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Phänotypische und funktionelle Charakterisierung
IL‐17 produzierender CD8+ T‐Zellen in der Multiplen Sklerose
Dissertation
Zur Erlangung der Würde des Doktors der Naturwissenschaften
des Fachbereichs Biologie, der Fakultät für Mathematik, Informatik und
Naturwissenschaften,
der Universität Hamburg
vorgelegt von
Anne Willing
aus Vreden
Hamburg 2013
INHALTSVERZEICHNIS
1. EINLEITUNG .............................................................................................................. 1
1.1. Aktivierung und Differenzierung von CD8+ T‐Zellen.................................................................... 2
1.2. Multiple Sklerose – Epidemiologie, klinischer Verlauf und Ätiologie ......................................... 4
1.3. Multiple Sklerose – Pathogenese und Therapie ......................................................................... 5
1.4. Rolle der CD8+ T‐Zellen in der Pathogenese der Multiplen Sklerose .......................................... 7
1.5. Rolle von IL‐17 und IL‐17 produzierenden CD4+ T‐Zellen in der Multiplen Sklerose .................. 9
1.6. CD161 als Oberflächenmarker für IL‐17 produzierende T‐Zellen ............................................. 10
1.7. Kontroverse über die funktionelle Identität IL‐17 produzierender CD8+ T‐Zellen .................... 11
1.8. Mucosal‐associated invariant T (MAIT)‐Zellen – eine T‐Zell‐Population mit Eigenschaften des
angeborenen Immunsystems .................................................................................................... 13
1.9. Zielsetzung dieser Arbeit ........................................................................................................... 15
2. MATERIAL UND METHODEN ................................................................................... 17
2.1. Material ..................................................................................................................................... 17
2.1.1. Humanes Probenmaterial ................................................................................................................... 17
2.1.2. Reagenzien .......................................................................................................................................... 20
2.1.3. Puffer und Zellkulturmedien ............................................................................................................... 23
2.1.4. Verbrauchsmaterialien ....................................................................................................................... 23
2.1.5. Geräte und Software ........................................................................................................................... 24
2.2. Methoden .................................................................................................................................. 25
2.2.1. Isolierung und Konservierung von Immunzellen ................................................................................ 25
2.2.2. Zellkulturexperimente ........................................................................................................................ 27
2.2.3. Färbeprotokolle für durchflusszytometrische Analysen ..................................................................... 29
2.2.4. Bestimmung des IL‐18 Serumspiegels................................................................................................. 31
2.2.5. Microarray Genexpressionsanalyse .................................................................................................... 31
2.2.6. Statistik ............................................................................................................................................... 32
3. ERGEBNISSE ............................................................................................................ 33
3.1. Identifizierung und Charakterisierung IL‐17 produzierender CD8+ T‐Zellen ............................. 33
3.1.1. Assoziation von IL‐17 Produktion durch CD8+ T‐Zellen mit verminderter CD8β‐Expression .............. 33
3.1.2. Allgemeine Charakterisierung von CD8αα T‐Zellen ............................................................................ 36
3.1.3. MAIT‐Zellen repräsentieren den Großteil der IL‐17 produzierenden CD8+ T‐Zellen .......................... 42
3.1.4. Reduzierte Proliferation von CD8+ MAIT‐Zellen nach klassischer T‐Zell‐Rezeptor Stimulation .......... 46
3.2. Analyse von CD161hochCD8+ bzw. CD8+ MAIT‐Zellen in der Multiplen Sklerose ........................ 48
3.2.1. Verminderte Frequenzen der CD161hochCD8+ T‐Zellen im peripheren Blut von MS‐Patienten .......... 48
3.2.2. Verminderte Frequenz der CD161hochCD8+ bzw. CD8+ MAIT‐Zellen im Liquor im Vergleich zum
peripheren Blut ................................................................................................................................... 52
3.2.3. Unveränderte Expression von Aktivierungsmarkern auf CD8+ MAIT‐Zellen im peripheren Blut von
MS‐Patienten ...................................................................................................................................... 53
3.3. Aktivierung durch IL‐18 als Mechanismus der Frequenzverminderung von CD8+ MAIT‐Zellen
im Blut von MS‐Patienten ......................................................................................................... 56
3.3.1. In vitro Aktivierung von CD8+ MAIT‐Zellen durch IL‐18 ....................................................................... 56
3.3.2. Zusammenhang zwischen CD8+ MAIT‐Zell Frequenz und IL‐18 Serumspiegel bei MS‐Patienten ....... 58
3.4. Erhöhte IL‐7Rα Expression und IL‐17 Produktion von CD8+ MAIT‐Zellen bei MS‐Patienten .... 60
4. DISKUSSION ............................................................................................................ 63
5. ZUSAMMENFASSUNG ............................................................................................. 73
6. SUMMARY .............................................................................................................. 74
LITERATURVERZEICHNIS .................................................................................................... 75
DANKSAGUNG ................................................................................................................... 86
ANHANG ........................................................................................................................... 87
Abkürzungsverzeichnis .......................................................................................................................... 87
Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................................... 89
Tabellenverzeichnis ............................................................................................................................... 90
Einleitung
1
1. EINLEITUNG
Im Laufe der Evolution haben sich vielfältige Abwehrmechanismen und Strategien entwickelt, durch
die sich vielzellige Organismen vor eindringenden Pathogenen schützen. Klassischerweise werden die
diversen Bestandteile des Immunsystems funktionell entweder dem angeborenen oder dem
adaptiven Teil zugeordnet. Letzterer kommt ausschließlich bei Vertebraten vor und unterscheidet
sich vom angeborenen Immunsystem in erster Linie durch seine breit gefächerte Antigespezifität und
die Ausbildung eines immunologischen Gedächtnisses. Das immunologische Gedächtnis vermittelt
bei einer zweiten Begegnung mit demselben Pathogen eine schnellere und effektivere spezifische
Antwort.
Zentraler Bestandteil des adaptiven Immunsystems sind die B‐ und T‐Zellen, die im
Knochenmark aus einer gemeinsamen lymphatischen Vorläuferzelle hervorgehen und deren Reifung
entweder im Knochenmark im Falle der B‐Zellen oder im Thymus im Falle der T‐Zellen stattfindet. B‐
Zellen sind die primären Effektorzellen der humoralen adaptiven Immunantwort, was bedeutet dass
sie spezifische Antikörper gegen die Antigene von Pathogenen produzieren. T‐Zellen hingegen
vermitteln die so genannte zelluläre adaptive Immunität und können anhand der Expression von CD4
oder CD8 auf ihrer Oberfläche in zwei Hauptgruppen unterteilt werden. Während CD4+ T‐Zellen
hauptsächlich die Steuerung der Immunantwort übernehmen, sind CD8+ T‐Zellen dafür zuständig
direkt viral infizierte oder neoplastisch entartete Zellen zu töten. Eine zentrale Gemeinsamkeit der B‐
und T‐Zellen besteht darin, dass ihre Antigenrezeptoren durch somatische DNA‐Rekombination
einzelner Gensegmente während der Reifung im Knochenmark bzw. Thymus entstehen. So wird eine
große Vielfalt an Antigenspezifitäten erzeugt, wobei jede reife T‐ und B‐Zelle letztendlich nur einen
spezifischen Rezeptor trägt (Prinzip der Klonalität).
Im Gegensatz dazu erkennen die Zellen des angeborenen Immunsystems, zu denen
Makrophagen, andere Granulozyten, dendritische Zellen und natural killer (NK)‐Zellen gezählt
werden, Pathogene mit Hilfe von so genannten Mustererkennungs‐Rezeptoren, die über die
Keimbahn als vollständige Gene vererbt werden und jeweils spezifisch für konservierte Strukturen
sind, die von einem breiten Spektrum an Erregern exprimiert werden.
Die Eigenschaften der genannten Rezeptoren vermitteln grundlegende Unterschiede in der
Funktion der beiden Bestandteile des Immunsystems. Während das angeborene Immunsystem in der
Lage ist schnell und von Geburt an Schutz gegen eine Vielzahl von Erregern zu vermitteln, hat das
adaptive Immunsystem die Fähigkeit eine große Diversität unbekannter Antige zu erkennen und in
Form eines immunologischen Gedächtnisses abzuspeichern1.
Einleitung
2
1.1. Aktivierung und Differenzierung von CD8+ T‐Zellen
Die Aktivierung naiver T‐Zellen im Rahmen einer Immunantwort geschieht in den peripheren
lymphatischen Organen, den Lymphknoten, der Milz und den mit Schleimhäuten assoziierten
lymphatischen Geweben, wo sie mit spezialisierten antigenpräsentierenden Zellen (APZ), wie zum
Beispiel dendritischen Zellen, Makrophagen oder auch B‐Zellen, zusammentreffen. Dabei erkennen
die T‐Zellen über ihren T‐Zell‐Rezeptor (TZR) kurze Peptidabschnitte von Antigenen, die im Komplex
mit major histocompatibility complex (MHC)‐Molekülen auf der Oberfläche der APZ präsentiert
werden. Dazu müssen die Antigene zunächst innerhalb der APZ proteolytisch prozessiert werden und
die Peptide auf die entsprechenden MHC‐Moleküle geladen werden2. Im Falle der CD4+ T‐Zellen sind
dies MHC‐Klasse‐II‐Moleküle, die ausschließlich von professionellen APZ exprimiert werden und mit
Antigenen beladen werden, die zuvor von diesen aus der Umgebung aufgenommen wurden. CD8+ T‐
Zellen erkennen hingegen Peptide im Komplex mit MHC‐Klasse‐I‐Molekülen, die auf dem klassischen
Wege nur Peptide intrazellulär exprimierter, endogener Antigene komplexieren und auf nahezu allen
kernhaltigen Körperzellen vorkommen. Das CD8‐Molekül dient bei der Interaktion des TZR mit dem
MHC‐Klasse‐I‐Peptid‐Komplex als Ko‐Rezeptor, der an konservierte Regionen des MHC‐Moleküls
bindet. Erst durch gleichzeitige Interaktion von CD8 und dem TZR mit dem MHC‐Klasse‐I‐Peptid‐
Komplex kommt es zur optimalen Aktivierung von CD8+ T‐Zellen. Für die primäre Aktivierung naiver
CD8+ T‐Zellen ist es darüber hinaus notwendig, dass das Antigen von einer spezialisierten APZ
zusammen mit weiteren ko‐stimulatorischen Signalen präsentiert wird. Wenn die APZ nicht selbst
das Antigen exprimiert (z.B. durch virale Infektion), müssen dazu Antigene, die aus der Umgebung
aufgenommen wurden, auf MHC‐Klasse‐I‐Moleküle gelangen. Dieser Prozess, der erstmals 1976 als
Kreuzpräsentation (engl. cross‐presentation) beschrieben wurde3,4, ist bis heute auf subzellulärer
Ebene noch nicht vollständig verstanden.
Neben der Stimulation des TZR durch den MHC‐Klasse‐I‐Peptid‐Komplex (Signal 1) bedarf es
weiterer Signale zur Aktivierung naiver CD8+ T‐Zellen, die von den APZ geliefert werden, sobald
diese selbst im Rahmen einer Infektion bzw. Entzündung aktiviert worden sind und reifen5. Zum
einen sind dies durch Zell‐Zell‐Kontakt vermittelte ko‐stimulatorische Signale, wie zum Beispiel die
Hochregulation von CD80 und CD86 (B7) bzw. CD70 auf den APZ, die als Liganden für CD28 bzw.
CD27 auf den T‐Zellen dienen (Signal 2). Zum anderen tragen pro‐inflammatorische Zytokine wie
Interleukin (IL)‐12 und Typ I Interferon (IFN), die von den APZ sezerniert werden, zur Aktivierung bei
(Signal 3)6,7. Die Maturierung der APZ ist demnach ein zentraler Schritt bei der Aktivierung des
adaptiven Immunsystems. Diese kann sowohl durch Zytokine, wie Tumornekrosefaktor (TNF)‐α und
Granulozyten‐Makrophagen‐koloniestimulierendem Faktor (GM‐CSF)5, als auch über so genannte
Mustererkennungsrezeptoren, die zum Beispiel bakterielle Strukturmotive wie Lipopolysaccharide
(LPS) erkennen, induziert werden8. Ein Beispiel hierfür sind die Toll‐like‐Rezeptoren (TLR), die
Einleitung
3
ursprünglich in der Taufliege entdeckt und erstmals im Jahre 1997 auch beim Menschen beschrieben
wurden9.
Über die drei oben beschriebenen und von APZ vermittelten Signale hinaus, unterstützen
CD4+ T‐Zellen die Aktivierung von naiven CD8+ T‐Zellen6,10. Diese kann zum einen indirekt über eine
Interaktion zwischen CD4+ T‐Zellen und APZ erfolgen. So wurde 1998 von drei Gruppen parallel
gezeigt, dass CD4+ T‐Zellen APZ zur Aktivierung von CD8+ T‐Zellen lizenzieren können, und dass dieses
durch Interaktion zwischen CD40 seitens der APZ und CD40L seitens der CD4+ T‐Zelle vermittelt wird
11–13. Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass eine direkte Interaktion zwischen CD4+ und CD8+ T‐Zellen
über CD40/CD40L stattfindet und ebenfalls zur Aktivierung von CD8+ T‐Zellen beitragen kann14. Des
Weiteren scheint die Freisetzung von IL‐2 durch CD4+ T‐Zellen während der erstmaligen
Immunantwort die Effektivität einer sekundären CD8+ T‐Zell vermittelten Immunantwort zu
verbessern15. Obwohl die primäre Aktivierung naiver CD8+ T‐Zellen auch unabhängig von der Hilfe
durch CD4+ T‐Zellen stattfinden kann, scheint diese dennoch für die Entwicklung eines funktionellen
CD8+ Gedächtnis‐T‐Zell‐Pools entscheidend zu sein16,17.
Nach effektiver Aktivierung in den peripheren lymphatischen Organen kommt es zu einer
massiven klonalen Expansion, im Rahmen derer aus einer einzelnen naiven CD8+ T‐Zelle
Subpopulationen mit verschiedensten Effektorfunktionen hervorgehen können18,19. Die Effektor‐T‐
Zellen wandern über die Blutbahn in die betroffenen Gewebe ein und werden dort durch infizierte
Zellen reaktiviert, die sie entweder direkt töten und/oder durch die sie zur Ausschüttung von pro‐
inflammatorischen Zytokinen, wie IFN‐γ und TNF‐α, angeregt werden. CD8+ T‐Zellen können
allerdings neben den beschriebenen zytotoxischen und pro‐inflammatorischen Effektorfunktionen
auch regulatorisch wirken, indem sie zum Beispiel aktivierte CD4+ T‐Zellen töten oder anti‐
inflammatorische Zytokine wie IL‐10 und transforming growth factor (TGF)‐β ausschütten20. Im
Gegensatz zu den regulatorischen CD4+ T‐Zellen, welche große Mengen an CD25 auf ihrer Oberfläche
tragen (CD25hoch) und FOXP3+ sind, konnte für die regulatorisch wirkenden CD8+ T‐Zellen bisher noch
kein gemeinsamer Marker identifiziert werden. Verschiedene, jedoch nicht exklusive
Oberflächenmarker, die vermehrt auf regulatorischen CD8+ T‐Zellen exprimiert zu sein scheinen, wie
zum Beispiel CD122 oder CD8αα‐Homodimere, wurden in der Vergangenheit beschrieben21,22.
Abgesehen von der möglichen Existenz einer eigenständigen regulatorischen CD8+ T‐Zell‐Population
wurde kürzlich mehrfach beschrieben, dass CD8+ T‐Zellen auf dem Höhepunkt der Immunantwort
transient IL‐10 produzieren – vermutlich ein Mechanismus zur autokrinen Selbstlimitierung23–26.
Nachdem das Pathogen erfolgreich bekämpft wurde, kommt es zur Kontraktion der Effektor‐T‐Zell‐
Population, so dass nur ca. 5% der anfänglich expandierten Zellen als Gedächtnis‐T‐Zellen verbleiben
und im Falle einer späteren Infektionen mit dem gleichen Pathogen für eine schnellere adaptive
Immunantwort zur Verfügung stehen27. Wie die Transition von Effektorzellen in Gedächtnis‐Zellen
Einleitung
4
vermittelt wird und welche Teilpopulation letztendlich als Gedächtnis‐Zellen persistiert, ist
Gegenstand aktueller Forschung28. Eine hohe Expression der IL‐7‐Rezeptor‐α‐Untereinheit (IL‐7Rα)
sowie die transiente Expression von CD8αα‐Homodimeren scheinen beispielsweise in der Maus
Effektor‐T‐Zellen, die sich zu Gedächtnis‐T‐Zellen entwickeln, zu markieren29,30. Wenn allerdings das
Antigen, welches die CD8+ Effektor‐T‐Zellen erkennen, nicht beseitigt werden kann, wie im Falle einer
chronischen Virusinfektion oder einer Immunantwort gegen körpereigene Antigene
(Autoimmunreaktion), kann es durch eine permanente Reaktivierung der Zellen zu einer
immunpathologischen Schädigung des Gewebes kommen31.
1.2. Multiple Sklerose – Epidemiologie, klinischer Verlauf und Ätiologie
Eine solche permanente Aktivierung autoreaktiver T‐Zellen ist zentraler Bestandteil der Pathogenese
der Multiplen Sklerose (MS). Bei dieser Autoimmunerkrankung wandern T‐Zellen in das zentrale
Nervensystem (ZNS) ein und es entstehen entzündliche Läsionen, die neben der Immuninfiltration
durch die Demyelinisierung und die Transsektion von Axonen gekennzeichnet sind32. Für gewöhnlich
wird MS im jungen Erwachsenenalter erstmals diagnostiziert. Laut eines Berichts der World Health
Organization (WHO) lag die weltweite Prävalenz der Erkrankung 2008 bei 30/100.000, wobei die
Prävalenz in Europa und Deutschland mit 80/100.000 bzw. 149/100.000 deutlich über dem
weltweiten Durchschnitt lag. Die Erkrankung betrifft in etwa doppelt so viele Frauen wie Männer.
Aufgrund der multilokulären entzündlichen Schädigung des ZNS zählen zu den Symptomen
der MS vielfältige und heterogen auftretende neurologische Defizite, von sensorischen und
motorischen Funktionsstörungen bis hin zu visuellen und kognitiven Einschränkungen. Die meisten
MS‐Patienten zeigen einen schubförmig remittierenden Krankheitsverlauf (relapsing remitting MS,
RRMS), der durch akut auftretende Schübe und Remissionsphasen, in denen sich die neurologischen
Symptome zunächst vollkommen zurückbilden, gekennzeichnet ist. Im späteren Krankheitsverlauf
nach 10 bis 35 Jahren gehen dann ca. 65% dieser Patienten in eine sekundär progrediente Phase
(SPMS) über, in der die neurologischen Defizite akkumulieren. In dieser Phase nimmt die
entzündliche Komponente der Erkrankung ab, während es vermehrt zu Neurodegeneration kommt.
Circa 20% der MS‐Patienten leiden hingegen von Anfang an unter einem Krankheitsverlauf, der sich
durch eine kontinuierliche Verschlechterung und die Abwesenheit von Schüben auszeichnet, der so
genannten primär progredienten MS (PPMS)32.
Es wird angenommen, dass ein komplexes Zusammenspiel aus multiplen genetisch
prädisponierenden und umweltbedingten Faktoren zur Entstehung der Erkrankung beiträgt. Für eine
genetische Komponente spricht eine familiäre Häufung der Erkrankung, die bereits in frühen
epidemiologischen Studien beschrieben wurde. Bei Verwandten ersten Grades einer betroffenen
Einleitung
5
Person liegt das Risiko ebenfalls zu erkranken mit 3% bis 5% in etwa 30 bis 50 mal über dem Risiko
innerhalb der Gesamtbevölkerung33. Bei Stiefgeschwistern oder adoptierten Kindern besteht
hingegen kein erhöhtes MS‐Risiko, was dafür spricht, dass für die familiäre Häufung eher genetische
als umweltbedingte Faktoren ursächlich sind34,35. Diese Hypothese unterstützend liegt bei eineiigen
Zwillingen die Konkordanzrate bei 25%, während sie bei zweieiigen Zwillingen nur 5% beträgt36. In
genomweiten Assoziationsstudien wurden zudem zahlreiche mit MS assoziierte Einzelnukleotid‐
Polymorphismen identifiziert, die zum Großteil innerhalb oder in der Nähe von Genen lokalisiert sind,
die für Proteine mit einer funktionellen Rolle im Immunsystem kodieren37,38. Diese unterstützen die
Annahme, dass eine Fehlregulation des Immunsystems ursächlich verantwortlich für die Entstehung
der MS ist. Die stärkste und vielfach bestätigte Assoziation liegt im Bereich des humanen MHC‐Klasse
II Lokus, Human Leukocyte Antigen (HLA)‐Klasse II. Weitere Beispiele sind die alpha‐Untereinheiten
des IL‐2 Rezeptors und des IL‐7 Rezeptors. Die Vielzahl der assoziierten Genvarianten sowie die
relativ moderaten Effekte, die die einzelne Genvarianten vermitteln, sprechen für eine hohe
Komplexität der genetischen Komponente der MS39. Um den Beitrag einzelner MS‐assoziierter
Polymorphismen an der Pathogenese aufzuklären, werden in aktuellen Studien deren funktionelle
Konsequenzen untersucht40.
Die auch bei homozygoten Zwillingen niedrige Konkordanzrate von 25%36 sowie die globale
Verteilung mit steigender Prävalenz bei zunehmendem Breitengrad deuten darauf hin, dass neben
der genetischen Prädisposition Umweltfaktoren einen Einfluss auf das Entstehen einer MS‐
Erkrankung haben. Diskutiert werden beispielsweise Virusinfektionen, Sonneneinstrahlung, Vitamin‐
D‐Mangel und psychischer Stress41. Tritt zum Beispiel eine symptomatische Infektion mit dem
Epstein‐Barr Virus (EBV, Infektiöse Mononukleose) mit Erreichen der Pubertät oder später ein,
erhöht sich das MS Risiko42,43. Ein Zusammenhang zwischen Vitamin‐D‐Mangel und der Entstehung
von MS wird indirekt durch epidemiologische Studien nahegelegt, die sich beispielsweise mit der
globalen Verteilung der MS beschäftigen44. Da Vitamin D durch Sonneneinstrahlung in der Haut
produziert wird, könnte Vitamin‐D‐Mangel im Zusammenhang mit der zunehmenden Prävalenz bei
zunehmendem Breitengrad stehen. Zudem hat Vitamin‐D‐Gabe im Mausmodell der MS protektive,
immunregulatorische Effekte45.
1.3. Multiple Sklerose – Pathogenese und Therapie
Ebenso wie die Auslöser der Erkrankung sind die Mechanismen der Pathogenese der MS
unzureichend verstanden. Eine zentrale Rolle bei der Entstehung der entzündlichen Läsionen spielt
die Einwanderung vermutlich autoreaktiver T‐Zellen in das ZNS. Immuninfiltration aus der Peripherie
in das ZNS wird unter physiologischen Bedingungen durch die Blut‐Hirn‐Schranke (BHS) und Blut‐
Einleitung
6
Liquor‐Schranke (BLS, im Bereich des sog. Plexus choroideus), bestehend aus speziellen durch tight
junctions fest miteinander verbundenen Endothelzellen, streng kontrolliert. Ausschließlich aktivierte
und Effektor‐Gedächtnis‐T‐Zellen exprimieren entsprechende Adhäsionsmoleküle und
Chemokinrezeptoren, um die BHS bzw. BLS passieren zu können46. Wie bereits in Abschnitt 1.1.
beschrieben, erfordert die primäre Aktivierung naiver T‐Zellen eine Präsentation des entsprechenden
Antigens durch professionelle APZ in den peripheren lymphatischen Organen. Die Präsentation von
ZNS‐Autoantigenen in den zervikalen Lymphknoten stellt eine Möglichkeit dar, wie es zur peripheren
Aktivierung von ZNS‐Autoantigen spezifischen T‐Zellen kommen kann47. Allerdings müsste dies im
Kontext einer Entzündung stattfinden (siehe Abschnitt 1.1.). Darüber hinaus kann es im Rahmen
einer viralen Infektion durch verschiedene Mechanismen zur peripheren Aktivierung ZNS‐
Autoantigen spezifischer T‐Zellen kommen48. Diese beinhalten zum einen die so genannte molekulare
Mimikry, die auf der Kreuzreaktivität virus‐spezifischer T‐Zellen mit Autoantigenen beruht und
erstmals 1985 beschrieben wurde49. Kreuzreaktivität EBV spezifischer T‐Zellen von MS‐Patienten
gegen Myelinantigene wurde bereits beschrieben und könnte im Zusammenhang mit der in Kapitel
1.2. beschriebenen Korrelation zwischen MS und EBV‐Infektionen stehen50–52. Des Weiteren wurde in
einem transgenen Mausmodel gezeigt, dass CD8+ T‐Zellen, die zwei TZR mit unterschiedlicher
Spezifität einerseits für Myelinproteine und andererseits für virale Epitope exprimieren, in der
Peripherie durch eine Infektion mit dem entsprechenden Virus aktiviert werden und daraufhin eine
ZNS‐Autoimmunerkrankung induzieren können53. Peripher aktivierte T‐Zellen können beispielsweise
durch die Expression des Chemokinrezeptors CCR6 über den Plexus choroideus, der den Liganden
CCL21 exprimiert, ins ZNS einwandern54. Im Mausmodell der MS, der experimentellen autoimmunen
Enzephalomyelitis (EAE), wird so vermutlich die erste Welle der ZNS‐Entzündung ausgelöst, was dann
in der Folge durch die Sekretion inflammatorischer Signalmoleküle zur Infiltration weiterer T‐Zellen
über die durchlässig werdende BHS führt54. Die genauen Mechanismen, wie es zur ZNS‐Infiltration
Autoantigen‐spezifischer T‐Zellen in der MS kommt, sind jedoch noch nicht aufgeklärt.
Es wird angenommen, dass die entzündlichen Prozesse in MS‐Läsionen zunächst zur
Demyelinisierung und schließlich zum Untergang von Axonen und Neuronen führen. Allerdings gibt
es auch Hinweise aus histopathologischen Untersuchungen, dass die Schädigung von Axonen in MS‐
Läsionen unabhängig von deren Demyelinisierung stattfinden kann55. Der axonale Schaden
korrelierte in dieser und anderen Studien mit dem Grad der Entzündung55–57. Dies könnte bedeuten,
dass die entzündlichen Prozesse in MS‐Läsionen nicht nur durch Demyelinisierung zur axonalen
Degeneration beitragen, sondern auch eine direkte Schädigung der Axone vermitteln können. Diese
Hypothese wird durch Befunde im Mausmodell unterstützt58,59. Im Gegensatz zur Betrachtung der
MS als entzündliche Erkrankung, die durch Autoimmunreaktionen induziert wird, gibt es auch die
Hypothese, dass es sich um eine primär neurodegenerative Erkrankung handelt, die eine sekundäre
Einleitung
7
Immunantwort hervorruft60. Diese Sichtweise wird beispielsweise durch epidemiologische Studien
unterstützt, in denen gezeigt wurde, dass die Akkumulation neurologischer Defizite nicht vom
vorherigen Auftreten von Schüben mit entzündlicher Aktivität, sondern vom Alter der Patienten bzw.
der Dauer der Erkrankung abhängt61,62. Dem jedoch widersprechend ist die starke Assoziation mit
Polymorphismen in Genen, die an der Regulation des Immunsystems beteiligt sind38.
Die meisten zugelassenen Therapien zielen jedoch nach wie vor auf die inflammatorische
Komponente der MS ab63. Interferon(IFN)‐β und Glatiramerazetat, als Basistherapie in der MS
eingesetzt, wirken auf unterschiedliche, noch nicht vollständig verstandene Weise
immunmodulierend. In der Eskalationstherapie werden neben Mitoxantron, einem
Chemotherapeutikum, Natalizumab und Fingolimod eingesetzt. Natalizumab ist einen humanisierter
Antikörper gegen very late activating antigen (VLA)‐4, ein Integrin, welches das Einwandern von
Lymphozyten ins ZNS über die Blut‐Hirn‐Schranke vermittelt. Es reduziert die Schubrate und
Progression bei MS‐Patienten signifikant 64, ist aber mit einem erhöhten Risiko eine progressive
multifocal leukencephalopathy (PML) zu entwickeln verbunden65. Diese wird durch die Infektion von
Oligodendrozyten mit dem John Cunningham (JC) Virus in Folge der massiv gestörten
Immunüberwachung des ZNS verursacht und tritt bei 2 von 1000 behandelten Patienten auf65.
Fingolimod bindet den Sphingosin‐1‐Phosphat‐Rezeptor und inhibiert so das Auswandern von
Lymphozyten aus den peripheren lymphatischen Organen66. In klinischen Studien erwies sich dieses
oral verabreichte Therapeutikum als wirksamer im Vergleich zu Plazebo und sogar gegenüber IFN‐β
Behandlung in der Reduktion der Krankheitsaktivität67,68.
1.4. Rolle der CD8+ T‐Zellen in der Pathogenese der Multiplen Sklerose
Da sich die stärkste genetische Assoziation im HLA‐Klasse II Lokus befindet37,38, wurde lange Zeit
angenommen, dass MS primär durch autoreaktive CD4+ T‐Zellen vermittelt wird. Außerdem
induzieren in der EAE, die zentrale Bestandteile der MS Pathologie widerspiegelt, CD4+ T‐Zellen die
ZNS‐Entzündung. Zur Induktion der EAE werden die Tiere mit Myelinantigenen und komplettem
Freundschen Adjuvanz (KFA) immunisiert. CD4+ T‐Zellen, die aus solchen immunisierten Tieren
isoliert werden, lösen nach in vitro Expansion und Injektion in gesunden Tieren ebenfalls die
Erkrankung aus69,70.
