möglichkeiten und grenzen der datennutzung
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Bedarfe und Desiderate des Forschungsdatenzugangs im Bildungswesen in Deutschland Kolloquium anlässlich der Verabschiedung von
Prof. Dr. Horst Weishaupt
Möglichkeiten und Grenzen der Datennutzung
Vortrag von Edgar Wagner. Landesbeauftragter für den Datenschutz und die
Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz, Mainz
4. März 2013, Campus Westend / Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Wissenschaftliches Kolloquium
„Bedarfe und Desiderate des Forschungsdatenzugangs im Bil-
dungswesen in Deutschland“
anlässlich des Eintritts in den Ruhestand von
Prof. Dr. Horst Weishaupt
am 04. März 2013
Campus Westend der
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
2
Sehr geehrter Herr Prof. Weishaupt,
sehr geehrter Herr Prof. Hasselhorn,
meine Damen und Herren,
Ich darf mich herzlich für die Gelegenheit bedan-
ken, aus diesem besonderen Anlass über die Mög-
lichkeiten und Grenzen des Datenzugangs für die
Bildungsforschung zu referieren. Da der D a t e n -
s c h u t z diese Möglichkeiten zuweilen b e -
g r e n z t , ist ein Dialog gerade zwischen Vertre-
tern der Wissenschaft und des Datenschutzes
sinnvoll. Ich freue mich deshalb, dass wir diesen
Dialog heute wieder etwas intensivieren können.
Meine Damen und Herren, a l l e wollen mehr Da-
ten, einen leichteren Datenzugang und einen freie-
ren Umgang mit den Daten: der Staat, die Wirt-
schaft und auch die Forschung. Dies ist Ausdruck
unserer Informations- und Wissensgesellschaft
und Folge der digitalen Entwicklung. Erlauben Sie
mir deshalb, dass ich meinen Vortrag mit einigen
3
Gedanken über die Bedeutung von Daten und In-
formationen in unserer Gesellschaft einleite (vgl. I.)
und dann auf die Rolle des Datenschutzes in der
Bildungsforschung zu sprechen komme, wobei ich
mich vor allem auf den Schulbereich konzentrieren
möchte (vgl. II.). Im Anschuss daran erlaube ich
mir noch einen kurzen Blick auf den Entwurf einer
europäischen Datenschutzgrundverordnung, der
derzeit auf allen politischen Ebenen diskutiert wird
und ebenfalls Regelungen zum Wissenschaftsbe-
reich enthält.
Auf die Bezüge, die mein Thema zur Informations-
freiheit aufweist, will ich zunächst nur am Rande
eingehen und stattdessen diese Bezüge im Verlau-
fe der Podiumsdiskussion etwas vertiefen.
I.
1. Meine Damen und Herren, auch wenn schon
frühere Gesellschaften auf Daten, Informationen
und Wissen aufbauten, so ist die Bedeutung dieser
Begriffe in unserer Zeit doch ernorm gewachsen,
nicht zuletzt wegen des rasanten technologischen
4
Fortschritts. Er erlaubt es, Daten, Informationen
und Wissen in nahezu unbegrenztem Umfang zu
generieren, zu speichern und zu nutzen. Von der
„digitalen Revolution“ ist die Rede, die nach Auf-
fassung von Eric Schmidt, dem früheren Vor-
standsvorsitzenden von Google, dazu geführt hat,
dass wir mittlerweile in zwei Tagen so viele Daten
erzeugen, wie die Menschheit zuvor in zweitau-
send Jahren, wobei die Prognosen erwarten las-
sen, dass sich die vorhandene Datenmenge künf-
tig alle zwei Jahre noch verdoppeln wird.
In der P r i v a t w i r t s c h a f t stellen Daten – wie
man sagt – das „Gold des 21. Jahrhunderts“ dar,
das seinen Wert nicht aus einem begrenzten Vor-
kommen, sondern – im Gegenteil – aus seiner be-
liebigen Vermehrbarkeit bezieht. Vor allem im In-
ternet herrscht deshalb Goldgräberstimmung. Fa-
cebook speichert derzeit pro Tag z.B. 300 Millio-
nen Fotos. Das hat sich bis heute auf 220 Milliar-
den Fotos summiert. Folge davon ist u.a., dass
Facebook aus den bisher erfassten Fotos die größ-
te biometrische Datenbank erstellt hat, die es
weltweit gibt. Die Zahlen und Entwicklungen bei
Google, Apple, Microsoft, Amazon, aber auch bei
5
Unternehmen außerhalb des Internet sind ver-
gleichbar. Sie belegen, dass sich Daten – neben
dem Kapital, der Arbeitskraft und den Rohstoffen –
mittlerweile zum vierten P r o d u k t i o n s f a k t o r
unserer Wirtschaft entwickelt haben.
