migros magazin 05 2011 d zh
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AusgabeAare,AZA3321Schnbhl-Shoppyland.PsdgDPAG
Ent.bez.A44631
Stapeln, purzeln, sammeln:
Die Nanos sind da.
48 Kullerkapseln mit Sticker zum Sammeln.
www.nanomania.ch
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Die Nanos sind kleine Kullerkapseln fr grossen Spiel-
spass: 48 Spielguren und die dazu passenden Sticker zum
Sammeln und Tauschen. Schonmit ein paar Nanos kannman
so einiges anstellen. Man kann sie purzeln lassen, stapeln
oder durch Anschnicken kullern lassen. Hier ndest du schon
mal 3 Spielmglichkeiten. Viele weitere gibts im Internet
unter www.nanomania.ch. Dort im Spielomat kannst du
auch deine eigenen Spielideen hochladen. Also: Lass deiner
Fantasie freien Lauf.
Purzeln
Die eifrigen Monstros haben sich die ulkigste bung ausgedacht: das Purzeln.
Sie kullern und rutschen so einzigartig durch gerade oder krumme Rhren und geknickte
Papierbltter hindurch, dass es eine wahre Freude ist, ihnen dabei zuzusehen. Sieger ist,
wer ein Wettrennen als Schnellster beendet.
Ruberleiter
Die Lieblingsdisziplin der Banditos heisst Ruberleiter. Man muss so viele Nanos auf-
einanderstapeln wie mglich. Wer am meisten schafft, hat gewonnen. Aber Vorsicht, wenn
der Tisch wackelt!
Bowlorama
Die Animalos tollen furchtbar gern herum und darum steuern sie die Disziplin
Bowlorama bei. Sie funktioniert fast genauso wie bei uns auf der Erde das Bowling
oder das Kegeln: Man stellt 8 Nanos als Dreieck auf. Einen 9. Nano legt man auf die Seite
und rollt ihn aus ca. 20 cm Entfernung auf das Nanodreieck zu. Fr jeden Nano, der
umfllt, gibts einen Punkt. Jetzt ist der Gegner dran. Wer zuerst 20 Punkte hat, gewinnt.
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Und so sammelst du deine Nanos fr viel Spielspass:
Vom 1. Februar bis zum 14. Mrz bekommt jeder Kunde pro
20 Franken Einkauf in allenMigros-Filialen und -Fachmrkten
ein Sachet mit einem Nano und dem passenden Sticker ge-
schenkt. Max. 10 Sachets pro Einkauf und nur solange Vorrat.
Ab 8. Februar wartet die robuste Spiel- und Sammelbox in
jeder Migros-Filiale auf euch. Alles klar? Dann tauch ein in
die lustige Welt der Nanos.
-
www.migrosmagazin.ch, vormals WIR BRCKENBAUER Nr. 5, 31. Januar 2011
BilderChristianFlierl,SeverinNowacki
INTERVIEW 20
Brcken statt Mauern: Pascale
Bruderer ber gelebte Solidaritt
Adressnderungen am Postschalter melden oder dem regionalen Mitgliederdienst: Tel. 058 565 84 01. E-Mail: dienstleistungen@gmaare.migros.ch
AusgabeAare,AZA3321Schnbhl-Shoppyland.PsdgDPAG
Ent.bez.A44631
INTERNET 40
Wissen
fr alle
Jimmy Wales erhielt den
Gottlieb-Duttweiler-Preis
fr seine Online-
Enzyklopdie Wikipedia.
KULINARISCHE REISE 50
Scharf auf Thai
die beste Kche der Welt.
GIBT GUTE LAUNE 64
Leicht, bekmmlich und
kalorienarm: Das asiatische
Fondue ist ein Versuch wert.
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JETZT IN IHRER MIGROS: KS T
JETZT PROFITIEREN! ANGEBOTE GELTEN NUR
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*Erhltlich in grsseren Migros-Filialen.
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S TLICHES AUS ALLER WELT.
VOM 1.2. BIS 7.2.2011ODER SOLANGE VORRAT
IGROS: KS TLICHES AUS ALLER WELT.IGROS: KS TLICHES AUS ALLER WELT.
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Fr nur 39. nie mehr 08/15 auf dem Teller.
Guter Geschmack hat immer Saison.
Ein Jahresabo der Saisonkche fr nur Fr. 39. gibt es auch unter www.saison.ch/de/abo
80049526
6
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Migros-Magazin 5, 31. Januar 2011
M-Infoline:
Tel. 0848 84 0848* oder Fax
0041 44 277 20 09 (Ausland).
m-infoline@migros.ch;
www.migros.ch
M-CUMULUS: Tel. 0848 85
0848* oder +41 44 444 88 44
(Ausland).
m-cumulus@migros.ch;
www.m-cumulus.ch
Redaktion Migros-Magazin:
Postfach 1751, 8031 Zrich,
Tel. 044 447 37 37,
Fax 044 447 36 01
redaktion@migrosmagazin.ch;
www.migrosmagazin.ch;
*Normaltarif
BilderTanjaDemarmels,UeliChristoffel,GerryNitsch
Rot oder schwarz?
Hans Schneeberger,
Chefredaktor
EDITORIAL
Es wurde an dieser Stelle schon erwhnt: Solidaritt ist fr das
Migros-Magazin ein essenzielles Thema. Ich denke, alle
hier auf der Redaktion sind der tiefen berzeugung, dass
dieses Land, diese Gesellschaft dann eine Zukunft hat,
wenn wir wenigstens einen Teil des Eigennutzes zurckstel-
len. Deshalb geben wir Menschen wie Rolf Bornhauser, der
in seiner Freizeit einen Strafgefangenen betreut, eine
Plattform (Migros-Magazin 4/2011).
Und deshalb haben wir in dieser Ausgabe Pascale Bruderer inter-
viewt.Nicht weil sie das Jahr 2010 als Nationalratsprsiden-
tin beraus erfolgreich ber die (Polit-)Bhne gebracht hat.
Auch nicht, weil sie grosse Chancen hat, den Kanton
Aargau in Zukunft im Stnderat zu vertreten. Sondern weil
sie wie nur wenige Politikerinnen oder Politiker fr Solida-
ritt mit Schwcheren steht.
Ihr Engagement hat brigens persnliche Grnde.Die Hlfte
der Verwandtschaft von Pascale Bruderer ist hrbehindert.
Ich wuchs, so die Nationalrtin im Interview, in der
Selbstverstndlichkeit auf, dass es Menschen mit und ohne
Behinderung gibt, wie Leute mit roten Haaren und solche
mit schwarzen.
Die Leserinnen und Leser des Migros-Magazins beweisen ebenfalls
Solidaritt, das zeigten unsere Weihnachtswettbewerbe:
Insgesamt kamen fast 28000 Franken zusammen,
die wir je zur Hlfte der Stiftung Bildungswerkstatt Berg-
wald, Thun, und dem Kinderhaus Thalwil gespendet
haben. Allen, die zu dieser schnen Summe beigetragen
haben, ein herzliches Dankeschn!
hans.schneeberger@migrosmagazin.ch
SERIE: SOLIDARITT
Spurlos verschwunden 12
Bevor der Fall Annika Hutter verjhrt,
sucht Markus Fisler fast 30 Jahre
spter nochmals nach Zeugen.
Interview mit Pascale Bruderer 20
Den Umgang mit Behinderten lernte
die Nationalrtin von klein auf.
Dies hat sie geprgt und bereichert.
MENSCHEN
Skikjring 32
NEUES AUS DER MIGROS
Gottlieb-Duttweiler-Preis 40
Jimmy Wales erhielt die Auszeichnung
fr sein Online-Lexikon Wikipedia.
Nanomania 43
Achtung, los! Die bunten Kullerkapseln
vom Planeten Nanonia sind im Anflug.
Das historische Migros-Bild 45
SAISONKCHE
Kche nach Mass 46
Modeunternehmerin Sunita Kunsan-
thia macht Anzge, die sitzen,
und einen Pouletsalat, der schmeckt.
Scharf auf Thai 50
Frisches, wrziges und kreatives
Kochen mit thailndischem Gemse.
DAS BESTE
Asiatisches Fondue 64
Es wird auch auf dem Rechaud heiss,
ist aber leicht und bekmmlich.
Farmer: Ein Mesli macht croc 69
Gut und gnstig: Zucchetti-Toast 71
Total, ein Waschmittel fr alles 73
Barbie als Meerjungfrau 75
IHRE REGION
Neues aus Ihrer Genossenschaft 79
BESSER LEBEN
Krieg hinterlsst Spuren im Hirn 87
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DIESEWOCHE
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Outdoor: Reise der Hoffnung 88
In den Fussstapfen von Xavier Kollers
Oscar-Film auf dem Splgenpass.
In Form: Wege ins Glck 94
Garten: Die Diva aus dem Sden 97
Nur an einem khlen Ort zeigt sich die
Kamelie von ihrer schnsten Seite.
