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Allgemeiner Teil II

Repetitorium aus Zivilrecht

Julia Grinzinger Institut für Zivilrecht julia.grinzinger@univie.ac.at

I. Grundlagen

II. Rechtsverständnis und Rechtsanwendung

III. Rechtssubjekte und Rechtsobjekte

IV. Subjektive Rechte und ihre Grenzen

V. Privatrechtlich relevantes Verhalten

VI. Vertrag und Rechtsgeschäft

VII. Vertragsschluss

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

IX. Möglichkeit und Erlaubtheit

X. Form der Rechtsgeschäfte

XI. Stellvertretung

XII. Rücktrittsrechte im Verbrauchergeschäft

Allgemeiner Teil des Zivilrechts

◦ Regelungsproblem Rechtssubjekte können Rechtsbeziehungen durch Rechtsgeschäfte ihrem

Willen nach bestimmen

Privatautonomie: Ziel nur erreicht, wenn Willensbildung frei von Fehlern

Wie sind Erklärungen zu verstehen?

• Willenstheorie, Erklärungstheorie, Vertrauenstheorie

Falsa demonstratio non nocet (natürlicher Konsens)

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

Beispiel: A erklärt gegenüber B, einen Kaufvertrag über das Auto von B um € 10.000 abschließen zu wollen, denkt sich aber heimlich, dass er das Auto überhaupt nicht kaufen möchte. B nimmt das Angebot des A an. Kommt ein Kaufvertrag zwischen A und B zustande?

Variante: B weiß, dass A das Auto überhaupt nicht kaufen möchte, nimmt das Angebot des A aber trotzdem an.

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Geheimer Vorbehalt (Mentalreservation)

◦ Ein Vertragsteil erklärt bewusst etwas anderes als er will.

◦ Gültigkeit? Vertrauenstheorie

◦ „durchschauter Vorbehalt“ str

◦ Mentalreservation – Scheingeschäft

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• nicht ernst gemeinte Erklärungen

◦ Scherz- und Lehrerklärungen, Werbesprüche udgl

◦ keine Täuschungsabsicht des Erklärenden

◦ grundsätzlich unwirksam

◦ ausnahmsweise rechtsgeschäftliche Bindung (Vertrauenstheorie) Irrtumsanfechtung

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

Beispiel: A verkauft B zum Schein sein Auto. B allerdings verschenkt und übergibt das Auto danach an C, der nicht wusste, dass der Kaufvertrag zwischen A und B nur zum Schein geschlossen wurde. Kann A von C das Auto herausverlangen?

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Scheingeschäft

◦ Willenserklärungen, die bloß zum Schein abgegeben werden, um bspw Dritte oder Behörden zu täuschen

◦ Einvernehmen der Parteien

◦ absolutes Scheingeschäft

◦ verdecktes Geschäft

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Scheingeschäft

◦ Scheingeschäft wirkt zwischen den Parteien nicht

◦ Verdecktes Geschäft wird „nach seiner wahren Beschaffenheit“ beurteilt (§ 916 Abs 1 S 2) (beachte § 879)

◦ Schutz Dritter (§ 916 Abs 2) keine Einrede des Scheingeschäfts

◦ Scheingeschäft – Umgehungsgeschäft

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Umgehungsgeschäft

◦ von den Parteien gewolltes Geschäft

◦ Ziel: (Nicht-)Anwendung einer bestimmten Norm

◦ übereinstimmender Parteiwille Geschäft wirksam

◦ Anwendung der „umgangenen“ Norm auf das Umgehungsgeschäft

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Irrtum

◦ Regelungsproblem Interesse des Irrenden ≠ Interesse des Erklärungsempfängers

Wie sind Erklärungen zu verstehen?

• Willenstheorie, Erklärungstheorie, Vertrauenstheorie

◦ maßgeblicher Zeitpunkt: Vertragsschluss

◦ Verschulden des Irrenden irrelevant, aber Haftung nach cic

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Irrtum

◦ „Unter Irrtum versteht man die unzutreffende Vorstellung von der Wirklichkeit; der falschen steht die mangelnde Vorstellung gleich.“

◦ Arten des Irrtums Erklärungsirrtum

Geschäftsirrtum

Motivirrtum

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Irrtum

◦ Erklärungsirrtum Irrtum über die Erklärung selbst

Der Erklärende meint, etwas anderes zu erklären, als er wirklich erklärt; Erklärung ist ihm nicht als solche bewusst.

• mangelndes Erklärungsbewusstsein

• Fehler im Erklärungsakt (Versprechen, Verschreiben)

• Übermittlungsfehler (verstümmeltes Fax)

• Irrtum über Bedeutung der Erklärung

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Irrtum

◦ Ungelesen unterschriebene Urkunden grundsätzlich wird Urkundeninhalt zum Erklärungsinhalt

ungelesen unterschriebene Urkunde, aber keine Vorstellungen vom Inhalt kein Erklärungsirrtum (bewusste Inkaufnahme)

ungelesen unterschriebene Urkunde, aber genaue Vorstellung von Inhalt (Bsp aufgrund von Vorgesprächen) Erklärungsirrtum

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Irrtum

◦ Ungelesen unterschriebene Urkunden ungewöhnliche / unübliche Klauseln in ungelesener unterschriebenen

Urkunde

• Rummel: Klausel nicht Vertragsinhalt

• K/W: Irrtumsanfechtung; kein Vertragsinhalt, wenn Urkundenerrichter erkennbar ist, dass sein Gegenstück das Schriftstück nicht gelesen hat

• Rsp: uneinheitlich

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Irrtum

◦ Blankounterschrift Blankett ≠ ungelesene Urkunde

der (unterschriebene) Text wird erst später (in der Regel von einem Dritten) vervollständigt

verdeckte Blankettausfüllung Anfechtung (denkbar)

offene Blankettausfüllung Stellvertretungsrecht

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Irrtum

◦ Geschäftsirrtum Irrtum über die Natur des Geschäfts, seinen Inhalt (Gegenstand) oder über

eine für das Geschäft bedeutsame Eigenschaft (oder Identität) der Person des Geschäftspartners

Punkte, die Inhalt des Rechtsgeschäfts betreffen

Aufklärungspflichten (§ 871 Abs 2)

Vorhandensein einer verwaltungsbehördlichen Befugnis zur Leistungserbringung (§ 873)

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Irrtum

◦ Motivirrtum „Punkte, die außerhalb des Geschäftsinhalts liegen“

Irrtum im Beweggrund

In der Regel unbeachtlich

Irrtum über Eigenschaft einer Gattungsschuld?

Irrtum über Eigenschaft eines Werkes, das im Rahmen eines Werkvertrags erst herzustellen ist?

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Irrtum

◦ Abgrenzungsfragen Irrtum über Eigenschaft der Sache zum Motivirrtum

Irrtum über den gemeinen Wert (Verkehrswert) einer Sache

Kalkulationsirrtum:

• Verrechnen, Verschreiben, Versprechen § 871 ff

• Höhe falsch eingeschätzt Motivirrtum

• Kalkulationsgrundlage als Vertragsinhalt § 871 ff

Rechtsfolgenirrtum: falsche Vorstellung über die Rechtsfolgen des Geschäfts (zB §§ 922 ff)

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Irrtum

◦ wesentlich – unwesentlich – nicht kausal (unerheblich) wesentlich, wenn der Erklärende das Geschäft nicht geschlossen hätte

(Hauptpunkte des Geschäftes)

unwesentlich, wenn er sich auf einen Nebenpunkt des Vertrages bezieht, also ohne ihn das Geschäft von beiden (!) Vertragspartnern anders geschlossen worden wäre

unerheblich, wenn die Kenntnis der wahren Sachlage den Abschluss des Vertrages in keiner Weise beeinflusst (der Irrtum daher nicht kausal war)

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Irrtum

◦ Anfechtungsvoraussetzungen (§ 871 Abs 1) Irrtum war wesentlich und eine der drei Voraussetzungen des § 871 Abs 1

liegt vor.