Daten und Informationen sind außerdem die Vo-
raussetzungen dafür, dass der S t a a t seine Auf-
gaben erfüllen kann. Und wie die Wirtschaft nutzt
auch er die technologischen Möglichkeiten, um
sich mit Hilfe zahlloser gesetzlicher Ermächtigun-
gen in einem bislang nicht bekannten Umfang Zu-
griff auf die Daten seiner Bürgerinnen und Bürger
zu verschaffen. Ich will dafür nur ein Beispiel – und
zwar aus dem Sicherheitsbereich – nennen. Die
von der Europäischen Kommission verfügte Flug-
gastdatenspeicherung wird dazu führen, dass al-
lein in Deutschland pro Jahr von rund 170 Millio-
nen Passagieren rund 4 Milliarden Daten erhoben
und überprüft werden.
Diese Datenlawine erfasst natürlich auch die Wis-
senschaft und die Forschung. Auch in diesen Be-
reichen wachsen Datenbestände und Datennach-
fragen ins Maßlose. Das ist zum einen darauf zu-
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rückzuführen, das mittlerweile auch die Praxis von
Wissenschaft und Forschung digital ist und zum
anderen – gerade auch im Bildungsbereich – darin
begründet, das die zunehmende Bedeutung von
Bildungsforschung, Bildungsmonitoring und von
Leistungsvergleichen auf nationaler und internatio-
naler Ebene zu einem ständig wachsenden Daten-
bedarf geführt haben.
2. Ob Staat, Wirtschaft und Forschung wirklich
a l l e vorhandenen und weitere Datenbestände
benötigen, vermag ich nicht zu beurteilen, jeden-
falls vermag ich es nicht für den Bereich der For-
schung, schon gar nicht für die Forschung im Bil-
dungsbereich. Allerdings ist es bemerkenswert,
dass z.B. die Gewerkschaft Erziehung und Wis-
senschaft jüngst zum wiederholten Mal Zweifel am
Nutzen vieler Datenerhebungen und Untersuchun-
gen gerade im Schulbereich geäußert hat und
dass dies von den zuständigen Schulministerien
zurückgewiesen worden ist.
Diese Diskussion ist wichtig, gerade auch in da-
tenschutzrechtlicher Hinsicht, nicht zuletzt wegen
der Folgen, die mit der allgemeinen Gier nach Da-
7
ten verbunden sind. Denn auch wenn nicht alle Da-
ten über die Staat, Wirtschaft und Forschung ver-
fügen, personenbezogene Daten sind, genügen
die vorhandenen personenbezogenen Daten, um
von allen Bürgerinnen und Bürgern Persönlich-
keitsprofile, Verhaltensprofile, Bewegungsprofile,
möglicherweise auch Bildungsprofile erstellen zu
können, also ein digitales Abbild entstehen zu las-
sen, das sich wirtschaftlich ausbeuten, staatlich
nutzen und wissenschaftlich verwerten lässt.
Mittlerweile ist von Big Data die Rede, von dem
Versuch, aus den unendlichen Datenbeständen
neue Erkenntnisse zu analysieren, um daraus
neuen Nutzen und neue Vorteile zu ziehen. Die da-
für notwendige Analysesoftware ist längst auf dem
Markt und in der Lage eine Milliarde Datensätze in
neun Sekunden nach beliebigen Kriterien unter die
Lupe zu nehmen.
Was am Ende auch immer die Vorteile dieser Ent-
wicklung sein werden – wir werden dafür auch ei-
nen P r e i s zahlen müssen. Dieser Preis besteht
in einer Einbuße an Privatheit, an informationeller
Selbstbestimmung, an Freiheit, ja letztlich auch in
8
einem Verlust an Menschenwürde. Nicht von unge-
fähr trug ein jüngst von der Bundesregierung orga-
nisierte Veranstaltung den Titel „Big Data – Gold-
mine oder Dynamit?“ Manche sprechen sogar da-
von, dass die Kehrseite von Big Data der Big
Brother des digitalen Zeitalters sei.
Eine solche Entwicklung kann man nicht einfach
sich selbst überlassen. Man muss versuchen sie
zu beeinflussen, auch mit den Mitteln des Daten-
schutzes und das heißt vor allem mit Hilfe des Ge-
bots der D a t e n s p a r s a m k e i t und der Da-
tenvermeidbarkeit. Dieser Grundsatz gehört zu den
Fundamentalprinzipien des Datenschutzes und ist
im europäischen Datenschutzrecht ebenso veran-
kert wie in den Datenschutzgesetzen des Bundes
und der Länder, die insoweit nicht nur Programms-
ätze formulieren, sondern eine Rechtspflicht be-
gründen, auch für die Forschung.
3. Daran vermag auch die in Art. 5 Abs. 3 Satz 1
des Grundgesetzes geregelte Forschungsfreiheit
nichts zu ändern. Denn dieses Freiheitsrecht steht
immer dann, wenn es um personenbezogene For-
schungsdaten geht, in einem Spannungsverhältnis
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mit dem ebenfalls im Grundgesetz verankerten in-
formationellen Selbstbestimmungsrecht, das jeder
Person die Befugnis einräumt, grundsätzlich selbst
zu entscheiden, wann und innerhalb welcher
Grenzen sie persönliche Sachverhalte offenbaren
will.