Auto: C4, die charmante Zitrone 99
RUBRIKEN
Migros-Woche 8
Leserbriefe 10
Auf ein Wort 27
Bild der Woche 29
Kolumne: Der Hausmann 31
Bitte melde dich 103
Leseraktion 104
Rtsel/Impressum 107
MEINE WELT
Nils Althaus 108
Nils Althaus 108
Man kennt ihn als Schauspieler
aus dem Film Breakout. Doch
Nils Althaus brilliert auch als
Liedermacher und Kabarettist.
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Spurlos verschwunden 12
Helen Mazzolenis
Mutter ging im August
2009 Pilze sammeln.
Seither wird sie
vermisst. Der Tochter
bleiben nur
die Erinnerungen.
Skikjring in St. Moritz 32
Nchsten Sonntag rennen
die Pferde am White Turf
wieder um die Wette.
Als einzige Frau wagt sich
die erst 20-jhrige
St. Moritzerin Valeria
Holinger hinters Pferd.
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8|
Migros-Magazin 5, 31. Januar 2011
Die Currywurst, die es seit
letztem Herbst am
Take-away im Hauptbahn-
hof gibt, tritt ihren
Siegeszug durch die ganze
Migros Zrich an. Ab jetzt
kann die Berliner Spezia-
litt an allen Migros-Take-
aways im Genossenschaftsgebiet der Migros Zrich genossen werden.
Das Migros-Magazin hat sich exklusiv mit der Nichte der Currywurst-Erfin-
derin unterhalten. Die ganze Geschichte und weitere News aus der Migros
Zrich auf den Regionalseiten ab Seite 79.
AUS DER REGION MIGROS ZRICH
Currywurst
berall
NEWS
Lob aus Deutschland
Anlsslich des Staatsbesuchs von Bundesprsidentin
Micheline Calmy-Rey in Deutschland vergangene Woche gab Volker
Kauder, Chef der CDU/CSU-Fraktion im deutschen Parlament, dem
Tages-Anzeiger ein Interview. Der CDU-Politiker hlt die Migros
fr den besten Lebensmittel-Grossverteiler, den es auf der ganzen
Welt berhaupt gibt. Kauder muss es wissen, schliesslich ist er im
grenznahen Singen aufgewachsen.
Die Migros ist Vorreiterin in Sachen
Umweltschutz und auf diesem Gebiet
momentan wieder Pionierin: Die Detail-
hndlerin setzt auf Glastren bei
Pluskhlmbeln. Damit sind diejenigen
Khlregale gemeint, die gekhlte Pro-
dukte prsentieren. Khlregale sind die
grssten Stromverbraucher. Mit den
Glastren kann der Energiebedarf
zwischen 20 und 50 Prozent reduziert
werden. Seit Mitte Januar sind neu alle
Wandkhlregale der Migros-Filiale
Tesserete im Tessin mit Glastren aus-
gestattet. In den nchsten Monaten
werden die Khlmbel in weiteren
ausgewhlten Filialen verglast.
Energie sparen!
FRISCH IN DER MIGROS
Korngesund
Httenkse ist so britisch, dass er
auch bei uns als Cottage Cheese
bekannt ist. Seine krnige Konsistenz
erhlt er, weil der Frischksebruch
doppelt erwrmt wird. In England auf
dem Land einst mit Rahm gemischt,
wird er heute in der Magermilch-
variante bevorzugt. Wenig Fett und
Kohlenhydrate, dafr viel Eiweiss
passen zu einer kalorienarmen,
modernen Ernhrung. Sein neutraler,
frisch-suerlicher Geschmack kann
mit Krutern, Chili und Salz wie auch
mit Frchten und Zucker kombiniert
werden. Und Pastagerichte wie Ravioli
oder Lasagne bekommen dank Htten-
kse eine aromatische Leichtigkeit.
Sieger
Dokfilm-Wettbewerb
An den Solothurner Filmtagen hat das
Migros-Kulturprozent das Filmprojekt
Zum Beispiel Suberg von Simon
Baumann zum Sieger des 1. Schwei-
zer-Dokfilm-Wettbewerbs erkoren.
Das Migros-Kulturprozent bernimmt
mit Beteiligung der SRG SSR die
Kosten des Films. Ab sofort luft die
zweite Ausschreibung des CH-
Dokfilm-Wettbewerbs zum Thema
Freiheit eine Herausforderung.
Infos: www.migros-kulturprozent.ch/
finanzierungsbeitraege
Unsere Tochter hat am 3. Februar Geburtstag und
verreist nachher in die Skiferien. Da die Skilifte sehr
teuer sind, kamen wir auf die Idee, ihr eine Spende
an die Ferien zu stiften. Das Glckssparsuli
der Migros kam uns gerade gelegen, und mit einer
Bastelidee entstand dieser lustige Kerl, schreibt uns
Brigitta Burkhard-Grobat aus Ddingen FR.
dentin
BILD DERWOCHE
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MIGROSWOCHE
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Bilderbab.ch/StockFood,GettyImages(2),UeliChristoffel
Beim grossen Event Lets Play Golf lernen Buben und Mdchen
den Golfsport kennen.
L
ust auf einen Schulausflug ins
Grne? Auch dieses Jahr be-
kommenSchler imAlter von
neunbis 13 JahrendieGelegenheit,
auf acht Golfparks in der ganzen
Schweiz die Schlger zu schwin-
gen. Lets Play Golf heisst das
grosse Jugendfrderungsprojekt
derMigros: In lockererAtmosph-
re schnuppern sie Golfluft und ler-
nendieBedeutungvonGreen,Puts
und Handicaps kennen. Bei der
Anmeldungunterwww.golfparks.
ch gilt es, vier Fragen rundumden
Golfsport zu beantworten.
Unter den richtigen Einsen-
dungen werden 100 Schler aus-
gelost. Gemeinsammit der Schul-
klasse und dem Lehrer sind die
Jungen und Mdchen zwischen
Mai und Juni 2011 in einen der
acht Migros-Golfparks eingela-
den und nehmen an einem klei-
nen Golf-Turnier teil. Und wer
weiss: Vielleicht wird bald einer
von ihnen als Schweizer Tiger
Woods von sich reden machen.
Golffieber
Kinder lernen
spielerisch den
Umgang mit
Golfball und
Schlger.
Anmelden kann
man sich bis
7. Mrz 2011.
kologisch
sinnvoll:
Glastren fr
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vollstndig ausgefllt einsenden und dieser bewilligt wird.
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10
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Migros-Magazin 5, 31. Januar 2011
Allewollen
mehr Ethik in
derWirtschaft,
solange sie
nichts kostet.
Pascal Merz, 6210 Sursee
MM 4: In der Schweiz gilt:
Schweigen ist Gold.
Die Whistleblower
und die Ethik
Alle wollen mehr Ethik in der
Wirtschaft, auf jeden Fall solange
sie den Profit nicht gefhrdet,
also nichts kostet. Es gibt viele
sehr umstrittene Indikatoren,
an denen heute die Ethik in
der Wirtschaft gemessen wird.
Ein wichtiger ist fr mich der
Umgang der Volkswirtschaften
und Gesellschaften mit Whistle-
blowern. Und es reicht eben bei
Weitem nicht, zahnlose Gesetze
zu verabschieden und gleich-
zeitig die Hinweisgeber zu
chten. Ich glaube nicht, dass
der Staat es regeln kann.
Diese Impulse mssen direkt
aus der Gesellschaft kommen.
Pascal Merz, 6210 Sursee
35 Jahren den Verein Neustart,
der in enger Zusammenarbeit
mit der kantonalen Bewhrungs-
hilfe Basel-Stadt und Basel-
Landschaft Untersttzung fr
straffllig gewordene Menschen
bei ihrer Integration in die
Gesellschaft bietet.
Barbara Widzgowski, 4125 Riehen
MM 4: Leserbrief zur Serie
zum Jahr der Freiwilligen.
Mehr als Geld und
Sachwerte
Einmal pro Woche gehe ich nach
meiner Arbeit fr zwei bis drei
Stunden in einem Pflegeheim zu
den Bewohnern. Wir singen und
spielen, wenn ntig werde ich
auch fr die Sterbebegleitung
gerufen. Freiwillige Arbeit ist
unentgeltlich? Ich sage: Nein!
Anzeige
MM 4: Freiwillig
hinter Gitter.
Beim Bewhren
helfen
Uns ist natrlich sofort auf-
gefallen, dass bei der Aufzhlung
der Kantone, die in der Bewh-
rungshilfe die Freiwilligenarbeit
kennen, Basel nicht erwhnt
wird. In Basel gibt es seit
Vier Wochen lang konnten
Migros-Magazin-Leser beim
Adventskalenderspiel tolle
Sachpreise gewinnen.