Irrtumsveranlassung

• hA adäquate Verursachung durch Tun oder Unterlassung der nötigen verkehrsüblichen Aufklärung

• aA sorgfaltswidriges Verhalten für die Veranlassung

• verschuldensunabhängig

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Irrtum

◦ Anfechtungsvoraussetzungen (§ 871 Abs 1) Irrtum hätte auffallen müssen

• Erklärungsgegner hat fahrlässig Irrtum nicht erkannt < Irrtum ist aufgefallen

• Sonderfall: durchschauter Irrtum (str)

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

Beispiel : A will sein zwei Wochen altes, original verpacktes iPhone (Wert: € 650) verkaufen. Am Telefon bietet er B das iPhone um € 360 an, der angesichts des geringen Preises sofort zustimmt. Als es zur vereinbarten Übergabe kommen soll, verweigert A die Herausgabe, tatsächlich habe er natürlich nur um € 630 verkaufen wollen. Zu Recht?

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

Variante: Wie ist der Fall zu beurteilen, wenn B weiß, dass A sich versprochen hat, jedoch nicht genau weiß, um wieviel er eigentlich verkaufen wollte?

Variante: Wie ist der Fall zu beurteilen, wenn B genau weiß, dass A nur um € 630 verkaufen wollte?

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Irrtum

◦ Anfechtungsvoraussetzungen (§ 871 Abs 1) Irrtum wurde rechtzeitig aufgeklärt (durch Irrenden!)

• Res-integra-Lehre: keine Dispositionen des Gegners im Vertrauen auf das Geschäft

• aA Ehrenzweig: „Redintegration“ stets zulässig

• aA F. Bydlinski: Redintegration“ zulässig , wenn ansonsten das Äquivalenzverhältnis grob gestört wäre

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Irrtum

◦ Anfechtungsvoraussetzungen (§ 871 Abs 1) gemeinsamer Irrtum (str)

• von hA als vierter Anfechtungsgrund anerkannt

• Vertrauen des Anfechtungsgegners auf Bestehen des Vertrags auch geschützt?

• K/W: Unterfall der „Redintegration“

• AA: Wegfall der Geschäftsgrundlage

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Irrtum

◦ Motivirrtum Beachtlichkeit des Motivirrtums

• Listige Irreführung (§ 870, dazu später)

• Unentgeltliches Geschäft (§ 901)

• Letztwillige Verfügung (§ 572)

• Motiv als auflösende / aufschiebende Bedingung

• Beweggrund wird (einvernehmlich) Vertragsinhalt Geschäftsirrtum

• Wegfall der Geschäftsgrundlage (dazu später)

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Irrtum

◦ Motivirrtum Geltendmachung bei unentgeltlichen Rechtsgeschäften

• nach noch hM auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 871 Abs 1

• nach aA müssen die Voraussetzungen des § 871 Abs 1 vorliegen, in Ermangelung dieser aber Anfechtung unter Redintegration zulässig

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Irrtum

◦ Anfechtungsrecht Gestaltungsrecht – gerichtlich geltend zu machen (str)

Verzicht im Voraus möglich (Ausnahme Verbraucher: § 6 Abs 1 Z 14 KSchG)

Verjährung: 3 Jahre ab Vertragsschluss (§ 1487)

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Irrtum

◦ Anfechtungsrecht • schuld- und sachenrechtliche ex tunc Wirkung

sachenrechtliche Rückabwicklung: § 366 (dingliche Wirkung der Irrtumsanfechtung)

bereicherungsrechtliche Rückabwicklung: § 877

Sonderfall: Dauerschuldverhältnisse und Gesellschaftsverträge

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Irrtum

◦ Anfechtungsrecht • Konkurrenzen

Gewährleistung (§ 922 ff)

Schadenersatz statt Gewährleistung (§ 933a)

Laesio enormis (§ 934)

Schadenersatz als Naturalrestitution (hA)

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Irrtum

◦ Vertragsanpassung (§ 872) Irrtum war für den Vertragsschluss unwesentlich

Voraussetzungen des § 871 Abs 1

Wiederherstellung der subjektiven Äquivalenz

„Relative Berechnungsmethode“

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Irrtum Wie hat der Irrtum den Vertrag beeinflusst?

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

wesentlich unerheblich unwesentlich

4.1. 4.3. 4.2.

• Irrtum

◦ 4.1. Irrtum hat den Vertrag wesentlich beeinflusst?

Anfechtung

Wegfall des Vertrags

Rückerstattung / Vergütung von Leistungen

dingliche/bereicherungsrechtliche Rückforderung

Anpassung des Vertrags eventuell möglich (str)

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Irrtum

◦ 4.2. Irrtum hat den Vertrag unwesentlich beeinflusst?

Anpassung an hypothetisch irrtumsfreien Vertrag

Vertragsänderung

(Teil-)Rückerstattung / Vergütung von Leistungen

dingliche/bereicherungsrechtliche Rückforderung

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Irrtum

◦ 4.3. Irrtum hat den Vertrag nicht beeinflusst? keine Anfechtung oder Anpassung

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Arglist (§ 870)

◦ „zivilrechtlicher Betrug“

◦ „List ist bewusste Täuschung: Der Erklärende wird vorsätzlich durch die Vorspiegelung falscher Tatsachen zur Willensäußerung bewogen.“

◦ Tun (aktive Irreführung oder Verhinderung der Kenntnisnahme)

◦ Unterlassen (Aufklärungspflichtverletzung)

◦ Kausalität bei Vertragsschluss

◦ Schädigungsabsicht nicht erforderlich

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Arglist (§ 870)

◦ Anfechtung auch bei arglistig herbeigeführtem Motivirrtum

◦ gerichtlich geltend zu machen (nur vom Überlisteten)

◦ Anfechtung oder Anpassung des Vertrags (§ 872 pa)

◦ Verjährung: 30 Jahre ab Vertragsschluss

◦ zwingendes Recht (auch außerhalb des KSchG)

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

Beispiel: C fährt mit seinem Fahrrad von einer Feier stark alkoholisiert nach Hause. Als er schon fast zu Hause angekommen ist, fährt er seinen Nachbarn D an, der Prellungen und Abschürfungen erleidet. C ist Berufskraftfahrer und würde seinen Job verlieren, sollte ihm der Führerschein entzogen werden. Daher willigt er in den Vorschlag des D ein, gegen eine Entschädigung von € 10.000 von einer Anzeige abzusehen.

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

Beispiel: A hat das Fahrrad des B gestohlen und verkauft. B droht nun dem A, Strafanzeige gegen ihn einzubringen, wenn er ihm nicht binnen drei Tagen den Wert des Fahrrades ersetzt.

Beispiel: C droht D, seine Familie zu vergiften, sollte er ihm nicht sein Haus um € 150.000 verkaufen. D willigt ein.

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Furcht – Drohung – Zwang (§ 870)

◦ „ungerechte und gegründete Furcht“: Drohung, die den Willen des Erklärenden beeinflusst

◦ Kein Irrtum, aber eingeschränkte Entscheidungsfreiheit („vis absoluta“?)

◦ ungerecht rechtswidriger Zwang (zB Erpressung oder Nötigung)

rechtmäßige Handlung: Mittel-Zweck-Relation

◦ gegründet: subjektiver Maßstab

◦ Kausalität bei Vertragsschluss

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Furcht – Drohung – Zwang (§ 870)

◦ gerichtlich geltend zu machen (nicht vom drohenden Teil)

◦ Anfechtung oder Anpassung des Vertrags (§ 872 pa)

◦ Verjährung: 3 Jahre ab Wegfall der Drohung

◦ zwingendes Recht

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Herbeiführung von Willensmängeln durch Dritte (§ 875)

◦ Dritte in Risikosphäre des Irrenden / Überlisteten / Bedrohten

◦ Vertrag grundsätzlich gültig

◦ ABER: Anwendung der §§ 870 ff, wenn der andere Teil an der Handlung des Dritten teilnahm oder

von derselben (str, ob Handlung oder Willensmangel) offenbar wissen musste (Fahrlässigkeit)

◦ Dritter ist nur, wer nicht Geschäftsgehilfe des Irrenden ist (kein Dritter: Stellvertreter, Verhandlungsführer, Bote).