Beide Grundrechte stehen sich gleichrangig ge-
genüber. Keines ist wichtiger als das andere. Kei-
nes darf deshalb auf Kosten des anderen realisiert
werden. Im Ergebnis bedeutet dies, dass sich Wis-
senschaftsfreiheit und informationelle Selbstbe-
stimmung gegenseitig beschränken und bei ihrer
Realisierung jeweils Abstriche machen müssen.
Wie weit diese Abstriche gehen dürfen, wo die
Grenzen eines gerechten Ausgleichs zwischen
beiden Rechtspositionen zu ziehen sind, haben –
je nach Regelungsbereich – die zuständigen Ge-
setzgeber zu entscheiden.
Bundestag und Landtage sind dieser Aufgabe bis-
her auch schon in erstaunlich vielfältiger Weise
nachgekommen. Ein erster Überblick zeigt, dass
es für den Umgang mit personenbezogenen Daten
in den verschiedenen Forschungsbereichen zwar
10
kein gemeinsames Gesetz gibt, aber viele bereich-
spezifische Regelungen. Auf Bundesebene finden
sie sich etwa im SGB X, im Bundeszentralregister-
gesetz, in der Strafprozessordnung, im Strafvoll-
zugsgesetz und auch in diversen Statistikgesetzen
und auf Landesebene z.B. in den Landeskranken-
hausgesetzen, in den Landesarchivgesetzen, aber
auch in den Schulgesetzen und in den Statistikge-
setzen.
Und ergänzend zu diesen Sonderregelungen
kommen auch noch die allgemeinen Vorschriften in
den Datenschutzgesetzen des Bundes und der
Länder zum Zuge, vor allem die darin jeweils ent-
haltenen Wissenschaftsklauseln. Mit anderen Wor-
ten: Die Gesetzgeber haben ein dichtes normati-
ves Koordinatensystem geschaffen, in dem sich
Fragen nach den Möglichkeiten und Grenzen des
Forschungsdatenzugangs im Allgemeinen und im
Bildungsbereich im Besonderen prinzipiell gut be-
antworten lassen.
Erlauben Sie mir, dass ich vor diesem Hintergrund
die Bedeutung des Datenschutzes für die Bil-
11
dungsforschung insbesondere im Schulbereich et-
was näher beleuchte.
II.
1. Meine Damen und Herren! Die Möglichkeiten
des Datenzugangs für die Bildungsforschung ent-
sprechen grundsätzlich denen in anderen For-
schungsbereichen. Entweder werden bereits vor-
handene Daten genutzt oder sie werden – wenn
auf solche Datenbestände nicht zurückgegriffen
werden kann – bei bestimmten Personen unmittel-
bar erhoben. Zuweilen, etwa bei der Erstellung des
jüngsten Bildungsberichts, wird sowohl auf die eine
wie auf die andere Datenquelle zurückgegriffen.
Soweit es um den Schulbereich geht, überwiegt –
jedenfalls im Zuständigkeitsbereich meiner Behör-
de – die unmittelbare Datenerhebung bei Schüle-
rinnen und Schülern, Eltern und Lehrkräften. Die
Rechtmäßigkeit dieser Datenerhebung richtet sich
zunächst nach den Bestimmungen des S c h u l -
g e s e t z e s , das Befragungen in Schulen nur er-
laubt, wenn die Betroffenen eingewilligt haben und
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die wissenschaftliche Untersuchung von der
Schulbehörde genehmigt worden ist. Das ge-
schieht nur dann, wenn die Behörde ein erhebli-
ches pädagogisch-wissenschaftliches Interesse
anerkennt und aus der Sicht meiner Behörde keine
datenschutzrechtlichen Bedenken geltend gemacht
werden.
Ob wir Bedenken äußern, richtet sich nach den all-
gemeinen Datenschutzgesetzen, nach dem Lan-
desdatenschutzgesetz, wenn es um Hochschulen
des Landes geht, nach dem Bundesdatenschutz-
gesetz, wenn die Untersuchung von Forschungs-
reinrichtungen in privater Trägerschaft durchge-
führt werden.
Im einen wie im anderen Fall ist auch unter Daten-
schutzgesichtspunkten grundsätzlich die Einwilli-
gung der Betroffenen erforderlich, wobei bei min-
derjährigen Schülern auch die Einwilligung der El-
tern einzuholen ist. In jedem Falle muss es sich um
eine informierte Einwilligung handeln, d.h. die zu-
ständige Forschungsstelle muss insbesondere
über die Zwecke der Erhebung, die Verwendung
der Daten, die Dauer der Speicherung und die
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Rechte der Befragten aufklären. Es liegt auf der
Hand, dass bei minderjährigen Personen besonde-
re Anstrengungen notwendig sind, um von einer
angemessenen Information sprechen zu können.
Im Übrigen sind die Daten zu anonymisieren, so-
bald dies nach dem Forschungszweck möglich ist.
Dabei kann von einer Anonymisierung erst dann
ausgegangen werden, wenn die erhobenen Ein-
zelangaben über persönliche oder sachliche Ver-
hältnisse der Betroffenen derart verändert werden,
dass sie nicht mehr oder nur mit einem unverhält-
nismäßig großen Aufwand an Zeit, Kosten und Ar-
beitskraft einer bestimmten Person zugeordnet
werden können. Man spricht – sie wissen es – von
der faktischen Anonymisierung.