Allerdings mehren sich auch Befunde, die auf einen entscheidenden Beitrag von CD8+ T‐
Zellen zur Pathogenese der MS hinweisen. Es wurden bereits in frühen genetischen
Assoziationsstudien zusätzlich zu den bekannten HLA‐Klasse II Assoziationen auch genetische
Assoziationen mit dem HLA‐Klasse I Lokus identifiziert. Das HLA‐A*0201 Allel vermittelt
beispielsweise einen protektiven Effekt, während HLA‐A*0301 prädisponierend für MS wirkt38,71–74.
Einleitung
8
Aus Studien an einem humanisierten Maus‐Modell, welches transgen für HLA‐A*0301 und einen
entsprechend restringierten humanen myelin‐spezifischen TZR ist, lässt sich eine funktionelle
Relevanz der genannten Assoziationen ableiten. Die HLA‐A*0301 und TZR doppelt transgenen Mäuse
entwickeln milde MS‐ähnliche Symptome, während Mäuse, die zusätzlich noch HLA‐A*0201 transgen
sind, geschützt sind75. Weitere Assoziationen mit anderen Allelen des HLA‐Klasse I Lokus wurden in
neueren Studien postuliert, sind aber noch nicht verifiziert76,77.
Pathologische Untersuchungen des Hirngewebes von MS‐Patienten haben gezeigt, dass
innerhalb des T‐Zell Infiltrats in MS Läsionen CD8+ T‐Zellen deutlich überwiegen und dass diese klonal
expandiert sind78–80. Des Weiteren scheinen MS‐Therapeutika, die ausschließlich auf CD4+ T‐Zellen
wirken, wie beispielsweise ein depletierender anti‐CD4‐Antikörper81, nicht effektiv zu sein,
wohingegen solche, die auch gegen CD8+ T‐Zellen gerichtet sind, erfolgreich angewendet werden. So
inhibiert Natalizumab gleichermaßen die Einwanderung von CD4+ und CD8+ T‐Zellen in das ZNS von
MS‐Patienten82. Ein weiterer noch nicht zugelassener humanisierter Antikörper, Alemtuzumab (anti‐
CD52), der sowohl CD4+ und CD8+ T‐Zellen als auch B‐Zellen depletiert, hat ebenfalls starke anti‐
inflammatorische Effekte bei MS‐Patienten83–85.
Die EAE wird üblicherweise durch Immunisierung mit MHC‐Klasse II restringierten Peptiden
induziert, so dass hauptsächlich CD4+ T‐Zellen zur Pathogenese in diesem Modell beitragen. Zudem
führt auch die KFA Immunisierung zu einer bevorzugten CD4+ T‐Zellantwort86. Nur sehr wenige
Studien haben in der Vergangenheit die Rolle von CD8+ T‐Zellen in der EAE untersucht. In diesen
konnte jedoch gezeigt werden, dass auch durch Immunisierung mit MHC‐Klasse I präsentierten
myelin oligodendrocyte glycoprotein (MOG)‐Peptiden und durch adoptiven Transfer MOG‐
spezifischer CD8+ T‐Zellen eine EAE ausgelöst werden kann87,88. Neben dem oben erläuterten TZR und
HLA‐Klasse I transgenen Mausmodell75 wurde kürzlich noch eine weitere transgene Maus
beschrieben, bei der MOG‐spezifische CD8+ T‐Zellen milde MS‐ähnliche Symptome auslösen89. In
beiden Modellen wurden durch CD4+ T‐Zellen die Symptome verschärft75,89. Die bisher beschriebenen
Befunde unterstützen ein Modell, in dem CD4+ T‐Zellen notwendig sind, um eine anhaltende
autoimmune Reaktion gegen ZNS Antigene in der MS oder EAE zu induzieren, CD8+ T‐Zellen aber eine
entscheidende Rolle bei der Gewebeschädigung spielen90,91.
Allerdings gibt es auch Studien, in denen CD8+ T‐Zellen eine regulatorische Funktion in der
MS und EAE zugeschrieben wurde. Depletion von CD8+ T‐Zellen führte beispielsweise in zwei
unterschiedlichen EAE‐Modellen zu einem schwereren Krankheitsverlauf92,93. ZNS‐Autoantigen
spezifische CD8+ T‐Zellen von MS‐Patienten und gesunden Individuen zeigten eine verstärkte
regulatorische Wirkung auf CD4+ T‐Zellen in vitro, welche bei MS‐Patienten im Schub vermindert
war94. Eine spezielle regulatorische CD8+ T‐Zell‐Population erkennt ihr Antigen im Kontext eines
untypischen MHC‐Klasse Ib Moleküls, Qa‐1 in der Maus bzw. HLA‐E im Menschen. In Qa‐1 defizienten
Einleitung
9
Mäusen ist die EAE Inzidenz erhöht, da deren CD4+ T‐Zellen resistent gegen die Suppression durch
Qa‐1 restringierte CD8+ T‐Zellen sind95. Gleichermaßen sind HLA‐E restringierte regulatorische CD8+
T‐Zellen bei MS‐Patienten im Schub funktionell eingeschränkt96.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die Rolle der CD8+ T‐Zellen in der Pathogenese
der MS kontrovers ist. Daher ist es von besonderem Interesse den funktionellen Phänotyp und die
Spezifität der ZNS infiltrierenden CD8+ T‐Zellen in MS‐Patienten aufzuklären. Hierzu wurden bisher
nur wenige Studien durchgeführt. Jedoch konnte kürzlich gezeigt werden, dass IL‐17 produzierende
CD8+ T‐Zellen besonders in aktiven MS‐Läsionen angereichert sind, was darauf schließen lässt, dass
diese in der Pathogenese von besonderer Bedeutung sind97. Der Phänotyp, die Funktion und die
Spezifität der infiltrierenden IL‐17 produzierenden CD8+ T‐Zellen sind jedoch noch unbekannt.
1.5. Rolle von IL‐17 und IL‐17 produzierenden CD4+ T‐Zellen in der Multiplen
Sklerose
Im Gegensatz zu den IL‐17 produzierenden CD8+ T‐Zellen sind IL‐17 produzierende CD4+ T‐Zellen, die
so genannten T helper (Th)17‐Zellen, phänotypisch und funktionell bereits besser charakterisiert. Sie
entwickeln sich aus naiven T‐Zellen, wenn diese in Anwesenheit von TGF‐β, IL‐6 und IL‐23 aktiviert
werden und sezernieren über IL‐17 hinaus noch weitere Effektormoleküle wie beispielsweise IL‐22.
Th17‐Zellen induzieren unter anderem die Rekrutierung von Neutrophilen und die Ausschüttung anti‐
mikrobieller Peptide im infizierten Gewebe. Es wird angenommen, dass sie dadurch eine zentrale
Rolle bei der Abwehr gegen extrazelluläre Bakterien und Pilzinfektionen einnehmen98.
Im EAE Modell lässt sich ZNS Inflammation sowohl durch den Transfer von IFN‐γ
produzierenden CD4+ T‐Zellen (Th1) als auch von Th17‐Zellen von immunisierten auf gesunde Tiere
übertragen, weshalb angenommen wird, dass beide CD4+ T‐Zell‐Subpopulationen an der
Pathogenese beteiligt sind99. So war auch die Blockierung der p40 Untereinheit von IL‐23, die
gleichzeitig auch Untereinheit des Th1 induzierenden Zytokins IL‐12 ist, durch anti‐p40 Antikörper
Injektion protektiv in verschiedenen EAE Modellen100,101. Eine essentielle Rolle der Th17 Zellen legt
eine Studie nahe, in der IL‐23 defiziente aber nicht IL‐12 defiziente Mäuse vor der klassischen EAE
Induktion durch Immunisierung geschützt waren102. IL‐17 defiziente Mäuse hingegen entwickelten
unverändert EAE103, wodurch die Rolle der Th17‐Zellen bzw. des IL‐17 als Effektormolekül in diesem
Modell wiederum in Frage gestellt wird.
Studien in der MS zeigten zunächst, dass IL‐17 exprimierende mononukleäre Zellen im Blut
und im Liquor von MS‐Patienten angereichert waren104. In der Folge wurde dokumentiert, dass CD4+
T‐Zellen aus dem Blut von MS‐Patienten nach polyklonaler Stimulation mehr IL‐17 produzierten als
CD4+ T‐Zellen von gesunden Individuen105. Darüber hinaus war die Frequenz von Th17‐Zellen im
Einleitung
10
Liquor von MS‐Patienten im Schub signifikant erhöht106. Funktionell sind humane Th17‐Zellen besser
in der Lage die BHS zu passieren als Th1 Zellen107. Kürzlich wurde eine verminderte Frequenz von
Th17 Zellen nach erfolgreicher Stammzelltransplantation bei MS‐Patienten dokumentiert, während
die Th1 Antwort in diesen Patienten unverändert blieb. Interessanterweise zeigte sich hier ebenfalls
eine Tendenz zu einer verminderten Frequenz von IL‐17+CD8+ T‐Zellen108. Eine klinischen Studie, in
der MS‐Patienten mit einem anti‐IL‐12/IL23 p40 Antikörper (Ustekinumab) behandelt wurden, war
allerdings im Gegensatz zu den bereits erwähnten EAE‐Studien nicht erfolgreich109. Bei anderen
Autoimmunerkrankungen wurden in klinischen Studien mit Antikörpern, die IL‐17 direkt blockieren,
hingegen bereits erste Erfolge erzielt110.
Im Allgemeinen wirkt IL‐17 als Effektormolekül primär pro‐inflammatorisch, beispielsweise
durch die Induktion der Sekretion weiterer proinflammatorischer Zytokine111. Im Rahmen der MS und
EAE wurde darüber hinaus gezeigt, dass IL‐17 die Produktion reaktiver Sauerstoffspezies in
Endothelzellen induziert und die Durchlässigkeit der BHS erhöht107,112. Zusammenfassend lässt sich
also sagen, dass es vielerlei Hinweise darauf gibt, dass IL‐17 und Th17‐Zellen, sowie möglicherweise
auch andere IL‐17 produzierende Zellen in der Pathogenese der MS eine Rolle spielen.
1.6. CD161 als Oberflächenmarker für IL‐17 produzierende T‐Zellen
Die Identifizierung und Charakterisierung von T‐Zell‐Subpopulationen mit bestimmten
Effektorfunktionen, wie beispielsweise der Sekretion bestimmter Zytokine, erfolgt häufig anhand der
Expression bestimmter Oberflächenmarker. Sowohl CD4+ als auch CD8+ IL‐17 produzierende T‐Zellen
exprimieren CD161 auf ihrer Oberfläche113,114. CD161 (NKR‐P1A oder KLRB1) ist ein C‐Typ‐Lektin
ähnliches Glykoprotein, welches als einziges humanes Homolog der NKR‐P1 Genfamilie der Nagetiere
erstmals 1994 identifiziert und kloniert wurde115. Die murine NKR‐P1 Genfamilie kodiert in C57BL/6
Mäusen vier verschiedene C‐Typ‐Lektine, NKR‐P1A, C, D und F, die hauptsächlich auf NK‐Zellen
exprimiert werden und deren Aktivität regulieren116. NK‐Zellen sind Teil des angeborenen
Immunsystems und erkennen infizierte oder neoplastisch entartete Zellen durch die Integration
inhibierender und aktivierender Signale, die von verschiedenen Typen von Oberflächenrezeptoren,
wie zum Beispiel den genannten C‐Typ‐Lektinen, vermittelt werden116. NKR‐P1C wird von dem in
C57BL/6 Mäusen für die Identifikation von NK‐Zellen verwendeten Antikörper (NK1.1) erkannt, ist
aber auch auf einem geringen Teil der T‐Zellen in C57BL/6 Mäusen exprimiert117. Im Gegensatz zum
Expressionsmuster in der Maus sind nicht alle humanen NK‐Zellen (89%), die Anhand der Expression
von CD56+ definiert werden, allerdings ca. 25% der humanen T‐Zellen, CD161 positiv115. Außerdem ist
NKR‐P1C in der Maus nicht auf Th17‐Zellen exprimiert118. Der einzige bisher identifizierte Ligand für
CD161 ist lectin‐like transcript 1 (LLT1 oder CLEC2D), ebenfalls ein C‐Typ‐Lektin, dessen Interaktion
Einleitung
11
mit CD161 auf NK‐Zellen inhibierend und auf T‐Zellen aktivierend wirkt119,120. LLT1 wird von
aktivierten dendritischen Zellen und B‐Zellen exprimiert121. Wie die Signaltransduktion von CD161
funktioniert und wie diese zu gegensätzlichen Effekten in unterschiedlichen Zelltypen führen kann,
sowie die Existenz weiterer Liganden für CD161 ist bisher ungeklärt. Die Funktion der
Oberflächenexpression von CD161 bei IL‐17 produzierenden T‐Zellen ist also unbekannt. Dennoch
wird dieser Marker zur Charakterisierung der Zellen genutzt.
Anhand der CD161 Expression wurden zunächst innerhalb der CD4+ und CD8+ T‐Zellen
phänotypisch und funktionell unterschiedliche Subpopulationen identifiziert, ohne dass die
Assoziation mit der IL‐17 Produktion bekannt war122. Die meisten CD161 positiven CD4+ T‐Zellen sind
Gedächtnis‐T‐Zellen, die auf TZR‐Stimulation in vitro mit Proliferation und Zytokinsekretion
reagieren. Innerhalb der CD8+CD161+ T‐Zellen kann zwischen einer CD161 intermediär
exprimierenden (CD161int) und einer CD161 hoch exprimierenden (CD161hoch) Population
unterschieden werden, wobei die CD161hochCD8+ T‐Zellen im Gegensatz zu anderen CD161
exprimierenden T‐Zellen anerg zu sein scheinen, also nach klassischer TZR Stimulation in vitro weder
proliferieren noch Zytokine produzieren122. In dieser Studie wurde auch die Beobachtung
dokumentiert, dass CD161hochCD8+ T‐Zellen eine verminderte Expression der CD8β‐Untereinheit
aufweisen bzw. zum Teil ausschließlich die CD8α‐Untereinheit auf der Oberfläche tragen122. Der
Großteil der CD8+ T‐Zellen im peripheren Blut des Menschen exprimiert CD8αβ‐Heterodimere auf der
Oberfläche.
Im Jahre 2008 wurde schließlich gezeigt, dass innerhalb der CD161+CD4+ T‐Zellen alle Th17‐
Zellen im menschlichen Blut enthalten sind und dass diese darüber hinaus von CD161 positiven
naiven Vorläuferzellen abstammen113. CD161 ist also ein mit dem Th17 Phänotyp assoziierter
Oberflächenmarker. Allerdings sind nicht alle CD161+CD4+ T‐Zellen in der Lage, IL‐17 zu produzieren,
es handelt sich also nicht um einen exklusiven Marker zur spezifischen Identifikation der Th17‐Zellen.
Die Gruppe um Paul Klenerman in Oxford publizierte 2010, dass IL‐17 produzierende CD8+ T‐
Zellen im peripheren Blut des Menschen innerhalb der CD161hochCD8+ T‐Zellen angereichert sind114.
CD161 ist also nicht nur im CD4+ T‐Zell‐Kompartiment sondern auch innerhalb der CD8+ T‐Zellen ein
Oberflächenmarker, der mit der Fähigkeit IL‐17 zu produzieren, assoziiert ist. Tatsächlich exprimieren
im Nabelschnurblut auch Vorläuferzellen von IL‐17 produzierenden CD8+ T‐Zellen bereits CD161123.
1.7. Kontroverse über die funktionelle Identität IL‐17 produzierender CD8+ T‐
Zellen
Über die phänotypische Identität, Funktion und Antigenspezifität IL‐17 produzierender CD8+ T‐Zellen
gibt es verschiedene Studien, die zu teilweise widersprüchlichen Schlussfolgerungen kommen. Wie
Einleitung
12
bereits im vorherigen Abschnitt beschrieben, sind die IL‐17 produzierenden CD8+ T‐Zellen im Blut des
Menschen innerhalb der CD161hoch Gedächtnis‐Zell‐Subpopulation angereichert114. In einer Studie
von 2009 wurde gezeigt, dass es sich bei diesen Zellen um eine T‐Zell‐Population handelt, die
vermutlich durch ihre Anergie und die Expression so genannter ATP binding casette (ABC)‐
Transporterproteine besonders resistent gegenüber Chemotherapeutika ist124. ABC‐
Transporterproteine vermitteln den aktiven Transport toxischer exogener und endogener Substanzen
aus der Zelle. Die Autoren der oben genannten Studie schlussfolgerten aus ihren Beobachtungen,
dass ausgehend von den CD161hochCD8+ T‐Zellen der Pool der virusspezifischen Gedächtnis‐Zellen
nach einer Lymphopenie, beispielsweise durch Chemotherapie, wieder aufgefüllt werden kann124.
Eine solche Chemotherapeutika resistente „Gedächtnis‐Stammzell‐Population“ könnte bedeutend
für die lebenslange Aufrechterhaltung der Immunität gegen verschiedene Viren auch nach einer
Chemotherapie sein125. Eine durch die Expression von ABC‐Transportern vermittelte
Chemotherapeutika Resistenz der CD161hochCD8+ T‐Zellen wurde in einer anderen Studie 2011
bestätigt. Allerdings wurde in dieser Studie auch gezeigt, dass der Großteil der CD161hochCD8+ T‐
Zellen einen semi‐invarianten TZR (variable Kette (V)α7.2) trägt und somit den mucosal‐associated
invariant T (MAIT)‐Zellen zuzuordnen ist126. Des Weiteren produzierten nach unspezifischer
Stimulation nahezu ausschließlich MAIT‐Zellen innerhalb der Population der CD8+ T‐Zellen IL‐17126.
MAIT‐Zellen reagieren auf APZ, die mit unterschiedlichen Arten von Bakterien und Hefen infiziert
wurden, nicht aber auf viral infizierte Zellen127,128. Diese Aktivierung und die ontogenetische
Entwicklung von MAIT‐Zellen sind abhängig von MHC‐related protein 1 (MR1), einem monomorphen,
MHC Klasse I ähnlichen Antigen präsentierendem Molekül129. Durch diese Studien wird in Frage
gestellt, ob es neben den semi‐invarianten, bakterienspezifischen CD8+ MAIT‐Zellen noch andere
CD161 hoch exprimierende und IL‐17 produzierende CD8+ T‐Zellen gibt.
Turtle et al. konnten jedoch in der oben beschriebenen Studie aus den CD161hochCD8+ T‐
Zellen durch Stimulation mit APZ und entsprechenden Peptiden virusspezifische CD8+ T‐Zellen
expandieren124. Allerdings war die Frequenz dieser gering. Dies wurde durch eine kürzlich
veröffentlichte Studie bestätigt, die sich mit den stammzellartigen Eigenschaften der CD161hochCD8+
T‐Zellen beschäftigte. Die Autoren dieser Studie kommen aber zu dem Schluss dass CD161hochCD8+ T‐
Zellen eher eine Effektor‐Gedächtnis‐T‐Zell‐ als eine Stammzellpopulation darstellen130. Hepatitis C
Virus (HCV)‐spezifische CD8+ T‐Zellen exprimieren mit erhöhter Frequenz CD161 im Vergleich zu CD8+
T‐Zellen, die für andere Viren wie das Humane Immundefizienz‐Virus (HIV), das Zytomegalievirus
(CMV) oder das Influenza‐Virus spezifisch sind131. Allerdings wurde in dieser Studie nicht nach
CD161int und CD161hochCD8+ T‐Zellen unterschieden. In einer weiteren Studie konnten mittels Enzyme
Linked Immuno Spot (ELISPOT) Assay HCV‐spezifische IL‐17 produzierende CD8+ T‐Zellen
nachgewiesen werden114. Trotz der starken Überlappung der Expression des semi‐invarianten MAIT‐
Einleitung
13
TZR und CD161 und der starken Anreicherung IL‐17 produzierender CD8+ T‐Zellen innerhalb der
MAIT‐Zellen, kann also nicht ausgeschlossen werden, dass neben diesen auch noch andere
(virusspezifische) CD8+ T‐Zellen in der Lage sind, IL‐17 zu produzieren.
1.8. Mucosal‐associated invariant T (MAIT)‐Zellen – eine T‐Zell‐Population mit
Eigenschaften des angeborenen Immunsystems
Ein Großteil der IL‐17 produzierenden CD8+ T‐Zellen im peripheren Blut des Menschen ist also den
MAIT‐Zellen zuzuordnen, die sich neben der hohen Expression von CD161 durch einen semi‐
invarianten TZR auszeichnen. Die Überrepräsentation der entsprechenden Vα7.2‐Jα33 TZR‐Kette
innerhalb doppelt‐negativer (CD4–CD8–) T‐Zellen im peripheren Blut gesunder Individuen wurde
erstmals 1993 beschrieben132. Im Jahre 1999 charakterisierte die Gruppe um Olivier Lantz in Paris die
Expression dieser TZR‐Kette auf humanen T‐Zellen mittels PCR basierter Methoden und zeigte, dass
sie eine konstante complemetarity determining region (CDR)3 Länge aufweist und vornehmlich
gepaart mit oligoklonalen TZR‐β‐Ketten der Vβ2.1 und Vβ13 Familie vorliegt. Darüber hinaus ist sie
durch eine starke Homologie mit der entsprechenden TZR‐α‐Kette (Vα19‐Jα33) in der Maus und in
Rindern gekennzeichnet133. Die Expression dieser TZR‐Kette zeichnet folglich eine im Laufe der
Evolution innerhalb der Säugetiere konservierte T‐Zell‐Population mit limitierter Spezifität und
wahrscheinlich einzigartiger Funktion im Immunsystem aus. Ebenso ist das Antigen präsentierende
Molekül MR1, welches durch den semi‐invarianten TZR erkannt wird und somit für die Selektion und
Expansion der MAIT‐Zellen essentiell ist129, phylogenetisch stark konserviert134. Nachdem gezeigt
werden konnte, dass Vα7.2‐Jα33 bzw. Vα19‐Jα33 T‐Zellen in der Lamina propria des Darms beim
Menschen bzw. in der Maus angereichert vorkommen, wurden sie fortan als mucosal‐associated
invariant T (MAIT)‐Zellen bezeichnet129. Obwohl bereits in der entsprechenden Studie 2003
festgestellt wurde, dass für die Expansion der MAIT‐Zellen eine Besiedlung des Darms mit
kommensalen Bakterien notwendig ist129, wurden spezifische mikrobielle Antigene, die von MR1
präsentiert werden und MAIT‐Zellen aktivieren erst kürzlich identifiziert135. Es handelt sich dabei um
Metabolite des Riboflavin (Vitamin B2) Synthesestoffwechsels, der ausschließlich von Bakterien und
Hefen vollzogen werden kann135. Neben den von klassischen MHC‐Molekülen präsentierten Peptiden
und den von CD1d an invariant natural killer T (iNKT)‐Zellen präsentierten Lipiden bilden diese
Antigene eine völlig neue und bisher unbeschriebene Gruppe von TZR Antigenen136. Nicht nur
bezüglich ihrer außergewöhnlichen Spezifität, sondern auch in weiteren phänotypischen und
funktionellen Eigenschaften ähneln die MAIT‐Zellen den iNKT‐Zellen137. iNKT‐Zellen exprimieren
ebenfalls ein limitiertes und konserviertes Repertoire an T‐Zell Rezeptoren, in diesem Fall der Vα14‐
Familie in der Maus und der Vα24‐Familie im Menschen138. Im Gegensatz zu konventionellen naiven
Einleitung
14
T‐Zellen die zunächst in der Peripherie aktiviert werden müssen (siehe Kapitel 1.1.), zeigen aus dem
Thymus isolierte MAIT‐Zellen bereits Effektorfunktionen nach Stimulation mit bakteriell infizierten
APZ in vitro139. Genauso sind iNKT‐Zellen in der Lage nach Aktivierung schnell große Mengen an
Effektorzytokinen zu produzieren140. MAIT‐Zellen lassen sich unabhängig von TZR‐Stimulation durch
Zytokine des angeborenen Immunsystems, wie zum Beispiel IL‐12, IL‐18, IL‐23 und IL‐1β,
aktivieren130,141–143. IL‐12 spielt auch bei der schnellen Aktivierung und anti‐mikrobiellen Wirkung von
iNKT‐Zellen in vivo eine zentrale Rolle144. In Mausmodellen für bakterielle Infektionen konnte gezeigt
werden, dass auch MAIT‐Zellen nicht nur in vitro auf infizierte APZ reagieren, sondern auch in vivo
eine schnell einsetzende Immunität gegen bakterielle Infektion vermitteln142,145.
MAIT‐Zellen und iNKT‐Zellen verwenden demzufolge hoch konservierte T‐Zell‐Rezeptoren zur
Erkennung von Strukturen, die von einem breiten Spektrum an Pathogenen exprimiert werden –
ursprünglich eine Eigenschaft der Rezeptoren des angeborenen Immunsystems. Sie stellen also
Beispiele für die fließenden Grenzen zwischen angeborener und adaptiver Immunität dar. Die
eingangs beschriebene strikte Dichotomie bei der Einordnung verschiedener Immunzellen hat sich
zwar bei der Beschreibung des Immunsystems historisch als hilfreich erwiesen, wird aber vor diesem
Hintergrund immer öfter relativiert146.
Einleitung
15
1.9. Zielsetzung dieser Arbeit
Aufgrund der zunehmenden Evidenz für eine funktionelle Rolle der CD8+ T‐Zellen in der MS und der
Überrepräsentation IL‐17 produzierender CD8+ T‐Zellen in aktiven MS Läsionen97 ist die
Untersuchung dieses Zelltyps im Rahmen der Pathogenese der Erkrankung von besonderem
Interesse. Jedoch sind sowohl die Spezifität als auch die Funktion der humanen IL‐17 produzierenden
CD8+ T‐Zellen umstritten. So wurden sie einerseits als virusspezifische Gedächtnis‐Stammzellen124
und andererseits als bakterienspezifische, semi‐invariante MAIT‐Zellen mit Eigenschaften des
angeborenen Immunsystems beschrieben126. Mehrere Studien dokumentierten allerdings
übereinstimmend, dass der Großteil der IL‐17 produzierenden CD8+ T‐Zellen sich innerhalb der
CD161hochCD8+ T‐Zell‐Population befindet114,126. Unabhängig von der Assoziation der hohen CD161
Expression mit der Produktion von IL‐17 bei CD8+ T‐Zellen wurde bereits in einer früheren Studie die
Beobachtung dokumentiert, dass CD161hochCD8+ T‐Zellen eine verminderte Expression der CD8β‐
Untereinheit aufweisen bzw. ausschließlich CD8αα‐Homodimere auf der Oberfläche exprimieren122.
Zudem gibt es Hinweise aus Studien an Mausmodellen, dass eine Herunterregulation der CD8β‐
Expression bei der Selektion autoreaktiver T‐Zellen im Thymus induziert wird147, wodurch Zellen mit
diesem Phänotyp im Zusammenhang mit der Untersuchung der Pathogenese der MS als
Autoimmunerkrankung von besonderem Interesse sind.
Ein Ziel dieser Arbeit war es, den Phänotyp und die funktionellen Eigenschaften der IL‐17
produzierenden CD8+ T‐Zellen im Allgemeinen zu untersuchen, da diese Zellen neben der MS auch
bei anderen Autoimmunerkrankungen eine Rolle spielen könnten. Dabei wurde ein Schwerpunkt auf
die Charakterisierung der ausschließlichen Expression von CD8αα‐Homodimeren als
Oberflächenmarker für diesen Zelltyp gelegt. Darüber hinaus sollte untersucht werden, inwiefern die
Herunterregulation der Oberflächenexpression von CD8β mit veränderten phänotypischen und
funktionellen Eigenschaften von CD8+ T‐Zellen einhergeht. Um die Kontroverse bezüglich der
Spezifität IL‐17 produzierender CD8+ T‐Zellen näher zu beleuchten, wurden zudem Analysen mit
einem Antikörper gegen die semi‐invariante TZR‐Kette der MAIT‐Zellen und mit HLA‐A2 Tetrameren
zur Identifikation virusspezifischer T‐Zellen durchgeführt.
Um erste Anhaltspunkte für Veränderungen innerhalb dieser Population bei MS‐Patienten zu
erhalten, die ggf. auf eine Beteiligung der Zellen an der Pathogenese der Erkrankung hindeuten
könnten, wurde parallel die Frequenz der CD161 exprimierenden T‐Zellen im peripheren Blut und
Liquor von MS‐Patienten und gesunden Individuen bzw. Patienten mit anderen neurologischen
Erkrankungen untersucht. Da sich eine signifikante Verminderung der Frequenz der CD8+ MAIT‐Zellen
im Blut von MS‐Patienten zeigte, wurden die Frequenzanalysen durch vergleichende funktionelle
Untersuchungen dieser Zellen bei MS‐Patienten und gesunden Individuen ergänzt. Außerdem
Einleitung
16
wurden mögliche Mechanismen, die zu einer Veränderung der CD8+ MAIT‐Zellfrequenz im Blut von
MS‐Patienten beigetragen haben könnten, untersucht.
