prävention von krankenhausinfektionen und infektionen ... · enterokokken sind bakterien, die...
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Prävention von Krankenhausinfektionen und Infektionen durch multiresistente Erreger
PATIENTENINFORMATION
2 3
1. WasisteineKrankenhausinfektion? 4
2. WieentstehenKrankenhausinfektionen? 4
3. WiehochistdasRisiko,eineKrankenhausinfektionzubekommen? 6
4. WelcheKrankenhausinfektionensindbesondersproblematisch? 6
5. WassindmultiresistenteErreger? 6
6. WarumverwendendieÄrzteüberhauptBreitspektrum-Antibiotika? 7
7. WarumistdiesesDilemmageradejetztsogroßgeworden? 7
8. DiewichtigstenmultiresistentenErreger 8
9. Wiekannichbeurteilen,obeinebestimmteKrankenhausinfektion
vermeidbargewesenwäre? 10
10. WiewerdendieErregervonKrankenhausinfektioneneigentlich
vonPatientzuPatientübertragen? 10
11. WaskannichalsPatientoderAngehörigertun? 11
12. GezielteMaßnahmenzurPräventionderwichtigsten
Krankenhausinfektionen 13
13. MaßnahmenbeibesonderenPatientengruppen 17
Informationsquellen 18
Impressum 19
Inhalt
Wegen der medizinischen und wissen-
schaftlichen Genauigkeit ist in dieser Bro-
schüreaufeinesehrniedrigschwelligeSpra-
che verzichtet worden. Sollten Sie Fragen
habenoderetwasnichtverstehen,wenden
SiesichgernandieGeschäftsstelledesAk-
tionsbündnisPatientensicherheit.Dortwird
man Ihnenweiterhelfen (Kontaktdaten sie-
heletzteSeite).
WirdankenFrauProf.Dr. Petra Gastmeier
(Leiterin des Nationalen Referenzzentrums
(NRZ) für Surveillance von nosokomialen
Infektionen am Institut für Hygiene und
Umweltmedizin, Charité Universitätsmedi-
zin, Berlin, und der Initiatorin der Aktion
SaubereHände)fürihreInitiativezudieser
Broschüre.
Patienteninformationen zu multiresistenten
Erregern (MRE) gibt es inzwischen in ver-
schiedener Form, aber es gibt wenig Infor-
mationen zu den Krankenhausinfektionen
–durchempfindlicheoderresistenteErreger
–dievorallemverhindertwerdensollten.
DieseBroschüregibtIhnenaufderBasisder
neueren Erkenntnisse Tipps, Informationen
undHintergrundwissen,wieSiealsPatient1
oder Angehöriger selbst einen Beitrag zur
Vermeidung von Krankenhausinfektionen
leisten können. In deutschen Krankenhäu-
sernkommtes jährlichzu schätzungsweise
80.000 bis 180.000 vermeidbaren Kranken-
hausinfektionen,vondenen1.500bis4.500
tödlich enden. Wesentliche Maßnahmen
zurVermeidungdieser Infektionenmüssen
KrankenhäuserundArztpraxentreffen.Aber
auch Sie selbst und Ihre Angehörigen kön-
nensichvorvermeidbarenInfektionenwäh-
renddesKrankenhausaufenthaltesschützen.
1DamitderTextgutlesbarbleibt,wirdstellvertretendnurvonPatientengesprochen.AusdemselbenGrundwerden auchnurdiemännlichenFormenwieArzt,Angehörigerusw.verwendet.SelbstverständlichsindauchPatientinnen, AngehörigeundÄrztinnengemeint.
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1. Was ist eine Krankenhaus- infektion?
Unter einer Krankenhausinfektion versteht
man eine Infektion, die bei Aufnahme in
dasKrankenhauswedervorhandennochin
Inkubationwar (d.h. der Patientwar auch
nochnichtangesteckt).
Für die Charakterisierung einer Infektion
als Krankenhausinfektion ist also lediglich
derzeitlicheAspektentscheidend,nichtein
ursächlicherZusammenhangmitderTätig-
keitdesmedizinischenPersonals.Mitande-
renWorten:Wir sprechen auchdann von
Krankenhausinfektionen, wenn niemand
etwasfalschgemachthat,aberdieInfektion
imzeitlichenZusammenhangzumKranken-
hausaufenthaltsteht.
ImerweitertenSinnewerdenauchInfektio-
nen,diemitanderenFormenmedizinischer
Behandlung in Zusammenhang stehen
(z.B.Praxisbesuch,Rehabilitationsklinik),als
Krankenhausinfektionenbezeichnet.