Mit jedem Anruf und mit jeder
SMS spendeten die Teilnehmer
automatisch fr einen guten
Zweck. Den Erls in Hhe
von 27400 Franken berreichte
Hans Schneeberger, Migros-
Magazin-Chefredaktor, jetzt
der Bildungswerkstatt Berg-
wald in Thun und dem Kinder-
haus Thalwil. Die Organisatio-
nen freuen sich ber je 13 700
Franken. Der Geldsegen
erlaubt uns jetzt, dass wir mit
28 Kindern ins Ferienlager
knnen, so Stefan A. Bommer.
Danke, liebe Leserinnen und Leser!
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LESERBRIEFE
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Schreiben Sie uns: Wir freuen uns ber Briefe und Mails zu Artikeln im Migros-Magazin. Je krzer Ihr Brief, desto grsser die Chance, dass er verffentlicht wird. Zuschriften
knnen durch die Redaktion gekrzt werden. Per Post an Redaktion Migros-Magazin, Leserbriefe, Postfach 1751, 8031 Zrich, oder per Mail an leserbriefe@migrosmagazin.ch. Und
vergessen Sie bitte nicht, Ihre Adresse und Ihre Telefonnummer anzugeben.
Die Liebe ist eineKrankheit, die sich
nachkurzer Zeit verflchtigt.
Paul Zrcher, 3360Herzogenbuchsee
Wir erhalten zwar kein Geld, das
stimmt. Aber man wird innerlich
reicher. Es ist ein Geben und
Nehmen. Diese Menschen sind
einem sehr dankbar, und sie
zeigen es auch.
Mariangela Rota, per Mail
MM 2: Zitat der Woche das
Niveau eines Sonderschlers
von Peter Sieber.
Man hrt nicht auf
zu lernen
Generell wre es hchste Zeit,
dass die heutige und die kom-
menden Generationen den
lteren Menschen etwas mehr
Respekt entgegenbrchten. Das
knnte man dann Intelligenz
oder, wie es so schn heisst,
soziale Kompetenz nennen.
Beatrice Humm, 3282 Bargen
Als ich vor einiger Zeit meine
Schulbildung mit der meiner
Kinder, Enkelkinder, Nichten
und Neffen verglich, kam ich
zum selben Schluss wie Peter
Sieber. Ich habe mir inzwischen
beim Lehrmittelverlag ein paar
Schulbcher gekauft, und ich
finde es sehr spannend, weiter
lernen zu drfen.
Ruth Obrist, 8001 Zrich
MM 3: Leserbrief
zu Kindergarten statt
Chindsgi?.
Wie uns der Schnabel
gewachsen ist
Erinnern Sie sich nicht mehr,
dass es auch in unsern Dialekten
Wrterbcher und Grammatik-
regeln gibt? Leider versteht
es kaum jemand noch, in unserer
Muttersprache zu schreiben.
Besser wrden wir unsere
Dialekte und Landessprachen
frdern. Wir knnten die
Klassenlager in einem anders-
sprachigen Landesteil ver-
bringen, dort den Kontakt zur
lokalen Bevlkerung und
andersprachigen Schulklassen
suchen und aufnehmen und so
unsere Sprachen pflegen und
darber hinaus das gegenseitige
Verstndnis frdern.
Rico Hunger, per Mail
MM 4: S. 79, Ewigi Liebi,
Online-Umfrage.
Im Hafen der Ehe
ist viel Betrieb
43 Prozent der Ehen werden
geschieden. Niemand glaubt
mehr an das Mrchen von der
ewigen Treue, bis dass der Tod
BilderUeliChristoffel
Stefan Bommer,
Heimleiter des
Kinderhauses
Thalwil,
und Hans
Schneeberger,
Chefredaktor
MM, bei
der Scheck-
bergabe
euch scheidet. Aus diesem Grund
sollte das Eheversprechen samt
der Trauung abgeschafft und ein
notarieller Vertrag ber fnf
Jahre geschlossen werden, der
alle fnf Jahre erneuert werden
kann. Die Liebe ist eine Krank-
heit, die sich nach kurzer Zeit
verflchtigt.
Paul Zrcher, 3360 Herzogenbuchsee
MM 4: Kolumne
Der Hausmann.
Weiter vorlesen,
bitte!
Dass Sie Ihren Kindern
vorlesen, finde ich wunderbar,
das haben meine Eltern schon
fr mich gemacht. Weil Ihre
Kinder auf Geschichten von
Cornelia Funke abfahren, habe
ich Ihnen einen Geheimtipp:
Raymond Feists Midkemia-
Saga. Die mehrteilige Geschich-
te beginnt mit dem Band Der
Lehrling des Magiers und hlt
einen ab der ersten Seite gefan-
gen. Regina Ltscher, per Mail
Grosse Freude fr die Thuner Bildungswerkstatt Bergwald:
Hans Schneeberger, Marc Lombard und Christoph Leuthold (von links).
Danke, liebe Leserinnen und Leser!
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Migros-Magazin 5, 31. Januar 2011
M
arkusFisler ist imZwiespalt.
Der Grnder der privaten
Interessengemeinschaft fr
ungelste Flle, der IG spurlos,
mchte seine eigene Person
mglichst aus denMedien heraus-
halten. Um das Interesse am Fall
der 1981 verschwundenenAnnika
Hutter wachzuhalten, muss er
die ffentlichkeit aber suchen.
Umso mehr, als dieser Fall im
kommenden Juli verjhrt. Ich
stehe hier aus Solidaritt mit den
Angehrigen von verschwunde-
nen Kindern, betont der Effreti-
ker mehrmals, whrend ihn der
Fotograf an diesem trben Mitt-
wochnachmittag auf einem Forst-
weg oberhalb der Hauptstrasse
zwischen Kemptthal und Tss ab-
lichtet.
Schon als Teenager suchte
er im Wald nach Annika
Auf der gegenberliegenden Tal-
seite staut sich auf der A 1 dreispu-
rig der Feierabendverkehr, unten
auf der Talsohle brausen im
Minutentakt die Zge der Strecke
WinterthurZrich vorbei. Im
Schnee zeichnen sich die Spuren
eines Rehs und eines Fuchses ab.
Auf diesemForstweg hatman
Annikas Tffli gefunden, sagt
Markus Fisler, die Polizei stellte
spter fest, dass die Zndkerzen
defekt waren. Die 18-jhrige
Gymnasiastin aus Nrensdorf
verschwand am 11. Juli 1981 kurz
nach 19 Uhr. Sie wurde an jenem
Samstagabend in Winterthur an
einem Klassentreffen erwartet
und traf nie ein.
Zeugen hatten einen unge-
pflegt wirkenden, rund 30-jhri-
genMofafahrermit einemAnhn-
ger gesehen, der mit dem Md-
chen sprach. Dann verlaufen sich
ihre Spuren, sagt Fisler. Dass in
der Tatnacht schwere Gewitter
niedergingen, habedie Suchaktion
mit Polizeihunden und Helikop-
tern nicht gerade erleichtert. Auch
in der TV-Sendung Aktenzeichen
XY ungelst wurde zweimal
auf den Fall aufmerksam gemacht
vergebens. Markus Fisler macht
sich keine Illusionen ber das
Schicksal der Verschwundenen.
Mit jedem Jahr schwindet die
Chance auf einen guten Aus-
gang.
Damals, in besagtem Sommer,
standen er und ein Freund ein
paar Tage spter erstmals an dem
Ort, wo die Polizei das Tffli ge-
funden hatte. Wir sind mit unse-
ren 125er-Tff hingefahren, um
selbst nach Annika zu suchen,
erzhlt der inzwischen 48-Jhrige.
Der Beweggrund? Neugier habe
sicherlich mitgespielt, vor allem
aber Betroffenheit. Wie kann je-
mand einfach so verschwinden,
haben wir uns gefragt. Mit 18
Jahrenwar die junge Frau aus dem
Nachbardorf gleich alt wie die
beiden Teenager das hat uns
sehr beeindruckt.
Drohende Verjhrung war
Grund fr sein Engagement
Die Gymnasiastin verschwand zu
einer Zeit, als sich die Verbrechen
an jungenMdchenhuften,weiss
Markus Fisler, der damals begann,
auch andere Flle von Vermissten
in der Presse zu verfolgen. Die
Initialzndung, sich mit der IG
spurlos in seiner Freizeit persn-
lich zu engagieren, war aber
schliesslich die drohende Verjh-
rung des Falls Annika Hutter im
Sommer 2001. Der schmchtige
Mann, der von sich sagt, dass er
von einem starkenGerechtigkeits-
sinn getrieben werde, wirkt
richtiggehendwtend: Es wollte
mir einfach nicht in den Kopf,
dass der Tter straflos davonkom-
men sollte. Dass ihm eine
Gesetzesrevision nochmals
Wettlauf gegen die Zeit
Das Verschwinden der 18-jhrigen Annika Hutter vor bald dreissig Jahren veranlasste ihn dazu, die IG spurlos zu grnden. Mit
Fisler an die ungelsten Flle verschwundener Kinder erinnern. Kurz vor der Verjhrung des Falles Annika setzt er alles daran, die W
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Migros-Magazin 5, 31. Januar 2011MigMigMigrosros-Magazgazgazin 5, 31.31. r 2011011
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Eswolltemir einfach nicht in
den Kopf, dass der Tter straflos
davonkommen sollte. Markus Fisler
Mit solchen Plakaten versucht Markus Fisler den Fall Annika zu lsen.