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Schadenersatzpflichten wegen List / Drohung (§ 874)

◦ Schadenersatzpflicht des Irreführers oder Drohenden (Vertragspartner oder Dritter)

◦ grds Vorsatz erforderlich

◦ „in jedem Falle“ auch wenn Vertrag nicht angefochten wird

◦ der fahrlässig irreführende Vertragspartner haftet nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo Inhalt der Haftung umfasst auch Aufhebung oder Anpassung des Vertrags (§

1323) und Ersatz des weitergehenden Nachteils / Schadenersatz

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Lehre von der Geschäftsgrundlage

◦ die Vertragsparteien irren über das Bestehen, Fortbestehen oder den Eintritt bestimmter Umstände (Geschäftsgrundlagen: zB Krieg, Terror)

◦ „Selbstverständlichkeit“

◦ Geschäftsgrundlagen sind regelmäßig (unbeachtlicher) Motivirrtum

◦ gesetzlich nicht geregelt

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Lehre von der Geschäftsgrundlage

◦ Umstände sind nicht Bedingung (§ 901) des Geschäfts oder zum Vertragsinhalt erhoben

◦ Dogmatik zum Wegfall der Geschäftsgrundlage: Gesamtanalogie oder ergänzende Vertragsauslegung

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

◦ Prüfungsschema Wegfall der Geschäftsgrundlage wurde von den Parteien nicht bedacht und

daher nicht geregelt

Unvorhersehbares Ereignis

Ereignis muss „von außen“ kommen (Krieg, Naturkatastrophe uÄ)

geschäftstypische Voraussetzung

Festhalten am Verträge würde zu einer schweren Äquivalenzstörung oder Zweckvereitelung führen

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

Beispiel („Krönungszugsfall“): Für die Besichtigung eines Krönungszuges mietet A von B ein Fensterplatz in einer Straße, durch die der Zug führen soll. Der Krönungszug findet jedoch nicht am geplanten Ort statt, sondern wird kurzfristig verlegt und verläuft nun über den Schottenring. Kann der Vertrag wegen Wegfall der Geschäftsgrundlage angefochten werden?

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

Beispiel: C bucht bei der D-Kulturreisen GmbH eine Reise nach Syrien. Nach Abschluss des Reiseveranstaltungsvertrags bricht in Syrien ein Bürgerkrieg aus und das Außenministerium erlässt eine Reisewarnung. Kann der Vertrag wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage angefochten werden?

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Verkürzung über die Hälfte (laesio enormis)

◦ § 934 ABGB: „Hat bey zweyseitig verbindlichen Geschäften ein Theil nicht einmahl die Hälfte dessen, was er dem andern gegeben hat, von diesem an dem gemeinen Werthe erhalten; so räumt das Gesetz dem verletzten Theile das Recht ein, die Aufhebung und die Herstellung in den vorigen Stand zu fordern.“

◦ objektive Äquivalenzstörung von Leistung und Gegenleistung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses

◦ Verkürzung über die Hälfte (49 : 100)

◦ gerichtlich geltend zu machen

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Verkürzung über die Hälfte (laesio enormis)

◦ Verjährung: 3 Jahre ab Vertragsschluss

◦ Wirkung der Anfechtung K/W: schuldrechtlich ex tunc; sachenrechtlich ex nunc

P. Bydlinski: schuldrechtlich ex tunc; sachenrechtlich ex tunc

◦ facultas alternativa (§ 934 Satz 2)

◦ zwingendes Recht (§ 935) Zulasten eines Unternehmers dispositiv (§ 351 UGB)

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Verkürzung über die Hälfte (laesio enormis)

◦ Wertmissverhältnis aufgrund einer Fehleinschätzung der Beschaffenheit der Sache (Vorhandensein von Mängeln/Fehleinschätzung des Verkehrswerts) K/W: Die Verkürzung ist am Geleisteten zu messen, Gründe für die

Verkürzung sind irrelevant Anfechtung zulässig

P. Bydlinski: Die Verkürzung ist am Vereinbarten und nicht am Geleisteten zu messen keine Anfechtung

Rsp: uneinheitlich

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

• Verkürzung über die Hälfte (laesio enormis)

◦ keine laesio enormis, wenn der Erwerber ein überhöhtes Entgelt aus besonderer Vorliebe bezahlt,

wenn der Erwerber den wahren Wert der Sache kannte oder

wenn die Parteien eine gemischte Schenkung schließen wollten oder

wenn die Sache in einer gerichtlichen Versteigerung erworben wurde sowie

beim Glücksvertrag (§ 1268) oder Vergleich (§ 1386)

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

Beispiel: C kauft von D einen Gebrauchtwagen um € 4000, der, würde er die vertragsgemäßen Eigenschaften („100% betriebssicher“) haben, tatsächlich € 4000 Wert wäre. Der Gebrauchtwagen hatte zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses einen versteckten Defekt, der € 2500 an Reparaturkosten verursachen würde. Kann C den Vertrag wegen laesio enormis anfechten?

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

I. Grundlagen

II. Rechtsverständnis und Rechtsanwendung

III. Rechtssubjekte und Rechtsobjekte

IV. Subjektive Rechte und ihre Grenzen

V. Privatrechtlich relevantes Verhalten

VI. Vertrag und Rechtsgeschäft

VII. Vertragsschluss

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

IX. Möglichkeit und Erlaubtheit

X. Form der Rechtsgeschäfte

XI. Stellvertretung

XII. Rücktrittsrechte im Verbrauchergeschäft

Allgemeiner Teil des Zivilrechts

Beispiel: K möchte das alte Segelboot des V kaufen (Wert: € 10.000). Im Rahmen eines Stammtisches vereinbaren sie einen Kaufpreis von € 9.000 und Übergabe am nächsten Tag. Am gleichen Abend schlägt K das Angebot eines Freundes, der ihm ein gleichartiges Segelboot um € 9.500 anbietet, aus. Tatsächlich ist das Boot bereits am Vortag durch den Hurrikan Big Berta zerstört worden.

Variante: V wusste von dem Hurrikan, hat sich aber nicht nach dem Segelboot erkundigt und K auch nichts von dem Hurrikan erzählt.

IX. Möglichkeit und Erlaubtheit

• Ursprüngliche oder anfängliche Unmöglichkeit

◦ Versprochenes schon zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses unmöglich

◦ Geradezu Unmögliches und schlichte anfängliche Unmöglichkeit

◦ geradezu Unmögliches (§ 878) rechtlich Unmögliches: Erfüllung der Rechtsordnung unbekannt

faktisch Absurdes: Erfüllung der Verpflichtung ausgeschlossen

IX. Möglichkeit und Erlaubtheit

• Ursprüngliche oder anfängliche Unmöglichkeit

◦ Rechtsfolge: absolute Nichtigkeit des Vertrags

◦ culpa in contrahendo (Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten): Ersatz des „Vertrauensinteresses“, wenn der Versprechende Unmöglichkeit kannte oder kennen musste, wenn für den anderen nicht dasselbe gilt („Kulpakompensation“)

IX. Möglichkeit und Erlaubtheit

• Ursprüngliche oder anfängliche Unmöglichkeit

◦ Sonstige („schlichte“) Unmöglichkeit Wirksamkeit des Vertrags

str, welche Ansprüche dem Gläubiger bei endgültigem Ausbleiben der Leistung zustehen

IX. Möglichkeit und Erlaubtheit

• Ursprüngliche oder anfängliche Unmöglichkeit

◦ Teilunmöglichkeit (§ 878 S 2) geradezu unmöglicher Teil unwirksam

Restvertrag: hypothetische Parteiwille; iZw Restgültigkeit des Vertrags

IX. Möglichkeit und Erlaubtheit

• Gesetz- und Sittenwidrigkeit (§ 879)

◦ Abs 1: Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten

◦ Abs 2: demonstrative („insbesondere“) Aufzählung

◦ Abs 3: Inhaltskontrolle von AGB

◦ Rechtsfolge: „absolute“ oder „geltendzumachende“ (relative) Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts

IX. Möglichkeit und Erlaubtheit

• Gesetz- und Sittenwidrigkeit (§ 879)

◦ Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot (§ 879 Abs 1) Verstoß gegen gesetzliches Gebot oder Verbot

Inhaltsverbote – Abschlussverbote

Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts nur, wenn Verbotszweck es verlangt (Inhalt)

Gültigkeit, wenn das Verbot nur Art, Ort und Zeit des Abschlusses betrifft

IX. Möglichkeit und Erlaubtheit

• Gesetz- und Sittenwidrigkeit (§ 879)

◦ Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot (§ 879 Abs 1) Beispiele:

• Schwarzarbeit

• Verkauf von Waren außerhalb der Öffnungszeiten

• Verkauf von Heroin

IX. Möglichkeit und Erlaubtheit

• Gesetz- und Sittenwidrigkeit (§ 879)

◦ Verstoß gegen die guten Sitten (§ 879 Abs 1) Gute Sitten: Inbegriff jener Rechtnormen, die im Gesetz nicht ausdrücklich

angesprochen sind, sich aber aus der Betrachtung der rechtlichen Interessen ergeben (ungeschriebenes Recht; allgemeine Rechtsgrundsätze; Moral?)

„grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen“

„bei Interessenkollisionen ein grobes Missverhältnis zwischen den Interessen der Parteien“

IX. Möglichkeit und Erlaubtheit

• Gesetz- und Sittenwidrigkeit (§ 879)

◦ Verstoß gegen die guten Sitten (§ 879 Abs 1) Fallgruppen

• Verletzung von Allgemeininteressen

• Einschränkung der persönlichen Sphäre und Freiheit

• Ausnützung der wirtschaftlichen Übermacht

IX. Möglichkeit und Erlaubtheit

• Gesetz- und Sittenwidrigkeit (§ 879)

◦ Die Sondertatbestände des § 879 Abs 2 entgeltliche Heiratsvermittlung (Z 1)

entgeltliche Vermittlung medizinisch unterstützter Fortpflanzung (Z 1a)

pactum de quota litis (Z 2)

Veräußerung einer erhofften Erbschaft / Vermächtnis zu Lebzeiten des Erblassers (Z 3)

IX. Möglichkeit und Erlaubtheit

• Gesetz- und Sittenwidrigkeit (§ 879)

◦ 879 Abs 2 Z 4: Wucher auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung (zum Zeitpunkt des

Vertragsschlusses)

Einschränkung der Entscheidungsfreiheit des Bewucherten

• „Leichtsinn, Zwangslage, Verstandesschwäche, Unerfahrenheit oder Gemütsaufregung“

Ausnutzen dieser Beeinträchtigung durch Gegenseite

IX. Möglichkeit und Erlaubtheit

• Gesetz- und Sittenwidrigkeit (§ 879)

◦ 879 Abs 2 Z 4: Wucher Unterschiede zu § 934 (laesio enormis)

• keine starren Wertgrenzen

• subjektive Umstände

Bsp: „Kreditwucher“, „Sachwucher“, „Lohnwucher“, „Mietwucher“ usw

IX. Möglichkeit und Erlaubtheit

• Gesetz- und Sittenwidrigkeit (§ 879)

◦ Inhaltskontrolle von AGB (§ 879 Abs 3)

◦ „Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, ist jedenfalls nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt.“

IX. Möglichkeit und Erlaubtheit

• Gesetz- und Sittenwidrigkeit (§ 879)

◦ Inhaltskontrolle von AGB (§ 879 Abs 3) konkretisiert allgemeine Sittenwidrigkeit nach § 879 Abs 1

nur vertraglichen Nebenbestimmungen

außerhalb von AGB: beachte § 879 Abs 1 und Abs 2 Z 4

beachte auch § 6 KSchG

IX. Möglichkeit und Erlaubtheit

• Gesetz- und Sittenwidrigkeit (§ 879)

◦ Rechtsfolgen des § 879 „absolute“ Nichtigkeit

• Verstoß gegen Gesetze, die dem Schutz von Allgemeininteressen, der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dienen

• von Amts wegen wahrzunehmen

• jedermann kann sich auf Nichtigkeit berufen

• keine Anfechtung erforderlich

• bereicherungsrechtliche Rückabwicklung (§ 877)

IX. Möglichkeit und Erlaubtheit

• Gesetz- und Sittenwidrigkeit (§ 879)

◦ Rechtsfolgen des § 879 Relative („geltendzumachende“) Nichtigkeit

• Schutzzweck der übertretenen Norm bezweckt bloß den Schutz eines Vertragspartners nur dieser darf sich auf Nichtigkeit berufen

• gerichtlich geltendzumachendes Gestaltungsrecht

• Bsp: § 879 Abs 2 Z 4 (Wucher)

IX. Möglichkeit und Erlaubtheit

• Gesetz- und Sittenwidrigkeit (§ 879)

◦ Rechtsfolgen des § 879 Gesamt- oder Teilnichtigkeit?

• Schutzzweck der Verbotsnorm

• Parteiwille irrelevant

• zB § 7 Abs 2 WucherG, § 917a ABGB

IX. Möglichkeit und Erlaubtheit

• Gesetz- und Sittenwidrigkeit (§ 879)

◦ Rechtsfolgen des § 879 Gröblich benachteiligende Bestimmungen in AGB

• (Teil-)Nichtigkeit

• Restgültigkeit

• geltungserhaltende Reduktion?

IX. Möglichkeit und Erlaubtheit

I. Grundlagen

II. Rechtsverständnis und Rechtsanwendung

III. Rechtssubjekte und Rechtsobjekte

IV. Subjektive Rechte und ihre Grenzen

V. Privatrechtlich relevantes Verhalten

VI. Vertrag und Rechtsgeschäft

VII. Vertragsschluss

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

IX. Möglichkeit und Erlaubtheit

X. Form der Rechtsgeschäfte

XI. Stellvertretung

XII. Rücktrittsrechte im Verbrauchergeschäft

Allgemeiner Teil des Zivilrechts

• Formmängel – Gesetzliche Form

◦ Grundsatz der Formfreiheit (§ 883)

◦ Formvorschrift als Ausnahme

◦ Zwecke von Formvorschriften Übereilungsschutz (§ 1346 Abs 2; § 1 Abs 1 lit d NotAktsG)

Beweisfunktion (letztwillige Verfügungen)

Offenkundigkeit (Eheschließung)

Gläubiger- und Drittschutz

X. Form der Rechtsgeschäfte

• Formmängel – Gesetzliche Form

◦ Arten von Formvorschriften einfache Schriftform (grds nur Unterschrift eigenhändig)

qualifizierte elektronische Signatur (§ 4 Abs 1 SVG)

Notariatsakt und notarielle Beurkundung oder Gerichtsprotokoll

Errichtung vor einem Rechtsanwalt, Notar oder Gericht

Erfordernis von Zeugen

X. Form der Rechtsgeschäfte

• Formmängel – Gesetzliche Form

◦ Rechtsfolgen bei Verstößen (Teil-)Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts, soweit der Zweck der Formvorschrift es

erfordert

Leistungsverpflichtung des Schuldners nicht schlechthin nichtig Naturalobligation

tatsächliche Leistung des Versprochenen heilt den Mangel der Form (vgl § 1432)

Formungültige Kauf- und Tauschverträge zwischen Ehegatten?

X. Form der Rechtsgeschäfte

• Formmängel – rechtsgeschäftliche („gewillkürte“) Form

◦ zwar keine gesetzlich vorgeschriebene Form erforderlich, aber von den Parteien vereinbart

◦ § 884: Zweifelsregel, wonach keine rechtgeschäftliche Bindung der Parteien, wenn gewillkürte Form noch nicht eingehalten

◦ Punktation (§ 885): vorläufige schriftliche Vereinbarung, der eine formelle Vertragsurkunde folgen soll gültiger Vertrag, wenn alle Hauptpunkte des Vertrags enthalten und von den Parteien unterfertigt

X. Form der Rechtsgeschäfte

• Formmängel – rechtsgeschäftliche („gewillkürte“) Form

◦ (stillschweigendes) Abgehen von „gewillkürter“ Form

◦ § 6 Abs 1 Z 4 KSchG: keine strengere Form als Schriftform

◦ § 10 Abs 3 KSchG: Einschränkung der Wirksamkeit formloser Erklärungen des Unternehmers

◦ Gültigkeit mündlicher Nebenabreden und nachträglicher Änderungen ist nach dem Formzweck zu beurteilen

X. Form der Rechtsgeschäfte

Beispiel: B haftet als Bürge und Zahler schriftlich für ein Darlehen der G-Bank an S mit einer Bürgschaftssumme in Höhe von € 100.000. Wegen der zuverlässigen Rückzahlung des Kredits vereinbaren B und die G-Bank mündlich eine vorzeitige Absenkung der Bürgschaftssumme auf € 30.000. Unmittelbar danach gerät S in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Die G-Bank fordert unter Berufung auf das Formgebrechen der mündlichen Änderung der Bürgschaftsverpflichtung von B die aushaftende Kreditsumme von € 40.000. Zu Recht?

X. Form der Rechtsgeschäfte

Beispiel: G sagt der K-Bank per Telefon zu, dass er für die Rückzahlung des Kredits des S bürgt. Als S in Verzug gerät und Terminsverlust eintritt, zahlt G auf erstes Anfordern die aushaftende Kreditsumme. Kann er das Geld trotzdem wieder zurückverlangen?