2. Wie entstehen Krankenhaus- infektionen?
JederMenschistnaturgemäßaufderHaut
undimDarmmitMillionenbisBillionenEr-
regernbesiedelt.Diemeistendortzufinden-
denBakteriensindvölligharmlos, sie sind
sogarwichtig,zumBeispielbeimSchutzder
HautnachaußenoderbeiderVerdauung.
Ein Problem tritt nur dann auf, wenn sie
in eigentlich sterile Körperbereiche gelan-
gen,wosienichthingehören,zumBeispiel
indieBlutbahn,dieLunge, dieHarnblase
oderWunden.DannkommteszumAuftre-
tenvonKrankenhausinfektionenwieSepsis,
Lungenentzündung,Harnweg-oderWund-
infektionen.
Dadurch,dassdiediagnostischenund the-
rapeutischenVerfahren inderMedizin im-
merbesser,aberauchimmerinvasiverwer-
den,nimmtdieAnwendungvonKathetern,
Sonden etc. zu. Somit verbessern sich die
Eindringmöglichkeiten der Erreger in die
eigentlich sterilen Körperbereiche, das
Risiko für Krankenhausinfektionen steigt.
Auchdieimmerhäufigernotwendigendas
Immunsystem unterdrückenden Therapien
tragen dazu bei, dass die körpereigenen
Abwehrkräfte reduziert werden und das
Eindringen der Erreger von Krankenhaus-
infektionenbegünstigtwird.
DemnachkannmanfolgendeKrankenhaus-
infektionenunterscheiden:
●● Infektionen, die durch die körpereigene
Flora des Patienten zustande kommen
bzw. auch dadurch, dass die körpereige-
neFloraaus imAllgemeinenbesiedelten
Körperregionen (z.B.Haut,Darm) innor-
malerweise sterile Körperregionen ver-
schoben wird (z.B. Blutbahn, Harnwege,
tiefeAtemwege).AufdiesemWegkommt
dieMehrheitderKrankenhausinfektionen
zustande.
●● DarüberhinausgibtesdieKrankenhaus-
infektionen,beideneneszurÜbertragung
derErregervoneinemPatientenzuman-
derengekommenist(körperfremdeFlora).
●● WährenddieletzteGruppevonKranken-
hausinfektionen immer verhindert wer-
denkannundmuss,lassensichdiedurch
die körpereigenen Flora bedingten Kran-
kenhausinfektionennur teilweise vermei-
den,z.B.durchVermeidenvonTherapien,
die das Immunsystem beeinträchtigen,
undvorallemdurchstrenge Indikations-
stellungbeiderAnwendungvon„devices“
wieGefäß-oderHarnwegkatheter.
Der Anteil der durch körperfremde Flora
bedingtenKrankenhausinfektionen liegt in
Mitteleuropabei ca. 10-30%,wobei selbst-
verständlich Unterschiede nach Patienten-
gruppen und Behandlungseinrichtungen
existieren. Im Routinealltag sind die Kran-
kenhausinfektionen kaum sicher den bei-
denGruppenzuzuordnen,weilindenmeis-
tenFällennichtdieMöglichkeitbesteht,die
Infektionsketteneindeutigaufzuklärenund
somit den Infektionsweg einwandfrei zu
identifizieren.
6 7
3. Wie hoch ist das Risiko, eine Krankenhausinfektion zu bekommen?
Etwa3bis5von100Patientenbekommen
eine Krankenhausinfektion während ihrer
Krankenhausbehandlung.
Besonders hoch ist dasRisiko auf Intensiv-
stationen, weil dort sehr viele invasive
diagnostischeund therapeutischeMaßnah-
mennotwendigsindundbeiPatientenmit
Tumorbehandlungen,weildieseTherapien
häufig mit einer Unterdrückung des Im-
munsystems einhergehen. Auch neugebo-
reneIntensivpatientensindeinebesondere
Risikogruppe.JelängerdieKrankenhausbe-
handlung,umsohöheristdasRisiko.
4. Welche Krankenhausinfektionen sind besonders problematisch?
DiehäufigstenKrankenhausinfektionensind
Infektionen der Harnwege (Blasenentzün-
dung), derAtemwege (Lungenentzündung,
Bronchitis),WundinfektionennachOperati-
onenunddieSepsis (Blutvergiftung).Auch
Durchfallerkrankungen können im Kran-
kenhauserworbenwerden,z.B.dieClostri-
diumdifficileassoziierteDiarrhoe(CDAD).