Nach diesen Grundsätzen werden alle Befragun-
gen, die an Schulen durchgeführt werden, beurteilt.
Das sind überwiegend Bachelor- und Masterarbei-
ten, auch Dissertationen und ähnliche wissen-
schaftliche Projekte von Einzelpersonen. Pro Jahr
sind es rund 100 solcher Arbeiten, die wir in daten-
schutzrechtlicher Hinsicht überprüfen.
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Hinzu kommen aber natürlich auch die sogenann-
ten Large-Scale-Assessments. Zu ihnen zählt vor
allem das 2008 vom Bundesministerium für Bil-
dung und Forschung ins Leben gerufene Nationale
Bildungpannel. Im Rahmen dieser bisher größten
Langzeitstudie in der Bildungsforschung wird die
Entwicklung von Kompetenzen vom Kleinkindalter
über den Schulbereich bis zum Studium und zum
Arbeitsleben untersucht. Um dafür repräsentative
Daten zu erlangen, werden jährlich rund 60.000
Personen in ganz Deutschland befragt und getes-
tet. Die Hälfte davon sind Schülerinnen und Schü-
ler von rund 1.000 Schulen.
Bei diesen Erhebungen, die in regelmäßigen Ab-
ständen in allen Bundesländern durchgeführt wer-
den, ist die Forschungsstelle auf personenbezoge-
ne Daten angewiesen. Deshalb sind die Befra-
gungen nur auf der Grundlage einer Einwilligung
der Betroffenen möglich, die – wie gesagt – freiwil-
lig, widerrufbar, informiert und in aller Regel schrift-
lich erfolgen muss.
Da mehr oder weniger alle Bundesländer betroffen
sind, sind auch alle Datenschutzbeauftragten mit
15
diesen Erhebungen befasst. Das bisherige Fazit ist
überall dasselbe. Es wird festgestellt, dass die
Verantwortlichen von NEPS den datenschutz-
rechtlichen Belangen schon im Ansatz einen ho-
hen Stellenwert einräumen und im Übrigen den
Anregungen der Datenschutzbeauftragten weitest-
gehend Rechnung tragen.
Diese Anregungen betrafen und betreffen vor al-
lem Fragen der Anonymisierung bzw. der Pseudo-
nymisierung der erhobenen Daten. Als sogenannte
Panelstudie, bei der dieselben Personen über ei-
nen langen Zeitraum hinweg mehrfach befragt
werden und die zu verschiedenen Zeitpunkten er-
hobenen Daten zusammengeführt werden müs-
sen, ist eine sofortige Anonymisierung der Daten
nicht möglich. Nach den Forschungsklauseln der
Landesdatenschutzgesetze muss NEPS deshalb
jedenfalls die Identifizierungsmerkmale und die
Einzelangaben gesondert speichern, wobei Name
und Adresse der Teilnehmer nur von den von
NEPS mit der Befragung betrauten Erhe-
bungsinstituten gespeichert werden dürfen.
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Was für NEPS als Längsschnittstudie gilt, trifft im
Prinzip auch auf eine Reihe vergleichbarer Quer-
schnittsstudien zu, auch auf die IGLU- und die
TIMSS-Studie, die von Prof. Bos betreut werden.
Diese beiden Studien beziehen bundesweit ca.
4000 Schülerinnen und Schüler von knapp 200
Schulen sowie deren Eltern und Lehrer ein; sie
werden alle vier bzw. fünf Jahre durchgeführt und
zwar im Auftrag des Kultusministerkonferenz und
des Bundesministeriums für Bildung und For-
schung, um auf diesem Weg Lesekompetenzen
und naturwissenschaftliche Kompetenzen der
Schüler festzustellen.
Auch diese Studien wurden den Landesdaten-
schutzbeauftragten vorgelegt und von diesen auch
als datenschutzkonform bewertet und zwar aus
folgenden Gründen:
- Die Teilnahme an der Befragung ist freiwillig.
- Von allen Beteiligten liegt eine ausdrückliche
Einwilligung vor, auch von den Eltern und Leh-
rern.
- Das Einverständnis aller Beteiligten ist
widerrufbar.
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- Es beruht auf einer umfassenden Information
über Inhalt und Zweck der Befragung.
- Außerdem werden die von den Schülern, ihren
Eltern und Lehrer erhobenen Daten vor ihrer
Auswertung und Nutzung pseudonymisiert –
so wie das ja auch bei NEPS der Fall ist.