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MENSCHENVERSCHWUNDEN
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Wettlauf gegen die Zeit
Das Verschwinden der 18-jhrigen Annika Hutter vor bald dreissig Jahren veranlasste ihn dazu, die IG spurlos zu grnden. Mit seinem Engagement will Markus
an die ungelsten Flle verschwundener Kinder erinnern. Kurz vor der Verjhrung des Falles Annika setzt er alles daran, die Wahrheit ans Licht zu bringen.
Der Ort, an
dem Annikas
Tffli gefunden
wurde: Markus
Fisler will
endlich wissen,
was hier
vor 30 Jahren
geschah.
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Migros-Magazin 5, 31. Januar 2011
einen Aufschub verschaf-
fen wrde, konnte er zu
dieser Zeit nicht wissen: Kurz
darauf wurde die Verjhrungs-
frist beiMord von 20 auf 30 Jah-
re verlngert.
Unterdessen selbst Familien-
vater, fasste er sich einHerz und
kontaktierte Annika Hutters
Mutter, die damals noch im
Nachbardorf wohnte.Mit ihrem
Einverstndnis grndeten er
und ein paar Gleichgesinnte
schliesslich die Interessenge-
meinschaft fr ungelste Flle.
Ihr Ziel: die Erinnerung an die
rund ein Dutzend Flle von ver-
schwundenen Kindern und
Teenagern in den 80er-Jahren
wachhalten und nichts unver-
sucht lassen, sie doch noch auf-
zuklren.
Letzte Suche nach neuen
Spuren und Zeugen
Mit der Erlaubnis von Annikas
Familie durfte der private Su-
cher die Polizeiakten studieren.
Fisler ein Hobbydetektiv, ein
Hobbyfahnder? Markus Fisler,
der als Buchhalter bei einer
Non-Profit-Organisation arbei-
tet, schttelt den Kopf. Das
Wort Hobby wre in diesem Fall
usserst unangebracht. Er en-
gagiere sich aus Solidaritt mit
der Familie aus dem Nachbar-
dorf dem Vater, der unterdes-
sen verstorbenen Mutter, der
jngeren Schwester Annikas:
Gerade fr sie muss es eine
unertrgliche Situation gewesen
sein. Dazu komme, dass Ange-
hrige verschwundener Perso-
nenmeist erst dann das Gesche-
hene verarbeiten knnen, wenn
sie wissen, was mit ihren Liebs-
ten passiert ist. Bis dahin leben
sie in der Schwebe, weiss er.
Diesen Zustandwill er durch-
brechen, auch fr den
eigenen Seelenfrieden, wie er
unumwunden zugibt: Ich will
endlich wissen, was an jenem
Sommerabend auf diesem Forst-
weg geschah. Und so hofft der
Effretiker weiterhin auf neue
Spuren zu stossen, auf einenwei-
teren Zeugen, der damals mgli-
cherweise wegen mangelndem
Vertrauen nicht zur Polizei ging.
Dabei helfen soll auch seine
Website www.spurlos.ch, die er
selber betreut. Hier haben Besu-
cher der Seite die Mglichkeit,
allfllige Beobachtungen ano-
nym zumelden. Und dann ist da
immer auch noch die leise Hoff-
nung, dass sich der Tter irgend-
wann selbst anzeigt, sozusagen
reinen Tisch macht. Was fantas-
tisch klingen mag, ist gar nicht
so abwegig: Immerhin stellte
sich der Mrder eines Posthal-
ters in Knonau 2004 selbst
19 Jahre nach seiner Tat und ein
Jahr vor der Verjhrung.
Diesen Sommerwird der Fall
Annika Hutter endgltig verjh-
ren.Markus Fisler hatmit einem
weiteren Mitglied der IG spur-
los Ende Oktober nochmals
Vermisstenanzeigen an Bumen
in denWaldgebieten der Region
aufgehngt. Denn, sagt er fast
schon einwenig trotzig, wer die
kleinste Chance nicht nutzt,
vergibt sie mglicherweise.
Und tatschlich: EinigeHinwei-
se sind eingetroffen wirklich
Neues war aber nicht dabei.
Eben stellt auf der Haupt-
strasse ein Lastwagenfahrer den
Blinker. Er steuert den kleinen
Kiesplatz an, in den der Forst-
weg mndet Pinkelpause. Auf
der Suche nach etwas Blick-
schutz kommt der stmmige
Mann an einer Buche vorbei, an
der ein laminiertes A4-Blatt
hngt: AnnikaHutter, vermisst
seit 11. 07. 1981 heisst es dort.
Und: Hinweise an info@spur
los.ch. Text Almut Berger
Bilder Ueli Christoffel
www.spurlos.ch
D
ie Sonne scheint hell, als die
pensionierte Wirtin Leni
Baptista morgens das Haus
verlsst, um auf Brambresch
Pilze sammeln zu gehen. Die
68-Jhrige kennt den Churer
Hausberg gut. Es ist der 20.August
2009, der Tag, an dem sie spurlos
verschwindet. Es war der heis-
seste Tag des Jahres, erzhlt Leni
Baptistas Tochter Helen Mazzo-
leni (45). Sie spricht langsam,
Ein Verlust und viele qulende Fragen
Wenn Menschen spurlos verschwinden, fngt fr die Angehrigen ein Leben in Ungewissheit an. Betroffene erzhlen.
Was bleibt, sind Glaube, Hoffnung und Fotos der Vermissten: Helen Mazzoleni mit einem Bild ihrer Mutter, die 2009 nicht meh
Fr Schwester und Eltern
muss es eine unertrgliche
Situation gewesen sein.
Markus Fisler
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MENSCHENVERSCHWUNDEN
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Ein Verlust und viele qulende Fragen
Wenn Menschen spurlos verschwinden, fngt fr die Angehrigen ein Leben in Ungewissheit an. Betroffene erzhlen.
schildert das Geschehene przise
und das Ungewisse vorsichtig.
Um 22 Uhr rief mein Bruder
an und sagte, dassMama noch im-
mer nicht zurck sei. Mein Vater
hatte zu diesem Zeitpunkt bereits
die Polizei alarmiert. Amnchsten
Morgen begann eine dreitgige
Suche mit Helikoptern und etwa
dreissigHundestaffeln.Wir glaub-
ten fest daran, dass wir sie lebend
finden. Der Letzte, der sie gesehen
haben will, ist der Wirt der Batta-
glia-Htte auf Brambresch. Sei-
nenAngaben zufolge sassenmeine
Mutter und eine unbekannte
ltere Frau etwa zwei Stunden in
seinem Restaurant, gegen 14 Uhr
htten sie es verlassen. AmSonn-
tagabend wurde die Suchaktion
eingestellt. Zusammenmit Freun-
den und Bekannten forschte die
Familie von Leni Baptista
nun auf eigene Faust wei-
Was bleibt, sind Glaube, Hoffnung und Fotos der Vermissten: Helen Mazzoleni mit einem Bild ihrer Mutter, die 2009 nicht mehr vom Pilzesuchen auf dem Churer Hausberg Brambresch zurckkehrte.
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Migros-Magazin 5, 31. Januar 2011
ter. Obwohl sie sich irgend-
wann sagen mussten, dass
die Wahrscheinlichkeit, sie noch
lebend zu finden, praktisch gleich
null war.
Tglich verschwinden in der
Schweiz Menschen die meisten
von ihnen tauchen bald wieder
auf. Aber einige, rund hundert
jedes Jahr, bleiben dauerhaft ver-
misst. Die Angehrigen werden
mit allen mglichen Thesen kon-
frontiert auch dieser: Hat sie
sich vielleicht umgebracht? Eine
vermisste Person knnte auch ver-
unfallt, abgetaucht oder einem
Verbrechen zum Opfer gefallen
sein. Man weiss es nicht. Und so-
lange der Vermisste oder berres-
te von ihm nicht gefunden wer-
den, gibt es keine Gewissheit.
Helen Mazzoleni spricht die
Frage aus, die sie sich schon tau-
sendmal gestellt hat: Ist es nicht
absurd, dass wir hochkomplizierte
technische Probleme lsen kn-
nen, es uns aber nicht gelingt,
einen Menschen zu finden, der
irgendwo verschwunden ist?
Anonymitt aus Angst
vor Belstigungen
Fast identisch ist die Frage, die seit
sieben Jahren in Barbara Steiners
(Name gendert) Kopf herum-
schwirrt: Ist es nicht verrckt,
dass wir auf den Mond fliegen
knnen, es uns aber nicht gelingt,
hier in der Schweiz einen Vermiss-
ten aufzuspren? Barbara Stei-
ner hat sich bereit erklrt, ber
ihren seit 2004 verschwundenen
Bruder zu reden aber nur ano-
nym und ohne Bild.