Die Mehrzahl der Krankenhausinfektionen
heilt komplikationslos aus. Teilweise kön-
nenaberauchweitereBehandlungenoder
Nachoperationendamitverbundensein,die
zu zusätzlichen Schmerzen und Verlänge-
rung des Krankenhausaufenthaltes führen
können.ManchmalsinddieInfektionenso
schwerwiegend,dassderPatientdaranver-
sterbenkann,besondersbeiAuftreteneiner
SepsisistdasRisikosehrhoch.
5. Was sind multiresistente Erreger?
Ca. 10%derKrankenhausinfektionenwer-
den inzwischendurchmultiresistenteErre-
gerhervorgerufen, alsoErreger,beidenen
viele Antibiotika-Klassen nicht mehr wirk-
sam sind. Das kann dazu führen, dass die
primärangesetzteAntibiotika-Therapie,die
der Arzt häufig unmittelbar wählen muss,
bevoreinmikrobiologischerBefundvorhan-
denist,nichtgreift.Dannmussmitentspre-
chenderZeitverzögerungaufeinnochwirk-
sames Antibiotikum (Breitspektrum- oder
Reserveantibiotikum)umgestelltwerden.In
dieserPeriodekanneventuellsehrwichtige
Zeit für die Therapie der Infektion verlo-
ren gegangen sein, unter Umständen, z.B.
beimanchenPatientenmitSepsis,kannes
sogarzuspätsein,umdenPatientennoch
zuheilen.
6. Warum verwenden die Ärzte überhaupt Breitspektrum- Antibiotika?
Das ist genau das Dilemma, in dem die
Medizinsteckt:
Unter den vielen Billionen Erregern im
DarmundaufderHauteinesMenschengibt
esimmereinige,diedurchMutation–oder
häufiger–KontaktmitanderenMenschen,
Tieren oder Pflanzen Resistenzen (Wider-
standsfähigkeit) gegen bestimmte Antibio-
tikaerworbenhaben.Wennmannuneine
Antibiotika-Therapie beginnt, werden die
empfindlichen Erreger in der Regel gut
abgetötet,aberdiemitderResistenzeigen-
schaftüberleben,dassheißt es kommt zur
SelektionderresistentenErreger.Dasistder
Grund,warumdieÄrzteimmerkritischab-
wägenmüssen,obeineAntibiotika-Therapie
wirklichnotwendigist.Erstrechtmussver-
mieden werden, Breitspektrum-Antibiotika
einzusetzen,wennsienichtnotwendigsind,
wiezumBeispielbeiInfektionen,diedurch
VirenundnichtdurchBakterienhervorge-
rufenwerden.
Es gibt damit das Dilemma zwischen der
Therapie des einzelnen Patienten und des
Erhaltens der Wirksamkeit der Antibiotika
ansichfürdieTherapieallerMenschen.
7. Warum ist dieses Dilemma gerade jetzt so groß geworden?
InderVergangenheithatdiePharmaindus-
trieimmerwiederneueinnovativeAntibio-
tika auf den Markt gebracht hat, dadurch
warenimmernocheinzelneReserveantibio-
tikainder„Pipeline“.Dashatsichdrastisch
geändert, in den letzten 10 Jahren gab es
kaumnochwirklichneueAntibiotika,und
es ist auch für die nächsten Jahre nichts
wirklichNeueszuerwarten.
8 9
8. Die wichtigsten multiresistenten Erreger
ESBL(ExtendedSpectrumBeta-Lactamase-bildendeBakterien)
Sietretenu.a.beiEscherichiacoliundKlebsiellapneumoniaeauf.DieAntibiotika-
empfindlicheVariantedieserErregerkommtauchimDarmtraktdesMenschenvor.
WennsieindieHarnwegeoderAtemwegegelangen,könnensieHarnweginfektio-
nen,Atemweginfektion,Wundinfektionen,auchSepsis(Blutvergiftung)hervorrufen.
DieseErregerhabensichinihrerHäufigkeitseit2005mehralsverdreifacht.Wenn
einPatienteineInfektionmitdiesemgramnegativenErregerhat,helfenoftnurnoch
dieAntibiotikaderKlasseder„Carbapeneme“.Dementsprechendhatsichauchdie
Carbapenem-AnwendungindenletztenJahrenverdoppelt.InverschiedenenRegio-
nenderWelt(Indien,Pakistan)sindCarbapenem-resistenteBakteriensogarschonin
derUmweltzufinden.BeidiesenErregernversuchtmanausMangelanAlternativen
mit einem seit langem bekannten Antibiotikum zu therapieren, das man früher
wegenseinerNebenwirkungenausgemusterthatte,mitColistin.