Ich könnte die Reihe vergleichbarer Untersuchun-
gen beinahe beliebig ergänzen. Es gibt Dutzende
davon, nicht zuletzt Untersuchungen zur PISA-
Studie, die auch in Rheinland-Pfalz wiederholt
durchgeführt worden sind. Derzeit werden außer-
dem die Daten für die Computer and Information
Literacy Study (ICILS) erhoben, um die computer-
und informationsbezogenen Kompetenzen von
Schülern der 8. Jahrgangsstufe zu ermitteln. Das
geschieht weltweit in 20 Staaten, auch in 150
Schulen in Deutschland mit insgesamt 3.000 Schü-
lerinnen und Schülern und einer Reihe von Lehr-
kräften. Wir haben Herrn Prof. Bos, der auch diese
Studie mitbetreut, am 10. Januar dieses Jahres
Folgendes mitgeteilt:
„Die Prüfung hat ergeben, dass s t a n d a r d i -
s i e r t e Verfahren eingesetzt und Informati-
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onsmaterial verwendet wird, das auch bei ande-
ren Studien wie PISA, STEG und NEPS zur An-
wendung kommt. Datenschutzrechtliche Be-
denken bestehen daher gegen die Durchführung
dieser Studie nicht.“
So, meine Damen und Herren, lautet nicht etwa die
Zusammenfassung unseres Schreibens. Es ist der
komplette Text. Er macht deutlich, dass es bei die-
sen Panel-, Kompetenz- und Leistungsstudien im
Bildungsbereich kaum offene oder strittige daten-
schutzrechtliche Fragestellungen gibt. Die – stan-
dardisierten – Verfahren sind Ausdruck dessen,
was die Juristen unter „praktischer Konkordanz“
verstehen. Das heißt, sie genügen den Erforder-
nissen der Forschung ebenso wie denen des Da-
tenschutzes.
Dass dies so ist, meine Damen und Herren, ist
nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass diese
Studien und Untersuchungen ausnahmslos auf der
E i n w i l l i g u n g der Befragten beruhen. Auch
wenn deren Einholung mit Aufwand und ggf. auch
mit Schwierigkeiten verbunden ist, ist dieser Weg
jedenfalls unter Datenschutzgesichtspunkten der
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Königsweg. Denn er lässt den Betroffenen die Ent-
scheidung über die Verarbeitung ihrer Daten. Sie
können – wie es das Bundesverfassungsgericht in
seiner Volkszählungsentscheidung formuliert hat –
„selbst über die Preisgabe und Verwendung ihrer
Daten“ entscheiden und machen auf diesem Weg
auch von ihrem informationellen Selbstbestim-
mungsrecht Gebrauch. Kurz gesagt: Sie sind Sub-
jekt und nicht Informationsobjekt.
Dies kommt auch darin zum Ausdruck, dass den
Betroffenen dann eine ganze Reihe von Daten-
schutzrechten zusteht, die sie jederzeit gegenüber
der Forschungsstelle geltend machen können: der
Anspruch auf Auskunft über die gespeicherten
personenbezogenen Daten, das Recht auf Wider-
ruf der Einwilligung und der Anspruch auf Lö-
schung von Daten, die nach dem festgelegten
Zweck des Forschungsvorhabens nicht mehr be-
nötigt werden.
Ich habe allerdings keine Information darüber, ob
und in welchem Umfange die Befragten von diesen
Rechten gebrauch machen, so wie wir ja auch
nicht darüber informiert werden, ob die erhobenen
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Daten tatsächlich gelöscht werden und wann dies
der Fall ist. Im Zweifel müssten wir dies selbst kon-
trollieren. Dafür fehlen uns aber die personellen
Kapazitäten. Sie sehen, meine Damen und Herren,
der Datenschutz beginnt zwar mit der Erschließung
von Datenquellen, er hört aber damit noch lange
nicht auf.
2. Lassen sie mich zu einer weiteren Form der Da-
tenerhebung kommen, der sog. Sekundärver-
wertung von bereits vorhandenen Daten, insbe-
sondere von amtlichen Datenbeständen, die von
den Verwaltungsbehörden für die Erfüllung eigener
Aufgaben erhoben werden. Für den Zugang zu
diesen Daten gibt es – wie gesagt – eine Reihe be-
reichsspezifischer Sonderregelungen. Für die kri-
minologische Forschung sind es etwa die Wissen-
schaftsklauseln im Bundeszentralregistergesetz, in
der Strafprozessordnung und in den Strafvollzugs-
gesetzen der Länder.
Für die B i l d u n g s f o r s c h u n g eröffnen dem-
gegenüber vor allem die Wissenschaftsklauseln in
den Statistikgesetzen des Bundes und der Länder
den Zugang auf statistische Bildungsdaten. Denn
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dort – bei den Statistischen Ämtern des Bundes-
und der Länder – findet sich ein großes Reservoir
an Bildungsdaten. Es speist sich vor allem aus der
Schulstatistik, der Hochschulstatistik, der Berufs-
bildungsstatistik, der Kinder- und Jugendhilfestatis-
tik, und natürlich auch aus dem Mikrozensus, um
nur ein paar Beispiele zu nennen.
Zum Teil sind es Bundes-, zum Teil Landesstatisti-
ken und durchgängig wohl auch Sekundärstatisti-
ken. Auf diese statistischen Daten kann die wis-
senschaftliche Forschung unter den Vorausset-
zungen des § 16 Abs. 6 des Bundesstatistik-
gesetzes und des § 1 Abs. 2 des Landesstatistik-
gesetzes Rheinland-Pfalz zugreifen, wobei der Zu-
gang grundsätzlich auch über die 2001 im Zuge
der Änderung des Bundesstatistikgesetzes einge-
richteten Forschungsdatenzentren der statistischen
Ämter ermöglicht werden kann. Allerdings gilt dies
gerade nicht für die Schulstatistiken. Auf sie möch-
te ich im Folgenden näher eingehen.