X. Form der Rechtsgeschäfte

Beispiel: Der Bauunternehmer T kauft beim Händler R Stahl um € 700/Tonne. Sie vereinbaren, dass Abänderungen und Ergänzungen des Vertrags zu ihrer Rechtswirksamkeit der schriftlichen Bestätigung beider Vertragspartner bedürfen; dies gilt auch für den Fall einer Vereinbarung des Abgehens von dieser vereinbarten Schriftform. Als in der Folge der Stahlpreis sinkt, einigen sich T und R per Handschlag auf einen Preis von € 500/Tonne. Nach Abschluss des Projekts fordert R von T die Zahlung von € 700/Tonne. Zu Recht?

X. Form der Rechtsgeschäfte

I. Grundlagen

II. Rechtsverständnis und Rechtsanwendung

III. Rechtssubjekte und Rechtsobjekte

IV. Subjektive Rechte und ihre Grenzen

V. Privatrechtlich relevantes Verhalten

VI. Vertrag und Rechtsgeschäft

VII. Vertragsschluss

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

IX. Möglichkeit und Erlaubtheit

X. Form der Rechtsgeschäfte

XI. Stellvertretung

XII. Rücktrittsrechte im Verbrauchergeschäft

Allgemeiner Teil des Zivilrechts

• Grundsatz: „Wer handelt, handelt für sich selbst“ ◦ Privatautonomie ◦ Erweiterung des Aktionsradius

• Begriffe ◦ Stellvertretung: rechtsgeschäftliches Handeln (des Stellvertreters) für einen anderen (den

Vertretenen) in dessen Namen

◦ Vertretungsmacht (Vollmacht): Rechtsmacht, im fremden Namen (mit Wirkung für den Vertretenen) zu handeln

◦ Auftrag – Ermächtigung – Dienstverhältnis etc

XI. Stellvertretung

Außenverhältnis

Innenverhältnis

• Mittelbare Stellvertretung

XI. Stellvertretung

Vertreter

Vertretener Dritter

Vertrag 1

(Auftrag oÄ) Vertrag 2

Keine Rechtsbeziehungen

• Mittelbare Stellvertretung

XI. Stellvertretung

Vertretener Vertreter

Übereignung bspw der Kaufsache (vgl § 1009 Satz 1)

Ersatz von Aufwendungen (Erstattung des Kaufpreises) § 1014

uU Entgeltzahlung § 1004

• Unmittelbare Stellvertretung

XI. Stellvertretung

Vertreter

Vertretener Dritter

Vollmacht +

Auftrag, Ermächtigung, oÄ Keine

Rechtsbeziehungen

Vertrag

• Voraussetzungen wirksamer Stellvertretung

◦ Handeln „im Namen“ des Vertretenen (Offenlegung)

◦ Vertretungsmacht

◦ vertretungstaugliches Rechtsgeschäft

◦ Geschäftsfähigkeit des Stellvertreters

◦ (Abgabe einer eigenen Willenserklärung sonst uU Bote, dazu später)

XI. Stellvertretung

• Handeln „im Namen“ des Vertretenen

◦ „Offenlegungsgrundsatz“ – Abschlussfreiheit

◦ ausdrücklich oder aus den Umständen erkennbar?

◦ im Zweifel Eigengeschäft des Handelnden

◦ keine Offenlegung Eigengeschäft des Handelnden

XI. Stellvertretung

• Handeln „im Namen“ des Vertretenen

◦ Sonderfall: „Geschäft für den, den es angeht“ kein Interesse des Dritten an der Identität des Vertragspartners

keine Offenlegung erforderlich

Vertretene wird verpflichtet

Bsp: sofort erfüllte Barkäufe

XI. Stellvertretung

• Handeln „im Namen“ des Vertretenen

◦ Sonderfall: Vorbehalt der Person des Vertretenen Vertretener wird bei Vertragsschluss nicht bekanntgegeben

zulässig, wenn Dritter mit Vorbehalt einverstanden ist

Vertreter muss Machtgeber binnen vereinbarten oder angemessener Frist nennen (und ausreichend Vertretungsmacht haben)

Nichtbekanntgabe falsus procurator

XI. Stellvertretung

• Handeln „im Namen“ des Vertretenen

◦ Sonderfall: Schlüsselgewalt § 96: „Der Ehegatte, der den gemeinsamen Haushalt führt und keine

Einkünfte hat, vertritt den anderen bei den Rechtsgeschäften des täglichen Lebens, die er für den gemeinsamen Haushalt schließt und die ein den Lebensverhältnissen der Ehegatten entsprechendes Maß nicht übersteigen.“

keine Offenlegung (Handeln im fremden Namen) erforderlich

Geschäft gilt für nichthandelnden Ehegatten

XI. Stellvertretung

• Handeln „im Namen“ des Vertretenen

◦ Sonderfall: Schlüsselgewalt § 96 gilt nicht, wenn der nicht handelnde Eheteil dem Dritten gegenüber

seinen gegenteiligen Willen erklärt hat

Vertretungsverhältnis muss dem Dritten bekannt oder zumindest aus den Umständen erkennbar sein

Folge: andere Eheteil wird nicht Vertragspartner, aber beide Ehegatten haften solidarisch

XI. Stellvertretung

Beispiel: A ruft beim Hotel Mariott an und bucht die Präsidentensuite, stellt sich aber als Alexander Van der Bellen vor. A hat keine Vollmacht.

Beispiel: A stellt sich beim Porschehändler als der Soft-Drink-Produzent Dietrich M. vor und schließt einen Kaufvertrag über einen Sportwagen zum Preis vom € 200.000. A hat keine Vollmacht.

Beispiel: Der Fußballstar David Alaba geht ins Hotel Mariott und bucht ein Zimmer unter dem Namen David Müller, um unerkannt zu bleiben.

XI. Stellvertretung

• Handeln „im Namen“ des Vertretenen

◦ Sonderfall: Handeln unter fremden Namen Der Handelnde erklärt, er handle für sich selbst (im eigenen Namen), wobei

er aber den Namen einer anderen Person als seinen angibt.

„Allerweltsname“: Eigengeschäft des Handelnden

Name weckt Identitätsvorstellung:

• unter Abwesenden: Geschäft für Namenspartei

• unter Anwesenden: Geschäft für Namenspartei, wenn für Geschäftsgegner Namensträger wesentlich

mangelnde Vollmacht falsus procurator

XI. Stellvertretung

• Vertretungstaugliches Rechtsgeschäft

◦ Vertretungsfeindliche Rechtsgeschäfte Eheschließung (§ 17 EheG)

gewisse familienrechtliche Geschäfte (vgl § 145)

letztwillige Verfügungen (vgl § 564)

Einwilligung in Heilbehandlungen (vgl § 173)

Errichtung von Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten

XI. Stellvertretung

• Geschäftsfähigkeit des Stellvertreters

◦ § 1018: Stellvertreter kann nur sein, wer zumindest beschränkt geschäftsfähig ist (ab 7 Jahren)

◦ Risiko des Vertretenen

◦ völlig Geschäftsunfähige nur im Rahmen des § 170 Abs 3 (Welser)

XI. Stellvertretung

• Vertretungsmacht

◦ (rechtsgeschäftliche) Bevollmächtigung

◦ gesetzliche Vertretung

◦ organmäßige Vertretung

XI. Stellvertretung

• Vertretungsmacht

◦ Bevollmächtigung rechtsgeschäftliche Begründung von Vertretungsmacht

„Vollmacht“ entsteht durch einseitige (empfangsbedürftige) Erteilung des Machtgebers

Innenvollmacht – Außenvollmacht

Geschäft formpflichtig Vollmacht grds formpflichtig

XI. Stellvertretung

• Vertretungsmacht

◦ Bevollmächtigung erlischt durch

• Befristung / Bedingung

• Abschluss des betreffenden Geschäfts (Zweckerreichung)

• Widerruf (§ 1020) / Aufkündigung (§ 1021)

• Tod des Machtgebers oder Machthabers (§ 1022)

• Insolvenz des Machtgebers oder Machthabers (§ 1024)

XI. Stellvertretung

• Vertretungsmacht

◦ Bevollmächtigung Erstreckung auf den Todesfall (§ 1022)

• Mit Tod erlischt Vollmacht grds außer:

• ist zum Nachteil der Erben oder

• Vollmacht erstreckt sich gerade auf den Sterbefall

begrenzte Fortwirkung (§ 1025)