Anders als Helen Mazzoleni
hat sie nicht mehr die Hoffnung,
dass sie je erfahren wird, was mit
dem damals 29-Jhrigen passiert
ist. Sie frchtet sich vor Schrei-
ben, Anrufen, davor, dass neuer-
liche Aufmerksamkeit sie und ihre
Eltern undGeschwister emotional
zurckwerfen, oder dass wieder
einHellseher seineDienste anbie-
ten und Hoffnung wecken wrde.
Die Situation der 40-jhrigen Bar-
bara Steiner ist vergleichbar mit
der vonHelenMazzoleni. Ihr Bru-
der ist auch in den Bergen ver-
schwunden, aber nicht zu Hause,
sondern whrend seiner Ferien.
Da machte er sich eines Abends
auf denWeg vom Ausgang zurck
ins Hotel und kam nie dort an.
Auch nach ihm wurde tagelang
gesucht.
Einmal, Jahre spter, erhielt
Barbara Steiner einen Anruf aus
dem Ausland auf ihr Handy. Am
anderen Ende sprach niemand, es
war einfach still. Bist dus?, hat
sie gefragt. Obwohl das Jahre nach
seinem Verschwinden war. Ich
dachte in demMoment: Das ist er!
Obwohl ich damals meinte, ich
wre berzeugt, er lebe nicht
mehr.
Barbara Steiners Lachenwirkt
leer, wenn man ihr sagt, sie wirke
stark und vermittle den Eindruck,
gutmit der Ungewissheit umzuge-
hen. Ich schaue gerne Krimis,
sagt sie dann, die haben immer
ein Ende. Heute hasse ich nichts
mehr als einen Film, der kein ein-
deutiges Ende hat.
Als ihr Bruder schon mehrere
Monate verschollen war, hatte
Barbara Steiner das Bedrfnis,
sichmitMenschen ausserhalb der
Familie auszutauschen. Sie suchte
nach einer Selbsthilfegruppe und
fand heraus: Fr Angehrige von
Verschwundenen gibt es das nicht.
Ich konnte es fast nicht glauben.
Natrlich gibt es nicht Tausende
von uns, aber es werden ja doch
jedes Jahr wieder Dutzende Men-
schen in der Schweiz dauerhaft
vermisst.
Auch Helen Mazzoleni wurde
nicht fndig: Ich habe bei ver-
schiedenen Stellen Hilfe gesucht,
aber es hat mir persnlich nichts
gebracht. Dabei hat man so viele
Fragen, die einemniemand beant-
worten kann. Vergangenes Jahr
ist die Bndnerin ber eine Radio-
sendung, in der sie von ihrerMut-
ter erzhlte, mit NicoleWindlin in
Kontakt gekommen.Wind-
lin leitet den Suchdienst
Ist es nicht verrckt, dasswir auf denMond fliegen knnen, es uns aber nicht gelingt, einen Vermissten
in der Schweiz aufzuspren? Barbara Steiner
Als Flchtlinge drfen
Sanje und Muja Kamberi
die Schweiz nicht ver-
lassen, um nach ihrem Sohn
im Kosovo zu suchen.
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es uns aber nicht gelingt, einen Vermissten
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Migros-Magazin 5, 31. Januar 2011
des Roten Kreuzes (siehe
Box unten). Zusammen be-
absichtigen sie nun, eine Selbst-
hilfegruppe aufzubauen.
Die amerikanische Psycholo-
gieprofessorin Pauline Boss (siehe
Seite 19) hat viel Erfahrung im
Umgang mit ambiguous loss,
uneindeutigem Verlust: Men-
schen, die nicht wissen, was mit
einer geliebten Person passiert ist,
mssen lernen, damit umzugehen,
dass sie das Problem nicht lsen
knnen. Das Begrbnis sei zwar
ein existenzielles Ritual. Aber was,
wenn es nichts zu begraben gibt?
Heilend kann auch ein Ersatz-
ritual sein, sagt die Psychologin.
Die Familie von Leni Baptista
macht es so: Jedes Jahr feiernwir
mit einem Kuchen Mamas Ge-
burtstag. Das ist unser Ritual,
sagt Tochter Helen Mazzoleni.
Wir hoffen noch immer, dass wir
ihre berreste finden und wir sie
dann beerdigen knnen. Das htte
sie sich auch gewnscht. Und wir
wssten mit Sicherheit: Es ist et-
was passiert, doch nun ist sie hier.
Dann httenwir einenOrt, an den
wir hingehen knnten. Jetzt haben
wir einfach nichts.
Seit Kriegsausbruch ist
der Sohn verschwunden
Dieses Nichts ist auch das, was die
Familie Kamberi aushalten muss.
Vor 13 Jahren wurde ihr Sohn
und Bruder Shkelzen an ihrem
Wohnort, einem Dorf im Kosovo,
zusammengeschlagen und ver-
schleppt. Er war 18 Jahre alt. Es
passierte genau an dem Tag, als
der Krieg ausbrach, sagt Muja
Kamberi, der Vater.
Ein Jahr lang hatten sie damals
versucht, ihren verschwundenen
Sohn ausfindig zu machen, ver-
geblich. Dann sind sie vor dem
Krieg geflchtet. Seither leben
die Elternmit drei ihrer Kinder als
vorlufig aufgenommene Flcht-
linge im Aargau. Der 57-jhrigen
Mutter Sanje Kamberi geht es
gesundheitlich nicht gut erst das
Herz, nun auch die Lunge. Sie
Httenwirwenigstens ein paar Knochen, irgendetwas,
dann knntenwir ihn zu Grabe tragen. Muja Kamberi
weint viel, ist immer nervs, sagt
ihr Mann. Und der jngste Sohn:
Sie geht nie aus dem Haus.
Die Kamberis mchten aktiv
ihren Sohn suchen, der Krieg ist
lngst zu Ende, und sie htten
schon vor Jahren ihre Koffer ge-
packt, um nachzuforschen. Aber
das geht nicht. Als Flchtlinge
drfen sie die Schweiz nicht ver-
lassen, auch nicht, um ihren Sohn
oder seine berreste zu finden
oder wenigstens in Erfahrung zu
bringen, was mit ihm passiert ist.
Ihre Hoffnung ist derzeit der
Suchdienst des Roten Kreuzes.
Nehmt das Handy mit
zum Pilzeln und Wandern!
Diesen Schmerz kannst du nicht
beschreiben, sagt der 60-jhrige
Muja Kamberi, whrend sich sei-
ne Augen mit Trnen fllen.
Wenn ihnGott genommen htte,
dann wrde ich eine Erklrung
haben. Aber nicht so. Htten wir
wenigstens ein paar Knochen, ir-
gendetwas, dann knnten wir ihn
zu Grabe tragen. Sein jngster
Sohn sitzt daneben, er war noch
ein Kind, als Shkelzen verschleppt
wurde, seine Erinnerungen an
jenen Tag sind vage, aber was
seither geschah, sieht er klar und
deutlich: Uns sind die Hnde,
Fsse, Ohren, Augen gebunden.
bis wir wissen, was passiert ist.
Dann fangen wir neu an.
Neu anfangen oder zumindest
weitergehen. Helen Mazzoleni,
die selbst Mutter ist, schafft es so:
Ich versuche, mir das Geschehe-
ne imKopf zurechtzurcken. Und
ich habe ein Umfeld, das mich
sttzt. Leute, mit denen ich gute
und wichtige Gesprche fhren
kann. Das hilft und hlt mich auf
den Beinen. Eines mchte sie
den Menschen mit auf den Weg
geben: Nehmt eure Handys mit,
wenn ihr alleine pilzeln oder wan-
dern geht. Und schaltet es ein! Die
Chance, in einer Notsituation ge-
funden zu werden, ist um einiges
grsser. Text Esther Banz
Bilder Ueli Christoffel
Muja Kamberi vermisst seinen Sohn Shkelzen seit 13 Jahren.
Ob ein Mensch aus sozialen Grnden, weit weg in einem
Krieg oder auf der Flucht verschwindet, spielt keine Rolle:
Das Schweizerische Rote Kreuz hilft bei der Suche. In 187
Lndern knnen sich Angehrige an den dortigen Such-
dienst wenden. Der Suchdienst des Schweizerischen Roten
Kreuzes bearbeitet jhrlich um die 500 Flle er ist im Inland wie
im Ausland ttig, bert die Angehrigen und hlt sie ber die
Nachforschungen auf dem Laufenden.Mehr als die Hlfte der
Verschwundenen wird nach eigenen Angaben gefunden.
