Überprüfung der ökonomischen gewichte in der ......masterarbeit im studiengang...
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Masterarbeit
Im Studiengang Agrarwissenschaften
Überprüfung der ökonomischen Gewichte in
der Zuchtwertschätzung für Fleckvieh anhand
eines Discrete Choice Experiments.
Vorgelegt von:
Maike Maria Schmüderich (918914)
Kiel, Juni 2013
Erstgutachter: Prof. Dr. Uwe Latacz-Lohmann
Zweitgutachter: Dr. Volker Saggau
Institut für Agrarökonomie
Abteilung Landwirtschaftliche Betriebslehre und Produktionsökonomie
Agrar- und Ernährungswissenschaftliche Fakultät
der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
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Inhaltsverzeichnis
I
Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis........................................................................................... II
Abbildungsverzeichnis .......................................................................................... III
Tabellenverzeichnis ............................................................................................... III
Tabellenverzeichnis Anhang ................................................................................. III
1. Einleitung ......................................................................................................... 1
2. Die Zuchtwertschätzung ................................................................................... 3
2.1. Allgemeine Grundlagen ................................................................................ 3
2.2. Zuchtwertschätzung beim Fleckvieh ............................................................ 9
3. Material und Methoden .................................................................................. 16
3.1. Discrete Choice Methode ........................................................................... 16
3.2. Gestaltung und Ziele der Fragebogenausarbeitung .................................... 21
3.3. Auswertungsmechanismen ......................................................................... 31
3.3.1.1. Aufbereitung der Daten ....................................................................... 31
3.3.1.2. Grundlegende Auswertungs- und Entscheidungsmechanismen.......... 33
3.3.1.3. Die Annahme der Unabhängigkeit von irrelevanten Alternativen ...... 35
3.3.1.4. Das multinominale Probit-Modell ....................................................... 38
4. Ergebnisse ...................................................................................................... 43
4.1. Deskriptive Analyse.................................................................................... 43
4.2. Empirische Analyse .................................................................................... 49
5. Diskussion und Empfehlungen ....................................................................... 62
6. Zusammenfassung .......................................................................................... 69
Anhang ................................................................................................................... 72
Literaturverzeichnis ............................................................................................... 88
Eidesstattliche Erklärung ....................................................................................... 93
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Abkürzungsverzeichnis
II
Abkürzungsverzeichnis
AGÖF Arbeitsgemeinschaft österreichischer Fleckviehzüchter
AK Arbeitskraft
ASR Arbeitsgemeinschaft Süddeutscher Rinderzucht- und
Besamungsorganisationen e. V.
BLUP Best linear unbiased prediction
BVN Besamungsvereins Neustadt an der Aisch e.V.
DCE Discrete Choice Experiment
DCM Discrete Choice Methode
DLQ Deutschen Verband für Leistungs- und Qualitätsprüfungen e.V.
DN Doppelnutzung
DNK Durchschnittsleistungen der Nachkommen
FRM Fixed-Regression-Modell
GHK Geweke-Hajivassiliou-Keane-Algorithmus
GZW Gesamtzuchtwert
HF Holstein-Friesian
IIA independence of irrelevant alternatives
LfL Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft
LR Likelihood-Ratio
MNL Multinominales Logit-Modell
MNP Multinominales Probit-Modell
MSL Maximum simulated Likelihood
PD Populationsdurchschnitt
RRM Random-Regression-Modell
RUT Random Utility Theory
RZW Relativzuchtwert
SPSS Statistical Package for Social Sciences
VIT Vereinigte Informationssysteme Tierhaltung w.V.
ZW Zuchtwert
ZWS Zuchtwertschätzung
-
Abbildungsverzeichnis und Tabellenverzeichnisse
III
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Ökonomische Gewichte der ZWS für Fleckvieh ........................... 10
Abbildung 2: Exterieurbeschreibung beim Fleckvieh ........................................... 12
Abbildung 3: Verteilung der Betriebe nach Postleitzahlen ................................... 43
Abbildung 4: Ausbildung der Entscheider der Bullenwahl ................................... 44
Abbildung 5: Umsatz im Betriebszweig Milchproduktion .................................... 45
Abbildung 6: Verteilung der Melksysteme............................................................ 47
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Attribute des Bullenspermas und deren Ausprägung ........................... 27
Tabelle 2: Beispiel eines Choice Sets des Fragebogens ........................................ 28
Tabelle 3: Betriebsstruktur .................................................................................... 44
Tabelle 4: Betriebliche Parameter ......................................................................... 46
Tabelle 5: Tierhaltung und -verwendung .............................................................. 47
Tabelle 6: Verwendung neuer Zuchtmethoden...................................................... 48
Tabelle 7: Vollständiges Modell für Betriebe mit Melkrobotoren ........................ 49
Tabelle 8: Koeffizienten des reduzierten Modells und der LR-Test ..................... 50
Tabelle 9: Vollständiges Modell unter Einbeziehung aller Kreuzterme ............... 51
Tabelle 10: Vollständiges Modell für die jungen Entscheider .............................. 53
Tabelle 11: Reduziertes Modell, der signifikanten Variablen junger Entscheider 54
Tabelle 12: Vollständiges Modell für Betriebe, die gesextes Sperma einsetzen ... 55
Tabelle 13: Reduziertes Modell für Betriebe, die gesextes Sperma einsetzen ...... 55
Tabelle 14: Vollständiges Grundmodell ................................................................ 56
Tabelle 15: Reduziertes Grundmodell ................................................................... 57
Tabelle 16: Marginale Effekte des Grundmodells ................................................. 57
Tabelle 17: Marginale Effekte der Betriebe, die Melkrobotoren einsetzen ........... 58
Tabelle 18: Marginale Effekte für das Modell der jungen Entscheider ................. 59
Tabelle 19: Marginale Effekte für Betriebe, in gesextes Sperma nutzen .............. 60
Tabelle 20: Vergleich der Gewichte der ZWS und der neuaufgestellten ZWS ..... 61
Tabellenverzeichnis Anhang
Tabelle A 1: Reduziertes Modell aller Kreuzterme und LR-Test.......................... 72
Tabelle A 2: Marginale Effekte aller signifikanten Kreuzterme ........................... 72
Tabelle A 3: Junge Entscheider mit Kreuztermen und LR-Test ............................ 73
Tabelle A 4: Marginale Effekte des Grundmodells für Bulle 2............................. 73
Tabelle A 5: Marginale Effekte des Grundmodells für Bulle 3............................. 74
Tabelle A 6: Hausman-Test ................................................................................... 84
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Einleitung
1
1. Einleitung
Die Ermittlung des Wertes eines Tieres für die Zucht ist Ziel jeder
Zuchtwertschätzung (WEIß ET AL., 2000). Dieser Zuchtwert unterliegt einem
ständigen Wandel, da immer neue Erkenntnisse gewonnen werden. Deshalb
erfolgt eine Zuchtwertschätzung bei der Rinderrasse Fleckvieh dreimal im Jahr.
„Die Aufgabe der Zuchtwertschätzung ist es, die Ergebnisse der
Leistungsprüfungen aufzubereiten und den Zuchtprogrammen als Grundlage für
Selektionsentscheidungen zur Verfügung zu stellen“ (DODENHOFF, 2005).
Allerdings genügt es nicht, nur die neuen Erkenntnisse aus den
Leistungsprüfungen miteinzubeziehen. Im Laufe der Zeit verändern sich die
Ansprüche der Landwirte an ihre Fleckvieh-Rinder und somit an deren
Zuchtwertschätzung. Die Ansprüche der Landwirte können sich sowohl
betrieblich bedingt, als auch durch äußere Umstände, wie veränderte
Marktsituationen, ändern. Die aktuellen ökonomischen Gewichte der Zuchtwert-
schätzung für Fleckvieh stammen aus dem August 2007 und sind demnach über
fünf Jahre alt (LFL, 2013). Aus diesem Grund stellt sich die Frage, inwiefern die
aktuellen ökonomischen Gewichte der einzelnen Parameter der
Zuchtwertschätzung überhaupt noch den Ansprüchen der Landwirte entsprechen.
Dieses soll im Rahmen der vorliegenden Masterarbeit untersucht werden. Die
Zuchtverbände überprüfen ebenfalls von Zeit zu Zeit die ökonomischen Gewichte
und passen diese gegebenenfalls an. Dieses entspricht einem Vergleich der
jetzigen Gewichte mit den Ansprüchen der Landwirte und erfolgt mit Hilfe eines
Discrete Choice Experimentes. Die Discrete Choice Methode ist eine im
Marketing häufig verwendete Methode, Zahlungsbereitschaften für einzelne
Charakteristika der Produkte zu ermitteln (SAMMER, 2007). Zudem können die
Wege der Entscheidungsfindung analysiert werden. Die Methode erlaubt eine
Auswahlentscheidung aus verschiedenen Produkten und ist demnach der Realität
nachempfunden (BACKAHAUS ET AL., 2003). Im Falle der vorliegenden
Masterarbeit erfolgt die Analyse der Ansprüche der Landwirte, die durch die
Zuchtwertschätzung ausgedrückt werden soll, mit Hilfe der Auswahl des
Produktes „Bullensperma“. Dabei werden keine Zahlungsbereitschaften für
einzelne Charakteristika des Bullenspermas ermittelt, sondern es erfolgt eine
Ableitung der ökonomischen Gewichte, wie sie den Ansprüchen der Landwirte in
der Zuchtwertschätzung für Fleckvieh entsprechen. Um die Ansprüche der
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Einleitung
2
Landwirte herauszufinden und die Auswahl des Bullenspermas durchführen zu
können, bot sich eine Umfrage auf der Messe „Eurotier“ an. Der Fragebogen
wurde so konzipiert, dass mithilfe der Discrete Choice Methode die Beziehungen
zwischen den individuellen Charakteristika der Landwirte, den
Produkteigenschaften sowie der getroffenen Auswahlentscheidung untersucht
werden können (HAHN, 1997).
Die vorliegende Arbeit untergliedert sich in sechs Abschnitte. Der erste Abschnitt
ist mit der Einleitung bereits abgehandelt. In Kapitel 2 erfolgt die Beschreibung
der Zuchtwertschätzung. Zu Beginn erfolgt ein kurzer Überblick über die
Entwicklung der Tierzucht, insbesondere der Rinderzucht. Im Verlauf werden die
verschiedenen Methoden der Zuchtwertschätzung sowie deren Entwicklung im
Zeitablauf erläutert. Das folgende Unterkapitel beschäftigt sich mit der
Zuchtwertschätzung, wie sie beim Fleckvieh vorgenommen wird. Das Kapitel 3
befasst sich mit den verwendeten Materialien und Methoden. Zu Beginn erfolgt
die Beschreibung der Discrete Choice Methode. Im Anschluss werden die Ziele
und Gestaltung der Fragebogenausarbeitung erläutert. Das nächste Unterkapitel
beleuchtet die Auswertungsmechanismen näher. In Kapitel 4 erfolgt zuerst die
deskriptive und im Verlauf die empirische Auswertung der durchgeführten
Umfrage. Das Kapitel 5 gibt Empfehlungen für die zukünftige
Zuchtwertschätzung und diskutiert die gewonnen Ergebnisse. Weiterhin erfolgt
eine kritische Betrachtung der durchgeführten Umfrage. Kapitel 6 schließt diese
Ausarbeitung mit einer Zusammenfassung ab.
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Zuchtwertschätzung
3
2. Die Zuchtwertschätzung
Das Kapitel unterteilt sich in zwei Unterkapitel. In den allgemeinen Grundlagen
wird zuerst die Entwicklung der Zuchtwertschätzung erörtert, um anschließend
einige grundlegende Begriffe zu erklären. Weiterhin erfolgt dann die
Beschreibung der verschiedenen Modelle, die bei der Zuchtwertschätzung zum
Einsatz kommen. Das zweite Unterkapitel beschäftigt sich mit der
Zuchtwertschätzung des Fleckviehs.