S c h u l s t a t i s t i k e n werden in allen Bundes-
ländern geführt, allerdings nicht einheitlich. In
manchen Bundesländern – etwa in Baden-
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Württemberg und in Nordrhein-Westfalen – beste-
hen sie aus aggregierten Daten, in anderen – z.B.
in Bayern und in Rheinland-Pfalz – aus Individual-
daten, in Mecklenburg-Vorpommern und einigen
anderen Bundesländern sogar aus beiden Daten-
arten. Dementsprechend unterschiedlich sind auch
die Erhebungsmerkmale und der Erhebungsum-
fang.
Dies gilt selbst in den Bundesländern, in denen
sich die Schulstatistiken am sogenannten Kernda-
tensatz orientieren, den die Kultusministerkonfe-
renz 2003 beschlossen und 2008 ergänzt hat. In
Rheinland-Pfalz etwa wird derzeit durch eine Än-
derung des Schulgesetzes auch den staatlichen
Studienseminaren die Meldung bestimmter statisti-
scher Angaben vorgeschrieben.
Außerdem ist nicht in allen Bundesländern, die den
Kerndatensatz der Kultusministerkonferenz umset-
zen, eine schuljahresübergreifende statistische
Auswertung möglich. In Rheinland-Pfalz wird diese
Möglichkeit derzeit durch eine weitere Änderung
des Schulgesetzes erst geschaffen.
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Die Schulstatistiken der Länder sind also in jeder
Hinsicht heterogen. Sie unterscheiden sich damit
aber auch ganz wesentlich von den sonstigen bil-
dungsrelevanten Statistiken, die – wie z.B. die
Hochschulstatistik und die Berufsbildungsstatistik –
auf einem einheitlichen Individualdatensatz beru-
hen. Dieser Unterschied ist sicherlich auch darauf
zurückzuführen, dass für die Schulstatistik die
Länder zuständig sind, während für die meisten
übrigen Bildungsstatistiken der Bund verantwortlich
ist. Aber auch der Datenschutz dürfte in diesem
Zusammenhang eine Rolle spielen.
Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der
Länder haben schon vor Jahren grundsätzliche
Bedenken gegen den Kerndatensatz vorgetragen.
Die Bedenken bestehen bei vielen Datenschutzbe-
auftragten auch heute noch, obwohl die Kultusmi-
nisterkonferenz ihr ursprüngliches Konzept mittler-
weile in einem wesentlichen Punkt modifiziert hat.
2007 hat sie nämlich auf Druck der Konferenz der
Datenschutzbeauftragten des Bundes und der
Länder auf eine bundesweite Zusammenfassung
der Schuldaten in einer länderübergreifenden zent-
ralen Schüler-Datenbank verzichtet. Stattdessen
24
soll es eine dezentrale Lösung geben, bei der die
statistischen Einzeldaten bei den Ländern verblei-
ben.
Verbindlich ist dieser Beschluss allerdings nicht. Er
könnte jederzeit revidiert werden, zumal natürlich
ein Bedürfnis dafür besteht, die einzelnen Länder-
ergebnisse zu einem Bundesergebnis zusammen-
zuführen. Ob es dafür schon Konzepte gibt, weiß
ich nicht. Die Ankündigung der Kultusministerkon-
ferenz entsprechende Überlegungen mit den Da-
tenschutzbeauftragten zu diskutieren, wurden je-
denfalls bisher – soweit ich weiss – noch nicht rea-
lisiert.
Aber auch ohne eine Zentralisierung bleiben noch
genügend datenschutzrechtliche Probleme. Da das
Projekt des Kerndatensatzes von der Bil-
dungsforschung nachdrücklich unterstützt wurde
und wird, will ich wenigstens auf den wichtigsten
Vorbehalt kurz eingehen: den Umstand, dass der
Kerndatensatz von allen Schülerinnen und Schü-
lern erhoben wird, also eine sog. Totalerhebung
darstellt.
25
Eine Totalerhebung ist aus Gründen der Verhält-
nismäßigkeit und des eingangs schon erwähnten
Grundsatzes der Datensparsamkeit und Daten-
vermeidung für viele Datenschutzbeauftragte frag-
würdig. Sie gehen davon aus, dass sich For-
schungsvorhaben und wohl auch Bildungsberichte
mit repräsentativen Stichproben hinreichend reali-
sieren lassen und verweisen dabei auf die bereits
erwähnten Studien, also auf PISA NEPS, IGLU,
TIMMS, STEG und ICILS. Sie alle führten mit einer
relativ geringen Probantenzahl zu beachtlichen Er-
gebnissen und auch zu entsprechenden Konse-
quenzen seitens der Bildungspolitiker.
Ich weiß, dass Sie – sehr geehrter Herr Prof.
Weishaupt – ganz anderer Auffassung sind und in
der schulstatistischen Vollerhebung „die Vorraus-
setzungen für die notwendige Differenzierung von
bildungspolitischen Analysen nach Bildungsgän-
gen, Geschlecht, Migrationssituationen und ggf.
auch nach regionalen Bedingungen“ sehen.
