milliardär carlos slim_ die reichste sammlung der welt
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KUNST
VON: Enrique G de la G 19.4.2011 - 08:40 Uhr
MILLIARDÄR CARLOS SLIM
Die reichste Sammlung der WeltDer Mexikaner Carlos Slim ist der reichste Mann derWelt. Und ein passionierter Kunstsammler. In MexikoCity hat er nun sein neues Museo Soumaya eröffnet.
© Ronaldo Schemidt/AFP/Getty Images
Carlos Slim betrachtet ein Gemälde. Der Mexikaner ist Laut "Forbes" der reichste Mann der Welt.
Der junge Kerl hatte keine Lust mehr auf seinen langweiligen Job, er wollte
einfach weg, irgendwohin verreisen, um nachzudenken. So machte er sich
1964 auf den Weg nach New York. Er verbrachte viel Zeit in der Börse und der
New York Public Library, wo er den damals neu erschienenen Bestseller von J.
Paul Getty, How to be Rich, las. Er ahnte zu diesem Zeitpunkt vielleicht schon,
dass dieser Sommer sein Leben tief prägen würde.
Als er nach Hause zurückkehrte, lernte er die Tochter einer Freundin seiner
Mutter kennen. Sie war schmal, kultiviert, elegant und erst 16 Jahre alt. Er 24.
Das Mädchen, dessen Eltern vor zehn Jahren aus dem Libanon nach Mexiko
ausgewandert waren, hieß Soumaya. Die Familie des jungen Mannes stammte
ebenfalls aus dem Libanon. Der Vater, Khalil, hatte das Heimatdorf verlassen
und folgte seinen älteren Brüdern nach Mexiko, um ein neues Leben
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aufzubauen. Soumaya interessierte sich für Kunst, er eher fürs Geld. Als das
junge Paar zwei Jahre später heiratete, besaß er bereits etwa 40 Millionen
Dollar. "Auf unserer Hochzeitsreise haben wir viele Galerien bereist", erinnert
er sich. Anschließend besuchten sie auch noch eine Auktion, um das Mobiliar
für das neue Zuhause zu besorgen, und dort kauften sie ihr erstes Kunstwerk:
ein flämisches Gemälde aus dem 16. Jahrhundert, eine Szene von Löwen und
Christen im Kampf gegen Mauren. Es war ein namenloses Werk, keine große
Kunst, aber er fand es so schön, dass er es in der Küche aufhängen ließ, um es
so oft wie möglich zu betrachten. So begann diese Kunstsammlung.
"Meine Verwandten waren nicht künstlerisch veranlagt, doch wir sind immer
von angenehmen Dingen umgeben gewesen", gibt er zu. Trotz seines
ansteigenden Reichtums wohnt er heute immer noch in derselben Villa in
Mexiko-Stadt wie vor 38 Jahren. Kaum Luxus ist dort zu sehen: Er trägt
Anzüge und Krawatten, die er der mexikanischen Mittelschicht für einen
bescheidenen Preis verkauft, und isst die Speisen, die in seiner
Restaurantkette für sieben oder acht Euro zu haben sind. Eine Madonna von
Bartolomé Esteban Murillo und ein El Greco D schmücken jeweils die Wände
des Wohnund Esszimmers. In seinem Büro sind weitere Kunstwerke: van
Gogh, Renoir, Diego Rivera und Auguste Rodin, vor allem Rodin.
Soumaya liebte den Künstler und hat ihren Mann mit ihrer Leidenschaft
angesteckt. Seit den 1980er Jahren sammelt die Familie Rodins. Sie hat mit
der Maske des Mannes mit einer zerbrochenen Nase angefangen, ein Stück,
das 1865 vom Pariser Salon abgelehnt worden war. Es heißt Maske, weil Rodin
die Porträtbüste eines Nachbarn draußen im Garten vergaß. Als er sie eines
Tages abholte, war sie vom Wetter schon so beschädigt, dass der gesamte
hintere Teil fehlte – nur das Gesicht, eine Art Maske, blieb übrig. Mittlerweile
besitzt die Familie etwa 380 Objekte und somit auch die größte Rodin-
Sammlung außerhalb Frankreichs: "Rodin ist einer der größten Bildhauer der
Geschichte, der Menschheit. Es sind erstaunliche Skulpturen, sehr
ausdrucksstark. Rodin ist einfach einer der Größten!", sagt Slim, der junge
Mann von damals, heute.