2.1. Allgemeine Grundlagen
Zwischen dem 10. und 7. Jahrhundert vor Chr. begannen die Menschen wilde
Tiere für ihre Zwecke zu halten. Dieses entspricht der Zeit, in dem der Mensch
zur Sesshaftigkeit überging. Zuerst erfolgte die Zähmung von Ziegen und
Schafen, in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts die Zähmung des Rindes. Von
diesem Zeitpunkt an wurden die gezähmten Tiere zu unseren heute bekannten
Tieren umgezüchtet. Die Haustiere unterscheiden sich stark von ihren
wildlebenden Vorfahren. Demnach kann vom Beginn der Rinderzucht gesprochen
werden (VON LENGERKEN, 2006). Zu Beginn der Tierzucht erfolgte die
Anpaarung nach rein subjektiven gewählten Kriterien, die nicht unbedingt mit
einer Leistungssteigerung einhergingen. Die gezielte Verpaarung von Tieren einer
Art führte zu einer Unterscheidung verschiedener Rassen. Meist geschah diese
Zucht in unterschiedlichen geographischen Regionen auf verschiedene Weise. Es
entstanden Landschläge, oder Landrassen. Oft sind geographische Besonderheiten
Ursache für die Entwicklung von Landschlägen. So entwickelten sich das Jersey-
Rind auf der Insel Jersey oder das Simmentaler-Rind in einer abgelegenen
schweizerischen Gebirgsregion (WILLAM & SIMIANER, 2011). Mit der
Einführung von Herdbüchern begannen eine organisierte Tierzucht sowie der
Übergang von den Landrassen zu den Kulturrassen (VON LENGERKEN, 2006).
Meist führten wirtschaftliche Bedürfnisse, wie z.B. ein erhöhter
Nahrungsmittelbedarf, zur Entwicklung der Kulturrassen (KRÄUSSLICH, 1994). In
der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begann in England die gezielte Paarung
und somit eine Zucht zur Steigerung der Leistungsmerkmale. Die
Leistungsmerkmale wurden mit ersten Leistungsprüfungen verglichen. Robert
Bakewell (1725-1795) gilt als erster Züchter, der noch heute bekannte
Nutztierrassen züchtete, darunter das Longhorn-Rind oder das Shirehorse. Das
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Zuchtwertschätzung
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erste Zuchtbuch wurde 1793 für die Pferderasse „Englisches Vollblut“ gegründet.
Das englische Shorthorn-Rind ist das erste Rind, das ein Herdbuch bekam (1822).
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts gibt es in vielen europäischen Ländern
Züchtervereinigungen, die Herd- und Zuchtbücher führen. Weiterhin stellten die
Züchtervereinigungen Rassestandards auf, die ab dem 20. Jahrhundert verstärkt
geprüft wurden. Aus diesen Überprüfungen der Rassestandards entwickelten sich
zunehmend Leistungsprüfungen (WILLAM & SIMIANER, 2011). Ab 1866 führten
Zuchtgenossenschaften und Zuchtverbände ein Herdbuch für Fleckvieh (ASR,
2013). 1893 folgte als erste Leistungsprüfung ein öffentliches Probemelken in
Bayern. Problematisch waren die oft auf phänotypische Merkmale, also auf
äußerliche ersichtliche Merkmale wie Farbe, angelegten Rassestandards, die eine
gezielte Leistungssteigerung verhinderten. Erst ab 1950 konnte starke
Zuchtfortschritte erzielt werden, in dem wissenschaftliche Erkenntnisse vermehrt
Beachtung fanden (WILLAM & SIMIANER, 2011).
Im Folgenden müssen verschiedene Begriffe definiert werden, um
Verwechslungen oder Irritationen zu vermeiden.
Unter Zucht versteht sich die gezielte Anpaarung von Tieren, in diesem Fall
erfolgt die Annahme, dass es sich bei den Tieren um Rinder handelt. Die
Verpaarung zweier Rinder einer Population erfolgt unter dem Gesichtspunkt, dass
die Nachkommen dieser Rinder dem festgelegten Zuchtziel näher kommen als die
Eltern selbst. Somit ist die Voraussetzung, von Zucht sprechen zu können, die
Definition des Zuchtziels (FÜRST, 2013). Das Zuchtziel, ist eine im Rahmen des
Tierschutzgesetzes zulässige, willkürlich festgelegte Ausprägung von Merkmalen,
die die Nachkommen erfüllen sollen. Dabei steht in der Rinderzucht die
Erzeugung von gesunden Tieren im Vordergrund, die dem Landwirt einen
möglichst hohen Gewinn einbringen (FEWSON, 1993). Je nach Nutzung der Tiere
weichen die Zuchtziele verschiedener Rassen voneinander ab. Nach der Definition
des Zuchtziels muss der Erfolg der Züchtung anhand von Leistungsprüfungen
gemessen werden, z.B. in Form von Probemelkungen oder der Überprüfung des
Schlachtkörpers. Die Leistungsprüfungen dienen als Grundlage zur Schätzung des
Zuchtwertes (VON LENGERKEN, 2006). Die Zuchtwertschätzung (ZWS) hat das
Ziel, die Tiere innerhalb ihrer Population nach dem züchterischen Wert zu
rangieren. Der Zuchtwert ist ein Schätzwert für den erblichen Einfluss eines
Tieres auf seine Nachkommen (WEIß ET AL., 2000). Der wahre Zuchtwert bleibt
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Zuchtwertschätzung
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verborgen, es kann nur ein Zuchtwert geschätzt werden, da nicht alle additiven
Geneffekte und Umwelteinflüsse gemessen und aus dem Modell zur Ermittlung
des Zuchtwertes herausgerechnet werden können. Die mathematische
Beschreibung des Zuchtwertes lässt sich wie folgt darstellen:
(2.1)
ZW: durch den Zuchtwert bedingte Abweichung des Tieres vom
Populationsmittel (PD)
PD: Populationsmittel (Durchschnitt der Referenzpopulation)
DNK: Durchschnitt der erbrachten Leistungen der Nachkommen des Tieres, für
den der Zuchtwert ermittelt wird
Da die Nachkommen nur die Hälfte der Erbanlagen von dem Tier erhalten, für
den die Zuchtwertschätzung aufgestellt wird, erfolgt die Multiplikation der
Differenz mit 2. Die Ermittlung des Zuchtwertes ist gekoppelt an die Annahme,
dass das Tier unendlich viele Nachkommen hat. Diese Annahme ist in der Praxis
nicht gegeben. Weiterhin müssen die Paarungspartner der Referenzpopulation
entsprechen. Da beide Partner an der Entstehung des Nachkommen zu gleichen
Teilen beteiligt sind, ist sonst der Zuchtwert von dem Durchschnittszuchtwert des
Partners abhängig. Zudem erfolgt die Annahme, dass die Umwelt der
Referenzpopulation gleich der Umwelt der Nachkommen ist, da so eine
Umwelteinwirkung eliminiert werden kann (FÜRST, 2013). Nach der Schätzung
des Zuchtwertes erfolgt die Auswahl der Tiere, die dem Zuchtziel am ehesten
entsprechen. Dieser Vorgang nennt sich (künstliche) Selektion. Mit den
selektierten Tieren erfolgt die weitere Zucht, um einen Zuchtfortschritt zu
generieren. Die Einwirkungen der Umwelt sind nicht, wie in der Annahme
unterstellt, bei den Nachkommen immer identisch zu der Referenzpopulation. Sie
beeinflussen die Leistungen der Nachkommen.
Demnach können einige Merkmale, die das Erscheinungsbild des Tieres
ausmachen, besonders durch die Umwelt, andere besonders vom Genotyp, also
der vererbten Genausprägung, abhängen. Somit unterscheiden sich die Merkmale
in ihrer Erblichkeit. Diese Erblichkeit nennt sich Heritabilität. Die Werte der
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Zuchtwertschätzung
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Heritabilität liegen im Bereich von null und eins. Je kleiner die Werte sind, desto
geringer ist die Wirkung der veranlagten Gene und desto höher ist der Einfluss der
Umwelt auf die Ausprägung des Merkmals (ERNST & KALM, 1994). Ein Wert
von eins gibt an, dass das Merkmal nicht durch die Umwelt beeinflusst wird,
sondern nur von den Genen abhängt (z.B. die Farbe). Die Hauptaufgabe der ZWS
ist die Trennung des Genotyps von den Umweltwirkungen. Da die Annahmen in
der Praxis oft nicht erfüllt werden können, ist der geschätzte Zuchtwert i.d.R.
immer fehlerhaft. Das Ziel der ZWS ist es, eine möglichst genaue Schätzung des
wahren Zuchtwertes zu liefern (DEMPFLE, 1984). Aus diesem Grund ist es
wichtig, so viele Informationen wie möglich über die Leistungen aller
Nachkommen und aller Verwandten zu sammeln. Die Leistungen der Verwandten
hängen vom Genotyp ab, der mit dem Genotyp des Tieres, dessen Zuchtwert
ermittelt werden soll, in Teilen identisch ist. Um die Leistungen der Verwandten
einordnen zu können, müssen die Heritabilität der Merkmale und die
Verwandtschaftsverhältnisse definiert sein. Weiterhin muss eine Berücksichtigung
des Genotyps des Partners erfolgen, da dieser Genotyp von dem des
Populationsmittels abweichen kann.
Die Modelle der Zuchtwertschätzung unterscheiden sich zum einen in der Anzahl
der geschätzten Merkmale und zum anderen sind die Bezugspunkte verschieden.
Zur Schätzung des Zuchtwertes für ein Merkmal wird die einfachste Form: das
Ein-Merkmals-Modell, herangezogen, während die Schätzung von mehr als einem
Merkmal anhand des Mehrmerkmalsmodells erfolgt. Dieses letztgenannte Modell
führt zu Zuchtwerten, die eine höhere Sicherheit aufweisen, da auch die
genetischen Beziehungen, also Korrelationen zwischen den Genen, und nicht nur
die Heritabilitäten in das Modell einfließen. Wird das Ein-Merkmals-Modell
mehrfach wiederholt, spricht man vom Wiederholbarkeitsmodell, somit stellt
dieses die Erweiterung des Ein-Merkmals-Modell dar. Die Wiederholung des
Mehrmerkmalsmodells führt zum Testtagsmodell, bei dem bspw. der Verlauf der
Laktation mit einbezogen werden kann (FÜRST, 2013).