Es wäre anmaßend, wollte ich Ihnen in dieser
Fachfrage widersprechen. Aber ganz überzeugt
sind die Datenschutzbeauftragten immer noch
26
nicht. Auch die jüngste Volkszählung – dieses Mal
Zensus genannt – verzichtete im Unterschied zur
Volkszählung aus dem Jahre 1984/1985 auf eine
totale Erhebung bei allen Bürgerinnen und Bürgern
und begnügte sich stattdessen mit einer repräsen-
tativen Stichprobe und einem Zugriff auf verschie-
dene staatliche Register.
Eine entsprechende Weiterentwicklung von der To-
talerhebung zur repräsentativen Erhebung war
vom Bundesverfassungsgericht in seiner Volkszäh-
lungsentscheidung aus dem Jahre 1983 auch an-
gemahnt worden. Es besteht also eine gewisse
verfassungsrechtliche Notwendigkeit, wissen-
schaftliche Methoden zur Vermeidung von Totaler-
hebungen zu entwickeln und anzuwenden.
Vielleicht, meine Damen und Herren, gilt dies aber
nur für Primär- und nicht für Sekundärstatistiken,
da deren Daten ja bereits vorliegen. Ich kann diese
Frage heute nicht beantworten, wenngleich ich
mittlerweile durchaus auch Ihre Auffassung – Herr
Prof. Weishaupt – nachvollziehen kann.
27
Ob nun eine Totalerhebung bei allen Schülerinnen
und Schülern mit dem Datenschutz vereinbar ist
oder auch nicht, die Datenlage bei den Schulstatis-
tiken bleibt – so oder so – sehr heterogen. Offen-
sichtlich wirkt sich dies auch auf den Zugang zu
diesen Daten aus.
Nach dem in der parlamentarischen Beratung be-
findlichen E-Government Gesetz des Bundes soll
im Bundesstatistikgesetz künftig a u s d r ü c k l i c h
klargestellt werden, dass die Bereitstellung von
Einzelangaben für wissenschaftliche Zwecke zu
den Aufgaben des Statistischen Bundesamtes ge-
hört.
Diese Klarstellung hilft allerdings für den Bereich
der Schulstatistiken nicht viel weiter, weil die Län-
der dem Statistischen Bundesamt keine entspre-
chenden Individualdaten liefern, was nicht zuletzt
mit der disparaten Gestaltung der Schulstatistik in
den Ländern zusammenhängt. Soweit ich infor-
miert bin erhält das Statistische Bundesamt von
den Landesämtern nur aggregierte Daten, Sum-
mendaten also, die offenbar weniger aussagekräf-
tig sind, als Einzeldaten. Nichts anderes gilt für die
28
Forschungsdatenzentren der Länder, da die
Schulstatistiken dort – anders als etwa die Hoch-
schulstatistik – gar nicht eingestellt werden.
Hinzu kommt, dass offenbar auch bei den Statisti-
schen Landesämtern die entsprechenden Daten
von der Forschung kaum nachgefragt werden. Das
gilt auch für unser Landesamt in Bad Ems, obwohl
dort die Schulstatistik als Individualdatensatz vor-
gehalten und im Wege der Amtshilfe auch auf
schulstatistische Daten anderer Bundesländer ge-
griffen werden kann. Jedenfalls wurde mir vom
rheinland-pfälzischen Bildungsministerium mitge-
teilt, dass es
„im Bereich der Schulstatistik (…) bislang nur
einige wenige Anfragen“ gegeben habe, „ins-
besondere vom Deutschen Institut für Interna-
tionale Pädagogische Forschung im Rahmen
der Indikatorenforschung für die Bildungsbe-
richterstattung.“
Das Statistische Landesamt hat diese Aussage
noch präzisiert und spricht von zwei Nutzungsan-
trägen in den letzten vier bis fünf Jahren.
29
Meine Damen und Herren, wer allerdings glaubt,
dass die Forschung ein größeres Interesse an den
sonstigen Bildungsstatiken hätte, sieht sich ge-
täuscht. Denn obwohl die Datenlage bei der Stu-
dentenstatistik, der Prüfungsstatistik, der Berufsbil-
dungsstatistik und der Kinder- und Jugendhilfesta-
tistik bundesweit einheitlich ist, diese Statistiken
überall aus Individualdaten bestehen und deshalb
auch in das Angebot der Forschungsdatenzentren
eingestellt sind, ist die Nachfrage auch nach diesen
Daten gering, so gering, dass man sich als Daten-
schutzbeauftragter schon wundern muss.
Auf Nachfrage beim Statistischen Bundesamt bzw.
dem dortigen Forschungsdatenzentrum wurde mir
mitgeteilt, dass es seit Einrichtung des FTZ zur
Personalstellenstatistik und zur Habilitationstatistik
keine einzige Anfrage gegeben habe und zur Prü-
fungs- und Studentenstatistik zwar immerhin eine
Nachfrage, aus der sich aber kein Projekt ergeben
habe.