• unaufschiebbare Geschäfte sind fortzusetzen

XI. Stellvertretung

• Vertretungsmacht

◦ Bevollmächtigung Gutglaubensschutz (§ 1026)

• Vollmacht erloschen, aber gutgläubigen Dritten ohne sein Verschulden unbekannt

• Vertrag wirksam – Machtgeber kann aber vom Machthaber Ersatz fordern

• nicht bei „reinen“ (nicht kundgemachten) Innenvollmachten

XI. Stellvertretung

• Umfang der Vollmacht

◦ privatautonome Gestaltung

◦ Umfang der Außen- oder Anscheinsvollmacht: objektive Auslegung der Bevollmächtigungserklärung oder Kundgabe (§§ 914 ff + 1027 ff)

◦ Gegenstand und Natur des Geschäfts beachtlich (vgl § 1029)

◦ im Zweifel deckt sich Umfang mit Auftrag / Ermächtigung

◦ Generalvollmacht – Gattungsvollmacht – Einzelvollmacht

◦ unumschränkte Vollmacht – beschränkte Vollmacht

XI. Stellvertretung

Beispiel: Der Hauseigentümer E lässt sein Haus von V verwalten; Mietverträge über freiwerdende Wohnungen darf V jedoch nicht ohne Einverständnis des E abschließen. Trotzdem bietet er „als Gebäudeverwalter des Hauses xy“ dem M eine Wohnung im Haus des E zur Miete an. Da M mit dieser Wohnung einverstanden ist, verlangt er die Überlassung derselben. Berechtigt?

XI. Stellvertretung

• Verwaltervollmacht (§ 1029)

◦ Abs 1: Wer einem Andern eine Verwaltung anvertraut hat, von dem wird vermuthet, daß er ihm auch die Macht eingeräumt habe, alles dasjenige zu thun, was die Verwaltung selbst erfordert und was gewöhnlich damit verbunden ist.

◦ widerlegliche Vermutung (leichte Fahrlässigkeit schadet)

◦ Hausverwalter Abschluss und Kündigung von Bestandverträgen, Versicherungsverträge, usw

XI. Stellvertretung

• Anscheinsvollmacht

◦ Rechtsscheinlehre (§§ 1026, 1029, 1030, 1033; §§ 54, 56 UGB)

◦ „Vertrauen auf den äußeren Tatbestand“

◦ Voraussetzungen • Bestehen eines konkreten Rechtsscheins

• zurechenbare Verursachung dieses Anscheins durch den Betroffenen

• gutgläubiges Vertrauen des Dritten auf diesen Rechtsschein

XI. Stellvertretung

• Umfang der Vollmacht

◦ Beschränkung der Vollmacht gegenüber Verbrauchern (§ 10 KSchG) Vollmacht, die ein Unternehmer erteil hat, erstreckt sich im Verkehr mit

Verbrauchern auf alle Rechtshandlungen, die derartige Geschäfte gewöhnlich mit sich bringen

Beschränkung der Vollmacht nur wirksam, wenn sie Verbraucher bewusst war (Kenntnis) (Abs 1)

XI. Stellvertretung

• Umfang der Vollmacht

◦ Beschränkung der Vollmacht gegenüber Verbrauchern (§ 10 KSchG) Beschränkung der Vollmacht war dem Verbraucher infolge grober

Fahrlässigkeit nicht bewusst Rücktrittsrecht des Unternehmers (Abs 2)

„Die Rechtswirksamkeit formloser Erklärungen des Unternehmers oder seiner Vertreter kann zum Nachteil des Verbrauchers vertraglich nicht ausgeschlossen werden“ (Abs 3).

XI. Stellvertretung

Beispiel: A will sich beim Möbelhändler B ein neues Bücherregal für sein Wohnzimmer kaufen und findet ein passendes um € 50. Der Verkäufer C, der Verkaufsvollmacht hat, räumt A einen Preisnachlass in Höhe von 5% ein, wenn A per Erlagschein binnen zwei Wochen bezahlt. Im Geschäft des Möbelhändlers B ist beim Eingang gut sichtbar folgendes Schild aufgehängt: „Unsere Verkäufer sind nicht dazu befugt, Rabatte zu gewähren!“ Dieses Schild hat A nicht gesehen.

Variante: Das Schild war an einer schlecht sichtbaren Stelle aufgehängt.

XI. Stellvertretung

Beispiel: A kauft beim Autohändler X einen neuen BMW X1 um € 40.000. Sie vereinbaren außerdem die Lieferung des Wagens um € 100. Nach Vertragsschluss vereinbart A mit Verkäufer B, der eine Verkaufsvollmacht hat, mündlich, dass das Autohaus den Wagen kostenlos zu ihm nach Hause liefert. Einige Wochen später erhält A vom Autohändler X eine Rechnung in Höhe von € 40.100. In den AGB, die auch Vertragsinhalt wurden, findet sich folgende Klausel: „Mündliche Abmachungen unserer Verkäufer sind unwirksam.“

XI. Stellvertretung

• Vertretung ohne Vertretungsmacht

◦ „Handelt jemand im fremden Namen, ohne vertretungsbefugt zu sein, so ist er Scheinvertreter (Vertreter ohne Vollmacht, falsus procurator).“

◦ keine rechtsgeschäftliche Wirkung für vermeintlich Vertretenen bei mangelnder Vertretungsmacht

Überschreitung der Vertretungsmacht

◦ keine rechtsgeschäftliche Wirkung für den Scheinvertreter

XI. Stellvertretung

Beispiel: Der Malerlehrling A kauft für den Malermeisters B beim Großhändler U im Namen des B, jedoch ohne Vollmacht, 100 Eimer Wandfarbe um € 2.000 und stellt sie ins Lager des B. B verwendet einen der Kübel im Glauben, dass er diese selbst kürzlich gekauft habe. U verlangt nun von B die Zahlung der € 2.000. Zu Recht?

XI. Stellvertretung

• Vertretung ohne Vertretungsmacht

◦ rückwirkende Heilung des Mangels der Vollmacht Geschäft „schwebend unwirksam“

nachträgliche Genehmigung des unwirksam Vertretenen

Vorteilszuwendung (§ 1016)

Heilung wirkt auf Vertragsschluss zurück

XI. Stellvertretung

Beispiel: A kauft von B, der für X auftritt, aber keine Vollmacht hat, einen Tisch um € 100, der € 110 Wert ist. Im Glauben, einen Vertrag geschlossen zu haben, lehnt A wenig später ein Angebot des Y ab, der denselben Tisch um € 90 verkaufen wollte. X genehmigt nicht. A verlangt von B € 20. Zu Recht?

XI. Stellvertretung

• Vertretung ohne Vertretungsmacht

◦ Haftung des Scheinvertreters (falsus procurator) culpa in contrahendo (§ 1019) – Aufklärungspflicht des Scheinvertreters über

mangelnde Vertretungsmacht

vorsätzliches oder fahrlässiges Verschweigen der mangelnden Vertretungsmacht

Ersatz des Vertrauensschadens (negatives Interesse)

• Vermögensnachteil des Dritten im Vertrauen auf die Gültigkeit des Vertrags

• Begrenzung mit hypothetischem Erfüllungsinteresse (§ 1019 S 2)

Mitverschulden: § 1304

XI. Stellvertretung

• Vertretung ohne Vertretungsmacht

◦ Haftung des Scheinvertretenen für den Scheinvertreter • grundsätzlich keine Haftung

• ausnahmsweise Haftung auf Vertrauensschaden (negatives Interesse), wenn eine Zurechnung des Scheinvertreters als Erfüllungsgehilfe (§ 1313a) des Geschäftsherrn in contrahendo zu bejahen ist

• Bsp: „Vertreter“ ist mit rechtsgeschäftlichem Kontakt mit Dritten betraut (Erfüllungsgehilfe in contrahendo)

XI. Stellvertretung

Beispiel: A erklärt gegenüber B, sein Mitarbeiter X habe eine Vollmacht zum Kauf von Bürobedarf aller Art. A untersagt X jedoch ausdrücklich, mehr als € 200 pro Einkauf auszugeben. X kauft bei B trotzdem um € 220 Büroartikel im Namen des A ein und lässt die Rechnung wie üblich an diesen schicken. Als A die Rechnung erhält, verweigert er die Zahlung. Zu Recht?