Die Unterscheidung der Modelle durch verschiedene Bezugspunkte spiegelt die
Entwicklung der Zuchtwertschätzung wider. Zu Beginn der Zuchtwertschätzung
in den 60er und 70er Jahren des 20.Jahrhunderts erfolgte die Zuchtwertschätzung
anhand des Populationsmittels. Unter der Annahme einer genetisch homogenen
Population wurde für alle Zuchtwerte der Population die Verteilung einer
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Zuchtwertschätzung
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Zufallsvariablen angenommen. Das Schätzverfahren heißt
„Töchterpopulationsvergleich“ oder „Zeitgefährtinnenvergleich“ (ROBERTSON &
RENDEL, 1954). Dieses Verfahren, dass das Populationsmittel als beste Schätzung
des ZWs angibt, wurde in den 70er Jahren von dem best linear unbiased
prediction (BLUP)-Modell abgelöst. Dieses BLUP-Schätzmodell entwickelte
HEDERSON (1963), um die Zufallsvariable „Zuchtwert“ einzelner Tier bestimmen
zu können. Er ging davon aus, dass sich Populationen in genetisch
unterschiedliche Subpopulationen aufteilen. Die Tiere der Subpopulation haben
einen Zuchtwert, der der Verteilung einer Zufallsvariablen entspricht. Der
Mittelwert dieser Zuchtwerte entspricht dem besten Schätzwert für das einzelne
Tier. Das erste BLUP-Modell war das Vatermodell, das nur die
Verwandtschaftsbeziehung von Vater und Tochter berücksichtigt (VOGEL-
LACKENBERG, 1992). Der Zuchtwert des Bullen wurde von den Leistungen seiner
Töchter abgeleitet. Heutzutage erfolgt die Zuchtwertschätzung mit Hilfe des
BLUP-Tiermodells, das sowohl die väterlichen Leistungen als auch die
Leistungen der weiblichen Verwandten und deren Nachkommen zur Schätzung
des Zuchtwertes nutzt (SCHAEFFER, 1984). Demnach ist der beste ZW und
Bezugspunkt des Modells der, der dem Mittel der Elternzuchtwerte entspricht
(EßL, 1996). Voraussetzung für das Tiermodell ist, dass die
Verwandtschaftsverhältnisse geklärt sind und keine falschen Abstammungen
verwendet werden, da sonst die Schätzung eines falschen ZWs erfolgt. Weiterhin
ist zu beachten, dass besonders in kleinen Populationen die Gefahr vermehrter
Inzucht besteht. Diese geschieht, weil verwandte Tiere oft einen ähnlich guten
Zuchtwert haben und dann zur weiteren Zucht genutzt werden (FÜRST, 2013).
Das BLUP-Modell lässt sich allgemein folgendermaßen darstellen (HENDERSON,
1973):
(2.2)
Y: Vektor der phänotypischen Leistungen
b: Vektor der fixen Effekte
u: Vektor der zufälligen Effekte
e: Vektor der Resteffekte
X: Designmatrix von b
Z: Designmatrix von u
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Zuchtwertschätzung
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Durch die Unterscheidung des Tiermodells und des Vatermodells entstehen zwei
Abweichungen dieser Formel, die entweder nur die Leistungen der Töchter oder
die Leistungen aller Verwandten in der Verwandtschftsmatrix berücksichtigt. Die
Schätzungen der Zuchtwerte werden gleichzeitig für männliche und weibliche
Tiere durchgeführt, dabei erfolgt die Korrektur der Umwelteffekte. Um die beste
lineare unverzerrte Vorhersage treffen zu können, müssen die Merkmale, die in
die ZWS einfließen, annährend normalverteilt sein, damit die Erwartungstreue
und Minimumvarianz auch zutreffend ist (WILLAM & SIMIANER, 2011).
Der Gesamtzuchtwert (GZW) eines Tieres lässt sich aus der Summe der einzelnen
gewichteten Relativzuchtwerte ermitteln. Ein Gesamt- oder ein Relativzuchtwert
von 100 stellt das Populationsmittel dar. Somit sind Tiere mit Zuchtwerten über
100 besser als der Durchschnitt der Population. Die Gewichtung erfolgt durch den
wirtschaftlichen Wert, der ein Merkmal für die Zucht darstellt. Diese
Wirtschaftlichkeitskoeffizienten sind in verschiedenen Populationen
unterschiedlich. Zudem sind sie abhängig vom Marktgeschehen und von der Zeit
(WEIß ET AL., 2000). Demnach müssen sie regelmäßig überprüft und ggf.
angepasst werden. Aus diesem Grund sind Zuchtwerte unter 100 nicht unbedingt
schlechter als das Populationsmittel. Dieses ist der Fall, wenn bspw. ein veralteter
Zuchtwert mit einem aktuellen verglichen wird. Als der Zuchtwert damals
aufgestellt wurde, konnte das Tier zu den Besten gehören. Der Zuchtwert wird in
den folgenden Jahren durch die regelmäßigen Anpassungen abdiskontiert, was
dazu führt, dass der Zuchtwert im Vergleich schlechter ist als das
Populationsmittel. Das Populationsmittel verschiebt sich im Laufe der Jahre durch
die Generierung des Zuchtfortschrittes nach oben, wodurch diese Unterschiede
zustande kommen (WILLAM & SIMIANER, 2011).
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Zuchtwertschätzung
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2.2. Zuchtwertschätzung beim Fleckvieh
Das heute bekannte Fleckvieh geht auf das Simmentaler-Rind zurück, das in der
Bergregion des Simmentals in der Schweiz seinen Ursprung hat. Mittlerweile
erfolgt die Zucht des Fleckviehs seit über 150 Jahren (RINDERZUCHT TIROL,
2013). Eingeführt wurden die ersten Simmentaler-Rinder, um im Süden
Deutschlands die lokalen Landschläge zu verbessern. Das damalige Drei-
Nutzungsrind überzeugte durch sehr gute Zug- und Milchleistung. Eine gute
Bemuskelung konnte das Simmentaler-Rind ebenfalls aufweisen. Mit diesen
vielfältigen Leistungen war es den Landrassen Süddeutschlands deutlich
überlegen, was dazu führte, das sich das Fleckvieh durch eine Verdrängungszucht
schnell ausbreitete. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde das Fleckvieh in
Reinzucht weiterentwickelt, dadurch wurde das Herdbuch geschlossen und die
Zucht als eigenständige Rasse fortgesetzt. Die in der Mitte des 19. Jahrhunderts
gegründeten Zuchtverbände und -genossenschaften bauten die
Leistungsprüfungen und die Bullenhaltung auf. Weiterhin stellten sie Elitebücher
für Kühe auf (ASR, 2013). Durch den maschinellen Fortschritt verlor das
Fleckvieh ab 1930 zunehmend seine Stellung als Zugtier (ERNST & KALM, 1994).
Daraufhin erfolgte die weitere Zucht als Zwei-Nutzungsrind. Bis heute ist das
Fleckvieh eines der bedeutendsten Zwei-Nutzungsrinder in Mitteleuropa. Auch
weltweit kommt das Fleckvieh zum Einsatz, besonders die guten
Mutterkuheigenschaften und die Milchleistung machen es besonders in der
Mutterkuhhaltung begehrt (RINDERZUCHT TIROL, 2013). Zudem überzeugt das
Fleckvieh im Bereich der Fitness und durch sekundäre Merkmale, wie Zellzahl
oder Fruchtbarkeit. Dieses macht das Fleckvieh besonders interessant für
Kreuzungszuchten, da so die gewünschten Heterosiseffekte auftreten. Die
Zuchtwertschätzung des Fleckviehs erfolgt in Österreich seit 1963 für die Milch
mithilfe des Töchterpopulationsmodells. 1982 führte Bayern (AVERDUNK, 1984)
und 1983 Baden-Württemberg das BLUP-Vatermodell für Milchleistungs-
merkmale ein (KARRAS, 1984). Österreich folgte diesem Beispiel 1985 (FUCHS,
1984). 1992 löste in Österreich das BLUP-Tiermodell für die
Milchleistungsmerkmale und das Fitnessmerkmal Persistenz den Töchter-
populationsvergleich ab. In den folgenden Jahren wurden weitere
Fitnessmerkmale, sowie der ökonomische Gesamtzuchtwert eingeführt (1998).
Seit 2000 wurde eine gemeinschaftliche Zuchtwertschätzung des Fleckviehs von
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Zuchtwertschätzung
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Deutschland und Österreich mit den Merkmalen Exterieur, Melkbarkeit,
Gebrauchskreuzungszuchtwert begonnen. Die Durchführung der gemeinschaft-
lichen Zuchtwertschätzung für alle Merkmale findet seit 2002 statt. Für die
Milchzuchtwertschätzung wurde ein Testtagsmodell eingeführt. 2010 und 2011
folgte die Erweiterung der ZWS um die Einführung der genomischen ZWS
(FÜRST, 2013). Seit 2002 wird der Gesamtzuchtwert (GZW) als primäres
Selektionskriterium verwendet. Der GZW definiert auch das gemeinschaftliche
Zuchtziel der Fleckviehzucht in beiden Ländern (ASR, 2013). Das Zuchtziel
strebt eine Verbesserung der Eiweißmenge, der Fitness, die Konstanthaltung der
Fleischleistung und eine Steigerung der Lebensleistung an. Zudem soll eine lange
Nutzungsdauer mit einer mittleren Lebensleistung von 30.000 kg Milch erreicht
werden (RINDERZUCHT TIROL, 2013). Das Fleckvieh als Zweinutzungsrasse
zeichnet sich im Vergleich zu reinen Milchrassen auch schon heute durch
günstige Fitnesseigenschaften aus (KROGMEIER, 2005). Umgesetzt werden diese
Zuchtziele mithilfe der ökonomischen Gewichte der Zuchtwertschätzung. Der
Relativzuchtwert der Milchmerkmale hat einen Anteil am Gesamtzuchtwert von
37,8%, der Relativzuchtwert Fleisch hat einen Anteil von 16,5% am GZW. Die
Fitnessmerkmale fließen mit einem Anteil von 43,7% und die Melkbarkeit mit 2%
in den Gesamtzuchtwert ein. In Abbildung 1 sind die einzelnen Relativzuchtwerte
in ihre Unterkategorien aufgeteilt:
Abbildung 1: Ökonomische Gewichte der ZWS für Fleckvieh
Quelle: eigene Darstellung nach ASR, 2013 und LfL, 2013
7,3% 4,6%
4,6%
4,4%
33,4%
2%
13,4%
6,8%
9,7%
3,7% 8,1% 2%
Nettozunahme
Ausschlachtung
Handelsklasse
Fettmenge
Eiweißmenge
Melkbarkeit
Nutzungsdauer
Fruchtbarkeit
Zellzahl
Kalbeverlauf
Totgeburten
Persistenz
Fitness 43,7% Fleisch 16,5%
Milch 37,8%
Melkbarkeit 2%
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Zuchtwertschätzung
11
Aus Abbildung 1 ist ersichtlich, dass sich die Milchmerkmale, die in den GZW
einfließen, aus der Fettmenge (4,4%) und der Eiweißmenge (33,4%)
zusammensetzt. Der Anteil von 43,7% der Fitnessmerkmale am GZW teilt sich in
2% Persistenz, 8,1% Totgeburten, 3,7% Kalbeverlauf, 9,7% Zellzahl, 6,8%
Fruchtbarkeit und 13,4% Nutzungsdauer auf. Die Fleischleistungsmerkmale
spalten sich in 7,3% Nettozunahme und jeweils 4,6% Ausschlachtung und
Handelsklasse auf. Die Melkbarkeit ist ein selbstständiger Anteil und macht 2%
des GZW aus. Die Beschreibung des Zuchtziels erfolgt mithilfe dieser
ökonomischen Gewichtung des Gesamtzuchtwertes. Formal würde die folgende
Formel den Gesamtzuchtwert des Fleckviehs beschreiben:
In den Gesamtzuchtwert beim Fleckvieh fließen im Gegensatz zu bspw. den
Schwarzbunten keine direkten Werte des Exterieurs, wie z.B. der Rahmen oder
das Fundament ein. Ebenso sind das Euter oder die Bemuskelung nicht Teil des
Gesamtzuchtwertes. Diese Faktoren bilden als Hauptmerkmale jedoch den
Grundstock jeder Zuchtwertschätzung. Die Prüfung dieser Hauptmerkmale und 19
weiterer Einzelmerkmale erfolgt mithilfe der linearen Beschreibung (AGÖF,
2006). Die Ergebnisse werden regelmäßigen veröffentlicht. In den
Bullenkatalogen finden sich diese Ergebnisse als Exterieurprofil ebenfalls wieder.