Seit 2006 gibt es eine Uno-Konvention, die von den Mitglieds-
staaten verlangt, dass sie das Verschwindenlassen von
Personen verhindern, untersuchen, verfolgen und bestrafen.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat sich
bei der Ausarbeitung engagiert. Erst im letzten Dezember hat
der Bundesrat beschlossen, diese Konvention zu unterzeichnen.
Ratifiziert hat die Schweiz sie noch nicht.
www.redcross.ch/Suchdienst oder unter Telefon 031 960 77 70
Der Suchdienst des
Schweizerischen Roten Kreuzes
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MENSCHENVERSCHWUNDEN
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Pauline Boss, das Ritual
der Beerdigung ermglicht es
uns, Abschied zu nehmen
von einer geliebten Person.
Was empfindet jemand,
der diese Mglichkeit nicht hat,
etwa wenn ein Familienmitglied
spurlos verschwunden ist?
Ich nenne diese Art von Verlust
ambiguous, also nicht eindeu-
tig. Die Betroffenen leben durch
diese Ungewissheit im permanen-
ten Abschiednehmen und auch in
stndiger Unsicherheit. Auf der
einen Seite ist die Hoffnung, dass
der Abwesende noch lebt, auf der
andern das menschliche Bedrf-
nis weiterzugehen. Normaler-
weise setzt beim Verlust eines
Menschen ein Trauer- und Ver-
arbeitungsprozess ein, nicht aber
bei ungewissem Verlust.
Weshalb nicht?
Weil das nicht geht, solange es
keinenKrper und keineberreste
zu beerdigen gibt.
Was passiert mit einem Men-
schen, der nicht trauern kann?
SeineGefhle frieren ein. Der Be-
troffene ist komplett blockiert, das
kann krank machen.
Wir erwarten von Menschen,
dass sie nach einer gewissen
Zeit wieder normal
funktionieren. Sind Menschen,
die von einem ungewissen
Verlust betroffen sind,
berhaupt in der Lage dazu?
Wir anderen, die Gesellschaft,
mssen verstehen:Wer von einem
Kind, einerMutter, einem Bruder
oder engen Freund nicht weiss,
was mit ihm oder ihr geschehen
ist, wird gedanklich stets bei die-
sem Menschen sein, auch Jahre
spter noch.
Wer keine Gewissheit hat, kann
nicht abschliessen?
Ja. Das ist ganz normal, wir drfen
das dieser Person nicht zum Vor-
wurf machen. Ich arbeite mit den
Betroffenen dahingehend, dass sie
die Ungewissheit und die daraus
resultierende Ambivalenz akzep-
tieren und mit der Vorstellung
leben lernen, dass es zwei sich ge-
genberstehende Mglichkeiten
gibt: dass die Person vielleicht tot
ist, vielleicht aber noch lebt, dass
man sich wieder begegnet oder
auch nicht, dass berreste gefun-
den werden oder nicht.
Ist das fr die Betroffenen nicht
ein grosser Stress?
Im Gegenteil: Der Stress entsteht
aus dem Versuch heraus, sich fr
das eine oder andere zu entschei-
den denn das ist schlicht un-
mglich, die Unsicherheit wird ja
bleiben. Bei Betroffenen hingegen,
welche die Ungewissheit anneh-
men, nimmt der Stress rapid ab.
Sich bewusst nicht fr das eine
oder andere entscheiden
das scheint schwierig, wo wir
doch stets entscheiden mssen.
Zu unserer Kultur gehrt das
Meistern. Wir sind darauf kondi-
tioniert, dass es fr ein Problem
eine eindeutige Lsung gibt.
Uneindeutigkeit zulassen wider-
spricht unserer Denkart. Je l-
sungsorientierter jemand ist, desto
schwieriger fllt es ihm, mit Un-
sicherheit zu leben.
Wie kann man sich innerhalb
einer Familie gegenseitig helfen?
Ein Ritual trstet ber den Verlust
hinweg. Ich ermutige Angehrige,
alternative Rituale zu Beerdigun-
gen zu erfinden. Oft sind Kinder
da am kreativsten. Manche ver-
anstalten eine Erinnerungszere-
monie, andere lassen Ballone
fliegen oder pflanzen einen Baum.
In New York haben einige An-
gehrige von 9/11-Opfern Sym-
bole der vermissten Person be-
graben, etwa eine Gitarre oder
eine Fotografie. Es gibt vieleMg-
lichkeiten.
Ein Ritual ist trstlich
Wie ist es, nicht zu wissen, ob ein geliebter Mensch noch lebt? Und wie gehen Betroffene mit
einem solchen Schicksal um? Pauline Boss, amerikanische Psychologieprofessorin mit Schweizer
Wurzeln, hat jahrzehntelang geforscht und mit Betroffenen gearbeitet.
Wie kann das Umfeld helfen?
Am wichtigsten ist, dass das
Umfeld der Familie hilft und ihr
beispielsweise bei einem rituel-
len Anlass fr den Verschwunde-
nen nicht das Gefhl gibt, sie
mache etwas Seltsames oder Fal-
sches. Ferner ist wichtig, dassman
geduldig ist und sich nicht von
den Betroffenen distanziert.
Menschliche Nhe ist von zentra-
ler Bedeutung fr den Heilungs-
prozess. Interview Esther Banz
Betroffene
sind komplett
blockiert, das
kann krank
machen.
Pauline Boss
Pauline Boss
Pauline Boss (76) ist emeritierte
Professorin fr Familienthera-
pie an der Universitt Minne-
sota, USA. Als Spezialistin auf
dem Gebiet des ungewissen
Verlustes coachte sie
Therapeuten, die nach dem
Tsunami in Asien, nach dem
Terroranschlag in New York und
nach dem Krieg im Kosovo mit
Angehrigen von Verschwunde-
nen arbeiteten. Ihr Vater
war aus Burgdorf BE in die USA
emigriert.
www.ambiguousloss.com
Bcher von Pauline Boss:
Leben mit ungelstem Leid,
2000, Beck Verlag, 184 Seiten.
Verlust, Trauma und
Resilienz, 2008, Klett-Cotta,
315 Seiten.
Was Pascal Bruderer und die Politik
fr die Solidaritt tun auf Seite 20.
-
20
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Migros-Magazin 5, 31. Januar 2011
Pascale Bruderer, Ende letzter
Woche kndigten Sie Ihre
Kandidatur fr den Stnderat
an. Bisher wurden Sie immer
mit Glanzresultaten gewhlt.
Wird es auch diesmal so sein?
Das werden die Aargauerinnen
undAargauer entscheiden. Ichw-
re sehr gerne bereit, die Erfahrung
aus 14 Jahren Parlamentsarbeit
sowie aus dem Nationalratsprsi-
dium als Stndertin des Kantons
Aargau einzubringen.
Solidaritt ist ein zentrales
Anliegen Ihrer Politik, speziell
Solidaritt mit Behinderten.
Woher kommt diese Affinitt?
DieHlftemeiner Verwandtschaft
ist hrbehindert. Ichwuchs in der
Selbstverstndlichkeit auf, dass es
Menschenmit und ohne Behinde-
rung gibt, so wie es Leute mit ro-
tenHaaren und solchemit schwar-
zen gibt. Frh schon sah ich, mit
welch grossenHindernissenMen-
schen mit Behinderung im Alltag
konfrontiert sind.
Ist diese Hufung in Ihrer
Familie erblich bedingt?
Gehrlosigkeit kann vererbt wer-
den, ja.MeineMutter war das ein-
zige hrende Kind, ihre Brder
sind hrbehindert.Meine Schwes-
tern und ich hren,meineCousins
hingegen sind ebenfalls gehrlos.
Beherrschen Sie darum die
Gebrdensprache?
Ja, als kleines Kind begann ich so-
gar in Gebrdensprache zu kom-
munizieren, bevor ich sprechen
lernte. Der Kontakt zuGehrlosen
hat mich geprgt und bereichert.
Solidaritt heisst fr mich: Men-
schen akzeptieren, wie sie sind,
sie in ihren Strken frdern und in
den Schwchen untersttzen.
Nimmt die Bereitschaft zur
Solidaritt generell ab?
Nein. Solidaritt nimmt im ge-
sellschaftlichen Zusammenleben
nachwie vor einen sehr wichtigen
Platz ein. In Bezug auf Menschen
mit Behinderung gilt es jedoch da-
rauf zu achten, Brcken und nicht
etwa Mauern zu bauen. Wer eine
Sonderschule besucht, dem fllt
es besonders schwer, anschlies-
send den Schritt ins Erwerbsleben
zu machen. Dabei ist gerade die
berufliche Integration ein Schls-
sel zu Eigenstndigkeit undUnab-
hngigkeit auch zuUnabhngig-
keit von staatlichen Leistungen.
Stichwort Scheininvalide?
Diese Diskussion kam in der brei-
ten Bevlkerung nicht gut an.