Für die Sammlung eröffnete er 1994 ein provisorisches Museum in einer alten
Papierfabrik, in der sich auch ein Einkaufszentrum befindet: das Museo
Soumaya, seiner Frau gewidmet. Doch Soumaya starb fünf Jahre später im
Alter von 50 Jahren an einer Nierenerkrankung. Sie hinterließ eine vielfältige
Sammlung, die seitdem ihre gleichnamige Tochter fortführt. Mittlerweile
umfasst die Kollektion mehr als 66 000 Kunstwerke, das heißt,
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durchschnittlich kauft die Familie seit 45 Jahren vier Stücke pro Tag. Der
Museumsdirektor, Alfonso Miranda, schätzt den Wert der Sammlung auf eine
Summe von etwa 700 Millionen Dollar.
Der junge Mann ist mittlerweile der reichste Mensch der Welt geworden. Sein
Name – Carlos Slim Helú – ist schätzungsweise 73 Milliarden Dollar wert.
Mexiko, ein Entwicklungsland mit etwa 50 Millionen in Armut lebenden
Menschen, lässt sich mit dem Multi-Billionär schmücken. Er hat das Monopol
auf das Telekommunikationssystem des Landes, besitzt die größte
Handyfirma Lateinamerikas mit 250 Millionen Kunden, hält wichtige Aktien-
Anteile der New York Times, von Saks Fifth Avenue und Microsoft. Darüber
hinaus besitzt etwa 240 weitere Firmen jeder Art – von Bäckereien bis zu
Ölplattformen. Kritiker nennen Slim einen Emporkömmling, und das Gerücht,
dass Gemälde mit Sotheby’s-Etiketten bei ihm zuhause hängen, hält sich
hartnäckig.
Den Besucher des Museo Soumaya überkommt das Gefühl, die Sammlung sei
keinesfalls repräsentativ für einen der vermögendsten Menschen der Welt,
nicht einmal für einen echten Connoisseur d’art: ein dunkler van Gogh aus der
frühen Phase hier, dann viele Porträts der mexikanischen Kolonialzeit, einige
Skulpturen Dalís oder Picassos, ein Miró oder ein Max Ernst dort, und so fort
– eine verwunderliche Melange. Vielleicht ist die Sammlung norditalienischer
Maler aus der Renaissance das Kongruenteste: Andrea del Sarto, Tintoretto,
Correggio, Il Sodoma. Als Einzelstücke ragen unter den spanischen Meistern
eine Auferstehung Christi von Juan de Flandes, dem Hofmaler Isabellas I. von
Kastilien, heraus sowie ein "Weinender Petrus" von El Greco, ein heiliger
Petrus von Jusepe de Ribera und ein heiliger Franziskus von Francisco de
Zurbarán, unter den Italienern ein Porträt Tizians, eine Kreuzigung
Tintorettos und eine Madonna dei Fusi aus Leonardos Atelier – vielleicht das
wertvollste Werk der ganzen Sammlung – und unter den flämischen Malern
ein Porträt van Dycks und eine Legende des heiligen Georgs von Martin de
Vos.
Doch Slim will sich und seine Sammlung jetzt anders inszenieren. Mit einer
Investition von 750 Millionen Dollar baut er ein monumentales Zentrum mit
Läden, Gärten, Wohnungen, Büros und Restaurants im Herzen von Mexiko-
Stadt, die sogenannte Plaza Carso. Der englische Architekt David Chipperfield,
der das Neue Museum in Berlin glanzvoll restauriert hat, baut darauf ein
Museum für Eugenio López, den Besitzer der größten Sammlung
zeitgenössischer Kunst in Lateinamerika. Das Kernstück der Plaza ist
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Carlos Slim Mexikos mächtigerSchattenmann
Kunst Fridas Bilder
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Kunsthandel | Kunstwerk | Museum | Mexiko
allerdings das neue Museo Soumaya. Damit hat Slim den Gatten seiner
Tochter, den jungen Stararchitekten Fernando Romero, beauftragt.