Eine beispielhafte Exterieurbechreibung ist in Abbildung 2 zu sehen:
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Zuchtwertschätzung
12
Abbildung 2: Exterieurbeschreibung beim Fleckvieh
Quelle: BVN & Eurogenetik Bullenkatalog, 2013
Demnach sind die Merkmale, obwohl sie den Gesamtzuchtwert nicht
beeinflussen, für jeden Züchter zugänglich. In der Abbildung wird deutlich, dass
100 wieder den Durchschnitt darstellt. Das wünschenswerte Optimum muss
allerdings nicht erforderlicher Weise oberhalb der 100 liegen. So wünschen sich
die Prüfer einen steileren Sprunggelenkswinkel, was dazu führt, dass die Werte
unter 100, die zu präferierenden sind. Die Vererbung der Beckenneigung dieses
Bullen liegt nahezu im Populationsdurchschnitt und auch im gewünschten
Optimalbereich. Das Vordereuter vererbt sich schlechter als im Durchschnitt der
Population (ZW 96). Das Fundament ist besonders stark ausgeprägt und erhält für
dieses Tier einen ZW von 118.
Um den Relativzuchtwert (RZW) der Milchleistungsmerkmale zu ermitteln,
nutzen Deutschland und Österreich seit 2002 ein Testtagsmodell. Dieses Modell
wurde gemeinschaftlich mit dem Agrifood Research Centre in Jokioinen
(Finnland) entwickelt. Das Testtagsmodell ist eine Sonderform des
Mehrmerkmalsmodells, bei dem die Leistung an einem Kontrolltag direkt in das
Zuchtwertschätzmodell einfließt. Das Modell simuliert anhand der gesammelten
Daten eine typische mittlere Verlaufskurve, in diesem Fall der Milchleistung, die
-
Zuchtwertschätzung
13
am Testtag als 24-Stunden-Gemelk ermittelt wurde (WILLAM & SIMIANER,
2011). Demnach muss keine vollständige Laktations- oder Abschnittsleistung
vorliegen, um die Informationen in der Zuchtwertschätzung verwerten zu können.
Die Kontrolltagsleistungen werden zwischen den Laktationstagen 8 und 350
erhoben. Auch hier gilt: Je mehr Informationen vorhanden sind, desto besser.
Deshalb gibt es auch keine Grenze bezüglich des Laktationsstadiums, auch von
Kühen mit mehreren Laktationen werden Daten gesammelt. Jedoch nehmen die
Beobachtungen mit zunehmender Anzahl an Laktationen deutlich ab. Die Daten
der Verwandten vervollständigen das Testtagsmodell. Auf mütterlicher Seite
fließen drei Generationen, auf väterlicher Seite die letzten acht Generationen ein.
Kann die Verwandtschaft nicht genau ermittelt werden, werden die Daten anhand
von Alter, Geschlecht und Herkunftsland geschätzt. Es gibt zwei Arten von
Testtagsmodellen, das Fixed-Regression-Modell und das Random-Regression-
Modell. Zur Ermittlung der Zuchtwerte für Milchleistungen beim Fleckvieh wird
das Random-Regression-Modell (RRM) genutzt. Dieses hat im Vergleich zum
Fixed-Regression-Modell (FRM) den Vorteil, dass die Daten des Testtags nicht
innerhalb einer Laktation als wiederholte Beobachtungen betrachtet werden,
welches zu einem festen Zuchtwert für alle Laktationstage führen würde, sondern
dass mithilfe von zufälligen Regressionskoeffizienten und Kovariablen für alle
305 Laktationstage jeweils ein eigener ZW errechnet wird. Diese werden dann zu
einem Zuchtwert für die gesamte Laktation zusammengerechnet (FÜRST, 2013).
Demnach sind die Kontrolltage der Laktation genetisch verschiedene Merkmale,
die eine tägliche Leistungsabweichung aufweisen (VIT, 2013). Die berechneten
ZW korrelieren sowohl mit den Laktationstagen der Laktation, in dem der
Kontrolltag liegt, als auch mit denen der anderen Laktationen. Die
Umwelteinflüsse, die die Kontrolltagsleistungen beeinflussen, können direkt in
der Testtagszuchtwertschätzung berücksichtigt werden. Hierzu zählen die Punkte
Herdenkontrolltag, Kalbealter, Trächtigkeit, Laktation und Laktationsstadium
sowie die Streuung innerhalb der Herden. Mit dem Herdenkontrolltag erfolgt der
Vergleich der Leistungen innerhalb der eigenen Herde, da auf diese Herde die
gleichen Umwelteinflüsse, wie bspw. Fütterung oder Temperatur, wirken. Das
Kalbealter sowie der Tag der Trächtigkeit beeinflussen die Milchleistung der
Kühe. Deshalb erfolgt mit der Einbeziehung dieser Daten die Korrektur der
erbrachten Leistung. Die Leistungen des Teststaggemelks hängen von der
-
Zuchtwertschätzung
14
Laktationsnummer und dem –stadium ab, in dem sich die Kuh befindet. Sie
spiegeln den unterschiedlichen Verlauf der Laktationskurve wider und müssen mit
einbezogen werden. Die Streuung der Testergebnisse innerhalb der Herde kann in
einigen Betrieben sehr hoch, in anderen dagegen nur sehr gering sein. Da das
Modell der ZWS auf Abweichungen vom Populationsmittel beruht, kann dieses
den ZW ungewollt verändern (vgl. Kapitel 2.1). Deshalb erfolgt die Korrektur
dieser Streuung durch die Streuung der nicht durch das Zuchtwertschätzmodell
erklärbaren zufälligen Restfehler, also der Residuen. Der Milchwert errechnet sich
aus den Ergebnissen des Testtagsmodells (ZW für Fett- und Eiweißgehalt (in Kg))
und deren ökonomischen Gewichtung (1:10) (FÜRST, 2013).
Aus dem Testtagsmodell für Milch kann der ZW der Persistenz abgeleitet werden.
Die Persistenz gibt das Durchhaltevermögen der Milchleistung an, die aus der
Laktationskurve des RRM zwischen dem 60. und 300. Laktationstag resultiert. Es
muss allerdings eine Korrektur erfolgen, um die fett- und eiweißkorrigierte
Milchmenge zu erhalten (FÜRST, 2013).
Das BLUP-Tiermodell liefert die Ergebnisse der Zuchtwertschätzung für Fleisch.
In das Tiermodell fließen 10 Merkmale ein, somit handelt es sich um ein
multivariates Verfahren, bei dem die Merkmale unter Einbeziehung der
genetischen Korrelation gleichzeitig geschätzt werden. Die Ergebnisse der 10
Merkmale stammen aus der Eigenleistungsprüfung im Feld (bei Versteigerungen)
oder auf einer Prüfstation, aus Schlachthofdaten (ungelenkte Feldprüfung) sowie
aus Nachkommenprüfungen in Prüfstationen. Der Fleischwert ermittelt sich aus
den Merkmalen Nettozunahme, Ausschlachtung und Handelsklasse (im Verhältnis
48: 26: 26). Der Relativzuchtwert für die Fleischleistung hat einen Mittelwert von
100 mit einer Streuung von 12 Punkten (Standardabweichung) (FÜRST, 2013).
Die Relativzuchtwerte für den Kalbeverlauf, die Totgeburtenrate sowie für die
Fruchtbarkeit werden ebenfalls mithilfe des BLUP-Tiermodells berechnet. Für die
Zuchtwerte des Exterieurs, die beim Fleckvieh nicht in den Gesamtzuchtwert
einfließen, erfolgt die ZWS ebenfalls mit dem BLUP-Tiermodell. Die Darstellung
der Zuchtwerte erfolgt wie bereits beschrieben.
Der Zuchtwert für die Nutzungsdauer wird anhand eines Weibull-
Regressionsmodell geschätzt. Diese entspricht einem Vater-Muttersvater-Modell,
bei dem nur eine Betrachtung der Verwandtschaften zwischen Stieren stattfindet.
Zuchtwerte der weiblichen Verwandten werden näherungsweise errechnet. Es
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Zuchtwertschätzung
15
besteht kein großer Unterschied zum Tiermodell, da sehr viele Daten in das
komplexe Modell einfließen, bei dem das zu schätzende Merkmal das
Abgangsrisiko darstellt. Das Abgangsrisiko wird durch das Erstkalbealter, die
relative Leistung innerhalb der Herde, die Größe der Herde und deren
Veränderung sowie durch die Alpung, Heterosiseffekte und
Rekombinationsverluste beeinflusst. Zudem müssen regionale, saisonale und
managementbedingte Unterschiede einbezogen werden (FÜRST, 2013).
Die Zuchtwerte für Zellzahl und Melkbarkeit werden mit einem Testtagsmodell
ermittelt. Im Unterschied zu der Zuchtwertschätzung der Milchleistungsmerkmale
erfolgt die Schätzung mit dem Fixed-Regression-Modell. Da für die Zellzahl
keine Normalverteilung vorliegt, werden die Werte der Zellzahl logarithmiert. Die
Zellzahlergebnisse werden in den ersten drei Laktationen zwischen dem 8. und
312. Laktationstag gesammelt. Die Ergebnisse der Melkbarkeitsprüfung stammen
entweder aus einer Stoppuhrmessung (in Österreich, Baden-Württemberg und
Hessen) oder es erfolgt, wie in Bayern, die Ermittlung der Melkbarkeit im
Rahmen der Michleistungsprüfung mithilfe der Parameter Milchmenge aus
Haupt- und Nachgemelk sowie der Dauer des Haupt- und Nachgemelks. Aus
beiden Methoden wird das durchschnittliche Minutengemelk errechnet. Da
Untersuchungen ergeben haben, dass beide Werte auf unterschiedlichen
genetischen Merkmalen beruhen, müssen auch beide Merkmale unterschiedlich in
die ZWS einfließen. Da bei den Merkmalen der Melkbarkeit ebenfalls keine
Normalverteilung vorliegt, erfolgt eine Transformation durch Ziehen der
Quadratwurzel. Die Ergebnisse stammen ausschließlich aus der ersten Laktation
(zwischen dem 8. und dem 275. Tag). Für die Zellzahl wird für jede der drei
Laktationen ein ZW ermittelt. Um den RZW zu ermitteln, erfolgt die Berechnung
des durchschnittlichen ZW dieser drei Laktationen. Bei der Melkbarkeit wird als
Relativzuchtwert nur der Wert des durchschnittlichen Minutengemelks aus
Österreich und Baden-Württemberg veröffentlicht. Auch bei diesen RZW liegt
das Mittel bei 100 mit einer Standardabweichung von 12 Punkten.
Aus dieser Ermittlung der einzelnen Relativzuchtwerte entsteht mithilfe der
ökonomischen Gewichte der Gesamtzuchtwert der Doppelnutzungsrasse
Fleckvieh, wie oben beschrieben.
-
Material und Methoden
16
3. Material und Methoden
Zu Beginn erfolgt die Beschreibung der verwendeten Discrete Choice Methode.
Im Anschluss werden die zu testenden Hypothesen sowie die Gestaltung des
Fragebogens erläutert. Das Kapitel 3.3. befasst sich mit den verschiedenen
Methoden, die während der Auswertung genutzt wurden.
3.1. Discrete Choice Methode
FECHNER legte bereits im Jahre 1860 den Grundstein für die Discrete Choice
Methode (DCM) mit seiner „Study of psychophysics“ (aus ANDERSON ET AL.,
2001). Als Begründer der DCM gelten LUCE & TUKEY (1964), THEIL (1970) und
QUANDT (1992), MCFADDEN (1974) und LOUVIERE (1983) als Entwickler der
ökonomischen Auswertungsmethoden.
Theorie
Die DCM ist eine Art, die Präferenzen von ökonomischen Entscheidern mithilfe
von labormäßig simulierten, hypothetischen Entscheidungsalternativen zu messen.