InderNormalbevölkerungsindbereitsca.3-10%derPatientenESBL-TrägerimDarm.
Beim Nachweis von multiresistenten Erre-
gernmussmanzwischenBesiedlungundIn-
fektionunterscheiden.Besiedlungbedeutet,
dassdieserErregerimKörpervorhandenist,
aberbisherkeineKrankheitverursachthat.
Infektionbedeutet,dassdieserErregereine
InfektionbeidemjeweiligenPatientenver-
ursacht hat, d.h. der Patient zeigt entspre-
chendeInfektionssymptome.
Besiedlungen(oderKolonisationen)werden
nicht mit Antibiotika behandelt, teilweise
(beiMRSA)kannmanversuchen,dieseBe-
siedlungdurchäußereAnwendungvonent-
sprechendenMedikamentenbzw.Waschun-
genzubeseitigen.
Letztlichistesentscheidend,zuverhindern,
dassausderBesiedlungeineInfektionwird,
dennsie könntedemPatientensehrscha-
den,vorallem,weilbeidiesenmultiresisten-
tenErregernnichtmehrallenormalerweise
wirksamenAntibiotikafürdieTherapiever-
wendetwerdenkönnen.
MRSA
InderÖffentlichkeit sindnachwievordieMRSA (Methicillin-resistentenStaphylo-
coccusaureus)diebekanntestenmultiresistentenErreger.Sierufenebensowiedie
„normalen“Staphylococcusaureus(EitererregendeBakterien,dieregelmäßigaufder
HautoderinderNasegesunderMenschengefundenwerden)vorallemLungenent-
zündungen,SepsisundWundinfektionenhervor,diemaninderRegelabernoch
guttherapierenkann.
Methicillin ist einAntibiotikum.Resistentbedeutet, dassBakterienunempfindlich
gegendiesesundandereAntibiotikagewordensindunddahernichtmehrerfolg-
reichmitdiesemAntibiotikumbehandeltwerdenkönnen.
VRE
EnterokokkensindBakterien,dienormalerweiseimDarmtraktdesMenschenleben
und unsere Nahrung verdauen, Gelegentlich können sie Ursache von Infektionen
sein,z.B.Harnweginfektionen,Wundinfektionen,Sepsis. IneinigenFällensinddie
Bakterien unempfindlich (resistent) gegen das Antibiotikum Vancomycin, dann
sprichtmanvonVancomycin-resistentenEnterokokken(VRE).
InderNormalbevölkerungsindbereitsca.1-2%derPatientenVRE-TrägerimDarm.Foto
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10 11
9. Wie kann ich beurteilen, ob eine bestimmte Krankenhausinfektion vermeidbar gewesen wäre?
Das ist im Einzelfall schwer. Je weniger
GrunderkrankungeneinPatientbeiAufnah-
meindasKrankenhaushatteundjeweniger
invasivbzw.dasImmunsystembeeinträchti-
gendeineBehandlungwar,umsohöherist
die Wahrscheinlichkeit, dass die Infektion
vermeidbarwar.
Da bei Aufnahme des Patienten nicht sys-
tematischuntersuchtwerdenkann,welche
ErregerderPatientbereitsmitgebrachthat
(z.B. auf derHaut, in derNase, imDarm),
istesbeiNachweisvonErregernimZusam-
menhang mit einer Krankenhausinfektion
in der Regel schwer zu beweisen, ob die
Infektion durch die Körpereigenen oder
Körperfremden Infektionserreger zustande
gekommenist.
Wenn gleichzeitig bei mehreren Patienten
derselbe Infektionserreger gefunden wird,
istesziemlichwahrscheinlich,dasses sich
umeineHäufungvonvermeidbarenKran-
kenhausinfektionenhandelt.
10. Wie werden die Erreger von Krankenhausinfektionen eigent- lich von Patient zu Patient übertragen?
Die übergroße Mehrheit der Erreger von
Krankenhausinfektionen (auch multiresis-
tenteErreger)wirddurchKontaktübertra-
gen, das heißt durch Berührung. Da Pati-
enten sich kaum untereinander berühren,
erfolgt die Übertragung meist durch das
medizinischePersonal,wennesnacheinan-
derverschiedenePatientenbehandelt,ohne
sichzwischenzweiPatientendieHändezu
desinfizieren.