Selbstverstndlich muss Miss-
brauch bekmpft werden. Aber
pauschale Vorwrfe ntzen nie-
mandem. Stattdessen verletzen
sie speziell Menschen mit einer
unsichtbaren, zum Beispiel psy-
chischen Behinderung. Diesen
wird so eine aktive Teilnahme am
ffentlichen Leben zustzlich
schwer gemacht.
Trotzdem muss diskutiert
werden, was die IV abdecken
kann und soll. An den Rndern
so das landlufige Gefhl
kommen immer neue Forderun-
gen dazu.
Dasmussman diskutieren, ja.Wir
haben zu Recht ein Diskriminie-
rungsverbot in der Verfassung, ein
Gleichstellungsgesetz und eine IV,
die sicherstellen soll, dass nie-
mand wegen einer Behinderung
oder chronischer Erkrankung in
Armut verfllt. Das sind wichtige
Errungenschaften, auf die wir alle
einmal angewiesen sein knnten.
In der IV kommen aktuell nicht
etwa Leistungen dazu, ganz im
Gegenteil, sie werden abgebaut
mit teils problematischen Folgen
fr die Betroffenen.
Frdern TV-Sendungen
wie Schloss Biberstein* das
Verstndnis fr Behinderte?
Absolut, weil sie auf lockereWeise
an einemTabu rtteln. Bei einigen
Zuschauern lst das den Wunsch
aus zu helfen. Noch wichtiger
scheint mir aber die Hilfe zur
Selbsthilfe. Die Anerkennung,
dass jeder Mensch gleichwertig
ist, die gleichenChancen verdient
und ein Recht auf Selbstbestim-
mung hat.
Was ist mit Solidaritt zwischen
Menschen, die Arbeit haben,
und jenen ohne? Zwischen
reichen und armen Regionen?
Fllt die Solidaritt
dem Sparzwang zum Opfer?
Verschiedene Studien zeigen, dass
speziell der Mittelstand immer
mehr unter Druck gert und stn-
dig mehr zur Kasse gebeten wird.
Sogenannte Sparmassnahmen auf
Bundesebene belasten Kantone
und Gemeinden bermssig. Das
sind negative Entwicklungen.Wir
mssen langfristiger denken, um-
sichtiger handeln. In Gesprchen
mit der Bevlkerung merke ich
immer wieder, dass man eine ge-
wisse Balance in der Gesellschaft
wnscht. Gerade in schwierigen
Zeiten, in denen die Wirtschaft
staatliche Untersttzung braucht,
fordert man zu Recht, dass auch
der einzelne Mensch nicht ver-
gessen geht. Abstimmungen im
2010 wie das Nein zumUmwand-
lungssatz in der zweiten Sule
oder das nur knappe Ja zur Revisi-
on der Arbeitslosenversicherung
zeugen von dieser Absicht.
Welche Form von Solidaritt
wird erwartet? Reicht es, IV-
und AHV-Beitrge abzuliefern?
Das soziale Netz, wie es in der
Schweiz seit Ende des 19. Jahrhun-
derts geknpft wurde, hat den
Menschen zu mehr Sicherheit
und unserer Gesellschaft zu mehr
Solidaritt verholfen. Diese
Errungenschaften voran-
gegangener Generationen
Solidaritt heisst:
Menschen akzeptieren
Fr Nationalrtin Pascale Bruderer ist Selbstverantwortung
zentral, wenn es um Chancengerechtigkeit geht. Von Verhtscheln
hlt sie nichts.
Brckenbauerin
Pascale Bruderer Wyss
(33) war 2010 die jngste
Nationalratsprsidentin
in der Geschichte. Seit
2002 ist sie Nationalrtin
und seit 2008 Vize-
prsidentin der SP. Sie
wuchs in Baden auf und
studierte in Zrich und
Schweden Politologie,
Staatsrecht, Sozial- und
Wirtschaftsgeschichte.
Bruderer arbeitet als
Geschftsfhrerin der
Krebsliga Aargau und als
selbstndige Unterneh-
mensberaterin. Sie ist
verheiratet und wohnt
bei Baden.
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* In Schloss Biberstein begleitet ein
TV-Team behinderte Menschen im Alltag.
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INTERVIEWPASCALE BRUDERER
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21
Pascale Bruderer
im Bundeshaus:
Mit 33 Jahren war sie
die jngste Nationalrats-
prsidentin, welche
die Schweiz je hatte.
-
Kulturstdte Brssel, Antwerpen, Amsterdam
Grachten, Keukenhof, Lorely und Kln
Ihr Reiseprogramm
1. Tag: SchweizBrssel. Anreise im kom-
fortablen Reisecar in die belgische Haupt-
stadt Brssel. Einschiffung auf die Excel-
lence Royal.
2. Tag: BrsselAntwerpen. Rundgang (*) in
Brssel: Der Grand Palace zeigt seine alte
Pracht und das Atomium erstrahlt in neuem
Glanz. Nachmittags Schifffahrt in die Kunst-
stadt Antwerpen. Stadtrundfahrt/-gang mit
Museumsbesuch (CHF 50.).
3. Tag: RotterdamAmsterdam. Von Ant-
werpen nach Rotterdam erleben Sie die vor-
beiziehenden Landschaften. Besonders ein-
drucksvoll ist eine Stadtrundfahrt kombiniert
mit einer Fahrt durch den grssten Hafen der
Welt in Rotterdam (*).
4. Tag: Amsterdam. Ausflug in den weltbe-
rhmten Keukenhof (*).
5. Tag: Kln. Besichtigung der Rheinmetro-
pole Kln (*).
6. Tag: Rdesheim. Die Fahrt geht rheinauf-
wrts entlang der romantischen Rheinstrecke
mit ihren unzhligen Schlssern, Burgen und
Ruinen, vorbei am sagenumwobenen Loreley-
Felsen bis nach Rdesheim
7. Tag: RdesheimMannheim(Heidelberg)
Speyer. AbMannheim bietet sich ein Ausflug
nach Heidelberg (*).
8. Tag: Strassburg. Bootsfahrt auf dem
Flsschen Ill (inbegriffen) durch die elsssiche
Hauptstadt. Rckreise in die Schweiz.
Tulpen & Rhein
Kulturstdte Brssel, Antwerpen, Amsterdam
Rhein & Tulpen
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1. Tag: SchweizStrassburg. Anreise im kom-
fortablen Reisecar in die elsssische Haupt-
stadt Strassburg und Bootsfahrt (inbegriffen)
auf dem Flsschen Ill. Um 16.30 Uhr heisst es
zum ersten Mal Leinen los.
2. Tag: MainzRdesheim. Lernen Sie die
Vielfltigkeit von Mainz auf einer Stadtbesich-
tigung (*) nher kennen. Die Fahrt geht weiter
bis Rdesheim. Besuch von Siegfrieds
Musikkabinett (CHF 25.).
3. Tag: Romantische RheinstreckeCochem.
GeniessenSie die romantischeRheinstrecke sowie
die liebliche Mosel. Die mrchenhafte Reichsburg
Cochems beherrscht das Stadtbild. Stadtrund-
gang mit Besichtigung der Reichsburg (*).
4. Tag: CochemBernkastel. Entdecken Sie
das schmucke Bernkastel auf einem gefhrten
Rundgang mit Weindegustation (*).
5. Tag: Trier. Die lteste Stadt Deutschlands,
gleicht einem steinernen Geschichtsbuch.
Stadtrundfahrt (*)
6. Tag: TrierMettlach. Faszinierend ist der
Anblick der Saarschleife, den Sie bei einem
Busausflug (*) zur Cloef.
7. Tag: Grevenmacher(Luxemburg)Remich.
Auf einem Ausflug (*) ab Grevenmacher haben
Sie die Gelegenheit, die Hauptstadt des Gros-
sherzogtums Luxemburg kennenzulernen.
8. Tag: RemichSchweiz. Ausschiffung nach
dem Frhstck. Anschliessend Rckfahrt im
modernem Komfort-Reisebus in die Schweiz.
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Unsere Leistungen
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Leichter einschlafen, besser durchschlafen.
Migros-Magazin 5, 31. Januar 2011
INTERVIEWPASCALE BRUDERER
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23
verdienen grosse Wert-
schtzung. Sozialpolitik
darf aber nicht nur heissen, Netze
zu spannen. Auch die Verantwor-
tung des einzelnenMenschen soll
gestrkt werden, indem er die
Schlssel erhlt, um sich bild-
lich gesprochen auf seinemWeg
selbst Tren ffnen zu knnen.
Darum ist Chancengerechtigkeit
so wichtig, ja gar eine Bedingung
fr Selbstverantwortung.
Wie kann ich als Einzelner
meinen Anteil beitragen?
Die allermeisten Leute leisten
ganz wesentliche Beitrge: indem
sie sich fr Vereine engagieren,
Nachbarschaftshilfe oder Freiwil-
ligenarbeit leisten, soziale Institu-
tionen untersttzen. Solidaritt
fngt oft in der eigenen Familie
an.Wennman nur schon bedenkt,
was pflegende Angehrige leisten,
die fr ihre Liebsten da sind. Das
alles ist gelebte Solidaritt.