Material und Methoden
17
2. MATERIAL UND METHODEN
2.1. Material
2.1.1. Humanes Probenmaterial
Alle MS‐Patienten wurden durch die Multiple Sklerose Tagesklinik der Fachabteilung Neurologie des
Universitätsklinikums Hamburg‐Eppendorf (UKE) rekrutiert. Die Diagnosestellung erfolgte durch
Ärzte der Tagesklinik entsprechend der 2010 überarbeiteten McDonald‐Kriterien148. Die Schwere der
Erkrankung wurde anhand der expanded disability status scale (EDSS)149 dokumentiert. Keiner der
Patienten hatte innerhalb des letzten Jahres vor der Probenentnahme immunmodulierende
Medikamente erhalten. Die dem Alter und Geschlecht der Patienten angepassten Kohorten gesunder
Individuen wurden von den Mitarbeitern des Zentrums für molekulare Neurobiologie und der
Multiple Sklerose Tagesklinik rekrutiert. Die Charakteristika der für die vergleichenden Analysen von
Blutproben verwendeten Kohorten sind in Tabelle 1 bis Tabelle 3 zusammengefasst. Alle Patienten,
von denen Liquor und Blutproben parallel analysiert wurden, sind in Tabelle 4 gelistet. Die Studie
wurde im Rahmen des durch die Ethikkommission der Hamburger Ärztekammer genehmigten
Antrages „Heterogenität der Multiplen Sklerose – Studie zur Phänotypisierung, biologischen Markern
und zur Risikokommunikation bei Multipler Sklerose“ (Referenznummer 2758) durchgeführt. Alle
Spender wurden entsprechend aufgeklärt und haben sich schriftlich mit der Verwendung ihrer
Proben zu wissenschaftlichen Zwecken einverstanden erklärt.
Für funktionelle Analysen, bei denen es notwendig war Subpopulationen mittels fluorescence
activated cell sorting (FACS) Sortierung aufzureinigen, und für die Analyse virusspezifischer CD8+ T‐
Zellen wurden aufgrund der großen Menge an benötigten Lymphozyten Leukozytenkonzentrate
verwendet, die von der Blutbank des UKE zur Verfügung gestellt wurden. Leukozytenkonzentrate, im
Englischen auch als buffy coats bezeichnet, entstehen bei der Herstellung von Plasmaprodukten und
Erythrozytenkonzentraten aus Vollblutspenden als Nebenprodukt und enthalten neben den
angereicherten Leukozyten auch Thrombozyten und noch einen Teil der Erythrozyten.
Material und Methoden
18
Tabelle 1: MS‐Patienten und gesunde Individuen, von denen Blutproben auf die Frequenz CD161 exprimierender T‐Zellen hin untersucht wurden.
n m:w Alter
(Jahre, MW ± s.d.)
Dauer der Erkrankung
(Monate, min. – max.) EDSS
RRMS 27 5:22 37.7 ± 9.8 60.9 (1–313) 1.96 (0–4)
RRMS/R 12 1:11 38.2 ± 10.6 108.8 (1–332) 1.71 (0–4)
SPMS 9 3:6 49.6 ± 5.7 244.4 (88–398) 4.11 (2.5–6.5)
Alle MS 48 9:39 40.1 ± 10.3 107.3 (1–398) 2.3 (0–6.5)
HI 44 11:33 40.3 ± 10.2 nicht zutreffend nicht zutreffend
EDSS = expanded disability status scale; HI = gesunde Individuen (engl. healthy individuals); m = männlich; MS =
Multiple Sklerose; MW = Mittelwert; RRMS = schubförmig remittierende MS in Remission; RRMS/R =
schubförmig remittierende MS im Schub; s.d. = Standardabweichung (engl. standard deviation); SPMS =
sekundär progrediente MS; w = weiblich.
Tabelle 2: MS‐Patienten und gesunde Individuen, von denen Blutproben für die Analyse der Expression von Aktivierungsmarkern, IL‐18Rα und IL‐7Rα auf CD8+ MAIT‐Zellen und für die parallele Bestimmung des IL‐18 Serumspiegels verwendet wurden.
n m:w Alter
(Jahre, MW ± s.d.)
Dauer der Erkrankung
(Monate, min. – max.) EDSS
RRMS 19 5:14 36.3 ± 6.7 40.4 (1–132) 1.45 (0–4)
HI 16 13:3 37.1 ± 7.1 nicht zutreffend nicht zutreffend
EDSS = expanded disability status scale; HI = gesunde Individuen (engl. healthy individuals); m = männlich; MW
= Mittelwert; RRMS = schubförmig remittierende Multiple Sklerose in Remission; s.d.= Standardabweichung
(engl. standard deviation); w = weiblich.
Material und Methoden
19
Tabelle 3: MS‐Patienten und gesunde Individuen, von denen Blutproben verwendet wurden, um die IL‐17 Produktion durch CD8+ MAIT‐Zellen nach IL‐7 und TZR‐Stimulation zu untersuchen.
n m:w
Alter
(Jahre, MW ± s.d.)
Dauer der Erkrankung
(Monate, min. – max.) EDSS
RRMS 5 3:2 46.4 ± 2.3 62.8 (1–180) 1.2 (0–2)
HI 6 1:5 46.7 ± 2.9 nicht zutreffend nicht zutreffend
EDSS = expanded disability status scale; HI = gesunde Individuen (engl. healthy individuals); m = männlich; MW
= Mittelwert; RRMS = schubförmig remittierende Multiple Sklerose in Remission; s.d. = Standardabweichung
(engl. standard deviation); w = weiblich.
Tabelle 4: MS‐Patienten und Patienten mit anderen neurologischen Erkrankungen, von denen Blut‐ und Liquorproben auf die Frequenz CD161 exprimierender T‐Zellen hin untersucht wurden.
Fall
Nummer
Alter Geschlecht Diagnose Dauer der
Erkrankung
(Monate)
EDSS
MS01 33 w RRMS 83 2.5
MS02 22 m RRMS 5 2
MS03 44 m RRMS 2 1
MS04 27 m RRMS 3 2
MS05 39 w CIS 5 0
MS06 24 w RRMS/R 21 1
MS07 44 w RRMS/R 6 2
MS08 41 m RRMS/R 12 1
MS09 28 m RRMS/R 1 2
MS10 43 w RRMS/R 1 2
MS11 32 m RRMS/R 1 2
MS12 21 m CIS/R 1 1
MS13 20 w RRMS 4 2
MS14 24 m RRMS/R 1 3
MS15 29 w RRMS 7 2.5
MS16 23 w RRMS/R 1 2.5
OND01 48 m Bakterielle Meningitis
(ohne Erregernachweis)
nicht zutreffend nicht zutreffend
Material und Methoden
20
OND02 34 m Virale Meningitis
(ohne Erregernachweis)
nicht zutreffend nicht zutreffend
OND03 51 m Neurosyphilis nicht zutreffend nicht zutreffend
OND04 75 w Nicht‐entzündliche
Leukenzephalopathie
nicht zutreffend nicht zutreffend
OND05 28 w Pseudotumor cerebri nicht zutreffend nicht zutreffend
OND06 40 m Pseudotumor cerebri nicht zutreffend nicht zutreffend
CIS = klinisch isoliertes Syndrom in Remission (engl. clinically isolated syndrome); CIS/R = akutes klinisch
isoliertes Syndrom; EDSS = expanded disability status scale; HI = gesunde Individuen (engl. healthy individuals);
m = männlich; MS = Multiple Sklerose; OND = andere neurologische Erkrankung als MS (engl. other neurological
diseases); RRMS = schubförmig remittierende MS in Remission; RRMS/R = schubförmig remittierende MS im
Schub; SPMS = sekundär progrediente MS; w = weiblich.
2.1.2. Reagenzien
Tabelle 5: Zur Zellisolierung und Zellkultur verwendete Reagenzien.
Reagenz Hersteller
Anti‐CD3 (Klon OKT3) Bioxcell
Anti‐CD28 (Klon 37407) R&D Systems
Brefeldin A BioLegend
BD IMag CD8 Magnetic Particles ‐ DM BD Biosciences
Bovines Serum Albumin (BSA) PAA
Carboxyfluorescein diacetate succinimidyl ester (CFSE) eBioscience
Dulbecco’s Phosphate Buffered Saline (PBS) PAA
Ethylenediaminetetraacetic acid (EDTA, 0,5 M Lösung) Sigma
Fötales Kälberserum (FCS) Biochrom
humanes Serum PAA
Human IL‐18 ELISA Kit Invitrogen
IL‐7 Sigma
IL‐12 (p70) Peprotech
IL‐18 R&D Systems
Ionomycin Sigma‐Aldrich
Lymphocyte Separation Medium LSM 1077 (Ficoll) PAA
Penicillin/Streptomycin (10000 units/ml) Invitrogen
Phorbol‐12‐myristat‐13‐acetat (PMA) Sigma‐Aldrich
Material und Methoden
21
Phytohämagglutinin (PHA) Sigma‐Aldrich
RPMI 1640 mit stabilem L‐Glutamin PAA
Trypan Blau Lösung (0,4 %) PAA
Tabelle 6: Zur Stimulation virusspezifischer CD8+ T‐Zellen verwendete Peptide.
Virus Antigen Aminosäuresequenz
Zytomegalievirus (CMV) pp65 NLVPMVATV
Influenzavirus (Flu) matrix protein 1 GILGFVFTL
Tabelle 7: Zur Durchflusszytometrie verwendete Antikörper.
Antigen Klon Hersteller
CCR4 TG6/CCR4 Biolegend
CCR5 HEK/1/85 Biolegend
CCR6 TG7/CCR6 Biolegend
CCR7 3D12 BD Bioscience
CCR9 BL/CCR9 Biolegend
CTLA4 BNI3 BD Bioscience
HLA‐A2 BB7.2 Biolegend
IL‐18R H44 Biolegend
IL‐7R A019D5 Biolegend
TCRγδ B1.1 Biolegend
TCRγδ 11F2 BD Bioscience
V7.2 3C10 Biolegend
β1‐integrin TS2/16 Biolegend
β7‐integrin Fib504 Biolegend
CD3 OKT3 Biolegend
CD3 SK7 BD Bioscience
CD3 UCHT1 eBioscience
CD4 RPA‐T4 eBioscience
CD8α Hit8a Biolegend
CD8α DK25 DAKO
Material und Methoden
22
CD8β 2ST8.5H7 BD Bioscience/ Beckman Coulter
CD26 2A6 eBioscience
CD27 M‐T271 BD Bioscience
CD28 CD28.2 BD Bioscience
CD45 2D1 BD Bioscience
CD45RA HI100 Biolegend
CD45RO UCHL1 Biolegend
CD49d L25 BD Bioscience
CD56 B159 BD Bioscience
CD56 MEM 188 eBioscience
CD62L DREG‐56 Biolegend
CD69 FN50 Biolegend
CD161 HP3G10 Biolegend/ eBioscience
CD161 191B8 Miltenyi
Tabelle 8: Zur Durchflusszytometrie verwendete Isotypkontrollantikörper.
Isotyp Klon Hersteller
mIgG1 MOPC‐21 Biolegend
mIgG2 MOPC‐173 Biolegend
mIgM MM‐30 Biolegend
Tabelle 9: Sonstige zur Durchflusszytometrie verwendete Reagenzien.
Reagenz Hersteller
BD FACS Flow, 20 l BD Biosciences
BD FACS Clean Solution BD Biosciences
BD FACS Rinse Solution BD Biosciences
BD FACS Lysing Solution BD Biosciences
BD Cytometer Setup & Tracking Beads BD Biosciences
Extravidin‐PE Sigma‐Aldrich
Fixation Buffer BioLegend
Humanes IgG Jackson ImmunoResearch
Material und Methoden
23
LIVE/DEAD Fixable Aqua Dead Cell Stain Kit Life Technologies
LIVE/DEAD Fixable Near‐IR Dead Cell Stain Kit Life Technologies
Permeabilization Wash Buffer BioLegend
2.1.3. Puffer und Zellkulturmedien
Tabelle 10: Puffer und Zellkulturmedien.
Bezeichnung Zusammensetzung
T‐Zell Komplettmedium (RPMI) RPMI 1640 mit stabilem L‐Glutamin
5% humanes Serum
100 Units/ml Penicillin/Streptomycin
Zellseparationspuffer (MACS‐Puffer) Dulbecco’s PBS (1x)
0,5 % BSA
2 mM EDTA
FACS‐Puffer Dulbecco’s PBS (1x)
0,1 % BSA
0,02 % NaN3
2.1.4. Verbrauchsmaterialien
Tabelle 11: Verbrauchsmaterialen.
48‐well Zellkulturplatte Greiner
96‐well Rundboden Zellkulturplatte Greiner
EDTA‐Röhrchen (S‐Monovette®, 9 ml) Sarstedt
Serum‐Gel‐Röhrchen (S‐Monovette®, 7,5 ml) Sarstedt
Einmalpipetten Greiner
Eppendorfreaktionsgefäß Sarstedt
FACS‐Röhrchen Sarstedt
FACS‐Röhrchen (steril) BD Biosciences
Falcon‐Gefäße Sarstedt
Kryogefäße Greiner
Pipettenspitzen Sarstedt
Material und Methoden
24
Neubauer‐Zählkammer Brandt
Digital Bio
2.1.5. Geräte und Software
Tabelle 12: Geräte.
Gerät Hersteller
BD FACS LSR II Durchflusszytometer BD Biosciences
BD FACS Aria III Zellsortierer BD Biosciences
Bestrahlungsgerät Biobeam 2000 (137Cs; 49,2 TBq) Eckert & Ziegler
Flüssigstickstofftank LABS‐40K Tec Lab
Inkubator Hera Cell 240 Thermo Scientific
Kryobehälter Mr. Frosty Nalgene
Kühlschrank Liebherr
Pipetten Eppendorf
Gilson
Pipettierhilfe Accu‐Jet Brand
Sterile Werkbank Safe 2020 Thermo Scientific
Gefrierschrank (‐20 °C) Liebherr
Gefrierschrank (‐80 °C) Sanyo
µQuant Spektrophotometer Bio‐Tek
Zellseparationsmagnet BD Biosciences
Zentrifugen Heraeus
Tabelle 13: Software.
Software Hersteller
FACS DiVa Analyse Software BD Bioscience
FlowJo FACS Analyse Software (Version 7.6.4) Tree Star, Inc.
Graphpad PRISM Graphpad Software Inc.
Material und Methoden
25
2.2. Methoden
2.2.1. Isolierung und Konservierung von Immunzellen
Isolierung von mononukleären Zellen des peripheren Blutes (PBMCs)
Humanes peripheres Vollblut oder Leukozytenkonzentrate wurden nach vorheriger Verdünnung mit
raumtemperiertem PBS (Vollblut 1:2, Leukozytenkonzentrat 1:4) in Aliquots à 35 ml auf jeweils 15 ml
Ficoll aufgeschichtet und für 30 min bei 2000 rpm und Raumtemperatur (RT) ohne Bremse
zentrifugiert. Aufgrund ihrer geringeren Dichte reichern sich die mononukleären Zellen des
peripheren Blutes (engl. peripheral blood mononuclear cells, PBMCs), unter denen sich auch die
Lymphozyten befinden, in der Interphase zwischen dem Ficoll und dem mit PBS verdünnten
Blutplasma an und wurden nach Verwerfen des Plasmas abgeerntet. Die im Pellet befindlichen
Erythrozyten und Granulozyten wurden ebenfalls verworfen. Die geernteten PBMCs wurden
mehrfach mit kaltem PBS (mind. 1:3) gewaschen. Dabei wurde im ersten Schritt aufgrund des noch in
der Probe vorhandenen Ficolls 10 min bei 1800 rpm (4°C) zentrifugiert. In den weiteren
Waschschritten (2‐3x) wurde für 5 min bei 1500 rpm (4°C) zentrifugiert. Zum Schluss wurden die
aufgereinigten Zellen in PBS oder T‐Zell‐Vollmedium aufgenommen und entweder direkt für
Experimente verwendet oder kryokonserviert (s.u.). Die Zellzahl wurde mithilfe einer Neubauer
Zählkammer unter Anfärbung toter Zellen durch 1:10 Trypan Blau Lösung bestimmt.
Kryokonservierung von PBMCs
Zur Konservierung über längere Zeiträume wurden PBMCs mit 10 % DMSO versetzt und bei einer
Zellkonzentration von 10 x106 bis 50x106 Zellen/ml unter flüssigem Stickstoff gelagert. Dazu wurden
die Zellen zunächst doppelt konzentriert in T‐Zell‐Vollmedium aufgenommen. Anschließend wurde
langsam ein identisches Volumen an T‐Zell‐Medium mit 50 % inaktiviertem FCS und 20 % DMSO
zugegeben. In Kryoröhrchen aliquotiert wurden die Zellen dann unter Isopropanol mit Hilfe von Mr.
Frosty Kryo‐Einfriergefäßen schrittweise um 1°C pro Minute auf ‐80°C heruntergekühlt. Nach 24
Stunden bei ‐80°C wurden die Kryoröhrchen in einen Flüssigstickstofftank überführt.
Zum Auftauen wurden die Zellen zunächst für einige Minuten in einem 37°C warmen
Wasserbad aufgewärmt, bis das Medium sich verflüssigt hatte. Dann wurde die Probe durch
tropfenweises Zugeben von mindestens 20‐fachem Volumen kaltem PBS langsam verdünnt, um das
DMSO aus den Zellen auszuspülen. Nach anschließender Zentrifugation (5 min, 1500 rpm, 4°C)
wurden die Zellzahl und ‐viabilität nochmals wie oben beschrieben bestimmt, bevor die Zellen für in
vitro Experimente oder FACS‐Analysen eingesetzt wurden.
Material und Methoden
26
Isolierung von CD8+ T‐Zellen aus PBMCs
CD8+ T‐Zellen wurden mit Hilfe der BD IMag CD8 Magnetic Particles aus PBMCs unter Befolgung des
Herstellerprotokolls aufgereinigt. Das Prinzip der Zellisolation beruht auf einer positiven Selektion
CD8 exprimierender Zellen durch magnetische Partikel, die mit einem anti‐CD8 Antikörper
beschichtet sind. PBMCs wurden dazu mit MACS‐Puffer gewaschen, hochkonzentriert in der anti‐CD8
Partikellösung aufgenommen und für 30 min bei RT inkubiert. Im Anschluss wurde die Zellsuspension
mit MACS‐Puffer verdünnt und in sterilen FACS‐Röhrchen einem starken Magnetfeld ausgesetzt. Dies
führt dazu, dass sich die CD8+ Zellen an der Wand des Röhrchens anlagern, und somit durch
Abnehmen des Überstands von den anderen PBMCs getrennt werden können. Durch mehrfaches
Resuspendieren der CD8+ Zellen und erneutes Inkubieren im Magnetfeld wurde die Reinheit der
Zellen verbessert, wenn dies erwünscht war. Im Falle einer anschließenden Aufreinigung von CD8+
Subpopulationen mittels FACS wurde jedoch mehr Wert auf eine möglichst hohe Zellausbeute gelegt,
so dass die Zellen lediglich einmal gewaschen wurden. Die Reinheit der Zellen wurde stets mittels
FACS Analyse beurteilt. Die Zellzahl wurde wie oben beschrieben mit Hilfe einer Neubauer
Zählkammer bestimmt.
Separierung von Subpopulationen aus CD8+ T‐Zellen durch FACS Sortierung
Die Isolierung bestimmter Subpopulationen von CD8+ T‐Zellen, die durch die Expression mehrerer
Oberflächenmarker definiert sind, wurde in Zusammenarbeit mit der HEXT FACS Sorting Core Unit
des UKE an einem BD FACSAria III cell sorter durchgeführt. Über die durchflusszytometrische Analyse
der Zellen hinaus können an diesem Gerät spezifische Subpopulationen mit hoher Reinheit separiert
werden. Das Prinzip beruht darauf, dass der Probenstrahl mit Hilfe einer der Optik des Geräts
nachgeschalteten, vibrierenden Nozzle in Tropfen aufgetrennt wird, die jeweils eine Zelle enthalten.
Die Tropfen mit den gewünschten Zellen werden mit einer elektrischen Ladung versehen und durch
ein Magnetfeld in Auffangröhrchen abgelenkt. So können zeitgleich an diesem Gerät bis zu vier
Subpopulationen aus einer Probe aufgereinigt werden. Um die Effizienz des Vorgangs zu erhöhen,
wurden zur Isolation von CD8+ T‐Zell‐Subpopulationen die gesamten CD8+ T‐Zellen zunächst aus
PBMCs wie oben beschrieben angereichert. Diese wurden dann mit den zur Identifikation der
Subpopulation notwendigen Antikörpern gefärbt, in PBS aufgenommen und wie beschrieben am BD
FACSAria III cell sorter der Core Unit separiert. Die Auffangröhrchen wurden zuvor mit FCS
beschichtet, um eine Adhäsion der geladenen Zellen an die Wand der Röhrchen zu verhindern.
Außerdem wurde in den Röhrchen T‐Zell‐Vollmedium mit 25% FCS vorgelegt. Der gesamte Vorgang
erfolgte unter sterilen Bedingungen bei 4°C. Im Anschluss an die Separierung wurden die Zellen
durch Zentrifugation bei 1200 rpm für 7 min bei 4°C pelletiert und je nach anschließender
Verwendung in T‐Zell‐Vollmedium oder PBS aufgenommen. Die Zellzahl wurde mit Hilfe einer
Material und Methoden
27
Neubauer Zählkammer bestimmt. Die Reinheit der Subpopulationen wurde durch erneute
durchflusszytometrische Analyse kontrolliert und lag stets über 98%.
2.2.2. Zellkulturexperimente
Analyse der Proliferation von T‐Zellen
Zur Analyse der Proliferation von T‐Zellen wurden diese vor der in vitro Stimulation mit
Carboxyfluorescein diacetate succinimidyl ester (CFSE) beladen. CFSE ist membranpermeabel und
wird innerhalb der Zellen durch Abspaltung der Acetatgruppen fluoreszent. Teilen sich die beladenen
Zellen nach Stimulation, wird der Farbstoff gleichmäßig auf die Tochterzellen verteilt, so dass die
Tochtergenerationen anhand ihrer Fluoreszenzintensität bei der durchflusszytometrischen Analyse
unterschieden werden können. Mithilfe der Analysesoftware FlowJo können verschiedene Parameter
berechnet werden, die eine vergleichende Beurteilung der Proliferation unter verschiedenen
Stimulationsbedingungen erlauben. In dieser Arbeit wurde dazu der Teilungsindex gewählt, der
angibt, wie viele Teilungen jede Zelle im Durchschnitt durchlaufen hat, wodurch auch berücksichtigt
wird wie groß der Anteil der Zellen war, die sich nicht geteilt haben.
Die Beladung der Zellen mit CFSE vor der Stimulation erfolgte entsprechend des
Herstellerprotokolls. 20x106 Zellen/ml (Mindestvolumen 100 µl) wurden in einer Lösung aus 5 µM
CFSE in PBS aufgenommen und für 8 min bei 37°C im Dunkeln inkubiert. Bei sehr geringen Zellzahlen
wurde der Lösung 5 % FCS zugesetzt. Die Reaktion wurde dann durch Zugabe von kaltem T‐Zell‐
Vollmedium + 25 % FCS und 5‐minütiger Inkubation auf Eis gestoppt. Im Anschluss wurden die Zellen
durch Zentrifugation (1200 rpm, 7 min, 4°C) pelletiert und nochmals mit T‐Zell‐Vollmedium
gewaschen. Die erfolgreiche Färbung der Zellen wurde vor der Kultur stets durchflusszytometrisch
kontrolliert.
Polyklonale TZR‐Stimulation von PBMCs oder T‐Zell‐Subpopulationen
Zur polyklonalen TZR‐vermittelten Stimulation von T‐Zellen wurde entweder Phytohämagglutinin
(PHA) oder ein anti‐CD3 Antikörper verwendet, der löslich zur Zellkultur gegeben oder durch
Beschichtung der Zellkulturplatten immobilisiert wurde. Zur Immobilisierung wurden die
Zellkulturplatten mit 1 µg/ml anti‐CD3 in PBS bodenbedeckend (100 µl/well in einer 96‐well‐Platte
bzw. 200 µl/well in einer 48‐well‐Platte) für 4 Stunden bei 37°C inkubiert. Im Falle einer Ko‐
Stimulation mit anti‐CD28 wurden außerdem 5 µg/ml anti‐CD28 zugegeben. Im Anschluss wurden die
Platten zweimal mit raumtemperiertem PBS gewaschen, bevor die Zellen zur Stimulation ausgesäht
Material und Methoden
28
wurden. Aufgereinigte T‐Zellen wurden in 96‐well‐Platten bei einer Dichte von 100.000 Zellen/well in
200 µl T‐Zell‐Vollmedium stimuliert, PBMCs in 48‐well‐Platten bei einer Dichte von 1x106 Zellen/well
in 400 µl T‐Zell‐Vollmedium. Im Falle einer Stimulation von T‐Zellen in Anwesenheit von feeder
Zellen, wurden in einer 96‐well‐Platte pro well 20.000 T‐Zellen und 500.000 feeder Zellen ausgesäht.
Als feeder Zellen wurden PBMCs von einem anderen Spender (allogen) eingesetzt, die vor der Kultur
mit 45–60 Gy bestrahlt wurden.
Peptidstimulation Virusantigen‐spezifischer CD8+ T‐Zellen
PBMCs von HLA‐A2 positiven Individuen wurden bei einer Dichte von 1,5x106 Zellen/well in einer 96‐
well‐Platte mit 1 µg/ml Peptid (vgl. Tabelle 6) in einem Gesamtvolumen von 200 µl/well T‐Zell‐
Vollmedium für 4 Std. stimuliert. Nach 1 Std. wurden 10 µg/ml Brefeldin A zugegeben. Für die
spätere Identifikation der peptidspezifischen CD8+ T‐Zellen wurden die PBMCs vor der Stimulation
mit den entsprechenden Tetrameren gefärbt. Dazu wurden 5x106 PBMCs/ml bei 37°C in humanem T‐
Zell‐Vollmedium für 30 min mit den entsprechenden HLA‐A2 Tetrameren (1:100) inkubiert. Die
Detektion der Zytokinproduktion erfolgte mittels intrazellulärer Zytokinfärbung nach
Ausschlussfärbung toter Zellen und Oberflächenfärbung mit anti‐CD8. Als positive Kontrolle für die
Zytokinfärbung wurde ein Teil der Zellen mit PMA und Ionomycin stimuliert.
IL‐7 und TZR‐Stimulation von PBMCs
Für die Analyse der IL‐17 und IFN‐γ Produktion nach IL‐7 und TZR‐Stimulation wurden
kryokonservierte PBMCs von MS‐Patienten und gesunden Individuen aufgetaut und zunächst bei
einer Dichte von 1x106 Zellen/well in einer 48‐well‐Platte für zwei Tage mit 10 ng/ml IL‐7 in einem
Gesamtvolumen von 500 µl T‐Zell‐Vollmedium kultiviert. Im Anschluss wurden die Zellen in eine neue
Zellkulturplatte überführt, die zuvor mit 1 µg/ml anti‐CD3 wie oben beschrieben beschichtet worden
war. Die anti‐CD3 Stimulation erfolgte über Nacht für 12 Std. in Anwesenheit von 2 µg/ml Brefeldin
A. Die Zytokinexpression wurde durch intrazelluläre Zytokinfärbung und durchflusszytometrische
Analyse quantifiziert.
Stimulation von PBMCs mit IL‐12 und IL‐18
Zur Stimulation mit IL‐12 und IL‐18 wurden PBMCs aus frisch abgenommenem peripherem Vollblut
gesunder Individuen aufgereinigt und bei einer Dichte von 1x106 Zellen/well in einer 48‐well‐Plate in
einem Gesamtvolumen von 400 µl T‐Zell‐Vollmedium ausgesäht. IL‐12 wurde in einer konstanten
Konzentration von 10 ng/ml zugesetzt. Die optimale Konzentration von IL‐18 wurde in Vorversuchen
austitriert und lag für eine maximale Stimulation, quantifiziert anhand der CD69 Expression, bei 50–
100 ng/ml. Die CD69 Expression war unter diesen Bedingungen nach 12–18 Std. maximal, weshalb
Material und Methoden
29
für die letztendlichen Versuche eine Stimulation von 10 ng/ml IL‐12 und/oder 100 ng/ml IL‐18 für 12
Std. bei Analyse der CD69 Expression und für 18 Std. bei Analyse der IFN‐γ Produktion gewählt
wurde. Im letzten Fall wurde für die letzten 6 Std. 10 µg/ml Brefeldin A zur Kultur gegeben. Die
Zytokinexpression wurde durch intrazelluläre Zytokinfärbung und durchflusszytometrische Analyse
quantifiziert.
Stimulation von PBMCs oder T‐Zell‐Subpopulationen mit PMA und Ionomycin
Zur direkten Analyse der Zytokinexpression ohne spezifische Stimulation über
Oberflächenrezeptoren wurden PBMCs oder aufgereinigte T‐Zell‐Subpopulationen mit dem
Proteinkinase C aktivierenden Mitogenen Phorbol‐12‐myristat‐13‐acetat (PMA) und dem Ionophor
Ionomycin stimuliert. Dazu wurden 500.000 PBMCs oder 100.000 T‐Zellen pro well in einer 96‐well‐
platte in einem Gesamtvolumen von 200 µl T‐Zell‐Vollmedium ausgesäht und mit 50 ng/ml PMA, 1
µg/ml Ionomycin und 10 µg/ml Brefeldin A für 6–12 Std. inkubiert.
2.2.3. Färbeprotokolle für durchflusszytometrische Analysen
Ausschlussfärbung toter Zellen
Um tote Zellen bei der Datenauswertung ausschließen zu können , wurden diese vor jeder
durchflusszytometrischen Analyse von kryokonservierten oder in vitro stimulierten PBMCs mithilfe
der LIVE/DEAD Fixable Dead Cell Stain Kits der Firma Invitrogen nach Herstellerangaben gefärbt. 1–2
x 106 Zellen wurden dazu zunächst in 5‐ml‐FACS Röhrchen überführt, mit kaltem PBS gewaschen
(Zentrifugation bei 1500 rpm, 5 min, RT) und anschließend mit 150 µl einer 1:1000 in PBS verdünnten
Lösung des Reagenzes gemischt. Nach 30 minütiger Inkubation bei 4°C wurden die Zellen erneut mit
kaltem PBS gewaschen und anschließend für weitere Färbeprotokolle verwendet.