Selbstverständlich kann die Übertragung
auchdurchdengemeinsamenKontaktmit
Gegenständen erfolgen. Allerdings werden
dieGegenständeimKrankenhausinderRe-
gelPatienten-gebundenbzw.alsEinmalarti-
kelverwendet.Wenndasnichtmöglichist
(z.B. OP-Instrumente, Endoskope, Geschirr)
erfolgtdieAufbereitungdurchgutvalidier-
teDesinfektions-undSterilisationsverfahren.
NurwenigeErregerkönnenauchdurchdie
Luft übertragen werden, dabei handelt es
sich wie bei den meisten Atemweginfekti-
onenum solcheErreger,diedurchNiesen
oderHustenimAbstandvonca.1Meterum
dieInfektionsquelleverteiltwerdenkönnen.
Hält man also größeren Abstand zum be-
troffenen Patienten oder verwendet einen
Mund-Nasen-Schutz, kann man ein Infekti-
onsrisikobeidiesenInfektionenvermeiden.
Bei ganz wenigen Infektionen (Lungen-
Tuberkulose,Windpocken,Masern)können
dieErregersichauchinweiteremAbstand
vonderInfektionsquelleaufhaltenbzw.sogar
nochdanninderLuftschweben,wennder
infektiöse Patient das Zimmer bereits ver-
lassen hat. Deshalb sollten diese Patienten
unbedingt imEinzelzimmeruntergebracht
werdenundmansolltesichdemPatienten
nurnähern,wennmaneinengutsitzenden
Mund-NasenschutzhatodergegendieseIn-
fektiondurchfrühereErkrankungoderImp-
funggeschütztist.
EshandeltsichauchdannumKrankenhaus-
infektionen, wenn die Infektionserreger
überdasBlutübertragenwerden.Daskann
bei verschiedenen Formen der Gelbsucht
(Hepatitis BundC) der Fall sein sowiebei
HIV.ImAllgemeinenexistiertinallendeut-
schen Gesundheitseinrichtungen aber ein
sehrhohesSicherheitsniveau,umdiesethe-
oretischeFormderInfektionsverbreitungzu
vermeiden.
11. Was kann ich als Patient oder als Angehöriger tun?
●● Die wichtigste Maßnahme ist die Hände-
hygiene.
●● Ebenso wie das medizinische Personal
solltenSiegroßenWertdarauflegen,sich
nach Kontakt mit möglicherweise konta-
minierten Gegenständen und Toiletten-
benutzung regelmäßig die Hände zu
waschenoderzudesinfizieren.
●● WennSiebeobachten,dassdasmedizini-
schePersonaldieHändehygienevergessen
hat,sprechensiedieMitarbeiteran.Erin-
nern Sie auch Familienangehörige und
Freunde,wennsieSiebesuchenkommen.
●● Medizinisches Personal bevorzugt in der
Regel die Händedesinfektion mit einem
alkoholischen Desinfektionsmittel, weil
es schneller und suffizienter wirkt als
Waschen mit Wasser und Seife, kein
WaschbeckenerfordertunddieHautdie
häufigenHändedesinfektionen,diemedi-
zinisches Personal pro Tag durchführen
muss, in der Regel besser toleriert. Aber
auch die Händewaschung führt zu einer
deutlichenReduktionderErregeraufden
12 13
Händen,sodassSiemeistselbstentschei-
den können, ob Sie die Hände waschen
oderdesinfizieren. Entscheidend ist, dass
Sieesnichtvergessen.
●● GefäßkatheterundHarnwegkatheter soll-
tensobaldwiemöglichgezogenwerden,
wennsienichtmehrnotwendigsind.Spre-
chenSiedieÄrzteoderdasPflegepersonal
ggf.daraufan.
●● WennSieeinenGefäßkatheter,Harnweg-
katheter oder anderen Katheter haben
bzw.andereinvasiveVerfahreneingesetzt
werden,bittemanipulierenSiemöglichst
nicht an diesen Gegenständen. Durch
häufige Manipulationen wird das Risiko
erhöht, dass Erreger aus der Umgebung
(z.B.vonderHaut)entlangdieserEintritts-
pforten in normalerweise sterile Körper-
bereiche (wie Blutbahn oder Harnblase
gelangen)unddannInfektionenauslösen.
●● Nehmen Sie Antibiotika nur, wenn Sie
Ihnen verschrieben wurden. Unnötige
Antibiotika-Gaben führen zu zusätzlicher
Selektion von multiresistenten Erregern
undverstärkendasResistenzproblem.