XI. Stellvertretung

• Missbrauch der Vertretungsmacht

◦ Geschäft hält sich im Rahmen der Vollmacht, der Vertreter überschreitet aber seinen Auftrag Trennung von Auftrag und Vollmacht

Vertretungshandlung gültig

Haftung des Vertreters gegenüber dem Vertretenen im Innverhältnis

XI. Stellvertretung

• Insichgeschäft

◦ Der Vertreter erzeugt rechtsgeschäftliche Wirkungen für und gegen den Vertretenen durch Willenserklärung an sich selbst.

◦ „Selbstkontrahieren“ und „Doppelvertretung“

◦ grundsätzlich unzulässig (Gefahrenpotential)

◦ Ausnahmen der oder die Machtgeber sind einverstanden

ausschließlich rechtliche Vorteile für den Vertretenen

keine Gefahr der Schädigung des Vertretenen (Verkauf zu einem Markt- oder Börsepreis)

XI. Stellvertretung

• Abgrenzungsfragen

◦ Abschlussvermittler Personen, die Abschlussgelegenheiten nachweisen und potentielle

Kontrahenten zusammenbringen

Handelsmakler

Handelsvertreter

XI. Stellvertretung

• Abgrenzungsfragen

◦ Bote „verlängerte Hand“ seines Auftraggebers

Erklärungsbote teilt den fremden Willen mit, übermittelt schon „Vollzogenes“

Empfangsbote nimmt fremde Willenserklärungen für seinen Geschäftsherrn entgegen

XI. Stellvertretung

• Abgrenzungsfragen

◦ Bote Fehler bei Wiedergabe der ihm aufgetragenen Erklärung

• Erklärung gilt gegen Auftraggeber

Anfechtung nach §§ 870 ff

• Ausnahme: absichtliche Entstellung der Erklärung (str) oder Bote war gar kein Bote

Haftung des Boten wegen culpa in contrahendo

XI. Stellvertretung

• Abgrenzungsfragen

◦ Treuhand der Treuhänder übt Rechte im eigenen Namen, aber auf Grund einer

besonderen Bindung zu einer anderen Person (dem Treugeber) im fremden Interesse aus.

der Treuhänder „kann mehr, als er darf“.

fiducia – Ermächtigungstreuhand

fremdnützige Treuhand – eigennützige Treuhand

XI. Stellvertretung

I. Grundlagen

II. Rechtsverständnis und Rechtsanwendung

III. Rechtssubjekte und Rechtsobjekte

IV. Subjektive Rechte und ihre Grenzen

V. Privatrechtlich relevantes Verhalten

VI. Vertrag und Rechtsgeschäft

VII. Vertragsschluss

VIII. Fehlerhafte Willenserklärungen

IX. Möglichkeit und Erlaubtheit

X. Form der Rechtsgeschäfte

XI. Stellvertretung

XII. Rücktrittsrechte im Verbrauchergeschäft

Allgemeiner Teil des Zivilrechts

• § 3 KSchG (Haustürgeschäft)

• § 3a KSchG (Nichteintritt maßgeblicher Umstände)

• § 30a KSchG (Immobiliengeschäft)

• § 11 FAGG (Fernabsatz- und Auswärtsgeschäft)

• § 8 TNG (Timesharing)

• § 5c VersVG (Versicherungsvertrag)

• § 12 VKrG (Verbraucherkreditvertrag)

• § 13 HIKrG (Hypothekar- und Immobilienkreditvertrag)

XII. Rücktrittsrechte im Verbrauchergeschäft

• Verbrauchergeschäft ◦ Einheitliche Definition in § 1 KSchG: ◦ „(1) Dieses Hauptstück gilt für Rechtsgeschäfte, an denen ◦ 1. einerseits jemand, für den das Geschäft zum Betrieb seines Unternehmens

gehört, (im folgenden kurz Unternehmer genannt) und ◦ 2. andererseits jemand, für den dies nicht zutrifft, (im folgenden kurz Verbraucher

genannt) beteiligt sind. ◦ (2) Unternehmen im Sinn des Abs. 1 Z 1 ist jede auf Dauer angelegte Organisation

selbständiger wirtschaftlicher Tätigkeit, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein. Juristische Personen des öffentlichen Rechts gelten immer als Unternehmer.

◦ (3) Geschäfte, die eine natürliche Person vor Aufnahme des Betriebes ihres Unternehmens zur Schaffung der Voraussetzungen dafür tätigt, gehören noch nicht im Sinn des Abs. 1 Z 1 zu diesem Betrieb.“

◦ „dual use“ Geschäfte?

XII. Rücktrittsrechte im Verbrauchergeschäft

• § 3 KSchG (Haustürgeschäft) ◦ „(1) Hat der Verbraucher seine Vertragserklärung weder in den vom

Unternehmer für seine geschäftlichen Zwecke dauernd benützten Räumen noch bei einem von diesem dafür auf einer Messe oder einem Markt benützten Stand abgegeben, so kann er von seinem Vertragsantrag oder vom Vertrag zurücktreten.“

◦ „(2) Das Rücktrittsrecht besteht auch dann, wenn der Unternehmer oder ein mit ihm zusammenwirkender Dritter den Verbraucher im Rahmen einer Werbefahrt, einer Ausflugsfahrt oder einer ähnlichen Veranstaltung oder durch persönliches, individuelles Ansprechen auf der Straße in die vom Unternehmer für seine geschäftlichen Zwecke benützten Räume gebracht hat.“

◦ Frist: 14 Tage ab Vertragsschluss oder Lieferung der Ware (bis zu zwölf Monate und 14 Tage)

XII. Rücktrittsrechte im Verbrauchergeschäft

• § 3 KSchG (Haustürgeschäft) ◦ Ausnahmen (Abs 3): geschäftliche Verbindung selbst angebahnt (Z 1) keine Besprechung vor Vertragsabschluss (Z 2) Verträge über Bargeschäfte bis € 25, die üblicherweise von Unternehmern

außerhalb vom Geschäftsraum geschlossen werden, oder Bargeschäfte bis € 50, wenn das Unternehmen seiner Natur nach nicht in ständigen Geschäftsräumen betrieben wird (Z 3)

Verträge, die FAGG unterliegen (Z 4) Erklärungen, die in körperlicher Abwesenheit des Unternehmers abgegeben

wurden, es sei denn, dazu gedrängt (Z 5)

◦ Ausnahmen (Abs 5): Unternehmer verstößt gegen bestimmten Normen der GewO

XII. Rücktrittsrechte im Verbrauchergeschäft

• § 3a KSchG (Nichteintritt maßgeblicher Umstände) ◦ „(1) Der Verbraucher kann von seinem Vertragsantrag oder vom Vertrag

weiters zurücktreten, wenn ohne seine Veranlassung für seine Einwilligung maßgebliche Umstände, die der Unternehmer im Zuge der Vertragsverhandlungen als wahrscheinlich dargestellt hat, nicht oder nur in erheblich geringerem Ausmaß eintreten. “

◦ (2) Erwartung der erforderlichen Mitwirkung oder Zustimmung eines Dritten, Aussicht auf steuerrechtliche Vorteile, auf öffentliche Förderung oder auf Kredit (abschließende Aufzählung!)

◦ Frist: eine Woche ab Nichteintritt der maßgeblichen Umstände (erlischt spätestens einen Monat nach Erfüllung)

XII. Rücktrittsrechte im Verbrauchergeschäft

• § 3a KSchG (Nichteintritt maßgeblicher Umstände)

◦ Ausnahmen (Abs 4): Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis vom Nichteintritt der maßgeblichen

Umstände (Z 1)

Ausschluss im einzelnen ausverhandelt (Z 2)

Anbot einer angemessenen Vertragsanpassung (Z 3)

XII. Rücktrittsrechte im Verbrauchergeschäft

• Folgen des Rücktritts nach § 3 oder 3a (§ 4 KSchG)

◦ Unternehmer: Zurückerstattung aller empfangenen Leistungen samt gesetzlicher Zinsen sowie Ersatz für vom Verbraucher auf die Sache gemachten notwendigen und nützlichen Aufwand

◦ Verbraucher: Zurückerstattung aller empfangenen Leistungen samt angemessenes Entgelt für Benützung, einschließlich Entschädigung für Wertminderung

◦ Bei Unmöglichkeit/Untunlichkeit schuldet der Verbraucher nur Wertersatz, wenn Leistung zu seinem klaren und überwiegenden Vorteil war.