Antikörperfärbung von Oberflächenantigenen
Die Färbung von Oberflächenantigenen für die durchflusszytometrische Analyse erfolgte stets mit
monoklonalen fluoreszenzmarkierten Antikörpern (Tabelle 7) in 5 ml‐FACS‐Röhrchen bei 4°C. Alle
Waschschritte erfolgten durch Zugabe von 1 ml FACS‐Puffer pro Röhrchen und 5 min Zentrifugation
bei 1500 rpm und RT. 200 µl Vollblut wurden dazu direkt mit 50 µl eines 5‐fach konzentrierten
Antikörpercocktails versetzt und für 30–60 min inkubiert. Im Anschluss daran wurden durch Zugabe
von 2 ml BD FACS Lysing Solution und 10 minütige Inkubation bei RT die Erythrozyten lysiert und die
Leukozyten fixiert. Die Zellen wurden dann durch Zentrifugation pelletiert und einmal mit FACS‐
Material und Methoden
30
Puffer gewaschen bevor sie zur Analyse in 300 µl FACS‐Puffer aufgenommen wurden. 1–2 x 106
PBMCs wurden zur Färbung in 90 µl FACS‐Puffer aufgenommen, mit 10 µl eines 10‐fach
konzentrierten Antikörpercocktails gemischt und für 30–60 min inkubiert. Für die Färbung von
aufgereinigten PBMCs wurden die Cocktails stets mit einem Überschuss an humanen IgG Antikörpern
versetzt, um die unspezifische Bindung der fluoreszenzmarkierten Antikörper an Fc‐Rezeptoren zu
verhindern. Im Anschluss an die Färbung wurden die PBMCs mit FACS‐Puffer gewaschen und für 10
min bei RT in 100 µl 1%‐PFA in PBS fixiert. Nach nochmaligem Waschen wurden die Zellen zur
Analyse in 300 µl FACS‐Puffer aufgenommen. Lymphozyten aus dem Liquor wurden durch
Zentrifugation (800 rpm, 5 min, RT) gewonnen und nach dem gleichen Protokoll wie PBMCs gefärbt.
Intrazelluläre Zytokinfärbung
Zur intrazellulären Zytokinfärbung wurden stimulierte PBMCs oder T‐Zell‐Subpopulationen durch
Verwendung der entsprechenden Puffer von Biolegend fixiert und dann permeabilisiert. Nach der
Kultur wurden die Zellen dazu zunächst mit kaltem PBS gewaschen und falls notwendig wie oben
beschrieben mit entsprechenden Antikörpern gegen Oberflächenantigene gefärbt. Im Anschluss
erfolgte die Färbung toter Zellen wie oben beschrieben. Dann wurden 1 x 105 bis 1 x 106 Zellen in 100
µl Fixierungspuffer aufgenommen, für 20 min bei RT inkubiert und mit 1 ml Permeabilisierungspuffer
versetzt und 5 min bei 1500 rpm und RT zentrifugiert. Dieser Waschschritt wurde nochmals
wiederholt, bevor die Zellen in 100 µl Permeabilisierungspuffer aufgenommen und die Antikörper zur
Färbung der Zytokine zugegeben wurden. Die Zytokinfärbung erfolgte bei RT für 30–60 min. Im
Anschluss wurden die Zellen zweimalig mit Permeabilisierungspuffer gewaschen und in 300 µl FACS
Puffer zur Analyse aufgenommen.
Identifikation antigenspezifischer T‐Zellen mittels HLA‐Tetrameren
Zur Identifikation antigenspezifischer CD8+ T‐Zellen wurden HLA‐A2 Tetramere eingesetzt. Dazu
werden biotinylierte HLA‐A2‐Monomere in vitro mit bekannten HLA‐A2 restringierten Peptiden
beladen und mit fluoreszenzmarkiertem Streptavidin tetramerisiert. Durch die Tetramerisierung
erhöht sich die Avidität des HLA‐TZR‐Komplexes, so dass eine Färbung möglich wird. Die Herstellung
der Monomere erfolgte nach publizierten Protokollen150 im Labor von Prof. Dr. Lars Fugger
(Universität Oxford), der diese für die vorliegende Arbeit freundlicherweise zur Verfügung stellte. Zur
Tetramerisierung wurden die HLA‐A2‐Monomere mit PE‐markiertem Extravidin in einer 4:1
Stöchiometrie schrittweise in 5 Schritten unter Rotation bei 4°C versetzt. Zur Färbung wurden 1–
5x106 PBMCs von HLA‐A2 positiven Individuen in 100 µl FACS‐Puffer aufgenommen, mit 1 µl
Tetramerlösung versetzt und für 30 min bei RT inkubiert. Anschließend wurden die Zellen mit 1 ml
FACS‐Puffer gewaschen und ggf. mit Antikörpern gegen weitere Oberflächenantigene gefärbt. Im
Material und Methoden
31
Anschluss an die Färbung wurden die PBMCs mit FACS‐Puffer gewaschen und für 10 min bei RT in
100 µl 1%‐PFA in PBS fixiert. Nach nochmaligem Waschen wurden die Zellen zur Analyse in 300 µl
FACS‐Puffer aufgenommen. Die Expression von HLA‐A2 der gesunden Individuen wurde zuvor durch
durchflusszytometrische Analyse einer Vollblutprobe bestimmt.
2.2.4. Bestimmung des IL‐18 Serumspiegels
Aufarbeitung und Konservierung von Serumproben
Serumröhrchen wurden für 10 min bei 3000 rpm und RT zentrifugiert, der Überstand wurde à 500 µl
aliquotiert und bei ‐80°C gelagert.
IL‐18 Enzyme‐Linked‐Immuno‐Sorbent Assay (ELISA)
Die Bestimmung der IL‐18 Konzentration im Serum von MS‐Patienten erfolgte mit Hilfe des Human
IL‐18 ELISA Kit der Firma Invitrogen nach Angaben des Herstellers. Die Serum Proben wurden bei RT
aufgetaut und 1:5 mit Assay diluent verdünnt. Mit einem monoklonalen anti‐IL‐18 (capture)
Antikörper vorbeschichtete 96‐well‐Platten wurden mit je 100 µl/well einer IL‐18 Standardreihe und
den verdünnten Serumproben jeweils in Dubletten beschickt und 1 Std. bei RT auf einem Schüttler
inkubiert. Im Anschluss wurde die Platte vierfach mit 300 µl/well Waschpuffer gewaschen und mit
100 µl/well einer Lösung eines zweiten monoklonalen mit Meerrettichperoxidase (engl. horseradish
peroxidase, HRP) konjugierten IL‐18 (detection) Antikörper für 1 Std. inkubiert. Nach weiteren 4
Waschschritten wurde eine Lösung aus Tetramethylbenzidin (TMB) und H2O2 zugegeben. Durch die
HRP wird das TMB in blaues TMB‐Diimin umgesetzt. Die Reaktion wurde durch Zugabe einer 0,5M
H2SO4 Lösung nach 30 min gestoppt, was zu einem Farbumschlag von blau nach gelb führt. Die
resultierende Absorption kann bei 450 nm in einem Spektrophotometer quantifiziert werden
(Referenzwellenlänge 620 nm).
2.2.5. Microarray Genexpressionsanalyse
Zur Analyse der Genexpression von CD8αα im Vergleich zu CD8αβ T‐Zellen wurden diese aus frisch
abgenommenen Vollblutproben gesunder Individuen mittels FACS Sortierung aufgereinigt und als
trockene Pellets zu je 500.000 Zellen in flüssigem Stickstoff schockgefroren und bei ‐80°C gelagert.
Die Aufreinigung der RNA und die anschließende Microarray‐Analyse erfolgte durch die Mitarbeiter
des Service Center für Microarray‐Analytik des Instituts für Klinische Chemie des UKE. Die RNA wurde
aus den aufgereinigten Zellen mittels Phenol‐Chloroform‐Extraktion und anschließender Isopropanol
Material und Methoden
32
Präzipitation isoliert. Zur weitern Aufreinigung wurden die Proben nochmals über eine RNeasy
MinElute Säule (Quiagen) gegeben. Die Konzentration der RNA wurde am Nanodrop (Pequlab)
bestimmt. Die Integrität wurde mit Hilfe eines Bioanalyzers (Agilent Technologies) unter Verwendung
des Agilent RNA 6000 Pico Kit überprüft. Die reverse Transkription der RNA in first und second strand
cDNA sowie die Herstellung und Aufbereitung der markierten aRNA für die Microarray‐Analyse
erfolgte unter Verwendung des Gene Chip® IVT Express Kits (Affymetrix). Zur anschließenden
Microarray‐Analytik wurden GeneChip® Human Genome U133 Plus 2.0 (Affymetrix) Chips verwendet.
2.2.6. Statistik
Die Normalverteilung der Messwerte wurde zunächst durch einen Kolmogorov‐Smirnov‐test
überprüft. Entsprechend des Ergebnisses wurde zur Analyse statistischer Sinifikanzen entweder ein
Student’s t‐test oder ein Mann‐Whitney‐U Test durchgeführt. Im Falle gepaarter Analysen von Blut
und Liquor Proben wurde ein gepaarter Student’s t‐test verwendet. Multiple Varianzanalysen
wurden mittels one‐ oder two‐way‐ANOVA und anschließendem Bonferroni post‐test vorgenommen.
Eine Quantifikation von Korrelationen zwischen zwei Variablen erfolgten entweder durch Pearson
product‐moment correlation coefficient oder Spearman's rank correlation coefficient. Alle
statistischen Analysen wurden mit Hilfe der GraphPad Prism 5 Software (GraphPad Software, Inc.)
durchgeführt. p‐Werte < 0.05 (*) wurden als signifikant definiert, p < 0.01 (**) und p < 0.001 (***) als
hochsignifikant.
Ergebnisse
33
3. ERGEBNISSE
3.1. Identifizierung und Charakterisierung IL‐17 produzierender CD8+ T‐Zellen
IL‐17 Produktion durch CD8+ T‐Zellen ist mit einer hohen Expression des Oberflächenmarkers CD161
assoziiert114. Allerdings produzieren nicht alle CD161hochCD8+ T‐Zellen IL‐17. Es handelt sich hierbei
also nicht um einen exklusiven Marker, anhand dessen sich die IL‐17 produzierenden CD8+ T‐Zellen
von anderen CD8+ T‐Zellen eindeutig abgrenzen lassen. Des Weiteren sind sowohl der Phänotyp als
auch die Funktion IL‐17 produzierender CD8+ T‐Zellen bisher wenig charakterisiert. Daher war ein Ziel
dieser Arbeit die allgemeinen Eigenschaften dieser T‐Zellen zu untersuchen und dabei unter anderem
herauszufinden, ob es andere Oberflächenmarker gibt, anhand derer sich die IL‐17 produzierenden
CD8+ T‐Zellen ohne eine direkte intrazelluläre Färbung des Zytokins noch eindeutiger identifizieren
lassen.
3.1.1. Assoziation von IL‐17 Produktion durch CD8+ T‐Zellen mit verminderter
CD8β‐Expression
Bereits in einer der ersten Studien zur Charakterisierung der CD161 exprimierenden T‐Zellen wurde
beobachtet, dass die CD161hochCD8+ T‐Zellen eine verminderte CD8β‐Expression aufweisen122. Zudem
gibt es Hinweise aus Studien an Mausmodellen, dass eine Herunterregulation der Expression der
CD8β‐Untereinheit bei der Selektion autoreaktiver T‐Zellen im Thymus induziert wird147.
Im Rahmen einer ersten phänotypischen Charakterisierung von CD8+ T‐Zellen im peripheren
Blut gesunder Individuen wurde daher neben der Expression von CD161 auch die Expression von
CD8β untersucht. CD8 liegt an der Zelloberfläche entweder als CD8αα‐Homodimer oder CD8αβ‐
Heterodimer vor151. Für gewöhnlich werden zur Identifizierung von CD8+ T‐Zellen Antikörper
verwendet, die Epitope der CD8α‐Untereinheit erkennen, da diese von allen CD8+ T‐Zellen exprimiert
wird. Wird bei der durchflusszytometrischen Analyse zusätzlich ein anti‐CD8β Antikörper eingesetzt,
so erscheinen CD8+ T‐Zellen, die ausschließlich CD8αα‐Homodimere auf ihrer Oberfläche tragen, im
Folgenden als CD8αα T‐Zellen bezeichnet, als CD8α+ und CD8β– Zellen (Abbildung 1A). Es bestätigte
sich bei der parallelen Analyse mit anti‐CD161, dass eine starke Assoziation zwischen der Expression
von CD161 und der Herunterregulation der CD8β‐Untereinheit besteht. Im Durchschnitt waren 47,59
± 17,13% der CD161hochCD8+ T‐Zellen CD8β–, während CD161intCD8+ T‐Zellen zu 28,55 ± 20,87% und
CD161–CD8+ T‐Zellen nur zu 6,96 ± 12,66% aus CD8αα T‐Zellen bestanden (Abbildung 1B). Des
Weiteren war das Expressionslevel von CD8β auf den CD8αβ T‐Zellen innerhalb der CD161int und
CD161hochCD8+ T‐Zellen im Vergleich zu CD161–CD8αβ T‐Zellen ebenso graduell vermindert
(Abbildung 1C). Es scheint also einen starken Zusammenhang zwischen der Expression von CD161
Ergebnisse
34
und einer Verminderung der Expression von CD8β durch CD8+ T‐Zellen im humanen peripheren Blut
zu geben. Daher wurde im Folgenden zunächst untersucht, ob die (ausschließliche) Expression von
CD8αα‐Homodimeren sich als alternativer und eventuell spezifischerer Marker für IL‐17
produzierende CD8+ T‐Zellen eignet.
Abbildung 1: Assoziation der Expression von CD161 und CD8β auf CD8+ T‐Zellen des peripheren Blutes. Kryokonservierte mononukleäre Zellen des peripheren Blutes (PBMCs) gesunder Individuen (n = 10) wurden aufgetaut und durchflusszytometrisch analysiert. (A) Beispielhafte Darstellung der Identifizierung von CD8αα und CD8αβ T‐Zellen innerhalb der CD161hoch, CD161int und CD161– CD8+ T‐Zellen (CD3+CD8+ Lymphozyten). Die Zahlen in den Quadranten entsprechen jeweils der prozentualen Frequenz innerhalb der dargestellten Ausgangspopulation. SSC = Seitwärtsstreulicht (engl. sideward scatter) (B) Statistische Auswertung der Frequenz von CD8αα T‐Zellen innerhalb der drei angegebenen Subpopulationen von CD8+ T‐Zellen. (C) Statistische Auswertung der Expression von CD8β anhand der medianen Fluoreszenzintensität auf CD8αβ T‐Zellen innerhalb der drei angegebenen Subpopulationen von CD8+ T‐Zellen. Horizontale Balken entsprechen Mittelwert ± standard error of mean (SEM). Statistik: einfaktorielle Varianzanalyse inkl. Bonferroni post‐test. * p < 0.05, **p < 0.01, ***p < 0.001
Um bestimmte T‐Zell‐Populationen auf ihre generelle Fähigkeit Zytokine zu produzieren hin
zu untersuchen, können diese unspezifisch mit PMA und Ionomycin stimuliert werden, was
unabhängig von der Expression bestimmter Rezeptoren auf der Zelloberfläche zu einer starken
Aktivierung aller T‐Zellen führt. Durch die Zugabe von Brefeldin A wird die Sekretion der daraufhin
exprimierten Zytokine blockiert, so dass diese im Anschluss intrazellulär angefärbt werden können.
Durch gleichzeitige Färbung spezifischer Oberflächenrezeptoren zur Identifikation der zu
untersuchenden T‐Zell‐Population kann auf diese Weise also die Zytokinproduktion verschiedener T‐
Ergebnisse
35
Zellen innerhalb der Gesamtpopulation analysiert werden. In ersten Vorexperimenten, in denen
PBMCs gesunder Individuen mit PMA/Ionomycin stimuliert worden waren, war es allerdings nicht
gelungen IL‐17 produzierende CD8+ T‐Zellen zu identifizieren. Dies könnte mit der Herunterregulation
verschiedener Oberflächenmarker, wie zum Beispiel in diesem Falle CD8 oder CD3, als Reaktion auf
die starke Stimulation zusammenhängen. Auch nach physiologischerer Stimulation der T‐Zellen
mittels anti‐CD3 und anti‐CD28 war es nicht möglich, innerhalb der PBMCs IL‐17 positive CD8+ T‐
Zellen zu identifizieren. Daher wurden CD8αα und CD8αβ T‐Zellen mit intermediärer und hoher
Expression des CD8β (CD8αβint bzw.CD8αβhoch) aus PBMCs zunächst mittels FACS Sortierung
entsprechend des in Abbildung 2A gezeigten Schemas aufgereinigt und dann getrennt voneinander
mit PMA/Ionomycin und Brefeldin A über Nacht stimuliert. Bei der folgenden
durchflusszytometrischen Analyse konnten IL‐17 produzierende Zellen identifiziert werden und es
zeigte sich, dass diese zwar in der CD8αα T‐Zell‐Population deutlich angereichert waren, jedoch auch
in den CD8αβint T‐Zellen vorkamen. Im Gegensatz dazu produzierten kaum CD8αβhoch T‐Zellen IL‐17
(Abbildung 2B).
Abbildung 2: IL‐17 und IFN‐γ Produktion von CD8αα, CD8αβint und CD8αβhoch T‐Zellen. (A) Aus CD8+ T‐Zellen (CD56–CD4–CD8+) des peripheren Blutes eines gesunden Individuums wurden per FACS Sortierung entsprechend des dargestellten Schemas CD8αα, CD8αβint und CD8αβhoch T‐Zellen isoliert. (B) Die aufgereinigten Subpopulationen wurden für 12 Std. mit 50 ng/ml PMA und 1 µg/ml Ionomycin in Anwesenheit von 10 µg/ml Brefeldin A stimuliert und anschließend intrazellulär mit monoklonalen Antikörpern gegen IL‐17 und IFN‐γ gefärbt. Die Zahlen in den Quadranten entsprechen jeweils der prozentualen Frequenz innerhalb der dargestellten Ausgangspopulation. Beispielhaft für zwei unabhängig durchgeführte Experimente.
Eine spätere Analyse der IL‐17 produzierenden CD8+ T‐Zellen bestätigte die Vermutung, dass
diese nach Stimulation mit PMA/Ionomycin die Oberflächenexpression des CD8‐Moleküls verloren
und somit innerhalb der Gesamt‐PBMCs nicht mehr als solche identifiziert werden konnten. Neben
IL‐17 wurde gleichzeitig auch die Produktion von IFN‐γ, einem klassischen von CD8+ T‐Zellen
sezernierten Zytokin, gemessen. Die Produktion von IFN‐γ war innerhalb der CD8αα und CD8αβint T‐
Zellen im Vergleich zu den CD8αβhoch T‐Zellen ebenfalls deutlich erhöht (Abbildung 2B). In
Übereinstimmung mit ihrem Effektor‐Gedächtnis‐Zell‐Phänotyp könnte es sich also auch bei der
vermehrten IL‐17 Produktion um eine generell stärkere Expression von Zytokinen durch CD8αα und
Ergebnisse
36
CD8αβint T‐Zellen und nicht um eine spezifische Anreicherung IL‐17 produzierender CD8+ T‐Zellen
innerhalb dieser Subpopulationen handeln. Nach Berechnung der Relation von IL‐17 zu IFN‐γ
produzierenden Zellen in den drei Populationen ergab sich allerdings nach wie vor die höchste
relative IL‐17 Produktion in der CD8αα‐Population, gefolgt von den CD8αβint T‐Zellen, während der
Wert in den CD8αβhoch T‐Zellen deutlich geringer war (CD8αα: %IL‐17+:%IFN‐γ+ = 0,054; CD8αβint: %IL‐
17+:%IFN‐γ+ = 0,027; CD8αβhoch: %IL‐17+:%IFN‐γ+ = 0,006).
Bezüglich der initialen Fragestellung, ob sich die (ausschließliche) Expression von CD8αα‐
Homodimeren als alternativer und eventuell spezifischerer Marker für IL‐17 produzierende CD8+ T‐
Zellen eignet, bleibt festzuhalten, dass nicht alle IL‐17 produzierenden CD8+ T‐Zellen in der CD8αα T‐
Zell‐Population enthalten waren und auch nicht alle CD8αα T‐Zellen IL‐17 produzieren. Eine
entsprechende Unterscheidung von CD8αα und CD8αβ T‐Zellen ist folglich nicht zur eindeutigen
Identifizierung der IL‐17 produzierenden CD8+ T‐Zellen geeignet. Dennoch zeigte sich eine deutliche
Anreicherung IL‐17 produzierender CD8+ T‐Zellen innerhalb der CD8αα und CD8αβint Populationen.
Eine verminderte oder vollständig abwesende Oberflächenexpression des CD8β Moleküls innerhalb
der CD8+ T‐Zellen scheint sowohl mit einer erhöhten Expression von CD161 als auch mit der Fähigkeit
IL‐17 zu produzieren assoziiert zu sein.
3.1.2. Allgemeine Charakterisierung von CD8αα T‐Zellen
Aufgrund der Assoziation der IL‐17 Produktion von CD8+ T‐Zellen mit einer verminderten CD8β‐
Expression und der Hinweise aus Studien an Mausmodellen, dass dieser Phänotyp vermehrt bei
autoreaktiven T‐Zellen vorkommt147, widmete sich ein Teil dieser Arbeit der allgemeinen
Charakterisierung der CD8αα T‐Zellen im Vergleich zu T‐Zellen mit sehr hoher CD8β‐Expression.
Zunächst wurden Blutproben gesunder Individuen durchflusszytometrisch auf die Expression
verschiedener Oberflächenmarker in Relation zur CD8β‐Expression hin untersucht. Abbildung 3 zeigt
ein beispielhaftes Ergebnis dieser Analyse. Anhand der fast homogenen und herausstechend hohen
Expression von CD26, IL‐7Rα und CCR5 lässt sich schlussfolgern, dass es sich bei den CD8αα T‐Zellen
tatsächlich um eine phänotypisch und folglich vermutlich auch funktionell eigenständige CD8+ T‐Zell‐
Population handelte. Es fällt jedoch auf, dass ein Großteil der CD8αβint T‐Zellen für die genannten
Marker ebenfalls hoch positiv war. Hingegen war deren Expression auf den CD8αβhoch T‐Zellen
deutlich niedriger oder vollständig abwesend (Abbildung 3). Der Chemokinrezeptor CCR6, welcher
innerhalb der CD4+ T‐Zellen auf den Th17 Zellen vermehrt exprimiert ist152, war auch auf CD8αα und
CD8αβint T‐Zellen erhöht, wohingegen CXCR3, ein Th1/2 assoziierter Chemokinrezeptor, eher niedrig
exprimiert war. Des Weiteren waren CD8αα und CD8αβint T‐Zellen kaum positiv für
Oberflächenmarker, die eine kürzliche Aktivierung von T‐Zellen anzeigen (CD38, HLA‐DR und CD57).
Ergebnisse
37
Ein Teil der Zellen exprimierte den NK‐Zell‐Marker CD56, allerdings kein CD16. Das
Expressionsmuster von CD62L, CCR7 und CD45RA (CD62L–CCR7–CD45RA–) zeigte an, dass es sich bei
den CD8αα T‐Zellen um Effektor‐Gedächtnis‐T‐Zellen handelt. Die RA‐Isoform des CD45 Moleküls,
einem Pan Lymphozyten Marker, wird nach der Aktivierung zugunsten der Expression der RO‐Isoform
herunterreguliert, ist also auf Gedächtnis‐T‐Zellen im Allgemeinen nicht zu detektieren. Das Selektin
CD62L und der Chemokinrezeptor CCR7 vermitteln das Rezirkulieren von T‐Zellen durch die
sekundären lymphatischen Organe und dienen demzufolge der Unterscheidung von Effektor‐
Gedächtnis‐ von Zentralen‐Gedächtnis‐ und naiven T‐Zellen im peripheren Blut153. Bezüglich der
Expression der beschriebenen Oberflächenmarker handelt es sich bei den CD8αα T‐Zellen um eine
eigenständige Population von Effektor‐Gedächtnis‐T‐Zellen mit einem Th17‐ähnlichen Phänotyp.
Allerdings wies auch ein Großteil der CD8αβint T‐Zellen einen ähnlichen Phänotyp auf, während dieser
sich von dem der Mehrheit der CD8αβhoch T‐Zellen deutlich unterschied. Diese Ergebnisse stimmen
folglich mit den Befunden der Analyse der Zytokinproduktion überein. IL‐17 produzierende CD8+ T‐
Zellen konnten ausschließlich innerhalb der CD8αα und CD8αβint Population identifiziert werden, und
waren besonders in der CD8αα‐Population angereichert (Kapitel 3.1.1.).
Abbildung 3: Expression ausgewählter Oberflächenmarker auf CD8+ T‐Zellen des peripheren Blutes in Abhängigkeit von der CD8β Expression. Frisch abgenommenes Vollblut eines gesunden Individuums wurde nach direkter Färbung mit den entsprechenden fluoreszenzmarkierten monoklonalen Antikörpern und anschließender Lyse der Erythrozyten durchflusszytometrisch analysiert. Dargestellt sind jeweils CD8+CD4– Lymphozyten. Beispielhaft für 3 unabhängig gemessene Individuen.
Ergebnisse
38
Bei der weiteren vergleichenden Charakterisierung wurde sich in dieser Arbeit darauf
beschränkt die CD8αα T‐Zellen mit den CD8αβhoch T‐Zellen zu vergleichen, da bereits anhand der
Oberflächenmarkerexpression deutlich geworden war, dass die CD8αβint T‐Zellen den CD8αα T‐Zellen
sehr ähnlich waren, während die größten phänotypischen Unterschiede zwischen den CD8αα und
CD8αβhoch T‐Zellen bestanden. Funktionell wurde zunächst die Proliferation der beiden Populationen
als Antwort auf klassische TZR Stimulation gemessen. Dazu wurden CD8αα und CD8αβhoch T‐Zellen
wie in Abbildung 2A dargestellt per FACS Sortierung aufgereinigt, mit CFSE markiert und entweder
mit immobilisiertem anti‐CD3 und anti‐CD28 oder in Anwesenheit bestrahlter allogener PBMCs als
feeder‐Zellen mit anti‐CD3 oder PHA stimuliert. Die CD8αα T‐Zellen zeigten unter allen Bedingungen
eine deutlich verminderte proliferative Reaktivität (Abbildung 4). Obwohl sie also einen Effektor‐
Gedächtnis‐Zell‐Phänotyp aufwiesen und in Reaktion auf PMA/Ionomycin zum Großteil IFN‐γ
produzierten, proliferierten die CD8αα T‐Zellen kaum nach unspezifischer TZR‐Stimulation.
Abbildung 4: Proliferation von CD8αα und CD8αβhoch T‐Zellen nach TZR‐Stimulation. CD8αα und CD8αβhoch T‐Zellen (CD56–CD4–CD8+) wurden aus mononukleären Zellen des peripheren Blutes (PBMCs) eines gesunden Individuums per FACS Sortierung isoliert, mit Carboxyfluorescein diacetate succinimidyl ester (CFSE) gefärbt und anschließend mit immobilisiertem anti‐CD3 (1 µg/ml) und anti‐CD28 (5 µg/ml) für 7 Tage oder in Anwesenheit von feeder‐Zellen mit anti‐CD3 (0,1 µg/ml) oder PHA (1µg/ml) für 3 Tage stimuliert. Als feeder Zellen dienten allogene PBMCs, die vor der Kultur mit 60Gy bestrahlt wurden. Die angegebenen Zahlen entsprechen jeweils dem Teilungsindex (durchschnittliche Anzahl Teilungen pro Zelle). SSC = Seitwärtsstreulicht (engl. sideward scatter).
Demnach scheinen die CD8αα T‐Zellen eine CD8+ T‐Zell‐Population mit besonderem
Phänotyp zu sein, die nicht oder nur schlecht unter klassischen TZR‐stimulierenden Bedingungen zu
aktivieren ist. Da in dieser außergewöhnlichen Population gleichzeitig die IL‐17 produzierenden T‐
Zellen angereichert zu sein schienen, wurde eine Microarray‐Analyse der Genexpression auf mRNA‐
Ebene der CD8αα T‐Zellen im Vergleich zu den CD8αβhoch T‐Zellen durchgeführt. Als
Ausgangsmaterial wurden von zwei gesunden Individuen CD8 und CD8hoch T‐Zellen wie in
Ergebnisse
39
Abbildung 2A dargestellt mittels FACS Sortierung isoliert. Die Microarray‐Analyse erfolgte in
Zusammenarbeit mit dem Service Center für Microarray‐Analytik des Instituts für Klinische Chemie
des Universitätsklinikums Hamburg‐Eppendorf. Die jeweils 50 Zielsequenzen mit der stärksten Hoch‐
bzw. Herunterregulation in den CD8αα T‐Zellen und die dazugehörigen Gene sind in Tabelle 14 bzw.
Tabelle 15 gelistet.
Tabelle 14: Liste der 50 am stärksten in CD8αα im Vergleich zu CD8αβhoch T‐Zellen hochregulierten Gene.