●● Wenn massiver Durchfall auftritt, soll-
ten SiedieÄrzte informieren,eskönnte
sich eine Clostridium difficile assoziierte
Diarrhoe dahinter verbergen, die oft im
ZusammenhangmiteinerAntibiotika-An-
wendungauftritt.
●● Beobachten Sie sich selbst auch im Hin-
blick auf die Entwicklung von anderen
Infektionssymptomen.
●● WennSiezuentsprechendenRisikogrup-
pen gehören, lassen Sie sich vor geplan-
tenKrankenhausaufenthaltenimpfen(z.B.
Pneumokokkenimpfung, Influenza-Imp-
fung).
●● Wenn Sie mögliche Infektionsrisiken
wahrgenommen haben, sollten Sie ihre
Ärztedaraufansprechen.
12. Gezielte Maßnahmen zur Prävention der wichtigsten Krankenhausinfektionen
Wundinfektionen nach Operationen
Etwa 1-3 % der operierten Patienten (un-
terschiedlichnachOP-Art)entwickelnnach
derOperationeineInfektionimBereichder
Operationswunde. Symptome sind Rötung
derHautundSchmerzenindiesemBereich,
AbsonderungenausdemWundbereich,Fie-
ber.MankanndieseInfektionendurchAnti-
biotika-Anwendungen behandeln, teilweise
isteinzusätzlicherEingriffnotwendig.
Was machen die Mitarbeiter zur Vermeidung
von Wundinfektionen nach Operationen?
» Vor der OP:z.B.Haarentfernungunmittel-
barvorderOP,Hautdesinfektion
» Während der OP:z.B.Antibiotika-Prophyla-
xe30-60min.vorBeginnderOP,gründli-
cheHändedesinfektiondesChirurgenund
TragenvonsterilerOP-Kleidungundsteri-
lenOP-Handschuhen
» Nach der OP: Verschluss der Wunde mit
einemsterilenVerband
Was können Sie als Patient zur Vorbeugung
beitragen?
» Vor der OP: Information der Ärzte über
möglicheProbleme,z.B.Allergien,Diabe-
tes, auch Übergewicht kann ein zusätzli-
chesRisikodarstellen;Rauchen solltege-
stoppt werden, möglichst bereits vor der
OP;keineIrritationenderHautimBereich
derOP-Wunde
» Nach der OP: Vor jederUntersuchungsoll-
ten alle Mitarbeiter eine Händedesinfek-
tiondurchführen,sprechenSiedieMitarbei-
teran,wennSieesnichtbeobachtethaben;
Familienmitglieder und Freunde sollten
auch eine Händedesinfektion vor dem
Besuch durchführen, sie sollten nicht die
WundeoderdenVerbandberühren
Was sollte nach Krankenhausentlassung beach-
tet werden?
» LassenSiesichvommedizinischenPerso-
nal über alles informieren, was Sie zum
UmgangmitderWundezuHausewissen
müssen
» FührenSieimmereineHändedesinfektion
durch,bevorSiedieWundeberühren
» LassenSiesichinformieren,woSiesichbei
Problemenmeldensollen
» Wenn Sie Symptome wie Rötung und
Schmerz an der OP-Wunde, Absonderun-
genausdemWundbereichoderFieberha-
ben,kontaktierenSiesofortdenArzt.
14 15
GefäßkatheterwerdenindieVenendesKör-
perseingeführt(amHals,anderBrust,am
Arm,inderLeiste),undbenutzt,umBlutfür
dieDiagnostikzugewinnenoderArzneimit-
telzuverabreichen.SiestelleneineEintritts-
pfortefürMikroorganismendar.
Im Falle einer Katheter-assoziierten Infek-
tionentwickeltderPatientFieberundSchüt-
telfrostoderdieHautumdieEintrittsstelle
schmerztundistgerötet.
MankanndieseInfektionendurchAntibio-
tikagabebehandeln, inderRegelwirdder
Kathetergezogen.
Was machen die Mitarbeiter zur Vermeidung
dieser Infektionen?
» Legen von zentralenVenenkatheternun-
ter sterilenBedingungen (Händedesinfek-
tion,sterileHandschuhe,KitteldesArztes,
HautdesinfektiondesPatientenundsterile
AbdeckungderEintrittsstelle)
» Legen von peripheren Venenkathetern
nachHautdesinfektiondesPatientenund
HändedesinfektiondesMitarbeiters
» Tägliche Überprüfung, ob der Katheter
nochnotwendigist
» HändedesinfektionvorjederManipulation
amKatheteroderamInfusionssystem
» Sorgfältiger Umgang mit Flüssigkeiten,
dieüberdenKatheterverabreichtwerden
sollen
Was können Sie als Patient zur Vorbeugung
beitragen?