Dabei lassen sich Beziehungen zwischen Produkteigenschaften und individuellen
Präferenzen der Entscheider sowie deren Auswahlentscheidungen feststellen
(HAHN, 1997). Die Entscheidungsalternativen werden dem Probanden in Form
sogenannter Choice Sets vorgelegt.
Die Grundidee der Discrete Choice Methode basiert auf der Characteristic Theory
of Value von LANCASTER (1966) und der Random Utility Theory (MCFADDEN,
1974).
Die Characteristic Theory of Value besagt, dass nicht das Gut an sich Nutzen
stiftet, sondern die Vielzahl seiner Charakteristika. Diese werden als Attribute
bezeichnet und sind die eigentlichen Nutzenstifter (LANCASTER, 1966).
Die Random Utility Theory (RUT) geht davon aus, dass der Nutzen eines Gutes
nicht direkt messbar ist, sondern der Nutzen nur indirekt beobachtbar ist. Es
handelt sich demnach um einen latenten Nutzen. Deshalb lässt sich die
Nutzenfunktion der RUT in eine deterministische (beobachtbare) und eine
stochastische (nicht beobachtbare) Komponente zerlegen (AUSPRUG & LIEBE,
2011). Dieser latente Zufallsnutzen wird durch folgende Formel beschrieben,
weshalb auch vom Zufallsnutzenmodell gesprochen wird:
(3.1)
-
Material und Methoden
17
: Nutzen U einer Alternative j für die Person i
: deterministische Nutzen V als Summe der Einflüsse der Attribute des
Produktes z und der Person s
: Spezifikations- und Messfehler; zufällige Komponente
Weiterhin wird keine individuelle Nutzenfunktion angenommen, sondern eine
aggregierte Nutzenfunktion, da auf Grund der „geringen Anzahl von
Auswahlentscheidungen je Proband keine Berechnung individueller Nutzenwerte
möglich ist“ (BACKHAUS ET AL., 2003). Die einzelnen Präferenzen der Probanden
lassen sich mithilfe von Vektoren berücksichtigen. Der deterministische Nutzen V
kann als additive Funktion der M persönlichen Eigenschaften und der Einflüsse
der N Attribute dargestellt werden (vgl. BREUSTEDT ET AL., 2013):
∑ ∑
(3.2)
Der Proband wählt die Alternative j*, die den Nutzen maximiert, da die Annahme
des Homo oeconomicus unterstellt wird. Daraus ergibt sich folgende Gleichung:
m für alle j J²
(3.3)
Eine Nutzenmaximierung geht einher mit der Wahl der Alternative, die die
höchste Präferenz aufweist. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit diese
Alternative aus der vorgegebenen Menge an Alternativen auszusuchen.
für alle j J
(3.4)
: Parameter der Produkteigenschaften
: Parameter der Probandeneigenschaften
werden ökonometrisch geschätzt
: Interaktionsterme
: wenn die Alternative j* gewählt wird, sonst 0
F: Funktion, die zwischen 0 und1 liegt, bspw. eine logistische Funktion
-
Material und Methoden
18
Praxis
Die Discrete Choice Methode kommt besonders im Verkehrs- und
Gesundheitsbereich zum Einsatz (TELSER, 2002). Im Bereich der
Agrarwissenschaft nutzt besonders die Umweltökonomie das Verfahren des
Discrete Choices. So befassen sich BREUSTEDT ET AL. (2013) mit der
Teilnahmebereitschaft an Vertragsnaturschutzprogrammen unter Zuhilfenahme
der DCM. Im Zuchtbereich nutzen ROESSLER ET AL. (2008) und OUMA (2007)
die DCM, um Anforderungen an die Schweinehaltung in Vietnam und
Präferenzen phänotypischer Merkmale von Rindern zu untersuchen. Für die
Zuchtwertschätzung bei Rindern liegen noch keine Veröffentlichungen vor.
Die Durchführung von Discrete Choice Experimenten (DCE) erfordert eine
genaue Planung des Untersuchungsobjektes. Voraussetzung, um ein DCE
durchführen zu können, sind diskrete Produkte, die sich untereinander in
verschiedenen Ausprägungen, Attribute genannt, offensichtlich unterscheiden.
Der Proband wählt aus einer bestimmten Anzahl von Gütern, die er
unterschiedlich wahrnimmt und die untereinander konkurrieren (BUNCH &
BATSELL, 1989). Für diskrete Produkte kann nur eine Ja-oder-nein-Entscheidung
erfolgen, da es eine Wahl für das gesamte Produkt und nicht für ein oder mehrere
Attribute des Produktes ist.
Zu Beginn muss das Ziel der Untersuchung festgelegt werden. Im Folgenden wird
das Produkt in seine Eigenschaften aufgespalten. Für die anschließende Befragung
sollten alle Eigenschaften gewählt werden, bei denen die Vermutung nahe liegt,
dass sie bei der Wahl von Bedeutung sind (BACKHAUS ET AL., 2003). Erfolgt
diese Auswahl nicht ordnungsgemäß, könnte diese zu einer verzerrten Analyse
führen, da der Proband in den Attributen seine Prioritäten nicht wieder findet. Um
dieses zu vermeiden, empfiehlt sich nach abgeschlossener Vorbereitung ein
Pretest. Als Nächstes erfolgt die Festlegung der Ausprägungen der einzelnen
Attribute, auch Levels genannt. Hierzu gibt es verschiedene Möglichkeiten. Zum
einen ist es möglich, dass bei einigen Produkten verschiedene Ausprägungen
vorgegeben sind, bspw. ein vorhandenes oder fehlendes Bio-Siegel. Zum anderen
können Ausprägungen durch statistische Verfahren ermittelt werden, z.B. eine
Berechnung verschiedener Quantile einer Reihe vorgegebener Preisdaten.
Generell gibt es keine vorgeschriebene Skala für die Attributsausprägungen. Es
sind zudem quantitative (z.B. eine Angabe in Wochen) oder qualitative Levels
-
Material und Methoden
19
(z.B. hoch oder gering) möglich. Um den Befragungsaufwand in Grenzen zu
halten, da dieser überproportional mit den Attributen und Levels steigt, und den
Befragten nicht zu überfordern, empfiehlt sich eine Begrenzung der Attribute und
Ausprägungen (BACKHAUS ET AL., 2003).
Eine Korrelation der verschiedenen Attribute sollte vermieden werden, damit
Verzerrungen vermeiden werden. Eine Kompensation der einzelnen
Attributsausprägungen hingegen ist wünschenswert. Hierdurch entsteht ein Trade-
off, der notwendig ist, um marginale Effekte berechnen zu können. „Ein Trade-off
liegt vor, wenn eine Person bereit ist, etwas von einem Attribut aufzugeben, um
mehr von einem anderen zu erhalten“ (AUSPRUG & LIEBE, 2011).
Aus den einzelnen Attributen und Levels können nun verschiedene Produkte
zusammengesetzt werden. Diese Produkte müssen zu mehreren gruppiert werden,
damit eine Entscheidungssituation herbeigeführt werden kann. Es besteht sowohl
die Möglichkeit nur zwischen verschiedenen Produkten zu wählen, als auch die
Option der nicht-Wahl aller Produktalternativen. Bis zu vier verschiedene
Wahlalternativen sind für den Probanden zumutbar (AUSPRUG & LIEBE, 2011).
Diese Auswahlentscheidung wird als Choice Set bezeichnet. Durch die Vielzahl
der unterschiedlichen Kombinationsmöglichkeiten der Produkte ist es kaum
möglich, alle Alternativen per Hand zu erfassen. Hierzu gibt es verschiedene
Computerprogramme (z.B. SPSS), die diese Arbeit erledigen. Es entsteht bei der
Verwendung aller Level und Attribute ein full factorial Design. Dieses erlaubt die
Schätzung aller Haupteffekte und Interaktionen. Es ist perfekt orthogonal, das
bedeutet, es besteht keine Multikollinearität zwischen den
Eigenschaftsausprägungen. Ein Modell ohne Multikollinearität hat einen D-
Efficency-Wert von 100 (KUHFELD ET AL., 1994). In den meisten Fällen ist ein
perfekt orthogonales Modell zu komplex und es enthält Kombinationen, die
keinen Sinn machen. Ein fractional factorial Modell erscheint ausreichend. Dieses
ist ein reduziertes orthogonales Modell, das einen möglichst hohen D-Efficency-
Wert aufweist. Multikollinearität beschreibt die wechselseitige Abhängigkeit von
Variablen in einer multivariablen Analyse (vgl. RUDOLF & KUHLISCH, 2008).
Hierzu mehr in Kapitel 3.2.
Das Statistikprogramm gibt, je nach Attributs- und Levelzahl, unterschiedlich
viele Choice Sets aus. Eine gängige Variante ist es, den Entscheidern mehrere
Choice Sets vorzulegen. Allerdings können, trotz des reduzierten orthogonalen
-
Material und Methoden
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Modells, nicht alle Choice Sets von einer Person bearbeitet werden. Eine zu große
Anzahl von Choice Sets pro Umfrage führt zu einer hohen Abbruchrate, einer
sinkenden Teilnahmebereitschaft und zu Lerneffekten. In der Literatur erscheinen
verschiedene Werte für die maximale Anzahl an Choice Sets pro Fragebogen.
BACKHAUS (2003) nennt maximal 12 bis 15 Choice Sets pro Proband, JOHNSON
& ORME (1996) empfehlen bis zu 20,. und CAUSSADE ET AL. (2005) begrenzen
die Anzahl schon auf 10 Choice Sets. Fakt ist, mehrere Choice Sets pro Proband
verringern den Befragungsaufwand und die damit entstehenden Kosten. Weiterhin
kann schon mit einer vergleichsweise geringen Umfragezahl gutes Datenmaterial
gesammelt werden.
Die Zusammenstellung der verschiedenen Choice Sets zu Gruppen erfolgt am
besten per Zufallsprinzip, je nach Art der Umfrage in Papier- oder Onlineform.
Bei der Onlineumfrage bietet es sich an, die Anzahl der Choice Sets festzulegen
und bei jedem Probanden zufällig die Choice Sets erscheinen zu lassen. Bei der
Papierform sollten verschiedene Fragebogenversionen erstellt werden, in denen
zufällig, aber versionsabhängig immer dieselben Choice Sets vorhanden sind.
Je nach Umfang des Fragebogens und Erreichbarkeit der Probanden erfolgt die
Festlegung der Umfragemethode. Natürlich treten je nach Umfrageart
unterschiedliche Kosten auf, die ebenfalls berücksichtigt werden sollten. Die
Befragung kann mit einem schriftlichen Fragebogen, per Telefon oder Computer
oder in einer persönlichen Befragung erfolgen (TELSER, 2002). Persönliche
Befragungen sind in der Regel teurer als computergestützte Umfragen.
-
Material und Methoden
21
3.2. Gestaltung und Ziele der Fragebogenausarbeitung
In diesem Abschnitt folgt die Anwendung der in Kapitel 3.1 beschriebenen
Vorgehensweise der Durchführung von Discrete Choice Experimenten anhand der
Entscheidungsfindung bei der Auswahl von Fleckviehbullen.