Rang log2(Expressions‐änderung)
Gensymbol Gentitel
1 8,5 B3GALT2 UDP‐Gal:betaGlcNAc beta 1,3‐galactosyltransferase, polypeptide 2
2 8 ADAM12 ADAM metallopeptidase domain 12
3 6,9 B3GALT2 UDP‐Gal:betaGlcNAc beta 1,3‐galactosyltransferase, polypeptide 2
4 6,65 LTK leukocyte receptor tyrosine kinase
5 6,55 RORC RAR‐related orphan receptor C
6 6,45 ADAM12 ADAM metallopeptidase domain 12
7 6,35 TRA@ /// TRD@ T cell receptor alpha locus /// T cell receptor delta locus
8 6,25 ME1 malic enzyme 1, NADP(+)‐dependent, cytosolic
9 6,2 TYROBP TYRO protein tyrosine kinase binding protein
10 5,9 TRA@ /// TRD@ T cell receptor alpha locus /// T cell receptor delta locus
11 5,8
KIR3DL1 /// KIR3DL2 /// LOC727787
killer cell immunoglobulin‐like receptor, three domains, long cytoplasmic tail, 1 /// killer cell immunoglobulin‐like receptor, three domains, long cytoplasmic tail, 2 /// similar to killer cell immunoglobulin‐like receptor 3DL2 precursor (MHC class I NK cell receptor) (Natural killer‐associated transcript 4) (NKAT‐4) (p70 natural killer cell receptor clone CL‐5) (CD158k antigen)
12 5,7 PRSS35 protease, serine, 35
13 5,5 TRD@ T cell receptor delta locus
14 5,4 KIR2DS2 killer cell immunoglobulin‐like receptor, two domains, short cytoplasmic tail, 2
15 5,3 C8orf83 chromosome 8 open reading frame 83
16 5,15 SLITRK5 SLIT and NTRK‐like family, member 5
17 5,15 ME1 malic enzyme 1, NADP(+)‐dependent, cytosolic
18 5,1 IL23R interleukin 23 receptor
19 4,8 P2RY14 purinergic receptor P2Y, G‐protein coupled, 14
20 4,8 CEBPD CCAAT/enhancer binding protein (C/EBP), delta
21 4,75 PLD1 phospholipase D1, phosphatidylcholine‐specific
22 4,75 TLE1 transducin‐like enhancer of split 1 (E(sp1) homolog, Drosophila)
23 4,65 LTK leukocyte receptor tyrosine kinase
24 4,6
KIR3DL1 /// KIR3DL2 /// LOC727787
killer cell immunoglobulin‐like receptor, three domains, long cytoplasmic tail, 1 /// killer cell immunoglobulin‐like receptor, three domains, long cytoplasmic tail, 2 /// similar to killer cell immunoglobulin‐like receptor 3DL2 precursor (MHC class I NK cell receptor) (Natural killer‐associated transcript 4) (NKAT‐4) (p70 natural killer cell receptor clone CL‐5) (CD158k antigen)
25 4,6 CA2 carbonic anhydrase II
Ergebnisse
40
26 4,55 KIR3DL3 killer cell immunoglobulin‐like receptor, three domains, long cytoplasmic tail, 3
27 4,55 SPON1 spondin 1, extracellular matrix protein
28 4,55 TPBG trophoblast glycoprotein
29 4,5 PLD1 phospholipase D1, phosphatidylcholine‐specific
30 4,5 NTN4 netrin 4
31 4,5 IL23R interleukin 23 receptor
32 4,45 CCR6 chemokine (C‐C motif) receptor 6
33 4,35 IL18RAP interleukin 18 receptor accessory protein
34 4,3 CEBPD CCAAT/enhancer binding protein (C/EBP), delta
35 4,3 NMU neuromedin U
36 4,25 CDH2 cadherin 2, type 1, N‐cadherin (neuronal)
37 4,2 SIGLEC7 sialic acid binding Ig‐like lectin 7
38 4,2 S100A9 S100 calcium binding protein A9
39 4,1 IL26 interleukin 26
40 4,1 KIR2DL2 killer cell immunoglobulin‐like receptor, two domains, long cytoplasmic tail, 2
41 4,1 CCR1 chemokine (C‐C motif) receptor 1
42 4,05 TLE1 transducin‐like enhancer of split 1 (E(sp1) homolog, Drosophila)
43 4 CAMTA1 calmodulin binding transcription activator 1
44 3,95 DAB2IP DAB2 interacting protein
45 3,95 COLQ collagen‐like tail subunit (single strand of homotrimer) of asymmetric acetylcholinesterase
46 3,95 BANK1 B‐cell scaffold protein with ankyrin repeats 1
47 3,9 C8orf83 chromosome 8 open reading frame 83
48 3,9 CYP2E1 cytochrome P450, family 2, subfamily E, polypeptide 1
49 3,9 CCR1 chemokine (C‐C motif) receptor 1
50 3,85 SPON1 spondin 1, extracellular matrix protein
Tabelle 15: Liste der 50 am stärksten in CD8αα im Vergleich zu CD8αβhoch T‐Zellen herunterregulierten Gene.
Rang log2 (Expressions‐änderung)
Gensymbol Gentitel
1 ‐8,15 AIF1 allograft inflammatory factor 1
2 ‐7,9 CD8B CD8b molecule
3 ‐7,7 LRRN3 leucine rich repeat neuronal 3
4 ‐7,35 RUNX2 runt‐related transcription factor 2
5 ‐6,7 LRRN3 leucine rich repeat neuronal 3
6 ‐6,5 DSC1 desmocollin 1
7 ‐6,45 CACHD1 cache domain containing 1
8 ‐5,85 MMP28 matrix metallopeptidase 28
9 ‐5,85 FLJ37307 hypothetical LOC283521
10 ‐5,55 MMP28 matrix metallopeptidase 28
11 ‐5,35 NOG noggin
12 ‐5,35 AIF1 allograft inflammatory factor 1
13 ‐5,25 MAL mal, T‐cell differentiation protein
14 ‐5,15 BEND5 BEN domain containing 5
15 ‐5 PADI4 peptidyl arginine deiminase, type IV
16 ‐4,75 SCML1 sex comb on midleg‐like 1 (Drosophila)
17 ‐4,7 CCR7 chemokine (C‐C motif) receptor 7
18 ‐4,65 SLC16A10 solute carrier family 16, member 10 (aromatic amino acid
Ergebnisse
41
transporter)
19 ‐4,6 LEF1 lymphoid enhancer‐binding factor 1
20 ‐4,55 SPINK2 serine peptidase inhibitor, Kazal type 2 (acrosin‐trypsin inhibitor)
21 ‐4,55 SCML1 sex comb on midleg‐like 1 (Drosophila)
22 ‐4,5 DEPDC7 DEP domain containing 7
23 ‐4,5 AK5 adenylate kinase 5
24 ‐4,45 SNED1 sushi, nidogen and EGF‐like domains 1
25 ‐4,45 LEF1 lymphoid enhancer‐binding factor 1
26 ‐4,45 S100B S100 calcium binding protein B
27 ‐4,4 LOC100292909 hypothetical protein LOC100292909
28 ‐4,35 ROBO1 roundabout, axon guidance receptor, homolog 1 (Drosophila)
29 ‐4,35 NRCAM neuronal cell adhesion molecule
30 ‐4,35 SERPINF1 serpin peptidase inhibitor, clade F (alpha‐2 antiplasmin, pigment epithelium derived factor), member 1
31 ‐4,3 EPHA1 EPH receptor A1
32 ‐4,25 SDK2 sidekick homolog 2 (chicken)
33 ‐4,25 CD8B CD8b molecule
34 ‐4,25 KCNN4 potassium intermediate/small conductance calcium‐activated channel, subfamily N, member 4
35 ‐4,2 PDE9A phosphodiesterase 9A
36 ‐4,15 KCTD12 potassium channel tetramerisation domain containing 12
37 ‐4,1 LOC641518 hypothetical LOC641518
38 ‐4,1 CNKSR2 connector enhancer of kinase suppressor of Ras 2
39 ‐4,05 CCDC141 coiled‐coil domain containing 141
40 ‐4,05 TBC1D4 TBC1 domain family, member 4
41 ‐4 NT5E 5'‐nucleotidase, ecto (CD73)
42 ‐3,95 CDCA7L cell division cycle associated 7‐like
43 ‐3,95 TBC1D4 TBC1 domain family, member 4
44 ‐3,9 LRP6 low density lipoprotein receptor‐related protein 6
45 ‐3,9 GJB6 gap junction protein, beta 6, 30kDa
46 ‐3,85 ISM1 isthmin 1 homolog (zebrafish)
47 ‐3,85
FAM153A /// FAM153B /// FAM153C
family with sequence similarity 153, member A /// family with sequence similarity 153, member B /// family with sequence similarity 153, member C
48 ‐3,8 ACTN1 actinin, alpha 1
49 ‐3,75 PRRT1 proline‐rich transmembrane protein 1
50 ‐3,75 NGFRAP1 nerve growth factor receptor (TNFRSF16) associated protein 1
Der Einschluss eines dritten Individuums zur detaillierten statistischen und bioinformatischen
Aufarbeitung der Daten steht noch aus. Zusammenfassend kann jedoch bereits festgestellt werden,
dass verschiedene Gene, die bekannter Weise mit dem Th17 Phänotyp bei CD4+ T‐Zellen assoziiert
sind152, auch in den CD8αα T‐Zellen hochreguliert waren. Dies gilt zum Beispiel für den
Transkriptionsfaktor RORC, der für die Differenzierung von Th17 Zellen essentiell ist, oder den IL‐23‐
Rezeptor. So war auch der Chemokinrezeptor CCR6, der bereits bei der Analyse der
Oberflächenmarker erhöht auf den CD8αα T‐Zellen exprimiert war, hochreguliert. Außerdem war die
Expression von IL‐26, einem Zytokin, das auch von Th17 Zellen sezerniert wird154, in CD8αα T‐Zellen
Ergebnisse
42
erhöht. Des Weiteren war auffällig, dass verschiedene NK‐Zell Rezeptoren unter den hochregulierten
Genen waren: KIR3DL1/KIR3DL2, KIR2DS2, KIR3DL3, SIGLEC7 und KIR2DL2, sowie KLRB1 (killer cell
lectin‐like receptor subfamily B, member 1), was CD161 entspricht. Bezüglich der weiteren
Untersuchung der Differenzierung und Aktivierung der CD8αα T‐Zellen ist die erhöhte Expression
verschiedener Signaltransduktionsmoleküle interessant: zum Beispiel B3GALT2, LTK, TYROBP, P2RY14
und PLD1. Ein weiteres herausstechend hoch exprimiertes Gen war ADAM12, eine extrazelluläre
Metalloproteinase mit intrazellulärer Signaltransduktionsdomäne, für die verschiedene zelluläre
Funktionen, wie Zell‐Zell‐ und Zell‐Matrix‐Interaktionen oder proteolyische Prozessierung von
Wachstumsfaktoren, beschrieben wurden155.
Die Microarray‐Analyse untermauerte entsprechend zunächst den beschriebenen Th17‐
ähnlichen Phänotyp der CD8αα T‐Zellen und zeigte außerdem, dass neben CD161 noch weitere NK‐
Zell‐Rezeptoren auf CD8αα T‐Zellen hochreguliert sind. Darüber hinaus lieferte die Analyse neue
interessante hochregulierte Moleküle, die bei der Differenzierung und Aktivierung der Zellen eine
Rolle spielen könnten und zukünftig daraufhin untersucht werden sollen.
3.1.3. MAIT‐Zellen repräsentieren den Großteil der IL‐17 produzierenden CD8+ T‐
Zellen
In einer 2011 erschienenen Publikation wurde beschrieben, dass der Großteil, wenn nicht sogar alle
CD161hochCD8+ T‐Zellen den MAIT‐Zellen angehört. Diese zeichnen sich unter anderem durch die
Expression eines semi‐invarianten T‐Zell Rezeptors (Vα7.2) aus126. Außerdem wurde in der zitierten
Studie gezeigt, dass IL‐17 Produktion durch CD8+ T‐Zellen weitestgehend auf die MAIT‐Zellen
beschränkt ist. Daher wurde sich bei der weiteren Charakterisierung IL‐17 produzierender CD8+ T‐
Zellen, vor allem im Zuge der späteren funktionellen Analysen bei MS‐Patienten, auf die CD8+ MAIT‐
Zellen konzentriert.
Um zunächst die Überlappung zwischen CD161hochCD8+ T‐Zellen und CD8+ MAIT‐Zellen,
definiert als CD161hochVα7.2+, zu überprüfen, wurden Blutproben gesunder Individuen nach Ko‐
Färbung gegen CD161 und Vα7.2 durchflusszytometrisch analysiert. Tatsächlich waren 97,7 ± 1,34%
der CD161hochCD8+ T‐Zellen Vα7.2+, während diese TZR‐Kette in der übrigen CD8+ T‐Zell‐Population
nur mit einer durchschnittlichen Frequenz von 5,98 ± 2,23% vorkam (n = 6). Eine weiterführende
Charakterisierung der CD8+ MAIT‐Zellen, beispielhaft dargestellt in Abbildung 5, bestätigte, dass es
sich um eine homogene Population handelt, die sich nicht nur durch eine außergewöhnlich hohe
Expression von CD161, sondern auch von CD26, IL‐7Rα, IL‐18Rα, CCR5 und CCR6 auszeichnet. Das
Expressionsmuster von Chemokinrezeptoren (CCR5+CCR6+CCR7–) und Integrinen (α4+β1+β7+) deutete
darauf hin, dass CD8+ MAIT‐Zellen vermehrt in der Lage sind in entzündliche Gewebe einzuwandern.
Ergebnisse
43
Obwohl sie das Integrin α4β7 trugen, welches ein Einwandern in die Darm‐assoziierten
lymphatischen Gewebe vermittelt, war die Expression von CCR9 nicht erhöht. CCR9 ist der Rezeptor
für CCL25, ein Chemokin das an der Rekrutierung von CD8+ T‐Zellen in die Mukosa des Darms
beteiligt ist156. Es bestätigte sich, dass ein hoher Anteil der MAIT‐Zellen CD8β– war (31,4 ± 16,8% der
CD8+ MAIT‐Zellen; 2,7 ± 4,8% der nicht‐MAIT CD8+ T‐Zellen, n = 6), und dass die Höhe der CD8β
Expression auf den CD8β+ MAIT‐Zellen vermindert im Vergleich zu anderen CD8+ T‐Zellen war (7683 ±
3271 MFI von CD8β auf CD8+ MAIT‐Zellen; 41200 ± 14200 MFI von CD8β auf nicht‐MAIT CD8+ T‐
Zellen, n = 6). Die Expression verschiedener Marker für Gedächtnis‐Zellen (CCR7–CD62L–CD45RA–
CD45RO+) bestätigte den bereits in Kapitel 3.1.2. für CD8αα T‐Zellen beschriebenen Effektor‐
Gedächtnis‐Zell‐Phänotyp. Ein Teil der CD8+ MAIT‐Zellen war positiv für den NK‐Zell‐Marker CD56,
aber negativ für CD16. Die CD8+ MAIT‐Zellen stellen also eine phänotypisch homogene T‐Zell‐
Population dar, die mutmaßlich alle CD161hochCD8+ T‐Zellen und somit vermutlich auch alle IL‐17
produzierenden CD8+ T‐Zellen enthält.
Abbildung 5: Expression ausgewählter Oberflächenmarker auf CD8+ MAIT‐Zellen des peripheren Blutes. Frisch abgenommenes Blut eines gesunden Individuums wurde nach direkter Färbung mit den entsprechenden fluoreszenzmarkierten monoklonalen Antikörpern und anschließender Lyse der Erythrozyten durchflusszytometrisch analysiert. Dargestellt sind jeweils CD3+TCRγδ–CD4–CD8+ Lymphozyten. Dabei wurde zwischen MAIT‐Zellen und anderen CD8+ T‐Zellen anhand der Vα7.2 und CD161 Expression wie schematisch oben links dargestellt unterschieden. Beispielhaft für drei unabhängig gemessene Individuen.
Um zu klären, ob noch andere CD8+ T‐Zellen in der Lage sind IL‐17 zu produzieren, wurden
CD8+ MAIT‐Zellen (CD161hochVa7.2+) und andere CD161+/– CD8+ T‐Zellen aus PBMCs gesunder
Ergebnisse
44
Individuen mittels FACS Sortierung entsprechend des in Abbildung 6A dargestellten Schemas
aufgereinigt und mit PMA/Ionomycin unspezifisch stimuliert. Innerhalb der MAIT‐Zellen konnte eine
klare IL‐17 produzierende Population identifiziert werden, während nur sehr wenige andere CD161+
und so gut wie keine CD161– CD8+ T‐Zellen IL‐17 positiv waren. Fast sämtliche IL‐17+ Zellen
produzierten gleichzeitig auch IFN‐γ (CD161hochVα7.2+: 13,41 ± 3,54% IFN‐γ+IL‐17+ und 0,22 ± 0,39%
IFN‐γ–IL‐17+; CD161+Vα7.2–: 0,51 ± 0,28% IFN‐γ+IL‐17+ und 0,09 ± 0,17% IFN‐γ–IL‐17+; CD161–: 0,06 ±
0,06% IFN‐γ+IL‐17+ und 0,03 ± 0,03% IFN‐γ–IL‐17+; n = 4, Abbildung 6). Entsprechend der Tatsache,
dass die Mehrheit der CD161 exprimierenden Zellen den Gedächtnis‐T‐Zellen zuzuordnen ist,
produzierten diese mehrheitlich IFN‐γ, während die CD161–CD8+ T‐Zellen nur ca. zur Hälfte IFN‐γ
positiv waren (CD161hochVα7.2+: 85,33 ± 2,58% IFN‐γ+IL‐17–; CD161+Vα7.2–: 94,03 ± 5,07% IFN‐γ+IL‐17–
; CD161–: 45,12 ± 13,46% IFN‐γ+IL‐17–; n = 4, Abbildung 6).
Abbildung 6: IL‐17 und IFN‐γ Produktion von CD8+ MAIT‐Zellen und anderen CD161+/CD161– CD8+ T‐Zellen. (A) CD8+ MAIT‐Zellen (CD4–TCRγδ–CD8+Vα7.2+CD161hoch), nicht‐MAIT CD161+CD8+ T‐Zellen (CD4–TCRγδ–
CD8+Vα7.2–CD161+) und CD161–CD8+ T‐Zellen (CD4–TCRγδ–CD8+Vα7.2+/–CD161–) wurden per FACS Sortierung entsprechend des dargestellten Schemas aus mononukleären Zellen des peripheren Blutes (PBMCs) aufgereinigt. (B) Nach 12 Std. Stimulation der aufgereinigten Subpopulationen mit 50 ng/ml PMA und 1 µg/ml Ionomycin in Anwesenheit von 10 µg/ml Brefeldin A wurde eine intrazellulären Färbung von IL‐17 und IFN‐γ durchgeführt. Beispielhafte Darstellung. Die Zahlen in den Quadranten entsprechen jeweils der prozentualen Frequenz innerhalb der dargestellten Ausgangspopulation. (C) Statistische Analyse von vier unabhängigen Experimenten, die wie in B dargestellt ausgewertet wurden. Horizontale Balken entsprechen Mittelwert ± Standard Error of Mean (SEM). Statistik: einfaktorielle Varianzanalyse inkl. Bonferroni post‐test. ***p < 0.001
Um zu überprüfen, ob unter veränderten, eventuell physiologischeren
Stimulationsbedingungen neben den invarianten MAIT‐Zellen auch andere CD8+ T‐Zellen IL‐17
Ergebnisse
45
produzieren können, wurden mit Hilfe von HLA‐A2‐Tetrameren CD8+ T‐Zellen identifiziert, die
immundominante Epitope des Zytomegalievirus (CMV) oder des Influenzavirus (Flu) erkennen. Eine
Ko‐Färbung der Tetramere mit CD161 auf PBMCs von HLA‐A2 positiven gesunder Individuen zeigte,
dass zwar ein Teil der virusspezifischen T‐Zellen CD161 exprimierte, jedoch nur auf einem
intermediären Level. Es war keine CD161hochTetramer+ Population zu detektieren (Abbildung 7A).
PBMCs derselben gesunden Individuen wurden dann mit den den jeweiligen Epitopen
entsprechenden Peptiden stimuliert. Dies führte zur spezifischen Aktivierung der Tetramer+CD8+ T‐
Zellen, welche anhand der IFN‐γ Produktion mittels intrazellulärer Zytokinfärbung detektiert werden
konnte. Allerdings fanden sich keine IL‐17+Tetramer+ T‐Zellen (Abbildung 7B und C).
Innerhalb der CD8+ T‐Zellen, die spezifisch für die ausgewählten immundominanten Epitope
der weit verbreiteten Zytomegalie‐ und Influenzaviren sind, konnten also auch nach spezifischer
Peptidstimulation keine IL‐17 produzierenden Zellen identifiziert werden, obwohl diese CD161 zum
Teil auf einer intermediären Höhe exprimierten.
Abbildung 7: CD161 Expression und IFN‐γ/IL‐17 Produktion virusspezifischer CD8+ T‐Zellen. (A) Kryokonservierte mononukleäre Zellen des peripheren Blutes (PBMCs) von HLA‐A2 positiven gesunden Individuen wurden aufgetaut und mit HLA‐A2‐Tetrameren zur Detektion von CMVpp65 bzw. FluM1 spezifischen CD8+ T‐Zellen gefärbt. CD8+ Lymphozyten sind dargestellt. Beispielhaft für drei gesunde Individuen je Epitop. (B) PBMCs derselben Individuen wie in A wurden mit den jeweiligen kognaten Peptiden (1 µg/ml) stimuliert und anschließend intrazellulär mit Antikörpern gegen IL‐17 und IFN‐γ gefärbt. Dargestellt sind CD8+Tetramer+ Lymphozyten. Beispielhaft für drei gesunde Individuen je Epitop. (C) Statistische Quantifizierung IL‐17 und IFN‐γ produzierender Zellen innerhalb der für die dargestellten Epitope spezifischen CD8+ T‐Zellen nach Peptid Stimulation und durchflusszytometrischer Analyse wie in B beschrieben. n = 3 Individuen pro Epitop. Horizontale Balken entsprechen Mittelwert ± Standard Error of Mean (SEM). Die Zahlen in den Quadranten in A und B entsprechen jeweils der prozentualen Frequenz innerhalb der dargestellten Ausgangspopulation.
Ergebnisse
46
3.1.4. Reduzierte Proliferation von CD8+ MAIT‐Zellen nach klassischer T‐Zell‐
Rezeptor Stimulation
Da die CD8+ MAIT‐Zellen also höchstwahrscheinlich den Großteil, wenn nicht sogar alle, IL‐17
produzierenden CD8+ T‐Zellen im humanen peripheren Blut ausmachen, sollten diese Zellen im
Folgenden weiter funktionell charakterisiert werden. Zunächst wurde ihre Proliferation nach
klassischer TZR‐Stimulation untersucht. Dazu wurden CD8+ MAIT‐Zellen (CD161hochVa7.2+) und zum
Vergleich andere CD161+/–CD8+ T‐Zellen aus PBMCs gesunder Individuen mittels FACS Sortierung
aufgereinigt, mit CFSE gefärbt und mit anti‐CD3 und anti‐CD28 stimuliert. Nach vier Tagen wurde die
Proliferation anhand der Verdünnung des CFSE in den Tochtergenerationen quantifiziert.
CD8+ MAIT‐Zellen proliferierten unter diesen Bedingungen kaum, während die anderen
CD161+/–CD8+ T‐Zellen bereits auf die Stimulation mit anti‐CD3 hin deutliche Proliferation zeigten,
welche durch Zugabe von anti‐CD28 noch gesteigert werden konnte. Im Vergleich zu den CD161–
CD8+ T‐Zellen war die proliferative Kapazität der nicht‐MAIT CD161+CD8+ T‐Zellen ebenfalls
vermindert (Abbildung 8, obere drei Reihen). Durch klassische TZR‐Stimulation und anti‐CD28 Ko‐
Stimulation ließen sich CD8+ MAIT‐Zellen demzufolge nicht zur Proliferation anregen. Um zu testen,
ob es andere Ko‐Faktoren gibt, die CD8+ MAIT‐Zellen zur Proliferation anregen können, wurden im
nächsten Schritt bestrahlte, autologe PBMCs als feeder Zellen zur Kultur gegeben. Die bestrahlten
feeder Zellen sind nicht mehr in der Lage zu proliferieren und werden mit der Zeit apoptotisch, liefern
allerdings noch diverse ko‐stimulatorische Signale. Unter diesen Bedingungen konnten CD8+ MAIT‐
Zellen in Abwesenheit bakterieller Antigene zur Proliferation gebracht werden (Abbildung 8, untere
zwei Reihen). Zur Aufklärung der Identität des Ko‐Faktors oder der Ko‐Faktoren sind zukünftig
Experimente mit trans‐well‐Platten geplant, mit Hilfe derer zunächst zwischen löslichen oder Zell‐
Zell‐Kontakt vermittelten Faktoren unterschieden werden kann.
Ergebnisse
47
Abbildung 8: Proliferation von CD8+ MAIT‐Zellen nach TZR Stimulation im Vergleich mit anderen CD161+/CD161– CD8+ T‐Zellen. CD8+ MAIT‐Zellen (CD4–TCRγδ–CD8+Vα7.2+CD161hoch), nicht‐MAIT CD161+CD8+ T‐Zellen (CD4–TCRγδ–CD8+Vα7.2–CD161+) und CD161–CD8+ T‐Zellen (CD4–TCRγδ–CD8+Vα7.2+/–CD161–) wurden per FACS Sortierung aus mononukleären Zellen des peripheren Blutes (PBMCs) aufgereinigt, mit Carboxyfluorescein diacetate succinimidyl ester (CFSE) gefärbt und entweder mit 1µg/ml anti‐CD3 und 5µg/ml anti‐CD28 (immobilisiert) für vier Tage oder mit 1 µg/ml anti‐CD3 in Anwesenheit von feeder Zellen für sechs Tage stimuliert. Als feeder Zellen dienten autologe PBMCs, die vor der Kultur mit 45Gy bestrahlt wurden. Die angegebenen Zahlen entsprechen jeweils dem Teilungsindex (durchschnittliche Anzahl Teilungen pro Zelle). Beispielhaft für drei unabhängig durchgeführte Experimente.
Ergebnisse
48
3.2. Analyse von CD161hochCD8+ bzw. CD8+ MAIT‐Zellen in der Multiplen Sklerose
Eine Veränderung in der Frequenz einer Immunzellpopulation im Blut von MS‐Patienten im Vergleich
zu gesunden Individuen kann ein erster Hinweis auf eine funktionelle Rolle dieser Zellen in der
Pathogenese der Erkrankung sein. Daher wurden über einen Zeitraum von zwei Jahren frische
Blutproben von MS‐Patienten und von gesunden Individuen (engl. healthy individual, HI), die
bezüglich des Alters und Geschlechts angepasst waren, gesammelt und auf die Frequenz CD161
exprimierender CD8+ T‐Zellen hin durchflusszytometrisch untersucht. Des Weiteren wurden
Lymphozyten aus dem Liquor von MS‐Patienten und Patienten mit anderen neurologischen
Erkrankungen (engl. other neurological dieseases, OND) entsprechend analysiert.
3.2.1. Verminderte Frequenzen der CD161hochCD8+ T‐Zellen im peripheren Blut von
MS‐Patienten
Bei der Frequenzanalyse der CD161hoch und CD161int CD8+ T‐Zellen im peripheren Blut wurde zur
besseren Eingrenzung der Subpopulationen anhand der Expression der Oberflächenmarker CCR7 und
CD45RA zwischen naiven und Gedächtnis‐T‐Zellen unterschieden. Die gleichzeitige Expression von
CCR7 und CD45RA zeigt dabei einen naiven Phänotyp an, während die übrigen T‐Zellen sich in
zentrale (CCR7+CD45RA–), Effektor‐ (CCR7–CD45RA–) und kürzlich aktivierte Effektor‐ (CCR7–CD45RA+)
Gedächtnis‐T‐Zellen unterteilen lassen153. Es zeigte sich zunächst, dass der Großteil der CD161
exprimierenden CD8+ T‐Zellen den Gedächtnis‐T‐Zellen zuzuordnen ist (Abbildung 9A). 98,65 ± 1,2%
der CD161intCD8+ T‐Zellen und 99,87 ± 0,16% der CD161hochCD8+ T Zellen waren Gedächtnis‐T‐Zellen,
während CD161–CD8+ T‐Zellen zu 41,39 ± 15,44% naiv waren. Innerhalb der CD4+ T‐Zellen ließen sich
anhand der CD161 Expression nur zwei Populationen unterscheiden. Eine CD161hochCD4+ Population
war nicht detektierbar. Allerdings gehörte auch in diesem Kompartiment der Großteil der CD161
exprimierenden Zellen den Gedächtnis‐T‐Zellen an (94,43 ± 3,2%), während 58,65 ± 11,89% der
CD161–CD4+ T‐Zellen naiv waren (Abbildung 11A).
Da die meisten CD161hochCD8+ T‐Zellen CD45RA negativ waren, wurde deren Frequenz
innerhalb der CD45RA–CD8+ Gedächtnis‐T‐Zellen quantifiziert und zwischen MS‐Patienten und
gesunden Individuen (vgl. Tabelle 1) verglichen. Es zeigte sich eine signifikante Verminderung der
CD161hochCD8+ T‐Zellen im peripheren Blut von MS‐Patienten (p = 0,02; Abbildung 9B). Wurde dabei
innerhalb der MS‐Patienten zwischen Patienten mit RRMS und SPMS unterschieden, war die
deutlichste Veränderung in der SPMS Gruppe zu beobachten (Abbildung 9B, rechts). Allerdings war
die Anzahl der Patienten in den einzelnen Subgruppen zu gering, um hier statistisch signifikante
Ergebnisse zu erzielen. Da SPMS‐Patienten naturgemäß deutlich älter sind als Patienten, die sich
(noch) in der schubförmig remittierenden Phase der Erkrankung befinden, wurden die im Alter den
Ergebnisse
49
Gruppen entsprechend angepassten gesunden Individuen getrennt aufgetragen. Hier zeigt sich auch,
dass die tendenziell stärkere Verminderung in den SPMS‐Patienten nicht durch deren höheres Alter
erklärt werden kann, sondern mit der Erkrankung zusammen zu hängen schien.