Ich kenne die Gründe für diese Zurückhaltung nicht.
Auf den Datenschutz wird man sie nicht zurückfüh-
30
ren können. Denn gerade bei den Forschungsda-
tenzentren gibt es ein ausgeklügeltes Datenzu-
gangssystem, das mit den Datenschutzbeauftragten
abgestimmt und datenschutzrechtlich in jeder Hin-
sicht in Ordnung ist.
Es wird also andere Gründe für die mangelnde
Nachfrage geben. Immerhin macht sie deutlich,
dass die Datenlage für die Bildungsforschung nicht
überall defizitär ist, sondern wohl teilweise auch
über den Bedarf hinausgeht. Und selbst dort, wo
das verfügbare Datenangebot nicht ausreicht, tra-
gen nicht der Datenschutz und seine Beauftragten
dafür Verantwortung, sondern andere, z.B. die
Schulbehörden oder die Bildungspolitiker. Zum Teil
ist die Datenmisere im Schulbereich sicherlich auch
ein Ergebnis unseres Bildungsföderalismus.
III.
Daran, meine Damen und Herren, wird sich auch
durch die europäische Datenschutzgrundverord-
nung nichts ändern, die – ich erwähnte es schon –
derzeit vom Europäischen Rat und vom Europäi-
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schen Parlament beraten wird. Erlauben Sie mir
dazu noch einige abschließende Anmerkungen.
Diese Grundverordnung wird mit Ihrer Verabschie-
dung unmittelbar geltendes Recht werden; sie muss
also nicht erst durch nationales Datenschutzrecht
umgesetzt werden. Im Gegenteil: sie tritt an die
Stelle der Datenschutzgesetze des Bundes- und
der Länder und ersetzt deren Regelungen, auch je-
ne, welche die Datenverarbeitung durch For-
schungseinrichtungen betreffen.
Der Entwurf der Grundverordnung enthält gleich-
sam als Ersatz eine Reihe von Bestimmungen, die
sich auf die Wissenschaft und die Forschung bezie-
hen. Von besonderer Bedeutung ist dabei Art. 83.
Er regelt die Datenverarbeitung zu historischen o-
der statistischen sowie zum Zwecke der wissen-
schaftlichen Forschung, wobei er sich an die For-
schungsklausen anlehnt, die auch in den Daten-
schutzgesetzen des Bundes- und der Länder ent-
halten sind. Das heißt, er normiert insbesondere die
Voraussetzungen unter denen personenbezogene
Daten zum Zwecke der wissenschaftlichen For-
schung verarbeitet werden können und unter wel-
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chen Voraussetzungen personenbezogene Daten
veröffentlicht werden dürfen.
Ob es bei der Entwurfsfassung bleibt oder ob es im
Zuge der Beratungen noch zu Änderungen kom-
men wird, ist derzeit nicht absehbar. Immerhin lie-
gen bereits eine Reihe von Änderungsanträgen –
auch zu Art. 83 – vor.
Sie betreffen vor allem Art. 38 Abs. 3, der die Euro-
päische Kommission ermächtigt, mehr oder weniger
alles anders zu regeln, als es in Art. 83 vorgesehen
ist. Der Widerstand gegen diese und vergleichbare
Regelungen ist groß. Er zeigt, dass im Zusammen-
hang mit der europäischen Datenschutzgrundver-
ordnung noch vieles im Fluss ist.
IV.
Ich komme zum Schluss und damit auch zur Zu-
sammenfassung meiner Überlegungen:
1. Die Frage, ob es notwendig ist, für die Bildungs-
forschung neue Datenquellen zu erschließen, ist ei-
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ne Fachfrage. Sie kann aus Datenschutzsicht nicht
beantwortet werden.
2. Immerhin gibt es nicht nur Anhaltspunkte für Da-
tendefizite, sondern auch für ungenutzte Datenbe-
stände.
3. Die Bildungsforschung sollte bei ihren Bemühun-
gen um eine Verbesserung der Datenlage beden-
ken, dass wieder neuer Datenbestand die bereits
vorhandene Datenflut weiter ansteigen lässt und die
Betroffenen zusätzlich gefährdet.
4. Datenschutzrechtlicher Regelungsbedarf besteht
im Übrigen nicht. Die vorhandenen Bestimmungen
sind ausreichend und tragen der Forschungsfreiheit
ebenso Rechnung wie dem informationellen
Selbstbestimmungsrecht.
5. Defizite gibt es eher im Vollzug der datenschutz-
rechtlichen Forschungsklauseln. Sie sollten von den
Verantwortlichen der Forschungsprojekte gemein-
sam mit den Vertretern des Datenschutzes beho-
ben werden.
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6. Dies gilt auch für die noch offenen Datenschutz-
fragen, etwa die Zulässigkeit von Totalerhebungen
für die Schulstatistiken.
7. Zur Klärung der offenen Fragen könnte ein Koor-
dinierungskreis aus Vertretern der Wissenschaft,
des Datenschutzes und der zuständigen Ministerien
eingerichtet werden. Ich bin gerne bereit, mich dafür
im Kreise meiner Kolleginnen und Kollegen einzu-
setzen.
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