» BittenSiedieÄrzteoderdasPflegeperso-
nalumErklärung,warumsiedenKathe-
terbenötigenundwielangeerliegensoll
» BeobachtenSie,obdienotwendigenPrä-
ventionsmaßnahmenimUmgangmitdem
Kathetereingehaltenwerden,insbesonde-
reobvorjederManipulationamKatheter
oderamInfusionssystemeineHändedesin-
fektionerfolgt
» SprechenSiedieMitarbeiterggf.daraufan
» Wenn der Verband an der Eintrittsstelle
feuchtoderschmutziggewordenist,infor-
mierenSiedasPflegepersonal
» InformierenSiedasPflegepersonal,wenn
die Umgebung der Eintrittsstelle gerötet
istoderschmerzt.
» Familienmitglieder und Freunde sollten
aucheineHändedesinfektionvordemBe-
suchdurchführen,siesolltennichtdenKa-
theteroderdasInfusionssystemberühren
Was sollte nach Krankenhausentlassung beach-
tet werden?
» Sofern der Katheter vor der Entlassung
nochnichtgezogenwerdenkann, lassen
SiesichvommedizinischenPersonalüber
denUmgangmitdemKathetergenaues-
tens informieren, fragen Sie, ob Sie z.B.
mitdemKatheterduschendürfenundwie
SiedenVerbandswechseldurchführensol-
len.
» FührenSieimmereineHändedesinfektion
durch, bevor Sie amKathetermanipulie-
ren
» Beobachten Sie sich im Hinblick auf das
AuftretenvonSymptomenwieSchmerzen
undRötunganderEintrittsstelleoderFie-
berundkontaktierenSiebeiAuftretenso-
fortdenArzt.
Katheter-assoziierte Blutstrominfektionen
16 17
Harnwegkatheter werden in die Blase ein-
geführt(überdieHarnwegeoderdieBauch-
haut)undbenutzt,umdenHarnabzuleiten
oderdieAusscheidungzumessen.Sie stel-
leneineEintrittspfortefürMikroorganismen
dar. Im Falle einer Katheter-assoziierten
Harnweginfektion entwickelt der Patient
Fieber, Brennen und Schmerzen im Unter-
bauch,eventuellistderUrinblutig.Teilwei-
setretendieseSymptomeabernichtauf.
MankannHarnweginfektionendurchAnti-
biotikagabebehandeln,wennmöglichwird
derKathetergezogen.
Was machen die Mitarbeiter zur Vermeidung
dieser Infektionen?
» Legen des Harnwegkatheters
Harnwegkatheter werden nur gelegt,
wennnötigundauchsobaldwiemöglich
gezogen,eserfolgteineHautdesinfektion
vordemLegen,eventuellwerdenauchal-
ternative Methoden der Katheterisierung
verwendet(intermittierendesKatheterisie-
ren,Kondomkatheter)
» Katheterpflege
HändedesinfektionvorjederManipulation
amKatheter,möglichstwenigTrennungen
zwischen Katheter und Urinableitbeutel,
VermeidenvonAbknickenundRückfluss,
regelmäßigesAusleerendesUrinbeutels
Was können Sie Patient zur Vorbeugung bei-
tragen?
» Fragen Sie jeden Tag, ob der Katheter
nochgebrauchtwird
» BeobachtenSie,obdienotwendigenPrä-
ventionsmaßnahmenimUmgangmitdem
Kathetereingehaltenwerden,insbesonde-
reobvorjederManipulationamKatheter
oderamInfusionssystemeineHändedesin-
fektionerfolgt
» BefolgenSiedieseRegelnauchselbst
» DerUrinbeutelsollimmerunterBlasenni-
veaugehaltenwerden
» Nicht am Katheter ziehen oder zerren,
nichtdieKatheterverbindungdrehen
Was sollte nach Krankenhausentlassung beach-
tet werden?
» Sofern der Katheter vor der Entlassung
nochnichtgezogenwerdenkann, lassen
SiesichvommedizinischenPersonalüber
denUmgangmitdemKathetergenaues-
tensinformieren
» Beobachten Sie sich im Hinblick auf das
Auftreten von Symptomen wie Brennen
und Schmerzen, Fieber, vermehrte Urin-
ausscheidung und kontaktieren Sie bei
AuftretensofortdenArzt.