Ziele
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Überprüfung der ökonomischen Gewichte in
der Zuchtwertschätzung beim Fleckvieh. Mit Hilfe eines Discrete Choice
Experimentes soll herausgefunden werden, auf welche der Bulleneigenschaften
der Landwirt als Entscheider unter Einbeziehung der Kosten des Spermakaufs am
meisten Wert legt. Da sich die Fleckviehbullen verschieden vererben, entstehen
unterschiedliche Level der einzelnen Attribute. Analog zum Entscheidungsmodell
in Kapitel 3.1 wird erwartet, dass der Landwirt das Bullensperma auswählt, dass
seine Präferenzen am besten zum Ausdruck bringt und ihm deshalb den höchsten
Nutzen stiftet. Setzt man den rational handelnden Landwirt voraus, entscheidet
dieser unter Berücksichtigung seiner betrieblich gegebenen Umstände und den
Eigenschaften des Bullen sowie dem Preis pro Portion des Spermas. Demnach
fällt die Wahl auf den Bullen, der die höchste Wahrscheinlichkeit hat durch die
Anpaarung mit den Kühen, die Kälber hervorzubringen, die dem Idealbild des
Züchters am nächsten kommen. Die Überprüfung der ökonomischen Gewichte,
mit denen die einzelnen Attribute in die Zuchtwertschätzung eingehen, ist zudem
ein weiteres Ziel der Ausarbeitung. Hierbei ist ein Vergleich zwischen den
jetzigen Gewichten und denen, die durch das DCE gewonnen wurden, angedacht.
Das Ziel der Untersuchung ist damit erläutert. Nun erfolgt die Zerlegung des
Produktes in seine Eigenschaften. Das Produkt „Bullensperma“ hat verschiedene
Eigenschaften, die sich nicht äußerlich zu erkennen geben. Es unterscheidet sich
lediglich in den vererblichen Merkmalen, die entweder genomisch geprüft oder
durch Leistungsprüfungen festgestellt worden sind. Um die vererblichen
Eigenschaften der einzelnen Bullen herauszufinden, erfolgt eine Zuchtwert-
schätzung für jeden Bullen (vgl. z.B. BAYERISCHE LANDESANSTALT FÜR
LANDWIRTSCHAFT). Aus dieser Zuchtwertschätzung wurden die Eigenschaften
des Bullenspermas abgeleitet. Eine Übernahme aller für die Zuchtwertschätzung
relevanten Merkmale ist für ein Discrete Choice Experiments zu umfangreich.
Deshalb musste eine Begrenzung der Eigenschaften auf die wichtigsten
stattfinden. DESHAZO & FERMO (2002) raten davon ab, ein Produkt mit mehr als
-
Material und Methoden
22
zehn Attributen zu beschreiben (aus MANGHAM ET AL., 2008). Der
Gesamtzuchtwert setzt sich aus Milchwert, Fleischwert und Fitnesswert
zusammen. Deshalb müssen Attribute aus allen drei Kategorien ausgesucht
werden.
Stellvertretend für den Milchwert steht die Milchmenge, diese wurde gewählt, da
die Landwirte, die Bullensperma kaufen, i.d.R. Milchviehhalter sind und die
weibliche Nachzucht zur Milcherzeugung nutzen. Die Milchmenge an sich fließt
nicht direkt in den Zuchtwert ein, allerdings hätten sonst, der Vollständigkeit
halber, beide den Milchwert beschreibenden Merkmale aufgenommen werden
müssen (vgl. Kapitel 2.2). Zudem erfolgt eine Angabe der
Milchleistungssteigerung im Bullenkatalog (LFL & BVN, 2012). Der Fleischwert
ist ein eigenes Attribut für das Discrete Choice Experiment, zusätzlich fließt die
Bemuskelung als ein Attribut des Bullenspermas ein, da diese Einfluss auf das
Fleisch und die Fitness bzw. das Exterieur hat. Zum Exterieur gehört auch das
Euter, ein weiteres Attribut für das DCE. Das Euter spielt auch in der Kategorie
Fitness eine Rolle, hier ist die Melkbarkeit und Zellzahl wichtig. Um eine
Eingrenzung der Attribute vorzunehmen, wurde nur das Euter in das DCE
aufgenommen, obwohl dieses eine erhebliche Vereinfachung beinhaltet. Da
Eutererkrankungen eine häufige Abgangsursache sind, wurde die Nutzungsdauer
der Kuh als Attribut mit aufgenommen. Das Fundament als Grundgerüst jedes
Rindes und als ein weiterer häufiger Abgangsgrund musste ebenfalls als Merkmal
in das DCE einfließen, obwohl dieser Wert ebenfalls kein direkter Teil der
Zuchtwertschätzung ist. Zudem ist der Preis pro Portion Bullensperma ein
Attribut, da so die Zahlungsbereitschaften für die einzelnen Merkmale ermittelt
werden können. Damit zerlegt sich das Produkt „Bullensperma“ für die Discrete
Choice Methode in folgende sieben Attribute:
• Vererbung der Milchleistung (abgekürzt: Milchleistung)
• Vererbung des Euters (abgekürzt: Euter)
• Vererbung der Nutzungsdauer (abgekürzt: Nutzungsdauer)
• Vererbung des Fundaments (abgekürzt: Fundament)
• Vererbung des Fleischwertes (abgekürzt: Fleischwert)
• Vererbung der Bemuskelung (abgekürzt: Bemuskelung)
• Preis pro Portion des Bullenspermas (abgekürzt: Preis)
-
Material und Methoden
23
Nach der Festlegung der Attribute erfolgt, wie zuvor in Kapitel 3.1 beschrieben,
die Bestimmung der einzelnen Ausprägungen der Eigenschaften. Hierzu wurden
die einzelnen Werte aus der Zuchtwertschätzung für Fleckvieh herangezogen, die
als „gemeinsame Zuchtwertliste von Deutschland und Österreich“ veröffentlicht
ist (vgl. LFL, 2012). Die besten 1000 Fleckviehbullen gingen in die Berechnung
der Level ein. Für das Euter, die Nutzungsdauer, das Fundament, den Fleischwert
und die Bemuskelung ist der Relativzuchtwert die Grundlage. Dieser beschreibt,
wie sich der Bulle in Bezug auf die Population vererbt. 100 entspricht dem
Populationsmittel. Demnach sind Werte über 100 besser als der Durchschnitt der
Population und Werte unter 100 schlechter als das Populationsmittel. Für die
Milchleistung liegen keine Relativzuchtwerte vor, deshalb wird die Menge Milch
(in Litern) angegeben, die die Nachkommen des Bullen über oder auch unter dem
Durchschnitt der Population geben. Eine Berechnung der Quantile erscheint als
beste Alternative, um die unterschiedlichen Ausprägungen der Level festzulegen.
Diese Methode gibt die realistischsten Werte wider. Es wurden, neben dem
Mittelwert der 1000 besten Bullen, das 10%- und das 90%-Quantil berechnet.
Als Nächstes erfolgt eine Ausarbeitung der Hypothesen, die sich aus dem
Entscheidungsmodell und der Attribute ergeben. Da die Präferenzen des
Landwirtes mit den betrieblichen Gegebenheiten korrelieren, müssen neben dem
Discrete Choice Experiment auch betriebliche Fakten in der Umfrage abgefragt
werden. Aus diesen betrieblichen Fakten, den persönlichen Merkmalen des
Züchters und der Eigenschaften der Bullen ergeben sich folgende Hypothesen, die
anhand der Ergebnisse der Befragung empirisch überprüft werden:
1. Setzt ein Landwirt einen Melkrobotor ein, achtet dieser bei der Wahl des
richtigen Bullen für seine Kühe vermehrt darauf, dass der Bulle gute Euter
vererbt.
Melkrobotoren arbeiten ohne menschliche Hilfe beim Ansetzen des
Melkgeschirres. Hierzu nutzen sie Ultraschall, Laser und optischen Sensoren. Der
Melkrobotor kann unförmige Euter sowie schiefe oder solche mit überzähligen
Zitzen nicht erkennen, und demnach sind Kühe mit suboptimalen Eutern
ungeeignet für Melkrobotoren (HARSCH, 2010). Der Landwirt kalkuliert dieses
bei seiner Entscheidungsfindung mit ein.
-
Material und Methoden
24
2. Der Landwirt achtet, sofern er die männliche Nachzucht selbst mästet, bei
der Bullenauswahl vermehrt auf die Vererbung der Bemuskelung.
Da der Landwirt nicht nur auf den Erlös des männlichen Kalbes wert legt, sondern
auch auf die Qualität des Fleisches, wird er auf eine gute Bemuskelung achten.
Bei guter Bemuskelung der Nachzucht erzielt der Landwirt einen höheren
Schlachterlös als bei Tieren mit schlechterer Bemuskelung.
3. Eine eigene Mast der männlichen Nachzucht führt bei der Bullenauswahl
zu einer vermehrten Beachtung des Fleischwertes.
Nicht nur die Bemuskelung, sondern auch der Fleischwert interessieren den
Landwirt. Der Fleischwert enthält die Komponenten: Nettozunahme,
Handelsklasse und Ausschlachtung (LFL, 2009). Eine möglichst schnelle
Zunahme von gutem Fleisch ist Ziel des Landwirts.
4. Je höher die Abgangsrate eines Betriebes, desto höher ist die
Wahrscheinlichkeit, dass der Betriebsleiter sich bei der Bullenwahl für einen
Bullen entscheidet, der eine lange Nutzungsdauer vererbt.
Eine hohe Abgangsrate führt unter Umständen zu einem Engpass bei der
Remontierung mit eigener Nachzucht, der durch Zukäufe ausgeglichen werden
muss. Ein Zukauf von Färsen ist nicht ohne Risiko und ggf. teurer als die eigene
Nachzucht.
5. Je höher die Abgangsrate in einem Betrieb, desto mehr Wert legt der
Landwirt auf die gute Vererbung des Fundamentes.
Fundamentprobleme sind einer der häufigsten Gründe, weshalb Milchkühe den
Betrieb verlassen. Ein mangelhaftes Fundament führt unter anderem zu
schmerzhaften Klauenproblemen, die die Milchleistung negativ beeinflusst, oder
es verhindert, dass die Kuh ihrem Leben im Laufstall nachgehen kann.
6. Vollerwerbslandwirte reagieren stärker auf Preisanreize bei der Wahl des
Bullenspermas.
Vollerwerbslandwirte, deren Ziel eine Gewinnmaximierung ist, reagieren stärker
auf Preisveränderungen des Bullenspermas als Landwirte, die
außerlandwirtschaftliche Einkünfte erzielen und nur im Nebenerwerb Milchvieh
-
Material und Methoden
25
halten. Zum einen ist dieses oft mengenbedingt, da Nebenerwerbslandwirte selten
so viele Kühe besamen, und zum anderen verfolgen sie nicht unbedingt das Ziel
der Gewinnmaximierung.
7. Je geringer der Umsatz der Milchproduktion am Gesamtumsatzes des
Betriebes, desto wichtiger wird der Preis des Bullenspermas.
Betriebe, die unter 50% ihres Umsatzes im Bereich Milchproduktion
erwirtschaften, nehmen günstigeres Sperma von Bullen, die sich vermeintlich
schlechter vererben. Die Milchproduktion nimmt einen geringeren Stellenwert ein
als ein anderer Betriebszweig, weshalb Ausgaben im Milchsektor möglichst
gering gehalten werden.
8. Ein studierter Landwirt reagiert stärker auf Preise von Bullensperma als
Landwirte ohne agrarwissenschaftlichem Studium.
Studierte Landwirte haben einen ökonomischeren Blick und ordnen Preise und
Ausgaben anders ein als Landwirte ohne Studium. Es findet eine stärkere
Abwägung des Preis-Leistung-Verhältnisses statt.
9. Je geringer die Milchleistung im Herdendurchschnitt ist, desto stärker
wird der Entscheider der Bullenwahl auf eine Erhöhung der Milchleistung achten.
Eine geringe Milchleistung im Herdendurchschnitt hat zur Folge, dass der Betrieb
einen geringeren Erlös verzeichnet. Es wäre durch eine bessere genetische
Veranlagung der Kühe möglich, mit gleichem Input einen höheren Output zu
erzielen. Demnach sollten Betriebe mit einer Milchleistung von unter 7500 kg pro
Jahr eine Erhöhung der Milchleistung anstreben.