Abbildung 9: Frequenz CD161 exprimierender CD8+ T Zellen im peripheren Blut von MS‐Patienten und gesunden Individuen. (A) Repräsentative durchflusszytometrische Analyse der CD161 Expression auf CD8+ T‐Zellen (CD8+CD4– Lymphozyten, links) und des Gedächtnis‐Zell‐Phänotyps der anhand dieser unterschiedenen Subpopulationen (rechts) im peripheren Blut eines Multiple Sklerose (MS)‐Patienten. Naive: CD45RA+CCR7+, Zentrale Gedächtnis: CD45RA–CCR7+, Effektor‐Gedächtnis: CD45RA–CCR7–, kürzlich aktivierte Effektor‐Gedächtnis: CD45RA+CCR7–. Die Zahlen in den Quadranten entsprechen jeweils der prozentualen Frequenz innerhalb der dargestellten Ausgangspopulation. (B) Die Frequenz der CD161hochCD8+ T‐Zellen wurde innerhalb der CD8+CD45RA– Gedächtnis‐T‐Zellen von gesunden Individuen (engl. healthy individual, HI; n = 44; vgl. Tabelle 1) und MS‐Patienten (MS; n = 48; vgl. Tabelle 1) bestimmt. (C) In derselben Kohorte wurde die Frequenz der CD161intCD8+ T‐Zellen innerhalb der nicht‐naiven (nicht CD45RA+CCR7+) CD8+ T‐Zellen unter vorherigem Ausschluss von CD56+ Zellen quantifiziert. Horizontale Balken entsprechen Mittelwert ± Standard Error of Mean. Statistik: Mann‐Whitney‐U Test. *p < 0,05
Ergebnisse
50
Interessanterweise korrelierte die Frequenz der CD161hochCD8+ T‐Zellen bei gesunden
Individuen invers mit dem Alter, bei MS‐Patienten hingegen war diese Korrelation aufgehoben
(Abbildung 10A). Sie schienen bereits in jüngerem Alter eine verminderte Frequenz von
CD161hochCD8+ T‐Zellen aufzuweisen. Als nächstes stellte sich die Frage, ob die
Frequenzverminderung bei MS‐Patienten mit der Dauer oder Schwere der Erkrankung
zusammenhing. Es konnte jedoch keine signifikante Korrelation zwischen der Frequenz der
CD161hochCD8+ T‐Zellen und der Erkrankungsdauer in Monaten oder dem EDSS, einer in der MS
Diagnostik gebräuchlichen Leistungsskala, festgestellt werden (Abbildung 10B und C).
Abbildung 10: Korrelation der Frequenz CD161hochCD8+ T Zellen im peripheren Blut mit dem Alter, der Dauer und der Schwere der Erkrankung von MS‐Patienten. Die Frequenz der CD161hochCD8+ T‐Zellen wurde innerhalb der CD8+CD45RA– Gedächtnis‐T‐Zellen von gesunden Individuen (engl. healthy individual, HI; n = 44; vgl. Tabelle 1) und Multiple Sklerose‐Patienten (MS; n = 48; vgl. Tabelle 1) bestimmt und gegen das Alter (A) und im Falle der MS‐Patienten gegen die Erkrankungsdauer (B) und den Expanded Disability Status Scale (EDSS) (C) aufgetragen. Korrelationen: Spearman`s rank.
In der gleichen Kohorte wurden parallel die Frequenzen der CD161+CD8+ und CD161+CD4+ T‐
Zellen bestimmt. Diese wurden innerhalb der nicht‐naiven, also nicht CCR7 und CD45RA doppelt‐
positiven, T‐Zellen quantifiziert, da im Gegensatz zu den CD161hochCD8+ T‐Zellen ein Teil der
Ergebnisse
51
CD161+CD8+ T‐Zellen einen CD45RA+CCR7– kürzlich aktivierten Effektor‐Gedächtnis‐T‐Zell‐Phänotyp
aufwies. Des Weiteren wurden bei der Analyse CD56+ NK‐Zellen ausgeschlossen. Diese Strategie
wurde bei der Auswertung der Daten zu den CD161hochCD8+ T‐Zellen nicht angewendet, da bereits
bekannt war, dass es sich hier um eine homogene Population von MAIT‐Zellen handelt, die zum Teil
graduell CD56 exprimierte (vgl. Kapitel 3.1.3.). Sowohl die Frequenz der CD161+CD8+ T‐Zellen, als
auch die der CD161+CD4+ T‐Zellen war nicht signifikant verändert im peripheren Blut von MS‐
Patienten im Vergleich zu gesunden Individuen. Auch durch eine Auftrennung der MS‐Patienten
Kohorte nach den Subtypen der Erkrankung wurden keine Unterschiede erkennbar (Abbildung 9C
und Abbildung 11B, rechts). Dies deutet darauf hin, dass die signifikante Verminderung der
CD161hochCD8+ T‐Zellen, bei denen es sich höchstwahrscheinlich fast ausschließlich um MAIT‐Zellen
handelt (vgl. Kapitel 3.1.3.), im Blut der MS‐Patienten spezifisch für diesen Zelltyp ist.
Abbildung 11: Frequenz CD161 exprimierender CD4+ T Zellen im peripheren Blut von MS‐Patienten und gesunden Individuen. (A) Repräsentative durchflusszytometrische Analyse der CD161 Expression auf CD4+ T‐Zellen (CD8–CD4+ Lymphozyten, links) und des Gedächtnis‐Zell‐Phänotyps der anhand dieser unterschiedenen Subpopulationen (rechts) im peripheren Blut eines MS‐Patienten. Naive: CD45RA+CCR7+, Zentrale Gedächtnis: CD45RA–CCR7+, Effektor‐Gedächtnis: CD45RA–CCR7–, kürzlich aktivierte Effektor‐Gedächtnis: CD45RA+CCR7–. Die Zahlen in den Quadranten entsprechen jeweils der prozentualen Frequenz innerhalb der dargestellten Ausgangspopulation. (B) Die Frequenz der CD161+CD4+ T‐Zellen wurde innerhalb der nicht‐naiven (nicht CD45RA+CCR7+) CD4+ T‐Zellen unter vorherigem Ausschluss von CD56+ Zellen quantifiziert. HI: engl. healthy individuals, gesunde Individuen, n = 44, vgl. Tabelle 1; MS: MS‐Patienten, n = 48, vgl. Tabelle 1. Horizontale Balken entsprechen Mittelwert ± Standard Error of Mean (SEM). Statistik: Mann‐Whitney‐U Test.
Ergebnisse
52
3.2.2. Verminderte Frequenz der CD161hochCD8+ bzw. CD8+ MAIT‐Zellen im Liquor
im Vergleich zum peripheren Blut
Die Verminderung der CD8+MAIT‐Zellen im peripheren Blut der MS‐Patienten kann unterschiedliche
Ursachen haben. Da für andere infektiöse Erkrankungen wie zum Beispiel Tuberkulose gezeigt wurde,
dass eine Umverteilung der Zellen aus dem Blutkreislauf in das infizierte, entzündete Lungengewebe
stattfindet127,128, sollte im nächsten Schritt überprüft werden, ob eine solche Umverteilung in das
entzündete Gewebe, in diesem Fall das ZNS, auch bei den MS‐Patienten erfolgt. Hierzu wurden
zunächst die CD8+ T‐Zellen im Liquor von MS‐Patienten und Patienten mit anderen neurologischen
Erkrankungen (engl. other neurological diseases, OND) im Vergleich zum peripheren Blut (PB)
durchflusszytometrisch analysiert. Insgesamt war die Frequenz der CD161hochCD8+ T‐Zellen im Liquor
sehr gering (Liquor: 2,19 ± 1,22%; PB: 9,97 ± 0,37% der CD8+ T‐Zellen, n = 11 MS‐ und 6 OND‐
Patienten). In beiden Patientengruppen war eine signifikante Verminderung im Liquor im Vergleich
zum peripheren Blut zu beobachten (MS: p = 0,004; OND: p = 0,019; Abbildung 12A). Gleichzeitig
zeigte sich bei den CD161+CD8+ T‐Zellen keine eindeutige Tendenz zwischen Liquor und Blut
(Abbildung 12B), wohingegen die CD161+CD4+ T‐Zellen im Liquor signifikant erhöht waren (MS: p <
0,0001; OND: p = 0,001; Abbildung 12C). Eine Liquoranreicherung IL‐17 produzierender CD4+ T‐
Zellen, die sich innerhalb der CD161+CD4+ T‐Zellen befinden, wurde bereits in anderen Studien
gezeigt106. Signifikante Unterschiede zwischen MS‐ und OND‐Patienten mit entzündlicher oder nicht‐
entzündlicher Erkrankung konnten in dieser Analyse nicht nachgewiesen werden. Allerdings kann
dies mit der geringen Anzahl an untersuchten Patienten mit anderen neurologischen Erkrankungen
zusammenhängen.
Es besteht die Möglichkeit, dass die extrem niedrige Frequenz der CD161hochCD8+ T‐Zellen im
Liquor bei der oben beschriebenen Analyse dadurch zustande kam, dass die CD8+ MAIT‐Zellen in
diesem Kompartiment beispielsweise durch Aktivierung ihre hohe CD161 Expression verlieren und
somit nicht mehr anhand dieser quantifiziert werden können. Um dies auszuschließen, wurde bei der
Analyse einer zweiten Kohorte von MS‐Patienten die invariante TZR‐Kette mitgefärbt. Es konnte so
eine kleine, aber distinkte Population von CD161hochVα7.2+ CD8+ T‐Zellen detektiert werden, was
bedeutet, dass zumindest nicht alle CD8+ MAIT‐Zellen die CD161 Expression im Liquor
herunterregulierten (Abbildung 12D). Die Frequenz der so detektierten CD8+ MAIT‐Zellen war, wie
die der CD161hochCD8+ T‐Zellen in der ersten Kohorte, verglichen mit dem peripheren Blut im Liquor
signifikant vermindert (p = 0,029; Abbildung 12E). Eine Quantifizierung aller Vα7.2+CD8+ T‐Zellen
unabhängig von ihrer CD161 Expression ergab ebenfalls eine signifikante Verminderung (Liquor: 6,28
± 3,43%; PB: 17,93 ± 7,41% der CD8+ T‐Zellen; p = 0,006).
Ergebnisse
53
Abbildung 12: Frequenz CD161 exprimierender CD8+ und CD4+ T Zellen Im Liquor und im peripheren Blut von MS‐Patienten und Patienten mit anderen neurologischen Erkrankungen. Lymphozyten aus dem Liquor und dem peripheren Blut (PB) von Multiple Sklerose Patienten (MS, n = 11, vgl. Tabelle 4) und Patienten mit anderen neurologischen Erkrankungen (engl. other neurological diseases, OND, n = 6, vgl. Tabelle 4) wurden durchflusszytometrisch analysiert. Innerhalb der CD45+CD3+CD4–CD8+ T‐Zellen wurden die Frequenzen der CD161hoch (A) und CD161int (B) Zellen und innerhalb der CD45+CD3+CD8–CD4+ T‐Zellen die Frequenz der CD161+ Zellen (C) bestimmt. In einer zweiten Kohorte von MS‐Patienten (n = 5, vgl. Tabelle 4) wurde die Frequenz der MAIT‐Zellen (CD161hochVa7.2+) innerhalb der CD3+CD8+ T‐Zellen quantifiziert (D und E). Die Zahlen neben den Quadraten entsprechen jeweils der prozentualen Frequenz der MAIT‐Zellen innerhalb der CD8+ T‐Zellen. Statistik: gepaarter Student`s t‐test. *p < 0,05; **p < 0,01; ***p < 0.001
Zusammenfassend konnte keine Anreicherung sondern im Gegenteil eine signifikante
Verminderung der CD8+ MAIT‐Zellen im Liquor von MS‐Patienten sowie Patienten mit anderen
neurologischen Erkrankungen nachgewiesen werden. Dies bedeutet, dass die Verminderung dieser
Zellen im peripheren Blut der MS‐Patienten vermutlich nicht durch eine Umverteilung in den Liquor
zu erklären ist.
3.2.3. Unveränderte Expression von Aktivierungsmarkern auf CD8+ MAIT‐Zellen im
peripheren Blut von MS‐Patienten
Die verminderte Frequenz der CD8+ MAIT‐Zellen im peripheren Blut der MS‐Patienten könnte im
Zusammenhang mit einer vermehrten Aktivierung dieser Zellen stehen. Diese könnte zum einen die
Einwanderung in entzündliche Gewebe, wie sie vom Oberflächenmarker‐Phänotyp der MAIT‐Zellen
impliziert wird (vgl. Kapitel 3.1.3.), und zum anderen aktivierungsinduzierten Zelltod, ein
Mechanismus der im Zusammenhang mit der Depletion von MAIT‐Zellen im Blut von HIV infizierten
Personen postuliert wurde157, zur Folge haben.
Ergebnisse
54
Um den Aktivierungsstatus der CD8+ MAIT‐Zellen zu quantifizieren, wurde eine
durchflusszytometrische Analyse der Oberflächenexpression der Aktivierungsmarker HLA‐DR, CD38
und CD57 auf PBMCs einer zweiten Kohorte von MS‐Patienten und entsprechend des Alters und
Geschlechts angepassten gesunden Individuen (vgl. Tabelle 2) durchgeführt. Wie bereits in Kapitel
3.1.3. gezeigt, ist die Expression der genannten Marker sehr gering auf den CD8+ MAIT‐Zellen
gesunder Individuen. Eine signifikante Induktion der Expression bei MS‐Patienten konnte nicht
nachgewiesen werden (Abbildung 13, links). Eine Korrelation der Expression von HLA‐DR, CD38 und
CD57 mit der Frequenz der CD8+ MAIT‐Zellen, was einen Zusammenhang zwischen der Aktivierung
der Zellen und ihrer Verminderung im Blut andeuten würde, konnte ebenfalls nicht nachgewiesen
werden (Abbildung 13, rechts). Auch wenn man die Daten der MS‐Patienten und gesunden
Individuen für diese Analyse zusammenführte, ergab sich keine signifikante Korrelation. Lediglich im
Falle des HLA‐DR ist sowohl eine Tendenz zur erhöhten Expression in MS‐Patienten (p = 0,366) als
auch eine Tendenz zur inversen Korrelation der Expression mit der CD8+ MAIT‐Zellfrequenz zu
erkennen. Durch eine Vergrößerung der Stichproben könnten hier eventuell signifikante Effekte
erzielt werden.
Ergebnisse
55
Abbildung 13: Expression der Aktivierungsmarker HLA‐DR, CD38 und CD57 auf CD8+ MAIT‐Zellen im peripheren Blut von MS‐Patienten und gesunden Individuen. Kryokonservierte mononukleäre Zellen des peripheren Blutes (PBMCs) von Multiple Sklerose Patienten (MS, n = 19, vgl. Tabelle 2) und gesunden Individuen (engl. healthy individuals, HI, n = 16, vgl. Tabelle 2) wurden simultan aufgetaut und durchflusszytometrisch analysiert. Das Expressionsmuster von HLA‐DR+ (A), CD38+ (B) und CD57+ (C) auf CD8+MAIT‐Zellen (CD3+TCRgd–CD4‐CD8+Va7.2+CD161hoch) im Vergleich zu anderen (nicht‐MAIT) CD8+ T‐Zellen (CD3+TCRgd–CD4‐CD8+ nicht‐Va7.2+CD161hoch) ist beispielhaft dargestellt (links). Die Frequenzen der für die jeweiligen Aktivierungsmarker positiven Zellen wurde innerhalb der CD8+ MAIT‐Zellen quantifiziert (mitte) und auf eine Korrelation mit der Frequenz der CD8+ MAIT‐Zellen innerhalb der CD8+ T‐Zellen hin untersucht (rechts). Statistik: Mann‐Whitney‐U Test und Spearman rank Korrelation (A und B); Student`s t‐Test und Pearson product‐moment Korrelation (C).
Ergebnisse
56
3.3. Aktivierung durch IL‐18 als Mechanismus der Frequenzverminderung von
CD8+ MAIT‐Zellen im Blut von MS‐Patienten
MAIT‐Zellen exprimieren ein hohes Level des IL‐18Rα (vgl. Kapitel 3.1.3.) und es ist bekannt, dass IL‐
18 im Serum von MS‐Patienten erhöht vorliegt158,159. In einer Publikation von 2012 wurde zudem
gezeigt, dass CD161hochCD8+ T‐Zellen durch Zugabe von IL‐12 und IL‐18 zur Proliferation unter anti‐
CD3 und anti‐CD28 Stimulation gebracht werden können130. Außerdem konnten MAIT‐Zellen aus der
Maus in Abwesenheit bakterieller Antigene durch IL‐12 aktiviert werden142. Kürzlich publizierte
Befunde zeigten darüber hinaus, dass MAIT‐Zellen nach Aktivierung mit bakteriellen Antigenen in
vitro durch aktivierungsinduzierten Zelltod depletiert werden157. Daher sollte im nächsten Schritt
näher untersucht werden, ob die verminderte Frequenz der CD8+ MAIT‐Zellen im peripheren Blut von
MS‐Patienten eventuell durch eine vermehrte Aktivierung und in der Folge induzierten Zelltod im
Zusammenhang mit einem erhöhten IL‐18 Serumspiegel zustande kommen könnte.
3.3.1. In vitro Aktivierung von CD8+ MAIT‐Zellen durch IL‐18
Zunächst wurde dazu die Aktivierung der CD8+ MAIT‐Zellen durch IL‐18 im Vergleich zu anderen CD8+
T‐Zell‐Populationen in vitro genauer untersucht. Die Inkubation von PBMCs gesunder Individuen mit
IL‐18 führte zur Induktion des Aktivierungsmarkers CD69 spezifisch auf den CD8+ MAIT‐Zellen,
während die Expression von CD69 auf anderen CD8+ naiven oder Gedächtnis‐Zellen unverändert
blieb (Abbildung 14A und B). Da bekannt ist, dass IL‐12 und IL‐18 synergistische Effekte bei der
Aktivierung von T‐Zellen haben160–163, wurde zusätzlich IL‐12 zur Stimulation eingesetzt. Hierdurch
konnte das Expressionslevel von CD69 auf den CD8+ MAIT‐Zellen noch gesteigert werden,
wohingegen auch diese Stimulation nicht zur Aktivierung anderer CD8+ T‐Zellen führte (Abbildung
14C). Um festzustellen, ob die Aktivierung der CD8+ MAIT‐Zellen mit den genannten Zytokinen auch
zu einer gesteigerten Effektorfunktion führt, wurde in unabhängigen weiteren Experimenten eine
intrazelluläre Färbung von IFN‐γ nach identischer Stimulation durchgeführt. IL‐18 wurde ursprünglich
als IFN‐γ inducing factor (IGIF) identifiziert164. Es zeigte sich, dass nach Inkubation mit IL‐18 und IL‐12
mehr als 50% der CD8+ MAIT‐Zellen IFN‐γ produzierten, während eine alleinige Inkubation mit IL‐18
oder IL‐12 nur sehr wenige Zellen zur IFN‐γ Produktion anregte (Abbildung 14D und E). In diesem
Experiment konnten unter IL‐12 und IL‐18 Stimulation auch einige andere CD8+ Gedächtnis‐T‐Zellen
detektiert werden, die IFN‐γ positiv waren. Allerdings war deren Frequenz im Vergleich zum Effekt
bei den CD8+ MAIT‐Zellen sehr gering.
Ergebnisse
57
Abbildung 14: Aktivierung von CD8+ MAIT‐Zellen durch IL‐18 und IL‐12. Frisch aufgereinigte mononukleäre Zellen des peripheren Blutes (PBMCs) gesunder Individuen wurden mit 10 ng/ml IL‐12 und/oder 100 ng/ml IL‐18 für 12 Std. (A‐C, F, G) oder für 18 Std. (D,E) stimuliert. (A) Beispielhafte Darstellung der CD69 Expression auf CD8+ MAIT‐Zellen (CD3+CD8+Va7.2+CD161hoch), CD8+ nicht‐MAIT‐Gedächtnis‐T‐Zellen (CD3+CD8+Va7.2+/–CD161–/+CD45RA–) und naiven CD8+ T‐Zellen (CD3+CD8+Va7.2+/–CD161–/+CD45RA+) nach 12Std. Stimulation mit IL‐12 und/oder IL‐18. (B) Statistische Analyse der Frequenz CD69 exprimierender Zellen innerhalb der CD8+ MAIT, CD8+ nicht‐MAIT‐Gedächtnis‐T‐Zellen und naiven CD8+ T‐Zellen quantifiziert wie in A dargestellt. (C) Quantifizierung des Expressionslevels von CD69 auf CD69+ Zellen innerhalb der drei CD8+ Subpopulationen anhand der medianen Fluoreszenzintensität in Relation zur unstimulierten Kontrolle. (D) Beispielhafte
Ergebnisse
58
Darstellung der IFN‐γ Expression nach Stimulation mit IL‐12 und IL‐18 für 18 Std., in den letzten 6 Std. in Anwesenheit von 10 µg/ml Brefeldin A. CD8+ MAIT, CD8+ nicht‐MAIT‐Gedächtnis‐T‐Zellen und naive CD8+ T‐Zellen wurden wie in A beschrieben unterschieden. Die Zahlen in den Quadraten entsprechen jeweils der prozentualen Frequenz der IFN‐γ+ Zellen innerhalb der dargestellten Ausgangspopulation. (E) Statistische Quantifizierung IFN‐γ positiver Zellen innerhalb der drei CD8+ Subpopulationen. (F) Frequenz der CD8+ MAIT Zellen innerhalb der CD8+ T‐Zellen nach 12 Std. Stimulation mit IL‐12 und/oder IL‐18 in Relation zur unstimulierten Kontrolle. (G) Korrelation der wie in F bestimmten Frequenz der CD8+ MAIT‐Zellen in der Kultur mit der Frequenz der CD69+ Zellen innerhalb dieser Population nach 12 Std. Stimulation mit IL‐12 und IL‐18. A‐C, F,G: n = 8 gesunde Individuen in zwei unabhängigen Experimenten. D,E: n = 4 gesunde Individuen in zwei unabhängigen Experimenten. Statistik: ein‐ oder zweifaktorielle Varianzanalyse inkl. Bonferroni post‐test. *p < 0,05; **p < 0,01; ***p < 0.001. Korrelation: Pearson product‐moment.
Vor dem Hintergrund, dass anhand der CD69 Expression in den vorherigen Experimenten
keine Aktivierung anderer CD8+ T‐Zellen gemessen werden konnte, ist es wahrscheinlich dass es sich
bei den IFN‐γ+ nicht‐MAIT Zellen um eine Verunreinigung durch MAIT‐Zellen bei der Analyse der
durchflusszytometrischen Daten handelt. Die Identifizierung der MAIT‐Zellen (Va7.2+CD161hoch) war
nach Inkubation mit Brefeldin A und dem mit Fixierung und Permeabilisierung verbundenen
Färbeprotokoll der intrazellulären Zytokinfärbung erschwert.
Eine funktionelle und spezifische Aktivierung von CD8+ MAIT‐Zellen durch IL‐18 mit
synergistischen Effekten durch IL‐12 konnte also in vitro beobachtet werden. Nachdem publiziert
worden war, dass MAIT‐Zellen nach Aktivierung mit bakteriellen Antigenen in vitro durch Apoptose
aus der Kultur depletiert werden157, wurde eine Reanalyse der oben beschriebenen Daten zur
Induktion des CD69 nach IL‐18 Aktivierung durchgeführt. Dabei stellte sich heraus, dass auch die
Aktivierung mit IL‐12 und IL‐18, welche den stärksten Stimulus für CD8+ MAIT‐Zellen in diesen
Experimenten darstellte (Abbildung 14A‐C), zur signifikanten Verminderung der Frequenz der CD8+
MAIT‐Zellen in der Kultur führte (Abbildung 14F). Diese Depletion korrelierte signifikant mit dem
Grad der Aktivierung, der anhand der Frequenz der CD69 positiven Zellen innerhalb der CD8+ MAIT‐
Zellen quantifiziert wurde (Abbildung 14G). Dieses deutet darauf hin, dass die MAIT‐Zellen in vitro
auch in Folge einer Stimulation mit IL‐18 in Anwesenheit von IL‐12 aktivierungsinduzierten Zelltod
erleiden können. Ein direkter Nachweis der Apoptose unter diesen Bedingungen steht noch aus.
3.3.2. Zusammenhang zwischen CD8+ MAIT‐Zell Frequenz und IL‐18 Serumspiegel
bei MS‐Patienten
Aufgrund der in vitro gezeigten Reduktion der MAIT‐Zellfrequenz nach IL‐18 Stimulation, sollte als
nächstes überprüft werden, ob auch in vivo ein Zusammenhang zwischen der Frequenz der CD8+
MAIT‐Zellen und dem IL‐18 Serumspiegel besteht. Dazu wurden Seren und PBMCs von MS‐Patienten
simultan untersucht. Mittels ELISA wurde die Konzentration von IL‐18 im Serum bestimmt, während
innerhalb der zum gleichen Zeitpunkt aufgearbeiteten PBMCs die Frequenz der CD8+ MAIT‐Zellen
Ergebnisse
59
durchflusszytometrisch ermittelt wurde. Es ließ sich so eine signifikante inverse Korrelation der CD8+
MAIT‐Zellfrequenz mit dem IL‐18 Serumspiegel nachweisen (Abbildung 15A). Die Reduktion der CD8+
MAIT‐Zellen im Blut schien zudem ab einem Schwellenwert von ca. 200 pg/ml IL‐18 im Serum
besonders prägnant zu werden (Abbildung 15B, p = 0,06 inkl. Ausreißer, p = 0,02 nach Ausschluss des
Ausreißers). Diese Befunde deuten darauf hin, dass die verminderte Frequenz der CD8+ MAIT‐Zellen
im peripheren Blut der MS‐Patienten im Vergleich zu gesunden Individuen mit einem erhöhten IL‐18
Serumspiegel zusammenhängen könnte, welcher zu einer vermehrten Aktivierung der CD8+ MAIT‐
Zellen und in der Folge eventuell induziertem Zelltod beitragen könnte. Eine vergleichende simultane
Analyse des IL‐18 Serumspiegels und der MAIT‐Zellfrequenz bei gesunden Individuen steht noch aus.
Abbildung 15: Korrelation der Frequenz CD8+ MAIT‐Zellen mit dem IL‐18 Serumspiegel bei MS‐Patienten. (A) Kryokonservierte mononukleäre Zellen des peripheren Blutes (PBMCs) von Multiple Sklerose Patienten (MS, n = 19, vgl. Tabelle 2) wurden aufgetaut und durchflusszytometrisch auf die Frequenz der MAIT‐Zellen (Va7.2+CD161hoch) innerhalb der CD8+ T‐Zellen (CD3+TCRgd–CD4–CD8+) hin untersucht. Die Konzentration von IL‐18 in Serum Proben, die jeweils zum entsprechenden Zeitpunkt abgenommenen und ebenfalls kryokonserviert wurden, wurde mittels ELISA bestimmt. Korrelation: Spearman`s rank. (B) Darstellung der Daten in A unterteilt nach Individuen mit einem IL‐18 Serumspiegel ober‐ und unterhalb von 200 pg/ml. Statistik: Mann‐Whitney‐U Test. p = 0,06 inkl. Ausreißer, p = 0,02 nach Ausschluss des Ausreißers. (C) Die Expression des IL‐18Rα wurde anhand der medianen Fluoreszenzintensität auf den CD8+ MAIT‐Zellen (CD3+TCRgd–CD4–CD8+Va7.2+CD161hoch) der in A und B analysierten MS‐Patienten und einer entsprechenden Kohorte gesunder Individuen (engl. healthy individuals, HI, n = 16, vgl. Tabelle 2) bestimmt.
Um zu untersuchen, ob eventuell auch die Reaktivität der CD8+ MAIT‐Zellen auf IL‐18 in MS‐
Patienten verändert sein könnte, wurde die Expression des IL‐18Rα auf CD8+ MAIT‐Zellen von MS‐
Patienten im Vergleich zu einer entsprechend des Alters und Geschlechts passenden Kohorte
gesunder Individuen quantifiziert. Diese war jedoch unverändert (Abbildung 15C).