Katheter-assoziierte Harnweginfektionen13. Maßnahmen bei besonderen Patientengruppen
Wie verhalte ich mich, wenn ich einen Patienten mit multiresistenten Erregern besuchen will?
AlsBesuchermussichkeineAngsthaben,wennicheinenPatientenmiteinemmul-
tiresistentenErregerbesuche,auchdieserPatientbrauchtZuwendung.DieseErreger
werdennurüberdirektenKontaktübertragenundfliegennichtdurchdieLuft.Ent-
scheidendistdieHändedesinfektionbeiVerlassendesZimmers!
Besondere Maßnahmen bei immunsupprimierten Patienten
Immunsupprimierte Patienten müssen in besonderer Weise vor Erregern aus der
Umweltgeschütztwerden.DiePatientenwerdendeshalbimEinzelzimmerunterge-
bracht,umzuverhindern,dasErregerausderUmgebung,z.B.vonNachbarpatien-
tenoderausderAußenluftzuihnengelangenundbeiihnenInfektionenauslösen
könnten,wasinderPhasederImmunsuppressiongroßeProblememachenkann.
18 19
Informationsquellen
Robert Koch-Institut:
www.rki.de ->Infektionsschutz->Kranken-
haushygiene->KRINKO-Empfehlungen
Das Robert Koch-Institut koordiniert die
Arbeit der KRINKO (Kommission für Kran-
kenhaushygieneund Infektionsprävention).
DieseKommissionerarbeitetnationaleEmp-
fehlungenfürdieInfektionsprävention,die
aufdenobengenanntenWeb-Seitenzufin-
densind.
Nationales Referenzzentrum (NRZ) für die Sur-
veillance von nosokomialen Infektionen:
www.nrz-hygiene.de->Surveillance->Mo-
dule für einzelne Risikogruppen, z.B. ITS-
KISSfürIntensivstationen
Ca. 1400 deutsche Akutkrankenhäuser be-
teiligensichauffreiwilligerBasisandiesem
nationalenSurveillance-SystemfürKranken-
hausinfektionen (Krankenhaus-Infektions-
Surveillance-System (KISS), d.h. sie liefern
nacheinheitlichenDefinitionenundMetho-
den für bestimmte Risikogruppen (separa-
teModule) regelmäßig ihre Infektionenan
KISS.AufdieserBasiskönnenOrientierungs-
wertefürdieHäufigkeitvonInfektionsraten
indenverschiedenenBereichengeschaffen
werden, die im Rahmen des Qualitätsma-
nagements für die Krankenhäuser wichtig
sind.
Das NRZ liefert auch Daten an das „Euro-
pean Centre für Prevention and Control“
(ECDC),daseuropäischeVergleichsdatenfür
Krankenhausinfektionengeneriert.
Aktion saubere Hände:
www.aktion-sauberehaende.de
Gemeinsame Aktion des Nationalen Refe-
renzzentrums für die Surveillance von no-
sokomialen infektionen (NRZ) und des Ak-
tionsbündnisses Patientensicherheit (APS)
zur Verbesserung der Durchführung der
Händehygiene in deutschen Gesundheits-
einrichtungen.
Die Aktion saubere Hände entstand nach
dem Vorbild der WHO-Kampagne „Clean
care is safer care“und ist inzwischeneine
der weltweit größten Kampagnen auf die-
semGebiet.
Impressum
Herausgeber:
AktionsbündnisPatientensicherheite.V.
AmZirkus2
10117Berlin
Tel.03036428160
Fax030364281611
info@aps-ev.de
www.aps-ev.de
Konzeption und Text:
Prof.Dr.PetraGastmeier
NationalesReferenzzentrum(NRZ)fürSur-
veillancevonnosokomialenInfektionenam
InstitutfürHygieneundUmweltmedizin,
CharitéUniversitätsmedizin,Berlin
Fotos:
WiebkePeitz|CharitéUniversitätsmedizin
Berlin
Gesamtkoordination und redaktionelle
Bearbeitung:
ConnyWiebe-Franzen
Für Hinweise zur Formulierung des
Textes in einer patientenverständlichen
Sprache danken wir:
Dr.BarbaraKeck,BAGSO
StefanieKratzenstein,UniversitätPotsdam
HanneloreLoskill,BAGSelbsthilfe
SabineMüller,Patientin
Berlin,Januar2015(1.Auflage)
DruckmitfreundlicherUnterstützungdurchdieTechnikerKrankenkasse
MitfreundlicherUnterstützungdurchdieCharitéUniversitätsmedizinBerlin
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