10. Jüngere Landwirte entscheiden bei der Bullenwahl anders als ältere.
Landwirte, die nach 1980 geboren wurden, setzen im Vergleich zu älteren
Landwirten ihre Prioritäten an anderer Stelle. Neu erlernte Techniken oder
Verfahren bieten Chancen, denen ältere Landwirte skeptischer entgegenblicken
als jüngere. Demnach entscheiden ältere Landwirte konservativer.
-
Material und Methoden
26
11. Entscheider der Bullenauswahl, die gesextes Sperma einsetzen, haben
unterschiedliche Präferenzen im Vergleich zu Betrieben, in denen kein gesextes
Sperma zum Einsatz kommt.
Gesextes Sperma führt dazu, dass hauptsächlich weibliche Nachzucht erzeugt
wird. Deshalb sollten Merkmale, die den Fleischwert und die Bemuskelung
betreffen, von untergeordneter Bedeutung für den Landwirt sein.
Gestaltung
Im vorherigen Abschnitt wurde schon erläutert, welche Attribute in das Discrete
Choice Experiment einfließen. Die Berechnung der unterschiedlichen Level
erfolgte mit Hilfe der vorhanden Relativzuchtwerte oder im Fall der Milchleistung
anhand des Literzuwachses in der nächsten Generation. Der Mittelwert sowie das
10%- und 90%-Quantil wurden statistisch ermittelt. Beim Preis hingegen konnte
keine statistische Berechnung vorgenommen werden, da trotz vorhandener Daten
eine zu geringe Spanne zwischen dem 10%- und 90%-Quantil vorhanden war. Die
Preise pro Spermaportion, die die Besamungsverbände verlangen, unterschieden
sich nur geringfügig. Um Anreize zu setzen, empfahl sich eine extremere
Verteilung der Preise. Dieses sollte dazu führen, bessere Trade-offs zu entwickeln.
Eine extreme Verteilung der Preislevel könnte einerseits dazu führen, dass der
Landwirt eine differenzierte Beurteilung der einzelnen Eigenschaften vornimmt,
da mit dem Spermakauf höhere Kosten entstehen, dessen Qualität erst einmal
gründlich nachvollzogen werden muss. Andererseits könnten gerade Landwirte
mit geringerem Budget vor dem Kauf von teurem Sperma zurückschrecken. Bei
einer geringfügigen Unterscheidung der Preise erscheinen die Unterschiede nicht
relevant für den Landwirt, es erfolgt eine kostenunabhängige Beurteilung. Da für
alle Attribute drei verschiedene Eigenschaften gewählt wurden, sind auch drei
Ausprägungen für den Preis empfehlenswert. Für den Preis sind 5 Euro, 15 und 25
Euro pro Spermaportion ausgewählt worden. Bei der Milchleistung ergaben sich
die Attributsausprägungen: 445 Liter, 763 und 1068 Liter über dem
Populationsmittel (10%-Quantil, Mittelwert, 90-Quantil). Für das Euter erfolgte
eine Ermittlung der Relativzuchtwerte von 98, 108 und 118 (10%-Quantil,
Mittelwert, 90-Quantil). Die Relativzuchtwerte für die Nutzungsdauer liegen bei
99, 110 und 120. Das Fundament hat die Relativzuchtwerte von 96, 106 und 116.
Beim Fleischwert wurden die Werte 98, 108 und 119 für die Relativzuchtwerte
errechnet. Für die Bemuskelung ergaben sich 91, 102 und 113 als
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Material und Methoden
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Relativzuchtwerte. In der folgenden Tabelle 1 sind die Eigenschaften und die
verschiedenen Ausprägungen noch einmal zusammenfassend dargestellt:
Tabelle 1: Attribute des Bullenspermas und deren Ausprägung
Attribut Erläuterung Ausprägungen (10%-
Quantil/ Mittelwert/ 90%-
Quantil) Milchleistung Angabe in Litern über dem
Populationsmittel
445/ 763/ 1068
Euter RZW (100 entspricht dem
Populationsmittel)
98/ 108/ 118
Nutzungsdauer RZW (100 entspricht dem
Populationsmittel)
99/ 110/ 120
Fundament RZW (100 entspricht dem
Populationsmittel)
96/ 106/ 116
Fleischwert RZW (100 entspricht dem
Populationsmittel)
98/ 108/ 119
Bemuskelung RZW (100 entspricht dem
Populationsmittel)
91/ 102/ 113
Preis Preis in Euro und pro Portion
des Spermas
5/ 15/ 25
Quelle: eigene Darstellung
Das Produkt „Bullensperma“ ist nun in seine Attribute und Eigenschaften zerlegt,
es folgt die Wahl der Anzahl der Alternativen. Da schon eine hohe Anzahl an
Attributen und Levels vorliegt, sollten nicht zu viele Alternativen zur
Entscheidung angeboten werden, um eine Überforderung der Landwirte zu
vermeiden. Eine Option der nicht-Wahl ist in diesem DCE nicht vorgesehen. Es
geht darum, dem Landwirt eine möglichst realitätsnahe Befragungssituation zu
bieten (KUHFELD ET AL., 1994). Aus diesem Grund fiel die Entscheidung gegen
eine nicht-Wahl-Option und für drei verschiedene Bullenspermen. Die drei Bullen
unterscheiden sich in sieben Attributen mit jeweils drei Eigenschaften, damit ist
ein Choice Set komplett. „Die Ausprägungen dieser Attribute werden über die
Alternativen hinweg variiert“ (AUSPRUG & LIEBE, 2011). Dazu wurde das
Statistikprogramm SPSS genutzt. SPSS gab 64 verschiedene Choice Sets aus.
Hierzu ein exemplarisch gewähltes Choice Set:
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Material und Methoden
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Tabelle 2: Beispiel eines Choice Sets des Fragebogens
Bulle/Milchleistung Bulle 1 Bulle 2 Bulle 3
Milchleistung 763 445 1068
Euter 118 98 108
Nutzungsdauer 120 120 99
Fundament 106 96 116
Fleischwert 98 98 98
Bemuskelung 91 102 91
Preis pro Portion (Euro) 5 25 5
Ich würde wählen:
Quelle: eigene Darstellung des SPSS-Outputs
SPSS erstellte ein orthogonal, reduziertes Design. Ein Choice Set wies über alle
Alternativen in allen Attributen dasselbe Level auf und wurde folglich entfernt, da
keine Entscheidung für einen Bullen möglich war. Weiterhin gab es in einigen
Choice Sets Bullen, die in allen Attributsausprägungen Vorteile gegenüber den
anderen Bullen der Entscheidungssituation hatten, deshalb wurden diese neun
entfernt. Bei einigen weiteren Choice Sets erfolgte eine Änderung in einer
Ausprägung bei einem Attribut, um eine Dominanz des Bullen zu vermeiden. Am
Ende der Bearbeitung der Choice Sets wurde das veränderte orthogonal,
reduzierte Design auf Multikollinearität geprüft. Wie KUHFELD (1994)
beschreibt, ist ein D-Efficiency Wert von 100 nicht möglich wegen des
reduzierten Designs und den zusätzlichen Veränderungen innerhalb der Choice
Sets. Allerdings erreicht das Modell noch einen sehr guten Wert von 96,5.
Die 54 Choice Sets kann kein Umfrageteilnehmer auf einmal beantworten,
deshalb musste eine Einschränkung und zufällige Auswahl erfolgen. Auf Grund
der persönlichen Interviews auf der „Eurotier“ 2012 empfahl sich eine klassische
Papierumfrage, da mehrere Landwirte gleichzeitig, aber unabhängig voneinander
am Experiment teilnehmen konnten. Ein persönliches Interview hat den Vorteil,
dass die Rücklaufquote und die Qualität der gewonnenen Daten hoch ist. Die
Messe „Eurotier“ bot sich als Plattform für das Discrete Choice Experiment an, da
dort genügend Milchviehhalter, die die Rasse Fleckvieh nutzen, anzutreffen sind.
Das Fleckvieh ist, wie näher in Kapitel 2.2 beschrieben, vor allem im
Süddeutschenraum vertreten. Deshalb wäre ohne die Messe „Eurotier“ eine
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Material und Methoden
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persönliche Umfrage nicht möglich gewesen, da der Kostenaufwand durch die
Reise und Befragung unverhältnismäßig hoch wäre. Es hätte eine andere
Umfrageart gewählt werden müssen. Eine Telefonumfrage ist in der heutigen Zeit
sehr schwierig, da durch die vielen Call-Center-Befragungen eine geringe
Bereitschaft besteht, an einer Umfrage teilzunehmen. Weiterhin ist eine
Beantwortung der Choice Sets ohne visuelle Betrachtung und Vergleich der
Alternativen nahezu unmöglich. Es hätte eine erste telefonische Kontaktaufnahme
stattfinden können, aber zur Beantwortung des Fragebogens hätte der Fragebogen
per Post an die Landwirte geschickt werden müssen. Das Internet, als eine weitere
Möglichkeit der Umfragedurchführung, ist die kostengünstigste Alternative.
Jedoch ist die Rücklaufquote der Beantwortung des Fragebogens sehr gering,
weshalb eine sehr große Anzahl potenzieller Teilnehmer auf die Umfrage
aufmerksam gemacht werden muss (HÄDER, 2010). Die Messe „Eurotier“ bot,
dank des Besamungsvereins Neustadt an der Aisch mit deren Unterstützung die
Umfrage durchgeführt wurde, die beste Möglichkeit der Umfrageerhebung.
Da die Literatur keine eindeutige optimale Anzahl der Choice Sets mit drei
Produktalternativen und je sieben Attributen vorgibt, fiel die Entscheidung, jedem
Teilnehmer der Umfrage sechs Choice Sets vorzulegen. Um alle Choice Sets den
Landwirten gleichmäßig vorzulegen, wurden neun verschiedene Fragebögen
erstellt. Die Auswahl der sechs Choice Sets erfolgte nach dem Zufallssystem. Jede
Fragebogenversion enthält demnach immer die gleichen sechs Choice Sets. Eine
Entscheidung für eine Alternative ist durch die Vielzahl der Attribute kompliziert.
„The greater the number of attributes, the greater the cognitive difficulty of
completing a DCE“ (MANGHAM ET AL., 2008). Zusätzlich ist die Konzentration
während der Umfrage durch die Messeatmosphäre beeinträchtigt. Zu den sechs
Choice Sets, die jeder Landwirt, der an der Umfrage teilnahm, beantworten
musste, kamen eine Reihe von Fragen zum Betrieb. Diese Fragen weisen keine
Unterschiede in den verschiedenen Versionen des Fragebogens auf. Wie aus den
oben genannten Hypothesen ersichtlich wurde neben dem Betriebstyp und dem
Umsatz auch das Alter und die Berufsausbildung des Entscheiders der Bullenwahl
erfragt. Die im Betrieb gehaltenen Rinderrassen und die Verwendung der
Nachzucht sowie Milchquote und durchschnittliche Herdeleistung und Mastdauer
der Bullen waren ebenfalls Teil der Umfrage. Am Ende des Fragebogens ging es
neben der Haltungsform der Kühe vor allem um den Einsatz und die Ansicht des
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Material und Methoden
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Landwirtes bezüglich neuerer Verfahren, wie z.B. dem Einsatz von gesextem
Sperma. Alle Fragen nach soziodemographischen Parametern befinden sich im
Anhang in Form eines der neun Versionen des Fragebogens, der den Landwirten
auf der Messe „Eurotier“ vorgelegt wurde. Zu Beginn des Fragebogens sollten
leicht zu beantwortende Fragen stehen, die nicht zu persönlich sind, um eine gute
Interviewatmosphäre zu schaffen. Anschließend folgen die schwierigen Fragen, in
diesem Fall die sechs Choice Sets. Den Abschluss bilden noch einige leicht zu
beantwortende Fragen (HÄDER, 2010).
