupt keine Verbesserung der Zeit. Wir arbeiten für eine friedliche Zukunft für Kurdistan und die Welt im Allgemeinen, wir glauben nicht an Gewalt und Waffen. Wir können wie ein Beobachter auf die Kurdistanbesetzenden Staaten und kurdischen Oppositionelle Parteien sein, wo sie etwas gegen Menschenrechte machen, kritisieren, wir können die Kurdische Frage im Ausland der internationalen Gesellschaft besser erklären, dass die Kurden keine Terroristen sind, damit die internationale Gesellschaft unser Frage unterstützen. 9. Die Türkei und der Irak haben schon versucht, die ganze Identität und Kultur der Kurden auszurotten. Wie wichtig ist diese Identität für die Kurden selber? Was bedeutet es für einen Kurden ein Kurde zu sein? Antwort: Wie der türkischer Professor dr. Ismaiil Beschktschi sagt: Kurdistan ist eine internationale Kolonie. Die Sprache und Kultur ist für die Kurden sehr wichtig, weil beide sind wie Identität für eine Nation und diese Identität bewahrt jene Nation gegen die Ethnische Säuberung, z.B. wenn Kurdisch (kurdische Sprache) nicht wäre, würden die Kurden schon lange vom Kamalistischen Regime in der Türkei assimilasiert, aber trotz Sprache- und Kulturverbot, konnten die Kurden besonders in kurdischen Dörfer in (kurdischer Teil der Türkei) Südost Anatolien ihre Sprache behalten und aufbewahren. Wenn Identität für die Nationen, welche einen eigenen Nationalstaat haben, wichtig ist, wird sie für ein betrogenes und aufgeteiltes Volk, wie die Kurden sind, mehrfach wichtig. Deshalb versuchen die Besetzter und Kolonialischen Regime immer die Identität vom unterdrückten Volk auszurotten.
Ein Kurde zu sein bedeutet, ein Mensch zu sein, der eine besetzte und aufgeteilte Heimat hat, der zu einem Volk gehört, das noch im 21. Jahrhundert kein eigenes Land haben und in allen Teilen seiner Heimat als Bürger zweiten Grades gerechnet wird.
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10. Wird dieses Bild, das die Kurden von sich haben von der PKK oder ähnlichen Gruppen beeinflusst? Sehen sich die Kurden nun als stolze Unabhängigkeits-kämpfer? Antwort: Ich finde wegen ihrer Geschichte sehen die Kurden sich selber als Unabhängigkeitskämpfer, weil sie fast immer im Krieg und Aufstand gegen Besatzung und Unterdrückung gegenüber Zentralregime gewesen sind und gelebt haben. Wenn Sie die Geschichte von den Kurden lesen, finden Sie viele Revolutionen und Aufstände, die von der Kurden für Freiheit und Frieden durchgeführt wurden sind, aber leide wurden die meisten davon mit Gewalt und Blut brutal niedergeschlagen. PKK ist eine Kurdische Partei, die für Freiheit kämpft, sie beeinflusst teilweise die Kurden, besonders in der Türkei und im Ausland, aber ich persönlich glaube nicht, dass nur wegen dieser Partei dieses Bild formuliert wurde, sondern es ist wie eine Ergebnis von der Situation, die die Kurden seit hundert Jahren erlebt haben. Die Kurden sind friedenswillige Leute, wenn ihre Feinde sie in Frieden und Freiheit leben lassen, möchten die Kurden nicht auf die Gebirge gehen und Waffen tragen, dies ist der letzte Weg, den sie ausgewählt haben. Wir möchten nur diese Rechte haben, die die anderen Nationen seit einigen hundert Jahren bekommen haben. Hiwa Naseh
Hiwa Naseh stammt aus dem kurdischen Teil des Iraks. Er ist studierter Biologie und ist ein
Journalist. Er ist ein anerkannter Flüchtling und seit 1998 wohnhaft in der Schweiz. Er setzt sich
im Exil sehr aktiv mit der Politik und Menschenrechten auseinender und ist der Vertreter von
(Kurdocide Watch – CHAK) Organisationen in der Schweiz.
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Maturaarbeit Simon Grossrieder Die Kurden: Ewige Unterdrückte oder Terroristen?
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X Eidesstattliche Erklärung
Name: Grossrieder
Vorname: Simon
Adresse: Bagerstrasse 58
3185 Schmitten
Ich bestätige, die Arbeit:
Die Kurden: Ewige Unterdrückte oder Terroristen?
Welche Bedeutung haben der Staatsterror, sowie die gewaltsamen
Unabhängigkeitskämpfe für das Selbstverständnis der Kurden?
entsprechend den Vorschriften zur Erstellung einer Maturaarbeit eigenständig
realisiert zu haben.
Schmitten, den 07.07.09
Simon Grossrieder
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