Ergebnisse
60
3.4. Erhöhte IL‐7Rα Expression und IL‐17 Produktion von CD8+ MAIT‐Zellen bei
MS‐Patienten
Eine vermehrte Fluktuation durch Aktivierungs‐, Umverteilungs‐ und Zelltodvorgänge innerhalb der
MAIT‐Zell‐Population, die möglicherweise mit erhöhten IL‐18 Serumspiegeln oder mit einer generell
erhöhten Aktivierung des angeborenen Immunsystems bei MS‐Patienten einhergeht, könnte
homöostatische Anpassungsprozesse der MAIT‐Zellen induzieren. Es ist bekannt, dass IL‐7 eine
wichtige Rolle bei der Homöostase von CD8+ T‐Zellen spielt165. Außerdem hatte die Charakterisierung
der Expression von Oberflächenmarkern auf CD8+ MAIT‐Zellen bereits gezeigt, dass der IL‐7Rα auf
diesen besonders hoch exprimiert war (vgl. Kapitel 3.1.3. und Abbildung 16A), was auf eine
besondere Bedeutung dieses Zytokins für die Homöostase dieser T‐Zell‐Population hindeutet. Daher
wurde zunächst die Expression des IL‐7Rα auf CD8+ MAIT‐Zellen von MS‐Patienten und gesunden
Individuen verglichen. Es stellte sich heraus, dass diese bei den MS‐Patienten signifikant erhöht war
(p = 0,006; Abbildung 16B). Da sich im Gegensatz zu den CD8+ MAIT‐Zellen innerhalb der anderen
CD8+ T‐Zellen ein gewisser Prozentsatz IL‐7Rα negativer Zellen befand (Abbildung 16A), wurde die
Expression in diesen Populationen zunächst anhand der Frequenz IL‐7Rα positiver Zellen und dann
anhand der medianen Fluoreszenzintensität des IL‐7Rα‐Antikörpers auf den positiven Zellen
quantifiziert. Es zeigte sich im Gegensatz dazu keine signifikant veränderte IL‐7Rα Expression auf
anderen CD8+ naiven oder Gedächtnis‐T‐Zellen (Abbildung 16C‐F). Die festgestellte spezifische
Hochregulation des IL‐7Rα auf CD8+ MAIT‐Zellen von MS‐Patienten könnte eine Reaktion auf eine
erhöhte homöostatische Fluktuation widerspiegeln und gleichzeitig funktionelle Veränderungen der
MAIT‐Zellen in MS‐Patienten zur Folge haben.
In einer kürzlich publizierten Studie wurde gezeigt, dass die Reaktivität der MAIT‐Zellen auf
TZR Stimulation durch Inkubation mit IL‐7 gesteigert werden kann und dass dies zu einer vermehrten
Produktion von IL‐17 durch MAIT‐Zellen führt166. Es lag also nahe, im nächsten Schritt zu überprüfen,
ob die erhöhte Expression des Rezeptors bei MS‐Patienten eine erhöhte Sensitivität der Zellen auf IL‐
7 zur Folge hat, welche sich in einer erhöhten Produktion von IL‐17 nach IL‐7 und anti‐CD3
Stimulation widerspiegeln würde. Dazu wurden PBMCs einer weiteren kleinen Kohorte MS‐Patienten
und gesunder Individuen entsprechend stimuliert und anschließend intrazellulär mit Antikörpern
gegen IL‐17 und IFN‐γ gefärbt. Die Frequenz IL‐17 produzierender Zellen war dabei innerhalb der
CD8+ MAIT‐Zellen von MS‐Patienten signifikant erhöht (p = 0,002), während keine signifikante
Veränderung der Produktion von IFN‐γ nachgewiesen werden konnte (Abbildung 17). Eine vermutlich
homöostatische Reaktion auf eine erhöhte Fluktuation innerhalb der MAIT‐Zell‐Population führt bei
MS‐Patienten also zu einer verstärkten pro‐inflammatorischen Antwort der MAIT‐Zellen auf TZR
Stimulation.
Ergebnisse
61
Abbildung 16: IL‐7Rα Expression auf CD8+ T‐Zellen im peripheren Blut von MS‐Patienten und gesunden Individuen. Kryokonservierte mononukleäre Zellen des peripheren Blutes (PBMCs) von Multiple Sklerose Patienten (MS, n = 19, vgl. Tabelle 2) und gesunden Individuen (engl. healthy individuals, HI, n = 16, vgl. Tabelle 2) wurden simultan aufgetaut und durchflusszytometrisch analysiert. (A) Repräsentative Darstellung der Expression des IL‐7Rα auf CD8+ T‐Zellen (CD3+TCRgd–CD4–CD8+) unterteilt in MAIT‐Zellen (Va7.2+CD161hoch), nicht‐MAIT Gedächtnis‐T‐Zellen (CD45RA– nicht‐Va7.2+CD161hoch) und naive T‐Zellen (CD45RA+ nicht‐Va7.2+CD161hoch). (B) Quantifizierung der Expression des IL‐7Ra auf CD8+ MAIT‐Zellen anhand der medianen Fluoreszenzintensität. Statistik: Mann‐Whitney‐U Test. **p < 0,01 (C) Frequenz der IL‐7Rα+ Zellen innerhalb der CD8+ nicht‐MAIT Gedächtnis‐T‐Zellen. (D) Quantifizierung der Expression des IL‐7Rα auf IL‐7Rα+ CD8+ nicht‐MAIT Gedächtnis‐T‐Zellen anhand der medianen Fluoreszenzintensität. (E) Frequenz der IL‐7Rα+ Zellen innerhalb der naiven CD8+ T‐Zellen. (F) Quantifizierung der Expression des IL‐7Rα auf IL‐7Rα+ naiven CD8+ T‐Zellen anhand der medianen Fluoreszenzintensität.
Ergebnisse
62
Abbildung 17: IL‐17 Produktion durch CD8+ MAIT‐Zellen von MS‐Patienten und gesunden Individuen nach Stimulation mit IL‐7 und anti‐CD3. Kryokonservierte mononukleäre Zellen des peripheren Blutes (PBMCs) von Multiple Sklerose Patienten (MS, n = 5, vgl. Tabelle 3) und gesunden Individuen (engl. healthy individuals, HI, n = 6, vgl. Tabelle 3) wurden simultan aufgetaut, für zwei Tage mit 10 ng/ml IL‐7 und im Anschluss über Nacht mit anti‐CD3 in Anwesenheit von Brefeldin A stimuliert. (A) Repräsentative durchfulsszytometrische Analyse der IL‐17 und IFN‐γ Produktion durch CD8+ MAIT‐Zellen (CD8+Va7–2+CD161hoch) wie sie im Anschluss an die Stimulation mittels intrazellulärer Zytokinfärbung bestimmt wurde. Die Zahlen in den Quadranten entsprechen jeweils der prozentualen Frequenz innerhalb der CD8+ MAIT‐Zellen. (B) Frequenz der IL‐17+ Zellen innerhalb der CD8+ MAIT‐Zellen quantifiziert wie in A dargestellt. Statistik: t‐Test. **p < 0,01 (C) Frequenz der IFN‐γ+ Zellen innerhalb der CD8+ MAIT‐Zellen quantifiziert wie in A dargestellt.
Diskussion
63
4. DISKUSSION
In dieser Arbeit konnte unter anderem bestätigt werden, dass der Großteil der CD161 hoch
exprimierenden und somit auch der IL‐17 produzierenden CD8+ T‐Zellen im peripheren Blut des
Menschen den semi‐invarianten (Vα7.2+), bakterienspezifischen MAIT‐Zellen angehört. Fast alle
CD161hochCD8+ T‐Zellen exprimierten die Vα7.2 TZR‐Kette (ca. 98%) und nach PMA/Ionomycin
Stimulation fanden sich nahezu ausschließlich in der CD8+ MAIT‐Zell‐Population IL‐17+ Zellen.
Außerdem konnten keine CD161hoch oder IL‐17 produzierenden CD8+ T‐Zellen mit Spezifität gegen
zwei immundominante Epitope der weit verbreiteten Zytomegalie‐ und Influenzaviren identifiziert
werden. Dennoch kann weiterhin nicht ausgeschlossen werden, dass sich unter den CD161hochCD8+ T‐
Zellen ein geringer Prozentsatz von CD8+ T‐Zellen mit anderer Spezifität und mit der Fähigkeit IL‐17 zu
produzieren befindet. Diese wurden von anderen Gruppen als Gedächtnis‐Stammzellen oder
Effektor‐Gedächtnis‐Zellen beschrieben114,124,130. Aufgrund ihrer auch in den zitierten Studien extrem
geringen Frequenz und der oben beschriebenen Befunde dieser Arbeit, wird im Folgenden der
Schwerpunkt der Diskussion auf die CD8+ MAIT‐Zellen gelegt.
Durch die Herunterregulation des CD8β‐Moleküls wird vermutlich die Funktion von CD8+ MAIT‐
Zellen moduliert.
Die ausschließliche Expression von CD8αα‐Homodimeren erwies sich nicht als spezifischer oder
exklusiver Marker für IL‐17 produzierende CD8+ T‐Zellen. Dennoch war die Herunterregulation des
CD8β‐Moleküls nicht nur mit der Expression von CD161, sondern auch mit der Fähigkeit IL‐17 zu
produzieren sowie mit einem Th17‐ähnlichen Genexpressionsprofil assoziiert. Auch bei der späteren
Analyse der CD8+ MAIT‐Zellen bestätigte sich diese Assoziation, da fast ein Drittel der CD8+ MAIT‐
Zellen CD8β negativ waren. Jedoch exprimierte ein geringer Prozentsatz der anderen CD8+ T‐Zellen
ebenfalls ausschließlich CD8αα‐Homodimere (ca. 3%). Zukünftig wäre es von Interesse, zu
untersuchen, ob in dieser Population eventuell IL‐17 produzierende CD8+ T‐Zellen mit anderer
möglicherweise autoreaktiver Spezifität angereichert sind.
Die verminderte Expression von CD8β bzw. die vermehrte Expression von CD8αα‐
Homodimeren könnte funktionell mit der beobachteten verminderten TZR‐Reaktivität der CD8+
MAIT‐Zellen zusammenhängen. Bereits bei der Charakterisierung der CD8αα T‐Zellen und auch
später bei der Analyse der MAIT‐Zellen war die Proliferation nach klassischer anti‐CD3 und anti‐CD28
Stimulation gering. Des Weiteren wurde auch in anderen Studien beschrieben, dass die
CD161hochCD8+ bzw. CD8+MAIT‐Zellen eine geringe proliferative Reaktivität auf klassische TZR‐
Stimulation aufweisen122,124,126,130. In einer Studie an intestinalen intraepithelialen Lymphozyten (IELs)
der Maus, die zum Großteil ausschließlich CD8αα‐Homodimere exprimieren, wurde gezeigt, dass
durch die Interaktion des CD8αα mit dem murinen nicht‐klassischen MHC‐Klasse I Molekül thymus
Diskussion
64
leukemia antigen (TL) die Aktivierung der Zellen über den TZR moduliert wird. IELs produzierten nach
TZR‐Stimulation unter gleichzeitiger Interaktion des CD8αα mit TL zwar vermehrt Zytokine,
proliferieren jedoch nicht und wirken nicht zytotoxisch167. Dies bedeutet, dass CD8αα‐Homodimere
nicht wie CD8αβ‐Heterodimere klassisch ko‐stimulatorisch bei einer Aktivierung des TZR wirken. Es
wurde daher postuliert, dass es sich bei der Herunterregulation des CD8β um einen
Regulationsmechanismus handelt, um das Darmepithel, in dem die IELs vornehmlich lokalisiert sind,
vor einer Schädigung durch Proliferation und Zytotoxizität der IELs zu schützen. Eine permanente
Aktivierung der IELs durch bakterielle Antigene im Darm könnte ansonsten vermutlich zu massiver
Immunopathologie führen167,168. Zwar exprimiert auch ein Teil der humanen IELs ausschließlich
CD8αα‐Homodimere169, allerdings wurde noch kein humanes Homolog zum murinen TL identifiziert.
Es ist also noch unklar, ob die Expression von CD8αα‐Homodimeren bzw. die Herunterregulation des
CD8β auch auf humanen CD8+ T‐Zellen, wie den MAIT‐Zellen, die gleiche modulierende Funktion wie
bei den murinen IELs hat. Dies würde bedeuten, dass die proliferative TZR‐Reaktivität der CD8αβint
MAIT Zellen höher sein müsste als die der CD8αα MAIT‐Zellen. In ersten Versuchen zur
differenziellen Proliferation der CD8αα und CD8αβint MAIT‐Zellen war diese jedoch nicht
unterschiedlich. Die Daten dieser Arbeit deuten allerdings insgesamt daraufhin, dass CD8+ MAIT‐
Zellen ebenfalls eher mit Zytokinsekretion als mit Proliferation auf Stimulation reagieren. Auch in
Anwesenheit von feeder Zellen war die Proliferation von MAIT‐Zellen nach anti‐CD3 Stimulation
gering. Nach Aktivierung durch IL‐12 und IL‐18 sezernierten CD8+ MAIT‐Zellen zwar IFN‐γ, jedoch
verminderte sich ihre Frequenz innerhalb der Kultur, obwohl andere T‐Zellen nicht aktiviert worden
waren und somit auch wahrscheinlich nicht durch ihre Proliferation indirekt eine Verminderung der
MAIT‐Zellfrequenz bewirkt haben. Eine direkte Analyse der Proliferation sowie des
aktivierungsinduzierten Zelltods der MAIT‐Zellen nach IL‐12 und IL‐18 Stimulation steht noch aus.
Die zitierte Studie zur Funktion der IELs, sowie weitere Studien zur Expression von CD8αα‐
Homodimeren legen nahe, dass die (ausschließliche) Expression von CD8αα‐Homodimeren nicht
primär als Marker für die Diskriminierung bestimmter Subpopulationen im Rahmen der T‐Zell‐
Differenzierung geeignet ist, sondern eher als funktioneller Marker gesehen werden muss, den
verschiedene T‐Zellen dynamisch regulieren168. So wurde beispielsweise gezeigt, dass eine transiente
Expression von CD8αα‐Homodimeren jene Effektor‐T‐Zellen kennzeichnet, die sich zu Gedächtnis‐T‐
Zellen entwickeln30. Des Weiteren wurde die CD8αα‐Expression beispielsweise auch auf
regulatorischen CD8+ T‐Zellen beschrieben170. Außerdem wird die Expression von CD8β auf MAIT‐
Zellen nach Stimulation mit IL‐7 hochreguliert166.
Diskussion
65
CD8+ MAIT‐Zellen stellen eine „innate‐like“ T‐Zell‐Population mit bisher wenig charakterisierter
Funktion und Regulation dar.
Über die CD8αα‐Expression hinaus, könnten weitere Mechanismen zur verminderten TZR‐Reaktivität
der CD8+ MAIT‐Zellen bzw. der CD161hochCD8+ T‐Zellen beitragen. In einer Studie, in der das
Genexpressionsprofil der CD161hochCD8+ T‐Zellen untersucht wurde, zeigte sich, dass die Expression
vieler an der Signaltransduktion des TZR beteiligter Gene in diesen Zellen herunterreguliert ist171. Die
verminderte TZR‐Reaktivität konnte zum Teil durch Zugabe klassischer Zytokine des angeborenen
Immunsystems, wie zum Beispiel IL‐1β und IL‐12, aufgehoben werden171. Dies wurde in einer
anderen Studie für die Wirkung von IL‐12 und IL‐18 auf CD161hochCD8+ T‐Zellen bestätigt130, was die
Besonderheit dieser T‐Zell‐Population bezüglich ihrer funktionellen Positionierung zwischen
angeborener und adaptiver Immunität unterstreicht.
Neben den invarianten CD1d restringierten iNKT‐Zellen bilden die MAIT‐Zellen also eine
zweite, in der Fachliteratur als „innate‐like“ bezeichnete T‐Zell‐Population. Sie erkennen mit Hilfe
ihres semi‐invarianten TZR keine Peptide, sondern kleine aromatische Metabolite des bakteriellen
Vitaminstoffwechsels, sind im Laufe der Evolution der Säugetiere hoch konserviert und erfüllen ohne
vorherige klonale Expansion ihre Effektorfunktionen137. Die Ergebnisse dieser Arbeit haben gezeigt,
dass ex vivo nach Stimulation durch IL‐12 und IL‐18, zwei Zytokinen, die durch Zellen des
angeborenen Immunsystems sezerniert werden, ca. 80% der CD8+ MAIT‐Zellen aktiviert werden. Im
Gegensatz dazu zeigten andere CD8+ T‐Zellen, sowohl naive als auch Gedächtnis‐T‐Zellen, keine
signifikante Hochregulation des Aktivierungsmarkers CD69 unter den gleichen Bedingungen. Des
Weiteren waren bei der Genexpressionsanalyse der CD8αα T‐Zellen, innerhalb derer die MAIT‐Zellen
klar überrepräsentiert sind, neben CD161 zahlreiche weitere NK‐Zell‐Rezeptoren unter den stark
hochregulierten Genen. So exprimiert auch ein Teil der MAIT‐Zellen CD56, einen Oberflächenmarker,
der häufig als Pan NK(T)‐Zell‐Marker verwendet wird. Es zeigt sich also, dass in der Immunologie
nicht nur die dichotome Zuordnung von Immunzellen zum angeborenen oder adaptiven
Immunsystem, sondern auch die Abgrenzung von bestimmten Zelltypen anhand der Expression
definierter Oberflächenmarker häufig neu überdacht werden muss. Die erhöhte Expression von NK‐
Zell‐Rezeptoren auf den CD8+ MAIT‐Zellen spricht genauso wie deren Aktivierung durch IL‐12 und IL‐
18 für eine Regulation dieser Zellen durch Faktoren des angeborenen Immunsystems.
Bezüglich ihrer Effektorfunktionen scheinen CD8+ MAIT‐Zellen eine zentrale Rolle bei der
Abwehr bakterieller Infektionen zu spielen. So reagieren sie auf bakteriell infizierte APZ in
vitro127,128,142. Außerdem scheinen sie im Rahmen einer Tuberkuloseinfektion vermehrt in das
infizierte Lungengewebe einzuwandern und dadurch im peripheren Blut in ihrer Frequenz vermindert
zu sein127,128. Darüber hinaus wurde in mehreren Studien an Mr1–/– Mäusen, bei denen die MAIT‐
Zellentwicklung durch das fehlende Selektionselement gestört ist, gezeigt, dass MAIT‐Zellen in vivo
Diskussion
66
zur Abwehr gegen verschiedene bakterielle Infektionen beitragen128,142,145. Es ist jedoch noch
weitestgehend unbekannt, wie genau die anti‐bakterielle Funktion der MAIT‐Zellen vermittelt wird.
Die Produktion der pro‐inflammatorischen Zytokine IL‐17 und IFN‐γ durch humane MAIT‐Zellen
konnte in dieser Arbeit zunächst mittels intrazellulärer Zytokinfärbung nach PMA/Ionomycin
Stimulation bestätigt werden. Unter diesen Oberflächenrezeptor unabhängigen
Stimulationsbedingungen produzierten nahezu alle CD8+ MAIT‐Zellen IFN‐γ und ca. 13% gleichzeitig
IL‐17. Nach klassischer TZR‐Stimulation konnte in dieser wie auch in anderen Studien, keine IFN‐γ
oder IL‐17 Produktion nachgewiesen werden, was dafür spricht, dass für diese pro‐
inflammatorischen Effektorfunktionen zusätzliche Signale notwendig sind. So produzierten nach
Aktivierung von PBMCs mit IL‐12 und IL‐18 mehr als die Hälfte der CD8+ MAIT‐Zellen IFN‐γ, allerdings
war unter diesen Bedingungen keine IL‐17 Produktion zu detektieren. Auch nach Inkubation von
PBMCs mit anderen Zytokinen, die an der Differenzierung von Th17 Zellen beteiligt sind, wie
beispielsweise IL‐23 und IL‐1β, produzierten MAIT‐Zellen kein IL‐17 (Daten nicht gezeigt). IL‐17
Produktion durch MAIT‐Zellen konnte durch TZR‐Stimulation nur nach Vorinkubation von PBMCs mit
IL‐7 induziert werden. Allerdings war auch unter diesen Bedingungen die Frequenz der IL‐17+ CD8+
MAIT‐Zellen mit 2–5% noch immer deutlich niedriger als nach PMA/Ionomycin Stimulation. IL‐7
scheint in MAIT‐Zellen eine Hochregulation verschiedener Moleküle, die an der Signaltransduktion
des TZR beteiligt sind, zu bewirken166. Die Aktivierung von MAIT‐Zellen scheint also auf
verschiedenen Ebenen so reguliert zu sein, dass sie ihre vermutlich pro‐inflammatorischen und
antibakteriellen Effektorfunktionen nur unter bestimmten Bedingungen ausüben.
Studien zur Frequenz und Funktion der CD8+ MAIT‐Zellen in der Multiplen Sklerose und anderen
Autoimmunerkrankungen sind kontrovers.
In dieser Arbeit konnte eine signifikante Verminderung der CD161hochCD8+ T‐Zellen im Blut von MS‐
Patienten nachgewiesen werden, die mit der Konzentration von IL‐18 im Serum korrelierte. Drei im
Jahre 2011 veröffentlichte Studien zur Frequenz und Funktion von CD161hochCD8+ bzw. IL‐17
produzierenden CD8+ bzw. MAIT‐Zellen in der MS kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen und
Schlussfolgerungen. So wurde zum einen gezeigt, dass die Frequenz der CD161hochCD8+ T‐Zellen im
Blut von MS‐Patienten erhöht war, woraus auch aufgrund ihres pro‐inflammatorischen Effektor‐
Gedächtnis‐Zell‐Phänotyps geschlossen wurde, dass sie zur Pathogenese beitragen141. Genauso war
in einer anderen Studie die Frequenz der IL‐17 produzierenden CD8+ T‐Zellen nach PMA/Ionomycin
Stimulation von PBMCs bei MS‐Patienten erhöht im Vergleich zu gesunden Individuen172. Hingegen
war in einer dritten Studie die Frequenz der MAIT‐Zellen (CD161hochVα7.2+) signifikant vermindert bei
MS‐Patienten in Remission und nochmals deutlich vermindert bei MS‐Patienten im Schub. In dieser
Studie wurde zudem festgestellt, dass PBMCs nach Depletion der MAIT‐Zellen vermehrt IFN‐γ nach
Diskussion
67
PHA Stimulation produzieren. Es wurde dementsprechend geschlussfolgert, dass MAIT‐Zellen in MS
eine regulatorische Funktion haben173. Gleichermaßen scheinen MAIT‐Zellen auch in der EAE eine
regulatorische Funktion zu haben. Durch Transfer von MAIT‐Zellen konnte der Krankheitsverlauf in
Wildtyp Mäusen abgemildert werden, während bei Mr1–/– Mäusen die EAE deutlich schwerer im
Vergleich zu Wildtypen verlief174. In Mausmodellen zur rheumatoiden Arthritis wiederum sind Mr1–/–
Mäuse geschützt143. Die Frequenz der CD161+CD8+ T‐Zellen ist hingegen bei Patienten mit
verschiedenen rheumatischen Erkrankungen vermindert175. Studien an Tiermodellen menschlicher
Autoimmunerkrankungen und Frequenz‐ und Funktionsanalysen humaner MAIT‐Zellen bzw. CD161
exprimierender CD8+ T‐Zellen liefern demnach sowohl Hinweise auf eine regulatorische als auch auf
eine pro‐inflammatorische Funktion der MAIT‐Zellen. Die Effektorfunktionen der MAIT‐Zellen
könnten daher unter verschiedenen physiologischen oder pathologischen Bedingungen
unterschiedlich sein. Zudem wurde postuliert, dass unterschiedliche Subpopulationen von MAIT‐
Zellen mit differenziellen Effektorfunktionen existieren könnten137,176. Die Ergebnisse dieser Arbeit
liefern hierauf jedoch keine Hinweise. Das Expressionsmuster der hier analysierten
Oberflächenmarker deutete vielmehr auf eine zumindest phänotypisch homogene Population hin.
Generell könnten Veränderungen in der Frequenz der MAIT‐Zellen bei Patienten mit
Autoimmunerkrankungen auch in einem indirekten und nicht primär kausalen Zusammenhang mit
der Erkrankung stehen. Vermehrt oder vermindert auftretende bakterielle Infektionen oder
Unterschiede in der Zusammensetzung der kommensalen Flora könnten beispielsweise im Rahmen
einer Autoimmunerkrankung auftreten und sekundär auch zu einer Veränderung der MAIT‐Zell‐
Frequenz im Blut der Patienten führen, ohne dass dies bedeuten würde, dass die MAIT‐Zellen an der
Pathogenese der Erkrankung direkt beteiligt sind.
Die signifikante Verminderung der CD161hochCD8+ T‐Zellen im Blut von MS‐Patienten, die in
dieser Arbeit festgestellt wurde, steht im klaren Gegensatz zu den Ergebnissen der oben zitierten
Studie zur Frequenz der CD161hochCD8+ T‐Zellen141. Über die Ursache dieser Diskrepanz lässt sich nur
spekulieren. So könnte dies mit grundlegenden Unterschieden zwischen den untersuchten Kohorten,
wie beispielsweise in der Altersstruktur, zusammenhängen. In der genannten Studie waren die
gesunden Individuen im Durchschnitt zehn Jahre älter als die MS‐Patienten. In der in dieser Arbeit
untersuchten Kohorte zeigte sich eine inverse Korrelation der Frequenz der CD8+ MAIT‐Zellen mit
dem Alter in gesunden Individuen, aber nicht bei MS‐Patienten. Ähnliche Effekte könnten also im
Falle der zitierten Studie indirekt zu einer höheren Frequenz der Zellen bei MS‐Patienten beigetragen
haben. Außerdem wurden von Annibali et al. ausschließlich Patienten untersucht, die sich noch in
der schubförmig remittierenden Phase der Erkrankung befanden, während sich in dieser Arbeit die
stärksten Effekte in der sekundär‐progredienten Gruppe zeigten.
Diskussion
68
Eine direkte Untersuchung der Frequenz der MAIT‐Zellen durch eine andere Gruppe ergab
eine signifikante Verminderung bei MS‐Patienten im Einklang mit den Daten dieser Arbeit173. Eine
verstärkte Verminderung der MAIT‐Zellen bei Patienten im Schub im Vergleich mit Patienten in
Remission, wie sie von Miyazaki et al. gezeigt wurde, konnte in dieser Arbeit allerdings nicht bestätigt
werden. Dies könnte mit einer zu geringen Anzahl an Patienten, die im Schub analysiert wurden,
zusammenhängen.
Die Reduktion der CD8+ MAIT‐Zellen im Blut von MS‐Patienten steht vermutlich im Zusammenhang
mit einer vermehrten Aktivierung durch IL‐18.
Die in dieser Arbeit gefundene verminderte Frequenz der CD8+ MAIT‐Zellen im Blut von MS‐
Patienten kann wie bereits angedeutet als Indiz für eine regulatorische Funktion der Zellen ausgelegt
werden. Durch eine primär zur Erkrankung auftretende Reduktion in der Frequenz der Zellpopulation
würde also auch deren regulatorische Wirkung vermindert, was zur autoimmunen Pathogenese der
MS beitragen könnte. Während ihrer Entwicklung in der frühen Kindheit expandieren die MAIT‐
Zellen, nachdem sie den Thymus verlassen haben, in der Peripherie in Abhängigkeit von der
Besiedlung des Darms mit kommensalen Mikroorganismen139,177. Es könnte also sein, dass zum
Beispiel durch Veränderungen in der kommensalen Flora, bereits die frühe Entwicklung der MAIT‐
Zellen in MS‐Patienten gestört ist.
Jedoch kann eine verminderte Frequenz der CD8+ MAIT‐Zellen im peripheren Blut auch vor
dem Hintergrund einer pro‐inflammatorischen Funktion der Zellen in der MS interpretiert werden.
Beispielsweise könnte sie durch ein vermehrtes Einwandern der Zellen in entzündliche Gewebe
verursacht werden, ein Effekt, der bereits bei bakteriellen Infektionen beschrieben wurde127,128. Zum
anderen wurde bei HIV infizierten Personen eine starke Verminderung der MAIT‐Zellfrequenz im
peripheren Blut mit einer permanenten Aktivierung der Zellen durch mikrobielle Antigene in Folge
der bei HIV‐Infektionen auftretenden Beschädigung der Darmwand in Zusammenhang gebracht157,178.
In den zitierten Studien wurde gezeigt, dass es durch mikrobielle Aktivierung einerseits zur
funktionellen Erschöpfung und andererseits zu aktivierungsinduziertem Zelltod der MAIT‐Zellen
kommt157,178.
Diese Arbeit liefert Hinweise darauf, dass es bei MS‐Patienten ebenfalls durch eine
vermehrte Aktivierung der CD8+ MAIT‐Zellen zu deren Reduktion im peripheren Blut kommen
könnte. Die Frequenz der MAIT‐Zellen korrelierte invers mit dem IL‐18 Serumspiegel bei MS‐
Patienten, und CD8+ MAIT‐Zellen konnten in vitro durch IL‐18 aktiviert werden. Es ist bekannt, dass
im Vergleich zu gesunden Individuen die Konzentration von IL‐18 im Serum von MS‐Patienten erhöht
ist158,159. Zudem führte die Aktivierung der CD8+ MAIT‐Zellen durch IL‐18 in vitro zu einer
Verminderung ihrer Frequenz in der Kultur, was impliziert, dass CD8+ MAIT‐Zellen auch in Folge
Diskussion
69
dieser Art der Aktivierung aktivierungsinduzierten Zelltod erleiden könnten. Ein direkter Nachweis
der Apoptose der MAIT‐Zellen nach IL‐18 Aktivierung steht noch aus. Ein erhöhter Serumspiegel von
IL‐18 bei MS‐Patienten, vermutlich ab einem Schwellenwert von ca. 200 pg/ml, könnte also eine
permanent verstärkte Stimulation der MAIT‐Zellen und folglich deren aktivierungsinduzierten Zelltod
und somit Frequenzverminderung im Blut bewirken. Die von Miyazaki et al. publizierte verstärkte
Verminderung der MAIT‐Zell Frequenz bei Patienten im Schub173 könnte ebenfalls im Zusammenhang
mit dem IL‐18‐Serumspiegel stehen. Dieser ist bei MS‐Patienten im Schub nochmals signifikant
erhöht gegenüber MS‐Patienten in Remission159. Auch die extrem niedrige Frequenz der MAIT‐Zellen
im Liquor, die in dieser Arbeit gezeigt wurde, könnte durch erhöhte IL‐18 Konzentrationen in diesem
Kompartiment verursacht sein158.