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Material und Methoden
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3.3. Auswertungsmechanismen
Das erste Unterkapitel beschreibt die Aufbereitung der gesammelten Daten. Das
folgende Unterkapitel befasst sich mit den grundlegende Auswertungs- und
Entscheidungsmechanismen, die zur Auswertung genutzt wurden. Das dritte
Unterkapitel erläutert die Annahme der Unabhängigkeit von irrelevanten
Alternativen. Im letzten Unterkapitel wird das geschätzte multinominale
Probitmodell näher betrachtet.
3.3.1.1. Aufbereitung der Daten
Das Dircrete Choice Experiment wird mit Hilfe des Statistikprogramms „Stata“
ausgewertet. Für kleinere Berechnungen und die Abbildung 3 bot sich MS Excel
als Auswertungsmethode an. Da die Umfrage nicht elektronisch vorgenommen
wurde, mussten die Daten von der Papierform erst in MS Excel übertragen
werden, damit sie im Folgenden in das Stataprogramm exportiert werden können.
Um eine Kompatibilität mit dem englischsprachigen System des Stataprogrammes
herzustellen, musste in MS Excel zu Beginn der Datenübertragung auf die im
englischsprachigen Raum übliche Schreibweise konfiguriert werden. Dieses geht
einher mit der Vertauschung von Punkt und Komma als Dezimal- und
Hundertertrennzeichen.
Nach dem Einlesen der Daten in Stata erfolgte eine Überprüfung auf die
Korrektheit der Daten. Dabei fielen einige Übertragungsfehler von der Papierform
auf, die in „Stata“ mit dem „replace“-Befehl behoben wurden. Weiterhin erfolgte
eine durch die Übertragung verursachte Änderung der Antworten. Einige Befragte
ließen einen Teil der Fragen aus, da sie diese aus betrieblichen Gründen nicht
beantworten konnten. So fehlte bei den Landwirten, die die Bullen alle
verkauften, u.a. die Mastdauer der Bullen. Durch das Einlesen der Daten in Stata
erhielten frei gelassene Zellen in MS Excel teilweise anstelle eines Punktes das
Symbol in Stata für eine offene Antwort: eine Null. Dieses verfälschte im Verlauf
der Auswertung u.a. die durchschnittlichen Werte, welches ein falsches Bild der
Betriebe verursachte. Der „replace“-Befehl ermöglichte hier ebenfalls die
Korrektur der Daten. Nach der Kontrolle der Daten erfolgte die Aufbereitung
dieser. Zu Beginn der Aufbereitung wurde die Milchleistung standardisiert.
Dieses musste erfolgen, da die Milchleistung als einzige Angabe im Choice-Set,
abgesehen vom Preis pro Portion Sperma in Euro, kein Relativzuchtwert ist. Um
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Material und Methoden
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im Verlauf der Auswertung, besonders bei der Berechnung der marginalen
Effekte, besser Vergleiche ziehen zu können, bietet sich die Einführung eines
standardisierten Wertes an, der dem Relativzuchtwert der anderen Attribute
entspricht. Die Standardabweichung der Relativzuchtwerte beträgt 12 Punkte. Die
Standardabweichung der Milchmenge beträgt 802kg. Das Populationsmittel 100
entspricht dem Wert der Milchleistung von 0kg. Daraus ergibt sich für die
Milchleistung von 445kg über dem Populationsmittel ein fiktiver
Relativzuchtwert von 106,66 (aufgerundet 107). Für die Milchmenge 763kg der
im Choice-Set aufgeführten Mengen errechnet sich der Wert von 111,42
(abgerundet 111). Der höchste Wert für die im Choice-Set dargestellte
Milchmenge von 1068kg über dem Populationsmittel erhält den fiktiven
Relativzuchtwert von 115,98 (aufgerundet 116). Diese Werte werden in Stata mit
dem Befehl „replace“ geändert und zur weiterführenden Analyse genutzt.
Um festzustellen, ob betriebliche Besonderheiten eine Veränderung der
Entscheidung herbeiführen, wurden sogenannte Kreuzterme eingeführt. Dazu
müssen als erstes Dummy-Variablen hergestellt werden. Diese Dummy-Variablen
nehmen nur den Wert null und eins an (KOHLER, 2008). Eins, wenn diese
Eigenschaft im Betrieb vorhanden ist, und null, wenn diese Eigenschaft nicht auf
den Betrieb zutrifft. Hierzu muss in Stata der Befehl „generate“ verwendet
werden. Nach dem „generate“-Befehl muss der Name des neuen Dummys stehen
sowie dessen Ausprägung(=0 oder =1). Als Befehlszusatz wird eine if-Bedingung
verwendet, damit das Statistikprogramm die umzuwandelnde Variable erkennt.
Zusätzlich enthält diese Bedingung die Ausprägung der ursprünglichen Variable
(bspw. if Melksystem==3). Im Anschluss erfolgt eine Generierung einer neuen
Variablen aus der Dummy-Variablen multipliziert mit der Ausprägung der
Eigenschaft, die als Kreuzterm bezeichnet wird. Auf diese Weise entstand bspw.
die Variable „Robotor_Euter“ durch die Multiplikation der Dummy-Variable, die
angibt, ob der Betrieb einen Melkrobotor einsetzt („1“), mit der Variable „Euter“,
die die Ausprägung der Eigenschaft „Euter“ angibt. Diese Variable „Euter“
enthält die einzelnen Level, die in den verschiedenen Choice Sets vorhanden sind.
Nach diesem Vorgehen entstanden acht weitere Kreuzterme. Die Kreuzterme
ergeben sich aus den Hypothesen, die in Kapitel 3.2 aufgeführt sind. Betriebe mit
eigener Mast erhalten in einer neuen Dummy-Variable die Ausprägung eins.
Diese Dummy-Variable wird, um neue Kreuzterme zu generieren, mit den
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Material und Methoden
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Variablen „Bemuskelung“ und „Fleischwert“ multipliziert. Mithilfe dieser beiden
Kreuzterme soll herausgefunden werden, ob eine eigene Mast das Verhalten bei
der Bullenwahl beeinflusst. Zudem entstanden zwei separate Gruppen von
Betrieben, die bestimmte Eigenschaften aufweisen. Für diese Betriebe erfolgte
zusätzlich zur allgemeinen Schätzung eine separate Schätzung, die Abweichungen
von den gesamten Betrieben aufdecken soll. Die eine Gruppe kennzeichnet sich
durch sehr junge Entscheider der Bullenwahl, die alle unter 25 Jahren sind. Die
andere Gruppe setzt gesextes Sperma bei der Besamung ihrer Kühe ein. Um die
Betriebe zu kennzeichnen, die entweder sehr junge Entscheider der Bullenwahl
hatten oder gesextes Sperma einsetzten, bot sich ebenfalls die Generierung von
Dummy-Variablen an. Die Betreibe, auf die das Merkmal zutrifft, erhalten den
Wert eins, alle anderen den Wert null. Erfolgt im Anschluss eine Multiplikation
mit den verschiedenen im Choice Set vorhandenen Variablen, ergeben sich eigene
Variablen speziell für die Betriebe, die die obengenannten Kriterien erfüllen.
3.3.1.2. Grundlegende Auswertungs- und
Entscheidungsmechanismen
Zu Beginn der Auswertung des Discrete Choice Experiments erfolgt ein Abschnitt
zur deskriptiven Statistik. Bei der deskriptiven Statistik handelt es sich um eine
beschreibende Auswertung der gesammelten Daten. Genauer gesagt handelt es
sich bei deskriptiver Statistik um die Erhebung, Aufbereitung und Auswertung der
Daten (BOL, 2004). Die Erhebung der Daten ist mit der Umfrage auf der Messe
„Eurotier“ abgeschlossen und die Aufbereitung ist oben erläutert.
Das Statistikprogramm „Stata“ eignet sich zur Auswertung. Die Anweisung
„sum“ oder „summarize“ gibt die arithmetischen Mittelwerte der einzelnen
Variablen wieder. Zudem enthält der Output dieses Befehls die Anzahl der
Beobachtungen, die zur Berechnung genutzt wurden, die Standardabweichung
sowie den höchsten und niedrigsten Wert des Datensatzes (vgl. KOHLER, 2008).
Für einige der beobachteten Variablen der Umfrage macht es keinen Sinn, den
Mittelwert zu berechnen. Als Beispiel sei die Variable „Melksystem“ genannt.
Diese Variable hat die Ausprägungen eins (Melken am Platz), zwei (Melken im
Stand) und drei (Melkrobotor) (vgl. Fragebogen im Anhang). Das arithmetische
Mittel liegt bei 1,89. Dieser Wert ist nicht logisch, da es diese Ausprägung nicht
gibt. Deshalb ist in solch einem Fall die Beschreibung der einzelnen
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Material und Methoden
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Ausprägungen sinnvoller. Hierzu wird der Befehl „proportion“ verwendet. Bei
diesem Befehl gibt „Stata“ genauso wie bei dem Befehl „sum“ die Anzahl der
Beobachtungen an sowie die Standardabweichung. Diese wird jedoch für jede
einzelne Ausprägung angegeben, genau wie das Konfidenzintervall (95%). Das
Hauptinteresse gilt allerdings der Verteilung der Variablen. Durch diese
Verteilung der einzelnen Variablen kann der Anteil der Ausprägungen abgelesen
werden. Für die Variable „Melksystem“ ergeben sich für die Ausprägungen
„1“(Melken am Platz) knapp 22%, die meisten Betriebe (ca. 67%) haben die
Ausprägung „2“ und die verbleibenden knapp 11% haben die Ausprägung „3“,
nutzen also einen Melkrobotor. Für jede einzelne Ausprägung der Variable gibt
„Stata“ den Anteil an den beobachteten Daten an (vgl. Stata-Hilfe). Mit diesen
beiden Stata-Befehlen erfolgt eine Beschreibung des Datensatzes sowie des
durchschnittlichen Betriebes (vgl. Kapitel 4.1).
Nach der Beschreibung der gesammelten Daten erfolgt die empirische
Auswertung. Bei dieser weiterführenden Anwendung der Statistik geht es nicht
nur um die Beschreibung der Daten, sondern um die Gewinnung von
Erkenntnissen über die tatsächliche Welt (KROMREY, 2009). Im Rahmen dieser
Masterarbeit soll die empirische Analyse der Daten die ökonomischen Gewichte
der Zuchtwertschätzung überprüfen. Des Weiteren erfolgt eine Überprüfung der in
Kapitel 3.2 aufgestellten Hypothesen. Damit eine empirische Auswertung
vorgenommen werden kann, bedarf es einer Modellentwicklung, um den
Untersuchungsgegenstand zu beschreiben. Die Grundlage jedes Discrete Choice
Experimentes ist das in Kapitel 3.1 erläuterte Random Utility Modell. Da es sich
um ein komplexes, diskretes Experiment handelt, sind lineare Modelle nicht
geeignet, um die diskrete Zielvariable ausreichend zu beschreiben (MOSSMÜLLER,
2004). Im Fall der durch die Umfrage gesammelten Daten kann von einer
Zufallsstichprobe ausgegangen werden. Aus diesem Grund erfolgt eine
Beschreibung der Daten durch die Entwicklung eines Logit- oder Probit-Modells.
Das Logit-Modell entsteht, wenn die Störterme, die der zufälligen Komponente
im Random Utility Modell entsprechen sowie die Verteilungsfunktion logistisch
verteilt sind. Das Probit-Modell wird genutzt, wenn für die Störterme und die
gesamte Verteilungsfunktion des Modells die Normalverteilung angenommen
wird (BATEMANN ET AL., 2002).
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