Kann man Kinder zu solidari-
schem Handeln erziehen?
Sicher knnen Eltern wichtige
Vorbilder sein. Erziehung heisst
auch, einen jungen Menschen zu
befhigen, Verantwortung fr sich
und sein Umfeld zu bernehmen.
Meines Erachtens sind junge Leu-
te gerade gegenber Themen wie
Nachhaltigkeit und Umwelt stark
sensibilisiert und gut informiert.
Das freut mich, und es wider-
spricht dem Vorurteil, heutigen
Jugendlichen sei vieles gleich-
gltig.
Das stete Einfordern von
Solidaritt berfordert mitunter.
Wo sind die Grenzen?
Die gibt es natrlich. Darum ist es
so wichtig, dass jeder Mensch die
Mglichkeit erhlt, fr sich selber
Verantwortung zu bernehmen.
Ausserdem: Solidaritt ist ein
grosses Wort, es wirkt in diesem
Gesprch vielleicht fast bergross.
Dabei sind es oft unscheinbare,
ganz alltgliche Taten, die unser
solidarischesMiteinander ausma-
chen. Im Jahr der Freiwilligen soll
doch gerade das mehr gewrdigt
und geschtzt werden.
Eine Leserin schrieb uns, wir
Gutmenschen wrden
noch erleben, dass das
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Fr Pascale Bruderer ist klar: Jugendlichen ist die Umwelt nicht egal.
Oft sind es
alltgliche
Taten, die unser
solidarisches
Miteinander
ausmachen.
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INTERVIEWPASCALE BRUDERER
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Wort Solidaritt zum
Schimpfwort wrde
weil es dermassen strapaziert
werde. Denken Sie das auch?
Wennman Solidaritt so definiert,
dassman den Leuten die Eigenver-
antwortung abnimmt und sie da-
mit bibbelet, also verhtschelt,
und dies zulasten anderer, dann
verstehe ich die Frau. Aber darum
geht es gerade nicht. Echte Solida-
ritt ist alles andere als ein
Schimpfwort es ist ein fr die
Schweiz historisch gewachsener
Wert und ein wichtiger Kitt einer
Gesellschaft.
Ihr Prsidialjahr 2010 stand
unter dem Motto Brcke
der Generationen. Was haben
Sie konkret erreicht?
Ich untersttzte Projekte, welche
die verschiedenen Generationen
zusammenbringen. Zum Beispiel
eines, bei dem Jugendliche lteren
Menschen Internet oder Mobil-
telefonie erklren. Ein anderes
heisst Zeitmaschine: Schlerin-
nen und Schler interviewen
ltere Leute zu Ereignissen in der
Geschichte und bereiten diese
GesprchemitHilfe neuerMedien
auf. Fr die Prsentation der Pro-
jekte lancierten wir www.interge
neration.ch, eine Generationen-
plattform im Internet.
Wer ist wir?
Die SchweizerischeGemeinntzi-
ge Gesellschaft. Wir entschieden,
bestehende Projekte zu frdern,
zu vernetzen und sichtbarer zu
machen, statt selbst ein neues Pro-
jekt zu lancieren.
Behinderte, Sport und Tier-
schutz sind Schwerpunkte Ihrer
politischen Arbeit. Deswegen
wird gerne behauptet, Sie
kmmerten sich nur um Rand-
themen. Schmerzt Sie das?
Nein, es war ein bewusster Ent-
scheid, die voraussehbare Auf-
merksamkeit als damals jngste
Nationalrtin gezielt zu nutzen
fr Themen, die zu kurz kommen.
Daneben kmmere ich mich um
viele weitere Gebiete, wie Arbeit,
Bildung oder Wirtschaft. Gerade
als Nationalratsprsidentin arbei-
tete ich mich in smtliche Dos-
siers ein, um den Rat kompetent
leiten zu knnen.
Haben sich die Fronten im
Parlament verhrtet, seit Sie vor
neun Jahren vereidigt wurden?
Schwierig zu sagen. Im National-
rat wurden in den letzten Jahren
die Pole gestrkt. Das fhrte zu
verndertenMehrheitsverhltnis-
sen. Im Stnderat ist die brger-
liche Mitte nach wie vor stark.
Am Schluss entscheidet hufig
die CVP.
Oft fllt der Entscheid in der Mit-
te, ja dort gibt es aber nicht nur
die CVP. Es kommt hufiger zu
Differenzen zwischen den Rten.
Nicht zuletzt wegen der vorher
erwhnten unterschiedlichen
Mehrheitsverhltnisse.
Hat sich der Umgang unterein-
ander im Rat verndert?
Ich spre die Stimmungsnderung
weniger im Ratsaal als vielmehr
in der medialen Auseinanderset-
zung. Konfrontation ist fr viele
Medien attraktiver als konsensori-
entierte Politik. Dafr habe ich ein
gewisses Verstndnis,mittlerweile
nimmt die forcierte Konfrontation
aber gar viel Raum ein. Auchwenn
das gegen aussen nicht zur Gel-
tung kommt die Bereitschaft,
miteinander Lsungen zu suchen,
ist nach wie vor intakt.
Sie sind ber alle Parteigrenzen
hinweg beliebt. Weichen Sie
darum fters von der offiziellen
SP-Linie ab?
Das eine hat nichtsmit dem ande-
ren zu tun. Ich erlaube mir, eine
eigene Meinung zu haben und
entsprechend abzustimmen, das
ist so. Ich setze mich mit ganzem
Herzen fr sozialdemokratische
Werte ein. Gleichzeitig bedeutet
fr mich sozialdemokratische
Politik, Verantwortung fr das
Gesamte zu bernehmen. Dazu
gehrt, bei allen Argumenten gut
hinzuhrenundaucheinenSchritt
in Richtung des Gegenbers zu
machen, damit eine mehrheits-
fhige Lsung resultiert.
Mit dem Risiko, sich in den
eigenen Reihen Feinde zu
machen?
Die sozialdemokratische Partei
hat ein sehr breites Meinungs-
spektrum, und die Tatsache, dass
ich angefragt wurde, im Prsidium
mitzuwirken, zeigt mir, dass man
diese Breite leben will und sie
Platz hat.
Diese Breite wurde allerdings
stark eingegrenzt. Wenn sich
eine Partei die berwindung des
Kapitalismus zum Ziel macht,
verrgert sie viele Anhnger.
Dieser Satz stand schon im letzten
Parteiprogramm.
Diesmal wurde er explizit zum
Thema gemacht.
Weil wir uns seitens der Partei-
leitung von dieser Formulierung
verabschieden wollten, was ich
untersttzte. Nun hat die Dele-
giertenversammlung anders ent-
schieden. Frmich steht nicht das
Parteiprogramm imZentrum, son-
dern konkrete Politik, die sich dem
Alltag der Menschen widmet.
Knnen Sie sich vorstellen,
bis 70 zu politisieren?
Mich freuts, wenn alle Generatio-
nen im Parlament vertreten sind.
Dass ich selber bis 70 politisiere,
kann ichmir nicht vorstellen.Wer
so jung wie ich eingestiegen ist,
weiss, dass es ein Leben danach
gibt. Interview Ruth Brderlin,
Hans Schneeberger
Bilder Severin Novacki
Begegnungstag der Generationen: Pascale Bruderer motiviert Jugendliche zu solidarischem Handeln.
Dass ich
bis siebzig
politisiere,
kann ich
mir nicht
vorstellen.
www.migrosmagazin.ch
Steigen die IV-Renten? Die Zahlen
und Ihre Meinung zur Solidaritt
mit Behinderten.
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AUF EINWORT
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27
Migros-Magazin 5, 31. Januar 2011
MINDESTLHNE
Seit der Personen-
freizgigikeit kannman
Mindestlhne vergessen
Reiner Eichenberger,
die Unterschriftensammlung
fr die Mindestlohninitiative
ist gestartet. Werden Sie
unterzeichnen?
Nein, ich halte nichts davon. Es
geht ja darum, die Situation von
wenig qualifizierten Mitarbei-
tern zu verbessern. Schreibtman
aber in diesem Markt einfach
Lhne vor, gibt es nach klas-
sischer Begrndung nur einen
negativen Beschftigungseffekt:
Es werden Stellen abgebaut.
Diese Drohung kommt bei jeder
Arbeitsdiskussion.
Die Initiative verlangt einen
Mindestlohn, der deutlich ber
der jetzigen Bezahlung liegt. Das
kann der Arbeitsmarkt nicht
ohne weiteres verkraften. Ein-
schlgige Studien zeigen, dass
dies einschneidende Folgen hat.
Heisst das, Mindestlohn ja,
aber nicht in der von der
Initiative verlangten Hhe?
Mit einem Minimallohn von ge-
gen 4000 Franken knnte man
allenfalls einzelne Leute scht-
zen, die sich
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