Romero ist wiederum eine Geschichte für sich. Nach dem Studium kam er
nach Europa und arbeitete bei Enric Miralles und Jean Nouvel, bis er Rem
Koolhaas entdeckte. Weil er den Niederländer für den besten Architekten
damals hielt, fuhr er zu ihm, stellte sich vor, und kurz danach war er
Angestellter beim Rotterdamer Office for Metropolitan Architecture (OMA).
Vor anderthalb Jahre kam Romero nach Berlin, um sein neues Buch mit dem
Verlag Hatje Cantz zu besprechen: eine Monographie über die letzten zehn
Jahre seiner Tätigkeit als Architekt. Simplexity ist mittlerweile erschienen und
wurde bei der Frankfurter Buchmesse vergangenen Herbst vorgestellt. Nach
dem Mittagessen mit einer Mitarbeiterin des Verlags habe ich Romero die
Philologische Bibliothek der Freien Universität, das bekannte Berlin Brain
von Sir Norman Foster, gezeigt. Er wollte sich unbedingt diesen Bau
anschauen, denn es sei seinem Projekt das ähnlichste Gebäude, das es
überhaupt gibt. Er ließ sich von der Technologie faszinieren und vor allem von
der organischen Entstehung des Gebäudes aus einer grünen Fläche. "Genau
das ist es, was ich plane ... Großartig!", gestand er aufgeregt, "heute ist Foster
der beste Architekt." Das neue Zuhause des Museo Soumaya soll an eine
Rodin-Skulptur erinnern. Romero präsentiert es – auch gerne über Twitter –
als eine "ausgezeichnete Struktur, die aus der Erdkruste wie ein
multidimensionales Ikon entsteht". Es wurde am 1. März eröffnet. Auf der
Party waren unter anderem Mexikos Präsident Felipe Calderón, Gabriel
García Marquez und Larry King.
Auf einer Fläche von 17.000
Quadratmetern auf sechs Etagen
hat Slim seine Sammlung nach
verschiedenen Themen sortiert:
"Wenn man Kunst kauft, dann
muss man sie auch ausstellen,
man muss sie teilen", sagt er. Im
Foyer stehen Rodins Denker und die Naturaleza viva von Rufino Tamayo.
"Die oberste Etage ist eine freie Fläche von 1200 Quadratmetern ohne Säulen,
auf der die weiteren Rodins präsentiert werden", erklärt Museumsdirektor
Miranda. In die mittleren Etagen kommt der Rest je nach wechselnder
Sonderausstellung, denn die Sammlung ist letztendlich in 16 Gruppen
organisiert: Impressionismus, alte europäische und mexikanische Meister,
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mexikanische Porträts, europäische und mexikanische Landschaftsmalerei,
Kalender der Druckerei Galán, Münzen und Geldpapier aus dem 17. bis 20.
Jahrhundert (die größte numismatische Sammlung Lateinamerikas),
Fotografie, Mode und Mobiliar aus der Kolonialzeit Mexikos, eine Löffel-
Sammlung, Kunst aus Mittelamerika, mexikanische Malerei aus dem 20.
Jahrhundert und das Werk von Khalil Gibran. Slim interessiert sich so sehr
für diesen multitalentierten Künstler und Denker aus dem Libanon, dass er
die umfangreichste Gibran-Sammlung der Welt besitzt.
Als Maler hat Gibran – wie hätte es anders sein sollen – eine Ausbildung bei
Rodin gemacht. Wie J. P. Getty ist er ein Bestseller-Autor gewesen, der
Menschen wie John Lennon und David Bowie inspirierte. Sogar John F.
Kennedy beendete seine erste Rede als Präsident mit einer Paraphrase eines
berühmten Zitats aus Gibrans Buch Die neue Grenze: "Ask not what your
country can do for you – ask what you can do for your country". Slim hat sich
die Frage wohl gestellt — und gehandelt
Erschienen im Magazin Weltkunst, 03/2011
QUELLE: Weltkunst
ADRESSE: http://www.zeit.de/kultur/kunst/2011-04/carlos-slim-museum
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