XII. Rücktrittsrechte im Verbrauchergeschäft

• § 30a KSchG (Immobiliengeschäft)

◦ „(1) Gibt ein Verbraucher eine Vertragserklärung, die auf den Erwerb eines Bestandrechts, eines sonstigen Gebrauchs- oder Nutzungsrechts oder des Eigentums an einer Wohnung, an einem Einfamilienwohnhaus oder an einer Liegenschaft, die zum Bau eines Einfamilienwohnhauses geeignet ist, am selben Tag ab, an dem er das Vertragsobjekt das erste Mal besichtigt hat, so kann er von seiner Vertragserklärung zurücktreten, sofern der Erwerb der Deckung des dringenden Wohnbedürfnisses des Verbrauchers oder eines nahen Angehörigen dienen soll.“

◦ gilt auch für Geschäfte unter Verbrauchern

◦ Frist: eine Woche ab Erhalt einer Zweitschrift und der Belehrung (erlischt spätestens einen Monat nach Besichtigung)

XII. Rücktrittsrechte im Verbrauchergeschäft

• § 11 FAGG (Fernabsatz- und Auswärtsgeschäft)

◦ „(1) Der Verbraucher kann von einem Fernabsatzvertrag oder einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen zurücktreten.“

◦ Das FAGG gilt für Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge (Fern- und Auswärtsgeschäfte) zwischen Unternehmern und Verbrauchern (§ 1 KSchG).

XII. Rücktrittsrechte im Verbrauchergeschäft

◦ Auswärtsgeschäft: Vertrag, der bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Unternehmers und

des Verbrauchers an einem Ort geschlossen wird, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist (§ 3 Z 1 a FAGG)

Verbraucher macht unter den in lit a genannten Umständen ein verbindliches Angebot (§ 3 Z 1 b FAGG)

Vertrag, der in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder durch Fernkommunikationsmittel geschlossen wird, unmittelbar nachdem der Verbraucher an einem anderen Ort als den Geschäftsräumen persönlich und individuell angesprochen wurde (§ 3 Z 1 lit c FAGG)

Vertrag, der auf einem Ausflug geschlossen wurde, der vom Unternehmer in der Absicht oder mit dem Ergebnis organisiert wurde, Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu bewerben und Verträge abzuschließen („Kaffeefahrt“) (§ 3 Z 1 lit d FAGG)

XII. Rücktrittsrechte im Verbrauchergeschäft

◦ Geschäftsräume (§ 3 Z 3 FAGG): „unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit

dauerhaft ausübt, oder bewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt “

zB Wüstelstand, Verkaufsbuden am Strand, Marktstand, Messestand?

XII. Rücktrittsrechte im Verbrauchergeschäft

◦ Fernabsatzvertrag (§ 3 Z 2 FAGG): „[jeder] Vertrag, der zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher

ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems geschlossen wird, wobei bis einschließlich des Zustandekommens des Vertrags ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwendet werden“

Abgrenzungsprobleme

XII. Rücktrittsrechte im Verbrauchergeschäft

◦ Ausnahmen vom FAGG § 1 Abs 2 FAGG: Verträge, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen

werden (§ 3 Z 1) und bei denen das vom Verbraucher zu zahlende Entgelt den Betrag von € 50 nicht überschreitet (Z 1), Verträge über Soziale Dienstleistungen (Z 2), Gesundheitsdienstleistungen (Z 3), Glücksspiele (Z 4), Finanzdienstleistungen (Z 5), über den Erwerb oder die Vermietung einer Immobilie (Z 6), über den Bau neuer Gebäude, erhebliche Umbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden oder die Vermietung von Wohnraum (Z 7), Pauschalreisen (Z 8), Timesharing-Verträge (Z 9), Verträge vor einem öffentlichen Amtsträger (Z 10) Verträge über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken oder sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs (Z 11), Automatenverträge (Z 12) und Telekommunikationsverträge (Z 13)

zT Personenbeförderungsverträge (§ 1 Abs 3 FAGG)

XII. Rücktrittsrechte im Verbrauchergeschäft

◦ Rücktrittsrecht (§ 11 FAGG) Frist: 14 Tage (bis zu 1 Jahr und 14 Tage)

Beginn:

• bei Dienstleistungsverträgen (Abs 2 Z 1) und Verträgen über die Lieferung von Wasser, Gas, Strom oder Fernwärme (Abs 2 Z 3) mit dem Tag des Vertragsschlusses

• bei Kaufverträge über Waren mit dem Tag, an dem der Verbraucher Besitz an der Ware erlangt (Abs 2 Z 2 lit a)

XII. Rücktrittsrechte im Verbrauchergeschäft

• bei Kaufverträgen über mehrerer Waren im Rahmen einer einheitlichen Bestellung mit dem Tag, an dem der Verbraucher Besitz an der zuletzt gelieferten Ware erlangt (Abs 2 Z 2 lit b)

• bei Kaufverträgen über die Lieferung eine Ware in mehreren Teilsendung mit dem Tag, an dem Verbraucher Besitz an letzter Teilsendung erlangt (Abs 2 Z 2 lit c)

• bei Kaufverträgen über die regelmäßige Lieferung von Waren über einen festgelegten Zeitraum hinweg (Abo-Verträge) mit dem Tag, an dem Verbraucher Besitz an zuerst gelieferter Ware erlangt (Abs 2 Z 2 lit d)

XII. Rücktrittsrechte im Verbrauchergeschäft

Fristverlängerung:

• bis zu 1 Jahr und 14 Tage, wenn Informationspflichtverletzung über das Rücktrittsrechts (§ 12 Abs 1 FAGG)

• Sanierung möglich (§ 12 Abs 2 FAGG)

Ausübung des Rücktrittsrechts

• formfrei

• Frist gewahrt, wenn Erklärung innerhalb der Frist abgesendet

• Widerrufsformular (Anhang I Teil B)

Ausnahmen vom Rücktrittsrecht (§ 18 FAGG)

XII. Rücktrittsrechte im Verbrauchergeschäft

Folgen des Rücktritts

• Unternehmer: Erstattung aller vom Verbraucher geleisteten Zahlung (auch Lieferkosten, ggf auch Rücksendekosten) spätestens binnen 14 Tagen ab Zugang der Rücktrittserklärung (Zinsen?) (§ 14 FAGG)

• Verbraucher: Zurückstellung der Ware (Absendung innerhalb der Frist) spätestens binnen 14 Tagen ab Abgabe der Rücktrittserklärung (§ 15 FAGG)

• Zurückbehaltungsrecht des Unternehmers (§ 14 Abs 3 FAGG)

• Wertverlust der Ware (§ 15 Abs 4 FAGG)

• Auswirkung auf akzessorische Verträge (§ 17 FAGG)

XII. Rücktrittsrechte im Verbrauchergeschäft

Sonderregelungen für Dienstleistungs- und Bezugsverträge

• Fristbeginn: Tag des Vertragsschlusses (§ 11 Abs 2 Z 3 FAGG)

• anteilige Zahlungspflicht nach Rücktritt nur, wenn ausdrückliches Verlangen des Verbrauchers zum Beginn der Vertragserfüllung vor Ablauf der Frist (§ 10 FAGG) und vorvertragliche Informationen nach § 4 Abs 1 Z 8 und Z 10 FAGG erfüllt

• bei Dienstleistungen weiters kein Rücktrittsrecht mehr, wenn nach ausdrücklichem Verlangen diese vollständig erfüllt und Bestätigung des Verbrauchers über dessen Kenntnis vom Verlust des Rücktrittsrechts (§ 18 Abs 1 Z 1 FAGG)

XII. Rücktrittsrechte im Verbrauchergeschäft

Sonderregelung für Verträge über digitale Inhalte

• kein Rücktrittsrecht bei Verträgen über Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger gespeicherten digitalen Inhalten, wenn der Unternehmer – mit ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers, verbunden mit dessen Kenntnisnahme vom Verlust des Rücktrittsrechts bei vorzeitigem Beginn mit der Vertragserfüllung, und nach Zurverfügungstellung einer Ausfertigung oder Bestätigung nach § 5 Abs 2 oder § 7 Abs 3 FAGG – noch vor Ablauf der Rücktrittsfrist nach § 11 FAGG mit der Lieferung begonnen hat (§ 18 Abs 1 Z 11 FAGG)

• widrigenfalls keine Zahlungspflicht für bereits erbrachte Leistungen (§ 16 Abs 3 FAGG)

XII. Rücktrittsrechte im Verbrauchergeschäft

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