Der Zusammenhang zwischen der Reduktion der CD8+ MAIT‐Zellen im Blut und dem IL‐18
Serumspiegel könnte auch indirekt sein. Zum einen könnte eine erhöhte Konzentration von IL‐18 im
Serum erhöhte lokale Konzentrationen im Gewebe widerspiegeln. Die vermehrte Aktivierung und der
mögliche Zelltod bzw. die funktionelle Erschöpfung der MAIT‐Zellen könnten also auch im Gewebe
stattfinden, was ein homöostatisches Nachwandern weiterer MAIT‐Zellen in die betroffenen Gewebe
und schließlich eine Verminderung ihrer Frequenz im Blut zur Folge haben könnte. Ein solches Modell
könnte ebenfalls erklären, warum eine signifikant vermehrte Aktivierung der CD8+ MAIT‐Zellen im
Blut der MS‐Patienten anhand der analysierten Aktivierungsmarker nicht nachgewiesen werden
konnte. Zum anderen könnte ein erhöhter IL‐18 Serumspiegel bei MS‐Patienten auch ein Indikator
für eine allgemein verstärkte Aktivierung des angeborenen Immunsystems sein, was durch andere
Faktoren zur vermehrten Aktivierung und möglicherweise zum aktivierungsinduzierten Zelltod der
CD8+ MAIT‐Zellen beitragen könnte. Eine solche erhöhte Aktivität des angeborenen Immunsystems
könnte wiederum durch möglicherweise gehäuft auftretende bakterielle Infektionen und nicht
primär durch die autoimmunen entzündlichen Prozesse der MS‐Erkrankung hervorgerufen werden.
CD8+ MAIT‐Zellen sind in der Lage in das ZNS von MS‐Patienten einzuwandern.
Obwohl die Frequenz der CD8+ MAIT‐Zellen im Liquor von MS‐Patienten und Patienten mit anderen
neurologischen Erkrankungen sehr gering war, ist es dennoch wahrscheinlich, dass sie in der Lage
sind ohne Anreicherung im Liquor in das ZNS einzuwandern. Zum einen wurde der Klonotyp der
invarianten Vα7.2 Kette bereits mittels PCR‐Methoden vermehrt in MS‐Läsionen nachgewiesen,
während andere invariante T‐Zellen nicht vermehrt vorkamen, was für eine zielgerichtete Infiltration
der MAIT‐Zellen spricht179,180. Zum anderen erfüllen MAIT‐Zellen, wie in dieser Arbeit anhand der
Expressionsanalyse verschiedener Oberflächenmarker gezeigt, entscheidende phänotypische
Charakteristika für die ZNS‐Infiltration. So waren sie beispielsweise den Effektor‐Gedächtnis‐Zellen
(CD45RA–CCR7–CD62L–) zuzuordnen und exprimierten das Integrin α4, was die Migration von CD8+ T‐
Diskussion
70
Zellen über die BHS vermittelt181. Außerdem war die Expression von CCR5 und CCR6, zweier an der
ZNS‐Infiltration von T‐Zellen beteiligter Chemokinrezeptoren54,182, vergleichsweise hoch auf CD8+
MAIT‐Zellen.
Die Befunde, dass IL‐17 produzierende CD8+ T‐Zellen in aktiven MS‐Läsionen angereichert
waren97 und dass im peripheren Blut fast ausschließlich MAIT‐Zellen innerhalb des CD8+ T‐Zell‐
Kompartiments in der Lage waren IL‐17 zu produzieren, legen nahe, dass es sich auch bei den ZNS‐
infiltrierenden IL‐17+CD8+ T‐Zellen um MAIT‐Zellen handelt. Annibali et al. dokumentierten in ihrer
Studie zu CD161hochCD8+ T‐Zellen in MS die Infiltration von CD161+CD8+CD3+ T‐Zellen in MS‐Läsionen
mittels Immunhistochemie141. Allerdings beinhaltete diese Analyse keine Färbung des invarianten
TZR, so dass es sich auch um andere CD161 exprimierende CD8+ T‐Zellen gehandelt haben könnte.
Durch unpublizierte immunhistochemische Untersuchungen eines Kooperationspartners unserer
Arbeitsgruppe konnte jedoch gezeigt werden, dass CD8+CD161+Va7.2+ T‐Zellen in aktiven MS‐
Läsionen in vergleichbarer Frequenz wie im Blut vorgefunden werden können. Diese liegt allerdings
deutlich unterhalb der Frequenz der IL‐17+CD8+ T‐Zellen von ca. 80%, die von Tzartos et al. für aktive
MS‐Läsionen publiziert wurde97. Dies könnte bedeuten, dass innerhalb des inflammatorischen
Milleus im ZNS auch andere CD8+ T‐Zellen zur IL‐17 Produktion angeregt werden können, obwohl
diese im peripheren Blut nicht oder kaum nachweisbar sind. Die Identität und Spezifität dieser
wahrscheinlich ebenfalls an der Pathogenese der MS beteiligten CD8+ T‐Zellen ist noch unbekannt.
Innerhalb der MS‐Läsionen könnten die CD8+ MAIT‐Zellen durch IL‐12 und IL‐18 reaktiviert
werden. Beide Zytokine wurden bereits in MS‐Läsionen nachgewiesen183,184. Außerdem wurde die
Anwesenheit bakterieller Antigene im ZNS von MS‐Patienten dokumentiert185. In Folge der
Aktivierung sezernieren die MAIT‐Zellen im ZNS wahrscheinlich IL‐17 und IFN‐γ und tragen so zum
pro‐inflammatorischen Milieu bei. So waren fast alle CD161+CD8+CD3+ T‐Zellen in MS‐Läsionen in der
Studie von Annibali et al. IFN‐γ positiv141. Die erhöhte Tendenz der MAIT‐Zellen zum
aktivierungsinduzierten Zelltod157 könnte daher eine regulatorische, das Gewebe vor
inflammatorischem Schaden schützende Funktion haben und dazu beitragen, dass die vorgefundene
Frequenz der MAIT‐Zellen trotz der höchstwahrscheinlich zielgerichteten Infiltration vergleichbar zu
der im Blut bleibt.
CD8+ MAIT‐Zellen von MS‐Patienten zeigen eine vermutlich homöostatische Hochregulation des IL‐
7‐Rezeptors und in der Folge eine erhöhte Fähigkeit IL‐17 zu produzieren.
Möglicherweise induziert durch eine erhöhte Fluktuation infolge der vermehrten Aktivierung durch
IL‐18 war die Expression des IL‐7‐Rezeptors auf den CD8+ MAIT‐Zellen von MS‐Patienten signifikant
erhöht. IL‐7 spielt bei der Homöostase von CD8+ T‐Zellen eine zentrale Rolle165. Die Effekte dieses
Zytokins werden im Gegensatz zu anderen klassischen Zytokinen, wie zum Beispiel IL‐2, nicht primär
Diskussion
71
über dessen Sekretion, sondern über die Konkurrenz der T‐Zell‐Subpopulationen um eine limitierte
Menge an vorhandenem IL‐7 und somit eher über die Expression des Rezeptors reguliert186,187. Die
Hochregulation des IL‐7‐Rezeptors auf den CD8+ MAIT‐Zellen der MS‐Patienten könnte also eine
homöostatische Reaktion auf eine vermehrte Fluktuation innerhalb dieser T‐Zell‐Population durch
Aktivierungs‐, Migrations‐ und Zelltodprozesse sein. Es wurde bereits mehrfach dokumentiert, dass
die MAIT‐Zellen im Blut von gesunden Personen eine anerge, konstante Population darstellen und
proliferativ inaktiv sind124,126,130. Eine vergleichende Analyse dieser Merkmale bei MS‐Patienten,
beispielsweise anhand der Expression von Ki67, einem Marker, der spezifisch während der Zellteilung
induziert wird, steht noch aus. Eine vermehrte Fluktuation innerhalb der MAIT‐Zell‐Population
könnte auch erklären, warum die Reduktion der Frequenz im Blut bei Patienten in der sekundär‐
progredienten Phase besonders deutlich ist. Möglicherweise sind nach einem gewissen Fortschreiten
der Erkrankung die homöostatischen Regulationsmechanismen erschöpft. Signifikante Korrelationen
der CD8+ MAIT‐Zell‐Frequenz mit der Schwere oder der Dauer der Erkrankung konnten allerdings
nicht nachgewiesen werden.
In vitro bewirkt IL‐7 bei MAIT‐Zellen eine Hochregulation verschiedener Moleküle, die an der
Signaltransduktion des TZR beteiligt sind166. In der Folge produzieren die Zellen nach Vorinkubation
mit IL‐7 und anschließender TZR‐Stimulation vermehrt IL‐17166. Dieser Effekt der Induktion von IL‐17
Produktion durch IL‐7 wurde zuvor bereits bei CCR6 positive CD4+ T‐Zellen demonstriert188. In dieser
Arbeit konnte gezeigt werden, dass die Induktion der IL‐17 Produktion bei MAIT‐Zellen von MS‐
Patienten vermutlich aufgrund der erhöhten Expression des IL‐7‐Rezeptors signifikant stärker war als
bei gesunden Individuen. CD8+ MAIT‐Zellen von MS‐Patienten wiesen demnach einen Phänotyp auf,
der sie potenziell vermehrt pro‐inflammatorisch wirken lässt.
CD8+ MAIT‐Zellen stellen eine „innate like“ T‐Zell‐Population dar, deren Funktion und Regulation
unter physiologischen Bedingungen sowie im Rahmen von Infektionen oder
Autoimmunerkrankungen noch wenig erforscht und möglicherweise vielfältig ist. Durch die
Herunterregulation der Expression von Molekülen, die an der TZR‐Signaltransduktion beteiligt sind,
wie zum Beispiel CD8β, scheint die Reaktivität der Zellen auf ihr TZR‐Antigen reguliert zu sein. Die
erhöhte Expression des IL‐7‐Rezeptors auf CD8+ MAIT‐Zellen von MS‐Patienten, die in dieser Arbeit
erstmals beschrieben wurde, wirkt vermutlich dieser Regulation entgegen und führt zur vermehrten
Sekretion von pro‐inflammatorischem IL‐17 nach TZR‐Stimulation. Des Weiteren wurde hier erstmals
ein Zusammenhang zwischen einer reduzierten Frequenz der CD8+ MAIT‐Zellen im Blut von MS‐
Patienten und dem IL‐18 Serumspiegel dokumentiert. Eine vermehrte Aktivierung der CD8+ MAIT‐
Zellen bei MS‐Patienten durch IL‐18 oder andere möglicherweise ebenfalls erhöhte Faktoren des
angeborenen Immunsystems könnte zum einen eine vermehrte Sekretion von IFN‐γ induzieren und
Diskussion
72
zum anderen ein vermehrtes Einwandern der Zellen in entzündliche Gewebe, wie beispielsweise das
ZNS, bedingen. Außerdem zeigen MAIT‐Zellen eine gesteigerte Tendenz zum aktivierungsinduzierten
Zelltod, der im Rahmen einer vermehrten Aktivierung bei MS‐Patienten zur Frequenzverminderung
im Blut beitragen könnte. Dies würde bedeuten, dass die Frequenzverminderung sekundär zur
Erkrankung auftritt. Im Gegensatz dazu könnte diese aber auch aufgrund einer gestörten Entwicklung
der MAIT‐Zellen bei MS‐Patienten primär zur Induktion der Erkrankung auftreten. Dies würde
wiederum implizieren, dass CD8+ MAIT‐Zellen möglicherweise regulatorische Funktionen in der MS
haben könnten. Die Rolle der CD8+ MAIT‐Zellen und somit des Großteils der IL‐17 produzierenden
CD8+ T‐Zellen in der MS bleibt weiterhin unklar und ist vermutlich vielfältig. Dennoch konnte in dieser
Arbeit zum einen ein Beitrag zur laufenden phänotypischen Charakterisierung dieser Zellen und zur
Aufklärung der Existenz möglicher weiterer IL‐17 produzierender CD8+ T‐Zellen geleistet werden.
Zum anderen wurden neben der verminderten Frequenz im Zusammenhang mit erhöhten IL‐18
Serumspiegeln auch funktionelle Veränderungen der CD8+ MAIT‐Zellen bei MS‐Patienten aufgezeigt,
die diesen Zelltyp zu einem interessanten Effektorzelltyp des angeborenen Immunsystems im
Rahmen der MS‐Pathogenese machen.
Zusammenfassung
73
5. ZUSAMMENFASSUNG
Multiple Sklerose (MS) ist eine entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS), deren
Pathogenese durch ZNS‐infiltrierende T‐Zellen gekennzeichnet ist. Es mehren sich Befunde, die
darauf hinweisen, dass neben den vielfach untersuchten CD4+ T‐Zellen auch CD8+ T‐Zellen eine
wichtige Rolle bei der Entstehung der Erkrankung spielen. Von besonderer Bedeutung sind hierbei
vermutlich Interleukin (IL)‐17 produzierende CD8+ T‐Zellen, die in aktiven MS‐Läsionen stark
angereichert sind. Der Großteil der IL‐17 produzierenden CD8+ T‐Zellen im peripheren Blut des
Menschen gehört den bakterienspezifischen mucosal associated invariant T (MAIT)‐Zellen an. Diese
zeichnen sich neben einer hohen Expression von CD161 durch einen semi‐invarianten T‐Zell‐Rezeptor
(TZR, Vα7.2) aus. Es ist umstritten, ob darüber hinaus noch humane CD8+ T‐Zellen mit anderer
Spezifität, beispielsweise gegen Viren, in der Lage sind IL‐17 zu produzieren. Ziel dieser Arbeit war
daher zum einen eine allgemeine Charakterisierung IL‐17 produzierender CD8+ T‐Zellen und zum
anderen eine Analyse der Frequenz und funktionellen Eigenschaften dieser Zellen in der MS.
Es konnte gezeigt werden, dass innerhalb der CD8+ T‐Zell‐Population neben der hohen
Expression von CD161 auch eine Herunterregulation der CD8β‐Untereinheit mit der Fähigkeit IL‐17 zu
produzieren und einem für IL‐17 produzierende T‐Zellen typischen Phänotyp assoziiert ist. CD8β–α+ T‐
Zellen weisen zudem eine verminderte Reaktivität auf TZR‐Stimulation auf. Der Großteil der IL‐17
produzierenden CD8+ T‐Zellen war den MAIT‐Zellen zuzuordnen, die eine homogene T‐Zell‐
Population mit einem auf die Infiltration entzündlicher Gewebe ausgerichteten Effektor‐Gedächtnis‐
Zell‐Phänotyp zeigten. Es konnten zudem keine IL‐17 produzierenden CD8+ T‐Zellen mit Spezifität
gegen immundominante Epitope der weit verbreiteten Zytomegalie‐ und Influenzaviren identifiziert
werden. Im peripheren Blut von MS‐Patienten war die Frequenz der CD8+ MAIT‐Zellen signifikant
vermindert im Vergleich zu gesunden Individuen. Im Liquor von MS‐Patienten und Patienten mit
anderen neurologischen Erkrankungen fanden sich kaum CD8+ MAIT‐Zellen. Die Verminderung der
Zellen im Blut korrelierte mit dem IL‐18 Serumspiegel der MS‐Patienten. Durch in vitro Stimulation
von mononukleären Zellen des peripheren Blutes mit IL‐18 konnten MAIT‐Zellen aktiviert werden,
was zu ihrer Depletion aus der Kultur führte. Erhöhte IL‐18 Serumspiegel bei MS‐Patienten könnten
also ursächlich für die verminderte Frequenz der CD8+ MAIT‐Zellen sein. Zusätzlich war die
Expression der IL‐7 Rezeptor α‐Untereinheit auf den CD8+ MAIT‐Zellen der MS‐Patienten im Vergleich
zu gesunden Individuen signifikant erhöht. Da IL‐7 bei der Homöostase von T‐Zellen eine zentrale
Rolle spielt, könnte es sich hierbei um eine homöostatische Reaktion auf eine vermehrte Fluktuation
innerhalb dieser Population handeln. In der Folge zeigten CD8+ MAIT‐Zellen von MS‐Patienten eine
erhöhte Reaktivität auf IL‐7 Stimulation und produzierten daraufhin signifikant mehr IL‐17. Sie
wiesen also bei MS‐Patienten im Vergleich zu gesunden Individuen einen verstärkt pro‐
inflammatorischen Phänotyp auf.
Summary
74
6. SUMMARY
Multiple sclerosis (MS) is an inflammatory disease of the central nervous system (CNS) that is
characterized by Infiltration of T cells into the CNS. Recent findings indicate that besides the
established Role of CD4+ T cells, CD8+ T cells are involved in the pathogenesis of the disease.
Particularly, interleukin(IL)‐17‐producing CD8+ T cells have been found to be enriched in active MS
lesions. IL‐17 production has been attributed to a subset of CD8+ T cells that expresses high levels of
CD161. The majority of these cells belong to the bacteria specific mucosal‐associated invariant T
(MAIT) cell population, which is characterized by the expression of a semi‐invariant T cell receptor
(TCR, Vα7.2). However, the existence of virus specific IL‐17 producing CD8+ T cells has been reported
as well. Therefore, the aim of this study was on the one hand a general characterization of IL‐17
producing CD8+ T cells and on the other hand an analysis of the frequency and functional
characteristics of these cells in MS patients.
Besides the known association of high CD161 expression with the ability to produce IL‐17, a
reduced expression of the CD8β subunit was found to be related to IL‐17 production and a
corresponding phenotype of CD8+ T cells. Furthermore, CD8β–CD8α+ T cells showed a reduced
responsiveness to TCR mediated stimulation. It could be confirmed that the majority of IL‐17
producing CD8+ T cells can be found within the MAIT cell compartment resembling a homogenous T
cell population with a tissue homing, effector memory phenotype. Additionally, IL‐17 producing CD8+
T cells with specificity against immunodominant epitopes of the common Cytomegalic or Flu virus
could not be identified. The frequency of CD8+ MAIT cells was significantly reduced in the peripheral
blood of MS patients compared to healthy individuals. In the cerebrospinal fluid of MS patients and
patients with other neurological diseases CD8+ MAIT cells were only detected at very low
frequencies. The reduction in the peripheral blood significantly correlated with IL‐18 serum levels in
MS patients. Moreover, in vitro stimulation of peripheral blood mononuclear cells (PBMCs) with IL‐18
specifically activated and depleted CD8+ MAIT cells, suggesting that elevated IL‐18 levels drive CD8+
MAIT cell reduction in MS. In addition, peripheral blood CD8+ MAIT cells from MS patients exerted
increased expression of the IL‐7 receptor α‐subunit. As IL‐7 is an essential cytokine for T cell
homeostasis, this might reflect a homeostatic feedback mechanism due to possibly increased
turnover of this T cell population in MS patients. Consequently, CD8+ MAIT cells showed enhanced
responsiveness to IL‐7, which augmented interleukin‐17 production by CD8+ MAIT cells in MS
patients. Therefore, CD8+ MAIT cells exert a more pro‐inflammatory phenotype in MS.
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185. Schrijver, I. A. et al. Bacterial peptidoglycan and immune reactivity in the central nervous system in multiple sclerosis. Brain 124, 1544–54 (2001).
186. Park, J.‐H. et al. Suppression of IL7Ralpha transcription by IL‐7 and other prosurvival cytokines: a novel mechanism for maximizing IL‐7‐dependent T cell survival. Immunity 21, 289–302 (2004).
187. Mazzucchelli, R. & Durum, S. K. Interleukin‐7 receptor expression: intelligent design. Nat Rev Immunol 7, 144–54 (2007).
188. Wan, Q. et al. Cytokine signals through PI‐3 kinase pathway modulate Th17 cytokine production by CCR6+ human memory T cells. J Exp Med 208, 1875–87 (2011).
Danksagung
86
DANKSAGUNG
An dieser Stelle möchte ich mich zunächst besonders bei Herrn Prof. Dr. Manuel Friese bedanken,
der mir dieses spannende und hochaktuelle Projekt überließ und mir bei der Bearbeitung sowohl die
notwendige Unterstützung als auch viel wissenschaftliche Freiheit und das entsprechende Vertrauen
in meine Arbeit entgegenbrachte.
Bei Herrn Prof. Dr. Christian Lohr möchte ich mich für die Übernahme des Zweitgutachtens und für
seine besondere Geduld bei der Beantwortung organisatorischer Fragen bedanken.
Den Mitarbeitern der MS‐Tagesklinik danke ich für die Rekrutierung der MS‐Patienten.
Außerdem möchte ich mich bei den Mitarbeitern der HEXT FACS Sorting Core Unit und des Service
Center für Microarray‐Analytik des Instituts für Klinische Chemie des UKE für ihre Unterstützung
bedanken.
Für die finanzielle Unterstützung dieses Projekts danke ich der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
Bei allen Mitarbeitern der AG Neuroimmunologie und des Instituts für Neuroimmunologie und
klinische MS‐Forschung (INIMS), die mich während meiner Doktorandenzeit begleitet haben, möchte
ich mich herzlich für die angenehme Arbeitsatmosphäre und stets entgegengebrachte
Hilfsbereitschaft bedanken. Mein besonderer Dank gilt hierbei Dr. Karin Steinbach und Melanie
Piedavent für ihre technischen und wissenschaftlichen Ratschläge in Sachen Immunologie, Dr.
Friederike Ufer für ihren unermüdlichen Einsatz bei der Sammlung humanen Probenmaterials, Dr.
Sabine Fleischer für ihr Engagement in allen Bereichen des Miteinanders, und Nina Kursawe,
Manuela Kolster und Franziska Hesse für ihre tatkräftige Unterstützung im Laboralltag.
Meinen Eltern, meinen Brüdern und meinen lieben Freunden möchte ich von Herzen für ihre
persönliche Unterstützung und ihren Rückhalt während der bisweilen turbulenten Doktorandenzeit
danken.
Anhang
87
ANHANG
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzung Bedeutung
ABC ATP binding casette
APZ Antigen präsentierende Zelle
BHS Blut‐Hirn‐Schranke
BLS Blut‐Liquor‐Schranke
CD Cluster of differentiation
CDR3 complemetarity determining region 3
CFSE Carboxyfluorescein diacetate succinimidyl ester
CMV Zytomegalievirus
EAE experimentelle autoimmune Enzephalomyelitis
EBV Epstein‐Barr Virus
EDSS expanded disability status scale
EDTA Ethylenediaminetetraacetic acid
ELISA Enzyme Linked Immunosorbent Assay
FACS fluorescence activated cell sorting
FCS Fötales Kälberserum
Flu Influenza
GM‐CSF Granulozyten‐Makrophagen‐koloniestimulierender Faktor
HCV Hepatitis C Virus
HI gesunde Individuen (engl. healthy individuals)
HIV Humanes Immundefizienz‐Virus
HLA Human Leukocyte Antigen
HRP Meerrettichperoxidase (engl. horseradish peroxidase)
IEL intestinale intraepitheliale Lymphozyten
IFN Interferon
IL Interleukin
IL‐7Rα IL‐7‐Rezeptor‐α‐Untereinheit
iNKT invariant natural killer T
intermediär int
KFA komplettes Freundsches Adjuvanz
KLRB1 killer cell lectin‐like receptor subfamily B, member 1
LPS Lipopolysaccharid
Anhang
88
MAIT mucosal‐associated invariant T
MHC major histokompatibility complex
MOG myelin oligodendrocyte glycoprotein
MR1 MHC‐related protein 1
MS Multiple Sklerose
mw Mittelwert
NK natural killer
OND andere neurologische Erkrankungen (engl. other neurological diesease)
PBMCs mononukleäre Zellen des peripheren Blutes
(engl. peripheral blood mononuclear cells)
PBS Dulbecco’s Phosphate Buffered Saline
PHA Phytohämagglutinin
PMA Phorbol‐12‐myristat‐13‐acetat
PPMS primär progrediente Multiple Sklerose
RRMS schubförmig remittierende Multiple Sklerose in Remission
RRMS/R schubförmig remittierende Multiple Sklerose im Schub
RT Raumtemperatur
s.d. Standardabweichung (engl. standard deviation)
SEM Standardfehler (engl. standard error of mean)
SPMS sekundär progrediente Multiple Sklerose
SSC Seitwärtsstreulicht (engl. sidewardscatter)
T helper Th
TGF transforming growth factor
TL thymus leukemia antigen
TLR Toll‐like‐Rezeptor
TMB Tetramethylbenzidin
TNF Tumornekrosefaktor
TZR T‐Zell‐Rezeptor
V Variable Kette
VLA very late activating antigen
ZNS zentrales Nervensystem
Anhang
89
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Assoziation der Expression von CD161 und CD8β auf CD8+ T‐Zellen des peripheren
Blutes. 34
Abbildung 2: IL‐17 und IFN‐γ Produktion von CD8αα, CD8αβint und CD8αβhoch T‐Zellen. 35
Abbildung 3: Expression ausgewählter Oberflächenmarker auf CD8+ T‐Zellen des peripheren Blutes in
Abhängigkeit von der CD8β Expression. 37
Abbildung 4: Proliferation von CD8αα und CD8αβhoch T‐Zellen nach TZR‐Stimulation. 38
Abbildung 5: Expression ausgewählter Oberflächenmarker auf CD8+ MAIT‐Zellen des peripheren
Blutes. 43
Abbildung 6: IL‐17 und IFN‐γ Produktion von CD8+ MAIT‐Zellen und anderen CD161+/CD161– CD8+
T‐Zellen. 44
Abbildung 7: CD161 Expression und IFN‐γ/IL‐17 Produktion virusspezifischer CD8+ T‐Zellen. 45
Abbildung 8: Proliferation von CD8+ MAIT‐Zellen nach TZR Stimulation im Vergleich mit anderen
CD161+/CD161– CD8+ T‐Zellen. 47
Abbildung 9: Frequenz CD161 exprimierender CD8+ T Zellen im peripheren Blut von MS‐Patienten
und gesunden Individuen. 49
Abbildung 10: Korrelation der Frequenz CD161hochCD8+ T Zellen im peripheren Blut mit dem Alter,
der Dauer und der Schwere der Erkrankung von MS‐Patienten. 50
Abbildung 11: Frequenz CD161 exprimierender CD4+ T Zellen im peripheren Blut von MS‐Patienten
und gesunden Individuen. 51
Abbildung 12: Frequenz CD161 exprimierender CD8+ und CD4+ T Zellen Im Liquor und im peripheren
Blut von MS‐Patienten und Patienten mit anderen neurologischen Erkrankungen. 53
Abbildung 13: Expression der Aktivierungsmarker HLA‐DR, CD38 und CD57 auf CD8+ MAIT‐Zellen im
peripheren Blut von MS‐Patienten und gesunden Individuen. 55
Abbildung 14: Aktivierung von CD8+ MAIT‐Zellen durch IL‐18 und IL‐12. 57
Abbildung 15: Korrelation der Frequenz CD8+ MAIT‐Zellen mit dem IL‐18 Serumspiegel bei MS‐
Patienten. 59
Abbildung 16: IL‐7Rα Expression auf CD8+ T‐Zellen im peripheren Blut von MS‐Patienten und
gesunden Individuen. 61
Abbildung 17: IL‐17 Produktion durch CD8+ MAIT‐Zellen von MS‐Patienten und gesunden Individuen
nach Stimulation mit IL‐7 und anti‐CD3. 62
Anhang
90
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: MS‐Patienten und gesunde Individuen, von denen Blutproben auf die Frequenz CD161
exprimierender T‐Zellen hin untersucht wurden. .................................................................... 18
Tabelle 2: MS‐Patienten und gesunde Individuen, von denen Blutproben für die Analyse der
Expression von Aktivierungsmarkern, IL‐18Rα und IL‐7Rα auf CD8+ MAIT‐Zellen und für die
parallele Bestimmung des IL‐18 Serumspiegels verwendet wurden. ...................................... 18
Tabelle 3: MS‐Patienten und gesunde Individuen, von denen Blutproben verwendet wurden, um die
IL‐17 Produktion durch CD8+ MAIT‐Zellen nach IL‐7 und TZR‐Stimulation zu untersuchen. ... 19
Tabelle 4: MS‐Patienten und Patienten mit anderen neurologischen Erkrankungen, von denen Blut‐
und Liquorproben auf die Frequenz CD161 exprimierender T‐Zellen hin untersucht wurden.
.................................................................................................................................................. 19
Tabelle 5: Zur Zellisolierung und Zellkultur verwendete Reagenzien. .................................................. 20
Tabelle 6: Zur Stimulation virusspezifischer CD8+ T‐Zellen verwendete Peptide. ................................ 21
Tabelle 7: Zur Durchflusszytometrie verwendete Antikörper. ............................................................. 21
Tabelle 8: Zur Durchflusszytometrie verwendete Isotypkontrollantikörper. ....................................... 22
Tabelle 9: Sonstige zur Durchflusszytometrie verwendete Reagenzien. .............................................. 22
Tabelle 10: Puffer und Zellkulturmedien. ............................................................................................. 23
Tabelle 11: Verbrauchsmaterialen. ....................................................................................................... 23
Tabelle 12: Geräte. ................................................................................................................................ 24
Tabelle 13: Software. ............................................................................................................................ 24
Tabelle 14: Liste der 50 am stärksten in CD8αα im Vergleich zu CD8αβhoch T‐Zellen hochregulierten
Gene. ........................................................................................................................................ 39
Tabelle 15: Liste der 50 am stärksten in CD8αα im Vergleich zu CD8αβhoch T‐Zellen
herunterregulierten Gene. ....................................................................................................... 40
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